L 7 AL 356/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 642/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 356/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. November 2005 abgeändert. Der Bescheid vom 10. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2005 wird aufgehoben, soweit der Zeitraum vom 1. Januar bis 17. Februar 2003 betroffen ist und die Beklagte die Erstattung überzahlter Leistungen von mehr als 4.200,70 Euro sowie den Ersatz der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von mehr als 1.048,05 Euro und zur sozialen Pflegeversicherung von mehr als 130,05 Euro gefordert hat.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 8. Oktober 2002 bis 17. Februar 2003 sowie über die Erstattung von in diesem Zeitraum gewährter Leistungen von 6.462,95 Euro und den Ersatz der von der Beklagten gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung von insgesamt 1.858,16 Euro.

Der am 1945 geborene Kläger, von Beruf Diplom-Ingenieur, war in zwei verschiedenen Unternehmen der Software- und Datenverarbeitungsbranche vom 1. Januar 1993 bis 14. Februar 1999 als Trainer sowie vom 1. März 1999 bis 30. März 2001 als Projektleiter tätig. Auf seine Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 22. März 2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 30. März 2001 für die Dauer von 780 Tagen, und zwar - unter Berücksichtigung eines Bemessungsentgelts von 1.970,00 DM, der Leistungsgruppe A und eines Prozentsatzes von 67 wegen des noch in Ausbildung befindlichen Sohnes Michael (geb. 24. September 1978) - in Höhe von 672,00 DM wöchentlich (Bescheid vom 10. Mai 2001). Ab 1. Januar 2002 belief sich der wöchentliche Leistungssatz nach Umstellung auf Euro sowie auf der Grundlage der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 auf 343,70 Euro wöchentlich (Bescheid vom 14. Januar 2002), ab 30. März 2002 - nach Dynamisierung des Bemessungsentgelts auf 1.020,00 Euro - auf 345,94 Euro (Bescheid vom 25. März 2002) sowie ab 1. Januar 2003 - bei einem nunmehr zugrunde gelegten Prozentsatz von 60 - nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2003 auf 306,81 Euro (Bescheid vom 13. Januar 2003). Wegen des für den Sohn Michael noch bis Januar 2003 gezahlten Kindergeldes erfolgte am 22. April 2003 - bei einem errechneten wöchentlichen Leistungssatz von 342,58 Euro - eine Nachzahlung in Höhe von 459,90 Euro; diese Bewilligungsentscheidung wurde allerdings bereits mit Bescheid vom 23. April 2003 für die Zeit ab 1. Februar 2003 teilweise aufgehoben und mit einem weiteren Bescheid vom 5. Mai 2003 die Erstattung von 301,49 Euro gefordert; beide Bescheide wurden bestandskräftig. Bereits ab 1. April 2003 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Während des Leistungsfortzahlungszeitraums erhielt er vom 1. April bis 12. Mai 2003 das Alg wieder in Höhe von 306,81 Euro wöchentlich. Rückwirkend ab 1. Mai 2003 gewährte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie ab 1. November 2003 eine bis 31. März 2006 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheide vom 24. September 2003 und 11. Juni 2004); seit 1. April 2006 bezieht der Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Die seit seiner Arbeitslosigkeit vom Kläger angestellten Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz waren zunächst erfolglos geblieben. Am 4. Oktober 2002 kam es schließlich zu einem Vorstellungsgespräch bei der t. s. GmbH (i.F.: t.s. GmbH), Spaichingen, in welchem dem Kläger von deren Geschäftsführer Thomas T. ein festes Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 2003 in Aussicht gestellt wurde. Bereits ab 8. Oktober 2002 stand der Kläger der t.s. GmbH für Kundenschulungen und Kundenprojekte zur Verfügung. Auf Wunsch der t.s. GmbH nahm der Kläger ferner zur Weiterqualifizierung an einem zweiwöchigen Kurs bei der SAP AG in W. teil, der sich in eine "B1DE10 SAP Business One Einführung" in der Zeit vom 14. bis 18. Oktober 2002 und in eine "B1DE12 SAP Business One Implementierung und Support" vom 21. bis 25. Oktober 2002 aufteilte; die Schulungskosten von 3.500,00 Euro übernahm die t.s. GmbH. Darüber schlossen der Kläger und die t.s. GmbH am 21. Oktober 2002 eine schriftliche Vereinbarung, welche ferner folgende Regelungen enthielt:

"1. SAP Schulungskosten ... Es wird vereinbart, dass Herr K. ab dem 01.01.2003 der Firma T. voraussichtlich angehört (Arbeitsvertrag oder 2-jähriger Zeitvertrag). Sollte Herr K. vorzeitig der Firma T. kündigen, so sind die Schulungskosten rückwirkend wieder zu erstatten. Falls die Firma T. kündigen sollte, so sind die Schulungskosten nicht zu erstatten. Sollte die Firma T. Herrn K. keinen Arbeitsvertrag für den 01.01.2003 mit einem Mindestbruttomonatsgehalt von EUR 4.000 vorlegen, so ist Herr K. nicht gefordert, die Schulungskosten in Höhe von EUR 3.500 zurückzuzahlen.

2. Kundenschulung und vorzeitiger Einsatz im 4.Q 2001 vor Arbeitsbeginn

Herr K. hat angeboten vor Arbeitsbeginn auf freiwilliger Basis im 4.Q 2002 der Firma T. für Kundenschulungen und Kundenprojekte zur Verfügung zu stehen. Dafür wird die Firma T. einen Laptop von ca. EUR 1.699 (Dell SmartPC 250N, 40GB Festplatte, 2,40 GHz) kaufen und Herrn K. übereignen. Damit sind sämtliche Ansprüche der Leistungen von Herrn K. an die Firma T. im 4.Q 2002 abgegolten, insbesondere die Kundenschulung vom 18.10. bis 31.10., die Herr K. als Trainer abhält. Herr K. wird jedoch diesen Laptop bei Projekten benutzen, falls er ab 01.01.2003 bei der Firma T. arbeitet ..."

Von der vorgenannten Vereinbarung erfuhr die Beklagte zunächst nichts. Ein unter dem 7. November 2002 datierter Arbeitsvertrag mit einer für den 1. Januar 2003 vorgesehenen Übernahme des Klägers als SAP-Berater/SAP-Referent zu einem Monatsgehalt von 4.000,00 Euro brutto wurde nicht unterzeichnet. Erstmals von der Kontaktaufnahme des Klägers mit der t.s. GmbH informiert wurde das Arbeitsamt Tuttlingen (ArbA) über einen Anruf des Thomas T. am 28. November 2002, in welchem dieser sich bei der seinerzeit zuständigen Sachbearbeiterin Pa. über Fördermöglichkeiten erkundigte. Diese schlug eine betriebliche Trainingsmaßnahme in zeitlichem Umfang von acht Wochen sowie ein Eingliederungszuschuss für die Dauer von neun Monaten in Höhe von 50 Prozent des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts vor; die Trainingsmaßnahme sollte vom 7. Januar bis 27. Februar 2003 dauern, die Festanstellung nun zum 1. März 2003 erfolgen. Am 9. Dezember 2002 sprach der Kläger zwecks Abklärung der Trainingsmaßnahme beim ArbA nochmals vor. Bereits unter dem 29. November 2002 hatte das ArbA der t.s. GmbH Unterlagen zur betrieblichen Trainingsmaßnahme sowie Antragsunterlagen zum Eingliederungszuschuss übersandt; Letztere wurden allerdings nicht zurückgegeben.

Am 13. Februar 2003 fand zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der t.s. GmbH ein Gespräch statt, in welchem dieser entgegen den im Arbeitsvertragsentwurf vom 7. November 2002 vorgesehenen 4.000,00 Euro für die ersten sechs Monate der Festanstellung lediglich ein Monatsgehalt von 2.750,00 Euro sowie danach von 3.000,00 Euro anbot. Diesem Vorschlag wollte der Kläger nicht nachgehen; am 17. Februar 2003 wurde das betriebliche "Praktikum" schließlich abgebrochen. Hiervon verständigte der Kläger das ArbA mit Schreiben vom 18. Februar 2003, nachdem er dort bereits tags zuvor telefonisch mitgeteilt hatte, dass er von der t.s. GmbH immer noch keinen Arbeitsvertrag habe. Mit E-Mail vom 20. Februar 2003 übersandte der Kläger der t.s. GmbH eine Aufstellung seiner im Rahmen der von ihm so genannten "Aushilfe" angefallenen Aufwendungen für Fahrten und Tagespauschalen im Zeitraum vom 8. Oktober 2002 bis 13. Februar 2003 in Höhe von insgesamt 674,10 Euro und bat um Ausgleich mit dem ihm gebraucht überlassenen Notebook. Diese Aufzeichnungen lagen dem ArbA bei der persönlichen Vorsprache des Klägers am 12. März 2003 schon vor; denn zwischenzeitlich hatte dieses von der t.s. GmbH mit deren Schreiben vom 1. März 2003 (Eingang 5. März 2003) unter Übersendung der vorgenannten Aufstellung des Klägers sowie weiterer Unterlagen (u.a. des Schreibens des seinerzeit vom Kläger beauftragten Rechtsanwalts Kl. vom 27. Februar 2003) ebenfalls die Nachricht erhalten, dass ein Arbeitsvertrag zum 1. März 2003 nicht zustande gekommen sei.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2003 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rückforderung des Alg im Zeitraum vom 8. Oktober 2002 bis 12. Mai 2003 sowie der in diesem Zeitraum gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Hierzu äußerte sich der Kläger am 5. Juni 2003, in welchem er u.a. geltend machte, dass er zu keinem Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis zur t.s. GmbH gestanden habe. Durch Bescheid vom 27. Juni 2003 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 8. Oktober 2002 bis 11. März 2003 unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf, weil der Kläger vom 8. Oktober 2002 bis 13. Februar 2003 mehr als 15 Stunden pro Woche beschäftigt gewesen sei und sich erst wieder am 12. März 2003 beim ArbA gemeldet habe, und forderte für den genannten Zeitraum die Erstattung zu Unrecht gezahlter Leistungen von 7.427,21 Euro sowie den Ersatz der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 2.745,14 Euro. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger in Wiederholung seines bisherigen Vorbringens geltend, er habe den Vermittlungsbemühungen des ArbA jederzeit zur Verfügung gestanden; er sei für die t.s. GmbH nicht tätig gewesen, sondern habe alle Möglichkeiten genutzt, persönlich eine Qualifikation zu erreichen. Ab 8. Oktober 2002 sowie in der Folgezeit bis 18. November 2002 (nach Ende der beiden Schulungen bei der SAP AG in W. ) sei von ihm gefordert worden, nach Möglichkeit im Hause der t.s. GmbH und deren Pilotkunden "metallica" Erfahrungen mit der Software "SAP Business One" zu sammeln. Vom 18. bis 22. November 2002 und vom 25. bis 29. November 2002 habe er selbst Schulungen durchführen müssen; ein zweiter Schulungsblock sei von ihm sodann vom 2. bis 6. Dezember 2002 und vom 9. bis 13. Dezember 2002 gefordert worden. Mindestens in der Zeit der Trainingsmaßnahme habe die Weisungsbefugnis ihm gegenüber bei Herrn T. gelegen; er habe sich in einem Abhängigkeitsverhältnis befunden. Im Übrigen treffe es auch nicht zu, dass er sich erst am 12. März 2003 wieder beim ArbA gemeldet habe; vielmehr sei er bereits am 9. Dezember 2002 ins ArbA eingeladen worden und er habe ferner das ArbA am 18. Februar 2003 vom Abbruch der Trainingsmaßnahme am 17. Februar 2003 informiert. Änderungen in seinen finanziellen Verhältnissen hätten nicht stattgefunden; er habe keinerlei Einkünfte gehabt und deshalb das Alg verbraucht. Unter dem 4. August 2003 erging sodann ein "Änderungsbescheid zum Bescheid vom 27.06.2003", mit welchem die Bewilligung von Alg erneut für Zeit vom 8. Oktober 2002 bis 11. März 2003 - bei gleichbleibenden Erstattungs- und Ersatzforderungen - aufgehoben wurde, und zwar nunmehr mit der Begründung, dass der Kläger vom 8. Oktober 2002 bis 17. Februar 2003 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und sich erst wieder am 12. März 2003 persönlich beim ArbA gemeldet habe.

Mit einem unter dem 10. November 2003 erlassenen "Änderungsbescheid zum Bescheid vom 04.08.2003" hob die Beklagte schließlich die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 8. Oktober 2002 bis 17. Februar 2003 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X auf und forderte die Erstattung zu Unrecht gezahlter Leistungen in Höhe von 6.462,95 Euro sowie den Ersatz der Beiträge zur Krankenversicherung von 1.653.04 Euro und zur Pflegeversicherung von 205,12 Euro. Die BKK Gesundheit teilte mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 mit, dass die t.s. GmbH für die Zeit vom 8. Oktober 2002 bis 17. Februar 2003 keine Beiträge abzuführen und keine Meldungen zu erstellen habe. Anschließend erging der den Widerspruch des Klägers zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005; die Aufhebungsentscheidung könne sowohl auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X als auch auf Nr. 4 a.a.O., jeweils i.V.m. § 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), gestützt werden.

Deswegen hat der Kläger am 4. März 2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, er habe im Zeitraum vom 8. Oktober 2002 bis 17. Februar 2003 nicht in einem Beschäftigungsverhältnis bei der t.s. GmbH gestanden; er sei dort unentgeltlich und lediglich auf freiwilliger Basis tätig gewesen. Das Laptop sei für seine Ausbildung und Schulung unbedingt nötig gewesen; aus dessen Anschaffung könne keinesfalls auf eine Beschäftigung im Sinne der §§ 117 ff. SGB III geschlossen werden. Er habe den Vermittlungsbemühungen des ArbA gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III jederzeit zur Verfügung gestanden. Seine Tätigkeit bei der t.s. GmbH habe der Erprobung dienen sollen, bevor sie in ein festes Arbeitsverhältnis übergehe; heranzuziehen sei zumindest die Vorschrift des § 120 Abs. 1 SGB III. Die Beklagte habe im Übrigen selbst ab 7. Januar 2003 eine Maßnahme der Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahme genehmigt. Die Voraussetzungen der §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 4 SGB X lägen nicht vor, denn er sei der Ansicht gewesen, dass es sich bei Tätigkeit nicht um eine versicherungspflichtige Beschäftigung gehandelt habe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Am 21. Oktober 2002 habe der Kläger mit der t.s. GmbH eine Vereinbarung geschlossen, wonach ihm für das Abhalten von Kundenschulungen ein Laptop im Wert von 1.699,00 Euro übereignet worden sei; damit stehe fest, dass er keinesfalls unentgeltlich gearbeitet habe. Die kostenintensive und wenig produktive Einarbeitungsphase habe vorliegend während des Bezugs von Alg und ohne ihre Beteiligung abgewickelt werden sollen; Maßnahmen zur Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen im Sinne des § 48 SGB III könnten jedoch nur gefördert werden, wenn die Tätigkeit oder Maßnahme auf Vorschlag oder mit Einwilligung des ArbA erfolge. Zum Zeitpunkt seiner persönlichen Vorsprache auf dem ArbA am 9. Dezember 2002 habe der Kläger zwar angegeben, dass die Trainingsmaßnahme in Ordnung gehe, jedoch die bereits von ihm bei der t.s. GmbH entfalteten Aktivitäten verschwiegen. Mit Urteil vom 24. November 2005 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das den Bevollmächtigten des Klägers am 22. Dezember 2005 zugestellte Urteil verwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 23. Januar 2006 (Montag) beim Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er hat sein Vorbringen im Klageverfahren ergänzt und vorgebracht, bei seiner Tätigkeit für die t.s. GmbH habe es sich um ein "Beschäftigungs-Anbahnungs-Verhältnis" gehandelt; das Laptop habe ausschließlich seiner Fort- und Weiterbildung dienen sollen. Ebenso wenig stelle die Übernahme der Schulungskosten durch die t.s. GmbH Arbeitsentgelt dar. Der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit habe außerdem das gesetzliche Mindestmaß von 15 Stunden wöchentlich nicht erreicht; bei seiner zu den Akten des ArbA übergebenen Auflistung habe es sich lediglich um eine Aufstellung für den Abwesenheitsnachweis im Sinne des Einkommen-steuergesetzes gehandelt. Seine Verfügbarkeit sei jederzeit gegeben gewesen; bei einem entsprechenden Vermittlungsvorschlag hätte er der Beklagten von einem auf den anderen Tag zur Verfügung gestanden. Insbesondere nach der zunächst maßgebenden Vereinbarung vom 21. Oktober 2002 habe keine zwingende vertragliche Verpflichtung bestanden; vielmehr sei in der Vereinbarung ausdrücklich eine Regelung vorgesehen gewesen, wenn er die Arbeitserprobung abgebrochen hätte. Ein Verschulden seinerseits sei nicht ersichtlich; er habe sich lediglich bemüht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Kosten für die Aus-, Fort- und Weiterbildung seien im Übrigen im Steuerbescheid für 2002 steuermindernd und gerade nicht als Einkommen berücksichtigt worden. Seine Tätigkeit bei der t.s. GmbH sei von der Beklagten ab 7. Januar 2003 als Trainingsmaßnahme genehmigt worden, sodass eine Rückforderung zumindest ab diesem Zeitraum ausscheide.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger habe im Verwaltungsverfahren auf seine große zeitliche und inhaltliche Inanspruchnahme durch die ab 8. Oktober 2002 ausgeübte Tätigkeit anschaulich hingewiesen. Er sei in dem ihm im März 2001 ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass jegliche Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit mitteilungsbedürftig sei. Die Formulierung des Klägers, er hätte bei einem entsprechenden Vermittlungsvorschlag der Beklagten "von einem Tag auf den anderen zur Verfügung gestanden" impliziere schon, dass er selbst nicht davon ausgegangen sei, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen, es sei denn, er hätte seine Beschäftigung aufgegeben. Wäre ihr bekannt gewesen, das der Kläger bereits für die t.s. GmbH tätig gewesen sei, hätten die Voraussetzungen für eine Trainingsmaßnahme nicht vorgelegen. Dem Kläger sei vorzuhalten, dass er seine umfangreichen, bereits im Oktober 2002 begonnenen Aktivitäten entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung zu keinem Zeitpunkt offenegelegt habe. Die Beklagte hat u.a. die dienstlichen Erklärungen der Mitarbeiterinnen Pa. und Kai. vom 12. und 17. April 2007 sowie 9. und 10. Juli 2007 zu den Akten gereicht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 124 Abs. 2, § 155 Abs. 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG (S5 AL 642/05), die weitere Akte des SG (S 9 KR 3055/03) sowie die Berufungsakte des Senats (L 7 AL 356/06) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500,00 Euro beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist allein noch der - die Bescheide vom 27. Juni und 4. August 2003 gemäß § 86 SGG ersetzende - Bescheid vom 10. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2005; diese Bescheide sind nur rechtmäßig, soweit die Aufhebung der Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2002 sowie die Erstattung der in diesem Zeitraum gezahlten Leistungen und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verfügt worden sind.

Die Beklagte hat in den vorliegend angefochtenen Bescheiden als verfahrensrechtliche Grundlage ihrer Aufhebungsentscheidung die Bestimmung des § 48 SGB X (in der Modifikation durch § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III) herangezogen. Diese Vorschrift ist anzuwenden, wenn die Regelung in einem Dauerverwaltungsakt - wie hier die Bewilligung von Alg - durch eine nachträgliche Entwicklung rechtswidrig wird, während auf § 45 SGB X in Abgrenzung hierzu zurückzugreifen ist, wenn der begünstigende Bescheid bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe rechtswidrig war (vgl. Bundessozialgericht (BSGE) BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 - 7 RAr 84/94 (juris)); die Beurteilung der Rechtswidrigkeit bestimmt sich hierbei nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des begünstigenden Verwaltungsakts (vgl. BSg SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Hinsichtlich des Bewilligungsbescheids vom 10. Mai 2001 - sowie der Änderungsbescheide vom 14. Januar und 25. März 2002 (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42 S. 138) - trifft die Auffassung der Beklagten zur Anwendbarkeit des § 48 SGB X zwar zu. Nicht beachtet hat die Beklagte indessen, dass am 22. April 2003 ein weiterer - bereits durch den Bescheid vom 23. April 2003 teilweise wieder aufgehobener - Bewilligungsbescheid ergangen ist, mit welchem hinsichtlich des Prozentsatzes dem Umstand Rechnung getragen worden ist, dass für den Sohn des Klägers noch bis einschließlich Januar 2003 Kindergeld worden ist; als Rechtsgrundlage der kassatorischen Entscheidung wäre insoweit nur die Vorschrift des § 45 SGB X (in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 SGB X) in Betracht gekommen. Zwar ist es grundsätzlich unschädlich, wenn eine Aufhebungsentscheidung allein auf § 48 SGB X gestützt wird; denn die §§ 45, 48 SGB X sind auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet (vgl. hierzu BSGE 87, 4 = SozR 3-4100 § 152 Nr. 9; BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr. 3 (jeweils Rdnr. 14)) und die Rücknahme (Aufhebung) der Bewilligung zudem nach § 330 Abs. 2 und 3 Satz 1 SGB III unter den Voraussetzungen der §§ 45 Abs. 2 Satz 3, 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zwingend vorgeschrieben ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 13; SozR a.a.O. § 152 Nr. 8). Die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X liegen hier jedoch - was nachstehend noch auszuführen sein wird - nicht vor; demgegenüber sind die die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung von Alg im Zeitraum vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2002 gegeben.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Abs. 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht berufen, soweit (1.) er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, (2.) der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder (3.) er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass (Bekanntgabe) des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheides (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127; Schütze in von Wulffen u.a., SGB X, 6. Auflage, § 45 Rdnr. 53). Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn (1.) eine Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.). der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Eine wesentliche Änderung, die einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nachträglich rechtswidrig werden lässt, liegt vor, wenn die Änderung im Vergleich zur Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Bescheid nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22; SozR 3-4100 § 103 Nr. 9 S. 46).

Der Kläger war ab 8. Oktober 2002 nicht mehr arbeitslos und hatte wegen fehlender Fortwirkung seiner Arbeitslosmeldung jedenfalls bis 31. Dezember 2002 keinen Anspruch auf Alg. Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes - AFRG - vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594)) haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Damit knüpft der Anspruch auf die Leistung an mehrere Voraussetzungen, die sämtlich vorhanden sein müssen. Nach § 118 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 - (BGBl. I S. 2970)) ist arbeitslos eine Arbeitnehmer, der (1.) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und (2.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt (§ 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes)). Eine Beschäftigung sucht, wer (1.) alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und (2.) den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung steht (vgl. § 119 Abs. 1 SGB III in der Fassung des AFRG). Nach der Vorschrift des § 119 Abs. 2 SGB III (ebenfalls in der Fassung des AFRG) steht den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit (d.h. subjektiv verfügbar) ist. Nach § 119 Abs. 3 SGB III (Fassung durch das 1. SGB III-Änderungsgesetz) ist u.a. arbeitsfähig ein Arbeitsloser, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf (Nr. 1 a.a.O. (objektive Verfügbarkeit)) und Vorschlägen des Arbeitsamts zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (Nr. 3 a.a.O. (Erreichbarkeit)). Arbeitsbereit und arbeitsfähig ist der Arbeitslose auch dann, wenn er bereit oder in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nur zumutbare Beschäftigungen aufzunehmen und auszuüben (§ 119 Abs. 4 Nr. 1 SGB III in der Fassung des AFRG). Die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III (Fassung durch das AFRG) mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat.

Vorliegend war die Arbeitslosigkeit des Klägers ab 8. Oktober 2002 bereits deswegen nicht mehr gegeben, weil er sich ab diesem Datum sowohl vertraglich als auch tatsächlich an die t.s. GmbH gebunden hatte (vgl. hierzu BSGE 71, 18, 21 =SozR 3-4100 § 103 Nr. 8; BSGE 73, 263, 270 = SozR a.a.O. Nr. 16) und deswegen nicht im Sinne der §§ 117, 118, 119 SGB III auf Beschäftigungssuche war. Der Kläger, der seine Tätigkeit für die t.s. GmbH in seiner E-Mail vom 20. Februar 2003 als "Aushilfe" bezeichnet hat, hat sogar zur Abgeltung seiner Leistungen für die t.s. GmbH einen Laptop und damit eine Gegenleistung erhalten (vgl. Vereinbarung vom 21. Oktober 2001). Bereits ab dem vorgenannten Zeitpunkt stand der Kläger der t.s. GmbH für Kundenprojekte und Kundenschulungen zur Verfügung; übrigens belief sich sein Zeitaufwand ausweislich seiner eigenen Aufstellung schon für die erste Woche (Dienstag, den 8. Oktober bis Freitag, den 11. Oktober) auf 22,45 Stunden, in den Schulungswochen vom 14. bis 18. Oktober und vom 21. bis 25. Oktober 2002 auf 56,45 bzw. 62,15 Stunden sowie beispielsweise vom 28. bis 30. Oktober 2002 auf 16,30 Stunden, vom 4. bis 7. November 2002 auf 21,15 Stunden, vom 11. bis 15. November 2002 auf 16,30 Stunden, vom 18. bis 22. November 2002 auf 48,00 Stunden, vom 25. bis 29. November 2002 auf 48,45 Stunden, vom 3. bis 6. Dezember 2002 auf 46,45 Stunden, vom 9. bis 13. Dezember 2002 auf 42,45 Stunden sowie am 16. und 18. Dezember 2002 auf insgesamt 13 Stunden, wobei sein Einsatz - mit Ausnahme des 9., 11., 29. bis 31. Oktober sowie 7. bis 15. November 2002 auf einen ganzen Arbeitstag erstreckte; an dem erheblichen wöchentlichen Zeitaufwand würde sich im Übrigen nichts ändern, wenn statt auf die Kalenderwoche auf die Beschäftigungswoche abgestellt würde. Damit war bereits die objektive Verfügbarkeit des Klägers ab 8. Oktober 2002 nicht mehr gegeben. Dieses Merkmal bedeutet, dass der Anspruchsteller durch nichts gehindert sein darf, ohne Verzug eine die Grenze des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III überschreitende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes aufzunehmen (vgl. BSGE 62, 166, 169 f. = SozR 4100 § 103 Nr. 39). Eine auf längere Dauer angelegte und planvoll gestaltete Betätigung, die derart betrieben wird, dass sie die für eine Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nimmt, mithin für jeden Tag, an dem sie stattfindet, die Möglichkeit ausschließt, berufstätig zu sein, schließt die objektive Verfügbarkeit selbst dann aus, wenn der Betroffene jederzeit bereit ist, im Fall eines Arbeitsangebots diese Tätigkeit aufzugeben (vgl. BSGE 62, 166, 170; BSG SozR 3-4100 § 101 Nr. 10; ferner BSG, Beschluss vom 16. März 2005 - B 11a/11 AL 231/04 B - (juris)). In Anbetracht des Engagements des Klägers bei der t.s. GmbH in der Zeit ab 8. Oktober 2002 mit einem ganz erheblichen wöchentlichen Zeitaufwand, für welche Einsatz er immerhin einen Laptop übereignet erhalten hatte, lagen hier Bindungen vor, die ihn darin gehindert haben, sich aktuell dem ArbA für eine die vorgenannte Kurzzeitigkeitsgrenze überschreitende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes zur Verfügung zu stellen. Aus eben den genannten Gründen fehlte es auch an der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers. Die von ihm eingegangenen vertraglichen Beziehungen zur t.s. GmbH stellten sich ferner als Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne dar (vgl. hierzu BSGE 60, 168, 170 = SozR 4100 § 117 Nr. 16; BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R - (juris); BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 5 (jeweils m.w.N.)). Denn der Kläger unterlag nach den von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen nicht erst ab 7. Januar 2003 - wie von ihm selbst eingeräumt -, sondern bereits ab 8. Oktober 2002 der Verfügungsbefugnis und dem Verfügungswillen der t.s. GmbH. Er hatte sich weisungsgemäß für Kundenschulungen und Kundenprojekte sowie für die von der Arbeitgeberin vorgeschriebenen Schulungen bei der SAP AG bereit zu halten und hat dies auch tatsächlich getan, wobei er für seine Arbeitsleistung einen Laptop übereignet erhalten hatte. Er leistete mithin fremdnützige und fremdbestimmte Arbeit im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses, die auch von wirtschaftlichem Wert war (vgl. dazu BSG SozR 4100 § 101 Nr. 7), und zwar unabhängig davon, ob das Laptop als Arbeitsentgelt im arbeits- und beitragsrechtlichen Sinne anzusehen wäre oder nicht. Denn für das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis ist es unerheblich, ob es der Beitragspflicht unterliegt, ob es entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird (vgl. BSG SozR 4100 § 101 Nr. 7; BSG , Urteil vom 9. Februar 2006 a.a.O.; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 5). Auf die Eigenbemühungen sowie die Erreichbarkeit als weitere Merkmale der Beschäftigungssuche kommt es unter den genannten Umständen nicht mehr an.

Durch die Aufnahme der Beschäftigung bei der t.s. GmbH ab 8. Oktober 2002 war nach allem die Arbeitslosigkeit des Klägers entfallen. Ein Sonderfall der Verfügbarkeit im Sinne des § 120 Abs. 1 SGB III war entgegen seiner Auffassung von vornherein nicht gegeben, denn keiner der dort enumerativ aufgeführten Betätigungen (vgl. hierzu BSG SozR 4-4300 § 53 Nr. 1) lag vor. Damit war aber wegen § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III auch die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen (vgl. hierzu nochmals BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 a.a.O.; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 5); denn der Kläger hat die Aufnahme der Arbeit bei der der t.s. GmbH ab 8. Oktober 2002 nicht unverzüglich gemeldet und dies im Übrigen noch nicht einmal anlässlich seiner persönlichen Vorsprache auf dem ArbA am 9. Dezember 2002 getan, dieses vielmehr seinerzeit im Glauben gelassen, dass er erst ab 7. Januar 2003 bei der t.s. GmbH tätig sein werde. In der Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III ist - jedenfalls bei einer die Arbeitslosigkeit unterbrechenden Tätigkeit wie hier - eine Einschränkung der Fortwirkung der Arbeitslosmeldung für den Fall der vom Arbeitslosen nicht angezeigten Schwarzarbeit zu sehen, und zwar unabhängig von der Dauer der Tätigkeit und unabhängig davon, ob hierfür eine Entlohnung vereinbart ist (vgl. BSG SozR 4-4300 § 122 Nr. 5). Der Kläger hatte mithin vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2002 keinen Anspruch mehr auf Alg.

Ob dies auch in der Zeit ab 1. Januar bis 17. Februar 2003 der Fall war, kann hier dahinstehen, denn die subjektiven Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X liegen insoweit nicht vor. Das ArbA hatte bereits zum Zeitpunkt der persönlichen Vorsprache des Klägers am 12. März 2003 dessen Aufzeichnungen zum zeitlichen Einsatz bei der t.s. GmbH vorliegen, nachdem es von diesem schon mit dessen Schreiben vom 18. Februar 2003 vom Scheitern der Tätigkeit informiert worden war. Wenn die Beklagte dennoch mit dem Bescheid vom 22. April 2003, der durch den Bescheid vom 23. April 2003 lediglich mit Bezug auf den Leistungsbeginn und die Leistungshöhe teilweise aufgehoben worden war, ab 1. Januar 2003 erneut Alg bewilligt hatte, kann dem Kläger jedenfalls insoweit der Vorwurf groben Verschuldens im Sinne der vorgenannten Bestimmung nicht gemacht werden. Denn weder beruhte der Bescheid auf Angaben, die der Kläger subjektiv grob schuldhaft (zum subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff siehe nachstehend) im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 und 2 SGB X unrichtig oder unvollständig gemacht hatte - der Kläger war bereits ab 1. April 2003 (vgl. die am 7. April 2004 eingegangene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. Wallner) wegen der Folgen der gescheiterten Beschäftigung bei der t.s. GmbH arbeitsunfähig erkrankt - noch musste es sich ihm im Sinne der Nr. 3 a.a.O. nach den Besonderheiten des vorliegenden Falles - immerhin war die Tätigkeit bei der t.s. GmbH ab 7. Januar 2003, freilich in Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten, als Trainingsmaßnahme gefördert worden -, aufdrängen, dass ihm das im genannten Bescheid bewilligte Alg nicht zustand; das von der Beklagten vorgelegte, dem Kläger ausweislich seiner Unterschriftsleistung im April 2001 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose (Stand April 2001) enthält insoweit keinen ausreichenden Hinweise, wie zu verfahren ist, wenn dem ArbA zwar die Aufnahme einer Arbeit bekanntgegeben wird, indes das Datum der Beschäftigungsaufnahme mit den tatsächlichen Umständen nicht übereinstimmt. Damit sind die Rücknahmevoraussetzungen für die Zeit ab 1. Januar 2003 nicht gegeben. Deshalb kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die Beklagte mit der vorliegend angegriffenen Aufhebungsentscheidung neben dem Bescheid vom 10. Mai 2001 überhaupt hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X) auch die Bescheide vom 22. und 23. April 2003 gemeint haben sollte. Ebenso wenig ist auf die von der Literatur (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 122 Rdnr. 11) unter Bezugnahme auf die zum früheren Recht vorgesehene Begrenzung der Zeit des Alg-Ausfalls auf drei Monate (vgl. BSGE 77, 175, 179 f. = SozR 3-4100 § 105 Nr. 2) angesprochenen Bedenken bei Überschreitung der Drei-Monatsgrenze einzugehen.

Anders verhält es sich indes mit der Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2003. Insoweit ist dem Kläger ein grob fahrlässiger Verstoß gegen die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorzuwerfen. Durch die Aufnahme der Tätigkeit bei der t.s. GmbH war in den tatsächlichen Verhältnissen, die im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 10. Mai 2001 und des Folgebescheids vom 14. Januar 2002 vorgelegen hatten, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Mitteilung die Umstandes der Beschäftigungsaufnahme hat der Kläger unterlassen und damit gegen seine Mittelungspflichten (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Soziagesetzbuch) verstoßen; dies geschah auch grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Maßes, d.h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2; SozR 3-1300 § 45 Nr. 45; SozR 4-4300 § 122 Nr. 5). Missachtet der Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise in einem Merkblatt und konnte er dies nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand erkennen, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris)).

Dass die zum 8. Oktober 2002 erfolgte Aufnahme der Tätigkeit bei der t.s. GmbH dem ArbA zu melden ist, musste dem Kläger schon aufgrund einfachster Überlegungen klar sein. Darüber hinaus ist er im Merkblatt für Arbeitsblatt für Arbeitslose auf den S. 17 ff. unter Darstellung der gesetzlichen Voraussetzungen - unmissverständlich darauf hingewiesen worden, dass der Leistungsanspruch von der Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit abhängt, dass als arbeitslos nur ein Arbeitnehmer gilt, wenn er vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder wenn er nur eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden ausübt, sowie ferner, dass er für das Arbeitsamt jederzeit erreichbar sein muss und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den auf dem Arbeitsmarkt allgemein üblichen Bedingungen ausüben kann und darf. Auf S. 53 des Merkblatts ist der Kläger unter Punkt 9 Ziff. 2 und 6 nochmals deutlich darüber aufgeklärt worden, dass er das Arbeitsamt sofort benachrichtigen müsse, wenn er eine berufliche Tätigkeit - sei es eine Vollzeit- oder Nebentätigkeit, eine selbständige oder nicht steuer- und sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und auch ein Probearbeitsverhältnis - aufnehme. Der Inhalt all dieser Belehrungen stimmt mit der Gesetzeslage und den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen überein; aufgrund einfachster Überlegungen durch Lektüre des Merkblatts hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass er die Aufnahme der Tätigkeit bei der t.s. GmbH dem ArbA unverzüglich zu melden hatte. Sein Werdegang und die sich aus den Akten erschließende Persönlichkeitsstruktur bieten keinen Anhalt dafür, dass sein Einsichts-, Kritik- und Urteilvermögen am 4. Oktober 2002 oder in den folgenden Tagen aufgrund subjektiver Merkmale beeinträchtigt gewesen ist.

Nach allem ist dem Kläger ein - Vertrauensschutz ausschließendes - Fehlverhalten im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorzuwerfen. Die Beklagte war deshalb berechtigt, die Bewilligung des Alg in der Zeit vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2002 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Die Fristen des § 45 Abs. 3 und 4, § 48 Abs. 4 SGB X sind eingehalten. Der Kläger ist deshalb nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet, die im vorgenannten Zeitraum überzahlten Leistungen zu erstatten; die Erstattungsforderung beläuft sich insoweit auf 4.200,70 Euro (85 Tage zu 49,42 Euro). Ferner hat der Kläger, bei dem nach Auskunft der BKK Gesundheit vom 13. Dezember 2004 in der vorgenannten Zeit ein anderweitiges Krankenversicherungsverhältnis nicht bestanden hat, gemäß § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III (in der Fassung bis 31. Dezember 2004) die im Zeitraum vom 8. Oktober bis 31. Dezember 2002 von der Beklagten gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen. Die zurückgeforderten Beiträge zur Krankenversicherung errechnen sich wie folgt: wöchentliches Bemessungsentgelt (1.020,00 Euro, begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung = 787,50 Euro), hiervon 80 v.H. (= 630,00 Euro), geteilt durch sieben, vervielfacht mit 85 beitragsrechtlich relevanten Tagen und dem Beitragssatz der BKK Gesundheit von 13,70 v.H. ergibt einen Betrag von 1.048,05 Euro (vgl. § 232a Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V, Fassung bis 31. Dezember 2002) i.V.m. §§ 223, 241 SGB V). Hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung errechnet sich auf gleiche Weise aus dem Beitragssatz von 1,70 v.H. der Erstattungsbetrag von 130,05 Euro (vgl. §§ 55 Abs. 1 Satz 1 und 57 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch). Die vorgenannten Beträge hat der Kläger zu erstatten. Über die Modalitäten der Rückzahlung war vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § &61492;2 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 3 S. 84).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved