Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 515/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 66/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Antragsfrist von sechs Monaten für die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem Medizinischen Versorgungszentrum gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn nur eine Arztstelle mit einem Beschäftigungsumfang von ¼ zur Verfügung steht (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R - juris Rdnr. 27 ff.). Dabei ist es unerheblich, ob die Nachbesetzung in der Weise erfolgt, dass eine Neueinstellung erfolgt oder - wie hier - der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle (hier: von 20 auf 30 Wochenstunden) ausgeweitet wird. Auch in diesem Fall handelt es sich um die Nachbesetzung einer frei gewordenen Arztstelle.
1. Der Bescheid des Beklagten vom 11.05.2011 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Anstellung von Herrn C. im Umfang von 30 Wochenstunden zu genehmigen.
2. Der Beklagte hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung der Aufstockung des Beschäftigungsumfangs des angestellten Orthopäden C. von 20 auf 30 Wochenstunden.
Die Klägerin ist ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes medizinisches Versorgungszentrum mit Praxissitz in A-Stadt. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab dem Antrag der Klägerin auf Anstellung des Orthopäden D. gem. § 103 Abs. 4a SGB V mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden mit Wirkung zum 01.02.2007 mit Beschluss vom 30.01.2007 statt. Nach den Beschlussgründen wurde gleichzeitig die Arbeitszeit des angestellten Orthopäden C. von 30 auf 20 Wochenstunden reduziert. Der Zulassungsausschuss stellte mit Beschluss vom 26.01.2010 die Beendigung der Anstellung des D. zum 31.12.2009 fest.
Die Klägerin beantragte am 11.06.2010 die Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit von Herrn C. von 20 auf 30 Wochenstunden.
Der Zulassungsausschuss bat unter Datum vom 15.06.2010 um weitere Angaben und Unterlagen bis zum 22.06.2010, um die Angelegenheit noch in der nächsten Sitzung am 27.07.2010 verhandeln zu können. Sie benötige noch das Formular "Erklärungen" und eine vom Zeichnungsberechtigten unterschriebenen Antrag sowie eine schriftliche Mitteilung, für welche freie Stelle (Anrechnungsfaktor 0,25) die Erhöhung des Arbeitszeitrahmens und zu welchem Zeitpunkt die Änderung des Arbeitszeitrahmens erfolgen solle. Eine rückwirkende Genehmigung könne nicht erfolgen.
Die Klägerin teilte unter Datum vom 08.06.2010, eingegangen beim Zulassungsausschuss am 27.07.2010 mit, die Erhöhung der Arbeitszeit von Herrn C. solle auf die frei gewordene Stelle von Herrn D. erfolgen. Die Erhöhung hätte eigentlich zum 01.07.2010 erfolgen sollen. Da eine rückwirkende Erhöhung nicht möglich sei, solle die Erhöhung zum 01.09.2010 erfolgen.
Der Zulassungsausschuss wies unter Datum von 29.07.2010 darauf hin, dass künftig Änderungen in der Zusammensetzung von Berufsausübungsgemeinschaften, medizinischen Versorgungszentren oder Arzt-Anstellungen nur jeweils zum Quartalswechsel genehmigt werden würden. Ferner weise er darauf hin, dass eine rückwirkende Beschlussfassung nicht möglich sei. Über die Frage der Anstellung nur zu Quartalsbeginn entspann sich zwischen der Klägerin und dem Zulassungsausschuss ein Schriftwechsel.
Der Zulassungsausschuss lehnte mit Beschluss vom 24.08.2010 eine Änderung des Arbeitszeitrahmens des bei der Klägerin angestellten Orthopäden C. von 20 Stunden auf 30 Stunden wöchentlich ab. Zur Begründung führte er aus, die formale Vollständigkeit der Antragsunterlagen habe erst am 27.07.2010 vorgelegen. Die vollständige oder teilweise Nachbesetzung einer Stelle sei binnen einer Frist von 6 Monaten nach dem vollständigen oder teilweisen Ausscheiden des angestellten Arztes möglich, wobei die Nachbesetzung nur im zeitlichen Umfang der Beschäftigung des ausgeschiedenen Arztes zulässig sei. Eine Verlängerung der Frist zur Nachbesetzung sei statthaft. Ein Verlängerungsantrag sei rechtzeitig innerhalb der 6-Monatsfrist zu stellen. Die Versäumung der Frist könne dazu führen, dass eine beantragte Ausweitung der Arbeitszeit oder Neubesetzung der Stelle versagt werde. Die Anstellung von Herrn D. habe bereits zum 31.12.2009 geendet. Daher sei die Frist zur Nachbesetzung der Stelle versäumt worden. Auch ein Antrag auf Verlängerung der Frist sei nicht gestellt worden.
Gegen den am 10.01.2011 ausgefertigten Beschluss legte die Klägerin am 20.01.2011 Widerspruch ein. Sie trug vor, der erste Antrag auf Erweiterung des Arbeitszeitrahmens sei am 08.06.2010, also noch innerhalb der 6 Monate geltenden Frist auf Nachbesetzung, gestellt worden. Daraufhin sei das Formular "Erklärungen" nachgefordert worden. Dies sei dann mit Schreiben vom 23.06.2011, also immer noch innerhalb der 6 Monatsfrist, beantwortet worden. Die Antragsstellung durch eine Mitarbeiterin reiche aus, die Antragsstellung müsse nicht durch einen Zeichnungsberechtigten erfolgen. Dies sei gesetzlich nicht erforderlich. Eine Benennung der frei gewordenen Stelle sei nicht zwingende Voraussetzung für die Antragstellung. Durch Auslegung des Antrags sei ersichtlich gewesen, dass Herr C. im erweiterten Tätigkeitsumfang der Klägerin habe tätig werden sollen, weil der zuvor ausgeschiedene D. für die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Eine weitere freie Anstellungsgenehmigung sei nicht vorhanden gewesen. Die Nichteinhaltung der Nachbesetzungsfrist führe auch nicht automatisch zum Erlöschen der Arztstelle. Es sei vielmehr erforderlich, dass eine Feststellung erfolge, dass die Anstellungsberechtigung erloschen sei. Eine solche Feststellung liege hier aber nicht vor. Die Beigeladene zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt beantragt, die Beendigung der Anstellungsgenehmigungsmöglichkeit bzw. die Nachbesetzungsmöglichkeit festzustellen.
Die Beigeladene zu 1) hielt die Ausführungen im Beschluss des Zulassungsausschusses für zutreffend. Sie trug vor, sie gehe ebenfalls von einer Nachbesetzungsfrist von 6 Monaten aus. Eine Terminierung im Juni 2010 habe aufgrund der Fristenregelung der Verfahrensordnung des Zulassungsausschusses für Ärzte und Psychotherapeuten nicht mehr erfolgen können. Abschnitt C Nr. 5 der Verfahrensordnung bestimmte, dass für alle anderen Anträge die Frist für den vollständigen Eingang der ausgefüllten Formularvordrucke nebst den für den jeweiligen Antrag erforderlichen Anlagen bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses 6 Wochen vor dem Sitzungstermin betrage. Die vollständigen Unterlagen seinen aber erst am 27.07.2010 eingegangen, der vollständige Antrag auf Nachbesetzung sei daher verspätet eingegangen. Eine rückwirkende Genehmigung komme aber bei Statusangelegenheiten nicht in Betracht.
Der Beklagte ließ mit Beschluss vom 11.05.2011, ausgefertigt am 06.06.2011 und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.06.2011 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Zulassungsausschuss für Ärzte habe mit Beschluss vom 30.01.2007 bei der Anstellung des Herrn D. festgelegt, dass unbeschadet des Bestandes von Zulassungsbeschränkungen die Stelle des Herrn D. wiederbesetzt werden könne und diese Wiederbesetzung binnen einer Frist von 3 Monaten zu erfolgen habe. Dieser Beschluss sei bestandskräftig geworden und zwar auch bezüglich dieser Nebenbestimmung. Damit sei bereits der erste noch unvollständige Antrag auf Wiederbesetzung verspätet gewesen. Seine frühere Aussage in einem anderen Verfahren, es bedürfe einer förmlichen Beendigung der Anstellungsberechtigung, habe sich auf die Nichtausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bezogen. In Fällen der vorliegenden Art, in denen aufgrund Fristablaufs die Wiederbesetzbarkeit einer vorhandenen Arztstelle entfalle, bedürfe es jedoch nicht eines gesonderten Rechtsaktes aus Gründen der Rechtsklarheit. Ähnlich wie in den Fällen des § 19 Abs. 3 Zulassungsverordnung-Ärzte trete die Rechtsfolge der Beendigung der Zulassung bzw. des Wegfalls der Wiederbesetzungsmöglichkeit automatisch mit Zeitablauf ein.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.07.2011 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, es bedürfe einer förmlichen Beendigung einer Anstellungsmöglichkeit. Weiter trägt sie vor, selbst wenn man die Einschätzung vertrete, dass durch die Bestandskraft des Bescheides auch die Nachbesetzungsfrist entsprechend fixiert worden sei, wäre in einem ggf. verspäteten Antrag konkludent der Antrag auf Rücknahme des Bescheides insofern zu sehen, als dieser rechtswidrig eine Nachbesetzungsfrist vorgebe. Da ein Ermessensspielraum bezüglich der Nachbesetzungsfrist mangels gesetzlicher Regelung nicht bestehe, währe das Ermessen auf Null reduziert und demgemäß antragsgemäß zu entscheiden gewesen. Eine ¼-Anstellung könne nicht verfallen, da diese bedarfsplanerisch nicht zu erfassen sei. Dies müsse auch vor dem Hintergrund gelten, dass in dem Anstellungsgenehmigungsbeschluss eine Frist für die Nachbesetzung aufgeführt worden sei. Es sei auch nicht zu differenzieren zwischen der Aufstockung der Arbeitszeit eines bereits angestellten Arztes einerseits und der Besetzung einer ¼-Stelle durch einen neuen Arzt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11.05.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Anstellung von Herrn C. im Umfang von 30 Wochenstunden zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im angefochtenen Beschluss. Ergänzend trägt er vor, inwieweit der Zulassungsausschuss zu einer Beschränkung der Wiederbesetzung im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.01.2007 materiell berechtigt gewesen sei, bedürfe keiner weiteren Untersuchung, da auf jeden Fall Bestandskraft dieser Regelung eingetreten sei und eine Nichtigkeit nicht angenommen werden könne. Würde man der Ansicht der Klägerin folgen, dass in jedem verspäteten Antrag konkludent ein Antrag auf Rücknahme des Bescheides liege, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass jegliche Bestandkraft von Verwaltungsentscheidungen ausgehebelt werden würde. Aus diesem Grund habe § 44 SGB X die Durchbrechung der Bestandskraft auf Fallgestaltungen beschränkt, in denen Sozialleistungen zu Unrecht vorbehalten worden seien. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Wiederbesetzung einer Stelle, die lediglich einem Umfang von ¼ der regulären Beschäftigungszeit aufweise, sondern um die Aufstockung der Arbeitszeit eines angestellten Arztes von 20 auf 30 Stunden wöchentlich. Damit werde eine Dimension erreicht, die bedarfsplanerisch relevant sei. Es gelte daher nicht die vom Bundessozialgericht statuierte Ausnahmesituation für Stellen in einem Umfang von ¼ des regulären Beschäftigungsumfangs.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beigeladenen haben sich schriftsätzlich nicht geäußert. Die Beigeladenen haben auch keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 07.07.2011 die Beiladung ausgesprochen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem Vertreter der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem Vertreter der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beigeladenen 8) tun, weil dieser ordnungsgemäß geladen worden ist.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 11.05.2011 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung der Anstellung von Herrn C. im Umfang von 30 Wochenstunden.
Anspruchsgrundlage für die Nachbesetzung einer in einem MVZ frei gewordenen Arztstelle ist § 95 Abs. 2 Satz 8 i.V.m. Satz 5 SGB V. Danach ist die Genehmigung für die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ zu erteilen, wenn der Arzt im Arztregister eingetragen ist und der fachübergreifende Charakter des MVZ erhalten bleibt. Dies gilt auch für die Aufstockung einer bereits genehmigten Arztstelle. Auch die Ausweitung des Tätigungsumfangs bedarf der Genehmigung der Zulassungsgremien. § 42 Satz 1 BedarfsplRL bestimmt ausdrücklich, kommt es bei einem in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Arzt durch eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu einer Erhöhung des Anrechnungsfaktors nach § 38, so ist zuvor die Genehmigung durch den Zulassungsausschuss erforderlich.
Für Planungsbereiche, die wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrt sind, ist weiterhin § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V zu beachten, wonach auch in gesperrten Planungsbereichen die Nachbesetzung einer in einem MVZ frei gewordenen Arztstelle möglich ist. Die Nachbesetzung kann auch in der Weise erfolgen, dass der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle ausgeweitet wird, wie es die Klägerin beantragt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann im MVZ die Nachbesetzung einer Angestelltenstelle innerhalb von sechs Monaten - Stichtag ist der Eingang des Antrags beim Zulassungsausschuss in vollständiger Form unter der Voraussetzung, dass der als Nachfolger benannte Arzt auch ernstlich an der Stelle interessiert sein muss, was ggf. aufzuklären ist - beantragt werden, in Ausnahmefällen besteht bei erkennbar ernstlichem Bemühens zur Nachbesetzung und ihrem Scheitern die Möglichkeit zur Verlängerung um höchstens sechs weitere Monate (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R - juris Rdnr. 25 f.). Der Zulassungsausschuss hat noch unter Datum vom 15.06.2010 um die Einreichung fehlender Unterlagen nachgesucht.
Soweit der Beklagte auf eine kürzere Frist im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.01.2007 hinweist, so handelt es sich hierbei nicht um eine Nebenbestimmung, sondern um einen Hinweis auf die aus Sicht des Zulassungsausschusses seinerzeit bestehende Rechtslage. Lediglich in den Beschlussgründen führt der Zulassungsausschuss aus, innerhalb von drei Monaten könne eine Nachbesetzung beantragt werden. Diese Frist wird offensichtlich nicht in den Verfügungssatz aufgenommen, auch ergibt sich nicht eindeutig, dass es sich hierbei überhaupt um eine verbindliche Nebenbestimmung handeln soll. Der Wortlaut und der Kontext der Formulierung sprechen dafür, dass es sich um einen Hinweis auf die Rechtslage handeln soll. Im Übrigen gehen Unklarheiten zu Lasten der erklärenden Behörde.
Nach der genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt die Antragsfrist von sechs Monaten ausnahmsweise dann nicht, wenn nur eine Arztstelle mit einem Beschäftigungsumfang von ¼ zur Verfügung steht. Auf die besondere Situation bei einer Vakanz einer nur ¼-Arztstelle sind die Erwägungen zur Bedarfsplanung, zur Überversorgung sowie zur Anordnung von Zulassungssperren und zum Abbau von Überversorgung und die daraus gezogenen Folgerungen nach Auffassung des Bundessozialgerichts nicht übertragbar. Bei der Zulassung und Besetzung einer Arztstelle im Umfang von einem nur ¼-Versorgungsauftrag bestehen Besonderheiten (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 27 ff.).
Folgt man dieser Rechtsprechung, so ist es unerheblich, ob die Nachbesetzung in der Weise erfolgt, dass der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle ausgeweitet wird. Auch in diesem Fall handelt es sich um die Nachbesetzung einer frei gewordenen Arztstelle.
Der Umstand, dass die Aufstockung einer hälftigen Angestelltenstelle um weitere zehn Stunden bedarfsplanungsrechtlich beachtlich, ist keine Besonderheit, die der Anwendung der Ausnahmeregelung zur Sechs-Monate-Frist entgegensteht.
Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen (§ 101 Abs. 1 Satz 7 SGB V). Wie die Berücksichtigung zu erfolgen hat, wird in der Bedarfsplanungsrichtlinie geregelt (§ 38 Abs. 1 BedarfsplRL für MVZ; s. auch entsprechend § 23i Abs. 2 BedarfsplRL für Berufsausübungsgemeinschaften). Für die Feststellung des Versorgungsgrades sind genehmigte angestellte Ärzte mit dem Faktor 1 zu berücksichtigen, soweit sie vollbeschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte Ärzte sind bei der Feststellung des örtlichen Versorgungsgrades der ambulanten Versorgung nach Maßgabe des konkreten Beschäftigungsumfanges in der ambulanten Versorgung zu berücksichtigen. Dabei gelten folgende Anrechnungsfaktoren:
Vertraglich vereinbarte Arbeitszeit Anrechnungsfaktor
bis 10 Stunden pro Woche 0,25
über 10 bis 20 Stunden pro Woche 0,5
über 20 bis 30 Stunden pro Woche 0,75
über 30 Stunden pro Woche 1,0
Die von der Klägerin begehrte Aufstockung der Arbeitszeit erhöht den Anrechnungsfaktor für die Bedarfsplanung von 0,5 auf 0,75. Nach § 17 Abs. 3 BedarfsplRL werden die in einem MVZ angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit mit den Anrechnungsfaktoren nach § 38 auf den Versorgungsgrad angerechnet. Insofern ist die Aufstockung planungsrechtlich von Bedeutung.
Folgt man aber der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, so ist allein darauf abzustellen, dass Vakanzen im Umfang von einer nur ¼-Arztstelle grundsätzlich sanktionslos bleiben (so BSG, a.a.O., Rdnr. 29). Mit der Aufstockung einer Arztstelle auf den Umfang mit einem Anrechnungsfaktor von 0,5 oder mehr wird die Schwelle der ¼ Arztstelle zwar überschritten, die Auswirkung auf die Bedarfsplanung bleibt aber gleich wie bei der Neubesetzung einer ¼-Arztstelle. Insofern geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der genannten BSG-Rechtsprechung im Wesentlichen um eine zulässige Rechtsfortbildung handelt, deren logische Anknüpfung an § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V nur sehr lose ist. Insofern kann dem Gesetz entnommen werden, dass jedenfalls ein Zeitraum von sechs Monaten bei dem MVZ verbleiben muss. Auch bedarf es insoweit der Gleichstellung mit Berufsausübungsgemeinschaften, die ebf. eine Nachbesetzung einer angestellten Arztstelle nach § 103 Abs. 4b Satz 3 SGB V vornehmen können und für die § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V nicht gilt. Für die mögliche Sperrung oder Entsperrung eines Planungsbereichs kommt es aber nicht auf die konkrete Besetzungssituation innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ an, sondern innerhalb des Planungsbereichs. Von daher stellen die Bedarfsplanungsrichtlinien auf ¼-Stellen ab, was von der gesetzlichen Vorgabe hinreichend gedeckt ist. Eine Entsperrung oder Sperrung eines Planungsbereichs, die nur aufgrund ½ oder ganzer Stellen erfolgen kann, kann aber Folge von Änderungen im Umfang von ¼-Arztstellen bei verschiedenen Vertragsärzten, Berufsausübungsgemeinschaften und/oder MVZ sein. Die ist aber keine Besonderheit der Nachbesetzung einer ¼-Arztstelle im Wege der Aufstockung einer bereits vorhandenen Arztstelle, da auch die Nachbesetzung im Wege einer Neubesetzung auf die Bedarfsplanung mit dem Faktor 0,25 anzurechnen ist.
Von daher kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung folgt, auf die Einhaltung der Sechs-Monatsfrist durch die Klägerin nicht an. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob innerhalb der Sechs-Monats-Frist der mit Schriftsatz vom 04.05.2010, beim Zulassungsausschuss am 07.06.2010 eingegangene Antrag von einem Zeichnungsberechtigten hätte unterschrieben sein bzw. ob die Frist hätte verlängert werden müssen. Jedenfalls teilte der bevollmächtigte Verwaltungsleiter Herr E. unter Datum vom 08.06.2010, bei dem Zulassungsausschuss eingegangen am 27.07.2010, die weiter geforderten Angaben mit. Hierin kann insofern auch eine für die Klägerin wirksame Genehmigung des Antrags, der zuvor nur von einer nicht zeichnungsberechtigten Mitarbeiterin der Klägerin unterschrieben worden war, gesehen werden. Damit lag ein vollständiger Antrag zwar erst nach Ablauf der Sechs-Monatsfrist vor, was aber unerheblich ist, da diese Frist hier nicht galt. Weitere Gründe, die auf eine Unzulässigkeit der Nachbesetzung hindeuten könnten, sind weder ersichtlich noch werden solche von den Beteiligten vorgetragen.
Nach allem war der Klage stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Beklagte hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung der Aufstockung des Beschäftigungsumfangs des angestellten Orthopäden C. von 20 auf 30 Wochenstunden.
Die Klägerin ist ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenes medizinisches Versorgungszentrum mit Praxissitz in A-Stadt. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen gab dem Antrag der Klägerin auf Anstellung des Orthopäden D. gem. § 103 Abs. 4a SGB V mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden mit Wirkung zum 01.02.2007 mit Beschluss vom 30.01.2007 statt. Nach den Beschlussgründen wurde gleichzeitig die Arbeitszeit des angestellten Orthopäden C. von 30 auf 20 Wochenstunden reduziert. Der Zulassungsausschuss stellte mit Beschluss vom 26.01.2010 die Beendigung der Anstellung des D. zum 31.12.2009 fest.
Die Klägerin beantragte am 11.06.2010 die Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit von Herrn C. von 20 auf 30 Wochenstunden.
Der Zulassungsausschuss bat unter Datum vom 15.06.2010 um weitere Angaben und Unterlagen bis zum 22.06.2010, um die Angelegenheit noch in der nächsten Sitzung am 27.07.2010 verhandeln zu können. Sie benötige noch das Formular "Erklärungen" und eine vom Zeichnungsberechtigten unterschriebenen Antrag sowie eine schriftliche Mitteilung, für welche freie Stelle (Anrechnungsfaktor 0,25) die Erhöhung des Arbeitszeitrahmens und zu welchem Zeitpunkt die Änderung des Arbeitszeitrahmens erfolgen solle. Eine rückwirkende Genehmigung könne nicht erfolgen.
Die Klägerin teilte unter Datum vom 08.06.2010, eingegangen beim Zulassungsausschuss am 27.07.2010 mit, die Erhöhung der Arbeitszeit von Herrn C. solle auf die frei gewordene Stelle von Herrn D. erfolgen. Die Erhöhung hätte eigentlich zum 01.07.2010 erfolgen sollen. Da eine rückwirkende Erhöhung nicht möglich sei, solle die Erhöhung zum 01.09.2010 erfolgen.
Der Zulassungsausschuss wies unter Datum von 29.07.2010 darauf hin, dass künftig Änderungen in der Zusammensetzung von Berufsausübungsgemeinschaften, medizinischen Versorgungszentren oder Arzt-Anstellungen nur jeweils zum Quartalswechsel genehmigt werden würden. Ferner weise er darauf hin, dass eine rückwirkende Beschlussfassung nicht möglich sei. Über die Frage der Anstellung nur zu Quartalsbeginn entspann sich zwischen der Klägerin und dem Zulassungsausschuss ein Schriftwechsel.
Der Zulassungsausschuss lehnte mit Beschluss vom 24.08.2010 eine Änderung des Arbeitszeitrahmens des bei der Klägerin angestellten Orthopäden C. von 20 Stunden auf 30 Stunden wöchentlich ab. Zur Begründung führte er aus, die formale Vollständigkeit der Antragsunterlagen habe erst am 27.07.2010 vorgelegen. Die vollständige oder teilweise Nachbesetzung einer Stelle sei binnen einer Frist von 6 Monaten nach dem vollständigen oder teilweisen Ausscheiden des angestellten Arztes möglich, wobei die Nachbesetzung nur im zeitlichen Umfang der Beschäftigung des ausgeschiedenen Arztes zulässig sei. Eine Verlängerung der Frist zur Nachbesetzung sei statthaft. Ein Verlängerungsantrag sei rechtzeitig innerhalb der 6-Monatsfrist zu stellen. Die Versäumung der Frist könne dazu führen, dass eine beantragte Ausweitung der Arbeitszeit oder Neubesetzung der Stelle versagt werde. Die Anstellung von Herrn D. habe bereits zum 31.12.2009 geendet. Daher sei die Frist zur Nachbesetzung der Stelle versäumt worden. Auch ein Antrag auf Verlängerung der Frist sei nicht gestellt worden.
Gegen den am 10.01.2011 ausgefertigten Beschluss legte die Klägerin am 20.01.2011 Widerspruch ein. Sie trug vor, der erste Antrag auf Erweiterung des Arbeitszeitrahmens sei am 08.06.2010, also noch innerhalb der 6 Monate geltenden Frist auf Nachbesetzung, gestellt worden. Daraufhin sei das Formular "Erklärungen" nachgefordert worden. Dies sei dann mit Schreiben vom 23.06.2011, also immer noch innerhalb der 6 Monatsfrist, beantwortet worden. Die Antragsstellung durch eine Mitarbeiterin reiche aus, die Antragsstellung müsse nicht durch einen Zeichnungsberechtigten erfolgen. Dies sei gesetzlich nicht erforderlich. Eine Benennung der frei gewordenen Stelle sei nicht zwingende Voraussetzung für die Antragstellung. Durch Auslegung des Antrags sei ersichtlich gewesen, dass Herr C. im erweiterten Tätigkeitsumfang der Klägerin habe tätig werden sollen, weil der zuvor ausgeschiedene D. für die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Eine weitere freie Anstellungsgenehmigung sei nicht vorhanden gewesen. Die Nichteinhaltung der Nachbesetzungsfrist führe auch nicht automatisch zum Erlöschen der Arztstelle. Es sei vielmehr erforderlich, dass eine Feststellung erfolge, dass die Anstellungsberechtigung erloschen sei. Eine solche Feststellung liege hier aber nicht vor. Die Beigeladene zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt beantragt, die Beendigung der Anstellungsgenehmigungsmöglichkeit bzw. die Nachbesetzungsmöglichkeit festzustellen.
Die Beigeladene zu 1) hielt die Ausführungen im Beschluss des Zulassungsausschusses für zutreffend. Sie trug vor, sie gehe ebenfalls von einer Nachbesetzungsfrist von 6 Monaten aus. Eine Terminierung im Juni 2010 habe aufgrund der Fristenregelung der Verfahrensordnung des Zulassungsausschusses für Ärzte und Psychotherapeuten nicht mehr erfolgen können. Abschnitt C Nr. 5 der Verfahrensordnung bestimmte, dass für alle anderen Anträge die Frist für den vollständigen Eingang der ausgefüllten Formularvordrucke nebst den für den jeweiligen Antrag erforderlichen Anlagen bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses 6 Wochen vor dem Sitzungstermin betrage. Die vollständigen Unterlagen seinen aber erst am 27.07.2010 eingegangen, der vollständige Antrag auf Nachbesetzung sei daher verspätet eingegangen. Eine rückwirkende Genehmigung komme aber bei Statusangelegenheiten nicht in Betracht.
Der Beklagte ließ mit Beschluss vom 11.05.2011, ausgefertigt am 06.06.2011 und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.06.2011 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, der Zulassungsausschuss für Ärzte habe mit Beschluss vom 30.01.2007 bei der Anstellung des Herrn D. festgelegt, dass unbeschadet des Bestandes von Zulassungsbeschränkungen die Stelle des Herrn D. wiederbesetzt werden könne und diese Wiederbesetzung binnen einer Frist von 3 Monaten zu erfolgen habe. Dieser Beschluss sei bestandskräftig geworden und zwar auch bezüglich dieser Nebenbestimmung. Damit sei bereits der erste noch unvollständige Antrag auf Wiederbesetzung verspätet gewesen. Seine frühere Aussage in einem anderen Verfahren, es bedürfe einer förmlichen Beendigung der Anstellungsberechtigung, habe sich auf die Nichtausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bezogen. In Fällen der vorliegenden Art, in denen aufgrund Fristablaufs die Wiederbesetzbarkeit einer vorhandenen Arztstelle entfalle, bedürfe es jedoch nicht eines gesonderten Rechtsaktes aus Gründen der Rechtsklarheit. Ähnlich wie in den Fällen des § 19 Abs. 3 Zulassungsverordnung-Ärzte trete die Rechtsfolge der Beendigung der Zulassung bzw. des Wegfalls der Wiederbesetzungsmöglichkeit automatisch mit Zeitablauf ein.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.07.2011 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, es bedürfe einer förmlichen Beendigung einer Anstellungsmöglichkeit. Weiter trägt sie vor, selbst wenn man die Einschätzung vertrete, dass durch die Bestandskraft des Bescheides auch die Nachbesetzungsfrist entsprechend fixiert worden sei, wäre in einem ggf. verspäteten Antrag konkludent der Antrag auf Rücknahme des Bescheides insofern zu sehen, als dieser rechtswidrig eine Nachbesetzungsfrist vorgebe. Da ein Ermessensspielraum bezüglich der Nachbesetzungsfrist mangels gesetzlicher Regelung nicht bestehe, währe das Ermessen auf Null reduziert und demgemäß antragsgemäß zu entscheiden gewesen. Eine ¼-Anstellung könne nicht verfallen, da diese bedarfsplanerisch nicht zu erfassen sei. Dies müsse auch vor dem Hintergrund gelten, dass in dem Anstellungsgenehmigungsbeschluss eine Frist für die Nachbesetzung aufgeführt worden sei. Es sei auch nicht zu differenzieren zwischen der Aufstockung der Arbeitszeit eines bereits angestellten Arztes einerseits und der Besetzung einer ¼-Stelle durch einen neuen Arzt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11.05.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Anstellung von Herrn C. im Umfang von 30 Wochenstunden zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im angefochtenen Beschluss. Ergänzend trägt er vor, inwieweit der Zulassungsausschuss zu einer Beschränkung der Wiederbesetzung im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.01.2007 materiell berechtigt gewesen sei, bedürfe keiner weiteren Untersuchung, da auf jeden Fall Bestandskraft dieser Regelung eingetreten sei und eine Nichtigkeit nicht angenommen werden könne. Würde man der Ansicht der Klägerin folgen, dass in jedem verspäteten Antrag konkludent ein Antrag auf Rücknahme des Bescheides liege, würde dies im Ergebnis bedeuten, dass jegliche Bestandkraft von Verwaltungsentscheidungen ausgehebelt werden würde. Aus diesem Grund habe § 44 SGB X die Durchbrechung der Bestandskraft auf Fallgestaltungen beschränkt, in denen Sozialleistungen zu Unrecht vorbehalten worden seien. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Wiederbesetzung einer Stelle, die lediglich einem Umfang von ¼ der regulären Beschäftigungszeit aufweise, sondern um die Aufstockung der Arbeitszeit eines angestellten Arztes von 20 auf 30 Stunden wöchentlich. Damit werde eine Dimension erreicht, die bedarfsplanerisch relevant sei. Es gelte daher nicht die vom Bundessozialgericht statuierte Ausnahmesituation für Stellen in einem Umfang von ¼ des regulären Beschäftigungsumfangs.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beigeladenen haben sich schriftsätzlich nicht geäußert. Die Beigeladenen haben auch keinen Antrag gestellt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 07.07.2011 die Beiladung ausgesprochen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem Vertreter der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie einem Vertreter der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Sie konnte dies trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beigeladenen 8) tun, weil dieser ordnungsgemäß geladen worden ist.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 11.05.2011 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung der Anstellung von Herrn C. im Umfang von 30 Wochenstunden.
Anspruchsgrundlage für die Nachbesetzung einer in einem MVZ frei gewordenen Arztstelle ist § 95 Abs. 2 Satz 8 i.V.m. Satz 5 SGB V. Danach ist die Genehmigung für die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ zu erteilen, wenn der Arzt im Arztregister eingetragen ist und der fachübergreifende Charakter des MVZ erhalten bleibt. Dies gilt auch für die Aufstockung einer bereits genehmigten Arztstelle. Auch die Ausweitung des Tätigungsumfangs bedarf der Genehmigung der Zulassungsgremien. § 42 Satz 1 BedarfsplRL bestimmt ausdrücklich, kommt es bei einem in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Arzt durch eine Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu einer Erhöhung des Anrechnungsfaktors nach § 38, so ist zuvor die Genehmigung durch den Zulassungsausschuss erforderlich.
Für Planungsbereiche, die wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrt sind, ist weiterhin § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V zu beachten, wonach auch in gesperrten Planungsbereichen die Nachbesetzung einer in einem MVZ frei gewordenen Arztstelle möglich ist. Die Nachbesetzung kann auch in der Weise erfolgen, dass der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle ausgeweitet wird, wie es die Klägerin beantragt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann im MVZ die Nachbesetzung einer Angestelltenstelle innerhalb von sechs Monaten - Stichtag ist der Eingang des Antrags beim Zulassungsausschuss in vollständiger Form unter der Voraussetzung, dass der als Nachfolger benannte Arzt auch ernstlich an der Stelle interessiert sein muss, was ggf. aufzuklären ist - beantragt werden, in Ausnahmefällen besteht bei erkennbar ernstlichem Bemühens zur Nachbesetzung und ihrem Scheitern die Möglichkeit zur Verlängerung um höchstens sechs weitere Monate (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R - juris Rdnr. 25 f.). Der Zulassungsausschuss hat noch unter Datum vom 15.06.2010 um die Einreichung fehlender Unterlagen nachgesucht.
Soweit der Beklagte auf eine kürzere Frist im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 30.01.2007 hinweist, so handelt es sich hierbei nicht um eine Nebenbestimmung, sondern um einen Hinweis auf die aus Sicht des Zulassungsausschusses seinerzeit bestehende Rechtslage. Lediglich in den Beschlussgründen führt der Zulassungsausschuss aus, innerhalb von drei Monaten könne eine Nachbesetzung beantragt werden. Diese Frist wird offensichtlich nicht in den Verfügungssatz aufgenommen, auch ergibt sich nicht eindeutig, dass es sich hierbei überhaupt um eine verbindliche Nebenbestimmung handeln soll. Der Wortlaut und der Kontext der Formulierung sprechen dafür, dass es sich um einen Hinweis auf die Rechtslage handeln soll. Im Übrigen gehen Unklarheiten zu Lasten der erklärenden Behörde.
Nach der genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt die Antragsfrist von sechs Monaten ausnahmsweise dann nicht, wenn nur eine Arztstelle mit einem Beschäftigungsumfang von ¼ zur Verfügung steht. Auf die besondere Situation bei einer Vakanz einer nur ¼-Arztstelle sind die Erwägungen zur Bedarfsplanung, zur Überversorgung sowie zur Anordnung von Zulassungssperren und zum Abbau von Überversorgung und die daraus gezogenen Folgerungen nach Auffassung des Bundessozialgerichts nicht übertragbar. Bei der Zulassung und Besetzung einer Arztstelle im Umfang von einem nur ¼-Versorgungsauftrag bestehen Besonderheiten (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 27 ff.).
Folgt man dieser Rechtsprechung, so ist es unerheblich, ob die Nachbesetzung in der Weise erfolgt, dass der Tätigungsumfang einer bereits genehmigten Arztstelle ausgeweitet wird. Auch in diesem Fall handelt es sich um die Nachbesetzung einer frei gewordenen Arztstelle.
Der Umstand, dass die Aufstockung einer hälftigen Angestelltenstelle um weitere zehn Stunden bedarfsplanungsrechtlich beachtlich, ist keine Besonderheit, die der Anwendung der Ausnahmeregelung zur Sechs-Monate-Frist entgegensteht.
Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen (§ 101 Abs. 1 Satz 7 SGB V). Wie die Berücksichtigung zu erfolgen hat, wird in der Bedarfsplanungsrichtlinie geregelt (§ 38 Abs. 1 BedarfsplRL für MVZ; s. auch entsprechend § 23i Abs. 2 BedarfsplRL für Berufsausübungsgemeinschaften). Für die Feststellung des Versorgungsgrades sind genehmigte angestellte Ärzte mit dem Faktor 1 zu berücksichtigen, soweit sie vollbeschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte Ärzte sind bei der Feststellung des örtlichen Versorgungsgrades der ambulanten Versorgung nach Maßgabe des konkreten Beschäftigungsumfanges in der ambulanten Versorgung zu berücksichtigen. Dabei gelten folgende Anrechnungsfaktoren:
Vertraglich vereinbarte Arbeitszeit Anrechnungsfaktor
bis 10 Stunden pro Woche 0,25
über 10 bis 20 Stunden pro Woche 0,5
über 20 bis 30 Stunden pro Woche 0,75
über 30 Stunden pro Woche 1,0
Die von der Klägerin begehrte Aufstockung der Arbeitszeit erhöht den Anrechnungsfaktor für die Bedarfsplanung von 0,5 auf 0,75. Nach § 17 Abs. 3 BedarfsplRL werden die in einem MVZ angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit mit den Anrechnungsfaktoren nach § 38 auf den Versorgungsgrad angerechnet. Insofern ist die Aufstockung planungsrechtlich von Bedeutung.
Folgt man aber der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, so ist allein darauf abzustellen, dass Vakanzen im Umfang von einer nur ¼-Arztstelle grundsätzlich sanktionslos bleiben (so BSG, a.a.O., Rdnr. 29). Mit der Aufstockung einer Arztstelle auf den Umfang mit einem Anrechnungsfaktor von 0,5 oder mehr wird die Schwelle der ¼ Arztstelle zwar überschritten, die Auswirkung auf die Bedarfsplanung bleibt aber gleich wie bei der Neubesetzung einer ¼-Arztstelle. Insofern geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der genannten BSG-Rechtsprechung im Wesentlichen um eine zulässige Rechtsfortbildung handelt, deren logische Anknüpfung an § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V nur sehr lose ist. Insofern kann dem Gesetz entnommen werden, dass jedenfalls ein Zeitraum von sechs Monaten bei dem MVZ verbleiben muss. Auch bedarf es insoweit der Gleichstellung mit Berufsausübungsgemeinschaften, die ebf. eine Nachbesetzung einer angestellten Arztstelle nach § 103 Abs. 4b Satz 3 SGB V vornehmen können und für die § 95 Abs 6 Satz 3 SGB V nicht gilt. Für die mögliche Sperrung oder Entsperrung eines Planungsbereichs kommt es aber nicht auf die konkrete Besetzungssituation innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ an, sondern innerhalb des Planungsbereichs. Von daher stellen die Bedarfsplanungsrichtlinien auf ¼-Stellen ab, was von der gesetzlichen Vorgabe hinreichend gedeckt ist. Eine Entsperrung oder Sperrung eines Planungsbereichs, die nur aufgrund ½ oder ganzer Stellen erfolgen kann, kann aber Folge von Änderungen im Umfang von ¼-Arztstellen bei verschiedenen Vertragsärzten, Berufsausübungsgemeinschaften und/oder MVZ sein. Die ist aber keine Besonderheit der Nachbesetzung einer ¼-Arztstelle im Wege der Aufstockung einer bereits vorhandenen Arztstelle, da auch die Nachbesetzung im Wege einer Neubesetzung auf die Bedarfsplanung mit dem Faktor 0,25 anzurechnen ist.
Von daher kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsvereinheitlichung folgt, auf die Einhaltung der Sechs-Monatsfrist durch die Klägerin nicht an. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob innerhalb der Sechs-Monats-Frist der mit Schriftsatz vom 04.05.2010, beim Zulassungsausschuss am 07.06.2010 eingegangene Antrag von einem Zeichnungsberechtigten hätte unterschrieben sein bzw. ob die Frist hätte verlängert werden müssen. Jedenfalls teilte der bevollmächtigte Verwaltungsleiter Herr E. unter Datum vom 08.06.2010, bei dem Zulassungsausschuss eingegangen am 27.07.2010, die weiter geforderten Angaben mit. Hierin kann insofern auch eine für die Klägerin wirksame Genehmigung des Antrags, der zuvor nur von einer nicht zeichnungsberechtigten Mitarbeiterin der Klägerin unterschrieben worden war, gesehen werden. Damit lag ein vollständiger Antrag zwar erst nach Ablauf der Sechs-Monatsfrist vor, was aber unerheblich ist, da diese Frist hier nicht galt. Weitere Gründe, die auf eine Unzulässigkeit der Nachbesetzung hindeuten könnten, sind weder ersichtlich noch werden solche von den Beteiligten vorgetragen.
Nach allem war der Klage stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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