L 9 U 1579/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 3734/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1579/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. März 2006 und der Rentenbescheid der Beklagten vom 27. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2003 abgeändert. Als weitere Unfallfolge wird eine "chronifizierte depressive Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben" festgestellt. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 40 v. H. ab 3. Mai 2004 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer höheren Rente und eines höheren Pflegegeldes aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der 1961 geborene Kläger erlitt am 24.02.1999 einen Arbeitsunfall bei seiner Tätigkeit als Hauswart. Zu dem Unfall kam es, als der Kläger eine Hebebühne an einen Gabelstapler ankuppeln wollte. Der Gabelstaplerfahrer fuhr unerwartet rückwärts und klemmte den Kläger zwischen dem Gestell der Hebebühne und dem Stapler ein. Der Kläger wurde mit dem Hubschrauber in das Kreiskrankenhaus Lörrach eingeliefert. Bei der Aufnahmeuntersuchung ergaben sich zunächst keine Hinweise auf eine intraabdominelle Verletzung. Binnen weniger Stunden entwickelte sich ein Bauchfellentzündung, sodass der Kläger notfallmäßig operiert und bis zum 02.03.1999 auf der Intensivstation behandelt werden musste. Nach Abschluss der stationären Behandlung am 30.03.1999 stellte Prof. Dr. W. von der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses L. im Zwischenbericht vom 09.04.1999 die Diagnosen: Stumpfes Unterbauch/Beckentrauma mit Jejunum- und Ileumperforation sowie Einblutungen in die Mesenterialwurzel, außerdem Beckenringfraktur rechts, Os-sacrum-Fraktur links. Am 25.02.1999 waren eine Dünndarmteilresektion und Übernähungen der Perforationen durchgeführt worden. Die Beckenfrakturen wurden konservativ behandelt. Im Verlauf der stationären Behandlung kam es zu einer Leukopenie (d.h. Verminderung der Gesamtleukozytenzahl unter 5000/ mm³) und Neutropenie (d.h. Verminderung der neutrophilen Granulozyten im Blut). Unter der Behandlung (Isolierungsbehandlung und Verabreichung von Neupogen subcutan) stiegen die Leukozyten wieder an bis in den Normalbereich. Der zunächst für die Dauer von vier Wochen immobilisierte Kläger wurde gegen Ende der stationären Behandlung unter krankengymnastischer Anleitung an Gehstützen remobilisiert. Die neurologisch-psychiatrische Untersuchung des Klägers durch Dr. B. während der stationären Behandlung (Bericht vom 09.03.1999) ergab die Diagnose eines agitierten Zustands nach Unfalltrauma mit Beckenfraktur und Dünndarmperforation. Der Kläger könne nach seinen Angaben nicht mehr zur Ruhe kommen, sei schlaflos, zappelig, unruhig und unkonzentriert. Es wurde empfohlen, den sonst psychisch wenig auffälligen, bewusstseinsklaren, voll orientierten und affektiv schwingungsfähigen Kläger medikamentös zu sedieren.

Die Weiterbehandlung des Klägers fand in der Schwarzwaldklinik Bad K., Fach- und Rehabilitationsklinik für Orthopädie statt. Der bei der Aufnahme am 30.03.1999 erhobene neurologische Befund war im wesentlichen unauffällig. Der Kläger sei sicher mobilisiert an zwei Unterarmgehstützen. Der Verlauf der stationären Behandlung wurde als komplikationslos geschildert bei insgesamt deutlicher Linderung der Anfangsbeschwerden. Der Kläger habe alle Anwendungen gut vertragen mit Ausnahme der Wirbelsäulenstabilisierungsgruppe. Hierbei sei es zu einer Schmerzverstärkung gekommen, woraufhin diese Anwendung abgesetzt worden sei (Mitteilung des Dr. P. vom 27.04.1999 an die Beklagte). Am Entlassungstag, dem 27.04.1999, lag eine radiologisch zunehmende, jedoch noch nicht abgeschlossene knöcherne Konsolidierung der vorderen Beckenringfraktur rechts vor. Es bestanden noch belastungsabhängige Restbeschwerden bei guter und sicherer Mobilisation und Verwendung eines Handstocks links durch den Kläger bei Vollbelastung. Ferner lag schmerzbedingt ein endgradiges Beugedefizit der linken Hüfte vor. Neurologische Defizite bestanden nicht. Der Kläger gab ein leichtes, belastungsabhängiges Ziehen im rechten Gesäß mit gelegentlicher Ausstrahlung in die rechte Leiste und wetterabhängige Beschwerden im Narbenbereich der rechten Leiste und des rechten Gesäßes an (Bericht des Dr. P. vom 16.06.1999).

Eine weitere neurologische Untersuchung durch Dr. B. im Juni 1999 erbrachte die Diagnose von Sensibilitätsstörungen am linken lateralen Fuß bei Verdacht auf Hautastläsion des Nervus (N.) tibialis, eine Schmerzprojektion in das femoralis-Versorgungsgebiet rechts und ein HWS-Syndrom. Der Kläger berichtete vor allem über Schmerzen und Missempfindungen im Bereich der rechten Leiste ausstrahlend in den Hoden und den medialen Oberschenkel. Eine linksseitige Sensibilitätsstörung am Außenfuß und ein Schmerz rechtsoccipital, bedingt vermutlich durch ein Halswirbelsäulen (HWS)-Syndrom, bezeichnete Dr. B. als unfallunabhängig. Neurologisch bestehe u. a. eine deutliche Hyperdrosis bei vegetativen Zeichen (Bericht vom 18.06.1999).

Ab 05.07.1999 wurde von Prof. Dr. W. Arbeitsfähigkeit des Klägers attestiert (Mitteilung an die Beklagte vom 02.07.1999). Vom 07.06. bis 27.06.1999 arbeitete der Kläger im Rahmen einer Belastungserprobung vier Stunden pro Tag und anschließend bis Oktober 1999 vollschichtig

Im Ersten Rentengutachten vom 07.10.1999 (Untersuchungstag 17.08.1999) stellte Prof. Dr. W. als wesentliche Unfallfolgen fest: Bei geringer Belastung Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte und des Beckens, gelegentliche Bauchkrämpfe und Stuhlunregelmäßigkeit sowie Unverträglichkeit bestimmter Speisen. Die unfallbedingte MdE schätzte er vom 05.07.1999 bis 24.02.2000 auf 30 v. H., danach bis zum Ablauf des zweiten Jahres nach dem Unfallereignis (24.02.2001) auf 20 v. H.

Der Arzt für Chirurgie W. berichtete der Beklagten unter dem 08.10.1999, der Kläger leide wieder an einer Episode von recht heftigem Durchfall und anhaltenden heftigen Kreuzschmerzen, die sicherlich im Zusammenhang mit der Beckenfraktur zu sehen seien. Er habe den Kläger wegen der doch recht heftigen Schmerzen arbeitsunfähig geschrieben.

Vom 11. bis 16.10.1999 wurde der Kläger im Kreiskrankenhaus Schopfheim, Innere Abteilung, stationär behandelt wegen einer Metamizol-induzierten Leukopenie mit hohem Fieber, erosiv haemorrhagischer Gastritis und asymptomatischer Bakteriurie.

Der Arzt für Chirurgie W. berichtete unter dem 23.11.1999, der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig. Eine am 01.02.2000 durchgeführte weitere Arbeits- und Belastungserprobung über vier Stunden Arbeit täglich wurde am 10.02.2000 wegen vom Kläger angegebenen Schmerzen im Beckenbereich abgebrochen.

Wegen fortdauernder Schmerzen im Sacrumbereich rechts ausgeprägter als links veranlasste der Chirurg W. eine MRT-Untersuchung durch Dr. W., welcher unter dem 28.02.2000 berichtete, eine knöcherne Verletzung im Bereich des Beckens und insbesondere des Os sacrum sei nicht zu dokumentieren.

Am 15.03.2000 wurde der Kläger von dem Orthopäden Dr. G., Ltd. Oberarzt der Schwarzwaldklinik Bad K., untersucht. Dieser berichtete unter dem 17.03.2000 von belastungs- und bewegungsabhängigen Schmerzen des Klägers im Bereich des Beckens, wohl ausgehend von einer fortgeschrittenen Funktionsstörung des rechten Iliosacralgelenkes. Neben den körperlichen Beschwerden bestehe derzeit zusätzlich neben den körperlichen, glaubhaft geschilderten Beschwerden aufgrund der lang anhaltenden Schmerzproblematik eine depressive Grundstimmung. Er empfahl dringend eine erneute stationäre Rehabilitationsmaßnahme.

Vom 20.03. bis 01.06.2000 befand sich der Kläger erneut zur Rehabilitationsbehandlung in der Schwarzwaldklinik Bad K ... Im Entlassungsbericht vom 06.06.2000 führte Dr. J. aus, der Kläger habe unverändert Berührungs- und Druckschmerzen über der lumbalen Faszie bis in den unteren Brustwirbelsäulen(BWS)-Bereich, einen Druckschmerz über der rechten Kreuz-Darmbeinfuge, einen Dehnschmerz des Musculus piriformis mit Einschränkung der Dehnfähigkeit und im rechten Ober- und Unterbauch eine Druckschmerzhaftigkeit im muskulären Bereich angegeben. Nach den Feststellungen von Dr. K. vom Zentrum für manuelle Therapie sei das rechte Kreuz-Darmbeingelenk für die Schmerzsymptomatik verantwortlich, wobei im gesamten Lenden-Becken-Hüftbereich eine ausgeprägte muskuläre Dysbalance bestehe. Aufgrund des protrahierten Krankheitsverlaufs habe sich wohl ein chronisches Schmerzsyndrom eingestellt, wodurch der Kläger auch gedanklich wie blockiert sei. Bis zu seinem Unfall sei er ein lebhafter, leistungsstarker und gewissenhafter Mensch gewesen, sodass der jetzige Zustand für ihn schwer zu verarbeiten sei. Der Kläger sei mit einer im Vergleich zur Aufnahmeuntersuchung unveränderten Beschwerdesymptomatik entlassen worden. Als Hausmeister könne der Kläger nicht mehr tätig sein. Eine Umschulungsmaßnahme zum technischen Zeichner, die der Arbeitgeber mit einem Übernahmeversprechen verbunden habe, werde ärztlicherseits befürwortet.

Wegen der in Aussicht genommenen Umschulung des Klägers zum Technischen Zeichner holte die Beklagte ein psychologisches Gutachten zur Eignung des Klägers ein. Hiernach bestand ein mittleres Leistungsbild mit individuellen Stärken in der Raumvorstellung und leichten Kenntnisrückständen in Mathematik. Hinsichtlich Einsatzbereitschaft, Dauerkonzentration und Sorgfaltsleistung war das Arbeitsverhalten des Klägers unauffällig, sein Vorgehen war strukturiert. Der Kläger habe im Rahmen der Untersuchung maximal eine Stunde sitzen können und dann wegen ständiger Schmerzen Stehpausen einlegen müssen (Bericht des Dipl.-Psych. A. vom 29.08.2000).

Im Befundbericht des den Kläger behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 13.10.2000 wird ausgeführt, der Kläger habe Schmerzen im Bereich des lumbalen Bereichs rechts paravertebral, im Bereich des rechten Gesäßes mit Ausstrahlung in das rechte Bein und ein ständiges kribbelndes Gefühl, zunächst in den Füßen beidseits, gleichfalls auch Kribbelparaesthesien und ein eingeschlafenes Gefühl in beiden Händen sowie in der letzten Zeit zunehmend Kopfschmerzen geschildert. Neurologisch habe sich bis auf eine sockenförmige Hypästhesie und Algesie ab dem Sprunggelenk beidseits kein eindeutig pathologischer Befund ergeben.

Bei einer Vorstellung des Klägers im Klinikum K.-L. am 17.10.2000 wurde ein chronisches Schmerzsyndrom mit Muskelatrophien der Glutäen beidseits, rechts betont und daraus resultierenden Iliosacralgelenksbeschwerden rechts mit pseudoradikulären Ausstrahlungen in die unteren Extremitäten ohne Paresen festgestellt. Der Kläger könne die geplante Umschulung ohne weiteres durchführen (Bericht vom 19.10.2000).

Ab dem 27.11.2000 nahm der Kläger an einer 3-monatigen Vorförderung für die geplante anschließende 2-jährige Umschulung zum Technischen Zeichner im Berufsförderungswerk Schömberg teil. Schmerzbedingt brach der Kläger die Vorförderung am 05.02.2001 ab. Die vom Kläger angegebenen Kopfschmerzen wurden vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. (Gemeinschaftspraxis mit Dr. G.) als Belastungskopfschmerzen beurteilt (Bericht vom 15.01.2001).

Dr. S. von der Praxis-Klinik B., bei welchem sich der Kläger am 14.02.2001 vorstellte, sah in seinem Bericht vom 14.02.2001 Restbeschwerden am Iliosacralgelenk und am Gesäß mit Ausstrahlung in die Leiste und in das rechte Bein als Folgen des Arbeitsunfalls vom Februar 1999 und der Beckenringfraktur an. Vom 19.03. bis 22.03.2001 wurden in dieser Klinik diverse Testanästhesien zur Verifizierung der bestehenden Beschwerden durchgeführt. Während der weiteren stationären Aufnahme des Klägers in der B.-Klinik vom 25.06. bis 06.07.2001 wurde unter der Diagnose posttraumatische ISG-Arthrose rechts eine ISG-Arthrodese rechts und Schraubenosteosynthese operativ durchgeführt (Entlassungsbericht der Dres. Stählin und S. vom 11.07.2001). Bei der weiteren Konsultation in dieser Klinik am 25.07.2001 gab der Kläger an, er leide nur noch bei längeren Belastungen unter Schmerzen und nehme keine Schmerzmedikamente mehr ein. Bei der darauffolgenden Konsultation am 28.11.2001 berichtete der Kläger über deutlich vermehrte Schmerzen seit dem Übergang zur Vollbelastung vor ein bis zwei Monaten, vorwiegend als Belastungsschmerzen.

Am 10.12.2001 begann der Kläger eine weitere 3-monatige Vorförderung für die Umschulung zum Technischen Zeichner im Berufsförderungswerk Schömberg. In der abschließenden Beurteilung wurde die vorgesehene Umschulung zum Teilekonstrukteur Maschinenbau CAD befürwortet und der Kläger in das am 14.03.2002 beginnende Ausbildungsprogramm übernommen. Der Kläger wurde über die gesamte Lehrgangsdauer als gut motiviert, anstrengungsbereit, konzentriert und aufmerksam beschrieben.

Dr. S. berichtete über weitere Konsultationen des Klägers am 11.02. und 22.03.2002; anlässlich letzterer gab er einen ordentlichen Verlauf und eine insgesamt deutliche Besserung an bei vorwiegend Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Gesäßhälfte.

Im folgenden veranlasste die Beklagte die orthopädische und internistische Untersuchung und Begutachtung des Klägers. Dr. G. von der Schwarzwaldklinik Bad K. erstattete das orthopädische Gutachten vom 27.05.2002. Hierin gab er als wesentliche Folgen des Unfalles vom 24.02.1999 an: Zustand nach jetzt knöchern unter leichter Fehlstellung vollständig verheilter vorderer Beckenringfraktur rechts. Knöchern verheilte Kreuzbeinfraktur links. Zustand nach Versteifung des rechten Kreuzbein-Darmbeingelenkes. Weiterhin belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen in der rechten Becken-Beinregion mit Reduzierung der Wegstrecke und erheblichen Schmerzen bei Rechts- wie Linksseitlage. Notwendigkeit des Führens eines Handstockes beim Begehen von Wegstrecken über 500 Metern. Beckentiefstand rechts 1 cm. Zustand nach Leistenbruch-Operation rechts. Narben (rechtes Iliosacralgelenk, rechte Leiste, längsverlaufende Narbe am Abdomen). Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf orthopädischem Gebiet schätzte Dr. G. ab Umschulungsbeginn bis auf weiteres auf 20 v. H.

PD Dr. O. vom Kreiskrankenhaus Lörrach erstellte sein internistisches Gutachten aufgrund von Untersuchungen des Klägers im Juni, Juli und August 2002. In seinem bei der Beklagten am 14.10.2002 eingegangenen Gutachten gab er als wesentliche Unfallfolgen an: rezidivierende epigastrische Schmerzen, Rezidivierende Diarrhoen, Vitamin B 12-Mangel. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit werde hierdurch nicht verursacht. Die Untersuchungen hätten ein pathologisches Korrelat zu den genannten Beschwerden nicht ergeben. Differentialdiagnostisch komme auch eine funktionelle Störung in Betracht. Diesbezüglich werde, auch vor dem Hintergrund der Inappetenz und des Gewichtsverlustes seit dem Unfall, ein psychosomatisches Gutachten empfohlen.

Dr. S. berichtete von weiteren Konsultationen des Klägers am 16.01. und 07.02.2003, in denen der Kläger eine massive Zunahme der Schmerzen seit Weihnachten 2002 ohne ersichtliche Ursache geschildert habe. Fremdanamnestisch (von der Partnerin des Klägers) sei eine Wesensveränderung des Klägers angegeben worden. Er - Dr. S. - vermute, dass die Schmerzsituation durch Stressreaktionen verstärkt werde.

Am 21.03.2003 stellte sich der Kläger in der Klinik Hirslanden (Schmerzambulatorium /Klinik Birshof)) bei Dr. H. vor und berichtete über tieflumbale und glutäale Schmerzen mit Ausstrahlung bis etwa in die Nierengegend, bereits am Morgen stark, gegen Abend "bis ins Unerträgliche" gesteigert sowie intermittierend stechende Schmerzen im linken Fuß. Wegen der weiteren Schilderung von Parästhesien der Hände und Zehen lag nach Auffassung von Dr. H. möglicherweise auch eine inadäquate Schmerzverarbeitung vor (Bericht vom 25.03.2003).

Mit Bescheid vom 27.03.2003 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 24.02.1999 als Arbeitsunfall und bewilligte dem Kläger ab 05.07.1999 Rente auf unbestimmte Zeit wegen einer MdE um 20 v. H. Als Folgen des Arbeitsunfalles wurden anerkannt: Schmerzen in der rechten Becken-Beinregion bei Belastung und Bewegung sowie in der rechten und linken Seitlage, Versteifung des rechten Kreuzbein-Darmbeingelenks mit noch einliegendem Metall nach knöchern in leichter Fehlstellung verheiltem Bruch des vorderen rechten Beckenrings und knöchern fest verheiltem linksseitigem Bruch des Kreuzbeins. Teilverlust des Dünndarms nach Riss des Dünndarms durch stumpfes Bauchtrauma. Folgenlos verheilter unfallbedingt eingetretener Leistenbruch.

Mit weiterem Bescheid vom 27.03.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Pflegegeld für die Zeit vom 06.07.2001 (nach Entlassung aus der stationären Behandlung) bis 07.10.2001 (dem Tag vor Beginn der Vollbelastung) in Höhe von 25 % des Höchstsatzes.

Am 07.04.2003 legte der Kläger Widerspruch gegen die beiden Bescheide vom 27.03.2003 ein. Die MdE betrage mindestens 50 v. H. Das Iliosacralgelenk habe dauerhaft mit Metall am Becken fixiert werden müssen. Folge sei eine anhaltende Bewegungseinschränkung mit häufig rezidivierenden und über Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen und starker Belastungsinsuffizienz bei weiter bestehenden Funktionsstörungen wegen Wurzelkompression mit motorischen Ausfallserscheinungen der unteren Extremitäten. Dies werde von außergewöhnlichen Schmerzsyndromen begleitet. Darüber hinaus bestünden urologische Beschwerden und hätten sich Potenzschwierigkeiten eingestellt. Auch die Höhe des Pflegegeldes sei wegen der eingetretenen Beeinträchtigungen zu niedrig bemessen. Ferner habe der Pflegegeldanspruch bereits seit dem Unfallereignis bis weit nach der ISG-versteifenden Operation bestanden.

In einem weiteren Bericht des Dr. S. über die Konsultation des Klägers am 19.06.2003 wird der Befund einer akuten Fußheberschwäche rechts mitgeteilt.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 12.11.2003 wurden die Widersprüche des Klägers zurückgewiesen.

Am 20.11.2003 erhob der Kläger gegen die beiden Bescheide der Beklagten vom 27.03.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.11.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg, mit denen er die Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. und die Gewährung von Pflegegeld ebenfalls nach einer Höhe von mindestens 50 v. H. rückwirkend ab dem 24.02.1999 bis mindestens zum Tage der Klageerhebung begehrte. Es lägen multiple Folgen des Arbeitsunfalles auf urologischem, orthopädischem, internistischem, neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet vor. Seit dem Arbeitsunfall sei er ein "Schatten seiner selbst". Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg habe Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 21.12.2004 bewilligt. Die zwischenzeitlich bei seinem Arbeitgeber aufgenommene Teilzeittätigkeit als Technischer Zeichner im Umfang von unter drei Stunden, in der Regel höchstens 2 ½ Stunden täglich, könne er nur unter Schmerzen und hoher Schmerzmedikation fortführen. Eine von der Beklagten getragene Rehabilitationsmaßnahme vom 05.10. bis 31.10.2004 habe nur für die Dauer der Maßnahme eine Beschwerdereduktion erbracht. Der Kläger legte den Bericht des Prof. Dr. M. vom interdisziplinären Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg vom 04.05.2004 vor, woraufhin sich die Beklagte bereit erklärte, eine gutachtliche Abklärung durch Prof. M. zu ihren Lasten zu veranlassen. Sie bewilligte dem Kläger eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Argentalklinik, Fachklinik für konservative Orthopädie und Rheumatologie, Orthopädische Schmerzklinik, vom 05.10. bis 30.10.2004. Im Entlassungsbericht vom 04.11.2004 wurde ausgeführt, die rezidivierenden belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich der LWS hätten nicht wesentlich gebessert werden können. Unbedingt indiziert seien entsprechend den Empfehlungen der Abteilung für klinische Psychologie - wegen einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom - eine psychiatrische Mitbehandlung, eine antidepressive Medikation und einer ambulante Psychotherapie. Nachdem der von der Beklagten eingeschaltete Gutachter Prof. M. dem Kläger einen Untersuchungstermin am 07.06.2005 angeboten hatte, erklärte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegenüber dem SG unter dem 17.01.2005, er halte eine psychiatrische Begutachtung zeitnah für indiziert.

Das SG veranlasste von Amts wegen psychiatrische, neurologische und orthopädische Begutachtungen des Klägers nach Untersuchung. Die Beklagte zog daraufhin den an Prof. M. erteilten Gutachtensauftrag zurück (Schriftsatz vom 07.02.2005).

Im psychiatrischen Gutachten vom 22.03.2005 gelangte Prof. Dr. E. Universitätsklinikum Freiburg, zusammenfassend zu dem Ergebnis, die bei dem Kläger vorliegende depressive Episode, bei leichtem Ausprägungsgrad des depressiven Syndroms (nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen der WHO: ICD-10: F 32.0), sei nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentlich oder neben sonstigen Ursachen durch den Arbeitsunfall verursacht oder verschlimmert worden. Depressive Episoden kämen bei etwa 20 % der Allgemeinbevölkerung vor. Sichere Ursachen seien im Einzelfall nicht anzugeben. Sie könnten auch spontan oder aufgrund von neurobiologischen Ursachen auftreten. Es sei unwahrscheinlich, dass die depressive Episode direkte Folge des mehrere Jahre zurückliegenden Unfalls sei. Allerdings werde darauf hingewiesen, dass der Kläger durchaus Folgen, auch psychische Folgen des Unfalls aufweise in Form der Schmerzsymptomatik und daraus eventuell indirekt folgender psychischer Beschwerden. Diese Symptome bzw. psychischen Unfallfolgen würden im Rahmen der Beurteilung der Schmerzsymptomatik bei dem für Juni 2005 veranschlagten Gutachten im Schmerzzentrum (bei Prof. M.) begutachtet. Seitens des psychiatrischen Fachgebietes bedürfe der Kläger für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens nicht in erheblichem Umfang der Hilfe.

Im fachneurologischen Gutachten vom 28.07.2005 führte Dr. K. von der Seidel-Klinik Bad B. aus, im engeren Sinne lägen auf neurologischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen vor. Es bestehe kein fokal-neurologisches Defizit. Insbesondere fänden sich aktuell keine Hinweise für eine Nervenkompression in der Beinbeckenregion. Es bestehe kein fokal-motorisches oder sensibles Defizit bis auf eine geringe Hypästhesie unterhalb der Narbe rechts glutaeal, welche auf eine Durchtrennung der Hautnervenäste im Rahmen der operativen Versorgung zurückzuführen sei und nicht die jetzt geklagten Schmerzen verursache. Er empfehle eine psychosomatische Beurteilung der Unfallfolgen, weil seines Erachtens ein chronisches Schmerzsyndrom vorliege, welches sich verselbständigt habe. Prof. Dr. W. führte in seinem orthopädischen Gutachten vom 07.11.2005 aus, alle nach dem 24.02.1999 gefertigten Röntgenaufnahmen zeigten ebenso wie die CT-Bilder eine auffällige Verbreiterung beider Kreuzdarmbeingelenksspalten. Die Röntgenverlaufsserie zeige, dass es in der Folgezeit zu reaktiven knöchernen Veränderungen am rechten Kreuzdarmbeingelenk gekommen sei, nicht jedoch am linken. Bei dem am 26.06.2001 in der Schweiz durchgeführten operativen Eingriff seien schwere Knorpelschäden an den Gelenkflächen des Kreuzdarmbeingelenks festgestellt worden. Es stehe damit eindeutig fest, dass sich der Kläger am 24.02.1999 eine Sprengung des rechten Kreuzdarmbeingelenks zugezogen habe und dass es infolge dieser Gelenkverletzung zu einer posttraumatischen Arthrose gekommen sei. Beim Kläger habe eine vertikal- und rotationsinstabile Beckenfraktur vorgelegen, wobei Art und Ausmaß der Verletzung wohl primär und lange Zeit auch sekundär nicht erkannt worden seien. Zu einer Chronifizierung der Beschwerden des Klägers sei es spätestens nach dem stationären Heilverfahren vom 20.03 bis 01.06.2000 gekommen. Die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden hätten somit zwei Ursachen: zum einen anatomisch-strukturell fassbare Unfallfolgen und zum anderen eine somatoforme Störung, also eine persönlichkeitsbedingte psychische Erkrankung. Auf orthopädischen Gebiet lägen folgende unfallbedingten Gesundheitsstörungen vor: - Versteifung des rechten Kreuzdarmbeingelenkes mit reizloser Operationsnarbe - leichte Schwäche der Hüftmuskulatur rechts - funktionelle Beinverlängerung links infolge der Versteifung des rechten Kreuzdarmbeingelenkes und einer Funktionsstörung des linken Kreuzdarmbeingelenkes (positives Vorlaufphänomen infolge Beckenverwringung) - klinisch folgenlos verheilte Brüche des rechten oberen und unteren Schambeinastes - reizlose Laparotomienarbe Aufgrund der beim Kläger bestehenden leichten Fehlstellung des Beckens, der Funktionsstörung am linken Kreuzdarmbeingelenk und der Versteifung des rechten Kreuzdarmbeingelenks sei die MdE auf 10 v. H. einzustufen ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 05.07.1999 und fortlaufend. Der Kläger habe auch in der zurückliegenden Zeit für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens nicht in erheblichem Umfang der Hilfe bedurft. Im psychiatrischen Gutachten vom 22.03.2005 sei eine orthopädische Begutachtung mit Schmerzanalyse empfohlen worden. Diese sei nunmehr erfolgt und habe die früheren diagnostischen Feststellungen hinsichtlich einer somatoformen Störung bestätigt. Eine erneute psychiatrische Begutachtung sei deshalb nicht notwendig. Nach den Leitlinien zur Begutachtung von Schmerzen sei die Begutachtung chronischer Schmerzen eine interdisziplinäre Aufgabe, der im Falle des Klägers mittlerweile hinlänglich Rechnung getragen worden sei.

Mit Urteil vom 07.03.2006 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe es ohne Rechtsfehler abgelehnt, wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 24.02.1999 höhere Verletztenrente und mehr Pflegegeld zu gewähren. Die Kammer stütze ihre Überzeugung, dass die Unfallfolgen im angefochtenen Anerkennungsbescheid vom 27.03.2003 zutreffend umschrieben seien, auf die gerichtlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E., Dr. K. und Prof. Dr. W. sowie auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. W., Dr. G. und PD Dr. O ... Danach habe der Kläger unfallbedingt im Wesentlichen eine Sprennung des rechten Kreuzdarmbeingelenkes davongetragen, wobei es in der Folge zu einer posttraumatischen Arthrose gekommen sei. Dr. G. habe darüber hinaus noch eine Kreuzbeinfraktur links diagnostiziert, ohne ihr jedoch bei der Bemessung der MdE wesentliche Bedeutung beizumessen. Andere wesentliche organische Unfallfolgen hätten nicht wahrscheinlich gemacht werden können. Das SG könne sich nicht von einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den fortbestehenden Schmerzzuständen des Klägers überzeugen. Das SG folge insoweit der gutachtlichen Beurteilung des Prof. Dr. W., für welche auch die Einschätzung von Prof. Dr. M. nach ambulanter Vorstellung des Klägers im Interdisziplinären Schmerzzentrum der Universitätsklinik Freiburg spreche, wonach reaktiv auf die Unfallfolgen eine mittelgradige depressive Episode mit Antriebsverlust eingetreten sei. Während des stationären Heilverfahrens in Isny habe ferner eine chronische Wirbelsäulenschmerzsymptomatik im Vordergrund gestanden, nicht aber die Behandlung von Schmerzen im Beckenbereich. Deshalb überzeuge die Einschätzung von Dr. K., wonach bei dem Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom vorliege, das sich verselbstständigt habe. Auf dieser Grundlage komme den organischen Unfallfolgen für die aktuelle Schmerzsymptomatik kein im Rechtssinne wesentlicher Ursachenbeitrag mehr zu. Des weiteren folge das SG der gutachtlichen Einschätzung des Prof. Dr. E., dass der Arbeitsunfall aus dem Jahre 1999 nicht mit Wahrscheinlichkeit als direkte Ursache für die mehrere Jahre später aufgetretene depressive Episode verantwortlich sei. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bestehe auch kein Anhalt dafür, dass die auf die Unfallfolgen auf orthopädischem Gebiet zurückgehenden Beeinträchtigungen eine MdE um mehr als 20 v. H. bedingten. Der Kläger könne auch kein Pflegegeld in höherem Umfang oder von längerer Dauer wie von der Beklagten bewilligt beanspruchen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld könnten nur für den von der Beklagten bestimmten Zeitraum im Anschluss an die Versteifung des Kreuzdarmbeingelenkes angenommen werden. Die vom Kläger geltend gemachte höhere Einstufung wäre nur gerechtfertigt bei Paraplegikern mit Schädigung von Th 11 bis unterhalb L 3 mit Blasen- und Mastdarmlähmung oder beim Verlust beider Beine im Hüftgelenk. Derartige Schäden lägen beim Kläger nicht vor.

Gegen das am 20.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.03.2006 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er nimmt zur Begründung Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag und die dortigen Beweisantritte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07. März 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2003 über Rente auf unbestimmte Zeit in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2003 abzuändern, als weitere Unfallfolge eine chronifizierte depressive Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 1999 ab dem 05. Juli 2003 Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren und den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2003 über Pflegegeld in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 24. Februar 1999 Pflegegeld in Höhe von mindestens 50 % des Höchstsatzes und rückwirkend bereits ab dem 24. Februar 1999 mindestens bis zum 28. November 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Prof. Dr. Dr. W., Günzburg, mit der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Im unter dem 06.09.2006 erstatteten Gutachten hat Prof. Dr. Dr. W. eine chronifizierte depressive Entwicklung mit im Vordergrund stehender Antriebsstörung und verstärkter affektiv bedingter Schmerzwahrnehmung als Diagnose gestellt. Er habe keinen Zweifel daran, dass die depressive Störung durch die körperlichen Folgen des Arbeitsunfalls vom 24.02.1999 mit Beckenschmerzen nach Beckenfraktur und Arthropathie im rechten Iliosacralgelenk verursacht sei. Die durch die Unfallfolgen bedingte MdE sei aktuell mit 40 v. H. einzuschätzen. Neben der chirurgischen MdE von 10 v. H. gehe in diese Einschätzung ein, dass auf psychiatrischem Gebiet eine wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsmöglichkeit vorliege, auf der anderen Seite jedoch durchaus Aktivitäten bestünden (Beschäftigung mit Enkel, regelmäßige Urlaube), sodass eine Höherbewertung nicht gerechtfertigt erscheine. Eine Einschätzung des Verlaufs über die letzten sieben Jahre hinweg sei retrospektiv naturgemäß schwierig. Da jedoch eine wesentliche Änderung der Situation nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nach Beendigung der Umschulung im Sommer 2003 gemäß den Unterlagen und den Angaben des Klägers nicht ersichtlich sei, schlage er ab diesem Zeitpunkt durchgehend eine MdE von 40 v. H. vor. Er könne bei dem Kläger nicht erkennen, dass dieser für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe bedürfe, vielmehr sei er insoweit selbstständig.

Anschließend hat der Senat von Prof. Dr. E., Universitätsklinikum F., eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage eingeholt. Unter dem 28.11.2006 hat Prof. Dr. E. ausgeführt, wahrscheinlich habe Prof. Dr. Dr. W. seinem Gutachten die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit zugrunde gelegt. Aber selbst danach und wenn eine MdE von 10 v. H. seitens des chirurgischen Fachgebietes addiert würde (was bei der Überschneidung der Symptomatik wohl nicht adäquat wäre), sei bei dem beschriebenen Befund eine MdE von 40 v. H. nicht zu rechtfertigen. Für nicht nachvollziehbar halte er auch die Kausalbeurteilung durch Prof. Dr. Dr. W ... Der Beginn einer Anpassungsstörung mehrere Jahre nach dem Unfallereignis sei in keinem internationalen Klassifikationssystem vorgesehen und auch nicht von Prof. Dr. Dr. W. genau begründet worden. Depressive Episoden, unter denen der Kläger leide, würden allgemein nicht durch ein einzelnes Unfallereignis verursacht, vor allem nicht durch ein Ereignis, das viele Jahre zurückliege. Wenn die Schmerzen nicht als Ausdruck der depressiven Symptomatik anzusehen seien, könne überprüft werden, ob ein Schmerzsyndrom vorliege. Außerdem wäre auch zu prüfen, ob eine -wahrscheinlich unfallunabhängige- somatoforme Schmerzstörung vorliege. Aus dem Vorhandensein von Schmerzen könne nicht geschlossen werden, dass diese auf den Unfall bzw. die hierdurch verursachten chirurgischen Verletzungen zurückzuführen seien.

Sodann hat der Senat von Prof. Dr. Dr. W. eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 07.02.2007 führt Prof. Dr. Dr. W. aus, mangels geeigneter Parameter zur Prüfung der Folgen psychischer Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halte er die "Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit" in allen Bereichen des öffentlichen Rechts für einen brauchbaren Einteilungsparameter. Er schätze den Kläger als erheblich beeinträchtigt ein, wobei die typischen Symptome einer depressiven Störung sicherlich nur leicht seien, jedoch eine ausgeprägte, nur zum Teil erklärbare Schmerzsymptomatik gleichermaßen als Ausdruck der psychischen Störung hinzukomme. Angesichts der ausgeprägten Antriebsstörung trotz oder wegen der erheblichen Medikation mit Opioiden, nicht steroidalen Antirheumatica und Thymoleptica und nicht zuletzt aufgrund der Fremdanamnese des Tagesablaufs durch die Ehefrau sei ihm aufgrund des Bildes während der Untersuchung der obere Wert der Kategorie "stärker behindernde Störung" gerechtfertigt erschienen. Zwar komme ihm nunmehr dieser Wert etwas hoch vor und es erscheine ihm allein aufgrund des Gutachtenstextes eine MdE von 30 v. H. plausibler. Andererseits sei es der unbestreitbare Vorteil des untersuchenden Gutachters, dass er den Probanden plastisch vor sich sehe und dadurch das tatsächliche Ausmaß der Beeinträchtigung auch klarer erkenne. Zu ergänzen sei, dass bei einer MdE von 40 v. H. aufgrund der ausgeprägten Überschneidung die auf chirurgischem Fachgebiet genannten Unfallfolgen von 10 v. H. in die Bewertung mit eingingen. Im Übrigen könne eine psychische Reaktion nicht nur auf das Unfallereignis selbst, sondern auch auf die körperlichen Folgen des Unfallereignisses auftreten. Bei der Entwicklung chronischer Schmerzsyndrome handle es sich ferner so gut wie immer um einen Circulus vitiosus, bei dem sich Schmerz und psychische Reaktion hierauf mit anschließender verstärkter Schmerzwahrnehmung gegenseitig bedingten und aufschaukelten. Wenn sich eine psychische Symptomatik in klarem zeitlichem Zusammenhang mit den körperlichen Folgen eines Unfalls eingestellt habe und er keine entsprechende Vorschädigung nachzuweisen vermöge, sehe er einen Zusammenhang (mit dem Unfall) nicht nur als möglich, sondern auch als wahrscheinlich an. Auch wenn von einer somatoformen Schmerzstörung mit überlagernder depressiver Symptomatik auszugehen wäre, würden hierfür die selben Kausalitätskriterien wie bei der Beurteilung einer depressiven Anpassungsstörung gelten. Die Einholung eines weiteren "psychosomatischen" Gutachtens oder "Schmerzgutachtens" halte er für verzichtbar.

Abschließend hat Prof. Dr. E.ergänzend gutachterlich unter dem 19.04.2007 ausgeführt, eine somatoforme Schmerzstörung werde aus psychiatrischer Sicht nicht als Folge eines einzelnen Unfallereignisses gesehen. Ferner habe vorliegend nicht einmal der zeitliche Zusammenhang von Unfall und Beginn der depressiven Symptomatik bestanden. Bei einer Jahre nach dem Unfall beginnenden Anpassungsstörung sei ein Ursachenzusammenhang genau so wenig möglich darzustellen, wie bei der Annahme einer somatoformen Schmerzstörung. In der psychiatrischen Krankheitslehre werde nicht akzeptiert, dass ein einzelnes Ereignis eine jahrelang anhaltende Schmerzstörung ohne organisches Korrelat hervor rufe.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des SG, der beigezogenen Akten des LSG Baden-Württemberg L 8 SB 3755/03 sowie derjenigen des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch insoweit begründet, als eine chronifizierte depressive Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben als weitere Unfallfolge festzustellen ist und dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 24.02.1999 Verletztenrente nach einer MdE um 40 v. H. ab 03.05.2004 zu gewähren ist. Soweit die Berufung auf die Gewährung einer höheren Verletztenrente als nach einer MdE um 40 v. H. oder bereits ab einem früheren Zeitpunkt als dem 03.05.2004 gerichtet ist, konnte sie keinen Erfolg haben (1.). Die Berufung ist ferner unbegründet, soweit sie die Gewährung von höherem Pflegegeld und für einen längeren Zeitraum zum Inhalt hat (2.).

(1.) Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles - hier eines Arbeitsunfalles im Sinne des § 8 SGB VII - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich- philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17 = BSGE 96, 196-209). Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 aaO. nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn. Im Urteil vom 09.05.2006 aaO. hat das BSG keinen Zweifel daran gelassen, dass die Theorie der wesentlichen Bedingung auch uneingeschränkt auf die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfällen und psychischen Störungen anzuwenden ist, die nach Arbeitsunfällen in vielfältiger Weise auftreten können. Es hat aber darauf hingewiesen, dass es wegen der Komplexität von psychischen Gesundheitsstörungen im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel des Inhalts gebe, dass bei fehlender Alternativursache (etwa wenn eine Vorerkrankung oder Schadensanlage nicht nachweisbar sind) die versicherte naturwissenschaftliche Ursache (also die Einwirkung durch den Arbeitsunfall festgestellt auf der ersten Stufe der Ursächlichkeitsprüfung) damit auch automatisch zu einer wesentlichen Ursache (im Sinne der Ursächlichkeitsprüfung auf der zweiten Stufe) wird. Dies würde angesichts der Komplexität psychischer Vorgänge und des Zusammenwirkens gegebenenfalls lange Zeit zurückliegender Faktoren zu einer Umkehr der Beweislast führen, für die keine rechtliche Grundlage erkennbar sei.

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger an einer chronifizierten depressiven Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben leidet, einer komplexen Symptomatik, die im ICD-Katalog einerseits unter die Anpassungsstörungen nach F43.2 subsumiert werden könnte, wobei hierbei das verstärkte Schmerzerleben nicht ausreichend berücksichtigt würde, und andererseits unter anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F 45.4.), wobei insoweit die beim Kläger vorliegende depressive Antriebsstörung nicht ausreichend einbezogen würde. Dies entnimmt der Senat dem im Berufungsverfahren erstatteten Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. (vom 06.09.2006) nebst dessen ergänzender gutachtlicher Stellungnahme (vom 07.02.2007). Prof. Dr. E., der im Gutachten vom 22.03.2005 lediglich eine depressive Episode , bei leichtem Ausprägungsgrad des depressiven Syndroms festgestellt hatte, gleichzeitig aber psychische Folgen des Unfalls in Form der Schmerzsymptomatik und daraus eventuell indirekt folgende psychische Beschwerden nicht in Abrede stellte und insoweit auf das - später nicht eingeholte - Gutachten von Prof. Dr. Mojadher verwies, hat den Feststellungen von Prof. Dr. W. insoweit nicht widersprochen.

Diese psychische Erkrankung des Kläger ist nach den dargestellten Kausalitätskriterien mit Wahrscheinlichkeit wesentlich durch die durch den Arbeitsunfall erlittene gesundheitliche Erstschädigung und die nachfolgende weitere Entwicklung verursacht worden. In der ersten Prüfungsstufe ist unzweifelhaft, dass das stumpfe Bauchtrauma, das der Kläger am 24.02.1999 bei seiner versicherten Tätigkeit erlitten hat, Ursache ist für die nachfolgenden in den Unterlagen der Beklagten dokumentierten ärztliche Behandlungsmaßnahmen, wie sie auch im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen aufgeführt werden, und auch für die von der Beklagten getragene Umschulungsmaßnahme. Bei der Kausalitätsprüfung der zweiten Stufe berücksichtigt der Senat zunächst, dass die unmittelbaren Verletzungsfolgen in ihrer Art und ihrem Ausmaß primär und auch sekundär lange Zeit nicht hinreichend erkannt wurden. Dies entnimmt der Senat dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. W. vom 07.11.2005, der unter Auswertung sämtlicher Röntgenaufnahmen festgestellt hat, dass der Kläger am 24.02.1999 eine vertikal- und rotationsinstabile Beckenfraktur vom Typ c I nach TILE und insbesondere eine Sprengung des rechten Kreuzdarmbeingelenks erlitten hat, welche in der Folgezeit zu schweren Knorpelschäden an den Gelenkflächen des Kreuzdarmbeingelenks geführt hat. Im Bereich des rechten Kreuzdarmgelenks traten auch die bewegungs- und belastungsabhängigen Schmerzen auf, die zum Abbruch der am 01.02.2000 begonnenen Arbeits- und Belastungserprobung am 10.02.2000 und zu der vom 20.03. bis 01.06.2000 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Schwarzwaldklinik führten, aus welcher der Kläger mit einer im Vergleich zur Aufnahmeuntersuchung unveränderten Beschwerdesymptomatik entlassen wurde. Bereits im Entlassungsbericht vom 06.06.2000 wird festgestellt, dass sich aufgrund des protrahierten Krankheitsverlaufs wohl ein chronisches Schmerzsyndrom eingestellt habe, wodurch der Kläger auch gedanklich wie blockiert sei. Bis zu seinem Unfall sei er ein lebhafter, leistungsstarker und gewissenhafter Mensch gewesen, sodass der jetzige Zustand für ihn schwer zu verarbeiten sei. Die fortdauernden, aufgrund der Feststellungen von Prof. Dr. W. nunmehr eindeutig mit der posttraumatischen Arthrose im Kreuzdarmbeingelenk rechts begründbaren Schmerzen führten im weiteren Verlauf zu der operativen Versteifungsoperation in der Praxis-Klinik Birshof im Juni 2001, welche zunächst eine deutliche Verringerung der Schmerzen zur Folge hatte, wie dem Bericht von Dr. S. vom 25.07.2001 zu entnehmen ist. Nachdem aber schon Dr. G. im Gutachten vom 27.05.2002 weiterhin belastungs- und bewegungsabhängige Schmerzen in der rechten Becken-Beinregion mit Reduzierung der Wegstrecke und erheblichen Schmerzen bei Rechts- und Linksseitenlage festgestellte hatte, kam es im Dezember 2002 zu einer massiven Zunahme der Schmerzen, wobei Dr. S. vermutete, dass die Schmerzsituation durch Stressreaktionen verstärkt werde (Konsultationsberichte vom 16.01 und 07.02.2003). Die von Dr. S. angesprochenen Stressreaktionen sind aber vor dem Hintergrund der vom Kläger am 10.12.2001 begonnenen Vorförderung mit anschließender Umschulung zu sehen, welche in einem ersten Anlauf (von November 2000 bis Februar 2001) schmerzbedingt abgebrochen werden musste. Die vom 14.03.2002 bis 13.03.2004 dauernde Umschulung zum Technischen Zeichner/Teilkonstrukteur Maschinenbau mit Internatsunterbringung im Berufsförderungswerk Schömberg (vgl. Aufnahmemitteilung vom 14.03.2002) brachte für den Kläger eine erhebliche Zunahme der Belastung, wie auch Dr. S. in seinem Konsultationsbericht vom 11.02.2002 ausführt. Die starke Zunahme der Beschwerden bereits zu Beginn der Umschulung führte Dr. S. auf die vermehrte Mobilität (Autobahnfahrten von Schopfheim nach Schömberg) und den Stress durch die Schularbeit (Unterricht von 8 Uhr morgens bis nachmittags um 3 Uhr und dann selbstständige Lernarbeit bis abends um 8/9 Uhr) zurück. Nach der Beendigung der Umschulungsmaßnahme und Aufnahme einer stundenweisen Beschäftigung bei seinem früheren Arbeitgeber im Umschulungsberuf stellte sich der Kläger am 03.05.2004 ambulant im interdisziplinären Schmerzzentrum der Universitätsklinik Freiburg vor, wo beim Kläger eine reaktiv auf die Unfallfolgen entstandene mittelgradige depressive Episode mit Antriebslosigkeit, Libidoverlust, Appetitmangel und Konzentrationsschwierigkeiten diagnostiziert wurde. Durch den Unfall und die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen sei der Kläger, der stets ein sportlicher und aktiver Mensch gewesen sei, immer mehr ins Ungleichgewicht gekommen, da er wichtiger Ressourcen beraubt gewesen sei. Seine Alltagsenergie sei in den letzten Jahres im wesentlichen in eine ortsferne Umschulung geflossen, sodass er alternative Ressourcen nicht habe aufbauen und veränderte Sozialbeziehung nicht habe auffangen können (Bericht vom 04.05.2004).

Vor diesem Hintergrund hat der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. zur Überzeugung des Senats schlüssig dargelegt, dass die psychische Erkrankung des Klägers mit Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den Arbeitsunfall und dessen Folgen ursächlich zurückzuführen ist. Er hat den Kläger von seiner Primärpersönlichkeit her als einen körperlich sehr aktiven Menschen mit den aus der Schmerzpathophysiologie wohlbekannten Merkmalen eines "Durchhalters" beschrieben, der die Bewältigung von Schmerzen als Kampf empfinde, den er zu bestehen habe, "damit dann alles wieder gut werde". Dies überzeugt den Senat angesichts der Tatsache, dass sich der Kläger - um die Schmerzen zu bekämpfen - zum einen im Juni 2001 der Versteifungsoperation in der Schweiz unterzogen hat und zum anderen trotz einer sich fortwährend verstärkenden Schmerzsituation die Umschulung von Dezember 2001 bis März 2004 im ortsfernen Schömberg durchgestanden hat. Wenn derartige Persönlichkeiten nach einiger Zeit merken, dass dieses Konzept des "Durchhaltens" nicht zu verwirklichen ist ( die Versteifungsoperation führte nicht zur Schmerzfreiheit, wegen der Schmerzen kann der Umschulungsberuf nur stundenweise ausgeübt werden), kommt es nach den Darlegungen von Prof. Dr. W. fast regelmäßig zu einem "Absturz", der in einen Verlust der Lebensplanung und "Perspektive" münden kann. Auch im Fall des Klägers ist eine solche Entwicklung eingetreten, die inzwischen zu einer ausgeprägten, chronifizierten depressiven Regression geführt hat. Es ergeben sich nach Aktenlage keine Hinweise darauf, dass beim Kläger prätraumatisch psychische Störungen welcher Art auch immer vorlagen, die als weitere Ursache für den derzeitigen psychischen Zustand des Klägers in Betracht kämen. Auch in der akuten Phase nach dem Unfall beschrieb Dr. B. den Kläger als psychisch wenig auffällig, bewusstseinklar, voll orientiert und affektiv schwingungsfähig. Das psychologische Gutachten des Diplom-Psychologen A. vom 29.08.2000 attestiert dem Kläger ein hinsichtlich Einsatzbereitschaft, Dauerkonzentration und Sorgfaltleistung unauffälliges Arbeitsverhalten mit gut strukturierter Vorgehensweise. Zu Recht weist Prof. Dr. W. darauf hin, dass es sich bei der Entwicklung chronischer Schmerzsyndrome so gut wie immer um einen Circulus vitiosus handelt, bei dem sich Schmerz und psychische Reaktion hierauf mit anschließender verstärkter Schmerzwahrnehmung gegenseitig bedingen und "aufschaukeln".

Die gutachtlichen Ausführungen des Prof. Dr. E. zur Kausalitätsfrage überzeugen den Senat nicht. Zwar weist er zu Recht darauf hin, dass ein wahrscheinlicher Zusammenhang nicht schon dann bejaht werden kann, wenn ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfall besteht und keine Vorschädigung nachweisbar ist. Wenn er aber meint, es könne in keinster Weise akzeptiert werden, dass ein einzelnes Ereignis eine jahrelang anhaltende Schmerzstörung ohne organisches Korrelat hervorruft, bzw. dass es schon an einem zeitlichen Zusammenhang von Unfall und Beginn der depressiven Symptomatik fehle, so verkennt er die Besonderheiten des vorliegenden Falles. Das Unfallereignis als solches mit der damit verbundenen Gesundheitserstschädigung ist gerade nicht als einzelnes Ereignis wesentliche Ursache der "Schmerzstörung ohne organisches Korrelat", vielmehr wurden durch die weitere unfallbedingte Entwicklung - wie dargestellt - weitere Ursachen für die psychische Erkrankung des Klägers gesetzt. Prof. Dr. E. hat übrigens selbst in seinem Gutachten vom 22.03.2005 psychische Folgen des Unfalls in Form der Schmerzsymptomatik und daraus eventuell indirekt folgender psychischer Beschwerden nicht ausgeschlossen und insoweit auf das - später nicht erhobene - Gutachten von Prof. Dr. M. verwiesen. Dieser hatte aber bereits im Bericht vom 04.05.2004 einen wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der mittelgradigen depressiven Episode und den durch den Unfall hervorgerufenen körperlichen Einschränkungen einerseits und den mit der Umschulungsmaßnahme verbundenen psychischen Anstrengungen andererseits bejaht, was von Prof. Dr. Dr. W. im Ergebnis gutachterlich bestätigt wurde.

Der Senat kann auch nicht den - vom Sozialgericht im Wesentlichen übernommenen - Ausführungen von Prof. Dr. W. folgen, wonach die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden zwei Ursachen hätten, zum einen anatomisch-strukturell fassbare Unfallfolgen, zum anderen eine somatoforme Störung, also eine persönlichkeitsbedingte psychische Erkrankung, welche nicht zu den Unfallfolgen zu zählen sei. Zutreffend weist Prof. Dr. W. darauf hin, dass eine somatoforme Schmerzstörung nicht per se unfallunabhängig ist. Auch aus der Definition F45.4 der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ergibt sich nicht, dass sie eine - ausschließlich - persönlichkeitsbedingte psychische Erkrankung ist. Sie ist wie folgt definiert: Die vorherrschende Beschwerde ist ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz, der durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Schädigung nicht vollständig erklärt werden kann. Er tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf, die schwerwiegend genug sein sollten, um als entscheidende ursächliche Faktoren zu gelten. Entwickelt sich somit eine somatoforme Schmerzstörung im Gefolge eines Arbeitsunfalls und seiner Folgen, so ist der ursächliche Zusammenhang nach den vorgenannten Kriterien zu prüfen und nicht von vornherein ausgeschlossen, wie Prof. Dr. W. zu Recht ausführt.

Ein sogenanntes Schmerzgutachten, wie es von Prof. Dr. E. im Gutachten vom 22.03.2005 angeregt worden war, war zur Klärung der medizinischen Sachlage nicht erforderlich. Einen Facharzt für Schmerztherapie gibt es nicht. Psychosomatik im engeren Sinne bedeutet im Ergebnis, dass somatisch-psychische Symptome vorliegen, die zueinander in einem gewissen Zusammenhang stehen. Die Aufklärung dieser Zusammenhänge erfordert unabhängig vom Fachgebiet, dass der Betreffende über eingehende Kenntnisse der psychosomatischen Zusammenhänge verfügt (wie Prof. Dr. Dr. W. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 07.02.2007 dargelegt hat). Zur Überzeugung des Senats erfüllt Prof. Dr. Dr. W., der langjährig als gerichtlicher Sachverständiger tätig ist und auch gerade bei der Begutachtung von Schmerzen (sowie als Mitverfasser der "Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen" und der "Neurologische Begutachtung (RRN) )" wissenschaftlich tätig gewesen ist, diese Voraussetzungen ohne Einschränkung ...

In Bezug auf den zeitlichen Beginn der chronifizierten depressiven Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben äußert sich der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. nicht eindeutig. Wenn er auf den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nach Beendigung der Umschulung abstellt, so war dies im März 2004 und nicht wie von ihm angegeben im Sommer 2003. Die vorliegenden Unterlagen aus dem Jahr 2003 geben auch noch keine ausreichenden Hinweise auf die nun im Vordergrund stehende chronifizierte depressive Entwicklung. Vielmehr wurden die seit Dezember 2002 verstärkt auftretenden Schmerzen, für die Dr. H. die Umschulung als wesentlichen Stressfaktor verantwortlich machte (Bericht vom 25.03.2003), zunächst mit einer Umstellung der Schmerzmedikation angegangen, wobei der Kläger bei Dr. H. am 10.04.2003 - ausschließlich- über Schmerzen in der Region des Ileosakralgelenks rechts, teilweise ausstrahlend in das rechte Bein, mit Verstärkung bei Belastung und Bewegung berichtete (Auskunft Dr. H. vom 09.05.2004 an das SG und Bericht an die Beklagte vom 24.04.2003). Auch im Rahmen der ärztlichen Konsultationen wegen einer vorübergehend aufgetretenen akuten Fußheberschwäche am 14.06.2003, weshalb der Kläger vom 16.06. bis 06.07.2003 krankheitsbedingt die Umschulung unterbrechen musste, wurden keine psychischen Beschwerden geklagt. Erstmals im Bericht des interdisziplinären Schmerzzentrums der Universitätsklinik Freiburg vom 04.05.2004 wird eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert, welche auch als rehabilitationsbegründende Diagnose in den Entlassungsbericht der Argentalklinik vom 04.11.2004 aufgenommen wurde. Als dringend indiziert erschienen deshalb auch im Zeitpunkt der Entlassung eine psychiatrische Mitbehandlung, eine antidepressive Medikation und eine ambulante Psychotherapie. Dieser Zustand hat sich nach den Feststellungen von Prof. Dr. Dr. W. seither nicht mehr wesentlich geändert. Mithin legt der Senat, abweichend von Prof. Dr. Dr. W., den - nachweisbaren - zeitlichen Beginn der chronifizierten depressiven Entwicklung mit Antriebsstörung und verstärktem Schmerzerleben auf den 03.05.2004, den Zeitpunkt der Vorstellung im interdisziplinären Schmerzzentrum der Universitätsklinik Freiburg, fest.

Seit dem 03.05.2004 beträgt die unfallbedingte MdE einschließlich der Unfallfolgen auf chirurgischen Gebiet 40 v. H. Da der Kläger an einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit leidet, rechtfertigt dies unter Heranziehung der "Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen", aaO, Seite 13, Tabelle 10, seit 03.05.2004 eine MdE von insgesamt 40 v. H. Der Senat schließt sich auch insoweit der nachvollziehbar begründeten Beurteilung des Prof. Dr. Dr. W. an, zu der dieser aufgrund seines bei der Untersuchung des Klägers gewonnenen Eindrucks und der fremdanamnestischen Angaben der Ehefrau des Klägers gelangte.

Eine MdE in dieser Höhe ergibt sich auch unter Zugrundelegung der von K. F. et. al. veröffentlichten "Vorschläge zur MdE - Einschätzung bei psychoreaktiven Störungen in der gesetzlichen Unfallversicherung" (MedSach 103 2/2007 S. 52 ff.). Hiernach wird es als empfehlenswert erachtet, die Beeinträchtigung eines Versicherten in Bezug auf das Erwerbsleben in drei Dimensionen zu erfassen: psychisch-emotionale Beeinträchtigung, sozial-kommunikative Beeinträchtigung und körperlich-funktionelle Beeinträchtigung. Für jede Ebene ist einzeln eine Schweregradeinteilung vorzunehmen und die MdE aus der Gesamtschau dieser Beeinträchtigungen zu ermitteln. Zu den verschiedenen psychoreaktiven Störungen werden -abgestuft nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung- abgestufte MdE-Grade aufgeführt. Hiernach ist je nach Ausprägung des Störungsbildes eine "bloße" Anpassungsstörung (ICD - 10 F 43.2), die von ihrer Natur her auf einen Zeitraum von längsten zwei Jahren nach dem Unfallereignis begrenzt ist, mit einer MdE bis 30 v.H. einzuschätzen. Demgegenüber werden durch depressive Episoden ( ICD - 10 F 32 und F 33) abhängig vom Ausmaß der Beeinträchtigung von einer leichten depressive Episode eine MdE bis 20 v.H., einer mittelgradigen Episode eine MdE bis 40 v.H. und einer schweren Episode auch mit psychotischen Symptomen eine MdE bis 80 und höchstens 100 v.H. verursacht. Bei einer somatoformen Schmerzstörung ( ICD-10 F 45.4) werden folgende MdE-Grade veranschlagt: Schmerzzustand mit leichter- bis mäßiggradiger körperlich-funktioneller Einschränkung: MdE bis 10 v.H. , mit chronifizierter Schmerz-Einschränkung und psychisch-emotionaler Beeinträchtigung: MdE bis 30 v.H. und mit schwerwiegender körperlich-funktioneller Einschränkung und erheblicher psychisch-emotionaler Beeinträchtigung: MdE bis 40. v.H.

Prof. Dr. Dr. W. ist zu seiner für den Senat überzeugenden Einschätzung einer unfallbedingten MdE um 40 v.H. aufgrund folgender Beeinträchtigungen des Klägers gelangt: Neben der chirurgischen MdE von 10 v.H. berücksichtigt er eine wesentliche Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsmöglichkeit des Klägers. Angesichts der ausgeprägten Antriebsstörung "trotz oder wegen" der erheblichen Medikation mit Opioiden, nicht steroidalen Antirheumatica und Thymoleptica sowie unter Berücksichtigung der Fremdanamnese des Tagesablaufs durch die Ehefrau hat er bei der Untersuchung des Klägers eine "stärker behindernde Störung" festgestellt. Hinzukommt die Beeinträchtigung des Klägers durch das verstärkte Schmerzerleben. Die vom Kläger seit Jahren geschilderten Schmerzen, aufgrund derer er sich in kontinuierlicher ärztlicher Behandlung befindet, bedingen eine erhebliche bzw. stärkergradige körperlich-funktionelle (bei nur wenige Stunden täglich möglicher Aktivität des Klägers und einem auffälligen fortbestehende Gewichtsverlust mit Inappetenz) und psychisch-emotionale Einschränkung (bei affektiver Nivellierung und erheblicher Antriebsstörung und auch Verlust der Lebensplanung und -perspektive), wie im Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. vom 6.9.2006 für den Senat überzeugend beschrieben wird. Auch ist der sozial-kommunikative Lebensbereich des Klägers beeinträchtigt, wobei der Senat zu dieser Feststellung aufgrund der eigen- und fremdanamnestischen Angaben des Klägers bzw. seiner Ehefrau anlässlich der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. gelangt. Somit liegen auf den drei Ebenen des körperlich-funktionellen, psychisch-emotionalen und sozial-kommunikativen Bereichs zumindest mittelgradige bis stärkergradige Beeinträchtigungen vor, die -unter Berücksichtigung der MdE auf chirurgischem Gebiet- eine MdE des Klägers um 40 v.H. bedingen.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung eine Rente nach einer MdE um 50 v. H. und bereits ab dem 05.07.1999 begehrt, ist die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger ist im gesamten Verfahren, insbesondere im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Freiburg umfassend untersucht und begutachtet worden. Aus dem Gesamtergebnis der durchgeführten Begutachtungen ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Kläger wegen der Folgen des Unfalles von 1999 in höherem Grade als 40 v. H. oder bereits vor dem 03.05.2004 über die von der Beklagten der Rentenbewilligung zugrunde gelegte MdE von 20 v.H. hinaus in höherem Umfang in seiner Erwerbsfähigkeit nach dem Maßstab des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts gemindert gewesen ist. Lediglich für das psychiatrische Fachgebiet hat das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Prof. Dr. Dr. W. neue Erkenntnisse erbracht, die aber nur geeignet sind, den geltend gemachten Anspruch des Klägers im vom Senat tenorierten Umfang zu begründen. Die auf internistischem Fachgebiet im Gutachten von PD Dr. O. als Unfallfolgen bezeichneten rezidivierenden epigastrischen Schmerzen, rezidivierende Diarrhoen sowie ein Vitamin B 12-Mangel begründen keine zusätzliche MdE. Nachdem PD Dr. O. keine organische Ursache dieser Beschwerden feststellen konnte, ist auch insoweit ein psychosomatisches Geschehen zu vermuten, wobei er auf den seit Ende der unmittelbar an den Unfall anschließenden stationären Behandlung bestehenden Gewichtsverlust und die Inappetenz hinwies. Dies bestätigte Prof. Dr. Dr. W., der den körperlichen Zustand des Kläger ( 56 kg bei 175 cm Körpergröße) als nahezu kachektisch bezeichnete.

(2.) Die Berufung war ebenfalls insoweit als unbegründet zurückzuweisen, als der Kläger Pflegegeld in höherem Umfang (- in Höhe von 50 % des Höchstsatzes anstelle von 25 % -) und bereits ab dem 24.02.1999 mindestens bis zur Erhebung der Klage mit Schriftsatz vom 18.11.2003 beansprucht.

Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VII wird Pflegegeld gezahlt, eine Pflegekraft gestellt oder Heimpflege gewährt, solange Versicherte infolge des Versicherungsfalls so hilflos sind, dass sie für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe bedürfen. Das Pflegegeld ist unter Berücksichtigung der Art oder Schwere des Gesundheitsschadens sowie des Umfangs der erforderlichen Hilfe auf einen Monatsbetrag zwischen 527,00 DM und 2.106,00 DM (Beträge am 01.07.1995) festzusetzen. Ab 01.01.2002 tritt an die Stelle des Pflegegeldrahmens in DM der Pflegegeldrahmen in Euro, in dem die zuletzt am 01.07.2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Eurobeträge aufgerundet werden (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Vorwiegend ist darauf abzustellen, ob Hilflosigkeit des Pflegebedürftigen in Bezug auf die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die für die körperliche Existenz des Verletzten und seine Pflege notwendig sind, besteht. Ob ein Zustand der Hilflosigkeit vorliegt, ist eine Tatfrage, die nicht allein nach ärztlichen Schlussfolgerungen, sondern nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Juni 2007, § 44 SGB VII, RndNr. 6). Sinn und Zweck des Pflegegeldes ist den auf fremde Wartung und Hilfe angewiesenen Verletzten so zu stellen, dass er sich diese Wartung und Pflege beschaffen kann, in besonderem Maße die eigene Gestaltungsfreiheit sowohl des Pflegebedürftigen als auch der Pflegeperson in der familiären oder sonstigen privaten Sphäre zu sichern und als Anreiz zu dienen, die Pflege in der gewohnten Umgebung durchzuführen. Das Ausmaß der Hilflosigkeit (und damit die Höhe des Pflegegeldes) richten sich nach dem Gesundheitsschaden und dem dadurch bedingten Umfang der notwendigen Hilfe; hierbei haben die Unfallversicherungsträger einen Ermessensspielraum (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, RndNr. 8.1). Daher lassen sich für die Bestimmung der Höhe des Pflegegeldes keine generell verbindlichen Kriterien festlegen; maßgebend sind vielmehr im Einzelfall die individuellen Verhältnisse des Verletzen, wobei bei der Abwägung in erster Linie die nach § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VII maßgebenden Kriterien zu beachten sind.

In der Fachliteratur (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, RndNr. 10 und 10.1) werden Kategorien der Gesundheitsschäden und Einzeleinstufungen für die Festsetzung des Pflegegeldes für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten genannt (HV-Info 29/199, 2756). Die Anhaltspunkte enthalten nicht alle für den Einzelfall in Betracht kommenden Kriterien. Sie sind für die Gerichte nicht bindend, können es jedoch für die Berufsgenossenschaften im Rahmen einer Selbstbindung der Verwaltung an eigene Verwaltungsrichtlinien sein. Nach diesen Kategorien erfolgt nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens der Pflegebedürftigen eine Einteilung in die Kategorien I bis VI. Die für leichtere Beeinträchtigungen in den Bereichen Körperpflege - Ernährung - Kommunikation - Mobilität - hauswirtschaftliche Versorgung vorgesehene Kategorie VI - mit einem vom Hundertsatz des Höchstbetrages von 40 bis 25 - setzt voraus, dass der Versicherte in mehreren Phasen der Verrichtungen des täglichen Lebens teilweise, aber regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist. In diese Kategorie fallen z. B. Verletzte mit Verlust eines Armes im Oberarm und eines Beines im Unterschenkel (40 bis 25 % des Höchstsatzes) oder Verletzte mit Halbseitenlähmung (25-0 % des Höchstsatzes - Ziffern 26 und 28 der aufgeführten Beispielsfälle - vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, aaO, A 639).

Vorliegend ist zunächst festzustellen, dass während der stationären Versorgung des Klägers, in der dieser Pflegeleistungen zu Lasten der Beklagten erhalten hat, kein Anspruch auf Pflegegeld bestand. Dies hat das SG bereits zu Recht ausgeführt. Das SG hat ferner zutreffend dargelegt, dass - mit Ausnahme des von der Beklagten bestimmten Zeitraums im Anschluss an die Versteifung des Kreuzdarmbeingelenks - eine Pflegebedürftigkeit des Klägers im Sinne der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 SGB VII nicht vorlag. Dies ergibt sich für den Senat aus der Gesamtwürdigung der Gutachten des Prof. Dr. Dr. W., der vom SG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. E., K. und Prof. Dr. W. und den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W., des Dr. G. und des PD Dr. O ...

Danach bestand zur Zeit der Untersuchung des Klägers am 17.08.1999 für das Erste Rentengutachten des Prof. Dr. W. keine Pflegebedürftigkeit im gesetzlich geforderten Umfang angesichts der damaligen Unfallfolgen (bei geringer Belastung Schmerzen an der rechten Hüfte und am Becken, gelegentliche Bauchkrämpfe und Stuhlunregelmäßigkeiten und Unverträglichkeit bestimmter Speisen). Für die Zeit nach der Entlassung des Klägers aus der Birshof-Klinik im Anschluss an die dort durchgeführte ISG-Arthrodese rechts und Schraubenosteosynthese durfte sich der Kläger für einige Wochen nicht belasten und musste an Gehstützen gehen. Die Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Kläger im Zeitraum nach Entlassung aus dem Krankenhaus bis 09.10.2001 beim Duschen, bei der Zubreitung der Nahrung, beim Aufstehen, beim An- und Auskleiden und beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung auf fremde Hilfe angewiesen war. Dementsprechend wurde dem Kläger für diesen Zeitraum Pflegegeld von der Beklagten bewilligt.

Ab Beginn der möglichen Vollbelastung nach dem 09.10.2001 lag keine Pflegebedürftigkeit mehr vor. Dies ergibt sich aus den Befundberichten des Dr. S. von der Klinik Birshof vom 11.02.2002 (Befund: flüssiger Gang, Hüftgelenke schmerzfrei mit 110-0-0, Lasègue beidseits negativ), und den vom Kläger bei den Begutachtungen durch Dr. G. (Gutachten vom 27.05.2002) und Dr. O. (Gutachten vom Oktober 2002) geschilderten Beschwerden. Bei der Untersuchung durch Dr. G. gab der Kläger an, es bestünden noch rezidivierende, jedoch deutlich gebesserte Schmerzen, ausgehend von seiten des rechten Kreuzbein-Darmbeingelenkes mit Ausstrahlungen. Langes Sitzen wie auch langes Stehen und Gehen sei ebenfalls mit Schmerzen in der rechten Beckenregion verbunden. Gegen Abend komme es zunehmend zu Beschwerden. Bei längeren Autofahrten träten Schmerzen im Bereich der rechten Leiste mit Ausstrahlungen auf und es bestünde die Notwendigkeit von Pausen alle 1 bis 1 ½ Stunden Pkw-Fahrt. Für längere Wegstrecken über 500 m benütze er einen Handstock links. Gegenüber PD Dr. O. klagte der Kläger über rezidivierende Diarrhoe in Intervallen von durchschnittlich alle 10 Tag mit dazwischen normal geformtem Stuhl, über rezidivierende epigastrische Schmerzen, verstärkt nach dem Essen mit Völlegefühl und Übelkeit in wöchentlichen Abständen, Unverträglichkeit bei blähenden Speisen aufgrund krampfartiger Oberbauchschmerzen nach Verzehr; des weiteren gab er Schmerzen im Iliosacralbereich und der Hüfte an. Eine Pflegebedürftigkeit aufgrund von Hilflosigkeit kann diesen Schilderungen nicht entnommen werden. Der Kläger konnte von Dezember 2001 bis März 2004 auch seine Umschulung zum Technischen Zeichner, wenn auch unterbrochen von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, erfolgreich abschließen, wobei er unter der Woche internatsmäßig am Umschulungsort wohnte, wie sich aus dem Attest des Dr. Kolbe vom 26.09.2002 ergibt, da nur an den Wochenenden eine Heimfahrt zur Wohnung angetreten wurde und der Kläger bei Benutzung eines privaten Pkws für eine Fahrstrecke 2 ½ Stunden gegenüber 4 ½ Stunden bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn und Bus mit mehrmaligem Umsteigen) benötigte. Danach fehlen Anhaltspunkte, dass der Kläger sich während dieser Zeit nicht hätte selbst versorgen können.

Auch die ab Mai 2004 vorliegende chronifizierte depressive Entwicklung mit im Vordergrund stehender Antriebsstörung und verstärkter Schmerzwahrnehmung hat nicht zu einer Pflegebedürftigkeit des Klägers geführt. Nach der Anamneseerhebung durch Prof. Dr. Dr. W. hat der Kläger geschildert, er halte sich den größten Teil des Tages - bedingt durch seine Schmerzen - auf der Couch auf. Im Haus mache er wenig, er sauge lediglich, das Haus selbst putze die Tochter. Auch koche er nicht, habe dies allerdings auch früher schon nicht getan. Im Gegensatz zu den früher unternommenen Fernreisen könne er nur noch Badeurlaub machen; aktuell seien sie erstmals auch in Ägypten gewesen. Die fremdanamnestisch angehörte Ehefrau gab an, der Kläger mache im Haushalt kaum etwas. Wenn er etwas wesentliches tue, dann strenge ihn dies stark an und er liege danach wieder "flach". Aus diesen Schilderungen lässt sich zwar entnehmen, dass der Kläger sowohl aufgrund der Schmerzsymptomatik als auch aufgrund seiner seelischen Verfassung nur wenige Arbeiten im privaten Umfeld ausführt; andererseits kann diesen Schilderungen nicht entnommen werden, dass der Kläger hilflos oder pflegebedürftig im Sinne des § 44 SGB VII ist.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers insoweit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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