Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 5/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Leistungen nach Nr. 08345 (Zusatzpauschale Krebsbehandlung) und Nr. 33041 (Mamma-Sonographie) EBM sind für Gynäkologen fachgruppentypisch und begründen keine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen (HVV KV Hessen Quartale II/05 bis IV/08).
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für die 13 Quartale IV/05 bis IV/08.
Der Kläger ist als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe seit dem 01.07.2003 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt und betreibt ein zytologisches Einsendelabor.
Gegen die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Den Antrag des Klägers vom 25.01.2007 und 09.04.2008 auf eine Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina wegen seines onkologischen Schwerpunkts lehnte die Beklagte mit drei Bescheiden vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale II/05 bis I/07, II/07 bis IV/07 und I/08 bis IV/08 ab.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22.01.2009 Widerspruch ein, den er dann auf die streitbefangenen Quartale begrenzte.
Die Beklagte verband die Widerspruchsverfahren und hob mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2010 den Ausgangsbescheid für das Quartal II/08 insoweit auf, als sie die RLV-Fallzahl um 70 Fälle auf insgesamt 1.053 Fälle anhob. Im Übrigen wies sie die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, Leistungen des ambulanten Operierens seien extrabudgetär oder in einem gesonderten Regelleistungsvolumen oder aus dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung vergütet worden. Leistungen der Onkologie würden aufgrund der sog. Pseudoziffern mit einer im HVV festgelegten Kostenpauschale vergütet werden. Die meisten onkologischen Pseudo-Ziffern würden auch von anderen Gynäkologen erbracht werden. Die onkologische Versorgung sei im Umfeld des Klägers sichergestellt. Das Leistungsspektrum des Klägers rechtfertige keine Sonderregelung. Der Kläger habe auch relativ häufig Beratungsleistungen nach Ziffer 08220 EBM 2005 abgerechnet. Eine Zuordnung zum onkologischen Bereich könne nicht eindeutig vorgenommen werden. Der Tod eines am 31.10.2007 verstorbenen Kollegen habe zu keiner signifikanten Veränderung geführt. Die Fallzahlen seien, abgesehen von leichten quartalsbedingten Schwankungen, relativ konstant geblieben. Der Kläger habe bereits in der Vergangenheit vergleichbare hohe Fallzahlen erreicht (z.B.: Quartal IV/04: 1.052 Fälle; Quartal I/07: 1.003 Fälle). Im Quartal II/08 habe der Kläger aber 70 Patienten des verstorbenen Kollegen übernommen, weshalb die RLV-Fallzahl angehoben werde.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2010 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, unter Berücksichtigung seines onkologischen Schwerpunktes müsse eine Anpassung des Regelleistungsvolumens vorgenommen werden. Sein Leistungsspektrum weiche erheblich vom Spektrum eines "normalen Gynäkologen" ab. Der Anteil onkologischer Patienten sei ständig gestiegen und liege zwischen 11,9 % und 21,73 % (Quartal IV/08). Der onkologische Schwerpunkt werde auch anhand der Abrechnungshäufigkeit der Leistungen nach Nr. 02300, 08320, 08345, 33041, 33074 und 33075 EBM deutlich. Es fehle auch an einer allgemeinen Härtefallregelung. Wegen Nichtberücksichtigung seiner Praxisbesonderheit handele es sich bei ihm um einen Härtefall. Er sei auch die einzige onkologische Schwerpunktpraxis im Planungsbereich. Das Abrechnungsvolumen der besonderen Leistungen müsse mit den RLV-relevanten Leistungen, nicht mit dem gesamten Honorarvolumen verglichen werden. In den Quartalen I/06 bis I/07 liege der Anteil jeweils über 30 %. Im Übrigen handele es sich bei der 20 %-Grenze um ein bloßes Aufgreifkriterium.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale IV/05 bis IV/08, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf Ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, im Umkreis von 50 km zur Praxis des Klägers sei die Versorgung ausreichend. Der Mehraufwand für die Betreuung onkologischer Patienten werde durch die hessischen Pseudoziffern abgegolten. Die vom Kläger genannten Leitungen seien bereits bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens berücksichtigt worden. Sie seien nicht geeignet, eine atypische Praxisausrichtung nachzuweisen. Die Leistungen nach Nr. 02300 und 08320 EBM seien bereits typische arztgruppenspezifische Abrechnungsziffern der Gynäkologen. Bei den weiteren Ziffern 33041, 33074 und 33075 EBM sei eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen nicht gedeckten Versorgungsbedarf erlaubten, nicht zu erkennen. Er ergäbe sich für diese Leistungen auch nur ein geringer Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen, der zwischen 4,55 % und 14,94 % liege. Tatsachen, die einen Härtefall begründeten, lägen nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Bescheide vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale IV/05 bis IV/08, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2010, sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war daher abzuweisen.
Streitig zwischen den Beteiligten war nur die Rechtsfrage, ob dem Kläger eine Sonderregelung zu dem Regelleistungsvolumens aufgrund seines onkologischen Schwerpunkts zu bewilligen ist. Damit kam es auf die Frage, ob das Regelleistungsvolumen richtig berechnet ist, in diesem Verfahren nicht an.
Rechtsgrundlage für die begehrte Sonderregelung ist Ziffer 6.3 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005, der insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt wurde und inhaltsgleich als § 5 Abs. 3 für die Folgequartale II bis IV/07 in der für diese Quartale geltenden Honorarvereinbarung bzw. für die Quartale I bis IV/08 in der Vereinbarung für das Jahr 2008 übernommen wurde. Danach ist der Vorstand der KV Hessen ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen.
Nach der Ermächtigung ist der Vorstand verpflichtet, bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen sein Ermessen im Hinblick auf eine Sonderregelung auszuüben. Dies hat die Beklagte nicht verkannt. Nach Auffassung der Kammer liegt kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch machen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Mit dem Regelleistungsvolumen soll nicht ein eingeschränktes, sondern ein umfassendes Leistungsprofil abgebildet werden. Es würde dem Konzept des Regelleistungsvolumens mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet und dafür eine individuelle Erhöhung des Regelleistungsvolumens erhalten würde (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f.; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 17 f., jeweils m.w.N.).
Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den Regelleistungsvolumina im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Anerkennung eines Versorgungsschwerpunktes jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen. Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - a.a.O. Rdnr. 23).
Bei der Leistung nach Nr. 08345 EBM (Zusatzpauschale Krebsbehandlung) handelt es sich um eine fachgruppentypische Leistung, die im Übrigen erst ab dem Quartal I/08 abgerechnet werden kann. Im Quartal I/08 wird die Leistung nach Nr. 08345 EBM von 523 der 565 Praxen der Fachgruppe erbracht. Auch bei der Leistung nach Nr. 33041 EBM (Mamma-Sonographie) handelt es sich um eine fachgruppentypische Leistung. Sie wird im Quartal I/08 von 355 der 565 Praxen der Fachgruppe erbracht. Ähnlich ist das Leistungsbild in den übrigen Quartalen.
Die übrigen von dem Kläger genannten Leistungen, soweit sie innerhalb des Regelleistungsvolumens abgerechnet werden, erreichen aber keinen signifikanten Anteil an der Gesamtabrechnung. So rechnete der Kläger im Quartal I/08 - ähnlich ist das Abrechnungsverhalten in den übrigen Quartalen - für die Leistung nach Nr. 02300 (Operativer Eingriff) 12.960 Punkte, für die Leistung nach Nr. 08320 (Mammastanzbiopsie) 45.410,0 Punkte, für die Leistung nach Nr. 33074 (Duplex-Sonographie) 35.960,0 Punkte und für die Leistung nach Nr. 33075 EBM (Zuschlag Farbduplex) 10.850,0 Punkte ab, insgesamt 105.180,0 Punkte. Insgesamt rechnete der Kläger innerhalb des Regelleistungsvolumens für das Quartal I//08 1.496.457,5 Punkte ab. Die genannten Leistungen im Umfang von 105.180,0 Punkten stellen lediglich 7,5 % der innerhalb des Regelleistungsvolumens angeforderten Leistungen dar. Von daher kann hier dahinstehen, ob alle Leistungen auch einem Schwerpunkt zuzuordnen sind.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für die 13 Quartale IV/05 bis IV/08.
Der Kläger ist als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe seit dem 01.07.2003 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt und betreibt ein zytologisches Einsendelabor.
Gegen die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale legte der Kläger jeweils Widerspruch ein.
Den Antrag des Klägers vom 25.01.2007 und 09.04.2008 auf eine Sonderregelung zu den Regelleistungsvolumina wegen seines onkologischen Schwerpunkts lehnte die Beklagte mit drei Bescheiden vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale II/05 bis I/07, II/07 bis IV/07 und I/08 bis IV/08 ab.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22.01.2009 Widerspruch ein, den er dann auf die streitbefangenen Quartale begrenzte.
Die Beklagte verband die Widerspruchsverfahren und hob mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2010 den Ausgangsbescheid für das Quartal II/08 insoweit auf, als sie die RLV-Fallzahl um 70 Fälle auf insgesamt 1.053 Fälle anhob. Im Übrigen wies sie die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, Leistungen des ambulanten Operierens seien extrabudgetär oder in einem gesonderten Regelleistungsvolumen oder aus dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung vergütet worden. Leistungen der Onkologie würden aufgrund der sog. Pseudoziffern mit einer im HVV festgelegten Kostenpauschale vergütet werden. Die meisten onkologischen Pseudo-Ziffern würden auch von anderen Gynäkologen erbracht werden. Die onkologische Versorgung sei im Umfeld des Klägers sichergestellt. Das Leistungsspektrum des Klägers rechtfertige keine Sonderregelung. Der Kläger habe auch relativ häufig Beratungsleistungen nach Ziffer 08220 EBM 2005 abgerechnet. Eine Zuordnung zum onkologischen Bereich könne nicht eindeutig vorgenommen werden. Der Tod eines am 31.10.2007 verstorbenen Kollegen habe zu keiner signifikanten Veränderung geführt. Die Fallzahlen seien, abgesehen von leichten quartalsbedingten Schwankungen, relativ konstant geblieben. Der Kläger habe bereits in der Vergangenheit vergleichbare hohe Fallzahlen erreicht (z.B.: Quartal IV/04: 1.052 Fälle; Quartal I/07: 1.003 Fälle). Im Quartal II/08 habe der Kläger aber 70 Patienten des verstorbenen Kollegen übernommen, weshalb die RLV-Fallzahl angehoben werde.
Hiergegen hat der Kläger am 16.03.2010 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, unter Berücksichtigung seines onkologischen Schwerpunktes müsse eine Anpassung des Regelleistungsvolumens vorgenommen werden. Sein Leistungsspektrum weiche erheblich vom Spektrum eines "normalen Gynäkologen" ab. Der Anteil onkologischer Patienten sei ständig gestiegen und liege zwischen 11,9 % und 21,73 % (Quartal IV/08). Der onkologische Schwerpunkt werde auch anhand der Abrechnungshäufigkeit der Leistungen nach Nr. 02300, 08320, 08345, 33041, 33074 und 33075 EBM deutlich. Es fehle auch an einer allgemeinen Härtefallregelung. Wegen Nichtberücksichtigung seiner Praxisbesonderheit handele es sich bei ihm um einen Härtefall. Er sei auch die einzige onkologische Schwerpunktpraxis im Planungsbereich. Das Abrechnungsvolumen der besonderen Leistungen müsse mit den RLV-relevanten Leistungen, nicht mit dem gesamten Honorarvolumen verglichen werden. In den Quartalen I/06 bis I/07 liege der Anteil jeweils über 30 %. Im Übrigen handele es sich bei der 20 %-Grenze um ein bloßes Aufgreifkriterium.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale IV/05 bis IV/08, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2010, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf Ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, im Umkreis von 50 km zur Praxis des Klägers sei die Versorgung ausreichend. Der Mehraufwand für die Betreuung onkologischer Patienten werde durch die hessischen Pseudoziffern abgegolten. Die vom Kläger genannten Leitungen seien bereits bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens berücksichtigt worden. Sie seien nicht geeignet, eine atypische Praxisausrichtung nachzuweisen. Die Leistungen nach Nr. 02300 und 08320 EBM seien bereits typische arztgruppenspezifische Abrechnungsziffern der Gynäkologen. Bei den weiteren Ziffern 33041, 33074 und 33075 EBM sei eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen nicht gedeckten Versorgungsbedarf erlaubten, nicht zu erkennen. Er ergäbe sich für diese Leistungen auch nur ein geringer Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen, der zwischen 4,55 % und 14,94 % liege. Tatsachen, die einen Härtefall begründeten, lägen nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Bescheide vom 20.01.2009 bzgl. der Quartale IV/05 bis IV/08, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2010, sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war daher abzuweisen.
Streitig zwischen den Beteiligten war nur die Rechtsfrage, ob dem Kläger eine Sonderregelung zu dem Regelleistungsvolumens aufgrund seines onkologischen Schwerpunkts zu bewilligen ist. Damit kam es auf die Frage, ob das Regelleistungsvolumen richtig berechnet ist, in diesem Verfahren nicht an.
Rechtsgrundlage für die begehrte Sonderregelung ist Ziffer 6.3 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005, der insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt wurde und inhaltsgleich als § 5 Abs. 3 für die Folgequartale II bis IV/07 in der für diese Quartale geltenden Honorarvereinbarung bzw. für die Quartale I bis IV/08 in der Vereinbarung für das Jahr 2008 übernommen wurde. Danach ist der Vorstand der KV Hessen ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen vorzunehmen.
Nach der Ermächtigung ist der Vorstand verpflichtet, bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen sein Ermessen im Hinblick auf eine Sonderregelung auszuüben. Dies hat die Beklagte nicht verkannt. Nach Auffassung der Kammer liegt kein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen keinen Gebrauch machen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Mit dem Regelleistungsvolumen soll nicht ein eingeschränktes, sondern ein umfassendes Leistungsprofil abgebildet werden. Es würde dem Konzept des Regelleistungsvolumens mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet und dafür eine individuelle Erhöhung des Regelleistungsvolumens erhalten würde (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f.; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 17 f., jeweils m.w.N.).
Besonderheiten einer Praxis streiten dann für eine Ausnahme von den Regelleistungsvolumina im Interesse der Sicherstellung, wenn der Anteil der Spezialleistungen am Gesamtpunktzahlvolumen überdurchschnittlich hoch ist. Dies wird in der Regel mit einem überdurchschnittlichen Gesamtpunktzahlvolumen einhergehen. Als überdurchschnittlich ist in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Anerkennung eines Versorgungsschwerpunktes jeweils eine Überschreitung des Durchschnitts bzw. ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 % anzusehen. Um einerseits von einem dauerhaften Versorgungsbedarf ausgehen zu können, andererseits aber auch Schwankungen zwischen den Quartalen aufzufangen, ist nicht auf jedes einzelne Quartal abzustellen. Ausreichend ist, dass sich die Überschreitungen als Durchschnittswert in einem Gesamtzeitraum von vier aufeinander folgenden Quartalen ergeben (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - a.a.O. Rdnr. 23).
Bei der Leistung nach Nr. 08345 EBM (Zusatzpauschale Krebsbehandlung) handelt es sich um eine fachgruppentypische Leistung, die im Übrigen erst ab dem Quartal I/08 abgerechnet werden kann. Im Quartal I/08 wird die Leistung nach Nr. 08345 EBM von 523 der 565 Praxen der Fachgruppe erbracht. Auch bei der Leistung nach Nr. 33041 EBM (Mamma-Sonographie) handelt es sich um eine fachgruppentypische Leistung. Sie wird im Quartal I/08 von 355 der 565 Praxen der Fachgruppe erbracht. Ähnlich ist das Leistungsbild in den übrigen Quartalen.
Die übrigen von dem Kläger genannten Leistungen, soweit sie innerhalb des Regelleistungsvolumens abgerechnet werden, erreichen aber keinen signifikanten Anteil an der Gesamtabrechnung. So rechnete der Kläger im Quartal I/08 - ähnlich ist das Abrechnungsverhalten in den übrigen Quartalen - für die Leistung nach Nr. 02300 (Operativer Eingriff) 12.960 Punkte, für die Leistung nach Nr. 08320 (Mammastanzbiopsie) 45.410,0 Punkte, für die Leistung nach Nr. 33074 (Duplex-Sonographie) 35.960,0 Punkte und für die Leistung nach Nr. 33075 EBM (Zuschlag Farbduplex) 10.850,0 Punkte ab, insgesamt 105.180,0 Punkte. Insgesamt rechnete der Kläger innerhalb des Regelleistungsvolumens für das Quartal I//08 1.496.457,5 Punkte ab. Die genannten Leistungen im Umfang von 105.180,0 Punkten stellen lediglich 7,5 % der innerhalb des Regelleistungsvolumens angeforderten Leistungen dar. Von daher kann hier dahinstehen, ob alle Leistungen auch einem Schwerpunkt zuzuordnen sind.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved