L 9 R 4868/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 5708/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4868/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Einstufung von nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Versicherungszeiten in eine höhere Leistungsgruppe (LGr) sowie die Gewährung höherer Rente.

Der 1931 geborene Kläger absolvierte im Beitrittsgebiet von September 1946 bis Oktober 1949 eine Maurerlehre und arbeitete im Zeitraum vom 1. November 1949 bis 14. Oktober 1950 versicherungspflichtig als Maurer. Von Oktober 1950 bis Juli 1953 absolvierte er eine Fachschulausbildung an der Fachschule für Bauwesen in Glauchau, die er am 03. Juli 1953 mit der staatlichen Abschlussprüfung der Fachrichtung Architektur und der Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Bauingenieur abschloss. In diesem Zeitraum ist eine Pflichtbeitragszeit vom 13. bis 31. August 1951 anerkannt. Außerdem war der Kläger gemäß dem Arbeitsbuch vom 23. Juli bis 26. August 1952 als Semesteraushilfe im VEB (Z) Projektierung Sachsen, Zweigstelle Plauen, tätig (nach seinen Angaben Arbeiten unter Leitung des Chefarchitekten an Fassadengestaltungen). Im Anschluss an das Studium arbeitete der Kläger vom 01. August 1953 bis 26. Juni 1955 - dem vorliegend strittigen Zeitraum - im Büro für Hoch- und Industriebau, Plauen. Zu Beginn war er in der Abteilung, die überwiegend Industriebauten plante, tätig und erhielt vom Abteilungsleiter die Ausführung einer geplanten Kindertagesstätte übertragen. Ab 27. Juni 1955 war der Kläger u. a. als Architekt, Bauingenieur und Bauleiter in den alten Bundesländern, zuletzt bei der Mercedes Benz AG, tätig und dann ab 01. Oktober 1992 arbeitslos.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1993 und Neufeststellungsbescheid vom 18. Februar 1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01. Oktober 1993 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, wobei sie die Zeit vom 01. August 1953 bis 26. Juni 1955 in die LGr 4 der Anlage 1 B zum FRG einstufte. In der Folge erfolgten Neuberechnungen, unter anderem in Umsetzung von Rentenanpassungen und Änderungen des Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsverhältnisses, jedoch ohne Änderung hinsichtlich der hier strittigen LGr-Einstufung.

Am 04. März 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung der Einstufung der Zeit vom 01. August 1953 bis 26. Juni 1955 in die LGr 4 und die Einstufung in eine höhere LGr. Er verwies auf seine dreijährige Berufsausbildung mit Abschluss, das absolvierte Gesellenjahr, die Fachschulausbildung und seine Tätigkeit als Architekt im strittigen Zeitraum. Er habe eine beruflich höhere Qualifikation durch besondere Leistungen erreicht gehabt und sei zu Unrecht in die Rubrik Hilfsmeister eingestuft. Als Fachschulabsolvent sei er in die LGr 2 einzustufen.

Mit Bescheid vom 20. April 2004 und Widerspruchsbescheid vom 05. August 2004 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 18. Februar 1994 ab, da die strittige Zeit zutreffend in die LGr 4 eingestuft sei. Für eine Einstufung in LGr 2 fehle es an den erforderlichen "besonderen Erfahrungen".

Deswegen hat der Kläger am 26. August 2004 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Auf Grund seiner Tätigkeit während der Semesterferien im Jahr 1952 sei ihm bei seinem Eintritt das Projekt einer Kindertagesstätte zur selbstständigen Bearbeitung übertragen worden, wobei technische Zeichner nach seinen Anweisungen gearbeitet hätten. Bei diesen entwurfs-, konstruktions- und gebäudetechnischen Tätigkeiten seien nicht besondere Erfahrungen notwendig, entscheidend sei Wissen und Können. Auf Grund seiner Tätigkeit während der Ferien habe man ihn gebeten, nach seinem Studium in dem Büro anzufangen, in dem damals sämtliche Gewerke vereinigt gewesen seien und das für alle Hoch- und Industriebauten des Kreises zuständig gewesen sei. Bei dem ihm vom Abteilungsleiter übertragenen Aufgaben zur Ausführung einer geplanten Kindertagesstätte in eigener Verantwortung hätten je nach Terminslage drei bis vier technische Zeichner sowie alle für das Bauvorhaben erforderlichen Fachleute der zugehörigen Gewerke für ihn gearbeitet. Im Jahr 1954 habe er auch den ersten Preis eines Wettbewerbs gewonnen, an dem sich ein großer Teil der im Hause beschäftigten Architekten beteiligt habe. Hierzu hat er u. a. eine Kopie des Sozialversicherungsausweises, auf den verwiesen wird, mit den erzielten Entgelten vorgelegt.

Mit Urteil vom 29. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rücknahme der früheren bindend gewordenen Entscheidung bestehe nicht, da die Einstufung in die LGr 4 nicht zu beanstanden sei. Die strittige Zeit erfülle nicht die Voraussetzungen der LGr 2 der Anlage 1 B zum FRG, insbesondere habe der Kläger nicht über die erforderlichen "besonderen Erfahrungen" und auch nicht über die für die Einstufung in LGr 3 erforderliche "mehrjährige Berufserfahrung" oder "besonderen Fachkenntnisse" verfügt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen.

Gegen das am 08. August 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01. September 2006 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Aus der Definition der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ergebe sich nicht, dass besondere Erfahrungen erst mit dem 45. Lebensjahr erreicht würden. Aus dem Planungs- und Ausführungsablauf bezüglich der Kindertagesstätte ergebe sich, dass es sich um die Ausführung einer besonders qualifizierten Tätigkeit gehandelt habe. Im übrigen sei die Qualität eines Architekten nicht nur an besonderen Erfahrungen festzumachen. Wenn er zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit eine so verantwortungsvolle Tätigkeit erhalten habe, dann deshalb, weil sein damaliger Chefarchitekt seine vorherige Arbeit sehr positiv beurteilt habe, nicht auf Grund seiner Erfahrung. Die Definition der Berufsbilder des FRG sei praktisch orientiert und enthalte zu nicht handwerklichen, geistigen Berufsbildern keine Aussage. Die vom SG verneinte besondere Zusatzqualifikation sei für seine damalige verantwortliche Tätigkeit nicht erforderlich gewesen. Bei dem Bauvorhaben der Kindertagesstätte hätten Fachleute unter seiner Anleitung und Verantwortung gearbeitet, womit es sich um selbstständige Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis im Sinne der LGr 2 gehandelt habe. Im übrigen könnten auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) besondere Erfahrungen schon zu einem früheren Zeitpunkt erworben sein, so bei herausragenden Berufstätigkeiten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. August 2004 zu verpflichten, den Bescheid vom 18. Februar 1994 teilweise zurückzunehmen und unter Einstufung der Zeit vom 01. August 1953 bis 26. Juni 1955 in die Leistungsgruppe 2 der Anlage 1 B zum Fremdrentengesetz höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen für eine Einstufung in eine höhere LGr seien nicht erfüllt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 18. Februar 1994, mit welchem letztmals bindend über die Einstufung der anerkannten Versicherungszeiten und deren Bewertung entschieden worden ist, und auf Gewährung höherer Altersrente. Die nachfolgend ergangenen Bescheide betrafen nur Neuberechnungen wegen Beitragszuschuss bzw. Änderung des Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsverhältnisses sowie Rentenanpassungen, nicht jedoch die Bewertung und Einstufung der streitgegenständlichen Zeit, die jeweils unverändert geblieben ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat die strittige Zeit vom 01. August 1953 bis 26. Juni 1955 zutreffend in die LGr 4 der Anlage 1 B zum FRG eingestuft. Infolge dessen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf höhere Altersrente.

Gemäß § 259 a Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI werden für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 01. Januar 1937 geboren sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, die Pflichtbeitragszeiten vor dem 19. Mai 1990 anstelle der nach den §§ 256 a bis 256 c zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt.

Die Beklagte hat die strittige Zeit richtigerweise in die LGr 4 der Anlage 1 B zum FRG eingestuft.

Die Anlage 1 B zum FRG gliedert sich in fünf LGrn, die sich aus den Definitionen und - mit Ausnahme der LGr 1 - aus beispielhaft aufgeführten Berufsbezeichnungen zusammensetzen, wobei die Einstufung nach der Berufsbezeichnung nur maßgebend ist, wenn sich nicht nach den Merkmalen der ausgeübten Beschäftigung eine Einstufung in eine andere LGr ergibt. Damit hat die Einstufung nach den Beschäftigungsmerkmalen der Definition Vorrang vor der Einstufung nach der Berufsbezeichnung. Bei der Auslegung einer jeden Definition ist das Gesamtgefüge zu beachten. Insbesondere stehen die Definitionen in einer Stufenfolge. Die jeweils höhere Stufe erfordert weitergehende Voraussetzungen als die niedrigeren Stufen.

Nach der Definition der LGr 2 erfasst diese Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbstständigen Leistungen in verantwortungsvoller Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen haben (Satz 1 der Definition). Das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Erfahrungen", das neben den weiteren Tatbestandsmerkmalen erfüllt sein muss, ist in Zusammenhang zu sehen mit entsprechenden Merkmalen der LGrn 3 und 4. So bedeuten die geforderten "besonderen Erfahrungen" der LGr 2 zwangsläufig mehr als die "mehrjährige Berufserfahrung" der LGr 3 und erst Recht mehr als die "mehrjährige Berufstätigkeit" der LGr 4 (vgl. zu alledem BSG in BSGE 56, 32 bis 36 m.w.N.). Der Berufskatalog der jeweiligen LGr gibt auch einen Hinweis auf den Umfang der jeweils geforderten Erfahrungen. So wird bei den zur LGr 2 beispielsweise aufgeführten Berufen regelmäßig ein Alter von über 45 Jahren gefordert, wenngleich nicht allein aus dem Lebensalter auf das Fehlen oder das Vorliegen besonderer Erfahrungen zu schließen ist. Deswegen schließt die regelmäßige Anführung des Lebensalters von 45 Jahren in den Berufsbezeichnungen der LGr 2 nicht das Vorliegen der erforderlichen "besonderen Erfahrungen" in einem Alter von unter 45 Jahren aus, was sich auch daraus ergibt, dass bei einigen der genannten Berufe vom Gesetzgeber ein Alter nicht angegeben wurde, weil die besonderen Erfahrungen schon früher erworben sein können (BSG a.a.O.).

Infolgedessen ist die Lebensaltersgrenze nicht ohne Rücksicht auf den Einzelfall rein schematisch anzuwenden und können, z.B. bei qualifizierter Ausbildung, insbesondere bei einer Hochschulausbildung und bei herausragenden Berufstätigkeiten die besonderen Erfahrungen auch schon in einem jüngeren Lebensalter erworben sein, beispielsweise bei einer deutlich herausgehobenen Berufsposition oder einem außergewöhnlichen Berufserfolg, d.h. dass Erfahrungen allgemein bei höherwertigen Tätigkeiten schneller erworben werden können. Voraussetzung ist jedoch, dass die notwendigen "besonderen Erfahrungen" in einem Alter von unter 45 Jahren nur dann vorhanden sein können, wenn und sobald die schneller angeeigneten Erfahrungen das Ausmaß der Erfahrungen erreicht haben, das andere Angestellte bei üblichem Berufsweg regelmäßig im Alter von 45 Jahren besitzen (BSG a.a.O. n.w.N.).

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen verfügte der Kläger im strittigen Zeitraum, der sich unmittelbar an seine Fachschulausbildung anschloss, nicht über die für die LGr 2 geforderten "besonderen Erfahrungen". Ungeachtet dessen, dass er selbst vorträgt, für die Ausübung der Tätigkeit habe es keiner besonderen Erfahrungen bedurft, lagen solche auch nicht vor, nachdem er lediglich über eine Berufsausbildung als Maurer verfügte, etwas mehr als ein Jahr als Geselle gearbeitet hat und während seiner Fachschulausbildung lediglich als Semesterhilfe, u. a. bei seiner späteren Arbeitgeberin, der Hoch- und Industriebau, Plauen, vom 23. Juli bis 26. August 1952 tätig war. Auch wenn er - ohne nennenswerte vorherige Berufserfahrung - von seinem Abteilungsleiter zur selbstständigen Bearbeitung das Projekt einer Kindertagesstätte übertragen erhielt und technische Zeichner sowie die Handwerker nach seinen Anweisungen arbeiteten, ergibt sich damit kein Nachweis der erforderlichen "besonderen Erfahrungen" für den strittigen Zeitraum. Entgegen der Ansicht des Klägers genügt es für die Einstufung in LGr 2 auch nicht, wenn er selbstständige Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis erbracht hat und Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einzusetzen und verantwortlich zu unterweisen hatte, da alle Merkmale kumulativ erfüllt sein müssen.

Etwas anderes ergibt sich im übrigen auch nicht unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers, insbesondere, dass er den ersten Preis eines Wettbewerbs gewonnen hat und auch nach Beendigung der hier streitgegenständlichen Beschäftigung seine beruflichen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat.

Soweit der Kläger auf die Definition der Qualifikationsgruppen in der Anlage 13 zum SGB VI verweist, verkennt er, dass - wie dargelegt - seine Versicherungszeit nicht nach den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI, sondern nach den LGrn der Anlage 1 zum FRG zu bewerten ist.

Damit sind die Voraussetzungen der vom Kläger geltend gemachten LGr 2 der Anlage 1 B zum FRG nicht erfüllt.

Im übrigen liegen auch die Voraussetzungen der LGr 3 der Anlage 1 B zum FRG nicht vor. Danach sind in diese LGr Angestellte mit mehrjähriger Berufserfahrung oder besonderen Fachkenntnissen und Fähigkeiten oder mit Spezialtätigkeiten, die nach allgemeiner Anweisung selbstständig arbeiten, jedoch keine Verantwortung für die Tätigkeit anderer tragen, einzustufen (Satz 1 der Definition); außerdem Angestellte mit qualifizierter Tätigkeit, die die fachlichen Erfahrungen eines Meisters, Richtmeisters oder Gießereimeisters aufweisen, bei erhöhter Verantwortung größeren Abteilungen vorstehen und denen Aufsichtspersonen oder Hilfsmeister unterstellt sind (Satz 2 der Definition).

Dass diese Voraussetzungen vorliegend beim Kläger erfüllt waren, vermag der Senat gleichfalls nicht festzustellen. Es fehlt hier an einer einschlägigen "mehrjährigen Berufserfahrung" während der strittigen Zeit, die sich unmittelbar als erste berufliche Tätigkeit an die Fachschulausbildung anschloss. Da der Berufskatalog zur LGr 3 weitgehend auf die Vollendung des 30. Lebensjahres abstellt und weil ein Angestellter nach Abschluss seiner Lehr- und Fachschulzeit bis dahin regelmäßig etwas mehr als zehn Jahre in seinem Beruf gearbeitet hat, sind diese rund zehn Jahre stetiger Berufsausübung erforderlich, um "mehrjährige Berufserfahrung" zu begründen. Angestellten mit längerer und höherer Schul- und Berufsausbildung, die ihr Arbeitsleben bereits in einer gehobenen Position beginnen und nicht erst aus einfacheren Tätigkeiten aufsteigen müssen, kann die "mehrjährige Berufserfahrung" schon erheblich früher als erst nach zehn Jahren zugebilligt werden, frühestens nach drei Jahren praktischer Berufsausübung (Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Beschluss vom 3. August 1994, L 1 An 141/93 in Juris (Orientierungssatz)). Der im strittigen Zeitraum als Bauingenieur im Wesentlichen im Bereich Planung eingesetzte Kläger hatte indes keine wesentliche praktische (Berufs-)Erfahrung in diesem Bereich, so dass eine "mehrjährige Berufserfahrung" im Sinne der LGr 3 nicht vorlag.

Des gleichen vermag der Senat nicht festzustellen, dass für die Tätigkeit während der strittigen Zeit "besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten" erforderlich waren und vorlagen, die über das übliche Maß dessen, was bei der Fachschulausbildung des Klägers, die er "mit befriedigendem Erfolg" abschloss (Abschlusszeugnis), vermittelt wurde, hinausgingen. Die vor seiner Fachschulausbildung absolvierte Maurerlehre hat insofern auch keine weiteren spezifischen Kenntnisse vermittelt, die für die im strittigen Zeitraum ausgeübte Tätigkeit erforderlich waren, da der Kläger in dieser Zeit planerisch gearbeitet hat.

Dass der Kläger "Spezialtätigkeiten" im Sinne der LGr 3 verrichtet hat, vermag der Senat gleichfalls nicht festzustellen. Dabei muss es sich um eine selten anzutreffende Tätigkeit ohne traditionelles Berufsbild handeln (BSG Urteil vom 10. Juni 1980, 11 RA 70/79, in Juris), was beim Bauingenieur bzw. Architekten nicht der Fall ist.

Des weiteren hat der Kläger auch keine Tätigkeiten eines Meisters ausgeübt. Damit kommt auch eine Einstufung in LGr 3 nicht in Betracht.

Da die Beklagte den Kläger zu Recht in die LGr 4 für den strittigen Zeitraum eingestuft hat, hat sie es auch zu Recht abgelehnt, den Rentenbescheid vom 18. Februar 1994 zurückzunehmen.

Infolgedessen ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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