L 3 SB 2213/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 191/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2213/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02.Mai 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Die am 13.03.1947 geborene Klägerin beantragte erstmals mit einem am 02.10.2002 beim Versorgungsamt Ulm eingegangenen Schreiben die Feststellung des GdB. Unter Berücksichtigung vorgelegter und beigezogener Befunde lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.12.2002 den Antrag auf Feststellung eines GdB und die Ausstellung eines entsprechenden Ausweises ab. Auf den Widerspruch und unter Berücksichtigung einer gutachterlichen Stellungnahme von Dr. S. vom 09.01.2003 stellte der Beklagte mit Teilabhilfebescheid vom 13.01.2003 den GdB mit 20 seit dem 02.10.2002 fest. Der Entscheidung wurden "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen und psychovegetative Störungen" als Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde gelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2003 wies der Beklagte den darüber hinausgehenden Widerspruch zurück.

In der am 29.01.2003 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Ulm (SG) hat die Klägerin auf ein schweres Beinleiden rechts, auf eine Verkrümmung des Rückens, auf die operativ entfernte Galle, auf Herzprobleme und eine Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion hingewiesen. Außerdem sei im Jahre 2002 eine Nabelbruchoperation durchgeführt worden und sie leide an psychovegetativen Störungen, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie Nervenwurzelreizerscheinungen. Dies sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Das SG hat hierauf den behandelnden Orthopäden Dr. H. als sachverständigen Zeugen schriftlich angehört. In seinem Bericht hat er die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des Knies und der Brustwirbelsäule als leicht eingestuft und diese mit jeweils einem Teil-GdB von 10 bewertet. Auf Antrag der Klägerin hat das SG Dr. H. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die von ihm erhobenen degenerativen Veränderungen im Bereich der rechten Schulter und der Brustwirbelsäule mit Funktionsbeeinträchtigungen hat er im Gutachten vom 22.07.2003 jeweils mit einem GdB von 10, im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einem Teil-GdB von 20 angesetzt. Insgesamt hat er auf orthopädischem Fachgebiet einen GdB von 30 für angemessen erachtet.

Der daraufhin vom SG als sachverständiger Zeuge gehörte Facharzt für innere Medizin Dr. A. hat eine Hochdruck- und Herzerkrankung beschrieben und mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Unter Berücksichtigung von degenerativen Wirbelsäulenveränderungen (Teil-GdB 30) und einer Schilddrüsenveränderung (Teil-GdB 10) sei der GdB mit 50 einzuschätzen.

Unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wolf hat der Beklagte an seiner Bewertung des GdB festgehalten. Allenfalls sei eine Neubezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen vorzunehmen. Insoweit hat er "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen" mit einem Teil-GdB von 20, eine "Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes" mit einem Teil-GdB 10 und eine "Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes" ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10 für angemessen und ausreichend bewertet gehalten.

Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 02.05.2005 den Bescheid vom 11.12.2002 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 13.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2003 abgeändert und den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 40 verurteilt. In seiner Begründung hat sich das SG dem Gutachten des Dr. H. im Hinblick auf dessen Bewertung der Einzel-GdB-Werte angeschlossen. Insgesamt verbliebe es aber nach Überzeugung der Kammer auf orthopädischem Fachgebiet bei einem Gesamt-GdB von 20. Zusätzlich sei aber die Auskunft des Dr. A. zu berücksichtigen, wonach bei der Klägerin ein noch nicht berücksichtigtes Bluthochdruckleiden und eine koronare Herzerkrankung bestünden, die von diesem mit einem GdB von 30 eingeschätzt worden seien. Diese und die Feststellung eines GdB von 40 insgesamt halte die Kammer für vertretbar, weshalb der Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide hierzu zu verurteilen gewesen sei.

Gegen das dem Beklagten am 04.05.2005 zugestellte Urteil hat dieser am 01.06.2005 Berufung eingelegt.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass der von Dr. A. geäußerte Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit keinen GdB begründen könne. Mangels konkreter Befunde und Funktionsdaten seien die angegebenen GdB-Werte nicht nachvollziehbar. Weil auf internistischem Fachgebiet keine Funktionseinschränkungen feststellbar seien, verbleibe es insgesamt bei einem Gesamt-GdB von 20 für die orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen.

Der Senat hat Dr. I., Kliniken Landkreis Biberach, mit der Erstellung eines fachinternistischen Gutachtens beauftragt. Der gerichtliche Sachverständige kommt zusammen mit dem Assistenzarzt Dmitriscak im Gutachten vom 10.04.2006 zu dem Ergebnis, dass als Diagnosen eine arterielle Hypertonie, eine Adipositas, eine Hyperlipoproteinämie, ein Tietze-Syndrom (schmerzhafte Verdickung der Rippenknorpel am Sternalansatz, vgl. Stichwort bei Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Auflage), degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Verdacht auf Interkostalneuralgie, eine Gonarthrose sowie Omarthrose rechts und ein Verdacht auf eine Coxarthrose vorliegen. Der Verdacht auf das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit habe bei den durchgeführten Untersuchungen nicht erhärtet werden können. Das Tietze-Syndrom könne im Zusammenhang mit den bestehenden degenerativen Wirbelsäulenveränderungen die thorakalen Schmerzen verstärken, die Beschwerden im Zusammenhang mit den degenerativen Gelenkveränderungen könnten die arterielle Hypertonie verschlechtern. Die arterielle Hypertonie habe zusammen mit den anderen kardiovasculären Risikofaktoren wie Adipositas und Hyperlipoproteinämie sowie den degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates allenfalls einen mittleren Schweregrad der Behinderung. Nach dem Schwerbehindertenrecht sei von einem Grad der Behinderung von 10 auszugehen. Unter Berücksichtigung der anderweitig angenommenen Ansätze sei der Grad der Behinderung insgesamt mit 40 anzunehmen.

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. E., Heidenheim, nach § 109 SGG als Sachverständigen gehört. Er beschreibt in seinem Gutachten vom 10.02.2007 degenerative Wirbelsäulenbeschwerden als mittelschwer, die Hypertonie als leicht, die funktionellen Oberbauchbeschwerden als leicht und eine geringe Struma bei Zustand nach Immunthyreoiditis ebenfalls als leicht. Die orthopädischen Erkrankungen bedingten einen GdB von 30, die allgemeininternistischen Erkrankungen einen Teil-GdB von 10. Insgesamt hat auch er einen GdB von 40 für gerechtfertigt gehalten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 02. Mai 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Akten des Beklagten und des SG sowie die Senatsakten haben vorgelegen. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das SG den Beklagten verurteilt, den GdB mit 40 festzustellen. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.12.2002 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 13.01.2003 und des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2003 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher auch nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB.

Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer Behinderung fest. Behindert sind Menschen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX dann, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Als schwerbehindert anzuerkennen ist, wer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 erfüllt und seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX hat.

Der Senat wendet zur Beurteilung des Grades der Behinderung im Einzelfall die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP), derzeit in der Ausgabe 2008, an. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich bei den AHP um antizipierte Sachverständigengutachten (vgl. Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R in SozR 4-3250 § 69 Nr 2), deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur so gewährleistet werden kann und weil es sich um ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung des GdB handelt. Den AHP kommt insoweit normähnliche Wirkung zu (vgl. BSG a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Feststellung eines GdB von mehr als 20 nicht gerechtfertigt. Die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ist im Wesentlichen durch orthopädische Einschränkungen beeinträchtigt. Dem Gutachten des Orthopäden Dr. H. folgend ist aufgrund der mitgeteilten Befunde vonseiten der Lendenwirbelsäule (Ischiolumbalgie bei rechtskonvexer thorakolumbaler Torsionsskoliose mit Spondylose und Olisthesis L5/S1 [Meyerding I] und Osteochondrose L4/L5, L5/S1) bei belastungsabhängigen Beschwerden von allenfalls mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt auszugehen, die nach den AHP (26.18, S. 116) keinen höheren GdB als 20 rechtfertigen. Wie auch Dr. E. in seinem nach § 109 SGG auf Antrag der Klägerin erhobenen Gutachten bestätigt, liegen im Bereich der Wirbelsäule nur mäßige Schmerzen ohne Nervenlähmungen oder Sensibilitätsstörungen vor. Deshalb rechtfertigen auch die von Dr. H. beschriebenen degenerativen Veränderungen an der Brustwirbelsäule keine Erhöhung des GdB für die Wirbelsäule insgesamt. Denn nach den Vorgaben der AHP müssten hierfür wenigstens mittelgradige Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, die hier weder vom Befund her noch aufgrund der Beurteilung der gehörten Sachverständigen vorliegen. Einer Schmerzmitteleinnahme oder der Verordnung physikalischer Anwendungen hat es im Jahr 2006 nach den Angaben von Dr. E. im Übrigen nicht bedurft. Dies steht ebenfalls der Annahme und dem Vorliegen gravierenderer Einschränkungen vonseiten der Wirbelsäule entgegen. Der - fachfremden - Einschätzung von Dr. A. in dessen sachverständiger Zeugenaussage mit einem Teil-GdB von 30 kann deshalb ebenfalls nicht gefolgt werden.

Mit Dr. H. und der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Wolf vom 21.08.2003 sind die Funktionseinschränkungen des rechten Schultergelenkes nur unter zusätzlicher Berücksichtigung des geschilderten Bewegungsschmerzes bei sonst weitgehend unbeeinträchtigter Beweglichkeit mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Denn nach den Vorgaben der AHP (26.18, Seite 119) wird ein Teil-GdB von 10 erst bei einer Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes erreicht, wenn der Arm nur um 120 Grad angehoben werden kann und eine entsprechende Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit vorliegt. Im Rahmen der Begutachtung bei Dr. H. wurden deutlich bessere Bewegungsmaße erhoben (Anheben des Armes vorwärts z.B. bis 170 Grad).

Allenfalls ein Teil-GdB von 10 kann auch für die beschriebene Einschränkung der Beugefähigkeit des rechten Kniegelenkes im Seitenvergleich um 20 Grad angenommen werden. Die AHP (26.18 S. 126) sehen einen GdB von 0-10 bei einer einseitigen Bewegungseinschränkung geringen Grades vor, die im Beispiel mit Streckung/Beugung bis 0-0-90 beschrieben wird, statt der hier gemessenen Beweglichkeit des Kniegelenkes mit 0-0-120.

Auf internistischem Fachgebiet beschreibt Dr. E. eine arterielle Hypertonie ohne Folgeschäden, die weder blutdrucksenkende noch andere Herzmedikamente erforderlich macht. Hierfür ist der von ihm in Ansatz gebrachte GdB von 10 nicht zu rechtfertigen. Denn insoweit sind nennenswerte Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat Dr. E. berichtet, dass ihm ebenfalls keine richtungsweisenden Befunde für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit vorlägen. Seine Einlassungen stehen damit in Übereinstimmung mit dem vom Senat erhobenen fachinternistischen Gutachten von Dr. I ... Nach den dort durchgeführten umfangreichen Untersuchungen konnte der Verdacht auf das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung ebenfalls nicht bestätigt werden. Die von der Klägerin berichteten Beschwerden über intermittierendes Herzstechen sowohl in Ruhe als auch bei Belastung können nach den Ausführungen des gehörten Sachverständigen unter Berücksichtigung der durchgeführten Untersuchungen bei fehlendem Hinweis auf eine Herzerkrankung durch die infolge eines Autounfalls vorhandenen Druckdolenzen über den Sternoclaviculargelenken links mehr als rechts sowie entlang der Rippen beidseits und der Sternocostalgelenke (sog. Tietze-Syndrom) erklärt werden. Nach den Ausführungen des Sachverständigen könnten diese Beschwerden durch die Wirbelsäulenveränderungen sicherlich noch verstärkt werden. Sie sind damit aber bereits im Bereich der Einschränkungen durch die Wirbelsäulenveränderungen ausreichend bei der Bewertung des GdB berücksichtigt und führen ihrerseits nicht zu einer weitergehenden Funktionsbeeinträchtigung. Unter Berücksichtigung des schlüssigen und überzeugenden Gutachtens von Dr. I. kann auch den Einlassungen des vom SG gehörten sachverständigen Zeugen Dr. A. nicht gefolgt werden. Der von ihm angegebene Teil-GdB von 30 für eine Bluthochdruck- und Herzerkrankung ist aufgrund der fehlenden objektiven Befunde nicht zu rechtfertigen. Auch die Bewertung der von ihm beschriebenen leichten Schilddrüsenveränderung mit einem Teil-GdB von 10 vermag nicht zu überzeugen. Schilddrüsenfunktionsstörungen sind in der Regel gut behandelbar, sodass eine anhaltende Beeinträchtigung nicht zu erwarten ist (vgl. AHP 26.15, S. 100). Selten auftretende Organkomplikationen, die insoweit gesondert zu beurteilen wären, hat der sachverständige Zeuge dabei nicht mitgeteilt und sind auch von den Sachverständigen nicht beschrieben worden. Der von ihm beschriebenen Fettleber ohne klinische Symptomatik sowie der Gallenblasenentfernung hat er zu Recht keine eigenständige Einschränkung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beigemessen.

Zu Recht hat der Beklagte die ursprünglich von ihm bei der Bezeichnung der Einschränkungen berücksichtigten psychovegetativen Störungen nicht mehr aufgeführt und bewertet, weil für sie als eigenständige Erkrankung und Einschränkung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft kein Anhalt in der Akte besteht. Ein entsprechender Befund liegt in der Akte insoweit nicht vor und eine (fach-)ärztliche Behandlung wird von der Klägerin weder behauptet, noch ist eine solche ersichtlich.

Aus diesen Teil-GdB-Werten ist insgesamt ein GdB von 20 zu bilden. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist dann, wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegen, der GdB nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Eine Addition der einzelnen Grade sowie eine andere Rechenmethode zur Bildung des Gesamt-GdB sind dabei unzulässig; vielmehr ist zunächst von der schwersten Funktionsbeeinträchtigung auszugehen und unter Beachtung der weiteren Beeinträchtigungen eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, in aller Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte (vgl. AHP Nr. 19 (4) S. 26). Ausgehend von der Funktionsbeeinträchtigung, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, also hier den Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule mit einem Teil-GdB von 20, ist die Erhöhung dieses GdB nicht gerechtfertigt, weil insoweit nur noch leichtere Einschränkungen vorliegen, die allesamt mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten sind und deshalb nicht geeignet sind, diesen GdB weiter zu erhöhen. Ein Ausnahmefall, wie ihn die AHP (a.a.O.) beschrieben haben, der geeignet wäre, den Gesamt-GdB trotz einer nur zusätzlich leichten Einschränkung anzuheben, liegt nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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