Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 815/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 723/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts M. vom 10.08.1999 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung der Klägerin von der Erstattungspflicht nach dem (damaligen) § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die Jahre 1997 bis 1999.
In den Jahren 1996 ist die Klägerin von der Beklagten von der Erstattungspflicht nach § 128 AFG befreit worden. Hierbei wurde zugrunde gelegt, dass durch die Erstattung die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären (§ 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG in der damals geltenden Fassung). Im Februar 1995 wurde die Dienstanweisung der Beklagten zur Durchführung des § 128 AFG dahingehend neu gefasst, dass der genannte Befreiungstatbestand nur im Zusammenhang mit dem Wegfall der Erstattungspflicht wegen Existenzgefährdung (Alternative 1 der genannten Rechtsnorm) gesehen werden könne und somit für konkursunfähige (jetzt insolvenzunfähige) öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nicht anwendbar sei. Die Beklagte hob daraufhin den für die Jahre 1994 bis 1996 ergangenen Befreiungsbescheid vom 21.7.1994 durch Bescheid vom 6.3.1995/Widerspruchsbescheid vom 28.4.1995 mit Ablauf des 31.3.1995 auf. Diesen Bescheid hob das Sozialgericht M. (SG) auf die von der Klägerin erhobene Klage mit Urteil vom 20.6.1997 (S 7 AL 1157/95) mit der Begründung auf, die Alternative 2 der genannten Rechtsnorm sei auch auf kommunale Gebietskörperschaften anwendbar und die entsprechenden Befreiungsvoraussetzungen seien im Falle der Klägerin auch gegeben. Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung (L 12 AL 4485/97) wurde am 27.5.1998 zurückgenommen.
In einem Vertrag vom 16.7.1998 bzw. 8.9.1998 verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der Klägerin, für die Jahre ab 1997 unverzüglich einen Bescheid über die Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG zu erteilen. Zugleich wurde vereinbart, dass die entsprechenden (Erstattungs-) Bescheide bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befreiungsverfahrens nicht vollzogen werden.
Mit Antrag vom 15.10.1998 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Erstattungspflicht für die Jahre 1997 bis 1999 und legte dazu eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 vor. Darin führte die Rechtsaufsichtsbehörde der Klägerin aus, § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG sei auch für kommunale Gebietskörperschaften gültig. Im Falle der Klägerin liege eine außerordentliche Verschuldung vor, die über dem Durchschnitt der Stadtkreise im Land Baden-Württemberg liege. Bei der Klägerin sei die Durchschnittslaufzeit aller Kredite erheblich länger als bei anderen Stadtkreisen und übersteige möglicherweise die durchschnittliche Lebensdauer des Anlagevermögens. Bei einer kürzeren durchschnittlichen Kreditlaufzeit wäre das jährliche ordentliche Tilgungsvolumen höher und damit der ohnehin notwendige Rückgriff auf das Aktivvermögen zur Finanzierung der Tilgungen noch größer. Die Klägerin müsse jede Möglichkeit nutzen, um den Überschuss der laufenden Rechnung und die Tilgungsverpflichtungen mittelfristig in Übereinstimmung zu bringen. Da die Klägerin den disponiblen Teil der Einnahmenseite ihres Haushalts ausgereizt habe, bleibe ihr nur, die Aufgaben und damit die Ausgaben zu reduzieren. Das führe zwangsläufig auch zu einem Abbau von Arbeitsplätzen, der alleine über die natürliche Fluktuation nicht realisiert werden könne. Die Klägerin müsse deshalb auch zu den Mitteln des Vorruhestandes greifen, wolle sie nicht in größerem Umfang auch betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Jedes Entgegenkommen, auch der Verzicht auf die Erstattung des gezahlten Arbeitslosengeldes, bringe die Klägerin ihren Zielen näher und ermögliche die Weiterbeschäftigung von Bediensteten. Das mit dem Vorruhestand angestrebte Ziel, die restlichen Arbeitsplätze sicherer zu machen, würde für den Fall des Beharrens auf der Erstattungsforderung zunichte gemacht werden.
Durch Bescheid vom 30.10.1998 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag der Klägerin ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 25.3.1999 beim SG Klage erhoben. Sie hat auf ihre nach wie vor äußerst ungünstige finanzielle Situation hingewiesen. Weil in der Zeit vom 1.1.1997 bis 31.3.1999 schon 180 Arbeitnehmer von dem Angebot der Vorruhestandsregelung Gebrauch gemacht hätten, handele es sich bei der im Raum stehenden Erstattungsforderung um einen ganz erheblichen Betrag, der, müsste er bei den entsprechenden Personalausgaben zusätzlich eingespart werden, die verbliebenen Arbeitsplätze erheblich gefährden würde. Die Beklagte hat wie schon im Verwaltungsverfahren auf ihrer Rechtsansicht beharrt, der Fortbestand einer Kommune könne durch die Erstattungspflicht nach § 128 AFG nicht gefährdet werden, somit komme auch eine Befreiung nach § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG nicht in Betracht.
Durch Urteil vom 17.8.1999 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 30.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 die Beklagte verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 1997 bis 1999 von der Erstattungspflicht gem. § 128 AFG zu befreien. Zunächst es sei unerheblich, dass für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts zum 1.1.1998 das SGB III in Kraft getreten sei. § 431 SGB III sehe nämlich vor, dass § 242x AFG auf die dort genannten Fälle weiterhin anzuwenden sei und dort (in Abs. 6) vorgesehen sei, dass § 128 AFG weiterhin anwendbar sei. Dies gelte für alle Personen, die vor dem 1.4.1997 durchgehend für 360 Tage beschäftigt gewesen und vor dem 7.4.1999 arbeitslos geworden seien. Im übrigen sei durch Gesetz vom 24.3.1999 mit Wirkung ab dem 1.4.1999 der zunächst nicht im SGB III enthaltene Erstattungstatbestand als § 147a SGB III wieder aufgenommen worden.
Der Gesetzeswortlaut und die Gesetzessystematik böten keinen Anhaltspunkt dafür, kommunale Gebietskörperschaften von der Anwendbarkeit des § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG auszunehmen. Hinsichtlich der ersten Alternative des Befreiungstatbestandes (Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens) sei der Beklagten zuzugestehen, dass dies im Falle gesetzlicher Körperschaften nicht eintreten könne. Anders bei der zweiten Alternative: hier könne eine unzumutbare Belastung dadurch, dass nach Durchführung des Personalabbaus die Erstattungspflicht verbleibende Arbeitsplätze gefährde, auch bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften eintreten (wird im folgenden ausgeführt). Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes seien vorliegend erfüllt. Der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, nämlich des Regierungspräsidiums K., sei nachvollziehbar und schlüssig zu entnehmen, dass der Schuldenstand der Klägerin ein überdurchschnittlich großes Ausmaß erreicht habe. Die Klägerin befinde sich in einer für die Stadtkreise des Landes untypische finanzwirtschaftlichen Zwangslage. Da sie keine nennenswerten Möglichkeiten mehr habe, die Einnahmenseite des Haushaltes zu verbessern, sei sie gezwungen, zur Verringerung der Verschuldung die Ausgaben zu reduzieren. Dies führe zwangsläufig zugleich auch dazu, dass Aufgaben so weit als möglich abgegeben werden müssten. Es sei offensichtlich, dass hierdurch auch ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen erforderlich werde. Die in diesem Zusammenhang bei der Klägerin praktizierte Vorruhestandsregelung habe zugleich das Ziel, die verbleibenden Arbeitsplätze abzusichern. Deshalb sei es nachvollziehbar, dass das Beharren auf der Erstattungspflicht den ohnehin schon angespannten Personalhaushalt der Klägerin zusätzlich belasten würde. Da die Klägerin die Mittel für etwaige Erstattungsforderungen aus ihrem Personalhaushalt aufbringen müsse, der keinerlei finanziellen Spielraum mehr enthalte, sei es evident, dass bei Fortbestand der Erstattungsforderungen zwangsläufig ein weiterer und zusätzlicher Personalabbau erforderlich würde.
Gegen dieses am 25.8.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.9.1999 Berufung eingelegt (L 12 AL 3702/99). In diesem Verfahren hat die Klägerin ihre Personalausgaben für 1997 mit 384,5 Millionen DM, für 1998 mit 383, 4 Millionen DM und für 1999 mit 369,0 Millionen DM beziffert. Die Beklagte hat auf Anfrage mitgeteilt, eine genaue Zahl der Fälle die im Raum stehende Erstattungsforderung könne nicht errechnet werden. Überschlägig sei von etwa 120 Fällen auszugehen, aus Erfahrungswerten sei von einer durchschnittliche Erstattungsdauer von 16 Monaten und einem durchschnittlichern monatlichen Erstattungsbetrag von 3200 DM auszugehen, so dass sich die geschätzte Erstattungsforderung auf ca. 6,15 Millionen DM belaufe. Im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren B 11 AL 40/01 R ist das Verfahren auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 27.9.2001 zum Ruhen gebracht worden.
Am 10.2.2006 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen, nachdem das BSG durch Urteil vom 21.11.2002 in der genannten Sache entschieden hat. Die Beklagte hat die Berufung weiter begründet: nach dem genannten Urteil des BSG schließe ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, Erstattungsansprüche gegenüber einer Kommune nicht aus. Die Tatsache eines Haushaltsdefizits allein reiche nicht aus, um nachzuweisen, dass eine Erstattungsforderung nach § 128 AFG weitere Arbeitsplätze bei der Kommune gefährde. Die Gefährdung weiterer Arbeitsplätze müsse auch wesentlich sein. Ob der Schwellenwert des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG überschritten worden sei, sei bisher nicht belegt. Die Klägerin habe bislang nicht dargelegt, dass sie wegen der Erstattungsforderung mehr Arbeitnehmer als vorgesehen entlassen müsse, um ein Einsparziel im Personalbereich zu erreichen. Die Personalverminderung beziehe sich dabei auf alle insgesamt bei der Kommune Beschäftigten, einschließlich der Beamten und auch bei den Eigenbetrieben. Die Klägerin sei damit insgesamt ihrer Darlegungs- und Nachweispflicht nicht nachgekommen, so dass eine Befreiung nicht ausgesprochen werden könne.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts M. 10.8.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Beifügung entsprechender Tabellen und Schaubilder vor, ihre finanzielle Situation sei auch heute noch nicht konsolidiert. Die in der Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 geschilderte Situation, insbesondere die eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit, bestehe nach wie vor. Die im Raum stehende Erstattungsforderung würde für die Klägerin auch weiterhin eine unzumutbare Belastung darstellen. Steigenden Ausgabenbelastungen, insbesondere durch die strukturelle besonders hohen sozialen Leistungen, stünden immer weniger Einnahmen gegenüber. Der Anteil der fremdfinanzierten Ausgaben sei ständig gestiegen, der Schuldenstand schränke den finanziellen Spielraum immer mehr ein. Bei den Personalausgaben seien bereits in den zurückliegenden Jahren personalwirtschaftliche Maßnahmen zur Begrenzung der Personalkosten ergriffen worden. Im Haushaltsjahr 2004 seien die Maßnahmen intensiviert worden, sodass erstmals im Haushaltsjahr 2005 sinkende Personalausgaben zu verzeichnen gewesen seien. Sofern im Rahmen des Vorruhestandes Erstattungen nach § 128 AFG gefordert würden, müssten die jeweiligen Beträge bei den Personalausgaben zusätzlich eingespart werden. Dies würde bedeuten, dass Arbeitsplätze gefährdet werden. Auf Grund der sehr dünnen Personaldecke würde dies einen Aufgabenabbau nach sich ziehen. Da allerdings im Rahmen der Haushaltskonsolidierung die freiwilligen Aufgaben bereits größtenteils abgebaut worden seien, müssten mit weniger Bediensteten Pflichtaufgaben erfüllt werden, deren ordnungsgemäße Durchführung, z. B. Feuerwehr bzw. Kindergartenanspruch, in Frage gestellt würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der genannten Vorakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. § 151 Abs. 1 SGG form und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen.
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts M. vom 10.8.1999 ist rechtswidrig und verletzt die Beklagte in ihren Rechten. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 2.3.1999 ist abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 AFG für die Jahre 1997 bis 1999.
Rechtsgrundlage der Heranziehung der Klägerin zur Erstattung ist § 128 AFG (Fassung durch Gesetz zur Änderung von Fördervoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18.12.1992 [BGBI. I S. 2044]; zum Übergangsrecht vgl. § 242x Abs. 6 AFG, § 431 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch [beide in der Fassung des Arbeitsförderungs Reformgesetzes vom 24.3.1997 BGBl. I S. 594 ]). Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auf Alg (§ 104 Abs. 2 AFG) mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt für Arbeit vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage.
Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn (u. a.) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt zwei Jahre beschäftigt war, um mehr als drei vom Hundert innerhalb eines Jahres vermindert und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmern der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, nicht höher ist als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraumes entspricht (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG) oder der Arbeitnehmer im Rahmen eines kurzfristigen drastischen Personalabbaus von mindestens 20 vom Hundert aus dem Betrieb, in dem er zuletzt zwei Jahre beschäftigt war, ausgeschieden ist und dieser Personalabbau für den örtlichen Arbeitsmarkt von erheblicher Bedeutung ist (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AFG).
Die Erstattungspflicht entfällt, wenn (u. a.) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich (§ 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG).
Verfahrensrechtlich beruht der angefochtene (negative) Befreiungsbescheid auf § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG. Danach entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsamt im voraus, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 6 oder 7 erfüllt sind. Diese Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung sind durch den Gesetzgeber ab 1.1.1993 neu und zwar enger gefasst worden. Nach § 128 Abs. 5 AFG in der bis zum 30.6.1991 geltenden Fassung entschied das Arbeitsamt auf Antrag des Arbeitgebers im voraus, dass die Erstattungspflicht für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht eintritt, die innerhalb von 24 Monaten nach der Antragstellung erfolgt, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 4, 5 oder 6 im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
Die Klägerin hat nicht dargelegt und nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine positive Vorabentscheidung über die Erstattungspflicht für die Jahre 1997 bis 1999 vorgelegen haben. "Darlegen und nachweisen" bedeutet insoweit, dass der Beteiligte, hier die Klägerin, an der Aufklärung des Sachverhalts verstärkt mitwirken muss und (im Falle der Nichterweislichkeit) die Nachteile der Nichterweislichkeit der Tatsachen, für die ihm die Nachweispflicht obliegt, zu tragen hat (BSG SozR 3 - 4100 § 128 Nr. 8).
Den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AFG hat die Klägerin nicht geltendgemacht, weil dessen Voraussetzungen offenkundig nicht vorliegen. Die Klägerin hat sich auch nicht auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG berufen. Sie hat sich dies zwar im Verwaltungsverfahren im Jahr 1998 "vorbehalten", jedoch dazu nichts weiter dargelegt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zeigt auch, dass die Voraussetzungen dieses Befreiungstatbestandes nicht vorgelegen haben. Zwar ging die Zahl der Beschäftigten bei der Klägerin im Jahr 1997 von 5750 auf 5469 zurück, die Reduzierung betrug damit 4,89%, im Jahr 1998 stieg die Zahl der Beschäftigten dagegen sogar an auf 5482, im Jahr 1999 erfolgte dagegen eine Reduzierung um 3,72% auf 5278 Beschäftigte. Im Durchschnitt der Jahre 1997 bis 1999 betrug damit der Personalrückgang jährlich 2,74 %. Dies ist weniger als der vom Gesetz geforderte jährliche Personalabbau von mehr als 3%. Hinzu kommt, dass bei der von der Klägerin vorgelegten Statistik über die Entwicklung der gesamten Beschäftigtenzahl nicht die Beschäftigten in den Eigenbetrieben berücksichtigt sind (siehe dazu unten). Es liegt auch auf der Hand, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht dargelegt werden können, weil die Klägerin erklärtermaßen über ein Vorruhestandsprogramm Personal abbauen wollte und abgebaut hat.
Die Klägerin hat auch nicht die Voraussetzungen des Entfallenstatbestandes des § 128 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 AFG dargelegt und nachgewiesen. Die Voraussetzungen dieses Ausschließungsgrundes sind durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes insbesondere in den Urteilen vom 21.11.2002 (SozR 3-4100 § 128 Nr. 16 und - B 11 AL 40/01 R - ) und dem Urteil vom 10.2.2004 (- B 7 AL 98/02 R -, veröffentlicht in Juris) näher ausgeformt worden, liegen hier jedoch nicht vor. Eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch die Erstattungsforderungen wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung ist weder dargelegt noch nachgewiesen.
Eine Gefährdung durch die Erstattungsforderung liegt insbesondere dann nahe, wenn eine Kommune langandauernde Haushaltsdefizite aufweist und diesen mit Personaleinsparungen begegnet, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert hat (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung, ob durch die Erstattungsforderung Arbeitsplätze gefährdet werden, ist der Zeitpunkt, in dem die Erstattungsforderung zu erheben ist (BSGE 87, 132, 141 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 10 und BSG, Urteil vom 21. 11.2002).
Die Personalverminderung bezieht sich auf die bei der Kommune insgesamt Beschäftigten. Dabei ist auf alle Beschäftigten - einschließlich der Beamten - abzustellen. Da langjährige Angestellte und Arbeiter einen beamtenstatusähnlichen Kündigungsschutz genießen, ist es angemessen, die Beamten bei der Feststellung einer dem Umfang nach wesentlichen Gefahr für den verbleibenden Personalbestand einzubeziehen. Soweit Beschäftigte im Haushalt nicht mehr als solche ausgewiesen werden, sondern etwa in haushaltstechnisch ausgegliederten Bereichen geführt werden, ist dies keine Personalverminderung (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit durch wirkliche Personaleinsparungen - nicht etwa durch Verlagerung von Personal in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche - begegnet und dass über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen Personaleinsparungen - bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Erstattungsbeträge zu erheben sind - in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang geplant sind. Nicht jede noch so geringfügige Stellenreduktion kann insoweit als "wesentlich" angesehen werden (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.).
Weiter setzt eine nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG zu berücksichtigende Gefährdung voraus, dass die Erstattungsforderungen der Bundesagentur für Arbeit im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten nicht unwesentlich sind (BSG, Urteile vom 21. 11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Hierfür ist der Nachweis erforderlich, dass die Erstattungsforderungen der Beklagten im Verhältnis zu den durch die Personalverminderung eingesparten Kosten - und nicht etwa im Verhältnis zum Gesamtumfang der Personalausgaben oder im Verhältnis zum Gesamthaushalt der Stadt - nicht unwesentlich sind. Das heißt konkret, dass bezogen auf die Prognosestichtage darzulegen ist, welche Personaleinsparungen geplant waren bzw. durchgeführt wurden (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.). Eine nachträgliche Prognose darf spätere Entwicklungen bestätigend oder bekräftigend berücksichtigen. Sodann ist darzulegen, in welchem Verhältnis die Erstattungsforderungen der Beklagten im maßgeblichen Prognosezeitraum zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten stehen. Machen die Erstattungsforderungen einen hohen Prozentsatz der Einsparungen aus, so kann dieser Quotient zugleich als Indiz für die Kausalität der Erstattungsforderungen für den Personalabbau dienen (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.).
Der 11. Senat des BSG hat in seinen Urteilen vom 21.11.2002 noch keine konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben, ab welcher Größenordnung der prognostizierten Personaleinsparung und ab welchem Verhältnis der Erstattungsforderungen zu den Personaleinsparungen der Tatbestand der Unzumutbarkeit i.S. des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG vorliegt. Der 7. Senat des BSG hält die 3 %-Grenze des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG insoweit für eine Größe, die eine Wesentlichkeit des Personalabbaus indiziert. Jedenfalls soweit der dort genannte Schwellenwert von 3 v.H. überschritten ist, ist danach einer Kommune im Regelfall der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus gelungen (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.).
Nach diesem Maßstab sind die Voraussetzungen des Ausschließungsgrundes des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG hier von der Klägerin nicht dargetan und nachgewiesen. Die Klägerin hat zwar dargelegt, dass sie in den Jahren 1997 bis 1999 wie auch in den Jahren davor und danach hoch verschuldet und defizitär gewesen ist und damit im Sinne der obigen Vorgaben ein langandauerndes, bereits vor 1997 bestehendes Defizit aufgewiesen hat. Die Klägerin hat deswegen u.a. Stellenstreichungen vorgenommen. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitraum jedoch im Hinblick auf die im Raum stehenden Erstattungsforderungen keinen zusätzlichen Stellenbau in wesentlichem Umfang geplant und durchgeführt.
Die Klägerin ist zwar schon in der Vergangenheit dem Haushaltsdefizit auch durch Personalreduzierungen begegnet. Einen wesentlichen weiteren Stellenabbau hat sie aber aufgrund der ab 1997 zu erwartenden Erstattungsforderungen weder vorgesehen noch vorgenommen. Dies war auch nicht anzunehmen, denn zum einen war die Klägerin bis 1996 von der Erstattungspflicht befreit, für die Jahre 1997 bis 1999 wurden Erstattungsforderungen entsprechend der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung nicht geltendgemacht.
Betrachtet man jedoch die zum jeweiligen Haushaltsplan vorgesehenen und auch durchgeführten Streichungen, kommt man zum jeweiligen Stichtag schon nicht zu der Prognose, dass im Folgejahr mit einem wesentlichen Stellenabbau hätte gerechnet werden müssen. Es fehlt an einer Grundlage für die Annahme, dass die zum Prognosezeitpunkt zu erhebenden Erstattungsforderungen im folgenden Jahreszeitraum (vgl. § 128 Abs. 2 Nr. 6 AFG) zu Personaleinsparungen in einem wesentlich größeren Umfang geführt hätten, selbst dann, wenn man annehmen wollte, dass der Stellenabbau insgesamt im Zusammenhang mit den Erstattungsforderungen stünde. Denn selbst der vollzogene Stellenabbau in den Jahren 1997 bis 1999 erreicht die jeweilige 3 %-Grenze nicht (siehe oben). Dabei sind entgegen der Ansicht der Klägerin die in ihren Eigenbetrieben Beschäftigten nicht außer Betracht zu lassen. Eigenbetriebe haben keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern stellen ein ausgegliedertes Sondervermögen dar und sind organisatorisch und finanzwirtschaftlich aus der jeweiligen Gemeindeverwaltung ausgegliedert. Die Handlungen des jeweiligen Eigenbetriebes werden aber der Gemeinde zugerechnet. Die Beschäftigten des Eigenbetriebs gehören zur Gesamtzahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gebietskörperschaft, der der Eigenbetrieb angehört. Die Klägerin ist damit Dienstherr und Arbeitgeber auch der in ihren Eigenbetrieben Beschäftigten. Dementsprechend sind bei der hier vorzunehmenden Beurteilung des Stellenabbaus die Anzahl der Beschäftigten in Eigenbetrieben und die Anzahl der in Eigenbetrieben abgebauten Stellen mit einzubeziehen. Darauf, ob die Stellen des jeweiligen Eigenbetriebs im Haushaltsplan unmittelbar ausgewiesen werden, kommt es nicht an.
Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die, obwohl die 3 %-Grenze deutlich verfehlt wird, es rechtfertigen könnten, einen wesentlichen Stellenabbau anzunehmen. Die Klägerin hat insbesondere neben dem Abbau von Stellen auch nicht konsequent auf Neubesetzungen von Stellen oder die Schaffung neuer Stellen verzichtet, was im Hinblick auf die 3 %-Grenze eine Ausnahme rechtfertigen könnte. So ist im Jahr 1997 zwar das Stammpersonal von 4646 auf 4599 Stellen abgebaut worden, gleichzeitig hat jedoch die Zahl der ABM-Beschäftigten von 102 auf 159 und die Zahl der Aushilfskräfte/Saisonkräfte von 177 auf 200 zugenommen. Dies mag gute Gründe haben und haushaltstechnisch sinnvoll oder gar geboten sein, zeigt jedoch, dass eine Gefährdung weiterer Arbeitsplätze durch Erstattungsforderungen nicht zu belegen ist.
Es kann nach alledem offen bleiben, inwieweit die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG generell materielle Voraussetzung für das Vorliegen des Befreiungstatbestands ist und ob die vorgelegte Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 als inhaltlich geeignet und ausreichend angesehen werden könnte oder ob die Vorlage einer Stellungnahme etwa der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erforderlich gewesen wäre.
Auf die Berufung der Beklagten war jedenfalls das angefochtene Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da das Verfahren noch vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung der Klägerin von der Erstattungspflicht nach dem (damaligen) § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die Jahre 1997 bis 1999.
In den Jahren 1996 ist die Klägerin von der Beklagten von der Erstattungspflicht nach § 128 AFG befreit worden. Hierbei wurde zugrunde gelegt, dass durch die Erstattung die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären (§ 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG in der damals geltenden Fassung). Im Februar 1995 wurde die Dienstanweisung der Beklagten zur Durchführung des § 128 AFG dahingehend neu gefasst, dass der genannte Befreiungstatbestand nur im Zusammenhang mit dem Wegfall der Erstattungspflicht wegen Existenzgefährdung (Alternative 1 der genannten Rechtsnorm) gesehen werden könne und somit für konkursunfähige (jetzt insolvenzunfähige) öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nicht anwendbar sei. Die Beklagte hob daraufhin den für die Jahre 1994 bis 1996 ergangenen Befreiungsbescheid vom 21.7.1994 durch Bescheid vom 6.3.1995/Widerspruchsbescheid vom 28.4.1995 mit Ablauf des 31.3.1995 auf. Diesen Bescheid hob das Sozialgericht M. (SG) auf die von der Klägerin erhobene Klage mit Urteil vom 20.6.1997 (S 7 AL 1157/95) mit der Begründung auf, die Alternative 2 der genannten Rechtsnorm sei auch auf kommunale Gebietskörperschaften anwendbar und die entsprechenden Befreiungsvoraussetzungen seien im Falle der Klägerin auch gegeben. Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung (L 12 AL 4485/97) wurde am 27.5.1998 zurückgenommen.
In einem Vertrag vom 16.7.1998 bzw. 8.9.1998 verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der Klägerin, für die Jahre ab 1997 unverzüglich einen Bescheid über die Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG zu erteilen. Zugleich wurde vereinbart, dass die entsprechenden (Erstattungs-) Bescheide bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befreiungsverfahrens nicht vollzogen werden.
Mit Antrag vom 15.10.1998 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Erstattungspflicht für die Jahre 1997 bis 1999 und legte dazu eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 vor. Darin führte die Rechtsaufsichtsbehörde der Klägerin aus, § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG sei auch für kommunale Gebietskörperschaften gültig. Im Falle der Klägerin liege eine außerordentliche Verschuldung vor, die über dem Durchschnitt der Stadtkreise im Land Baden-Württemberg liege. Bei der Klägerin sei die Durchschnittslaufzeit aller Kredite erheblich länger als bei anderen Stadtkreisen und übersteige möglicherweise die durchschnittliche Lebensdauer des Anlagevermögens. Bei einer kürzeren durchschnittlichen Kreditlaufzeit wäre das jährliche ordentliche Tilgungsvolumen höher und damit der ohnehin notwendige Rückgriff auf das Aktivvermögen zur Finanzierung der Tilgungen noch größer. Die Klägerin müsse jede Möglichkeit nutzen, um den Überschuss der laufenden Rechnung und die Tilgungsverpflichtungen mittelfristig in Übereinstimmung zu bringen. Da die Klägerin den disponiblen Teil der Einnahmenseite ihres Haushalts ausgereizt habe, bleibe ihr nur, die Aufgaben und damit die Ausgaben zu reduzieren. Das führe zwangsläufig auch zu einem Abbau von Arbeitsplätzen, der alleine über die natürliche Fluktuation nicht realisiert werden könne. Die Klägerin müsse deshalb auch zu den Mitteln des Vorruhestandes greifen, wolle sie nicht in größerem Umfang auch betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Jedes Entgegenkommen, auch der Verzicht auf die Erstattung des gezahlten Arbeitslosengeldes, bringe die Klägerin ihren Zielen näher und ermögliche die Weiterbeschäftigung von Bediensteten. Das mit dem Vorruhestand angestrebte Ziel, die restlichen Arbeitsplätze sicherer zu machen, würde für den Fall des Beharrens auf der Erstattungsforderung zunichte gemacht werden.
Durch Bescheid vom 30.10.1998 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag der Klägerin ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.1999 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 25.3.1999 beim SG Klage erhoben. Sie hat auf ihre nach wie vor äußerst ungünstige finanzielle Situation hingewiesen. Weil in der Zeit vom 1.1.1997 bis 31.3.1999 schon 180 Arbeitnehmer von dem Angebot der Vorruhestandsregelung Gebrauch gemacht hätten, handele es sich bei der im Raum stehenden Erstattungsforderung um einen ganz erheblichen Betrag, der, müsste er bei den entsprechenden Personalausgaben zusätzlich eingespart werden, die verbliebenen Arbeitsplätze erheblich gefährden würde. Die Beklagte hat wie schon im Verwaltungsverfahren auf ihrer Rechtsansicht beharrt, der Fortbestand einer Kommune könne durch die Erstattungspflicht nach § 128 AFG nicht gefährdet werden, somit komme auch eine Befreiung nach § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG nicht in Betracht.
Durch Urteil vom 17.8.1999 hat das SG unter Aufhebung des Bescheides vom 30.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.3.1999 die Beklagte verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 1997 bis 1999 von der Erstattungspflicht gem. § 128 AFG zu befreien. Zunächst es sei unerheblich, dass für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts zum 1.1.1998 das SGB III in Kraft getreten sei. § 431 SGB III sehe nämlich vor, dass § 242x AFG auf die dort genannten Fälle weiterhin anzuwenden sei und dort (in Abs. 6) vorgesehen sei, dass § 128 AFG weiterhin anwendbar sei. Dies gelte für alle Personen, die vor dem 1.4.1997 durchgehend für 360 Tage beschäftigt gewesen und vor dem 7.4.1999 arbeitslos geworden seien. Im übrigen sei durch Gesetz vom 24.3.1999 mit Wirkung ab dem 1.4.1999 der zunächst nicht im SGB III enthaltene Erstattungstatbestand als § 147a SGB III wieder aufgenommen worden.
Der Gesetzeswortlaut und die Gesetzessystematik böten keinen Anhaltspunkt dafür, kommunale Gebietskörperschaften von der Anwendbarkeit des § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 AFG auszunehmen. Hinsichtlich der ersten Alternative des Befreiungstatbestandes (Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens) sei der Beklagten zuzugestehen, dass dies im Falle gesetzlicher Körperschaften nicht eintreten könne. Anders bei der zweiten Alternative: hier könne eine unzumutbare Belastung dadurch, dass nach Durchführung des Personalabbaus die Erstattungspflicht verbleibende Arbeitsplätze gefährde, auch bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften eintreten (wird im folgenden ausgeführt). Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes seien vorliegend erfüllt. Der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, nämlich des Regierungspräsidiums K., sei nachvollziehbar und schlüssig zu entnehmen, dass der Schuldenstand der Klägerin ein überdurchschnittlich großes Ausmaß erreicht habe. Die Klägerin befinde sich in einer für die Stadtkreise des Landes untypische finanzwirtschaftlichen Zwangslage. Da sie keine nennenswerten Möglichkeiten mehr habe, die Einnahmenseite des Haushaltes zu verbessern, sei sie gezwungen, zur Verringerung der Verschuldung die Ausgaben zu reduzieren. Dies führe zwangsläufig zugleich auch dazu, dass Aufgaben so weit als möglich abgegeben werden müssten. Es sei offensichtlich, dass hierdurch auch ein erheblicher Abbau von Arbeitsplätzen erforderlich werde. Die in diesem Zusammenhang bei der Klägerin praktizierte Vorruhestandsregelung habe zugleich das Ziel, die verbleibenden Arbeitsplätze abzusichern. Deshalb sei es nachvollziehbar, dass das Beharren auf der Erstattungspflicht den ohnehin schon angespannten Personalhaushalt der Klägerin zusätzlich belasten würde. Da die Klägerin die Mittel für etwaige Erstattungsforderungen aus ihrem Personalhaushalt aufbringen müsse, der keinerlei finanziellen Spielraum mehr enthalte, sei es evident, dass bei Fortbestand der Erstattungsforderungen zwangsläufig ein weiterer und zusätzlicher Personalabbau erforderlich würde.
Gegen dieses am 25.8.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.9.1999 Berufung eingelegt (L 12 AL 3702/99). In diesem Verfahren hat die Klägerin ihre Personalausgaben für 1997 mit 384,5 Millionen DM, für 1998 mit 383, 4 Millionen DM und für 1999 mit 369,0 Millionen DM beziffert. Die Beklagte hat auf Anfrage mitgeteilt, eine genaue Zahl der Fälle die im Raum stehende Erstattungsforderung könne nicht errechnet werden. Überschlägig sei von etwa 120 Fällen auszugehen, aus Erfahrungswerten sei von einer durchschnittliche Erstattungsdauer von 16 Monaten und einem durchschnittlichern monatlichen Erstattungsbetrag von 3200 DM auszugehen, so dass sich die geschätzte Erstattungsforderung auf ca. 6,15 Millionen DM belaufe. Im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Revisionsverfahren B 11 AL 40/01 R ist das Verfahren auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 27.9.2001 zum Ruhen gebracht worden.
Am 10.2.2006 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen, nachdem das BSG durch Urteil vom 21.11.2002 in der genannten Sache entschieden hat. Die Beklagte hat die Berufung weiter begründet: nach dem genannten Urteil des BSG schließe ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, Erstattungsansprüche gegenüber einer Kommune nicht aus. Die Tatsache eines Haushaltsdefizits allein reiche nicht aus, um nachzuweisen, dass eine Erstattungsforderung nach § 128 AFG weitere Arbeitsplätze bei der Kommune gefährde. Die Gefährdung weiterer Arbeitsplätze müsse auch wesentlich sein. Ob der Schwellenwert des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG überschritten worden sei, sei bisher nicht belegt. Die Klägerin habe bislang nicht dargelegt, dass sie wegen der Erstattungsforderung mehr Arbeitnehmer als vorgesehen entlassen müsse, um ein Einsparziel im Personalbereich zu erreichen. Die Personalverminderung beziehe sich dabei auf alle insgesamt bei der Kommune Beschäftigten, einschließlich der Beamten und auch bei den Eigenbetrieben. Die Klägerin sei damit insgesamt ihrer Darlegungs- und Nachweispflicht nicht nachgekommen, so dass eine Befreiung nicht ausgesprochen werden könne.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts M. 10.8.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Beifügung entsprechender Tabellen und Schaubilder vor, ihre finanzielle Situation sei auch heute noch nicht konsolidiert. Die in der Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 geschilderte Situation, insbesondere die eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit, bestehe nach wie vor. Die im Raum stehende Erstattungsforderung würde für die Klägerin auch weiterhin eine unzumutbare Belastung darstellen. Steigenden Ausgabenbelastungen, insbesondere durch die strukturelle besonders hohen sozialen Leistungen, stünden immer weniger Einnahmen gegenüber. Der Anteil der fremdfinanzierten Ausgaben sei ständig gestiegen, der Schuldenstand schränke den finanziellen Spielraum immer mehr ein. Bei den Personalausgaben seien bereits in den zurückliegenden Jahren personalwirtschaftliche Maßnahmen zur Begrenzung der Personalkosten ergriffen worden. Im Haushaltsjahr 2004 seien die Maßnahmen intensiviert worden, sodass erstmals im Haushaltsjahr 2005 sinkende Personalausgaben zu verzeichnen gewesen seien. Sofern im Rahmen des Vorruhestandes Erstattungen nach § 128 AFG gefordert würden, müssten die jeweiligen Beträge bei den Personalausgaben zusätzlich eingespart werden. Dies würde bedeuten, dass Arbeitsplätze gefährdet werden. Auf Grund der sehr dünnen Personaldecke würde dies einen Aufgabenabbau nach sich ziehen. Da allerdings im Rahmen der Haushaltskonsolidierung die freiwilligen Aufgaben bereits größtenteils abgebaut worden seien, müssten mit weniger Bediensteten Pflichtaufgaben erfüllt werden, deren ordnungsgemäße Durchführung, z. B. Feuerwehr bzw. Kindergartenanspruch, in Frage gestellt würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge einschließlich der genannten Vorakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. § 151 Abs. 1 SGG form und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen.
Die Berufung ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts M. vom 10.8.1999 ist rechtswidrig und verletzt die Beklagte in ihren Rechten. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 2.3.1999 ist abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 AFG für die Jahre 1997 bis 1999.
Rechtsgrundlage der Heranziehung der Klägerin zur Erstattung ist § 128 AFG (Fassung durch Gesetz zur Änderung von Fördervoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18.12.1992 [BGBI. I S. 2044]; zum Übergangsrecht vgl. § 242x Abs. 6 AFG, § 431 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch [beide in der Fassung des Arbeitsförderungs Reformgesetzes vom 24.3.1997 BGBl. I S. 594 ]). Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auf Alg (§ 104 Abs. 2 AFG) mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt für Arbeit vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage.
Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn (u. a.) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt zwei Jahre beschäftigt war, um mehr als drei vom Hundert innerhalb eines Jahres vermindert und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmern der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, nicht höher ist als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraumes entspricht (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG) oder der Arbeitnehmer im Rahmen eines kurzfristigen drastischen Personalabbaus von mindestens 20 vom Hundert aus dem Betrieb, in dem er zuletzt zwei Jahre beschäftigt war, ausgeschieden ist und dieser Personalabbau für den örtlichen Arbeitsmarkt von erheblicher Bedeutung ist (§ 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AFG).
Die Erstattungspflicht entfällt, wenn (u. a.) der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich (§ 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG).
Verfahrensrechtlich beruht der angefochtene (negative) Befreiungsbescheid auf § 128 Abs. 7 Satz 2 AFG. Danach entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsamt im voraus, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 6 oder 7 erfüllt sind. Diese Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung sind durch den Gesetzgeber ab 1.1.1993 neu und zwar enger gefasst worden. Nach § 128 Abs. 5 AFG in der bis zum 30.6.1991 geltenden Fassung entschied das Arbeitsamt auf Antrag des Arbeitgebers im voraus, dass die Erstattungspflicht für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht eintritt, die innerhalb von 24 Monaten nach der Antragstellung erfolgt, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 4, 5 oder 6 im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
Die Klägerin hat nicht dargelegt und nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine positive Vorabentscheidung über die Erstattungspflicht für die Jahre 1997 bis 1999 vorgelegen haben. "Darlegen und nachweisen" bedeutet insoweit, dass der Beteiligte, hier die Klägerin, an der Aufklärung des Sachverhalts verstärkt mitwirken muss und (im Falle der Nichterweislichkeit) die Nachteile der Nichterweislichkeit der Tatsachen, für die ihm die Nachweispflicht obliegt, zu tragen hat (BSG SozR 3 - 4100 § 128 Nr. 8).
Den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 AFG hat die Klägerin nicht geltendgemacht, weil dessen Voraussetzungen offenkundig nicht vorliegen. Die Klägerin hat sich auch nicht auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG berufen. Sie hat sich dies zwar im Verwaltungsverfahren im Jahr 1998 "vorbehalten", jedoch dazu nichts weiter dargelegt. Das von der Klägerin vorgelegte Zahlenmaterial zeigt auch, dass die Voraussetzungen dieses Befreiungstatbestandes nicht vorgelegen haben. Zwar ging die Zahl der Beschäftigten bei der Klägerin im Jahr 1997 von 5750 auf 5469 zurück, die Reduzierung betrug damit 4,89%, im Jahr 1998 stieg die Zahl der Beschäftigten dagegen sogar an auf 5482, im Jahr 1999 erfolgte dagegen eine Reduzierung um 3,72% auf 5278 Beschäftigte. Im Durchschnitt der Jahre 1997 bis 1999 betrug damit der Personalrückgang jährlich 2,74 %. Dies ist weniger als der vom Gesetz geforderte jährliche Personalabbau von mehr als 3%. Hinzu kommt, dass bei der von der Klägerin vorgelegten Statistik über die Entwicklung der gesamten Beschäftigtenzahl nicht die Beschäftigten in den Eigenbetrieben berücksichtigt sind (siehe dazu unten). Es liegt auch auf der Hand, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG nicht dargelegt werden können, weil die Klägerin erklärtermaßen über ein Vorruhestandsprogramm Personal abbauen wollte und abgebaut hat.
Die Klägerin hat auch nicht die Voraussetzungen des Entfallenstatbestandes des § 128 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 AFG dargelegt und nachgewiesen. Die Voraussetzungen dieses Ausschließungsgrundes sind durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes insbesondere in den Urteilen vom 21.11.2002 (SozR 3-4100 § 128 Nr. 16 und - B 11 AL 40/01 R - ) und dem Urteil vom 10.2.2004 (- B 7 AL 98/02 R -, veröffentlicht in Juris) näher ausgeformt worden, liegen hier jedoch nicht vor. Eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch die Erstattungsforderungen wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung ist weder dargelegt noch nachgewiesen.
Eine Gefährdung durch die Erstattungsforderung liegt insbesondere dann nahe, wenn eine Kommune langandauernde Haushaltsdefizite aufweist und diesen mit Personaleinsparungen begegnet, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert hat (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung, ob durch die Erstattungsforderung Arbeitsplätze gefährdet werden, ist der Zeitpunkt, in dem die Erstattungsforderung zu erheben ist (BSGE 87, 132, 141 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 10 und BSG, Urteil vom 21. 11.2002).
Die Personalverminderung bezieht sich auf die bei der Kommune insgesamt Beschäftigten. Dabei ist auf alle Beschäftigten - einschließlich der Beamten - abzustellen. Da langjährige Angestellte und Arbeiter einen beamtenstatusähnlichen Kündigungsschutz genießen, ist es angemessen, die Beamten bei der Feststellung einer dem Umfang nach wesentlichen Gefahr für den verbleibenden Personalbestand einzubeziehen. Soweit Beschäftigte im Haushalt nicht mehr als solche ausgewiesen werden, sondern etwa in haushaltstechnisch ausgegliederten Bereichen geführt werden, ist dies keine Personalverminderung (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit durch wirkliche Personaleinsparungen - nicht etwa durch Verlagerung von Personal in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche - begegnet und dass über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen Personaleinsparungen - bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Erstattungsbeträge zu erheben sind - in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang geplant sind. Nicht jede noch so geringfügige Stellenreduktion kann insoweit als "wesentlich" angesehen werden (BSG, Urteile vom 21.11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.).
Weiter setzt eine nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG zu berücksichtigende Gefährdung voraus, dass die Erstattungsforderungen der Bundesagentur für Arbeit im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten nicht unwesentlich sind (BSG, Urteile vom 21. 11.2002 und 10.2.2004 a.a.O.). Hierfür ist der Nachweis erforderlich, dass die Erstattungsforderungen der Beklagten im Verhältnis zu den durch die Personalverminderung eingesparten Kosten - und nicht etwa im Verhältnis zum Gesamtumfang der Personalausgaben oder im Verhältnis zum Gesamthaushalt der Stadt - nicht unwesentlich sind. Das heißt konkret, dass bezogen auf die Prognosestichtage darzulegen ist, welche Personaleinsparungen geplant waren bzw. durchgeführt wurden (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.). Eine nachträgliche Prognose darf spätere Entwicklungen bestätigend oder bekräftigend berücksichtigen. Sodann ist darzulegen, in welchem Verhältnis die Erstattungsforderungen der Beklagten im maßgeblichen Prognosezeitraum zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten stehen. Machen die Erstattungsforderungen einen hohen Prozentsatz der Einsparungen aus, so kann dieser Quotient zugleich als Indiz für die Kausalität der Erstattungsforderungen für den Personalabbau dienen (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.).
Der 11. Senat des BSG hat in seinen Urteilen vom 21.11.2002 noch keine konkreten Anhaltspunkte dafür gegeben, ab welcher Größenordnung der prognostizierten Personaleinsparung und ab welchem Verhältnis der Erstattungsforderungen zu den Personaleinsparungen der Tatbestand der Unzumutbarkeit i.S. des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG vorliegt. Der 7. Senat des BSG hält die 3 %-Grenze des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG insoweit für eine Größe, die eine Wesentlichkeit des Personalabbaus indiziert. Jedenfalls soweit der dort genannte Schwellenwert von 3 v.H. überschritten ist, ist danach einer Kommune im Regelfall der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus gelungen (BSG, Urteil vom 10.2.2004 a.a.O.).
Nach diesem Maßstab sind die Voraussetzungen des Ausschließungsgrundes des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG hier von der Klägerin nicht dargetan und nachgewiesen. Die Klägerin hat zwar dargelegt, dass sie in den Jahren 1997 bis 1999 wie auch in den Jahren davor und danach hoch verschuldet und defizitär gewesen ist und damit im Sinne der obigen Vorgaben ein langandauerndes, bereits vor 1997 bestehendes Defizit aufgewiesen hat. Die Klägerin hat deswegen u.a. Stellenstreichungen vorgenommen. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitraum jedoch im Hinblick auf die im Raum stehenden Erstattungsforderungen keinen zusätzlichen Stellenbau in wesentlichem Umfang geplant und durchgeführt.
Die Klägerin ist zwar schon in der Vergangenheit dem Haushaltsdefizit auch durch Personalreduzierungen begegnet. Einen wesentlichen weiteren Stellenabbau hat sie aber aufgrund der ab 1997 zu erwartenden Erstattungsforderungen weder vorgesehen noch vorgenommen. Dies war auch nicht anzunehmen, denn zum einen war die Klägerin bis 1996 von der Erstattungspflicht befreit, für die Jahre 1997 bis 1999 wurden Erstattungsforderungen entsprechend der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarung nicht geltendgemacht.
Betrachtet man jedoch die zum jeweiligen Haushaltsplan vorgesehenen und auch durchgeführten Streichungen, kommt man zum jeweiligen Stichtag schon nicht zu der Prognose, dass im Folgejahr mit einem wesentlichen Stellenabbau hätte gerechnet werden müssen. Es fehlt an einer Grundlage für die Annahme, dass die zum Prognosezeitpunkt zu erhebenden Erstattungsforderungen im folgenden Jahreszeitraum (vgl. § 128 Abs. 2 Nr. 6 AFG) zu Personaleinsparungen in einem wesentlich größeren Umfang geführt hätten, selbst dann, wenn man annehmen wollte, dass der Stellenabbau insgesamt im Zusammenhang mit den Erstattungsforderungen stünde. Denn selbst der vollzogene Stellenabbau in den Jahren 1997 bis 1999 erreicht die jeweilige 3 %-Grenze nicht (siehe oben). Dabei sind entgegen der Ansicht der Klägerin die in ihren Eigenbetrieben Beschäftigten nicht außer Betracht zu lassen. Eigenbetriebe haben keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern stellen ein ausgegliedertes Sondervermögen dar und sind organisatorisch und finanzwirtschaftlich aus der jeweiligen Gemeindeverwaltung ausgegliedert. Die Handlungen des jeweiligen Eigenbetriebes werden aber der Gemeinde zugerechnet. Die Beschäftigten des Eigenbetriebs gehören zur Gesamtzahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gebietskörperschaft, der der Eigenbetrieb angehört. Die Klägerin ist damit Dienstherr und Arbeitgeber auch der in ihren Eigenbetrieben Beschäftigten. Dementsprechend sind bei der hier vorzunehmenden Beurteilung des Stellenabbaus die Anzahl der Beschäftigten in Eigenbetrieben und die Anzahl der in Eigenbetrieben abgebauten Stellen mit einzubeziehen. Darauf, ob die Stellen des jeweiligen Eigenbetriebs im Haushaltsplan unmittelbar ausgewiesen werden, kommt es nicht an.
Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die, obwohl die 3 %-Grenze deutlich verfehlt wird, es rechtfertigen könnten, einen wesentlichen Stellenabbau anzunehmen. Die Klägerin hat insbesondere neben dem Abbau von Stellen auch nicht konsequent auf Neubesetzungen von Stellen oder die Schaffung neuer Stellen verzichtet, was im Hinblick auf die 3 %-Grenze eine Ausnahme rechtfertigen könnte. So ist im Jahr 1997 zwar das Stammpersonal von 4646 auf 4599 Stellen abgebaut worden, gleichzeitig hat jedoch die Zahl der ABM-Beschäftigten von 102 auf 159 und die Zahl der Aushilfskräfte/Saisonkräfte von 177 auf 200 zugenommen. Dies mag gute Gründe haben und haushaltstechnisch sinnvoll oder gar geboten sein, zeigt jedoch, dass eine Gefährdung weiterer Arbeitsplätze durch Erstattungsforderungen nicht zu belegen ist.
Es kann nach alledem offen bleiben, inwieweit die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG generell materielle Voraussetzung für das Vorliegen des Befreiungstatbestands ist und ob die vorgelegte Stellungnahme des Regierungspräsidiums K. vom 7.9.1998 als inhaltlich geeignet und ausreichend angesehen werden könnte oder ob die Vorlage einer Stellungnahme etwa der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erforderlich gewesen wäre.
Auf die Berufung der Beklagten war jedenfalls das angefochtene Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da das Verfahren noch vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist.
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