L 8 AS 1400/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 745/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 1400/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren trägt der Antragsgegner.

Gründe:

Der Senat weist die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 14.02.2008, mit dem das SG den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, der Antragstellerin für die Zeit vom 28.02.2008 bis 30.06.2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Höhe von monatlich 828,00 EUR, davon monatlich 49,35 EUR als Darlehen, zu gewähren, aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt auszuführen:

Die im angefochtenen Beschluss vom SG dargelegte Ansicht, dass der Antragstellerin u.a. deswegen unzumutbar ist, den Wohnraum binnen sechs Monaten zu wechseln, weil wegen eines absehbaren weiteren Leistungszeitraumes die hierdurch durch den Antragsgegner einzusparenden Leistungen durch einen möglichen Umzug und die dadurch entstehenden Kosten aufgezehrt werden würden, wird zum Teil im Schrifttum und der Rechtsprechung vertreten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 22 RdNr. 59 m.w.N.). Danach ist bei der Antragstellerin jedenfalls von offenen Erfolgsaussichten ihrer beim SG anhängigen Klage auszugehen, unabhängig davon, ob die Antragstellerin ausreichende Bemühungen unternommen hat, ihre Kosten der Unterkunft zu senken, wie sie geltend macht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist bei offenen Erfolgsaussichten anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange der Antragstellerin umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005 NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).

Im Rahmen der Folgenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, die Kosten ihrer Unterkunft durch einen - allein möglichen - Umzug nicht senken zu müssen, das Interesse des Antragsgegners. Die am 11.08.1945 geborene Antragstellerin lebt unstreitig seit mehr als 30 Jahren in der Wohnung. Die "Deckungslücke" ihrer Kosten der Unterkunft beträgt monatlich 49,35 EUR. Die Antragstellerin wird nach ihrem glaubhaften Vorbringen ab August 2010 Altersrente beziehen, die es ihr ermöglicht, aus dem Leistungsbezug des Antragsgegners auszuscheiden und ihre bisherige Wohnung beizubehalten. Demgegenüber hat der Antragsgegner monatliche Leistungen in Höhe von 49,35 EUR (derzeit in Form eines Darlehens) an die Antragstellerin zu erbringen. Er ist damit bis August 2010 mit einem Betrag in Höhe von ca. 1.480 EUR (30 Monate x 49,35 EUR) belastet, was lediglich knapp den bewilligten Leistungen für zwei Monate entspricht und der - für den Fall, dass die Antragstellerin in eine angemessene Wohnung umzieht - vom Antragsgegner wegen zu tragender Umzugskosten ebenfalls mindestens aufzuwenden sein könnte. Diese Belastung des Antragsgegners tritt vorliegend hinter das Interesse der Antragstellerin, von einem Umzug verschont zu bleiben, weit zurück.

Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsgrund zur Seite. Die Antragstellerin hätte monatlich knapp 50 EUR aus der Regelleistung von monatlich 347 EUR aufzubringen, was 10 % der der Antragstellerin für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel deutlich übersteigt. Eine bloß geringfügige Unterdeckung, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigt, kann bei dieser Sachlage nicht angenommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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