Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 3348/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 655/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.1.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die 1971 geborene Klägerin hat zwei Kinder, einen am 1993 geborenen Sohn und eine am 2002 geborene Tochter.
Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld und Krankengeld meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alhi. Mit einem Schreiben vom 20.8.2003 bestätigte der Vater der Tochter, dass er seine Tochter betreuen würde, wenn seine Frau arbeite. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 29.8.2003 Alhi ab 6.8.2003 in Höhe von täglich 18,92 Euro.
Auf eine Einladung der Beklagten teilte die Klägerin am 15.10.2003 telefonisch mit, es gebe Streitigkeiten in der Familie, ihr Mann sei nicht zu Hause. Am 16.10.2003 gab die Klägerin telefonisch an, sie hätte den Termin am Vortage wahrgenommen, wenn eine Frau die Beratung geführt hätte. Am 17.10.2003 hatte die Klägerin aufforderungsgemäß vorgesprochen, allerdings mit ihren beiden Kindern, die in ihrem Haushalt lebten. Der Klägerin wurde ein ärztliches Gutachten eröffnet, ferner, dass sie aus vermittlerischer Sicht nur noch Tätigkeiten als Kinderbetreuerin, Übersetzerin oder eingeschränkt als Küchenhilfe leisten könne und solche Stellen nicht vorhanden bzw. mit bevorrechtigten Arbeitnehmern zu besetzen seien. Die Klägerin wurde darüber informiert, dass sie ab 20.10.2003 einen Aufhebungsbescheid erhalte. Zur Frage der Kinderbetreuung gab die Klägerin an, sie habe zwar Streit mit dem Ehemann, dieser würde aber trotzdem die Kinderbetreuung übernehmen.
Mit Bescheid 20.10.2003 hob die Beklagte die Alhi-Bewilligung ab 21.10.2003 auf. Der Arbeitsmarkt habe sich für die Klägerin als verschlossen erwiesen, die Klägerin sei nicht verfügbar.
Der Widerspruch der Klägerin mit der Begründung, sie sei auch weiterhin in der Lage, eine Beschäftigung auszuüben, zugegebenermaßen mit der Einschränkung, dass die Belange ihres Kindes zu berücksichtigen wären, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1.12.2003 zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung, eine solche könne auch nicht erteilt werden, weil sich erwiesen habe, dass der Arbeitsmarkt für die Klägerin verschlossen sei. Für die von der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen noch möglichen Tätigkeiten hätten ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden. Die Klägerin sei deshalb nicht (mehr) verfügbar und damit nicht mehr arbeitslos. Alhi stehe ihr nicht mehr zu.
Dagegen hat die Klägerin am 22.12.2003 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. In einem Erörterungstermin am 20.4.2005 und in einem Schriftsatz vom 21.10.2005 gab die am 15.10.2004 nach A. umgezogene Klägerin an, ihr Sohn lebe seit Juli 2004 bei seinem in der Schweiz lebenden Vater. Der Vater ihrer Tochter lebe seit Oktober 2003 in K., er sei mittlerweile in Abschiebehaft, weil er keine Aufenthaltsverlängerung bekommen habe. Die Versorgung der Tochter hätte jederzeit durch den Vater erfolgen können, solange dieser sich in U. aufgehalten habe, anschließend hätte die Klägerin genügend Hilfspersonen zur Verfügung gehabt, welche sich um das Kind hätten kümmern können. Die Klägerin legte eine am 25.10.2005 unterschriebene Bescheinigung vor, wonach bis zum Wegzug ihres damaligen Ehemannes dieser die Tochter hätte betreuen und versorgen können, nach dessen Wegzug habe sie viele Bekannte und Freundinnen gehabt, die sie als Betreuer hätte einsetzen können.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, der nicht konkretisierte Hinweis darauf, die Klägerin habe genügend Hilfspersonen zur Verfügung gehabt, die sich um das Kind hätten kümmern könnten, sei als Nachweis für die Sicherstellung der Betreuung nicht geeignet.
Durch Urteil vom 10.1.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Alhi-Bewilligung sei zu Recht aufgehoben worden, denn die Klägerin sei jedenfalls ab 21.10.2003 nicht mehr objektiv verfügbar gewesen. Zwar stehe der objektiven Verfügbarkeit eines Arbeitslosen grundsätzlich nicht entgegen, dass Kinder zu betreuen seien. In diesem Fall sei objektive Verfügbarkeit dann gegeben, wenn die Betreuung der Kinder für den Fall der Arbeitsaufnahme oder beim Vorliegen eines Arbeitsangebots sofort anderweitig sichergestellt sei. Gefordert werde, dass bei einer notwendigen Kinderbetreuung eine Ersatzperson sofort und jederzeit zur Verfügung stehe. Diese Voraussetzung sei insbesondere dann erfüllt, wenn die Übernahme der Betreuung für den Fall der Arbeitsaufnahme durch konkrete Vereinbarung verbindlich dauerhaft geregelt sei. Diese Voraussetzungen lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Zunächst sei der Vater der Tochter für die hier fragliche Zeit für die Kinderbetreuung nicht mehr verfügbar gewesen, weil er im Oktober 2003 nach K. verzogen sei, was die Klägerin erst 2005 im Klageverfahren mitgeteilt habe. Die bloße Erklärung, die 2002 geborene Tochter wäre durch Bekannte oder Freundinnen jederzeit sicher betreut gewesen, überzeuge nicht. Allein durch die Erklärung der Klägerin sei eine verbindliche Vereinbarung über die Betreuung der Kinder nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass sich die Klägerin in der Klagebegründung selbst auf die mögliche Inanspruchnahme von Elternzeit berufen habe, was dafür spreche, dass Verfügbarkeit nicht vorliege. Schließlich sprächen auch die erfolgten Vorsprachen gegen eine Verfügbarkeit der Klägerin. Den Vorsprachetermin am 17.10.2003 habe die Klägerin mit beiden Kindern wahrgenommen, damit habe offensichtlich nicht einmal die Betreuung für die Zeit eines Beratungsgespräches sichergestellt werden können. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X hätten vorgelegen. Zwar habe sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid zunächst auf einen anderen Grund, mit dem sie die Bewilligung von Alhi aufgehoben habe, berufen. Bei einer Anfechtungsklage sei jedoch die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides grundsätzlich auch hinsichtlich solcher tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte zu beurteilen, auf die die Beklagte ihre Entscheidung nicht gestützt habe. Die Klage sei damit unbegründet.
Gegen dieses am 16.1.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.2.2006 Berufung eingelegt. Sie bringt jetzt ergänzend vor, eine gute Bekannte, nämlich Frau M. Z. wäre bereit gewesen, sich im Falle einer Arbeitsaufnahme um die Kinder zu kümmern. Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin angegeben, ihr Sohn sei vom 3.5.2004 bis 22.9.2004 in einer heilpädagogischen Tagesgruppe untergebracht gewesen. Er habe in der Zeit von November 2003 bis März 2004 im Arbeitskreis Ausländische Kinder in U. einen offenen Hausaufgabentreff mit Freizeitbetreuung besucht. Der letztgenannte Arbeitskreis teilte auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 12.7.2006 mit, er habe ausschließlich nur an Schultagen geöffnet, die Öffnungszeiten seien nachmittags von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr bzw. 17:00 Uhr.
Die Klägerin hat schließlich mitgeteilt, sie lebe seit dem 21.10.2003, auch nach ihrem Umzug nach A., von Sozialhilfe.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.1.2006 und den Bescheid 20.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und das Berufungsvorbringen nicht für geeignet, die Sicherstellung einer anderweitigen Kinderbetreuung im Falle einer Arbeitsaufnahme zu belegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Alhi über dem 21.10.2003 hinaus.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend zitiert. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass die Klägerin mindestens ab dem 21.10.2003 deshalb, weil die Kinderbetreuung für den Fall einer Arbeitsaufnahme nicht (mehr) sichergestellt war, nicht mehr verfügbar war und deshalb keinen Anspruch auf Alhi hatte. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, er nimmt auf die Entscheidungsgründe Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 3 SGG).
Das Berufungsvorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung als unrichtig erscheinen zu lassen. Soweit die Klägerin jetzt konkret den Namen einer "guten Bekannten" als Betreuungsperson für ihre Kinder nennt und insoweit Zeugenbeweis anbietet, ist dem entgegenzuhalten, dass, wie bereits das SG ausgeführt hat, die Ersatzperson für die Kinderbetreuung sofort und jederzeit zur Verfügung stehen muss und dass dies bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs verbindlich dauerhaft geregelt sein muss. Gerade daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat vielmehr auch noch im Oktober 2003 daran festgehalten, der Vater ihrer 2002 geborenen Tochter hätte im Bedarfsfall die Kinderbetreuung übernommen. Gegenüber dem SG hat die Klägerin dann aber später eingeräumt, dass ihr Ehemann schon im Oktober 2003 von U. nach K. umgezogen ist. Die Klägerin hat auch, von der Beklagten darauf angesprochen, später lediglich von "Freunden und Bekannten" gesprochen, die die Kinderbetreuung im Bedarfsfall hätten übernehmen können. Dies kann als Nachweis einer anderweitig sichergestellten Kinderbetreuung nicht genügen. Weil die Klägerin damit nicht eine Vollzeittätigkeit, für die sie sich bereiterklärt hatte, ausüben konnte, war sie nicht arbeitsfähig gem. § 119 Abs. 3 SGB III und damit nicht objektiv verfügbar gem. § 119 Abs. 2 SGB III. Diese im Zeitpunkt der Leistungsgewährung fehlende objektive Verfügbarkeit kann nicht durch eine zwei Jahre später ausgestellte "Bereiterklärung" wiederhergestellt werden. Die Klägerin war also mindestens ab dem 21.10.2003 nicht (mehr) verfügbar.
Das SG hat im übrigen auch zutreffend begründet, dass die Aufhebung der Alhi-Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III zu Recht erfolgt ist, weil die Klägerin grobfahrlässig ihre Mitteilungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie den Wegzug des Vaters der 2002 geborenen Tochter nicht mitgeteilt hat. Den Ausführungen des SG ist insoweit nichts hinzuzufügen.
Die Klägerin bleibt also für die Zeit ab 21.10.2003 auf den Bezug von Sozialhilfe verwiesen. Sie hat auch selbst angegeben, ab dieser Zeit von Sozialhilfe zu leben. Da diese Sozialhilfe, ohne dass der Senat dies im Einzelnen geprüft hat, wesentlich höher gewesen sein dürfte als die zuletzt bezogene Alhi (monatlich 397,32 Euro), hätte die Klägerin selbst von einem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit keinen wirtschaftlichen Vorteil, denn die gesamte nachzuzahlende Alhi hätte dem Sozialhilfeträger erstattet werden müssen.
Die Berufung der Klägerin war jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die 1971 geborene Klägerin hat zwei Kinder, einen am 1993 geborenen Sohn und eine am 2002 geborene Tochter.
Nach dem Bezug von Mutterschaftsgeld und Krankengeld meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alhi. Mit einem Schreiben vom 20.8.2003 bestätigte der Vater der Tochter, dass er seine Tochter betreuen würde, wenn seine Frau arbeite. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 29.8.2003 Alhi ab 6.8.2003 in Höhe von täglich 18,92 Euro.
Auf eine Einladung der Beklagten teilte die Klägerin am 15.10.2003 telefonisch mit, es gebe Streitigkeiten in der Familie, ihr Mann sei nicht zu Hause. Am 16.10.2003 gab die Klägerin telefonisch an, sie hätte den Termin am Vortage wahrgenommen, wenn eine Frau die Beratung geführt hätte. Am 17.10.2003 hatte die Klägerin aufforderungsgemäß vorgesprochen, allerdings mit ihren beiden Kindern, die in ihrem Haushalt lebten. Der Klägerin wurde ein ärztliches Gutachten eröffnet, ferner, dass sie aus vermittlerischer Sicht nur noch Tätigkeiten als Kinderbetreuerin, Übersetzerin oder eingeschränkt als Küchenhilfe leisten könne und solche Stellen nicht vorhanden bzw. mit bevorrechtigten Arbeitnehmern zu besetzen seien. Die Klägerin wurde darüber informiert, dass sie ab 20.10.2003 einen Aufhebungsbescheid erhalte. Zur Frage der Kinderbetreuung gab die Klägerin an, sie habe zwar Streit mit dem Ehemann, dieser würde aber trotzdem die Kinderbetreuung übernehmen.
Mit Bescheid 20.10.2003 hob die Beklagte die Alhi-Bewilligung ab 21.10.2003 auf. Der Arbeitsmarkt habe sich für die Klägerin als verschlossen erwiesen, die Klägerin sei nicht verfügbar.
Der Widerspruch der Klägerin mit der Begründung, sie sei auch weiterhin in der Lage, eine Beschäftigung auszuüben, zugegebenermaßen mit der Einschränkung, dass die Belange ihres Kindes zu berücksichtigen wären, wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1.12.2003 zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung, eine solche könne auch nicht erteilt werden, weil sich erwiesen habe, dass der Arbeitsmarkt für die Klägerin verschlossen sei. Für die von der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen noch möglichen Tätigkeiten hätten ausreichend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden. Die Klägerin sei deshalb nicht (mehr) verfügbar und damit nicht mehr arbeitslos. Alhi stehe ihr nicht mehr zu.
Dagegen hat die Klägerin am 22.12.2003 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. In einem Erörterungstermin am 20.4.2005 und in einem Schriftsatz vom 21.10.2005 gab die am 15.10.2004 nach A. umgezogene Klägerin an, ihr Sohn lebe seit Juli 2004 bei seinem in der Schweiz lebenden Vater. Der Vater ihrer Tochter lebe seit Oktober 2003 in K., er sei mittlerweile in Abschiebehaft, weil er keine Aufenthaltsverlängerung bekommen habe. Die Versorgung der Tochter hätte jederzeit durch den Vater erfolgen können, solange dieser sich in U. aufgehalten habe, anschließend hätte die Klägerin genügend Hilfspersonen zur Verfügung gehabt, welche sich um das Kind hätten kümmern können. Die Klägerin legte eine am 25.10.2005 unterschriebene Bescheinigung vor, wonach bis zum Wegzug ihres damaligen Ehemannes dieser die Tochter hätte betreuen und versorgen können, nach dessen Wegzug habe sie viele Bekannte und Freundinnen gehabt, die sie als Betreuer hätte einsetzen können.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, der nicht konkretisierte Hinweis darauf, die Klägerin habe genügend Hilfspersonen zur Verfügung gehabt, die sich um das Kind hätten kümmern könnten, sei als Nachweis für die Sicherstellung der Betreuung nicht geeignet.
Durch Urteil vom 10.1.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Alhi-Bewilligung sei zu Recht aufgehoben worden, denn die Klägerin sei jedenfalls ab 21.10.2003 nicht mehr objektiv verfügbar gewesen. Zwar stehe der objektiven Verfügbarkeit eines Arbeitslosen grundsätzlich nicht entgegen, dass Kinder zu betreuen seien. In diesem Fall sei objektive Verfügbarkeit dann gegeben, wenn die Betreuung der Kinder für den Fall der Arbeitsaufnahme oder beim Vorliegen eines Arbeitsangebots sofort anderweitig sichergestellt sei. Gefordert werde, dass bei einer notwendigen Kinderbetreuung eine Ersatzperson sofort und jederzeit zur Verfügung stehe. Diese Voraussetzung sei insbesondere dann erfüllt, wenn die Übernahme der Betreuung für den Fall der Arbeitsaufnahme durch konkrete Vereinbarung verbindlich dauerhaft geregelt sei. Diese Voraussetzungen lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Zunächst sei der Vater der Tochter für die hier fragliche Zeit für die Kinderbetreuung nicht mehr verfügbar gewesen, weil er im Oktober 2003 nach K. verzogen sei, was die Klägerin erst 2005 im Klageverfahren mitgeteilt habe. Die bloße Erklärung, die 2002 geborene Tochter wäre durch Bekannte oder Freundinnen jederzeit sicher betreut gewesen, überzeuge nicht. Allein durch die Erklärung der Klägerin sei eine verbindliche Vereinbarung über die Betreuung der Kinder nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass sich die Klägerin in der Klagebegründung selbst auf die mögliche Inanspruchnahme von Elternzeit berufen habe, was dafür spreche, dass Verfügbarkeit nicht vorliege. Schließlich sprächen auch die erfolgten Vorsprachen gegen eine Verfügbarkeit der Klägerin. Den Vorsprachetermin am 17.10.2003 habe die Klägerin mit beiden Kindern wahrgenommen, damit habe offensichtlich nicht einmal die Betreuung für die Zeit eines Beratungsgespräches sichergestellt werden können. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X hätten vorgelegen. Zwar habe sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid zunächst auf einen anderen Grund, mit dem sie die Bewilligung von Alhi aufgehoben habe, berufen. Bei einer Anfechtungsklage sei jedoch die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides grundsätzlich auch hinsichtlich solcher tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte zu beurteilen, auf die die Beklagte ihre Entscheidung nicht gestützt habe. Die Klage sei damit unbegründet.
Gegen dieses am 16.1.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.2.2006 Berufung eingelegt. Sie bringt jetzt ergänzend vor, eine gute Bekannte, nämlich Frau M. Z. wäre bereit gewesen, sich im Falle einer Arbeitsaufnahme um die Kinder zu kümmern. Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin angegeben, ihr Sohn sei vom 3.5.2004 bis 22.9.2004 in einer heilpädagogischen Tagesgruppe untergebracht gewesen. Er habe in der Zeit von November 2003 bis März 2004 im Arbeitskreis Ausländische Kinder in U. einen offenen Hausaufgabentreff mit Freizeitbetreuung besucht. Der letztgenannte Arbeitskreis teilte auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 12.7.2006 mit, er habe ausschließlich nur an Schultagen geöffnet, die Öffnungszeiten seien nachmittags von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr bzw. 17:00 Uhr.
Die Klägerin hat schließlich mitgeteilt, sie lebe seit dem 21.10.2003, auch nach ihrem Umzug nach A., von Sozialhilfe.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.1.2006 und den Bescheid 20.10.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und das Berufungsvorbringen nicht für geeignet, die Sicherstellung einer anderweitigen Kinderbetreuung im Falle einer Arbeitsaufnahme zu belegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Alhi über dem 21.10.2003 hinaus.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend zitiert. Das SG hat auch zutreffend begründet, dass die Klägerin mindestens ab dem 21.10.2003 deshalb, weil die Kinderbetreuung für den Fall einer Arbeitsaufnahme nicht (mehr) sichergestellt war, nicht mehr verfügbar war und deshalb keinen Anspruch auf Alhi hatte. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, er nimmt auf die Entscheidungsgründe Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 3 SGG).
Das Berufungsvorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung als unrichtig erscheinen zu lassen. Soweit die Klägerin jetzt konkret den Namen einer "guten Bekannten" als Betreuungsperson für ihre Kinder nennt und insoweit Zeugenbeweis anbietet, ist dem entgegenzuhalten, dass, wie bereits das SG ausgeführt hat, die Ersatzperson für die Kinderbetreuung sofort und jederzeit zur Verfügung stehen muss und dass dies bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs verbindlich dauerhaft geregelt sein muss. Gerade daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Klägerin hat vielmehr auch noch im Oktober 2003 daran festgehalten, der Vater ihrer 2002 geborenen Tochter hätte im Bedarfsfall die Kinderbetreuung übernommen. Gegenüber dem SG hat die Klägerin dann aber später eingeräumt, dass ihr Ehemann schon im Oktober 2003 von U. nach K. umgezogen ist. Die Klägerin hat auch, von der Beklagten darauf angesprochen, später lediglich von "Freunden und Bekannten" gesprochen, die die Kinderbetreuung im Bedarfsfall hätten übernehmen können. Dies kann als Nachweis einer anderweitig sichergestellten Kinderbetreuung nicht genügen. Weil die Klägerin damit nicht eine Vollzeittätigkeit, für die sie sich bereiterklärt hatte, ausüben konnte, war sie nicht arbeitsfähig gem. § 119 Abs. 3 SGB III und damit nicht objektiv verfügbar gem. § 119 Abs. 2 SGB III. Diese im Zeitpunkt der Leistungsgewährung fehlende objektive Verfügbarkeit kann nicht durch eine zwei Jahre später ausgestellte "Bereiterklärung" wiederhergestellt werden. Die Klägerin war also mindestens ab dem 21.10.2003 nicht (mehr) verfügbar.
Das SG hat im übrigen auch zutreffend begründet, dass die Aufhebung der Alhi-Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III zu Recht erfolgt ist, weil die Klägerin grobfahrlässig ihre Mitteilungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie den Wegzug des Vaters der 2002 geborenen Tochter nicht mitgeteilt hat. Den Ausführungen des SG ist insoweit nichts hinzuzufügen.
Die Klägerin bleibt also für die Zeit ab 21.10.2003 auf den Bezug von Sozialhilfe verwiesen. Sie hat auch selbst angegeben, ab dieser Zeit von Sozialhilfe zu leben. Da diese Sozialhilfe, ohne dass der Senat dies im Einzelnen geprüft hat, wesentlich höher gewesen sein dürfte als die zuletzt bezogene Alhi (monatlich 397,32 Euro), hätte die Klägerin selbst von einem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit keinen wirtschaftlichen Vorteil, denn die gesamte nachzuzahlende Alhi hätte dem Sozialhilfeträger erstattet werden müssen.
Die Berufung der Klägerin war jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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