L 3 AL 945/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 181/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 945/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung der dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 gewährten Arbeitslosenhilfe streitig.

Der 1969 geborene Kläger bezog seit 1991 mit Unterbrechungen Leistungen der Beklagten. Im vorliegend streitigen Zeitraum bezog er Arbeitslosenhilfe, und zwar auf Grund des Bescheides vom 09.01.2002 (Bemessungsentgelt 310,- EUR, Leistungsgruppe A/1, wöchentlicher Leistungssatz 125,93 Euro) für die Zeit vom 01.01.2002 bis 28.02.2002 im Januar 2002 557,69 EUR und im Februar 503,72 EUR und auf Grund des Bescheides vom 19.02.2002 im März und Mai 2002 jeweils 557,69 EUR und im April und Juni 2002 jeweils 539,70 EUR. Mit Bescheid vom 26.07.2002 bewilligte ihm die Beklagte ab dem 01.07.2002 Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 305,00 EUR in Höhe von wöchentlich 124,53 EUR. Er bezog daraufhin in den Monaten Juli, August und Oktober 2002 551,49 EUR und im September 2002 533,70 EUR an Arbeitslosenhilfe. Für die Monate November und Dezember 2002 wurden insgesamt 1085,19 EUR an den Kläger gezahlt.

Im Antrag auf Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe vom 12.02.2002 hatte der Kläger wie in den vorangegangenen Anträgen angegeben, er übe keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aus und erziele kein Einkommen. Er sei auch bei keinem Familienangehörigen beschäftigt.

Am 30.10.2002 teilte der Polizeiposten Freiburg-Haslach der Beklagten unter Vorlage einer Strafanzeige gegen den Kläger mit, gegen diesen werde wegen des Verdachts auf betrügerische Veräußerung von Kraftfahrzeugen ermittelt. Er verkaufe gebrauchte Autos und erziele hieraus einen jährlichen Gewinn von ca. 7.500,- EUR.

Ausweislich der von der Beklagten beigezogenen Akten des polizeilichen Ermittlungsverfahrens wurden bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 09.04.2002 zahlreiche Kaufverträge über Kraftfahrzeuge aufgefunden. Ausweislich einer Auflistung der Polizei, auf die Bezug genommen wird, erzielte der Kläger im Jahr 2002 aus dem Einkauf und Verkauf von Fahrzeugen einen Gewinn von 9.620,- EUR.

Bei einer Vorsprache bei der Beklagten am 16.05.2003 gab der Kläger an, er habe in der Zeit seit 1998 keine Autos gekauft oder verkauft. Er habe die Kaufverträge lediglich im Auftrag von Bekannten unterschrieben und hierfür ca. 10,- EUR je unterschriebenem Kaufvertrag erhalten.

Nach Anhörung des Klägers gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hob die Beklagte mit Bescheid vom 05.09.2003 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wegen der Berücksichtigung eines Nebenverdienstes gemäß § 141 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 01.01.1998 bis 31.12.2001 auf.

Mit weiterem Bescheid vom 05.09.2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wegen der Berücksichtigung eines Nebenverdienstes gemäß § 141 SGB III für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 in Höhe von 7.640,- EUR gemäß § 48 SGB X i.V.m. § 330 SGB III auf und setzte die Erstattung der überzahlten Leistung gemäß § 50 SGB X fest. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe in diesem Zeitraum ein Nebeneinkommen in Höhe von 9.620,- EUR erzielt. Abzüglich des Freibetrages (1/14 der Bezugsgröße) von 1.980,- EUR seien 7.640,- EUR anzurechnen.

In einer Erklärung zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit vom 10.09.2003 gab der Kläger an, er arbeite nicht und habe seit Jahren keine Einkommens- oder Lohnsteuererklärungen mehr abgeben müssen, deshalb könne er auch keine Steuerbescheide vorlegen.

Am 15.09.2003 legte der Kläger u.a. gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen. Mit Bescheid vom 12.12.2003 änderte die Beklagte den Bescheid vom 05.09.2003 wegen eines Rechenfehlers ab und setzte den Anrechnungsbetrag mit nunmehr 6.529,55 EUR fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2003 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16.01.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, es sei unzutreffend, dass er im Jahr 2002 ein anzurechnendes Nebeneinkommen in Höhe von 7.640,- EUR erzielt habe. Er habe zwar in geringem Umfang und im privaten Rahmen einzelne Autos angekauft und auch wieder verkauft. Hierbei habe er jedoch nicht diesen hohen Gewinn erzielt. Die von der Beklagten genannte Summe könne er nicht widerlegen, da die Beklagte ihm keine Aufstellung vorgelegt habe, aus der sich die Höhe des angeblichen Gewinns ergebe.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2006 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide abgewiesen.

Gegen den am 14.01.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13.02.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe im streitigen Zeitraum aus seinem Hobby, den Autos, nur unwesentliche Einnahmen erzielt. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass er für das Wiederherrichten der Autos erhebliche Aufwendungen gehabt habe, deshalb seien ihm unter dem Strich allenfalls unerhebliche Einnahmen verblieben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Januar 2006 und die Bescheide der Beklagten vom 5. September 2003 und 12. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Aufforderung des Senats, im Einzelnen mitzuteilen, welche Aufwendungen für das Herrichten von Autos im Jahr 2002 angefallen sind, ist der Kläger trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgekommen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtzüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe aufgehoben und die Erstattung des überzahlten Betrags in zutreffender Höhe festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 SGB III. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen vor, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (§ 330 Abs. 3 SGB III).

Der Kläger hat im streitigen Zeitraum durch den Verkauf von Kraftfahrzeugen Einkommen erzielt, das auf den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe anzurechnen war. Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 198 Satz 2 Nr. 6 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die der Arbeitslose während einer Zeit ausübt, für die ihm Arbeitslosenhilfe zusteht, auf die monatliche Entgeltersatzleistung anzurechnen. Hierbei sind vom monatlichen Nebeneinkommen die Steuern, die Sozialversicherungsbeiträge und die Werbungskosten abzuziehen. Dies gilt für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit entsprechend (§ 141 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Vom so errechneten Netto-Nebeneinkommen bleiben 20 % der monatlichen Entgeltersatzleistung, mindestens aber monatlich 165,- EUR anrechnungsfrei.

Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen den von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden für das Jahr 2002 zugrunde gelegten Gewinn des Klägers von insgesamt 9.620,- EUR. Dieser Betrag entspricht den in den von der Polizei Freiburg beim Kläger festgestellten Unterlagen enthaltenen Verkaufserlösen abzüglich der Kosten für den Einkauf der Kraftfahrzeuge.

Der Kläger hat zwar vorgetragen, dass ihm noch weitere Kosten beim Verkauf der Kraftfahrzeuge entstanden sind. Diese konnten jedoch nicht mehr ermittelt werden, da der Kläger trotz mehrmaliger Aufforderung durch das Gericht diese Kosten weder näher konkretisiert noch entsprechende Belege hierüber vorgelegt hat. Vorliegend ist entsprechend den Grundsätzen über die Sachnähe der Kläger beweisbelastet dafür, dass ihm weitere Aufwendungen entstanden sind. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass er in den Leistungsanträgen angegeben hat, er übe keine Tätigkeit aus und erziele kein Einkommen. Hierbei war nicht lediglich nach versicherungspflichtigen Tätigkeiten, sondern auch nach selbständigen Tätigkeiten in einem Umfang unter 15 Stunden gefragt worden. Bei seiner Vorsprache am 16.05.2003 bei der Beklagten hat der Kläger angegeben, er habe seit 1998 keine selbständige Tätigkeit ausgeübt und insbesondere keinerlei Autos gekauft oder verkauft. Die Kaufverträge habe er lediglich im Auftrag von Bekannten unterschrieben und hierfür ca. (!) 10,- Euro für jeden unterschriebenen Kaufvertrag erhalten. Diesen Vortrag hat er sodann im Klageverfahren nicht mehr aufrechterhalten und vielmehr angegeben, in geringem Umfang und in privatem Rahmen einzelne Autos eingekauft und wieder verkauft zu haben. Konkrete Angaben zu seinen Ausgaben und Einnahmen hat er jedoch nicht gemacht. Im Berufungsverfahren hat der Kläger schließlich vorgetragen, ihm seien erhebliche Aufwendungen für das Wiederherrichten der Autos entstanden. Auch hierzu hat er trotz mehrmaliger Aufforderung nicht substantiiert vorgetragen. Damit hat der Kläger seine Mitwirkungsobliegenheit verletzt mit der Folge, dass Zweifel hinsichtlich der Nichterweislichkeit der Höhe seines Einkommens zu seinen Lasten gehen (BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 88/03 R).

Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch in zutreffender Höhe aufgehoben. Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten sind beim Kläger bisher nicht angefallen, so dass diese den Erstattungsbetrag nicht mindern. Er hat selbst vorgetragen, seit Jahren keine Einkommens- und Lohnsteuererklärungen mehr abgegeben und keine Steuerbescheide erhalten zu haben. Er hat im Jahr 2002 in einem Monat höchstens 557,69 EUR an Arbeitslosenhilfe bezogen, so dass der danach konkret zu berechnende Freibetrag (20 Prozent der monatlichen Arbeitslosenhilfe) jeweils immer unter dem generellen Freibetrag von 165,00 EUR je Monat lag, den die Beklagte zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat hierbei in nicht zu beanstandender Weise die während des Jahres erzielten Einkünfte auf die einzelnen Monate umgelegt. Danach ergibt sich unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen monatlichen Einkommens von 801,67 EUR und eines Freibetrags von 165,00 EUR ein monatlicher Erstattungsbetrag von 636,67 EUR, der die gewährte Arbeitslosenhilfe übersteigt, so dass die gesamte Arbeitslosenhilfe zu erstatten war.

Die Beklagte hat schließlich in nicht zu beanstandender Weise die Erstattung gem. § 50 Abs. 1 SGB X festgesetzt. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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