L 7 SO 1394/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 769/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1394/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 6. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Freiburg (SG) nicht abgeholfen hat, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).

Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - a.a.O. und vom 17. August 2005 - ; Binder in Lüdtke u.a., SGG, 2. Auflage, § 86b Rdnr. 33; Funke-Kaiser in Bader u.a., 4. Auflage, §123 Rdnr. 62; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, Rdnr. 1245).).

Hiervon ausgehend vermag auch der Senat zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anordnungsanspruch des Antragstellers auf die begehrten höheren Sozialhilfeleistungen zu erkennen. Denn es ist diesem bei summarischer Prüfung derzeit ohne Weiteres möglich, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen zu bestreiten, weshalb es bereits an seiner Sozialhilfebedürftigkeit fehlt (vgl. § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)). Dem Antragsteller waren zuletzt durch Bescheid des Landratsamts Ortenaukreis vom 20. Dezember 2007 für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 30. Juni 2008 monatliche Leistungen der Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII in Höhe von 132,36 EUR bewilligt worden. Diese resultierten aus einem anerkannten Bedarf von 1030,02 EUR, bestehend aus Leistungen zum Lebensunterhalt i.H.v. 703,57 EUR (Regelbedarf 340,47 EUR, Mehrbedarfszuschlag nach § 30 SGB XII 58,99 EUR und Kranken- und Pflegeversicherung 304,11 EUR) sowie Leistungen für die Unterkunft i.H.v. 326,45 EUR (Kaltmiete 216,45 EUR und Nebenkosten inkl. Heizung 110,- EUR). Demgegenüber steht ein berücksichtigungsfähiges Einkommen des Antragstellers aus einer EU-Rente von 897,66 EUR. Hieraus errechnete sich eine - allein aus den Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung resultierende - Hilfebedürftigkeit im Umfang von 132,36 EUR monatlich; dieser Betrag wurde jeweils direkt an die A.-Versicherung auf die dort bestehende Kranken- und Pflegeversicherung ausgezahlt.

Nach Mitteilung des Antragsgegners vom 19. Mai 2008 hat der Antragsteller den Versicherungsvertrag mit der A.-Versicherungs-AG zum 29. Februar 2008 gekündigt, und die A. hat die Kündigung mit Schreiben vom 12. März 2008 angenommen. Hiervon ausgehend ist der Antragsteller seit dem 1. März 2008 nicht mehr krankenversichert mit der Folge, dass der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag von monatlich 304,11 EUR seit März 2008 nicht mehr angefallen ist. Dieser wurde gleichwohl bis zum heutigen Tag bei der Bedarfsberechnung berücksichtigt, was zu einer monatlichen Überzahlung von 132,36 EUR seit März 2008 geführt hat; ein Änderungsbescheid wurde vom Antragsgegner bislang nicht erlassen. Der nach Wegfall des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags vorhandene Einkommensüberschuss des Antragstellers von monatlich 171,75 EUR dürfte nicht nur ausreichen, um die ungedeckten Unterkunftskosten von 118,55 EUR zu decken, unabhängig von der Frage, ob diese nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 29 Abs. 1 Sätze 1, 2 SGB XII angemessen sind. Hiermit dürften auch die notwendigsten laufenden Arzneimittelkosten gedeckt werden können.

Soweit der Antragsteller nunmehr mit Blick auf die neue Sachlage vom Antragsgegner "Krankenhilfe nach dem SGB" begehrt und damit die Gewährung von Leistungen nach § 264 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) meinen sollte, so kann er mit diesem Verlangen nicht durchdringen. Denn § 264 SGB V ist nicht anwendbar, soweit ein Hilfesuchender ausschließlich Krankenhilfe und keine weiteren Sozialhilfeleistungen begehrt (vgl. hierzu auch Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 48 Rdnr. 10; H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/hohm, SGB XII 17. Aufl., § 48 Rdnr. 9). Sofern es dem Antragsteller nunmehr mit seinem am 28. April 2008 beim Antragsgegner gestellten Antrag um die Gewährung von Krankenhilfe nach § 48 SGB XII gehen sollte, so liegt darin eine Änderung gegenüber dem bisherigen Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens. Zudem ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller wegen eines akuten Hilfebedarfs des unmittelbaren gerichtlichen Einschreitens bedürfte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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