Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 4577/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 2114/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze und gegen die geforderte Erstattung gezahlter Leistungen im Zeitraum vom 25.07.2002 bis 31.03.2003.
Der 1945 geborene Kläger beantragte am 29.11.2001 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 15.05.2002 bewilligte die Beklagte eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.08.2001 bis 31.07.2004 (für die Zeit ab 01.07.2002 betrug die monatliche Rente 559,25 EUR abzüglich der Beitragsanteile des Rentners zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung; monatlicher Zahlbetrag 516,75 EUR). Die Anlage 19 zum Bescheid vom 15.05.2002 enthielt unter der Überschrift "Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen" unter anderem folgendem Hinweis:
" ...Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze ist auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen (z.B. Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Altersübergangsgeld, Insolvenzgeld, Überbrückungsgeld der Seemannskasse, Übergangsleistung bei Maßnahmen gegen Berufskrankheiten, vergleichbare Leistungen einer Stelle im Ausland) besteht. Für die Höhe des Hinzuverdienstes ist nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend."
Die Anlage 19 des Bescheides enthielt für die Zeit ab 01.05.2002 und ab 01.07.2002 eine Berechnung und Angabe der individuellen Hinzuverdienstgrenze (für die Zeit ab 01.07.2002 in voller Höhe das 20,7-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten: 1640,17 EUR und in Höhe der Hälfte das 25,8-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Endgeltpunkten: 2044,26 EUR).
Am 21.01.2003 erhielt die Beklagte aufgrund der datentechnischen Übermittlung des Bezuges von Arbeitslosengeld für das Versicherungs- bzw. Rentenkonto des Klägers Kenntnis von dem Bezug von Arbeitslosengeld ab 25.07.2002. Auf Anfrage der Beklagten teilte das Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) Stuttgart am 14.02.2003 mit, dass das Bemessungsentgelt ab dem 25.07.2002 540 EUR wöchentlich betrage.
Mit Schreiben vom 26.02.2003 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Rücknahme des Verwaltungsakts und der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen an. Mit Bescheid vom 10.03.2003 hob die Beklagte den Bescheid über die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 15.05.2002 für die Vergangenheit vom 25.07.2002 bis 31.03.2003 in Höhe von 4250,69 EUR und für die Zukunft vom 01.04.2003 an auf, weil der Bezug von Arbeitslosengeld die Hinzuverdienstgrenze überschreite. Die Höhe der rechtmäßig zustehenden Leistung betrage ab dem 01.04.2003 monatlich 0 EUR, weil sie aufgrund der Hinzuverdienstgrenze zum Ruhen gekommen sei. Die in der genannten Zeit zu Unrecht erbrachten Leistungen seien vom Kläger zu erstatten.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er zwar hinnehme, dass ab 01.04.2003 laufende Rentenleistungen nicht mehr bezahlt würden, hinsichtlich der angeblichen Überzahlung sei er jedoch der Auffassung, dass der Bescheid vom 15.05.2002 nicht für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne. Er sei nicht bösgläubig gewesen. Trotz eventueller Mitteilungen und Hinweisen im Rentenbescheid habe er aufgrund der Kompliziertheit und Komplexheit der Zusammenhänge weder wissen noch verstehen oder auch nur nachvollziehen können, dass der Anspruch auf die Rente ganz oder teilweise durch den Bezug von Arbeitslosengeld entfallen sei. Für ihn sei nur verständlich gewesen, dass er einen bestimmten tatsächlichen Betrag an Arbeitslosengeld erhalten habe, dieser jedoch für ihn weit unterhalb der zulässigen Hinzuverdienstgrenze gelegen habe, mit der Folge, dass er insoweit nichts weiter unternommen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger mit Bescheid vom 15.05.2002 über seine Mitteilungspflichten bezüglich des Hinzutritts von Leistungen informiert worden sei. Dieser Mitteilungspflicht sei er nicht nachgekommen. Durch den Bezug von Arbeitslosengeld ab 25.07.2002 sei eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Die Aufhebung für die Vergangenheit sei gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gerechtfertigt. Das Vorliegen eines atypischen Falles müsse verneint werden. Weil kein atypischer Fall vorliege, sei Ermessen nicht auszuüben.
Hiergegen hat der Kläger am 29.08.2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben.
Mit ihr hat er geltend gemacht, dass es an den materiell rechtlichen Voraussetzungen für eine Rückforderung in der Vergangenheit angeblich überzahlter Rentenleistungen fehle. Allein der Hinweis im Bescheid und zusätzliche Hinweise würden nicht ausreichen, die Rückforderung der entstandenen Überzahlung für die Vergangenheit grundsätzlich zu rechtfertigen und jegliche Einwendung in berechtigter Art auszuschließen. Die Hinweise rechtfertigten keineswegs einen Schluss auf eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Mitteilungspflichten. Die Variante des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X treffe insoweit nicht zu, weil Einkommen nicht in der Form erzielt worden sei, dass es zum Wegfall oder zur Minderung der Rentenzahlung geführt habe. Die vom Arbeitsamt bezogene Leistung sei keineswegs so hoch gewesen, dass die Hinzuverdienstgrenze direkt dadurch übertroffen worden sei. Erst über den für ihn nicht durchschaubaren oder nachvollziehbaren "Kniff" des Bemessungsentgeltes werde diese Überschreitung sichtbar und nachvollziehbar. Im Übrigen habe er die ihm zugeflossenen und nunmehr rückgeforderten Beträge zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bereits vollständig verbraucht.
Die Beklagte hat an der von ihr vertretenen Auffassung unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide festgehalten.
Mit Urteil vom 26.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Bezug von Arbeitslosengeld eine wesentliche Änderung der beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegenen Verhältnisse darstelle, die die Beklagte gemäß § 48 SGB X zur Aufhebung der Zahlungsansprüche aus dem Bescheid vom 15.05.2002 berechtigt habe. Die Berechtigung zur rückwirkenden Aufhebung ergebe sich daraus, dass der Kläger durch das dem Arbeitslosengeld zugrunde liegende Bemessungsentgelt ein zu berücksichtigendes monatliches Bruttoeinkommen erzielt habe, das die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe. Außerdem ergebe sie sich daraus, dass er aufgrund der Ausführungen in der Anlage 19 zum Bescheid vom 15.05.2002 gewusst habe, dass eine Minderung oder ein Wegfall seiner monatlichen Zahlungsansprüche beim Bezug von Arbeitslosengeld in Betracht kommen könne. Die Formulierung in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zeige zwar grundsätzlich ein Ermessen des zuständigen Sozialleistungsträgers bei der Entscheidung über die rückwirkende Aufhebung an, bedeute aber, dass eine rückwirkende Entscheidung in der Regel zu ergehen habe, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Entscheidung erfordern würden. Solche besonderen oder atypischen Verhältnisse seien vorliegend nicht gegeben. Darüber hinaus sei die rückwirkende Aufhebung der Zahlungsansprüche auch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X zulässig, weil der Kläger der ihm gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen sei. Diese habe in ihrem Bescheid vom 15.05.2002 ausdrücklich auf diese Mitwirkungspflichten hingewiesen.
Gegen das dem Kläger am 05.05.2004 zugestellte Urteil hat er am 02.06.2004 Berufung eingelegt. Mit ihr hält er daran fest, dass er eben nicht durch den Bezug von Arbeitslosengeld tatsächlich ein Bruttoeinkommen erzielt habe, welches die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe. Nur durch einen abstrakten für ihn nicht verständlichen und unbekannten Rechenvorgang und eine Fiktion gelange man zu diesem an sich ungerechten und ungerechtfertigten Ergebnis. Er habe daher nicht verstehen und auch nicht realisieren können, dass es allein schon durch den Bezug von Arbeitslosengeld zum Rentenwegfall habe kommen können, und er sei hierfür, wie viele andere Betroffene auch, nicht sensibilisiert gewesen. Es liege auch keine Verletzung der Mitteilungspflichten vor, weil nach seiner Sicht und seinem Verständnis es zu keiner wesentlichen und für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse gekommen sei. Daher sei die Annahme einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht gerechtfertigt bzw. zulässig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. April 2004 sowie den Bescheid vom 10. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2003 aufzuheben, soweit die Beklagte Rentenzahlungen für den Zeitraum vom 25. Juli 2002 bis 31. März 2003 zurückfordert.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass dem Rentenbescheid Hinweise beigefügt gewesen seien, die auf die Mitteilungspflicht des Rentenberechtigten hingewiesen hätten. Des weiteren seien in der Anlage 19 des Rentenbescheides die Hinzuverdienstgrenzen zahlenmäßig dargestellt und erläutert worden.
Seit dem 01.06.2004 bezieht der Kläger von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 17.08.2004). Von der einbehaltenen Rentennachzahlung in Höhe von 4143,84 EUR hat der Beklagte einen Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit in Höhe von 3482,32 EUR ausgeglichen und den Restbetrag in Höhe von 661,52 EUR auf den Erstattungsbescheid vom 10.03.2004 angerechnet. Der Rückforderungsbetrag ermäßige sich - so das Schreiben an den Kläger vom 17.12.2004 - auf 3589,17 EUR.
Der Senat hat die Akten des Klägers bei der Agentur für Arbeit Stuttgart beigezogen. Hieraus ergibt sich ein Bezug von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 25.07.2002 bis 11.09.2004 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 540 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, der Akten des Klägers bei der Agentur für Arbeit Stuttgart sowie des SG und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte berechtigt ist, den Bescheid vom 15.05.2002 (auch) mit Wirkung für die Zeit vom 25.07.2002 bis 31.03.2003 teilweise zurück-zunehmen und die in diesem Zeitraum gezahlten Rentenleistungen gemäß § 50 SGB X zurückzufordern.
Das SG hat in dem vom Kläger angefochtenen Urteil die Sach- und Rechtslage sowohl im Hinblick auf die Frage des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze als auch hinsichtlich der Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 SGB X ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Dass durch den Bezug des Arbeitslosengeldes der Anspruch auf Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weggefallen ist und dies eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage darstellt, steht - wie die Beschränkung der Anfechtung auf die rückwirkende Aufhebung und die Rückforderung durch den Kläger zeigt - zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung der Leistungsbewilligung auch für die Zeit vom 25.07. bis 31.07.2002 keinen Bedenken unterliegt, weil nach § 96a Abs. 1 Satz 2 und § 100 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der vom 01.01.2002 bis 31.12.2003 anzuwendenden Fassung, die Auswirkungen eines Hinzuverdienstes auf die Höhe der Rente tagegenau festzustellen waren. Der Senat nimmt deshalb im Übrigen auf diese Ausführungen nach eigener Überprüfung Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Aufhebung allein auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden kann. Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn und soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzung ist allein und ohne dass es hierfür auf ein Verschulden oder auch nur Erkennenkönnen vonseiten des Klägers ankommt, durch das Überschreiten der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI erfüllt. Dabei gibt der Gesetzgeber in Regelungen des materiellen Rechts vor, ob und in welchem Umfang ein Einkommen anzurechnen ist. Im konkreten Fall hat er in § 96a SGB VI vorgegeben, dass eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit uneingeschränkt nur geleistet wird, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird, und auch, dass Arbeitslosengeld als Einkommen nur bis zu gesetzlich festgelegten Grenzen ohne Auswirkung auf die Höhe einer gleichzeitig bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bleibt. Dies ergibt sich aus § 96a Abs. 3 Nr. 4 SGB VI, der bestimmt, dass bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erzielt wird, der Bezug von den in § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) genannten Sozialleistungen dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleichstehen. Hierzu gehört auch das Arbeitslosengeld. Die in § 96a Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI genannten Sozialleistungen stehen bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes nicht in ihrer tatsächlich geleisteten Höhe dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleich, sondern in Höhe des der Sozialleistung zugrunde liegenden monatlichen Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens (§ 96a Abs. 3 S. 3 SGB VI). Damit wird sicher gestellt, dass ein Versicherter, dessen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen eines Hinzuverdienstes gekürzt wird, nicht besser gestellt wird, wenn an die Stelle des Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens eine kurzfristige Lohnersatzleistung tritt (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand September 2007, § 96a SGB VI, Rdnr. 23). Dass der Gesetzgeber im konkreten Fall nicht den tatsächlichen Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes berücksichtigt, sondern auf das Bemessungsentgelt abstellt, ändert an den Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X nichts, weil diese gesetzlich vorgegebene Anrechnung in diesem Umfang zum Wegfall führt und es dabei weder auf eine Kenntnis noch auf sonstiges Verschulden auf Seiten des jeweiligen Leistungsempfängers ankommt. Diese Regelung ist auch nicht verfassungswidrig (vgl. Terminbericht Nr. 4/08 zum Urteil des Bundessozialgerichts v. 31.01.2008, B 13 R 23/07 R auf www.bundessozialgericht.de, dort unter Termine).
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 iVm § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X eingehalten. Kenntnis vom Bezug von Arbeitslosengeld erhielt die Beklagte am 21.01.2003. Hierauf hat sie nach Eingang der angeforderten Mitteilung des Arbeitsamtes über die Höhe des Bemessungsentgeltes und nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 10.03.2003 die Bewilligung aufgehoben.
Die Berechtigung der Beklagten zur rückwirkenden Aufhebung scheitert schließlich nicht an einer fehlenden oder nicht ausreichenden Ermessensausübung. Eine solche ist bei Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X erst dann erforderlich, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, der vom Regelfall abweichende Besonderheiten aufweist. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, sodass die Beklagte - ohne Ermessensentscheidung - zur Aufhebung verpflichtet war. Denn die Behörde ist bei Anwendung einer Soll-Vorschrift für den Regelfall gehalten, den Verwaltungsakt mit Wirkung auch für die Vergangenheit aufzuheben (st. Rspr. des BSG; vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Mai 2006, § 48 SGB X RdNr 36 mwN). Die Aufhebung erfolgt zwingend bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Nur für außergewöhnliche Sachverhalte räumt die generelle Soll-Bestimmung der zuständigen Behörde eine Ermessenskompetenz ein. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach Abs 1 Satz 2, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 48 SGB X RdNr 37). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Denn es handelt sich um den klassischen Fall der Einkommenserzielung, die zum Wegfall eines gewährten Leistungsanspruches geführt hat. Ein (Mit-)Verschulden der Beklagten an der Überzahlung, das grundsätzlich einen atypischen Fall begründen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr ist die Beklagte ihren Hinweispflichten - wie die Erläuterungen unter anderem der Anlage 19 zeigen - nachgekommen und sie hat nach Kenntnis der Gründe über den Wegfall des Leistungsanspruches die Aufhebung und Rückforderung zügig durchgeführt. Dass der Kläger aus den Hinweisen der Beklagten, die er selbst nur oberflächlich gelesen haben will, falsche rechtliche Schlüsse gezogen hat (der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes überschreite die Hinzuverdienstgrenze nicht) vermag einen atypischen Fall nicht zu begründen. Schließlich hatte die Beklagte in der Anlage 19 zum Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Höhe des Hinzuverdienstes bei Sozialleistungen nicht die Höhe der Leistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend sei. Eine besondere Härte ist weder durch die Rückzahlungspflicht allein noch durch den Umstand, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt verbraucht wurden, zu begründen. Angesichts des eindeutigen Hinweises in der Anlage 19 des Bescheides kann sich der Kläger auch nicht auf einen gutgläubigen Verbrauch stützen. Allein der Hinweis, dass für die Höhe des Hinzuverdienstes nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend ist, schließt einen solchen aus, weil hierdurch zwangsläufig zumindest Zweifel am Behaltendürfen der Leistung im vollen Umfang verbunden sein müssen. Dass der Kläger diese Hinweise nur oberflächlich gelesen haben will, ist ihm ebenfalls anzulasten und führt ebenfalls nicht zur Annahme eines atypischen Falles.
Nachdem die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden kann, erübrigen sich Feststellungen dahingehend, ob auch die Voraussetzungen der Nummern 2 und 4 der Vorschrift erfüllt sind.
Der Rückforderungsanspruch ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Rechenfehler der im Bescheid dargestellten Berechnung der Rückforderungssumme sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze und gegen die geforderte Erstattung gezahlter Leistungen im Zeitraum vom 25.07.2002 bis 31.03.2003.
Der 1945 geborene Kläger beantragte am 29.11.2001 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 15.05.2002 bewilligte die Beklagte eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.08.2001 bis 31.07.2004 (für die Zeit ab 01.07.2002 betrug die monatliche Rente 559,25 EUR abzüglich der Beitragsanteile des Rentners zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung; monatlicher Zahlbetrag 516,75 EUR). Die Anlage 19 zum Bescheid vom 15.05.2002 enthielt unter der Überschrift "Darstellung der Hinzuverdienstgrenzen" unter anderem folgendem Hinweis:
" ...Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze ist auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen (z.B. Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Altersübergangsgeld, Insolvenzgeld, Überbrückungsgeld der Seemannskasse, Übergangsleistung bei Maßnahmen gegen Berufskrankheiten, vergleichbare Leistungen einer Stelle im Ausland) besteht. Für die Höhe des Hinzuverdienstes ist nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend."
Die Anlage 19 des Bescheides enthielt für die Zeit ab 01.05.2002 und ab 01.07.2002 eine Berechnung und Angabe der individuellen Hinzuverdienstgrenze (für die Zeit ab 01.07.2002 in voller Höhe das 20,7-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten: 1640,17 EUR und in Höhe der Hälfte das 25,8-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Endgeltpunkten: 2044,26 EUR).
Am 21.01.2003 erhielt die Beklagte aufgrund der datentechnischen Übermittlung des Bezuges von Arbeitslosengeld für das Versicherungs- bzw. Rentenkonto des Klägers Kenntnis von dem Bezug von Arbeitslosengeld ab 25.07.2002. Auf Anfrage der Beklagten teilte das Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) Stuttgart am 14.02.2003 mit, dass das Bemessungsentgelt ab dem 25.07.2002 540 EUR wöchentlich betrage.
Mit Schreiben vom 26.02.2003 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Rücknahme des Verwaltungsakts und der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen an. Mit Bescheid vom 10.03.2003 hob die Beklagte den Bescheid über die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 15.05.2002 für die Vergangenheit vom 25.07.2002 bis 31.03.2003 in Höhe von 4250,69 EUR und für die Zukunft vom 01.04.2003 an auf, weil der Bezug von Arbeitslosengeld die Hinzuverdienstgrenze überschreite. Die Höhe der rechtmäßig zustehenden Leistung betrage ab dem 01.04.2003 monatlich 0 EUR, weil sie aufgrund der Hinzuverdienstgrenze zum Ruhen gekommen sei. Die in der genannten Zeit zu Unrecht erbrachten Leistungen seien vom Kläger zu erstatten.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er zwar hinnehme, dass ab 01.04.2003 laufende Rentenleistungen nicht mehr bezahlt würden, hinsichtlich der angeblichen Überzahlung sei er jedoch der Auffassung, dass der Bescheid vom 15.05.2002 nicht für die Vergangenheit zurückgenommen werden könne. Er sei nicht bösgläubig gewesen. Trotz eventueller Mitteilungen und Hinweisen im Rentenbescheid habe er aufgrund der Kompliziertheit und Komplexheit der Zusammenhänge weder wissen noch verstehen oder auch nur nachvollziehen können, dass der Anspruch auf die Rente ganz oder teilweise durch den Bezug von Arbeitslosengeld entfallen sei. Für ihn sei nur verständlich gewesen, dass er einen bestimmten tatsächlichen Betrag an Arbeitslosengeld erhalten habe, dieser jedoch für ihn weit unterhalb der zulässigen Hinzuverdienstgrenze gelegen habe, mit der Folge, dass er insoweit nichts weiter unternommen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger mit Bescheid vom 15.05.2002 über seine Mitteilungspflichten bezüglich des Hinzutritts von Leistungen informiert worden sei. Dieser Mitteilungspflicht sei er nicht nachgekommen. Durch den Bezug von Arbeitslosengeld ab 25.07.2002 sei eine Änderung in den Verhältnissen eingetreten. Die Aufhebung für die Vergangenheit sei gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gerechtfertigt. Das Vorliegen eines atypischen Falles müsse verneint werden. Weil kein atypischer Fall vorliege, sei Ermessen nicht auszuüben.
Hiergegen hat der Kläger am 29.08.2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben.
Mit ihr hat er geltend gemacht, dass es an den materiell rechtlichen Voraussetzungen für eine Rückforderung in der Vergangenheit angeblich überzahlter Rentenleistungen fehle. Allein der Hinweis im Bescheid und zusätzliche Hinweise würden nicht ausreichen, die Rückforderung der entstandenen Überzahlung für die Vergangenheit grundsätzlich zu rechtfertigen und jegliche Einwendung in berechtigter Art auszuschließen. Die Hinweise rechtfertigten keineswegs einen Schluss auf eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Mitteilungspflichten. Die Variante des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X treffe insoweit nicht zu, weil Einkommen nicht in der Form erzielt worden sei, dass es zum Wegfall oder zur Minderung der Rentenzahlung geführt habe. Die vom Arbeitsamt bezogene Leistung sei keineswegs so hoch gewesen, dass die Hinzuverdienstgrenze direkt dadurch übertroffen worden sei. Erst über den für ihn nicht durchschaubaren oder nachvollziehbaren "Kniff" des Bemessungsentgeltes werde diese Überschreitung sichtbar und nachvollziehbar. Im Übrigen habe er die ihm zugeflossenen und nunmehr rückgeforderten Beträge zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bereits vollständig verbraucht.
Die Beklagte hat an der von ihr vertretenen Auffassung unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide festgehalten.
Mit Urteil vom 26.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Bezug von Arbeitslosengeld eine wesentliche Änderung der beim Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegenen Verhältnisse darstelle, die die Beklagte gemäß § 48 SGB X zur Aufhebung der Zahlungsansprüche aus dem Bescheid vom 15.05.2002 berechtigt habe. Die Berechtigung zur rückwirkenden Aufhebung ergebe sich daraus, dass der Kläger durch das dem Arbeitslosengeld zugrunde liegende Bemessungsentgelt ein zu berücksichtigendes monatliches Bruttoeinkommen erzielt habe, das die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe. Außerdem ergebe sie sich daraus, dass er aufgrund der Ausführungen in der Anlage 19 zum Bescheid vom 15.05.2002 gewusst habe, dass eine Minderung oder ein Wegfall seiner monatlichen Zahlungsansprüche beim Bezug von Arbeitslosengeld in Betracht kommen könne. Die Formulierung in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zeige zwar grundsätzlich ein Ermessen des zuständigen Sozialleistungsträgers bei der Entscheidung über die rückwirkende Aufhebung an, bedeute aber, dass eine rückwirkende Entscheidung in der Regel zu ergehen habe, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Entscheidung erfordern würden. Solche besonderen oder atypischen Verhältnisse seien vorliegend nicht gegeben. Darüber hinaus sei die rückwirkende Aufhebung der Zahlungsansprüche auch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X zulässig, weil der Kläger der ihm gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen sei. Diese habe in ihrem Bescheid vom 15.05.2002 ausdrücklich auf diese Mitwirkungspflichten hingewiesen.
Gegen das dem Kläger am 05.05.2004 zugestellte Urteil hat er am 02.06.2004 Berufung eingelegt. Mit ihr hält er daran fest, dass er eben nicht durch den Bezug von Arbeitslosengeld tatsächlich ein Bruttoeinkommen erzielt habe, welches die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe. Nur durch einen abstrakten für ihn nicht verständlichen und unbekannten Rechenvorgang und eine Fiktion gelange man zu diesem an sich ungerechten und ungerechtfertigten Ergebnis. Er habe daher nicht verstehen und auch nicht realisieren können, dass es allein schon durch den Bezug von Arbeitslosengeld zum Rentenwegfall habe kommen können, und er sei hierfür, wie viele andere Betroffene auch, nicht sensibilisiert gewesen. Es liege auch keine Verletzung der Mitteilungspflichten vor, weil nach seiner Sicht und seinem Verständnis es zu keiner wesentlichen und für ihn nachteiligen Änderung der Verhältnisse gekommen sei. Daher sei die Annahme einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht gerechtfertigt bzw. zulässig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. April 2004 sowie den Bescheid vom 10. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2003 aufzuheben, soweit die Beklagte Rentenzahlungen für den Zeitraum vom 25. Juli 2002 bis 31. März 2003 zurückfordert.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass dem Rentenbescheid Hinweise beigefügt gewesen seien, die auf die Mitteilungspflicht des Rentenberechtigten hingewiesen hätten. Des weiteren seien in der Anlage 19 des Rentenbescheides die Hinzuverdienstgrenzen zahlenmäßig dargestellt und erläutert worden.
Seit dem 01.06.2004 bezieht der Kläger von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 17.08.2004). Von der einbehaltenen Rentennachzahlung in Höhe von 4143,84 EUR hat der Beklagte einen Erstattungsanspruch der Agentur für Arbeit in Höhe von 3482,32 EUR ausgeglichen und den Restbetrag in Höhe von 661,52 EUR auf den Erstattungsbescheid vom 10.03.2004 angerechnet. Der Rückforderungsbetrag ermäßige sich - so das Schreiben an den Kläger vom 17.12.2004 - auf 3589,17 EUR.
Der Senat hat die Akten des Klägers bei der Agentur für Arbeit Stuttgart beigezogen. Hieraus ergibt sich ein Bezug von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 25.07.2002 bis 11.09.2004 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 540 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, der Akten des Klägers bei der Agentur für Arbeit Stuttgart sowie des SG und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte berechtigt ist, den Bescheid vom 15.05.2002 (auch) mit Wirkung für die Zeit vom 25.07.2002 bis 31.03.2003 teilweise zurück-zunehmen und die in diesem Zeitraum gezahlten Rentenleistungen gemäß § 50 SGB X zurückzufordern.
Das SG hat in dem vom Kläger angefochtenen Urteil die Sach- und Rechtslage sowohl im Hinblick auf die Frage des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze als auch hinsichtlich der Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 SGB X ausführlich und zutreffend wiedergegeben. Dass durch den Bezug des Arbeitslosengeldes der Anspruch auf Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weggefallen ist und dies eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage darstellt, steht - wie die Beschränkung der Anfechtung auf die rückwirkende Aufhebung und die Rückforderung durch den Kläger zeigt - zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass die Aufhebung der Leistungsbewilligung auch für die Zeit vom 25.07. bis 31.07.2002 keinen Bedenken unterliegt, weil nach § 96a Abs. 1 Satz 2 und § 100 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der vom 01.01.2002 bis 31.12.2003 anzuwendenden Fassung, die Auswirkungen eines Hinzuverdienstes auf die Höhe der Rente tagegenau festzustellen waren. Der Senat nimmt deshalb im Übrigen auf diese Ausführungen nach eigener Überprüfung Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Aufhebung allein auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden kann. Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn und soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzung ist allein und ohne dass es hierfür auf ein Verschulden oder auch nur Erkennenkönnen vonseiten des Klägers ankommt, durch das Überschreiten der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI erfüllt. Dabei gibt der Gesetzgeber in Regelungen des materiellen Rechts vor, ob und in welchem Umfang ein Einkommen anzurechnen ist. Im konkreten Fall hat er in § 96a SGB VI vorgegeben, dass eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit uneingeschränkt nur geleistet wird, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird, und auch, dass Arbeitslosengeld als Einkommen nur bis zu gesetzlich festgelegten Grenzen ohne Auswirkung auf die Höhe einer gleichzeitig bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bleibt. Dies ergibt sich aus § 96a Abs. 3 Nr. 4 SGB VI, der bestimmt, dass bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erzielt wird, der Bezug von den in § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) genannten Sozialleistungen dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleichstehen. Hierzu gehört auch das Arbeitslosengeld. Die in § 96a Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI genannten Sozialleistungen stehen bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes nicht in ihrer tatsächlich geleisteten Höhe dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleich, sondern in Höhe des der Sozialleistung zugrunde liegenden monatlichen Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens (§ 96a Abs. 3 S. 3 SGB VI). Damit wird sicher gestellt, dass ein Versicherter, dessen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen eines Hinzuverdienstes gekürzt wird, nicht besser gestellt wird, wenn an die Stelle des Arbeitsentgeltes oder Arbeitseinkommens eine kurzfristige Lohnersatzleistung tritt (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand September 2007, § 96a SGB VI, Rdnr. 23). Dass der Gesetzgeber im konkreten Fall nicht den tatsächlichen Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes berücksichtigt, sondern auf das Bemessungsentgelt abstellt, ändert an den Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X nichts, weil diese gesetzlich vorgegebene Anrechnung in diesem Umfang zum Wegfall führt und es dabei weder auf eine Kenntnis noch auf sonstiges Verschulden auf Seiten des jeweiligen Leistungsempfängers ankommt. Diese Regelung ist auch nicht verfassungswidrig (vgl. Terminbericht Nr. 4/08 zum Urteil des Bundessozialgerichts v. 31.01.2008, B 13 R 23/07 R auf www.bundessozialgericht.de, dort unter Termine).
Die Beklagte hat auch die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 iVm § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X eingehalten. Kenntnis vom Bezug von Arbeitslosengeld erhielt die Beklagte am 21.01.2003. Hierauf hat sie nach Eingang der angeforderten Mitteilung des Arbeitsamtes über die Höhe des Bemessungsentgeltes und nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 10.03.2003 die Bewilligung aufgehoben.
Die Berechtigung der Beklagten zur rückwirkenden Aufhebung scheitert schließlich nicht an einer fehlenden oder nicht ausreichenden Ermessensausübung. Eine solche ist bei Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X erst dann erforderlich, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, der vom Regelfall abweichende Besonderheiten aufweist. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, sodass die Beklagte - ohne Ermessensentscheidung - zur Aufhebung verpflichtet war. Denn die Behörde ist bei Anwendung einer Soll-Vorschrift für den Regelfall gehalten, den Verwaltungsakt mit Wirkung auch für die Vergangenheit aufzuheben (st. Rspr. des BSG; vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Mai 2006, § 48 SGB X RdNr 36 mwN). Die Aufhebung erfolgt zwingend bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X. Nur für außergewöhnliche Sachverhalte räumt die generelle Soll-Bestimmung der zuständigen Behörde eine Ermessenskompetenz ein. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach Abs 1 Satz 2, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, a. a. O., § 48 SGB X RdNr 37). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Denn es handelt sich um den klassischen Fall der Einkommenserzielung, die zum Wegfall eines gewährten Leistungsanspruches geführt hat. Ein (Mit-)Verschulden der Beklagten an der Überzahlung, das grundsätzlich einen atypischen Fall begründen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr ist die Beklagte ihren Hinweispflichten - wie die Erläuterungen unter anderem der Anlage 19 zeigen - nachgekommen und sie hat nach Kenntnis der Gründe über den Wegfall des Leistungsanspruches die Aufhebung und Rückforderung zügig durchgeführt. Dass der Kläger aus den Hinweisen der Beklagten, die er selbst nur oberflächlich gelesen haben will, falsche rechtliche Schlüsse gezogen hat (der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes überschreite die Hinzuverdienstgrenze nicht) vermag einen atypischen Fall nicht zu begründen. Schließlich hatte die Beklagte in der Anlage 19 zum Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Höhe des Hinzuverdienstes bei Sozialleistungen nicht die Höhe der Leistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend sei. Eine besondere Härte ist weder durch die Rückzahlungspflicht allein noch durch den Umstand, dass die Leistungen zum Lebensunterhalt verbraucht wurden, zu begründen. Angesichts des eindeutigen Hinweises in der Anlage 19 des Bescheides kann sich der Kläger auch nicht auf einen gutgläubigen Verbrauch stützen. Allein der Hinweis, dass für die Höhe des Hinzuverdienstes nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend ist, schließt einen solchen aus, weil hierdurch zwangsläufig zumindest Zweifel am Behaltendürfen der Leistung im vollen Umfang verbunden sein müssen. Dass der Kläger diese Hinweise nur oberflächlich gelesen haben will, ist ihm ebenfalls anzulasten und führt ebenfalls nicht zur Annahme eines atypischen Falles.
Nachdem die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden kann, erübrigen sich Feststellungen dahingehend, ob auch die Voraussetzungen der Nummern 2 und 4 der Vorschrift erfüllt sind.
Der Rückforderungsanspruch ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Rechenfehler der im Bescheid dargestellten Berechnung der Rückforderungssumme sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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