Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 4 AS 3463/07 ER
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4868/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts R. vom 26. September 2007 aufgehoben, soweit das SG die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, der Klägerin die Sicherheitsleistung für eine Tauschwohnung mit angemessenem Mietzins bei der GWG-Wohnungs-Genossenschaft R. in Höhe von 2.000 EUR darlehensweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird in vollem Umfang abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beklagten, welcher das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis 31. März 2008 geltenden Fassung), ist begründet; das SG hat dem Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Klägerin kann im Wege der einstweiligen Anordnung nicht die Verpflichtung der Beklagten verlangen, ihr die Sicherheitsleistung für eine Tauschwohnung mit angemessenem Mietzins bei der GWG R. (GWG) in Höhe von 2.000 EUR zu gewähren.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das SG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin - wie vom SG bejaht - einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Dies erscheint hier zweifelhaft, da die vom SG herangezogene Rechtsgrundlage (§ 22 Abs. 3 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)) die Übernahme von Kosten für die Beschaffung einer neuen Wohnung regelt, während die hier im Streit stehende Sicherheitsleistung etwaige Ansprüche des Vermieters anlässlich des Auszugs aus der bisherigen Wohnung sichern soll. Insoweit erscheint fraglich, ob das SGB II für die von der Klägerin begehrte Kostenübernahme eine Rechtsgrundlage bietet. Außerdem erscheint zweifelhaft, ob die Beklagte verpflichtet werden kann, die vom Vermieter verlangte Sicherheitsleistung zu übernehmen, ohne in die Lage versetzt zu sein, die Angemessenheit einer konkreten Tauschwohnung zu überprüfen.
Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben, denn die Klägerin hat jedenfalls einen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht; die begehrte Regelung erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, würde sie auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen. Die Klägerin bewohnt eine ihren Wohnbedürfnissen entsprechende Wohnung. Dass die Beklagte sie aufgefordert hat, sich eine günstigere Wohnung zu suchen, vermag einen Anordnungsgrund für sich genommen nicht zu begründen, denn die Beklagte zahlt nach wie vor die für die von der Klägerin derzeit angemietete Wohnung tatsächlich anfallende (unangemessen hohe) Miete. Dass diesbezüglich eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen bereits eingetreten sei oder unmittelbar bevorstehe, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Es besteht für sie über das Erfordernis, sich weiterhin (ggf. bei anderen in Betracht kommenden Vermietern) um eine günstigere Wohnung zu bemühen hinaus kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Deshalb ist es ihr zuzumuten, hinsichtlich der begehrten Kostenübernahme für die vom Vermieter geforderte Sicherheitsleistung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beklagten, welcher das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis 31. März 2008 geltenden Fassung), ist begründet; das SG hat dem Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Klägerin kann im Wege der einstweiligen Anordnung nicht die Verpflichtung der Beklagten verlangen, ihr die Sicherheitsleistung für eine Tauschwohnung mit angemessenem Mietzins bei der GWG R. (GWG) in Höhe von 2.000 EUR zu gewähren.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer - hier nicht glaubhaft gemachten - in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das SG dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin - wie vom SG bejaht - einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Dies erscheint hier zweifelhaft, da die vom SG herangezogene Rechtsgrundlage (§ 22 Abs. 3 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)) die Übernahme von Kosten für die Beschaffung einer neuen Wohnung regelt, während die hier im Streit stehende Sicherheitsleistung etwaige Ansprüche des Vermieters anlässlich des Auszugs aus der bisherigen Wohnung sichern soll. Insoweit erscheint fraglich, ob das SGB II für die von der Klägerin begehrte Kostenübernahme eine Rechtsgrundlage bietet. Außerdem erscheint zweifelhaft, ob die Beklagte verpflichtet werden kann, die vom Vermieter verlangte Sicherheitsleistung zu übernehmen, ohne in die Lage versetzt zu sein, die Angemessenheit einer konkreten Tauschwohnung zu überprüfen.
Letztlich kann diese Frage hier aber offen bleiben, denn die Klägerin hat jedenfalls einen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht; die begehrte Regelung erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, würde sie auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen. Die Klägerin bewohnt eine ihren Wohnbedürfnissen entsprechende Wohnung. Dass die Beklagte sie aufgefordert hat, sich eine günstigere Wohnung zu suchen, vermag einen Anordnungsgrund für sich genommen nicht zu begründen, denn die Beklagte zahlt nach wie vor die für die von der Klägerin derzeit angemietete Wohnung tatsächlich anfallende (unangemessen hohe) Miete. Dass diesbezüglich eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen bereits eingetreten sei oder unmittelbar bevorstehe, hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Es besteht für sie über das Erfordernis, sich weiterhin (ggf. bei anderen in Betracht kommenden Vermietern) um eine günstigere Wohnung zu bemühen hinaus kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Deshalb ist es ihr zuzumuten, hinsichtlich der begehrten Kostenübernahme für die vom Vermieter geforderte Sicherheitsleistung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
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