Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 2182/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 339/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ¾ der außergerichtlichen Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen fehlender Verfügbarkeit ab 24. Mai 2003.
Der 1949 geborene Kläger bezog seit Jahren Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit, zuletzt Alhi für den Leistungsabschnitt vom 27. Juli 2002 bis 26. Juli 2003 (Bescheid vom 7. August 2002; Bescheid vom 15. Januar 2003: ab 1. Januar 2003). An einer von der Beklagten angebotenen Maßnahme der Eignungsfeststellung nahm er zwei Tage lang teil, danach meldete er sich bis zum 18. April 2003 arbeitsunfähig krank. Am 22. April 2003, dem Dienstag nach Ostern, setzte er die Maßnahme trotz einer Aufforderung der Beklagten nicht fort. Mit Schreiben vom 22. April 2003 teilte er hierzu mit, dass er nicht mehr "arbeitsunfähig", aber nicht gesund sei. Die Beklagte verfügte wegen des Abbruchs der Maßnahme mit Bescheid vom 6. Mai 2003 eine Sperrzeit vom 22. April 2003 bis zum 12. Mai 2003. Mit Bescheid vom 8. Mai 2003 wurde dem Kläger Alhi erneut ab dem 13. Mai 2003 bis zum 26. Juli 2003 bewilligt. Die Beklagte veranlasste die Klärung der Leistungsfähigkeit des Klägers durch ein amtsärztliches Gutachten. Dieser erschien am 14. Mai 2003 zwar bei der Amtsärztin, erklärte jedoch, sich derzeit nicht untersuchen lassen zu wollen. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 24. Mai 2003 auf, weil der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe (Bescheid vom 20. Mai 2003, Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003).
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Freiburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 27. Oktober 2003 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung wurde mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 24. März 2004 - L 5 AL 4610/03 zurückgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Leistungsaufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sei wegen Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt. Eine rechtserhebliche Änderung sei hier darin zu sehen, dass wegen der Weigerung des Klägers, sich untersuchen zu lassen, die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung und damit eine wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr habe festgestellt werden können. Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) die Revision mit Beschluss vom 9. Dezember 2004 zugelassen und mit Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a/7 AL 102/04 R - auf die Revision des Klägers das Urteil des LSG vom 24. März 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei bei der angefochtenen Aufhebung der Bewilligungsbescheide von § 48 Abs 1 SGB X ausgegangen. Diese Vorschrift verlange eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen gegenüber denen des Bewilligungsbescheids. Ob als Vergleichsbasis die Verhältnisse zur Zeit der Bescheide vom 7. August 2002 bzw. des Dynamisierungsbescheides vom 15. Januar 2003 maßgebend seien oder ob es auf den Zeitpunkt eines weiteren Bescheides vom 8. Mai 2003 ankomme, der sich im Übrigen auch auf den Bewilligungszeitraum auswirken könne, im Gerichtsverfahren bislang aber noch nicht berücksichtigt worden sei, werde das LSG zu ermitteln haben. Die Gewährung von Alhi nach Ablauf des maßgebenden Bewilligungszeitraums sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits; hierüber werde die Beklagte noch zu befinden haben. Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Verfügbarkeit des Klägers nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III entfallen gewesen sei und die Beklagte die Bewilligung von Alhi zu Recht wegen Änderung der Verhältnisse aufgehoben habe. Im Rahmen des § 48 SGB X könne eine Änderung der Verhältnisse nur anhand eines Vergleichs der maßgebenden Tatsachen begründet werden. Die Verwendung der Rechtsbegriffe "nicht arbeitsfähig" bzw. "nicht arbeitsbereit" ersetze die nach dem Gesetz erforderlichen Tatsachenfeststellungen, aus denen sich eine Änderung der Verhältnisse ergebe, nicht. Das LSG habe den Wegfall der Verfügbarkeit zu Unrecht allein wegen der Weigerung des Klägers gegenüber dem Arbeitsamt (seit 1. Januar 2004: Agentur für Arbeit) angenommen, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Hierdurch habe er dem Arbeitsamt die Möglichkeit genommen, festzustellen, ob er noch arbeitsfähig sei und gegebenenfalls in welchem Umfang er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. In Bezug auf die Verfügbarkeit ergebe sich hieraus jedoch keine Änderung der Verhältnisse, sondern allenfalls ein Aufklärungshindernis. Verwaltung und Sozialgerichte seien aber grundsätzlich verpflichtet, das Vorliegen der maßgebenden Anspruchsvoraussetzungen von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG). Die Beklagte bzw. die Tatsachengerichte hätten deshalb ermitteln müssen, ob der Kläger in dem von ihnen angenommenen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen und auszuüben und damit nicht mehr als verfügbar anzusehen gewesen sei (§ 119 Abs. 2 - 4 SGB III). Die Weigerung des Klägers, sich einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, habe weder die Beklagte noch die Gerichte der sie treffenden Ermittlungspflicht enthoben. Hielten sie zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit eine ärztliche Untersuchung für erforderlich und werde diese vom Betroffenen verweigert, so seien zunächst andere zur Aufklärung geeignete Maßnahmen, etwa ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage unter Heranziehung von Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte, einzusetzen. Seien alle Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft, könne das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 128 SGG unter Umständen auch Schlüsse daraus ziehen, dass sich ein Beteiligter grundlos geweigert habe, sich untersuchen zu lassen, Unterlagen vorzulegen oder eine Zustimmung zur Einholung von Auskünften zu erteilen, und zu dem Ergebnis kommen, dass die verhinderten Ermittlungen für den Beteiligten ein ungünstiges Ergebnis gehabt hätten, wenn dies mit sonstigen Feststellungen nicht im Widerspruch stehe.
Im zurückverwiesenen Berufungsverfahren beantragt der Kläger sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Nach der Zurückverweisung hat der Senat, nachdem der Kläger schließlich die Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt hat, eine sachverständige Zeugenaussage des den Kläger in der Zeit vom 24. Mai 1995 bis 16. Mai 2003 behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin S. eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 25. Juni 2007 mitgeteilt, dass der Kläger zumindest überwiegend leichte Arbeit im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen noch habe vollschichtig verrichten können. Durch die zur maßgeblichen Zeit bestehende Alkoholproblematik wäre auf Arbeiten mit Fahr-, Steuer- und Überwachungsfunktionen, sowie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortlichkeit und Feinarbeiten zu verzichten gewesen. Die Beklagte hat hieraufhin einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, in dem sie sich bereit erklärt hat, den Bescheid vom 20. Mai 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003 aufzuheben und dem Kläger bis einschließlich 26. Juli 2003 Alhi zu gewähren sowie die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Der Kläger hat diesen Vergleich nicht angenommen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2008 hat die Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 20. Mai 2003 zurückgenommen und dem Kläger Alhi für die Zeit vom 24. Mai 2003 bis zum 26. Juli 2003 gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Akten des SG sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 27. Oktober 2003 sowie der dort streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 20. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003. Die hiergegen im Klageverfahren gerichtete reine Anfechtungsklage ist - nunmehr - unzulässig, so dass die Berufung in der Sache keinen Erfolg haben konnte.
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind auch durch das Berufungsgericht zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1979 - VII ZR 48/78 - (NJW 1980, 520) mit weiteren Nachweisen). Anlass dazu besteht etwa dann, wenn im Berufungsverfahren zweifelhaft geworden ist, ob das Rechtsschutzinteresse des Klägers, das im Verfahren erster Instanz außer Frage gestanden hatte, im Hinblick auf ein später eingetretenes Ereignis noch fortbesteht (s. auch BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1977 - V BLw 16/77 - (MDR 1978, 566); BVerwG, Beschluss vom 11. März 1992 5 B 32/92 -, veröffentlicht in Juris). So liegt es hier hinsichtlich der Anfechtungsbefugnis. Der Kläger war als Adressat der die ihm Leistungen bewilligenden Bescheide zurücknehmenden Verfügung unzweifelhaft klagebefugt. Ebenso unzweifelhaft ist diese Anfechtungsbefugnis jedoch dadurch entfallen, dass die Beklagte den angefochtenen Bescheid mit Verfügung vom 5. Mai 2008 aufgehoben hat.
Da die Weitergewährung ab dem 27. Juli 2003 nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, dem wie dargelegt allein ein Anfechtungsbegehren zugrunde liegt, stellen sich in diesem Verfahren auch die Fragen, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen über den ursprünglichen Bewilligungszeitraum hinaus hatte und ob er über das Erfordernis einer erneuten Antragstellung belehrt worden ist oder hätte belehrt werden müssen, nicht. Es ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen: Die angegriffene Rücknahmeentscheidung vom 20. Mai 2003 erfasste die zum Zeitpunkt ihres Erlasses bereits ergangenen Bewilligungsbescheide, soweit durch diese Leistungen über 23. Mai 2003 hinaus bewilligt wurden. Dies waren die Bescheide vom 7. August 2003, vom 15. Januar 2003 und vom 8. Mai 2003. Durch die Aufhebung des Bescheids vom 20. Mai 2003 ist die maßgebliche Bewilligung wieder Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Alhi ab dem 24. Mai 2003. Da die zurückgenommenen Bescheide aber keine über den 26. Juli 2003 hinausgehende Leistungen gewährt hatten, endet dieser Anspruch am 26. Juli 2003, dem Ende des maßgeblichen Bewilligungsabschnitts. Eine Entscheidung der Beklagten über die Leistungsgewährung ab dem 27. Juli 2003 lag nicht vor und liegt weiterhin nicht vor, so dass die angegriffene Rücknahmeverfügung diesen Zeitraum nicht ergreifen konnte. Liegt aber keine Entscheidung über die Leistungsgewährung für die Zeit vom 27. Juli 2003 bis zum 19. April 2004 vor, wäre auch eine Erweiterung der Klage um ein entsprechendes Leistungsbegehren unzulässig, da es somit auch an dem erforderlichen Vorverfahren fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass das Verhalten des Klägers maßgeblich für die Dauer des zurückverwiesenen Verfahrens war und die Beklagte unverzüglich nach Vorliegen der sachverständigen Zeugenaussagenaussage einen Vergleichsvorschlag gemacht hat, der einem vollumfänglichen Anerkenntnis inhaltlich gleich kam. Nachdem der Kläger diesen Vergleich dennoch nicht angenommen hat, hat sie schließlich die angefochtenen Bescheide aufgehoben und dem Klagebegehren damit vollständig entsprochen. Damit waren ihr die Erstattung der außergerichtlichen Kosten in sämtlichen Rechtszügen lediglich zu ¾ aufzuerlegen.
Die Beklagte hat dem Kläger ¾ der außergerichtlichen Kosten für alle Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen fehlender Verfügbarkeit ab 24. Mai 2003.
Der 1949 geborene Kläger bezog seit Jahren Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit, zuletzt Alhi für den Leistungsabschnitt vom 27. Juli 2002 bis 26. Juli 2003 (Bescheid vom 7. August 2002; Bescheid vom 15. Januar 2003: ab 1. Januar 2003). An einer von der Beklagten angebotenen Maßnahme der Eignungsfeststellung nahm er zwei Tage lang teil, danach meldete er sich bis zum 18. April 2003 arbeitsunfähig krank. Am 22. April 2003, dem Dienstag nach Ostern, setzte er die Maßnahme trotz einer Aufforderung der Beklagten nicht fort. Mit Schreiben vom 22. April 2003 teilte er hierzu mit, dass er nicht mehr "arbeitsunfähig", aber nicht gesund sei. Die Beklagte verfügte wegen des Abbruchs der Maßnahme mit Bescheid vom 6. Mai 2003 eine Sperrzeit vom 22. April 2003 bis zum 12. Mai 2003. Mit Bescheid vom 8. Mai 2003 wurde dem Kläger Alhi erneut ab dem 13. Mai 2003 bis zum 26. Juli 2003 bewilligt. Die Beklagte veranlasste die Klärung der Leistungsfähigkeit des Klägers durch ein amtsärztliches Gutachten. Dieser erschien am 14. Mai 2003 zwar bei der Amtsärztin, erklärte jedoch, sich derzeit nicht untersuchen lassen zu wollen. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 24. Mai 2003 auf, weil der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe (Bescheid vom 20. Mai 2003, Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003).
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Freiburg (SG) mit Gerichtsbescheid vom 27. Oktober 2003 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung wurde mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 24. März 2004 - L 5 AL 4610/03 zurückgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Leistungsaufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sei wegen Änderung der Verhältnisse gerechtfertigt. Eine rechtserhebliche Änderung sei hier darin zu sehen, dass wegen der Weigerung des Klägers, sich untersuchen zu lassen, die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung und damit eine wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Lohnersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit nicht mehr habe festgestellt werden können. Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) die Revision mit Beschluss vom 9. Dezember 2004 zugelassen und mit Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a/7 AL 102/04 R - auf die Revision des Klägers das Urteil des LSG vom 24. März 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei bei der angefochtenen Aufhebung der Bewilligungsbescheide von § 48 Abs 1 SGB X ausgegangen. Diese Vorschrift verlange eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen gegenüber denen des Bewilligungsbescheids. Ob als Vergleichsbasis die Verhältnisse zur Zeit der Bescheide vom 7. August 2002 bzw. des Dynamisierungsbescheides vom 15. Januar 2003 maßgebend seien oder ob es auf den Zeitpunkt eines weiteren Bescheides vom 8. Mai 2003 ankomme, der sich im Übrigen auch auf den Bewilligungszeitraum auswirken könne, im Gerichtsverfahren bislang aber noch nicht berücksichtigt worden sei, werde das LSG zu ermitteln haben. Die Gewährung von Alhi nach Ablauf des maßgebenden Bewilligungszeitraums sei nicht Gegenstand des Rechtsstreits; hierüber werde die Beklagte noch zu befinden haben. Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG könne nicht abschließend beurteilt werden, ob die Verfügbarkeit des Klägers nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III entfallen gewesen sei und die Beklagte die Bewilligung von Alhi zu Recht wegen Änderung der Verhältnisse aufgehoben habe. Im Rahmen des § 48 SGB X könne eine Änderung der Verhältnisse nur anhand eines Vergleichs der maßgebenden Tatsachen begründet werden. Die Verwendung der Rechtsbegriffe "nicht arbeitsfähig" bzw. "nicht arbeitsbereit" ersetze die nach dem Gesetz erforderlichen Tatsachenfeststellungen, aus denen sich eine Änderung der Verhältnisse ergebe, nicht. Das LSG habe den Wegfall der Verfügbarkeit zu Unrecht allein wegen der Weigerung des Klägers gegenüber dem Arbeitsamt (seit 1. Januar 2004: Agentur für Arbeit) angenommen, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Hierdurch habe er dem Arbeitsamt die Möglichkeit genommen, festzustellen, ob er noch arbeitsfähig sei und gegebenenfalls in welchem Umfang er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. In Bezug auf die Verfügbarkeit ergebe sich hieraus jedoch keine Änderung der Verhältnisse, sondern allenfalls ein Aufklärungshindernis. Verwaltung und Sozialgerichte seien aber grundsätzlich verpflichtet, das Vorliegen der maßgebenden Anspruchsvoraussetzungen von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw. § 103 SGG). Die Beklagte bzw. die Tatsachengerichte hätten deshalb ermitteln müssen, ob der Kläger in dem von ihnen angenommenen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen sei, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen und auszuüben und damit nicht mehr als verfügbar anzusehen gewesen sei (§ 119 Abs. 2 - 4 SGB III). Die Weigerung des Klägers, sich einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, habe weder die Beklagte noch die Gerichte der sie treffenden Ermittlungspflicht enthoben. Hielten sie zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit eine ärztliche Untersuchung für erforderlich und werde diese vom Betroffenen verweigert, so seien zunächst andere zur Aufklärung geeignete Maßnahmen, etwa ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage unter Heranziehung von Behandlungsberichten der behandelnden Ärzte, einzusetzen. Seien alle Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft, könne das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 128 SGG unter Umständen auch Schlüsse daraus ziehen, dass sich ein Beteiligter grundlos geweigert habe, sich untersuchen zu lassen, Unterlagen vorzulegen oder eine Zustimmung zur Einholung von Auskünften zu erteilen, und zu dem Ergebnis kommen, dass die verhinderten Ermittlungen für den Beteiligten ein ungünstiges Ergebnis gehabt hätten, wenn dies mit sonstigen Feststellungen nicht im Widerspruch stehe.
Im zurückverwiesenen Berufungsverfahren beantragt der Kläger sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Nach der Zurückverweisung hat der Senat, nachdem der Kläger schließlich die Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht erklärt hat, eine sachverständige Zeugenaussage des den Kläger in der Zeit vom 24. Mai 1995 bis 16. Mai 2003 behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin S. eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 25. Juni 2007 mitgeteilt, dass der Kläger zumindest überwiegend leichte Arbeit im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen noch habe vollschichtig verrichten können. Durch die zur maßgeblichen Zeit bestehende Alkoholproblematik wäre auf Arbeiten mit Fahr-, Steuer- und Überwachungsfunktionen, sowie Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortlichkeit und Feinarbeiten zu verzichten gewesen. Die Beklagte hat hieraufhin einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, in dem sie sich bereit erklärt hat, den Bescheid vom 20. Mai 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003 aufzuheben und dem Kläger bis einschließlich 26. Juli 2003 Alhi zu gewähren sowie die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Der Kläger hat diesen Vergleich nicht angenommen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2008 hat die Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 20. Mai 2003 zurückgenommen und dem Kläger Alhi für die Zeit vom 24. Mai 2003 bis zum 26. Juli 2003 gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Akten des SG sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 27. Oktober 2003 sowie der dort streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 20. März 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2003. Die hiergegen im Klageverfahren gerichtete reine Anfechtungsklage ist - nunmehr - unzulässig, so dass die Berufung in der Sache keinen Erfolg haben konnte.
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind auch durch das Berufungsgericht zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1979 - VII ZR 48/78 - (NJW 1980, 520) mit weiteren Nachweisen). Anlass dazu besteht etwa dann, wenn im Berufungsverfahren zweifelhaft geworden ist, ob das Rechtsschutzinteresse des Klägers, das im Verfahren erster Instanz außer Frage gestanden hatte, im Hinblick auf ein später eingetretenes Ereignis noch fortbesteht (s. auch BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1977 - V BLw 16/77 - (MDR 1978, 566); BVerwG, Beschluss vom 11. März 1992 5 B 32/92 -, veröffentlicht in Juris). So liegt es hier hinsichtlich der Anfechtungsbefugnis. Der Kläger war als Adressat der die ihm Leistungen bewilligenden Bescheide zurücknehmenden Verfügung unzweifelhaft klagebefugt. Ebenso unzweifelhaft ist diese Anfechtungsbefugnis jedoch dadurch entfallen, dass die Beklagte den angefochtenen Bescheid mit Verfügung vom 5. Mai 2008 aufgehoben hat.
Da die Weitergewährung ab dem 27. Juli 2003 nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, dem wie dargelegt allein ein Anfechtungsbegehren zugrunde liegt, stellen sich in diesem Verfahren auch die Fragen, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen über den ursprünglichen Bewilligungszeitraum hinaus hatte und ob er über das Erfordernis einer erneuten Antragstellung belehrt worden ist oder hätte belehrt werden müssen, nicht. Es ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen: Die angegriffene Rücknahmeentscheidung vom 20. Mai 2003 erfasste die zum Zeitpunkt ihres Erlasses bereits ergangenen Bewilligungsbescheide, soweit durch diese Leistungen über 23. Mai 2003 hinaus bewilligt wurden. Dies waren die Bescheide vom 7. August 2003, vom 15. Januar 2003 und vom 8. Mai 2003. Durch die Aufhebung des Bescheids vom 20. Mai 2003 ist die maßgebliche Bewilligung wieder Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Alhi ab dem 24. Mai 2003. Da die zurückgenommenen Bescheide aber keine über den 26. Juli 2003 hinausgehende Leistungen gewährt hatten, endet dieser Anspruch am 26. Juli 2003, dem Ende des maßgeblichen Bewilligungsabschnitts. Eine Entscheidung der Beklagten über die Leistungsgewährung ab dem 27. Juli 2003 lag nicht vor und liegt weiterhin nicht vor, so dass die angegriffene Rücknahmeverfügung diesen Zeitraum nicht ergreifen konnte. Liegt aber keine Entscheidung über die Leistungsgewährung für die Zeit vom 27. Juli 2003 bis zum 19. April 2004 vor, wäre auch eine Erweiterung der Klage um ein entsprechendes Leistungsbegehren unzulässig, da es somit auch an dem erforderlichen Vorverfahren fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass das Verhalten des Klägers maßgeblich für die Dauer des zurückverwiesenen Verfahrens war und die Beklagte unverzüglich nach Vorliegen der sachverständigen Zeugenaussagenaussage einen Vergleichsvorschlag gemacht hat, der einem vollumfänglichen Anerkenntnis inhaltlich gleich kam. Nachdem der Kläger diesen Vergleich dennoch nicht angenommen hat, hat sie schließlich die angefochtenen Bescheide aufgehoben und dem Klagebegehren damit vollständig entsprochen. Damit waren ihr die Erstattung der außergerichtlichen Kosten in sämtlichen Rechtszügen lediglich zu ¾ aufzuerlegen.
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