L 2 R 387/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 435/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 387/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. November 2007 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen der Neuberechnung von Rentenleistungen aufgrund der Änderung des Beitragssatzes zur Kranken- und Pflegeversicherung - seit Jahren wiederholt - die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung weiterer Zeiten, vorab jedoch die Zulässigkeit der Berufung.

Das Sozialgericht Heilbronn (SG) hat die Klage auf Bewilligung einer höheren Rente durch Gerichtsbescheid vom 27.11.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Der Gerichtsbescheid wurde der am 15.06.1920 geborenen Klägerin am 29.11.2007 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 09.01.2008, das am 14.01.2008 beim SG einging, Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt und wegen der Versäumung der Monatsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung für die Säumnis hat sie angegeben, durch die Betreibung eines Wiederaufnahmeverfahrens wegen eines Insolvenzverfahrens völlig überlastet zu sein. Hilfskräfte stünden ihr nicht zur Verfügung. Im Übrigen sei sie seit einer Augenoperation im Frühjahr 2007 sehbehindert und könne sich eine notwendige Brille aus finanziellen Gründen nicht anschaffen. Von 708 EUR könne sie nicht leben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.11.2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.01.2006 abzuändern und der Klägerin höhere Rente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Die Berufung der Klägerin sei verfristet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren. Darüber hinaus sei die Berufung aber auch unbegründet.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im schriftlichen Verfahren entschieden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist unzulässig, weil sie verspätet beim Sozialgericht Heilbronn (SG) eingegangen ist. Gemäß §§ 151 Abs. 1, 105 Abs. 2 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb 1 Monats nach Zustellung des Urteils bzw. Gerichtsbescheids schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Gem. § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist der Klägerin am 29.11.2007 zugestellt worden, weshalb die Monatsfrist am 29.12.2007 ablief. Die Berufung ist erst am 14.01.2008, nämlich mit Eingang beim SG, eingelegt worden, also nach Fristablauf. Die Frist hat am 29.11.2007 zu laufen begonnen; die Klägerin ist über den richtigen Rechtsbehelf, das richtige Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den richtigen Sitz und die richtige einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden (s. § 66 Abs. 1 SGG).

Der Klägerin ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gem. § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Nach § 67 Abs. 2 SGG ist der Antrag binnen 1 Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, wobei die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft gemacht werden sollen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin war nicht ohne Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten. Krankheit schließt Verschulden nur aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 67 Rdnr. 7c; Hk-SGG/Littmann, § 67 Rdnr. 6 m.w.N. so auch etwa BSG, Beschluss v. 14.07.2004, Az. B 11 AL 91/04 B). Die behauptete Sehbehinderung der Klägerin bestand seit Frühjahr 2007, somit im November 2007 seit über einem halben Jahr. In dieser Zeit ist es der Klägerin möglich gewesen im Laufe des SG-Verfahrens Schreiben zu verfassen (vgl. Schriftsatz vom 28.07.2007). Ebenso wäre es möglich gewesen eine nicht sehbehinderte Person mit dem Empfang und der Kenntnisnahme der an sie gerichteten Korrespondenz zu beauftragen. Die behauptete Überlastung wegen der Führung eines anderen Prozesses stellt keinen anerkennenswerten Grund dar, der die Klägerin exkulpiert. Da die wesentlichen Gründe für die verspätete Einlegung der Berufung dem Verantwortungsbereich der Klägerin zuzuordnen sind, war sie nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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