L 5 KR 1231/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 5059/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1231/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.11.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für die Anmietung eines Elektromobils (Elektrorollstuhls) in Höhe von 697,82 EUR (Zeitraum 24.9.2001 bis Ende Januar 2002) sowie der Kosten eines deswegen durchgeführten amtsgerichtlichen Verfahrens (298,50 EUR).

Der 1965 geborene Kläger, Mitglied der Beklagten und in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt, ist infolge infantiler Cerebralparese mit Tetraspastik (Verwaltungsakte S. 43) für die Fortbewegung außer Haus auf einen Elektrorollstuhl angewiesen. Hierfür wurde ihm von der Beklagten seit 1998 (zunächst) ein dreirädriges Elektromobil (im Folgenden: Dreiradmobil) zur Verfügung gestellt (Verwaltungsakte S. 69). Die Beklagte hat mit der Fa. EGOS GmbH, diese handelnd für die ihr angeschlossenen Betriebe, u.a. die Beigeladene, ein Rahmenabkommen über die Hilfsmittelversorgung abgeschlossen (Hilfsmittel-Rahmenabkommen, Senatsakte S. 35). Gem. § 4 des Rahmenabkommens ist die (jeweilige) Leistungserbringerin verpflichtet, Reparaturen und die Ersatzteilversorgung zu übernehmen und zu garantieren. Sie muss außerdem sicherstellen, dass die erforderlichen Reparaturen im Regelfall binnen 48 Stunden erfolgen. Sind Reparaturen ausnahmsweise nicht umgehend durchführbar, stellt die Leistungserbringerin dem Versicherten aushilfsweise und kostenlos ein funktionsgleiches oder funktionsähnliches Modell bis zur endgültigen Reparatur zur Verfügung.

Im März 2001 (Amtsgerichtsakte S. 15) gab der Kläger das Dreiradmobil der Beigeladenen (Orthopädiehaus) zur Überprüfung bzw. Reparatur zurück. Wie in § 4 des Rahmenabkommens vorgesehen erhielt er von dieser ersatzweise ein Leihgerät (vgl. SG-Akte S. 89: Zeit ab 30.7.2001); dabei handelte es sich offenbar um ein Dreiradmobil neuerer Bauart. Der Kläger hatte angegeben, sein (altes) Dreiradmobil sei nicht verkehrssicher und er sei damit mehrfach, etwa an Bordsteinen, umgestürzt. Außerdem sei es wegen Elektronikdefekten liegen geblieben.

Der Kläger begehrte außerdem die Versorgung mit einem vierrädrigen Elektromobil (Vierradmobil, Verordnung Dr. M. vom 12.4.2001, Verwaltungsakte S. 1), was ihm nach ursprünglicher Ablehnung (Bescheid vom 22.6.2001; Widerspruchsbescheid vom 21.11.2001, Verwaltungsakte S. 25; Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart S 8 KR 6514/01) schließlich zum 1.3.2002 gewährt wurde. Zuvor war am Dreiradmobil die Verankerung des Motors ausgerissen; eine Reparatur erschien daher nicht mehr zweckmäßig (Kostenvoranschlag vom 14.1.2002, Verwaltungsakte S. 31,33).

Im Sommer 2001 sandte die Beigeladene das ihr vom Kläger zurückgegebene Dreiradmobil zur Reparatur an den Hersteller. Mit Schreiben vom 13.9.2001 (Verwaltungsakte S. 16) teilte die Beigeladene der Beklagten mit, trotz mehrmaliger Überprüfung des Dreiradmobils seien keine Mängel festgestellt worden; das Gerät sei in einwandfreiem Zustand und voll funktionsfähig.

Für die Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 schloss der Kläger mit der Beigeladenen einen Mietvertrag über ein Dreiradmobil ab; dabei handelte es sich (offenbar) um das (neuere) Dreiradmobil, das ihm die Beigeladene zuvor an Stelle seines alten Dreiradmobils ersatz- und leihweise zur Verfügung gestellt hatte. Daneben stand dem Kläger, wie sich in der mündlichen Verhandlung des Senats ergab, das ursprüngliche Dreiradmobil zur Verfügung. Es wurde vom Kläger allerdings nicht oder nur wenig benützt, weil er wegen der von ihm erlebten technischen Probleme keinerlei Vertrauen mehr in die Funktionstüchtigkeit dieses Dreiradmobils hatte.

Das alte Dreiradmobil wurde dem Kläger nach einer Reparatur am 7.1.2002 zurückgegeben (Verwaltungsakte S. 47). Danach sei es - so der Kläger- erneut zu Pannen gekommen, beispielsweise auf dem Weg zum Friedhof, vor einem Orthopädiehaus, am 11.1.2002 in einer Buchhandlung (Verwaltungsakte S. 29), am 7.1.2002 am seinem Arbeitsplatz in der Werkstatt für behinderte Menschen (Verwaltungsakte S. 30) oder am 10.1.2002 vor einem Massageinstitut (Verwaltungsakte S. 55, 48) und am 8.1.2002 in der Stadt (SG-Akte S. 4). Er sei dann auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen.

Da der Kläger die im Mietvertrag vereinbarte Miete nicht zahlte, mahnte ihn die Beigeladene mit Schreiben vom 31.12.2001 (SG-Akte S. 89). Sie führte aus, man habe dem Kläger seit 30.7.2001 einen Leihrollstuhl zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe die Übernahme der Kosten zurückgewiesen, was dem Kläger bekannt sei. Vor diesem Hintergrund habe er sich privat einen Elektrorollstuhl geliehen. Über die entstehenden Kosten sei er informiert worden. Der Leihrollstuhl sei außerdem beschädigt worden. Der Kläger werde aufgefordert, die Reparaturkosten sowie die Mietgebühren bis einschließlich November 2001 zu begleichen. Ab November 2001 würden pro Woche jeweils weitere 50 DM Mietkosten fällig. Sofern kein weiteres Interesse am Mietverhältnis bestehe, möge der Rollstuhl umgehend zurückgegeben werden.

Mit Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 6.5.2003 (11 C 854/03) wurde der Kläger unter Auferlegung der Prozesskosten zur Zahlung 697,82 EUR verurteilt (Mietzins sowie Reparaturkosten in Höhe von 48.45 EUR, Rechnungen SG-Akte S. 18 ff.); im Verfahren war der Beklagten der Streit verkündet worden.

Mit Schreiben vom 24.6.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm die Kosten für die Anmietung eines Dreiradmobils bei der Beigeladenen zu erstatten.

Mit Bescheid vom 30.6.2003 (Verwaltungsakte S. 65) lehnte die Beklagte den Kostenerstattungsantrag gem. § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ab. Der Kläger sei während der streitigen Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 mit einem Dreiradmobil ausreichend versorgt gewesen. Deshalb habe man weder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht noch eine Leistung zu Unrecht abgelehnt.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.8.2003 (Verwaltungsakte S. 70) zurück. Ergänzend wurde ausgeführt, dem Kläger sei das (gemietete) Elektromobil von der Beigeladenen überlassen worden, ohne dass dies zuvor bei ihr, der Beklagten, beantragt worden sei. Aber auch bei rechtzeitiger Antragstellung hätten die Mietkosten nicht erstattet werden können. Während der Mietzeit habe dem Kläger nämlich ein voll funktionstüchtiges Dreiradmobil zur Verfügung gestanden; auch nach mehrfacher Prüfung habe die Beigeladene keine Mängel feststellen können.

Am 22.9.2003 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug ergänzend vor, er habe nicht beabsichtigt, ein Elektromobil privat anzumieten und habe dies nur aus der Not heraus getan, da es mit dem alten Dreiradmobil die beschriebenen Probleme gegeben und die Beklagte ihm nicht zeitnah das beantragte vierrädrige Elektromobil zur Verfügung gestellt habe. Es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt, die nicht rechtzeitig erbracht worden sei. Außerdem müssten ihm die Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens (298,50 EUR; Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Böblingen vom 13.5.2003, 11 C 854/03 - SG-Akte S. 21) erstattet werden.

Das Sozialgericht hörte in der mündlichen Verhandlung vom 28.2.2005 den Kläger und die Zeugen Br. (Mutter des Klägers) und Ma. (ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen).

Die Zeugin Br. gab an, es habe viele Stürze gegeben. Auch Elektronikdefekte mit der Folge, dass das Dreiradmobil stehen geblieben sei, seien einige Male vorgekommen; der Kläger habe davon berichtet. Bedienungsfehler seien auszuschließen, da der Vater des Klägers ein Sanitätsgeschäft betrieben und viele Tipps vom Kläger erhalten habe. Frau Ja., die Sachbearbeiterin der Beklagten, habe gesagt, der Kläger mache "das so schön selbst" und könne deshalb ein Ersatzfahrzeug besorgen.

Der Zeuge Ma. gab an, der Kläger habe öfters - elektronische wie verkehrs- oder fahrtechnische - Probleme mit dem Dreiradmobil gehabt. Wenn man das Dreirad stark einschlage, kippe es um. Der Kläger habe immer wieder angerufen und er habe dann das Dreiradmobil zur Reparatur mitgenommen. Es sei glaubhaft, dass das Dreirad stehen geblieben sei. Man habe Motor und Elektronik einmal an den Hersteller geschickt; dieser habe aber auch keine Erklärung abgeben können. Er, der Zeuge, habe auch schon selbst gesehen, dass das Dreirad nicht funktioniert habe.

Nachdem die Beklagte einen vor dem Sozialgericht geschlossenen (Widerrufs-)Vergleich (SG-Akte S. 61) widerrufen hatte, hörte das Sozialgericht in der weiteren mündlichen Verhandlung vom 14.11.2005 den Kläger erneut und vernahm die Zeugin Ja. (Mitarbeiterin der Beklagten).

Der Kläger gab an, er sei bei der Zeugin Ja. gewesen und habe über die Probleme mit dem Dreiradmobil berichtet. Die Zeugin habe ihm die Telefonnummer der Beigeladenen gegeben und gesagt, dort werde er versorgt. Er habe dann bei der Beigeladenen angerufen und gesagt, er rufe im Auftrag von Frau Ja. von der KKH an und habe dann den Rollstuhl bekommen; weder bei dem Telefonat noch bei der Lieferung sei auf eine private Zahlung hingewiesen worden. Er habe nie zwei Rollstühle gleichzeitig gehabt.

Die Zeugin Ja. gab an, der Kläger bzw. dessen Mutter hätten immer wieder von Problemen mit dem Dreiradmobil berichtet. Der Kläger habe immer wieder einmal angerufen und mitgeteilt, der Rollstuhl sei defekt. Dann habe entweder der Kläger selber oder sie, die Zeugin, beim Orthopädiehaus angerufen und die Angelegenheit geregelt. Der Kläger habe dann einen Leihrollstuhl bekommen und der alte Rollstuhl sei repariert worden. Die Kosten für einen Leihrollstuhl seien immer übernommen worden. Mit der Genehmigung von Reparaturen sei sie nicht befasst gewesen. Solange der Kläger ohne Rollstuhl gewesen sei, habe man jedoch die Mietkosten gezahlt. Auf entsprechenden Anruf des Klägers sei mit der Ausgabe des Leihgeräts nicht bis zur Genehmigung der Reparatur gewartet worden.

Mit Urteil vom 14.11.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, ein Anspruch auf Erstattung von Miet- und Prozesskosten - als Annexanspruch eines Versorgungsanspruchs - komme nur in Betracht, wenn der Kläger während der streitigen Zeit Anspruch auf Versorgung mit einem entsprechenden Hilfsmittel gehabt hätte. Die Beweisaufnahme habe indessen ergeben, dass ein solcher Versorgungsanspruch nicht bestanden habe. Die Angaben des Zeugen Ma. deuteten zwar darauf hin, dass das Dreiradmobil bei starkem Einschlagen der Lenkung zum Umkippen geneigt und die Elektronik teilweise ausgesetzt habe. Deswegen sei, jedenfalls bei Elektronikdefekten, die ersatzweise Versorgung des Klägers notwendig gewesen. Jedoch habe nicht festgestellt werden können, dass das Dreiradmobil während der gesamten Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 funktionsunfähig gewesen sei. Am 13.9.2001 habe es die Beigeladene dem Kläger nämlich als funktionstauglich zurückgegeben; das gehe aus deren Schreiben an die Beklagte vom gleichen Tag hervor. Einem Übergabeprotokoll (SG-Akte S. 54) sei zu entnehmen, dass der Zeuge Ma. dem Kläger das Elektromobil (Dreiradmobil) am 7.1.2002 zurückgebracht habe. Dass es sich seit 24.9.2001 bei der Beigeladenen befunden hätte, gehe weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus den Unterlagen der Beigeladenen hervor. Schließlich sei es am 11.1.2002 zu einem Defekt in einer Buchhandlung (SG-Akte S. 55) gekommen, was belege, dass der Kläger im Januar 2002 im Besitz des ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Dreiradmobils gewesen sei. Damit stehe die Erforderlichkeit einer Versorgung mit dem gemieteten Elektromobil nicht fest. Die objektive Beweislast für den geltend gemachten Erstattungsanspruch trage der Kläger. Die Beklagte habe den Kläger schließlich auch nicht ermächtigt, auf ihre Kosten bei der Beigeladenen ein Elektromobil anzumieten.

Auf das ihm am 16.2.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.3.2006 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Sozialgericht habe die Zeugenaussagen und seine Angaben insbesondere zu den Mängeln und Defekten des Dreiradmobils fehlerhaft gewürdigt. Wenn er bei der Zeugin Ja. wegen eines Defekts angerufen habe, habe diese quasi telefonisch die Beschaffung eines Ersatzrollstuhls genehmigt. Im vorliegenden Fall sei nur im Nachhinein die schriftliche Genehmigung nicht erteilt worden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe auch eine unaufschiebbare Leistung vorgelegen. Wegen der Defekte an der Elektronik des Dreiradmobils sei er teilweise völlig allein und weit ab von der Innenstadt im Rollstuhl stehen geblieben. Er habe dann die Hilfe Dritter oder auch polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Während der Mietzeit sei er mit dem ursprünglich vorhandenen Rollstuhl nicht versorgt gewesen; er habe nur Rollstühle gehabt, die ständig defekt gewesen seien bzw. mit denen er sich auf der Straße nicht habe bewegen können. Auch die Ersatzrollstühle der Beklagten sein ständig defekt und klapprig gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.11.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30.6.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.8.2003 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Anmietung eines Elektromobils bei der Beigeladenen während der Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 einschließlich Reparaturkosten in Höhe von 697,82 EUR sowie die Prozesskosten des vor dem Amtsgericht Böblingen geführten Rechtsstreits 11 C 854/03 in Höhe von 298,50 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, der Kläger habe einen Antrag auf Übernahme der Mietkosten weder gestellt noch sei ein solcher Antrag abgelehnt worden. Sie habe eine Leistung auch nicht zu Unrecht verweigert. Zum einen sei der Kläger während der Mietzeit mit dem vorhandenen Dreiradmobil versorgt gewesen, zum anderen hätte sie auch bei einem unterstellten Defekt des Dreiradmobils die Kosten für die viermonatige Anmietung eines Ersatzgeräts aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht übernommen. Wenn die Reparatur möglich sei, stelle der Leistungserbringer bei einer Versorgung über die Krankenkasse grundsätzlich kostenlos einen Ersatzrollstuhl zur Verfügung. Sei die Reparatur nicht möglich oder unwirtschaftlich, werde eine Neuversorgung veranlasst. Auch ein Beratungsfehler liege nicht vor. Der Kläger hätte sich vor der privaten Anmietung eines Rollstuhls mit ihr in Verbindung setzen müssen, was unterblieben sei. Während der Zeit vom 1.1.2000 bis 24.9.2001 (Beginn des Mietzeitraums) habe die Beigeladene nur zwei Reparaturen abgerechnet. Für die Dauer der Reparatur sei dem Kläger ein Leihrollstuhl kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Dennoch habe er auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung einen Elektrorollstuhl angemietet. Der vorhandene Rollstuhl sei fahrbereit gewesen. Das ursprünglich zur Verfügung gestellte Elektromobil sei 1998 auf Wunsch des Klägers in ein Dreiradmobil getauscht worden; dieses habe ihm während der streitigen Zeit nach Angaben der Beigeladenen voll funktionsfähig zur Verfügung gestanden.

Der Senat hat die schriftliche Zeugenaussage der Zeugin Ja. vom 19.2.2007 (Senatsakte S. 29) eingeholt. Die Zeugin hat angegeben, wenn der Kläger einen Defekt am Elektrorollstuhl gemeldet habe, sei der Vertragspartner (Leistungserbringer) von der Kasse oder dem Kläger informiert worden; der Vertragspartner habe das defekte Fahrzeug abgeholt und gleichzeitig einen Ersatzrollstuhl mitgebracht. Dazu habe es keiner Genehmigung bedurft. Ersatz werde grundsätzlich von den Vertragspartnern geliefert, die den Rollstuhl reparierten. Eine Reparatur dauere normalerweise einige Tage. Soweit sie sich an die streitige Angelegenheit noch erinnern könne, habe der Kläger als Ersatzgerät ein neues bzw. neueres Modell erhalten. Als der nach Angaben des Vertragspartners reparierte Elektrorollstuhl habe zurückgegeben werden sollen, habe der Kläger behauptet, die Reparatur sei nicht erfolgreich gewesen. Der Vertragspartner habe das Gegenteil behauptet. Der Kläger habe das Leihgerät nicht herausgeben wollen. Nachdem früher von den Vertragspartnern, als noch Leihgebühren gezahlt worden seien, in Ausnahmefällen bei extrem langer Reparatur Verlängerungsanträge über die Leihgebühren gestellt worden seien, sei die so genannte Versorgungspauschale eingeführt worden. Das sei vor etwa 10 Jahren geschehen. Die Pauschale umfasse das neue Gerät sowie Reparatur und Wartung. Es entstünden für den Leistungserbringer keine weiteren Kosten mehr. Fraglich sei deshalb, weshalb die Beigeladene vom Kläger Leihgebühren verlangt habe.

Die Beklagte trägt hierzu vor, nach Angaben der Zeugin Ja. habe der Kläger einen Ersatzrollstuhl (neueres Modell als das vorhandene Dreiradmobil) nach Ende der Reparatur nicht zurückgeben wollen. Man gehe davon aus, dass hierfür die Leihgebühren verlangt worden seien. Die Beigeladene sei über die EGOS-GmbH Vertragspartner der KKH. Im Rahmenabkommen über die Hilfsmittelversorgung (Senatsakte S. 35) sei in § 4 festgelegt, dass Reparaturen im Regelfall binnen 48 Stunden auszuführen seien. Sei dies nicht möglich, stelle der Leistungserbringer dem Versicherten aushilfsweise und kostenlos ein funktionsgleiches oder funktionsähnliches Modell bis zur endgültigen Reparatur zur Verfügung. Daher habe die Beigeladene für die Dauer der Reparatur weder vom Kläger noch von ihr, der Beklagten, Leihgebühren verlangen können. Lediglich Reparaturkosten seien abrechenbar. Wenn der Kläger jedoch den Leihrollstuhl nicht herausgebe, handele es sich um eine privatrechtliche Problematik zwischen dem Leistungserbringer und dem Kläger. Hierauf habe sie, die Beklagte, keinen Einfluss. Deshalb könnten entsprechende Kosten auch nicht übernommen werden. Wenn sich der Kläger im Falle eines Schadens an den Leistungserbringer wenden und Reparatur verlangen könne, bedeute das nicht, dass er auch einen Leihrollstuhl anmieten dürfe.

Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt (SG-Akte S. 39), er habe nie gleichzeitig über zwei Rollstühle verfügt. Er habe für die Dauer der Reparatur seines Rollstuhls einen Ersatzrollstuhl bekommen. Das vorhandene Dreiradmobil sei mehrfach stehen geblieben und deshalb habe er ein neues Elektromobil beantragt. Er habe sich sodann in der Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 den elektrischen Ersatzrollstuhl gemietet in der Annahme, dass die Beklagte die Kosten übernehmen werde, wie es jedesmal der Fall gewesen sei. Die Beigeladene sei nämlich nicht in der Lage gewesen, das defekte Mobil dauerhaft zu reparieren. Im Übrigen habe ihm nur noch ein Klapprollstuhl zur Verfügung gestanden, mit dem er aber nicht auf der Straße fahren könne. In der mündlichen Verhandlung des Senats wurde von Klägerseite allerdings eingeräumt, das bisherige Dreiradmobil habe dem Kläger im streitigen Zeitraum neben dem gemieteten Dreiradmobil auch zur Verfügung gestanden, es habe ihm nach den erlebten Pannen jedoch jedes Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit des alten Dreiradmobils gefehlt; er habe es nicht benutzt, weil es sowieso gleich wieder kaputt gegangen wäre.

Die Beklagte trägt abschließend vor, das zur Verfügung gestellte Dreiradmobil sei am 13.9.2001 an den Kläger zurückgegeben worden mit der Feststellung, Mängel lägen nicht vor und es funktioniere einwandfrei. Es könne nicht zutreffen, dass sich das Dreiradmobil in der Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 durchgehend bei der Beigeladenen zur Reparatur befunden habe. Denn der Kläger habe es am 11.1.2002 genutzt und sei an diesem Tag bei einem Defekt in einer Buchhandlung stehen geblieben. Es sei nicht notwendig gewesen, einen Leihrollstuhl anzumieten. Dieser werde für die Reparaturzeit vom Leistungserbringer unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Gleichwohl habe der Kläger einen privaten Vertrag mit der Beigeladenen abgeschlossen, obgleich diese zur Bereitstellung eines Leihrollstuhls verpflichtet gewesen sei. Der Kläger habe dies auch gewusst, da bereits Reparaturen vorgenommen worden seien und er deswegen noch nie einen Leihrollstuhl angemietet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 SGG (bei einem Wert des Beschwerdegegenstandes von 996,32 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht) statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die wegen der Anmietung eines Dreiradmobils während der Zeit vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 entstandenen Kosten (Miete und Reparaturkosten) bzw. die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht Böblingen zu erstatten; der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

Als Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs kommt nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach sind (notwendige) Kosten selbst beschaffter Leistungen zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Beides ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hatte den Kläger (auch) während der streitigen Zeit (24.9.2001 bis Ende Januar 2002) nach Maßgabe des § 33 SGB V im Sachleistungsweg mit dem ihm zustehenden Hilfsmittel versorgt. Die Leistung war also erbracht. Daher bestand für ihn weder Anlass noch Notwendigkeit, außerhalb des Sachleistungssystems ein (anderes) Dreiradmobil auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Mietvertrages zu beschaffen.

Der Anspruch des Versicherten auf Hilfsmittelversorgung (§ 33 SGB V) umfasst die Verschaffung des Hilfsmittels einschließlich nach Sachlage notwendiger Nebenleistungen, etwa zur Erhaltung des Hilfsmittels in gebrauchsfähigem Zustand oder zu dessen Schutz vor Beschädigungen (vgl. BSG, Urt. v. 27.11.1990, - 3 RK 31/89 -). Außerdem muss die Krankenkasse Ersatz für den Fall beschaffen, dass das Hilfsmittel dem Versicherten wegen Mangelhaftigkeit bzw. Reparaturbedürftigkeit vorübergehend nicht zur Verfügung steht. Die Beschaffung der zur Leistungserbringung erforderlichen (Hilfs-)Mittel ist ausschließlich und in vollem Umfang Aufgabe der Krankenkasse. Hierfür schließt sie (öffentlich-rechtliche, § 69 SGB V) Verträge mit den Leistungserbringern im Gesundheitswesen ab. Der Versicherte steht zu diesen nicht in einer Rechtsbeziehung. Für ihn ist allein die (Sach-)Leistungsbeziehung zur Krankenkasse von Belang. Er ist daher grundsätzlich weder dazu verpflichtet noch dazu berechtigt, selbst und auf eigene - später zu erstattende - Kosten anstelle der Krankenkasse für Reparatur und (vorübergehenden) Ersatz eines mangelhaften oder reparaturbedürftigen Hilfsmittels zu sorgen und zu diesem Zweck (privatrechtliche) Leistungsbeschaffungsverträge mit einzelnen Leistungserbringern abzuschließen.

Hier hat die Beklagte mit der EGOS GmbH - diese handelnd auch für die Beigeladene als Leistungserbringerin - ein Rahmenabkommen über die Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten geschlossen. Dieses trifft Regelungen auch für den Fall der Reparatur von Hilfsmitteln. Gem. § 4 Abs. 1 des Hilfsmittel-Rahmenabkommens ist die Leistungserbringerin, hier die Beigeladene, verpflichtet, Reparaturen und die Ersatzteilversorgung zu übernehmen und zu garantieren. Dabei stellt sie sicher, dass die erforderlichen Reparaturen im Regelfall binnen 48 Stunden erfolgen. Sind Reparaturen ausnahmsweise nicht umgehend durchführbar, stellt die Leistungserbringerin dem Versicherten aushilfsweise und kostenlos ein funktionsgleiches oder funktionsähnliches Modell bis zur endgültigen Reparatur zur Verfügung.

Im Hinblick darauf bestand für den Kläger im streitigen Zeitraum (24.9.2001 bis Ende Januar 2002) nicht die Notwendigkeit, für sein zur Überprüfung bzw. Reparatur an die Beigeladene herausgegebenes Dreiradmobil ein Ersatzmobil anzumieten. Dass die im Hilfsmittel-Rahmenabkommen (§ 4) vorgesehene Ersatzbeschaffung durch kostenlose (leihweise) Überlassung eines Dreiradmobils fehlgeschlagen wäre, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hatte die Beigeladene dem Kläger für die Zeiten, während der er über sein Dreiradmobil nicht verfügen konnte, ein Leihgerät, nämlich ein Dreiradmobil neuerer Bauart, tatsächlich zur Verfügung gestellt. Das geht aus dem Vorbringen des Klägers selbst hervor. So hat er als Antwort auf eine entsprechende Nachfrage des Gerichts im Schriftsatz vom 3.7.2007 angegeben, für die Dauer der Reparatur seines Rollstuhls habe er einen Ersatzrollstuhl bekommen. Die Zeugin Ja. hat dies in ihrer schriftlichen Zeugenaussage vom 19.2.2007 ebenfalls bestätigt; danach hatte der Kläger - wie in § 4 des Hilfsmittel-Rahmenabkommen vorgesehen - ein Ersatzgerät erhalten, das bei Abholung des Dreiradmobils zur Reparatur gleich mitgebracht worden war. Selbst wenn es bei der leihweisen (und für den Kläger als Versicherten kostenfreien) Überlassung eines Leihgeräts durch die Beigeladene zu Schwierigkeiten gekommen wäre, hätte die Beklagte, falls nötig unter Einschaltung eines anderen Leistungserbringers, und nicht der Kläger für Abhilfe sorgen müssen; es ist nichts dafür ersichtlich, dass sie dazu nicht bereit oder imstande gewesen wäre.

Die Beklagte hatte den Kläger seinerzeit auch nicht mit der Anmietung eines Ersatzgeräts beauftragt oder ihn dazu ermächtigt (bevollmächtigt). Von einer etwaigen Falschberatung (vgl. § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) kann ebenfalls keine Rede sein. Zwar ist in § 4 Abs. 3 des Hilfsmittel-Rahmenabkommens vorgesehen, dass sich auch der Versicherte bei Reparaturen von Hilfsmitteln mit dem einzelnen Partnerbetrieb des Abkommens telefonisch in Verbindung setzen kann. Der Kläger hat dies in Absprache mit der Beklagten offenbar auch wiederholt getan. Das geht aus den Angaben der Zeuginnen Br. und Ja. in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 28.2.2005 hervor (vgl. auch die Angaben der Zeugin Ja. in ihrer schriftlichen Zeugenaussage für den Senat vom 19.2.2007). Allerdings soll das in § 4 Abs. 3 des Hilfsmittel-Rahmenabkommens vorgesehene Verfahren nur die Abwicklung von Reparaturfällen vereinfachen und erleichtern. Die Leistungserbringung als solche, die nach dem Gesagten sowohl die Reparatur des Hilfsmittels wie die Überlassung eines Ersatzgerätes für die Reparaturzeit umfasst, erfolgt aber unverändert im Sachleistungsverfahren durch die Krankenkasse und nicht (im Erstattungsverfahren) auf der Grundlage von Verträgen zwischen Versichertem und Leistungserbringer.

Der Senat braucht bei dieser Sach- und Rechtslage nicht im Einzelnen zu klären, wie es seinerzeit um die unter den Beteiligten umstrittene Beschaffenheit des dem Kläger ursprünglich zur Verfügung gestellten Dreiradmobils tatsächlich bestellt war. Offen bleiben kann auch, ob ein subjektiv als höchst unzuverlässig empfundenes Hilfsmittel Anspruch auf Versorgung mit einem gleichartigen, aber auch nach Auffassung des Behinderten fehlerfrei funktionierenden Hilfsmittel begründet. Selbst wenn das ursprüngliche Dreiradmobil unzumutbar unzuverlässig gewesen sein sollte, kann der Kläger nicht Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 3 SGB V für das auf eigene Faust angemietete Ersatzgerät verlangen. Eine unaufschiebbare Leistung (1. Fallkonstellation) lag angesichts der Ausstattung mit einem Ersatzgerät während der Reparaturzeit und der Ausstattung mit einem nach Auffassung des Beigeladenen funktionierenden alten Dreiradmobil nicht vor. Der Kläger hatte genügend Zeit, einen Antrag auf Versorgung mit einem anderen Dreiradmobil zu stellen; warum er dies nicht getan hat, ist im Nachhinein nicht nachzuvollziehen. Der Antrag vom Mai 2001 betraf mit dem Vierradmobil ein anderes Hilfsmittel, für dessen Gewährung es unerheblich ist, ob der Kläger noch Vertrauen in sein altes Dreiradmobil hat. Wäre dem Kläger insofern die Leistung zu Unrecht mit dem Bescheid vom 22.6.2002 versagt worden, käme deswegen Kostenerstattung nur im (hier nicht stattgefundenen) Fall der eigenmächtigen Beschaffung eines Vierradmobils in Betracht.

Diesen Antrag hat er erst am 24.6.2003 und damit lange nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums vom 24.9.2001 bis Ende Januar 2002 gestellt. Wird eine Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst, obwohl dies möglich wäre, fehlt es bereits an dem notwendigen Kausalzusammenhang zwischen dem Kostennachteil des Versicherten (hier der Zahlung von insgesamt 996,32 EUR) und einer als rechtswidrig empfundenen Ablehnung (2. Fallkonstellation) durch die Krankenkasse (hier dem Bescheid vom 30.6.2003). Der Kläger hatte unabhängig vom Verhalten der Krankenkasse den festen Vorsatz, nicht mehr das alte Dreiradmobil zu benutzen. Er kann dann aber nicht von der Beklagten im Nachhinein Kostenerstattung verlangen (vgl. etwa BSG Urt. v. 23.3.2005 - B 1 KR 3/04 R m.w.N.)

Da die Beklagte die Leistungserbringung nach dem Gesagten weder i. S. d. § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V zu Unrecht abgelehnt noch verspätet erbracht hatte, kann der Kläger die Erstattung der ihm durch den Abschluss des Mietvertrags mit der Beigeladenen entstandenen Kosten nicht beanspruchen. Das gilt sowohl für die der Beigeladenen gem. § 535 Abs. 2 BGB geschuldete Miete wie für die Reparaturkosten, zu deren Zahlung ihn das Amtsgericht Böblingen im Urteil vom 6.5.2003 (a. a. O) gestützt auf den Mietvertrag ebenfalls verurteilt hat. Ebenso wenig kommt die Erstattung der dem Kläger auferlegten Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens in Betracht.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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