Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2524/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3687/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.6.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Krankengeld über den 2.12.2004 hinaus.
Der 1957 geborene Kläger arbeitete zuletzt als Montageleiter in der Kfz-Herstellung (Verwaltungsakte S. 32). Seit dem 5.12.2002 ist er arbeitslos (Verwaltungsakte S. 8). Am 9.4.2004 erlitt er einen Auffahrunfall, bei dem er im Bereich der Lendenwirbelsäule verletzt wurde (Senatsakte S. 28).
Seit dem 7.10.2004 war der Kläger wegen einer rezidivierenden Lumboischialgie links bei Bandscheibenvorfall i. Höhe L5/S1 arbeitsunfähig krank, deswegen absolvierte er vom 7.10. bis 4.11.2004 auf Kosten des Rentenversicherungsträgers eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik B. W ...
Vom 5.11.2004 bis 2.12.004 gewährte die Beklagte dem Kläger Krankengeld in Höhe von 24,94 EUR. Im Anschluss daran bezog er (wieder) Arbeitslosenhilfe bzw. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II; Verwaltungsakte S. 27, 35, 49, 48) in Höhe von 24,94 EUR. Zuvor hatte er ebenfalls Leistungen der Arbeitsverwaltung in dieser Höhe bezogen.
Mit Bescheid vom 7.2.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung B.en-Württemberg dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.11.2005; Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde zunächst abgelehnt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger deswegen am 17.11.2006 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 22 R 8756/06). Nach Begutachtung des Klägers durch Dr. P. (Gutachten vom 7.8.2007: formal seit Rentenantragstellung am 28.10.2005 auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen) wurde dem Kläger mit Bescheid vom 12.11.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab 1.5.2006 gewährt (SG-Akte Rentenverfahren S. 87). Das dem zugrunde liegende Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers nahm der Kläger nicht an; er wendet sich noch gegen die Befristung der Rente.
Im die Gewährung von Krankengeld betreffenden Verwaltungsverfahren waren der Beklagten Auszahlungsscheine für Krankengeld des Allgemeinarztes Lang vom 8. und 22.11.2004 vorgelegt worden (Verwaltungsakte S. 12, 13). Weitere Auszahlungsscheine (Dr. K.) reichte der Kläger (nur) bei der ARGE Rems-Murr-Kreis ein, die sie an die Zürich Lebensversicherungsgesellschaft weiterleitete (Verwaltungsakte DRV S. 44). Dieser wurden offenbar auch Arztberichte des Dr. Lang vorgelegt (Verwaltungsakte DRV – Arztunterlagen - und Senatsakte S. 27). Dr. Lang hatte im bei der Beklagten eingereichten Auszahlungsschein vom 22.11.2004 Arbeitsunfähigkeit bis 3.12.2004 bescheinigt. Daraufhin holte die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme (nach Aktenlage) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.en-Württemberg (MDK) vom 29.11.2004 ein (Verwaltungsakte S. 10). Dr. H., dem (u.a.) der Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 29.10.2004 vorlag, führte aus, der behandelnde Arzt habe zwar weiterhin Arbeitsunfähigkeit festgestellt, was im Hinblick auf die vollschichtige Verrichtung einer mittelschweren Tätigkeit durchaus nachvollziehbar sei. Der Kläger sei allerdings arbeitslos, so dass es hierauf nicht ankomme. Leichte Arbeiten könne er mindestens 3 Stunden täglich leisten.
Mit Schreiben vom 30.11. und 3.12.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Arbeitsunfähigkeit und der Anspruch auf Krankengeld endeten am 2.12.2004; der Kläger möge sich wieder bei der Agentur für Arbeit melden. Diese gewährte ihm in der Folgezeit (wieder) Arbeitslosenhilfe.
Auf den (ohne Begründung) eingelegten Widerspruch des Klägers erhob die Beklagte das Gutachten des MDK vom 24.1.2005 (Verwaltungsakte S. 32). Dr. M. untersuchte den Kläger. Der Gutachter erhob die Befunde "Wirbelsäule bei Aufsicht im Lot, Becken- und Schultergeradstand, Klopfschmerz im Bereich der oberen LWS, Druckschmerz über der linken Iliosacralfuge, mäßige paravertebrale Verspannung im LWS-Bereich, Rotation im LWS-Bereich endgradig schmerzhaft, Lasegue rechts negativ, links bei etwa 70 Grad schmerzhaft angegeben, Hacken- und Zehenstand"; diagnostiziert wurde eine Lumboischialgie. Beim Kläger liege eine chronische Rückenerkrankung vor, die auf Grund der schmerzhaften Bewegungs- und Belastungseinschränkung des Achsenorgans eine deutliche Einschränkung des Leistungsbildes bedinge. Mittelschwere und schwere körperliche Arbeit, das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Bückens oder Hockens oder mit häufigen Dreh- und Umwendbewegungen seien nicht möglich. Für körperlich leichte Tätigkeiten in frei bestimmbarer, wechselnder Körperhaltung bestehe aber ein positives Leistungsbild für 3 bis 6 Stunden täglich. Die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 2.12.2004 sei aus sozialmedizinischer Sicht gerechtfertigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.3.2005 (Verwaltungsakte S. 40) wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK vom 24.1.2005 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger (nach erfolglosen Zustellversuchen) mit Schreiben vom 15.4.2005 (zum wiederholten Mal) übersandt (Verwaltungsakte S. 41).
Am 29.4.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Eine Klagebegründung wurde nicht vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.6.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) setze die Zahlung von Krankengeld Arbeitsunfähigkeit voraus. Hierfür komme es bei Arbeitslosen darauf an, ob sie eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkts verrichten könnten. Danach sei der Kläger über den 2.12.2004 hinaus nicht arbeitsunfähig. Das gehe aus den Gutachten des MDK hervor.
Auf den ihm am 30.6.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.7.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er Arztbriefe sowie ein Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma. vorgelegt.
In einem für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft erstatteten ärztlichen (Formular-)Bericht des Allgemeinarztes Lang ist unter dem 16.12.2005 neben der Mitteilung der vorliegenden, Arbeitsunfähigkeit verursachenden Gesundheitsstörungen (ohne weitere Begründung) angegeben, Arbeitsfähigkeit bestehe noch nicht; die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei derzeit nicht absehbar. Dr. W. berichtete unter dem 29.12.2005 über eine Vorstellung des Klägers am 20.10.2005 in ihrer schmerztherapeutischen Praxis (Gemeinschaftspraxis Dres. W. und T.; Senatsakte S. 19, 20).
Die Orthopädische Klinik Ma. (Dres. Sch., Gö.) hatte für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft unter dem 3.3.2006 ein Gutachten erstattet (Senatsakte S. 26). Darin ist ausgeführt, der Kläger sei am 20.2.2006 untersucht worden. Grundlage des Gutachtens seien außerdem der Klinik teils von der Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft, teils vom Kläger selbst zur Verfügung gestellte Unterlagen sowie technische Untersuchungsbefunde (Kernspinuntersuchung der Lendenwirbelsäule vom 2.6.2005); nicht vorgelegt wurden offenbar die (dem Kläger von der Beklagten übersandten Schreiben vom 7.12.2004 bzw. 25.2.2005, Verwaltungsakte S. 18, 37) Gutachten des MDK.
Der Kläger habe einen ständigen Schmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule angegeben; trotz Behandlung (neben Medikamenten einmal wöchentlich Vorstellung beim Schmerztherapeuten Dr. T.) sei er nie beschwerdefrei. Die durchgeführte körperliche Untersuchung, Erhebung der Anamnese und vorliegenden Bildbefunde ließen den subjektiven Leidensdruck objektiv als glaubhaft erscheinen; dies spiegele sich auch in der Opiatpflichtigkeit durchaus glaubhaft wieder. Im früheren Beruf des Montageleiters bestehe aktuell sicherlich keine Arbeitsfähigkeit. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne davon ausgegangen werden, dass auf Grund der aktuell bestehenden Problematik keine Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit bestehe. Damit müsse davon ausgegangen werden, dass aktuell eine 100%ige Erwerbsunfähigkeit bestehe. Die Situation könnte möglicherweise durch eine Bandscheibenoperation positiv beeinflusst werden. Seit dem 9.4.2004 bestehe 100%ige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.6.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 30.11. und 3.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2005 zu verurteilen, ihm über den 2.12.2004 hinaus Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe ab 3.12.2004 Leistungen der Agentur für Arbeit erhalten und sei daher offenbar vermittelbar gewesen. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht vorgelegt worden. Die jetzt beigebrachten Berichte und Gutachten stammten zumeist aus dem Jahr 2006. Der MDK habe den Kläger demgegenüber am 24.1.2005 untersucht und Arbeitsunfähigkeit nicht festgestellt. Der Kläger habe das gesamte Verfahren in die Länge gezogen und auch dem Sozialgericht weder eine Klagebegründung noch Arztunterlagen vorgelegt.
Der Kläger wendet abschließend ein, die Zahlung von Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II ab 3.12.2004 diene der Grundsicherung bei Hilfebedürftigkeit, wenn vorrangig verpflichtete Leistungsträger, wie die Beklagte, ihre Leistungspflicht nicht erfüllten. Der Annahme von Arbeitsunfähigkeit stehe dies nicht entgegen.
Der Senat hat die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung B.en-Württemberg und die Gerichtsakten des Sozialgerichts S 22 R 8756/06, außerdem die Leistungsakten der Agentur für Arbeit beigezogen. Die Gerichts- und Verwaltungsakten des Rentenverfahrens sind dem MDK gemeinsam mit den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Arztunterlagen zur Stellungnahme vorgelegt worden.
In der Stellungnahme des MDK (Dr. Sch.) vom 25.2.2008 ist hierzu ausgeführt, beim Kläger bestünden schwere degenerative Veränderungen an der unteren Wirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen. Die von der Orthopädischen Klinik Ma. im Gutachten vom 6.3.2006 beschriebenen Bewegungseinschränkungen und Schmerzzustände hätten durch die kernspintomographische Untersuchung erklärt werden können. Unter Zusammenschau aller Faktoren müsse davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der orthopädischen Begutachtung am 20.2.2006 Arbeitsunfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten bestanden habe. Der Kläger habe aber von Anfang Oktober bis Anfang November 2004 ein stationäres Heilverfahren absolviert. Während dieser Zeit hätten sich die behandelnden Ärzte ein genaues Bild von seinem Gesundheitszustand machen können. Nach Abschluss der Rehabilitationsbehandlung hätten sie angenommen, dass leichte Tätigkeiten möglich seien. Auch bei der Untersuchung durch den MDK am 24.1.2005 sei Leistungsfähigkeit für leichte Arbeit von mindestens 3 Stunden bis unter 6 Stunden täglich festgestellt worden. Damit sei ein entsprechendes Leistungsvermögen innerhalb von 3 Monaten durch 2 unterschiedliche Ärzte vorgefunden worden. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb von der Orthopädischen Klinik Ma. am 3.3.2006 rückblickend Arbeitsunfähigkeit ab 9.4.2004 angenommen werde. Bei der Vorstellung in der Schmerzpraxis Dres. W. und T. am 20.10.2005 habe der Kläger den Vorschlag einer stationären Behandlung abgelehnt; offenbar sei der Leidensdruck noch nicht so ausgeprägt gewesen, dass jedwede Möglichkeit zur Besserung der Scherzsymptomatik genutzt worden wäre. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Kläger leichte Tätigkeiten wie im Entlassungsbericht der Rheumaklinik bzw. im MDK-Gutachten vom 24.1.2005 angenommen bis 31.10.2005 habe verrichten können. Während dieser Zeit habe die Schmerzsituation, insbesondere auch das Erleben des Schmerzes, ständig zugenommen, so dass ab 1.11.2005 auch für leichte Tätigkeiten Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm über den 2.12.2004 hinaus Krankengeld zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die Gewährung von Krankengeld maßgeblich sind, und weshalb dem Kläger danach Krankengeld über den 2.12.2004 hinaus nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:
Der Kläger, der in der Zeit nach dem 2.12.2004 Leistungen in Höhe von 24,94 EUR täglich erhalten hat, begehrt für den selben Zeitraum Krankengeld in eben dieser Höhe, weil er sich davon Vorteile in einem Regressprozess gegen den Unfallgegner des Auffahrunfalls vom 9.4.2004 verspricht. Er stützt sein Leistungsbegehren im Kern auf das für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft erstattete Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma. vom 3.3.2006. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn (des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) während der hier streitigen Zeit ist damit aber nicht nachgewiesen.
Insoweit ist zunächst von Belang, dass das Gutachten für ein Unternehmen der privaten Versicherungswirtschaft erstattet wurde und sich deren Leistungspflicht nicht nach den gleichen Rechtsgrundsätzen und Beurteilungsmaßstäben richtet, die für die Gewährung von Krankengeld an gesetzlich Krankenversicherte gelten. Demzufolge ist in dem Gutachten auch ohne weitere Unterscheidung von "Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit", teils auch von "Erwerbsunfähigkeit" allein die Rede. Im Recht der gesetzlichen Sozialversicherung bezeichnen die Begriffe "Arbeitsunfähigkeit" (im Sinne des Krankenversicherungsrechts - dazu § 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien, BAnz 2004 Nr. 61 S. 6501) und "Erwerbsunfähigkeit" (im Sinne des Rentenversicherungsrechts - § 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI, a.F.; jetzt: volle bzw. teilweise Erwerbsminderung) aber zwei (völlig) unterschiedliche Versicherungsfälle, für deren Eintritt auch unterschiedliche rechtliche und tatsächliche Voraussetzungen maßgeblich sind. Der hier für die Leistungsbeurteilung einschlägige Maßstab - Leistungsfähigkeit für leichte Arbeit mindestens 3 Stunden täglich - ist in dem Gutachten auch nicht zutreffend benannt. Auf die Arbeitsfähigkeit im (ursprünglich versicherten) Beruf des Montageleiters kommt es nämlich nicht (mehr) an, da der Kläger bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (im Jahr 2004) bereits seit Jahren (seit Dezember 2002) arbeitslos war (vgl. etwa BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 21/05 R -); auf den im Gutachten ohne weitere Präzisierung angesprochenen "allgemeine Arbeitsmarkt" kann in dieser Undifferenziertheit nicht abgestellt werden. Schließlich lagen den Gutachtern offenbar auch nicht alle Unterlagen vor. Namentlich die - dem Leistungsbegehren ungünstigen - Gutachten des MDK vom 29.11.2004 und vom 24.1.2005 wurden bei der Begutachtung ersichtlich nicht berücksichtigt; jedenfalls sind sie im Gutachten nicht erwähnt und die Gutachter haben sich mit den Erkenntnissen und EinSch.ungen der MDK-Gutachter auch nicht auseinandergesetzt. Gegenstand der MDK-Gutachten sind aber gerade die hier ausschlaggebenden Fragen im Hinblick auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Damit richtet sich das Gutachten zum einen nicht auf die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Fragestellung, zum anderen legt es - deshalb - zumindest ungenaue und so hier nicht brauchbare Beurteilungsmaßstäbe an und beruht außerdem auf lückenhaften und damit nicht ausreichenden Begutachtungsgrundlagen. Die - letztendlich im Kern auch auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützte und aus den Befunden wenig nachvollziehbar begründete - EinSch.ung im Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma., es bestehe seit dem 9.4.2004 "100%ige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit" kann daher die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB schon deshalb nicht überzeugend belegen.
Das Gutachten beruht außerdem auf einer Untersuchung des Klägers, die am 20.2.2006 und damit über 15 Monate nach dem hier streitigen Zeitraum (ab 2.12.2004) vorgenommen wurde. Demzufolge trifft das Gutachten Aussagen auch zunächst für die aktuelle Arbeitsfähigkeit des Klägers, worauf es hier nicht ankommt. Die daran anschließende These, "Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit" bestehe bereits seit 9.4.2004, wird nicht weiter begründet. Mit nach Jahr und Tag erstellten Gutachten dieser Art sind die in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld aber in aller Regel nicht nachzuweisen, es sei denn, die Schlussfolgerungen, die der Gutachter aus aktuellen Befunden oder Diagnosen für das gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V jeweils maßgebliche Leistungsvermögen des Versicherten in der Vergangenheit zieht, beruhen nachvollziehbar und überzeugend auf hierfür tragfähigen (medizinischen) Grundlagen. Davon kann nach dem Gesagten freilich nicht die Rede sein.
Maßgeblich für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn ist demgegenüber grundsätzlich die zeitnah vorgenommene ärztliche EinSch.ung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Versicherten, zumal es in sozialmedizinischer Hinsicht ausschlaggebend auf Funktionsbeeinträchtigungen und nicht auf Diagnosen oder Befunde für sich allein ankommt. Deshalb ermöglicht eine - wie hier - Jahre nach dem maßgeblichen Zeitraum vorgenommene Diagnostik und Befunderhebung regelmäßig keine hinreichend zuverlässige EinSch.ung der Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit. Dr. Sch. hat dies bei Abgabe seiner Stellungnahme vom 25.2.2008 der Sache nach zugrunde gelegt und demzufolge die aktuellen LeistungseinSch.ungen der Ärzte der Rheumaklinik B. W. (Entlassungsbericht vom 29.10.2004) und des MDK-Gutachters Dr. M. (Gutachten vom24.1.2005) besonders hervorgehoben.
Unabhängig von den genannten sozialmedizinischen Gegebenheiten tritt auch in der Ausgestaltung des Leistungsanspruchs und des Verwaltungsverfahrens klar hervor, dass die Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit des Versicherten aktuell und zeitnah beurteilt werden soll. So ruht der Anspruch auf Krankengeld gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Damit soll der Krankenkasse (u.a.) ermöglicht werden, die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs durch den MDK - zeitnah (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -, BSGE 85, 271) - überprüfen zu lassen (vgl. § 275 SGB V). Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit - für den Vertragsarzt - verbindlich; bei Meinungsverschiedenheiten kann der Vertragsarzt bei der Krankenkasse eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen, muss einen solchen Antrag allerdings unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK stellen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Auch darin kommt klar zum Ausdruck, dass die Arbeits(un)fähigkeit zeitnah und nicht nach Jahr und Tag retrospektiv beurteilt werden soll.
Für den Senat ist danach die EinSch.ung in den zeitnah erstellten MDK-Gutachten, namentlich im MDK-Gutachten vom 24.1.2005 maßgeblich; Dr. Sch. hat darauf in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 25.2.2008 ebenfalls zu Recht abgestellt. Bereits im Aktengutachten vom 29.11.2004 hatte Dr. H. angenommen, der Kläger könne leichte Arbeiten mindestens 3 Stunden täglich leisten, was die Gewährung von Krankengeld vorliegend ausschließt. Dr. M. hat den Kläger am 24.1.2005 untersucht und gestützt auf die dabei erhobenen Befunde schlüssig dargelegt, dass Arbeitsunfähigkeit ab 2.12.2004 nicht mehr bestand, der Kläger vielmehr leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 3 bis 6 Stunden täglich verrichten konnte. Bestätigt wird dies durch die LeistungseinSch.ung im Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 29.10.2004, wonach der Kläger für fähig erachtet wurde, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden täglich auszuführen. Danach ist Arbeitsunfähigkeit über den 2.12.2004 hinaus nicht dargetan. Weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen nicht auf und sind vom Kläger auch weder aufgezeigt noch beantragt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Krankengeld über den 2.12.2004 hinaus.
Der 1957 geborene Kläger arbeitete zuletzt als Montageleiter in der Kfz-Herstellung (Verwaltungsakte S. 32). Seit dem 5.12.2002 ist er arbeitslos (Verwaltungsakte S. 8). Am 9.4.2004 erlitt er einen Auffahrunfall, bei dem er im Bereich der Lendenwirbelsäule verletzt wurde (Senatsakte S. 28).
Seit dem 7.10.2004 war der Kläger wegen einer rezidivierenden Lumboischialgie links bei Bandscheibenvorfall i. Höhe L5/S1 arbeitsunfähig krank, deswegen absolvierte er vom 7.10. bis 4.11.2004 auf Kosten des Rentenversicherungsträgers eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik B. W ...
Vom 5.11.2004 bis 2.12.004 gewährte die Beklagte dem Kläger Krankengeld in Höhe von 24,94 EUR. Im Anschluss daran bezog er (wieder) Arbeitslosenhilfe bzw. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II; Verwaltungsakte S. 27, 35, 49, 48) in Höhe von 24,94 EUR. Zuvor hatte er ebenfalls Leistungen der Arbeitsverwaltung in dieser Höhe bezogen.
Mit Bescheid vom 7.2.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung B.en-Württemberg dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.11.2005; Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde zunächst abgelehnt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger deswegen am 17.11.2006 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 22 R 8756/06). Nach Begutachtung des Klägers durch Dr. P. (Gutachten vom 7.8.2007: formal seit Rentenantragstellung am 28.10.2005 auf unter 3 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen) wurde dem Kläger mit Bescheid vom 12.11.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab 1.5.2006 gewährt (SG-Akte Rentenverfahren S. 87). Das dem zugrunde liegende Anerkenntnis des Rentenversicherungsträgers nahm der Kläger nicht an; er wendet sich noch gegen die Befristung der Rente.
Im die Gewährung von Krankengeld betreffenden Verwaltungsverfahren waren der Beklagten Auszahlungsscheine für Krankengeld des Allgemeinarztes Lang vom 8. und 22.11.2004 vorgelegt worden (Verwaltungsakte S. 12, 13). Weitere Auszahlungsscheine (Dr. K.) reichte der Kläger (nur) bei der ARGE Rems-Murr-Kreis ein, die sie an die Zürich Lebensversicherungsgesellschaft weiterleitete (Verwaltungsakte DRV S. 44). Dieser wurden offenbar auch Arztberichte des Dr. Lang vorgelegt (Verwaltungsakte DRV – Arztunterlagen - und Senatsakte S. 27). Dr. Lang hatte im bei der Beklagten eingereichten Auszahlungsschein vom 22.11.2004 Arbeitsunfähigkeit bis 3.12.2004 bescheinigt. Daraufhin holte die Beklagte die sozialmedizinische Stellungnahme (nach Aktenlage) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.en-Württemberg (MDK) vom 29.11.2004 ein (Verwaltungsakte S. 10). Dr. H., dem (u.a.) der Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 29.10.2004 vorlag, führte aus, der behandelnde Arzt habe zwar weiterhin Arbeitsunfähigkeit festgestellt, was im Hinblick auf die vollschichtige Verrichtung einer mittelschweren Tätigkeit durchaus nachvollziehbar sei. Der Kläger sei allerdings arbeitslos, so dass es hierauf nicht ankomme. Leichte Arbeiten könne er mindestens 3 Stunden täglich leisten.
Mit Schreiben vom 30.11. und 3.12.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Arbeitsunfähigkeit und der Anspruch auf Krankengeld endeten am 2.12.2004; der Kläger möge sich wieder bei der Agentur für Arbeit melden. Diese gewährte ihm in der Folgezeit (wieder) Arbeitslosenhilfe.
Auf den (ohne Begründung) eingelegten Widerspruch des Klägers erhob die Beklagte das Gutachten des MDK vom 24.1.2005 (Verwaltungsakte S. 32). Dr. M. untersuchte den Kläger. Der Gutachter erhob die Befunde "Wirbelsäule bei Aufsicht im Lot, Becken- und Schultergeradstand, Klopfschmerz im Bereich der oberen LWS, Druckschmerz über der linken Iliosacralfuge, mäßige paravertebrale Verspannung im LWS-Bereich, Rotation im LWS-Bereich endgradig schmerzhaft, Lasegue rechts negativ, links bei etwa 70 Grad schmerzhaft angegeben, Hacken- und Zehenstand"; diagnostiziert wurde eine Lumboischialgie. Beim Kläger liege eine chronische Rückenerkrankung vor, die auf Grund der schmerzhaften Bewegungs- und Belastungseinschränkung des Achsenorgans eine deutliche Einschränkung des Leistungsbildes bedinge. Mittelschwere und schwere körperliche Arbeit, das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des Bückens oder Hockens oder mit häufigen Dreh- und Umwendbewegungen seien nicht möglich. Für körperlich leichte Tätigkeiten in frei bestimmbarer, wechselnder Körperhaltung bestehe aber ein positives Leistungsbild für 3 bis 6 Stunden täglich. Die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zum 2.12.2004 sei aus sozialmedizinischer Sicht gerechtfertigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.3.2005 (Verwaltungsakte S. 40) wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten des MDK vom 24.1.2005 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger (nach erfolglosen Zustellversuchen) mit Schreiben vom 15.4.2005 (zum wiederholten Mal) übersandt (Verwaltungsakte S. 41).
Am 29.4.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Eine Klagebegründung wurde nicht vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.6.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) setze die Zahlung von Krankengeld Arbeitsunfähigkeit voraus. Hierfür komme es bei Arbeitslosen darauf an, ob sie eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarkts verrichten könnten. Danach sei der Kläger über den 2.12.2004 hinaus nicht arbeitsunfähig. Das gehe aus den Gutachten des MDK hervor.
Auf den ihm am 30.6.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.7.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er Arztbriefe sowie ein Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma. vorgelegt.
In einem für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft erstatteten ärztlichen (Formular-)Bericht des Allgemeinarztes Lang ist unter dem 16.12.2005 neben der Mitteilung der vorliegenden, Arbeitsunfähigkeit verursachenden Gesundheitsstörungen (ohne weitere Begründung) angegeben, Arbeitsfähigkeit bestehe noch nicht; die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei derzeit nicht absehbar. Dr. W. berichtete unter dem 29.12.2005 über eine Vorstellung des Klägers am 20.10.2005 in ihrer schmerztherapeutischen Praxis (Gemeinschaftspraxis Dres. W. und T.; Senatsakte S. 19, 20).
Die Orthopädische Klinik Ma. (Dres. Sch., Gö.) hatte für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft unter dem 3.3.2006 ein Gutachten erstattet (Senatsakte S. 26). Darin ist ausgeführt, der Kläger sei am 20.2.2006 untersucht worden. Grundlage des Gutachtens seien außerdem der Klinik teils von der Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft, teils vom Kläger selbst zur Verfügung gestellte Unterlagen sowie technische Untersuchungsbefunde (Kernspinuntersuchung der Lendenwirbelsäule vom 2.6.2005); nicht vorgelegt wurden offenbar die (dem Kläger von der Beklagten übersandten Schreiben vom 7.12.2004 bzw. 25.2.2005, Verwaltungsakte S. 18, 37) Gutachten des MDK.
Der Kläger habe einen ständigen Schmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule angegeben; trotz Behandlung (neben Medikamenten einmal wöchentlich Vorstellung beim Schmerztherapeuten Dr. T.) sei er nie beschwerdefrei. Die durchgeführte körperliche Untersuchung, Erhebung der Anamnese und vorliegenden Bildbefunde ließen den subjektiven Leidensdruck objektiv als glaubhaft erscheinen; dies spiegele sich auch in der Opiatpflichtigkeit durchaus glaubhaft wieder. Im früheren Beruf des Montageleiters bestehe aktuell sicherlich keine Arbeitsfähigkeit. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne davon ausgegangen werden, dass auf Grund der aktuell bestehenden Problematik keine Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit bestehe. Damit müsse davon ausgegangen werden, dass aktuell eine 100%ige Erwerbsunfähigkeit bestehe. Die Situation könnte möglicherweise durch eine Bandscheibenoperation positiv beeinflusst werden. Seit dem 9.4.2004 bestehe 100%ige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.6.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 30.11. und 3.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2005 zu verurteilen, ihm über den 2.12.2004 hinaus Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe ab 3.12.2004 Leistungen der Agentur für Arbeit erhalten und sei daher offenbar vermittelbar gewesen. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien nicht vorgelegt worden. Die jetzt beigebrachten Berichte und Gutachten stammten zumeist aus dem Jahr 2006. Der MDK habe den Kläger demgegenüber am 24.1.2005 untersucht und Arbeitsunfähigkeit nicht festgestellt. Der Kläger habe das gesamte Verfahren in die Länge gezogen und auch dem Sozialgericht weder eine Klagebegründung noch Arztunterlagen vorgelegt.
Der Kläger wendet abschließend ein, die Zahlung von Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II ab 3.12.2004 diene der Grundsicherung bei Hilfebedürftigkeit, wenn vorrangig verpflichtete Leistungsträger, wie die Beklagte, ihre Leistungspflicht nicht erfüllten. Der Annahme von Arbeitsunfähigkeit stehe dies nicht entgegen.
Der Senat hat die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung B.en-Württemberg und die Gerichtsakten des Sozialgerichts S 22 R 8756/06, außerdem die Leistungsakten der Agentur für Arbeit beigezogen. Die Gerichts- und Verwaltungsakten des Rentenverfahrens sind dem MDK gemeinsam mit den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Arztunterlagen zur Stellungnahme vorgelegt worden.
In der Stellungnahme des MDK (Dr. Sch.) vom 25.2.2008 ist hierzu ausgeführt, beim Kläger bestünden schwere degenerative Veränderungen an der unteren Wirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen. Die von der Orthopädischen Klinik Ma. im Gutachten vom 6.3.2006 beschriebenen Bewegungseinschränkungen und Schmerzzustände hätten durch die kernspintomographische Untersuchung erklärt werden können. Unter Zusammenschau aller Faktoren müsse davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der orthopädischen Begutachtung am 20.2.2006 Arbeitsunfähigkeit auch für leichte Tätigkeiten bestanden habe. Der Kläger habe aber von Anfang Oktober bis Anfang November 2004 ein stationäres Heilverfahren absolviert. Während dieser Zeit hätten sich die behandelnden Ärzte ein genaues Bild von seinem Gesundheitszustand machen können. Nach Abschluss der Rehabilitationsbehandlung hätten sie angenommen, dass leichte Tätigkeiten möglich seien. Auch bei der Untersuchung durch den MDK am 24.1.2005 sei Leistungsfähigkeit für leichte Arbeit von mindestens 3 Stunden bis unter 6 Stunden täglich festgestellt worden. Damit sei ein entsprechendes Leistungsvermögen innerhalb von 3 Monaten durch 2 unterschiedliche Ärzte vorgefunden worden. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb von der Orthopädischen Klinik Ma. am 3.3.2006 rückblickend Arbeitsunfähigkeit ab 9.4.2004 angenommen werde. Bei der Vorstellung in der Schmerzpraxis Dres. W. und T. am 20.10.2005 habe der Kläger den Vorschlag einer stationären Behandlung abgelehnt; offenbar sei der Leidensdruck noch nicht so ausgeprägt gewesen, dass jedwede Möglichkeit zur Besserung der Scherzsymptomatik genutzt worden wäre. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Kläger leichte Tätigkeiten wie im Entlassungsbericht der Rheumaklinik bzw. im MDK-Gutachten vom 24.1.2005 angenommen bis 31.10.2005 habe verrichten können. Während dieser Zeit habe die Schmerzsituation, insbesondere auch das Erleben des Schmerzes, ständig zugenommen, so dass ab 1.11.2005 auch für leichte Tätigkeiten Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm über den 2.12.2004 hinaus Krankengeld zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) für die Gewährung von Krankengeld maßgeblich sind, und weshalb dem Kläger danach Krankengeld über den 2.12.2004 hinaus nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:
Der Kläger, der in der Zeit nach dem 2.12.2004 Leistungen in Höhe von 24,94 EUR täglich erhalten hat, begehrt für den selben Zeitraum Krankengeld in eben dieser Höhe, weil er sich davon Vorteile in einem Regressprozess gegen den Unfallgegner des Auffahrunfalls vom 9.4.2004 verspricht. Er stützt sein Leistungsbegehren im Kern auf das für die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft erstattete Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma. vom 3.3.2006. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn (des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) während der hier streitigen Zeit ist damit aber nicht nachgewiesen.
Insoweit ist zunächst von Belang, dass das Gutachten für ein Unternehmen der privaten Versicherungswirtschaft erstattet wurde und sich deren Leistungspflicht nicht nach den gleichen Rechtsgrundsätzen und Beurteilungsmaßstäben richtet, die für die Gewährung von Krankengeld an gesetzlich Krankenversicherte gelten. Demzufolge ist in dem Gutachten auch ohne weitere Unterscheidung von "Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit", teils auch von "Erwerbsunfähigkeit" allein die Rede. Im Recht der gesetzlichen Sozialversicherung bezeichnen die Begriffe "Arbeitsunfähigkeit" (im Sinne des Krankenversicherungsrechts - dazu § 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien, BAnz 2004 Nr. 61 S. 6501) und "Erwerbsunfähigkeit" (im Sinne des Rentenversicherungsrechts - § 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI, a.F.; jetzt: volle bzw. teilweise Erwerbsminderung) aber zwei (völlig) unterschiedliche Versicherungsfälle, für deren Eintritt auch unterschiedliche rechtliche und tatsächliche Voraussetzungen maßgeblich sind. Der hier für die Leistungsbeurteilung einschlägige Maßstab - Leistungsfähigkeit für leichte Arbeit mindestens 3 Stunden täglich - ist in dem Gutachten auch nicht zutreffend benannt. Auf die Arbeitsfähigkeit im (ursprünglich versicherten) Beruf des Montageleiters kommt es nämlich nicht (mehr) an, da der Kläger bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (im Jahr 2004) bereits seit Jahren (seit Dezember 2002) arbeitslos war (vgl. etwa BSG, Urt. v. 4.4.2006, - B 1 KR 21/05 R -); auf den im Gutachten ohne weitere Präzisierung angesprochenen "allgemeine Arbeitsmarkt" kann in dieser Undifferenziertheit nicht abgestellt werden. Schließlich lagen den Gutachtern offenbar auch nicht alle Unterlagen vor. Namentlich die - dem Leistungsbegehren ungünstigen - Gutachten des MDK vom 29.11.2004 und vom 24.1.2005 wurden bei der Begutachtung ersichtlich nicht berücksichtigt; jedenfalls sind sie im Gutachten nicht erwähnt und die Gutachter haben sich mit den Erkenntnissen und EinSch.ungen der MDK-Gutachter auch nicht auseinandergesetzt. Gegenstand der MDK-Gutachten sind aber gerade die hier ausschlaggebenden Fragen im Hinblick auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Damit richtet sich das Gutachten zum einen nicht auf die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Fragestellung, zum anderen legt es - deshalb - zumindest ungenaue und so hier nicht brauchbare Beurteilungsmaßstäbe an und beruht außerdem auf lückenhaften und damit nicht ausreichenden Begutachtungsgrundlagen. Die - letztendlich im Kern auch auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützte und aus den Befunden wenig nachvollziehbar begründete - EinSch.ung im Gutachten der Orthopädischen Klinik Ma., es bestehe seit dem 9.4.2004 "100%ige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit" kann daher die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB schon deshalb nicht überzeugend belegen.
Das Gutachten beruht außerdem auf einer Untersuchung des Klägers, die am 20.2.2006 und damit über 15 Monate nach dem hier streitigen Zeitraum (ab 2.12.2004) vorgenommen wurde. Demzufolge trifft das Gutachten Aussagen auch zunächst für die aktuelle Arbeitsfähigkeit des Klägers, worauf es hier nicht ankommt. Die daran anschließende These, "Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit" bestehe bereits seit 9.4.2004, wird nicht weiter begründet. Mit nach Jahr und Tag erstellten Gutachten dieser Art sind die in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld aber in aller Regel nicht nachzuweisen, es sei denn, die Schlussfolgerungen, die der Gutachter aus aktuellen Befunden oder Diagnosen für das gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V jeweils maßgebliche Leistungsvermögen des Versicherten in der Vergangenheit zieht, beruhen nachvollziehbar und überzeugend auf hierfür tragfähigen (medizinischen) Grundlagen. Davon kann nach dem Gesagten freilich nicht die Rede sein.
Maßgeblich für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn ist demgegenüber grundsätzlich die zeitnah vorgenommene ärztliche EinSch.ung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Versicherten, zumal es in sozialmedizinischer Hinsicht ausschlaggebend auf Funktionsbeeinträchtigungen und nicht auf Diagnosen oder Befunde für sich allein ankommt. Deshalb ermöglicht eine - wie hier - Jahre nach dem maßgeblichen Zeitraum vorgenommene Diagnostik und Befunderhebung regelmäßig keine hinreichend zuverlässige EinSch.ung der Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit. Dr. Sch. hat dies bei Abgabe seiner Stellungnahme vom 25.2.2008 der Sache nach zugrunde gelegt und demzufolge die aktuellen LeistungseinSch.ungen der Ärzte der Rheumaklinik B. W. (Entlassungsbericht vom 29.10.2004) und des MDK-Gutachters Dr. M. (Gutachten vom24.1.2005) besonders hervorgehoben.
Unabhängig von den genannten sozialmedizinischen Gegebenheiten tritt auch in der Ausgestaltung des Leistungsanspruchs und des Verwaltungsverfahrens klar hervor, dass die Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit des Versicherten aktuell und zeitnah beurteilt werden soll. So ruht der Anspruch auf Krankengeld gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Damit soll der Krankenkasse (u.a.) ermöglicht werden, die medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs durch den MDK - zeitnah (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -, BSGE 85, 271) - überprüfen zu lassen (vgl. § 275 SGB V). Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit - für den Vertragsarzt - verbindlich; bei Meinungsverschiedenheiten kann der Vertragsarzt bei der Krankenkasse eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen, muss einen solchen Antrag allerdings unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK stellen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Auch darin kommt klar zum Ausdruck, dass die Arbeits(un)fähigkeit zeitnah und nicht nach Jahr und Tag retrospektiv beurteilt werden soll.
Für den Senat ist danach die EinSch.ung in den zeitnah erstellten MDK-Gutachten, namentlich im MDK-Gutachten vom 24.1.2005 maßgeblich; Dr. Sch. hat darauf in seiner im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 25.2.2008 ebenfalls zu Recht abgestellt. Bereits im Aktengutachten vom 29.11.2004 hatte Dr. H. angenommen, der Kläger könne leichte Arbeiten mindestens 3 Stunden täglich leisten, was die Gewährung von Krankengeld vorliegend ausschließt. Dr. M. hat den Kläger am 24.1.2005 untersucht und gestützt auf die dabei erhobenen Befunde schlüssig dargelegt, dass Arbeitsunfähigkeit ab 2.12.2004 nicht mehr bestand, der Kläger vielmehr leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 3 bis 6 Stunden täglich verrichten konnte. Bestätigt wird dies durch die LeistungseinSch.ung im Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 29.10.2004, wonach der Kläger für fähig erachtet wurde, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden täglich auszuführen. Danach ist Arbeitsunfähigkeit über den 2.12.2004 hinaus nicht dargetan. Weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen nicht auf und sind vom Kläger auch weder aufgezeigt noch beantragt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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