Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1880/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5005/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte die Kosten für in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 zugunsten der Klägerin geleistete häusliche Krankenpflege zu tragen hat.
Bei der 1947 geborenen Klägerin traten seit 1978 schizophrene Schübe auf, die wiederholte Krankenhausbehandlungen erforderlich machten. 1994 sprang die Klägerin bei einem der bisher ca. 20 Suizidversuche aus einem Fenster im dritten Stock eine Pflegestation und ist seit diesem Zeitpunkt neben ihrer geistigen Krankheit auch zu 100 % körperlich behindert. Wegen der schweren Beckenverletzungen ist sie seitdem auf das Anbringen eines Katheters angewiesen. Zu ihrem Betreuer ist ihr Ehemann, H. M. bestellt worden (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Überlingen vom 25.04.2003 - Bl. 49 SG-Akte).
Von 1998 bis 2001 war die Klägerin im Vinzenz von P.-Hospital, Rottweil, untergebracht und erhielt dort Leistungen nach Pflegestufe III. Im Juni 2001 wurde die Klägerin in das "Haus Oase" in Ha. verlegt, das sich in einem Prospekt (vgl. Bl. 92 SG-Akte) als "Privates Pflegeheim-ambulant betreute Wohngruppe" mit dem Leitbild "Die Familie" (wir leben in einer großen Familie zusammen - es ist wichtig, dass wir füreinander da sind) bezeichnet. Unter dem 01.06.2001 schloss die Klägerin, vertreten durch ihren Ehemann mit Frau P. I., die später den Namen S. führte, folgenden Mietvertrag (vgl. Bl. 75 SG-Akte):
Mietvertrag zwischen Frau P. I., Ha. und Frau E. M., Rottweil
1. Frau E. M., geb. 11.01.1947, erhält Unterkunft bei Frau I ... 2. Es ist das Ziel, dass Frau M. bis zum Lebensende dort wohnen kann. 3. Die Unterkunft besteht in einem Doppelzimmer und Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss und des Gartens im Hause Ga ... 3, 88633 Heiligenberg-Ha ... 4. Die monatlichen Kosten des Wohnens samt Benutzung der gesamten allgemeinen Räume des Hauses und des Gartens inklusive der Nebenkosten (Heizung, Wasser, Warmwasser, Strom, Küchenabnutzung, Waschmaschinenabnutzung u. a.) betragen DM 700,-. 5. Dieser Betrag fällt auch an, falls Frau M. im Krankenhaus o.ä. ist. 6. Der Vertragsbeginn ist der 05.06.2001. 7. Der Vertrag ist nicht befristet. 8. Die Kündigungsfrist beträgt vier Wochen zum Ende des Quartals. 9. Bei Versterben von Frau M. bis zum 10. eines Monats fällt dieser Betrag bis zum Ende jenen Monats an; bei Versterben nach dem 10. eines Monats fällt dieser Betrag noch bis Ende des folgenden Monats an. 10. Für Fußpflege, Friseur u. ä. wird ein monatliches Taschengeld von DM 100,- zur Verfügung gestellt.
Frau I. (später S.) ist von Beruf Krankenschwester. Sie beschrieb gegenüber dem Sozialgericht Konstanz (SG) anlässlich ihrer gerichtlichen Vernehmung als Zeugin (vgl. Protokoll vom 26.04.2006 - Bl. 88 SG-Akte) die Wohnverhältnisse dahingehend, dass in ihrem Haus sich drei Wohnungen befänden; die oberste Wohnung werde von ihr und ihrer Familie bewohnt, die mittlere Wohnung sei die Wohnung der Wohngemeinschaft, dort lebten mindestens vier pflegebedürftige Menschen, die untere Wohnung werde von ihrem großen Sohn bewohnt. Bei der mittleren Wohnung handle es sich um eine ganz normale, komplett ausgestattete Wohnung mit drei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Esszimmer, Küche und Bad. Sie sei so ausgestattet, dass sich die dort wohnenden Menschen selbst versorgen könnten, wenn es ihr Zustand zuließe. Die Pflege der Mitbewohner der Wohngemeinschaft werde vom Pflegedienst Tr. seit 1999 durchgeführt, bis dahin hätten ihr damaliger Mann und sie selbst die pflegebedürftigen Menschen betreut. Derzeit sei sie nach wie vor häufig in der Wohngemeinschaft, es sei ja ihre Einrichtung. Mit dem Pflegedienst Tr. seien sie sehr zufrieden. Es gebe bisher keinen Grund, den Pflegedienst zu wechseln. Allerdings könne jeder Bewohner sich den Pflegedienst wählen, den er möchte, dies stehe in dem Pflegevertrag, den die Bewohner mit Herrn Tr. abschlössen. Der Haushalt werde von Angestellten der Fa. Tr. geführt, die kochen und putzen.
Die Klägerin, der die Pflegekasse der Beklagten 2001 die Pflegestufe II zuerkannt hatte, wird von der Fa. "Alten- und Krankenpflege Rainer Tr." gepflegt. Der Pflegevertrag sieht folgende Leistungen vor (Bl. 78 SG-Akte):
1. Leistungen der häuslichen Krankenpflege: Große Toilette, kleine Toilette, Transfer/An-, Auskleiden Einfache Hilfe bei Ausscheidungen Spezielles Lagern Mobilisation Häufigkeit: einmal täglich 2. Leistungen der Hauswirtschaft: Zubereitung einer einfachen Mahlzeit (zweimal täglich), Zubereitung einer warmen Mahlzeit (einmal täglich), Waschen, Bügeln, Putzen (zweimal wöchentlich) Beziehen des Bettes (0 bis einmal wöchentlich)
Am 22.10.2001 legte Altenpfleger Tr. die Verordnung des Facharztes für Innere Medizin Dr. Tsch. vom 27.06.2001 über häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 vor. Als verordnungsrelevante Diagnosen wurden darin eine chronische Schizophrenie mit latenter Suizidalität bezeichnet und als Behandlungspflegemaßnahmen die Medikamentengabe sowie das Wechseln des Katheters und die Versorgung der Einstichstelle. Die Krankenpflege sei zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich, die Beurteilung, ob eine im Haushalt lebende Person die verordnete Maßnahmen übernehmen könne, sei ihm nicht möglich. Mit Bescheid vom 25.07.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung häuslicher Krankenpflege ab. Maßgeblich für die Gewährung von Krankenpflege sei, dass diese im Haushalt des Versicherten oder in der Familie erbracht werde. Dies sei hier nicht der Fall, weil die Klägerin sich bei Familie I. in ambulanter Pflege befinde und diese gerade nicht in ihrem Haushalt durchgeführt werde. Auch bestehe zur Familie I. keine verwandtschaftliche Beziehung, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Krankenpflege in der Familie zu erbringen sei. Den hiergegen von Altenpfleger Rainer Tr. eingelegten Widerspruch (ein Heim liege hier nicht vor, die gegebene Wohnform biete eine sehr familiäre Alternative zur stationären Pflege) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2002 zurückgewiesen. Der vom Gesetz verwendete Begriff des Haushalts umfasse die private Lebens- und Wirtschaftsführung, in Wohnheimen befinde sich der Haushalt von Versicherten nur, wenn sie sich dort wirtschaftlich selbst versorgten. Die Klägerin könne sich bei Familie I. hauswirtschaftlich aber nicht selbst versorgen, sie sei dort als Pflegebedürftige in den Haushalt der Familie I. aufgenommen worden.
Die Klägerin erhob hiergegen am 02.10.2002 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Sie machte geltend, Behandlungspflege könne auch außerhalb der eigenen Häuslichkeit der Klägerin erfolgen. Ein Ortswechsel könne nicht dafür ausschlaggebend sein, ob häusliche Krankenpflege stattfinde oder nicht; dies hänge auch nicht von der Familie ab. Entscheidend sei, wo die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt definiere. In dieser Häuslichkeit sei die Leistungserbringung zu problematisieren. Die Wohngemeinschaft, in der die Klägerin lebe, stelle in ihrer Gesamtheit einen Haushalt im Sinne von § 37 Abs. 2 SGB V dar. Eigenständigkeit sei dafür nicht Voraussetzung; auch wer einen eigenen Haushalt führe, könne andere Personen für sich tätig sein lassen, er müsse nur das hauswirtschaftliche Geschehen selbst lenken können. Ob die Klägerin in der Lage sei, sich selbst hauswirtschaftlich zu versorgen, sei deshalb rechtlich unerheblich.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies darauf hin, dass die Klägerin sich nicht nur vorübergehend außerhalb der Familienwohnung aufhalte, sie lebe vielmehr ständig bei der Familie I. und werde dort versorgt. Sie habe ihren Lebensmittelpunkt mithin nicht bei ihrer eigenen Familie, sondern im Haus einer anderen Familie. Die Klägerin sei nicht in der Lage, sich selbst hauswirtschaftlich zu versorgen, weswegen auch nicht von einem eigenen Haushalt im Sinn des § 37 SGB V ausgegangen werden könne. Da sie weder in ihrem eigenen Haushalt noch in dem ihrer eigenen Familie lebe, könne häusliche Krankenpflege nicht gewährt werden.
Das Sozialgericht hat die Vermieterin P. I. (später S.) als Zeugin vernommen und mit Urteil vom 26.04.2006 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Antrag auf Gewährung häuslicher Krankenpflege nicht zu Unrecht abgelehnt. Die medizinische Notwendigkeit der Medikamentenabgabe sowie des Katheterbeutelwechsels und der Notwendigkeit der Versorgung der Einstichstelle sei zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Diese Maßnahmen dienten der Sicherung der ärztlichen Behandlung der Schizophrenie und der Behandlung des der Versorgung mit einem suprapubischen Katheter zugrunde liegenden Leidens. Diese Behandlungspflege werde entgegen § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V aber weder im Haushalt der Klägerin noch in der Familie der Klägerin erbracht. Ein Haushalt sei anzunehmen, wenn der Betreffende die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst trage. Entscheidend komme es darauf an, ob dem Betroffenen eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich sei, er sich also selbst wirtschaftlich versorgen könne. Dies sei der Klägerin im "Haus Oase" nicht möglich. Wie die Vernehmung der Zeugin S. ergeben habe, stehe die Wahlfreiheit der Bewohner ihrer Einrichtung, was die Möglichkeit der Inanspruchnahme anderer Anbieter als des Pflegedienstes Tr. angehe, allenfalls auf dem Papier. Die Klägerin sei durch Vermittlung des Pflegedienstes Tr. in das "Haus Oase" gekommen und der Inhaber dieses Pflegedienstes habe auch alle Vereinbarungen, die Kosten der Unterkunft, der Verpflegung der Betreuung betreffend mit dem Betreuer der Klägerin getroffen. Die Klägerin sei zwar nicht rechtlich, wohl aber tatsächlich zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Wirtschaftsführung im "Haus Oase" außerstande. Sie befinde sich vielmehr faktisch in einer stationären Einrichtung, was den Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege ausschließe.
Gegen das am 19.09.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.10.2006 Berufung eingelegt. Das SG habe die Begriffe des "eigenwirtschaftlichen Haushaltens" bzw. "die Führung eines eigenen Haushaltes" nicht richtig gewichtet. Grundsätzlich befinde sich der Haushalt an dem Ort, an dem oder von dem aus menschliche Grundbedürfnisse, wie Ernährung, Kleidung, Körperpflege und -hygiene, Ruhe und Schlaf regelmäßig erfüllt werden. Der Aufenthalt der Klägerin bei ihrer häuslichen Versorgung in der Familienpflegestelle entspreche diesen Anforderungen. Sie bewohne eine von ihr angemietete abgeschlossene Wohneinheit; auch erlaubten die tatsächlichen Wohnverhältnisse erkennbar eine selbständige hauswirtschaftliche Versorgung. Rechtlich unerheblich sei, ob sie in der Lage sei, selbständig Entscheidungen zu treffen; auch sei nicht erforderlich, dass ein gewisses Maß an eigenwirtschaftlichem Haushalten gegeben sein müsse. Soweit das SG davon ausgegangen sei, die Inanspruchnahme anderer Anbieter als des Pflegedienstes Tr. sei faktisch unmöglich, sei dies nicht nachvollziehbar. Es sei nicht richtig, dass sich die Klägerin "faktisch in einer stationären Einrichtung" befinde. Typisch für die Wohnform in Wohngemeinschaften in Form des betreuten Wohnens sei, dass die Leistungen der Pflege und Betreuung von unterschiedlichen Anbietern bereit gestellt würden und die Leistungsempfänger die Wahlfreiheit der Leistungserbringung hätten. Sie habe sich für das Haus "Oase" entschieden, weil sie dort viel persönlichere Zuwendung erhalten habe, als in den anderen, konsultierten Einrichtungen.
Die Klägerin hat noch das Schreiben des Landratsamts Bodenseekreis - Heimaufsicht - vom 24.04.2006 (Bl.20 LSG-Akte) vorgelegt, darin heißt es, seitens der Heimaufsicht bestünden keine Einwände dagegen, weiterhin diese ambulante Betriebsform zu wählen. Die Heimaufsicht behalte es sich allerdings vor, diesen Status von Zeit zu Zeit einer Prüfung zu unterziehen. Ergänzend wird um Mitteilung gebeten, wer Ausbildungsträger der bei ihnen (P. S.) beschäftigten Schülerinnen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.04.2006 sowie den Bescheid vom 25.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten für die im Zeitraum vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 erbrachte Krankenpflege freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidend für die Frage, ob der Klägerin ein eigener Haushalt zur Verfügung gestanden habe, sei, ob ihr während des Aufenthalts im "Haus Oase" eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich gewesen sei, sie sich also wirtschaftlich selbst habe versorgen können. Dies sei aus den vom SG Konstanz genannten Gründen nicht der Fall gewesen. Gegen eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung spreche auch, dass der Klägerin lediglich ein "Taschengeld" für persönliche Bedürfnisse zur Verfügung gestellt werde. Das Landratsamt des Bodenseekreises gehe als zuständige Heimaufsicht davon aus, dass das "Haus Oase" die Kriterien für einen Heimbetrieb erfülle und habe deshalb empfohlen, einen stationären Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen abzuschließen. Die Klägerin befinde sich nicht in einer Wohngemeinschaft und damit in einem Privathaushalt, sondern in einer stationären Einrichtung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist vorliegend überschritten. Im Streit stehen Kosten für häusliche Krankenpflege in Höhe von ca. 2000 EUR.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung oder Freistellung von den Kosten hinsichtlich der in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 von dem Sozialdienst Tr. erhaltenen häuslichen Krankenpflege.
Gegenstand des Verfahrens ist vorliegend allein die Frage der Kostentragung der von dem Sozialdienst Tr. in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 erbrachten medizinischen Behandlungspflege. Nicht Streitgegenstand sind hingegen die späteren Zeiträume. Zwar werden nach § 96 Abs. 1 SGG aus Gründen der Prozessökonomie neue Verwaltungsakte "automatisch" (vgl. zur bis 31.03.2008 geltenden Rechtslage Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 96 Rdnr. 11) Gegenstand des Gerichtsverfahrens, wenn sie den angegriffenen Verwaltungsakt abändern oder ersetzen. Bei einer wiederholten Bewilligung von häuslicher Krankenpflege für jeweils drei Monate ist das aber nicht der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.2002, B 3 KR 13/02 R und BSG-Urteil vom 28.05.2003, B 3 KR 32/02 R). Der Senat hat deshalb nicht über die Berechtigung der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthaltenen Rechnungen der Sozialstation Tr. zu befinden, die die Zeiträume von Dezember 2003 bis Oktober 2006 umfassen. Soweit ersichtlich hat die Beklagte bezüglich dieser Kostenanforderungen noch keine Bescheide erlassen, jedenfalls finden sich keine Bescheide in den Verwaltungsakten und ein entsprechender Vortrag des Klägers ist nicht erfolgt. Damit scheidet eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 2 SGG von vornherein aus, weil auch bezüglich einer geänderten Klage die Prozessvoraussetzungen einer vorherigen Bescheiderteilung und eines Vorverfahrens vorliegen müssen.
Gegenstand des Verfahrens ist kein Kostenerstattungsanspruch, sondern ein Freistellungsanspruch gemäß § 37 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, weil die Klägerin die notwendige Krankenpflege selbst beschafft, aber noch nicht bezahlt hat und das Pflegeunternehmen die Vergütung bis zum Abschluss dieses Rechtsstreits gestundet hat. Ein solcher Freistellungsanspruch wird von der auf Kostenerstattung zugeschnittenen Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V umfasst (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 85, 287 und BSG vom 21.11.2002 - B 3 KR 13/02 R).
Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse, soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für eine selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Vorliegend kann offen bleiben, wie der Umstand zu würdigen ist, dass die Beklagte erst am 20.10.2001 und damit nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 von der Verordnung häuslicher Krankenpflege Kenntnis erhalten hat. Denn der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R). Letzteres ist hier nicht der Fall. Da die Klägerin in der Pflegeeinrichtung "Oase" bei Familie I. keinen eigenen Haushalt führt, kann sie die begehrte häusliche Krankenpflege auch nicht als Sachleistung beantragen.
Gemäß § 37 Abs. 2 SGB V (ein Fall der Verhinderungspflege nach Abs. 1 liegt ersichtlich nicht vor) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 2 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 2 und 3 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches nicht zulässig.
Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nach § 37 Abs. 3 SGB V aber nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.
Durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 ergänzend Satz 7 in § 37 Abs. 2 SGB V eingefügt, wonach Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann erhalten, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBl. I 378) hat (bei ansonsten unveränderten Anspruchsvoraussetzungen) Satz 1 insoweit erweitert, als Versicherte Behandlungspflege erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege.
Maßgebend für die Entscheidung im vorliegenden Fall ist die bis 31.12.2003 geltende Fassung des Gesetzes vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477), weil der Gesetzgeber für die späteren Novellierungen keine Rückwirkung vorgeschrieben hat. Die Erweiterung der Leistungsvoraussetzungen in dem seit 1.1.2004 geltenden Satz 7 käme der Klägerin unabhängig davon aber auch nicht zu Gute, weil diese Vorschrift ersichtlich nur Leistungen während eines vorübergehenden Aufenthalts gewähren will, nicht aber - wie im Haus Oase - bei einem auf die Dauer der verbleibenden Lebenszeit angelegten Aufenthalt. Da die häusliche Krankenpflege der Klägerin nicht in ihrer Familie gewährt wurde, sondern in einem angemieteten Zimmer in einer Einrichtung, die noch weitere pflegebedürftige Menschen aufgenommen hat, in der jedoch keine Familienangehörigen von ihr wohnen, liegt die alternative Tatbestandsvoraussetzung in "ihrer Familie" ersichtlich nicht vor. Entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits ist deshalb die Frage, ob die Klägerin in ihrem Haushalt die Behandlungspflege erhalten hat.
Das BSG hat die Auffassung vertreten, die Umschreibung "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" habe die Funktion, die häusliche Krankenpflege von der Leistungserbringung im stationären Bereich abzugrenzen (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 R 13/02 R). Der Anspruch auf Behandlungspflege könne nicht davon abhängen, ob sich der Kranke gerade zu Hause aufhalte. Das BSG hat daraus den Schluss gezogen, dass Behandlungspflege auch während eines Kindergarten- oder Schulbesuchs in gleicher Weise wie zu Hause geleistet werden könne. Hinsichtlich der Frage, ob eine Heimunterbringung in Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe dem ambulanten Bereich des eigenen Haushaltes oder dem stationären Bereich zuzuordnen ist, hat das BSG maßgebend darauf abgestellt, ob ein eigener Haushalt in der Behinderteneinrichtung zur Verfügung steht. Ein eigener Haushalt liegt dort vor, wo die hauswirtschaftliche Grundversorgung (insbesondere kochen, waschen, Raumpflege usw.) sichergestellt ist. Für einen eigenen Haushalt spricht, wenn der Versicherte die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst trägt und ihm noch eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich ist, er sich also wirtschaftlich selbst versorgen kann. Ist ein Aufenthalt nicht aufgrund eines frei ausgehandelten und von ihm selbst finanziell getragenen Mietvertrages zustande gekommen, sondern auf der Grundlage eines Heimvertrages, liegt eine stationäre Heimunterbringung vor, mit der Folge, dass die gewährte Krankenpflege nicht als häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V abrechenbar ist.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin in der Pflegeeinrichtung "Oase" keinen eigenen Haushalt hatte. Wie der Entscheidung des BSG vom 01.09.2005 - B 3 KR 19/04 R - zu entnehmen ist, muss der Betreffende noch in der Lage sein, sich wirtschaftlich selbst zu versorgen. Dies setzt nicht voraus, dass sämtliche Haushaltstätigkeiten wie kochen, waschen, Raumpflege usw. von dem Betreffenden selbst erledigt werden müssen. Selbstverständlich kann er dies durch geeignete Pflegekräfte oder sonstige Hilfspersonen erledigen lassen. Erforderlich ist aber eine entsprechende Willensfreiheit, etwa bei Anweisung und Einsatz von Hilfspersonen und ein Mindestmaß an Bestimmung über die eigenständige Haushaltsführung.
Dies liegt hier nicht vor. Die Klägerin lebt unter Betreuung, die auch die Vermögenssorge betrifft, und ist deshalb schon rechtlich nicht in der Lage, mit Hilfskräften für einen Haushalt verbindliche Verträge zu schließen. Sie ist darüber hinaus auch rein tatsächlich nicht in der Lage, auch nur teilweise einen Haushalt zu führen; im Gegenteil, sie ist nicht mehr fähig, für sich selbst zu sorgen. Die Klägerin war zuletzt in einer stationären Pflegeeinrichtung in Pflegestufe III mit einem Pflegebedarf von fünf Stunden und mehr eingestuft. Auch wenn inzwischen ein Pflegebedarf nur noch nach Stufe II besteht, liegt gleichwohl eine erhebliche Pflegebedürftigkeit weiterhin vor. Soweit aus den vorgelegten Rechnungen der Beigeladenen hervorgeht, war in ihrem Fall ab 2003 dauernde Dekubitusvorsorge erforderlich, also eine Vorsorge gegen das Wundliegen. Dies bedeutet, dass die Klägerin ganz überwiegend sich im Bett aufhält. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, dass für die Klägerin noch irgend ein Rest an persönlicher Autonomie und Gestaltungsmöglichkeit im eigenen Haushalt verbleibt.
Ebenso wie das SG kommt daher auch der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Unterbringung der Klägerin in der Einrichtung "Oase" nicht um eine betreute Wohnform mit eigenem Haushalt, sondern um eine private Pflegeeinrichtung (ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI) handelt. Anders als andere schwer pflegebedürftige Personen, die in ihrem bisherigen Haushalt bleiben, hatte die Klägerin auch vor ihrer Erkrankung nicht in diesen Räumen gewohnt und in diesen einen eigenen Haushalt geführt. Die Klägerin ist vielmehr von einer vollstationären Pflegeeinrichtung, hier den Vinzenz-von-P. Pflegeheimen, bei unverändertem Gesundheitszustand in eine privat geführte Unterkunft verlegt worden, wo sie in gleicher Weise versorgt wird. Die dabei vorherrschende Kombination von Unterbringung in fremden Räumen und vorgegebenem, vor Ort bereits tätigem Pflegedienst ist auch typisch für eine stationäre Unterbringung. Hinzu kommt, dass eine Wahlfreiheit der Klägerin hinsichtlich Unterkunft und Pflegedienst faktisch nicht besteht, zumal das Wohnverhältnis von dem Inhaber des (sie dann auch pflegenden) Pflegedienstes vermittelt wurde und diesem zudem noch Vollmacht (vgl. Bl. 47 SG-Akte) erteilt wurde, die Klägerin gegenüber der Pflegekasse zu vertreten, sodass die Klägerin von Tr. praktisch völlig abhängig war.
Wäre (was sie nicht vorgetragen hat) die Klägerin allerdings in den Haushalt der Familie I. aufgenommen worden (dies legt der dem SG übergebene Prospekt nahe), würde ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege an § 37 Abs. 3 SGB V scheitern, weil dann eine im Haushalt lebende Person (Herr oder Frau I.) die Medikamentengabe und den Wechsel des Katheters selbst vornehmen könnten. Bestünde ein Versorgungsvertrag, wäre die medizinische Behandlungspflege gem. § 43 Abs. 2 SGB XI Teil der (dann höher entgoltenen) Pflegeleistungen.
Kein anders Ergebnis ergibt sich aus den zahlreichen dem Senat vom Pflegedienst Tr. vorgelegten (überwiegend rechtspolitischen) Unterlagen. Betreute Wohnformen, in denen alte und/oder behinderte Menschen innerhalb einer Wohngemeinschaft einen eigenständigen Hauhalt führen, benötigen einen Betreuer für ihre "Alltagssorgen", weswegen regelmäßig entsprechende Betreuungsverträge abgeschlossen werden, die dann aber wiederum zur Anwendung von § 37 Abs. 3 SGB V führen, weil eine zur Behandlungspflege (z.B. für die Medikamentengabe) geeignete Person im Haushalt lebt. Sozialstationen haben demgegenüber einen Betreiber. Besteht auf Grund der vertraglichen Gestaltung Unklarheit über den Status der Einrichtung, muss -wie oben geschehen - die Abgrenzung häuslich/stationär auf Grund der im Einzelfall vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse erfolgen. Diese legen - wie oben begründet- hier eine stationäre Unterbringung der Klägerin nahe.
Nach alledem kann im Falle der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass sie bei Familie I. in einem eigenen Haushalt lebt. Damit sind die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 SGB V für die Gewährung der verordneten häuslichen Krankenpflege nicht erfüllt. Das SG hat dies richtig erkannt, weswegen die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte die Kosten für in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 zugunsten der Klägerin geleistete häusliche Krankenpflege zu tragen hat.
Bei der 1947 geborenen Klägerin traten seit 1978 schizophrene Schübe auf, die wiederholte Krankenhausbehandlungen erforderlich machten. 1994 sprang die Klägerin bei einem der bisher ca. 20 Suizidversuche aus einem Fenster im dritten Stock eine Pflegestation und ist seit diesem Zeitpunkt neben ihrer geistigen Krankheit auch zu 100 % körperlich behindert. Wegen der schweren Beckenverletzungen ist sie seitdem auf das Anbringen eines Katheters angewiesen. Zu ihrem Betreuer ist ihr Ehemann, H. M. bestellt worden (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Überlingen vom 25.04.2003 - Bl. 49 SG-Akte).
Von 1998 bis 2001 war die Klägerin im Vinzenz von P.-Hospital, Rottweil, untergebracht und erhielt dort Leistungen nach Pflegestufe III. Im Juni 2001 wurde die Klägerin in das "Haus Oase" in Ha. verlegt, das sich in einem Prospekt (vgl. Bl. 92 SG-Akte) als "Privates Pflegeheim-ambulant betreute Wohngruppe" mit dem Leitbild "Die Familie" (wir leben in einer großen Familie zusammen - es ist wichtig, dass wir füreinander da sind) bezeichnet. Unter dem 01.06.2001 schloss die Klägerin, vertreten durch ihren Ehemann mit Frau P. I., die später den Namen S. führte, folgenden Mietvertrag (vgl. Bl. 75 SG-Akte):
Mietvertrag zwischen Frau P. I., Ha. und Frau E. M., Rottweil
1. Frau E. M., geb. 11.01.1947, erhält Unterkunft bei Frau I ... 2. Es ist das Ziel, dass Frau M. bis zum Lebensende dort wohnen kann. 3. Die Unterkunft besteht in einem Doppelzimmer und Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss und des Gartens im Hause Ga ... 3, 88633 Heiligenberg-Ha ... 4. Die monatlichen Kosten des Wohnens samt Benutzung der gesamten allgemeinen Räume des Hauses und des Gartens inklusive der Nebenkosten (Heizung, Wasser, Warmwasser, Strom, Küchenabnutzung, Waschmaschinenabnutzung u. a.) betragen DM 700,-. 5. Dieser Betrag fällt auch an, falls Frau M. im Krankenhaus o.ä. ist. 6. Der Vertragsbeginn ist der 05.06.2001. 7. Der Vertrag ist nicht befristet. 8. Die Kündigungsfrist beträgt vier Wochen zum Ende des Quartals. 9. Bei Versterben von Frau M. bis zum 10. eines Monats fällt dieser Betrag bis zum Ende jenen Monats an; bei Versterben nach dem 10. eines Monats fällt dieser Betrag noch bis Ende des folgenden Monats an. 10. Für Fußpflege, Friseur u. ä. wird ein monatliches Taschengeld von DM 100,- zur Verfügung gestellt.
Frau I. (später S.) ist von Beruf Krankenschwester. Sie beschrieb gegenüber dem Sozialgericht Konstanz (SG) anlässlich ihrer gerichtlichen Vernehmung als Zeugin (vgl. Protokoll vom 26.04.2006 - Bl. 88 SG-Akte) die Wohnverhältnisse dahingehend, dass in ihrem Haus sich drei Wohnungen befänden; die oberste Wohnung werde von ihr und ihrer Familie bewohnt, die mittlere Wohnung sei die Wohnung der Wohngemeinschaft, dort lebten mindestens vier pflegebedürftige Menschen, die untere Wohnung werde von ihrem großen Sohn bewohnt. Bei der mittleren Wohnung handle es sich um eine ganz normale, komplett ausgestattete Wohnung mit drei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Esszimmer, Küche und Bad. Sie sei so ausgestattet, dass sich die dort wohnenden Menschen selbst versorgen könnten, wenn es ihr Zustand zuließe. Die Pflege der Mitbewohner der Wohngemeinschaft werde vom Pflegedienst Tr. seit 1999 durchgeführt, bis dahin hätten ihr damaliger Mann und sie selbst die pflegebedürftigen Menschen betreut. Derzeit sei sie nach wie vor häufig in der Wohngemeinschaft, es sei ja ihre Einrichtung. Mit dem Pflegedienst Tr. seien sie sehr zufrieden. Es gebe bisher keinen Grund, den Pflegedienst zu wechseln. Allerdings könne jeder Bewohner sich den Pflegedienst wählen, den er möchte, dies stehe in dem Pflegevertrag, den die Bewohner mit Herrn Tr. abschlössen. Der Haushalt werde von Angestellten der Fa. Tr. geführt, die kochen und putzen.
Die Klägerin, der die Pflegekasse der Beklagten 2001 die Pflegestufe II zuerkannt hatte, wird von der Fa. "Alten- und Krankenpflege Rainer Tr." gepflegt. Der Pflegevertrag sieht folgende Leistungen vor (Bl. 78 SG-Akte):
1. Leistungen der häuslichen Krankenpflege: Große Toilette, kleine Toilette, Transfer/An-, Auskleiden Einfache Hilfe bei Ausscheidungen Spezielles Lagern Mobilisation Häufigkeit: einmal täglich 2. Leistungen der Hauswirtschaft: Zubereitung einer einfachen Mahlzeit (zweimal täglich), Zubereitung einer warmen Mahlzeit (einmal täglich), Waschen, Bügeln, Putzen (zweimal wöchentlich) Beziehen des Bettes (0 bis einmal wöchentlich)
Am 22.10.2001 legte Altenpfleger Tr. die Verordnung des Facharztes für Innere Medizin Dr. Tsch. vom 27.06.2001 über häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 vor. Als verordnungsrelevante Diagnosen wurden darin eine chronische Schizophrenie mit latenter Suizidalität bezeichnet und als Behandlungspflegemaßnahmen die Medikamentengabe sowie das Wechseln des Katheters und die Versorgung der Einstichstelle. Die Krankenpflege sei zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich, die Beurteilung, ob eine im Haushalt lebende Person die verordnete Maßnahmen übernehmen könne, sei ihm nicht möglich. Mit Bescheid vom 25.07.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung häuslicher Krankenpflege ab. Maßgeblich für die Gewährung von Krankenpflege sei, dass diese im Haushalt des Versicherten oder in der Familie erbracht werde. Dies sei hier nicht der Fall, weil die Klägerin sich bei Familie I. in ambulanter Pflege befinde und diese gerade nicht in ihrem Haushalt durchgeführt werde. Auch bestehe zur Familie I. keine verwandtschaftliche Beziehung, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Krankenpflege in der Familie zu erbringen sei. Den hiergegen von Altenpfleger Rainer Tr. eingelegten Widerspruch (ein Heim liege hier nicht vor, die gegebene Wohnform biete eine sehr familiäre Alternative zur stationären Pflege) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2002 zurückgewiesen. Der vom Gesetz verwendete Begriff des Haushalts umfasse die private Lebens- und Wirtschaftsführung, in Wohnheimen befinde sich der Haushalt von Versicherten nur, wenn sie sich dort wirtschaftlich selbst versorgten. Die Klägerin könne sich bei Familie I. hauswirtschaftlich aber nicht selbst versorgen, sie sei dort als Pflegebedürftige in den Haushalt der Familie I. aufgenommen worden.
Die Klägerin erhob hiergegen am 02.10.2002 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Sie machte geltend, Behandlungspflege könne auch außerhalb der eigenen Häuslichkeit der Klägerin erfolgen. Ein Ortswechsel könne nicht dafür ausschlaggebend sein, ob häusliche Krankenpflege stattfinde oder nicht; dies hänge auch nicht von der Familie ab. Entscheidend sei, wo die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt definiere. In dieser Häuslichkeit sei die Leistungserbringung zu problematisieren. Die Wohngemeinschaft, in der die Klägerin lebe, stelle in ihrer Gesamtheit einen Haushalt im Sinne von § 37 Abs. 2 SGB V dar. Eigenständigkeit sei dafür nicht Voraussetzung; auch wer einen eigenen Haushalt führe, könne andere Personen für sich tätig sein lassen, er müsse nur das hauswirtschaftliche Geschehen selbst lenken können. Ob die Klägerin in der Lage sei, sich selbst hauswirtschaftlich zu versorgen, sei deshalb rechtlich unerheblich.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und wies darauf hin, dass die Klägerin sich nicht nur vorübergehend außerhalb der Familienwohnung aufhalte, sie lebe vielmehr ständig bei der Familie I. und werde dort versorgt. Sie habe ihren Lebensmittelpunkt mithin nicht bei ihrer eigenen Familie, sondern im Haus einer anderen Familie. Die Klägerin sei nicht in der Lage, sich selbst hauswirtschaftlich zu versorgen, weswegen auch nicht von einem eigenen Haushalt im Sinn des § 37 SGB V ausgegangen werden könne. Da sie weder in ihrem eigenen Haushalt noch in dem ihrer eigenen Familie lebe, könne häusliche Krankenpflege nicht gewährt werden.
Das Sozialgericht hat die Vermieterin P. I. (später S.) als Zeugin vernommen und mit Urteil vom 26.04.2006 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Antrag auf Gewährung häuslicher Krankenpflege nicht zu Unrecht abgelehnt. Die medizinische Notwendigkeit der Medikamentenabgabe sowie des Katheterbeutelwechsels und der Notwendigkeit der Versorgung der Einstichstelle sei zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Diese Maßnahmen dienten der Sicherung der ärztlichen Behandlung der Schizophrenie und der Behandlung des der Versorgung mit einem suprapubischen Katheter zugrunde liegenden Leidens. Diese Behandlungspflege werde entgegen § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V aber weder im Haushalt der Klägerin noch in der Familie der Klägerin erbracht. Ein Haushalt sei anzunehmen, wenn der Betreffende die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst trage. Entscheidend komme es darauf an, ob dem Betroffenen eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich sei, er sich also selbst wirtschaftlich versorgen könne. Dies sei der Klägerin im "Haus Oase" nicht möglich. Wie die Vernehmung der Zeugin S. ergeben habe, stehe die Wahlfreiheit der Bewohner ihrer Einrichtung, was die Möglichkeit der Inanspruchnahme anderer Anbieter als des Pflegedienstes Tr. angehe, allenfalls auf dem Papier. Die Klägerin sei durch Vermittlung des Pflegedienstes Tr. in das "Haus Oase" gekommen und der Inhaber dieses Pflegedienstes habe auch alle Vereinbarungen, die Kosten der Unterkunft, der Verpflegung der Betreuung betreffend mit dem Betreuer der Klägerin getroffen. Die Klägerin sei zwar nicht rechtlich, wohl aber tatsächlich zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Wirtschaftsführung im "Haus Oase" außerstande. Sie befinde sich vielmehr faktisch in einer stationären Einrichtung, was den Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege ausschließe.
Gegen das am 19.09.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.10.2006 Berufung eingelegt. Das SG habe die Begriffe des "eigenwirtschaftlichen Haushaltens" bzw. "die Führung eines eigenen Haushaltes" nicht richtig gewichtet. Grundsätzlich befinde sich der Haushalt an dem Ort, an dem oder von dem aus menschliche Grundbedürfnisse, wie Ernährung, Kleidung, Körperpflege und -hygiene, Ruhe und Schlaf regelmäßig erfüllt werden. Der Aufenthalt der Klägerin bei ihrer häuslichen Versorgung in der Familienpflegestelle entspreche diesen Anforderungen. Sie bewohne eine von ihr angemietete abgeschlossene Wohneinheit; auch erlaubten die tatsächlichen Wohnverhältnisse erkennbar eine selbständige hauswirtschaftliche Versorgung. Rechtlich unerheblich sei, ob sie in der Lage sei, selbständig Entscheidungen zu treffen; auch sei nicht erforderlich, dass ein gewisses Maß an eigenwirtschaftlichem Haushalten gegeben sein müsse. Soweit das SG davon ausgegangen sei, die Inanspruchnahme anderer Anbieter als des Pflegedienstes Tr. sei faktisch unmöglich, sei dies nicht nachvollziehbar. Es sei nicht richtig, dass sich die Klägerin "faktisch in einer stationären Einrichtung" befinde. Typisch für die Wohnform in Wohngemeinschaften in Form des betreuten Wohnens sei, dass die Leistungen der Pflege und Betreuung von unterschiedlichen Anbietern bereit gestellt würden und die Leistungsempfänger die Wahlfreiheit der Leistungserbringung hätten. Sie habe sich für das Haus "Oase" entschieden, weil sie dort viel persönlichere Zuwendung erhalten habe, als in den anderen, konsultierten Einrichtungen.
Die Klägerin hat noch das Schreiben des Landratsamts Bodenseekreis - Heimaufsicht - vom 24.04.2006 (Bl.20 LSG-Akte) vorgelegt, darin heißt es, seitens der Heimaufsicht bestünden keine Einwände dagegen, weiterhin diese ambulante Betriebsform zu wählen. Die Heimaufsicht behalte es sich allerdings vor, diesen Status von Zeit zu Zeit einer Prüfung zu unterziehen. Ergänzend wird um Mitteilung gebeten, wer Ausbildungsträger der bei ihnen (P. S.) beschäftigten Schülerinnen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.04.2006 sowie den Bescheid vom 25.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten für die im Zeitraum vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 erbrachte Krankenpflege freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidend für die Frage, ob der Klägerin ein eigener Haushalt zur Verfügung gestanden habe, sei, ob ihr während des Aufenthalts im "Haus Oase" eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich gewesen sei, sie sich also wirtschaftlich selbst habe versorgen können. Dies sei aus den vom SG Konstanz genannten Gründen nicht der Fall gewesen. Gegen eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung spreche auch, dass der Klägerin lediglich ein "Taschengeld" für persönliche Bedürfnisse zur Verfügung gestellt werde. Das Landratsamt des Bodenseekreises gehe als zuständige Heimaufsicht davon aus, dass das "Haus Oase" die Kriterien für einen Heimbetrieb erfülle und habe deshalb empfohlen, einen stationären Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen abzuschließen. Die Klägerin befinde sich nicht in einer Wohngemeinschaft und damit in einem Privathaushalt, sondern in einer stationären Einrichtung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier noch anzuwendenden bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist vorliegend überschritten. Im Streit stehen Kosten für häusliche Krankenpflege in Höhe von ca. 2000 EUR.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung oder Freistellung von den Kosten hinsichtlich der in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 von dem Sozialdienst Tr. erhaltenen häuslichen Krankenpflege.
Gegenstand des Verfahrens ist vorliegend allein die Frage der Kostentragung der von dem Sozialdienst Tr. in der Zeit vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 erbrachten medizinischen Behandlungspflege. Nicht Streitgegenstand sind hingegen die späteren Zeiträume. Zwar werden nach § 96 Abs. 1 SGG aus Gründen der Prozessökonomie neue Verwaltungsakte "automatisch" (vgl. zur bis 31.03.2008 geltenden Rechtslage Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 96 Rdnr. 11) Gegenstand des Gerichtsverfahrens, wenn sie den angegriffenen Verwaltungsakt abändern oder ersetzen. Bei einer wiederholten Bewilligung von häuslicher Krankenpflege für jeweils drei Monate ist das aber nicht der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.2002, B 3 KR 13/02 R und BSG-Urteil vom 28.05.2003, B 3 KR 32/02 R). Der Senat hat deshalb nicht über die Berechtigung der in den Verwaltungsakten der Beklagten enthaltenen Rechnungen der Sozialstation Tr. zu befinden, die die Zeiträume von Dezember 2003 bis Oktober 2006 umfassen. Soweit ersichtlich hat die Beklagte bezüglich dieser Kostenanforderungen noch keine Bescheide erlassen, jedenfalls finden sich keine Bescheide in den Verwaltungsakten und ein entsprechender Vortrag des Klägers ist nicht erfolgt. Damit scheidet eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 2 SGG von vornherein aus, weil auch bezüglich einer geänderten Klage die Prozessvoraussetzungen einer vorherigen Bescheiderteilung und eines Vorverfahrens vorliegen müssen.
Gegenstand des Verfahrens ist kein Kostenerstattungsanspruch, sondern ein Freistellungsanspruch gemäß § 37 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, weil die Klägerin die notwendige Krankenpflege selbst beschafft, aber noch nicht bezahlt hat und das Pflegeunternehmen die Vergütung bis zum Abschluss dieses Rechtsstreits gestundet hat. Ein solcher Freistellungsanspruch wird von der auf Kostenerstattung zugeschnittenen Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V umfasst (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 85, 287 und BSG vom 21.11.2002 - B 3 KR 13/02 R).
Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse, soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für eine selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Vorliegend kann offen bleiben, wie der Umstand zu würdigen ist, dass die Beklagte erst am 20.10.2001 und damit nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums vom 27.06.2001 bis 30.09.2001 von der Verordnung häuslicher Krankenpflege Kenntnis erhalten hat. Denn der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R). Letzteres ist hier nicht der Fall. Da die Klägerin in der Pflegeeinrichtung "Oase" bei Familie I. keinen eigenen Haushalt führt, kann sie die begehrte häusliche Krankenpflege auch nicht als Sachleistung beantragen.
Gemäß § 37 Abs. 2 SGB V (ein Fall der Verhinderungspflege nach Abs. 1 liegt ersichtlich nicht vor) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 2 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 2 und 3 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches nicht zulässig.
Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nach § 37 Abs. 3 SGB V aber nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.
Durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 wurde mit Wirkung vom 01.01.2004 ergänzend Satz 7 in § 37 Abs. 2 SGB V eingefügt, wonach Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann erhalten, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 (BGBl. I 378) hat (bei ansonsten unveränderten Anspruchsvoraussetzungen) Satz 1 insoweit erweitert, als Versicherte Behandlungspflege erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege.
Maßgebend für die Entscheidung im vorliegenden Fall ist die bis 31.12.2003 geltende Fassung des Gesetzes vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477), weil der Gesetzgeber für die späteren Novellierungen keine Rückwirkung vorgeschrieben hat. Die Erweiterung der Leistungsvoraussetzungen in dem seit 1.1.2004 geltenden Satz 7 käme der Klägerin unabhängig davon aber auch nicht zu Gute, weil diese Vorschrift ersichtlich nur Leistungen während eines vorübergehenden Aufenthalts gewähren will, nicht aber - wie im Haus Oase - bei einem auf die Dauer der verbleibenden Lebenszeit angelegten Aufenthalt. Da die häusliche Krankenpflege der Klägerin nicht in ihrer Familie gewährt wurde, sondern in einem angemieteten Zimmer in einer Einrichtung, die noch weitere pflegebedürftige Menschen aufgenommen hat, in der jedoch keine Familienangehörigen von ihr wohnen, liegt die alternative Tatbestandsvoraussetzung in "ihrer Familie" ersichtlich nicht vor. Entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits ist deshalb die Frage, ob die Klägerin in ihrem Haushalt die Behandlungspflege erhalten hat.
Das BSG hat die Auffassung vertreten, die Umschreibung "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" habe die Funktion, die häusliche Krankenpflege von der Leistungserbringung im stationären Bereich abzugrenzen (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 R 13/02 R). Der Anspruch auf Behandlungspflege könne nicht davon abhängen, ob sich der Kranke gerade zu Hause aufhalte. Das BSG hat daraus den Schluss gezogen, dass Behandlungspflege auch während eines Kindergarten- oder Schulbesuchs in gleicher Weise wie zu Hause geleistet werden könne. Hinsichtlich der Frage, ob eine Heimunterbringung in Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe dem ambulanten Bereich des eigenen Haushaltes oder dem stationären Bereich zuzuordnen ist, hat das BSG maßgebend darauf abgestellt, ob ein eigener Haushalt in der Behinderteneinrichtung zur Verfügung steht. Ein eigener Haushalt liegt dort vor, wo die hauswirtschaftliche Grundversorgung (insbesondere kochen, waschen, Raumpflege usw.) sichergestellt ist. Für einen eigenen Haushalt spricht, wenn der Versicherte die Kosten der Lebens- und Wirtschaftsführung im Wesentlichen selbst trägt und ihm noch eine eigenverantwortliche Wirtschaftsführung möglich ist, er sich also wirtschaftlich selbst versorgen kann. Ist ein Aufenthalt nicht aufgrund eines frei ausgehandelten und von ihm selbst finanziell getragenen Mietvertrages zustande gekommen, sondern auf der Grundlage eines Heimvertrages, liegt eine stationäre Heimunterbringung vor, mit der Folge, dass die gewährte Krankenpflege nicht als häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V abrechenbar ist.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin in der Pflegeeinrichtung "Oase" keinen eigenen Haushalt hatte. Wie der Entscheidung des BSG vom 01.09.2005 - B 3 KR 19/04 R - zu entnehmen ist, muss der Betreffende noch in der Lage sein, sich wirtschaftlich selbst zu versorgen. Dies setzt nicht voraus, dass sämtliche Haushaltstätigkeiten wie kochen, waschen, Raumpflege usw. von dem Betreffenden selbst erledigt werden müssen. Selbstverständlich kann er dies durch geeignete Pflegekräfte oder sonstige Hilfspersonen erledigen lassen. Erforderlich ist aber eine entsprechende Willensfreiheit, etwa bei Anweisung und Einsatz von Hilfspersonen und ein Mindestmaß an Bestimmung über die eigenständige Haushaltsführung.
Dies liegt hier nicht vor. Die Klägerin lebt unter Betreuung, die auch die Vermögenssorge betrifft, und ist deshalb schon rechtlich nicht in der Lage, mit Hilfskräften für einen Haushalt verbindliche Verträge zu schließen. Sie ist darüber hinaus auch rein tatsächlich nicht in der Lage, auch nur teilweise einen Haushalt zu führen; im Gegenteil, sie ist nicht mehr fähig, für sich selbst zu sorgen. Die Klägerin war zuletzt in einer stationären Pflegeeinrichtung in Pflegestufe III mit einem Pflegebedarf von fünf Stunden und mehr eingestuft. Auch wenn inzwischen ein Pflegebedarf nur noch nach Stufe II besteht, liegt gleichwohl eine erhebliche Pflegebedürftigkeit weiterhin vor. Soweit aus den vorgelegten Rechnungen der Beigeladenen hervorgeht, war in ihrem Fall ab 2003 dauernde Dekubitusvorsorge erforderlich, also eine Vorsorge gegen das Wundliegen. Dies bedeutet, dass die Klägerin ganz überwiegend sich im Bett aufhält. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, dass für die Klägerin noch irgend ein Rest an persönlicher Autonomie und Gestaltungsmöglichkeit im eigenen Haushalt verbleibt.
Ebenso wie das SG kommt daher auch der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Unterbringung der Klägerin in der Einrichtung "Oase" nicht um eine betreute Wohnform mit eigenem Haushalt, sondern um eine private Pflegeeinrichtung (ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI) handelt. Anders als andere schwer pflegebedürftige Personen, die in ihrem bisherigen Haushalt bleiben, hatte die Klägerin auch vor ihrer Erkrankung nicht in diesen Räumen gewohnt und in diesen einen eigenen Haushalt geführt. Die Klägerin ist vielmehr von einer vollstationären Pflegeeinrichtung, hier den Vinzenz-von-P. Pflegeheimen, bei unverändertem Gesundheitszustand in eine privat geführte Unterkunft verlegt worden, wo sie in gleicher Weise versorgt wird. Die dabei vorherrschende Kombination von Unterbringung in fremden Räumen und vorgegebenem, vor Ort bereits tätigem Pflegedienst ist auch typisch für eine stationäre Unterbringung. Hinzu kommt, dass eine Wahlfreiheit der Klägerin hinsichtlich Unterkunft und Pflegedienst faktisch nicht besteht, zumal das Wohnverhältnis von dem Inhaber des (sie dann auch pflegenden) Pflegedienstes vermittelt wurde und diesem zudem noch Vollmacht (vgl. Bl. 47 SG-Akte) erteilt wurde, die Klägerin gegenüber der Pflegekasse zu vertreten, sodass die Klägerin von Tr. praktisch völlig abhängig war.
Wäre (was sie nicht vorgetragen hat) die Klägerin allerdings in den Haushalt der Familie I. aufgenommen worden (dies legt der dem SG übergebene Prospekt nahe), würde ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege an § 37 Abs. 3 SGB V scheitern, weil dann eine im Haushalt lebende Person (Herr oder Frau I.) die Medikamentengabe und den Wechsel des Katheters selbst vornehmen könnten. Bestünde ein Versorgungsvertrag, wäre die medizinische Behandlungspflege gem. § 43 Abs. 2 SGB XI Teil der (dann höher entgoltenen) Pflegeleistungen.
Kein anders Ergebnis ergibt sich aus den zahlreichen dem Senat vom Pflegedienst Tr. vorgelegten (überwiegend rechtspolitischen) Unterlagen. Betreute Wohnformen, in denen alte und/oder behinderte Menschen innerhalb einer Wohngemeinschaft einen eigenständigen Hauhalt führen, benötigen einen Betreuer für ihre "Alltagssorgen", weswegen regelmäßig entsprechende Betreuungsverträge abgeschlossen werden, die dann aber wiederum zur Anwendung von § 37 Abs. 3 SGB V führen, weil eine zur Behandlungspflege (z.B. für die Medikamentengabe) geeignete Person im Haushalt lebt. Sozialstationen haben demgegenüber einen Betreiber. Besteht auf Grund der vertraglichen Gestaltung Unklarheit über den Status der Einrichtung, muss -wie oben geschehen - die Abgrenzung häuslich/stationär auf Grund der im Einzelfall vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse erfolgen. Diese legen - wie oben begründet- hier eine stationäre Unterbringung der Klägerin nahe.
Nach alledem kann im Falle der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass sie bei Familie I. in einem eigenen Haushalt lebt. Damit sind die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 SGB V für die Gewährung der verordneten häuslichen Krankenpflege nicht erfüllt. Das SG hat dies richtig erkannt, weswegen die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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