Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KNU 4847/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KNU 5827/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Oktober 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1997 verpflichtet wird, den Bescheid vom 5. Juli 1996 auf den Antrag des Versicherten auf Zugunsten-Entscheidung nach § 44 SGB X vom 20. November 1996 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, das Lungenemphysem und die chronische obstruktive Bronchitis des Versicherten gemäß § 551 Abs. 2 RVO wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten Rente nach einer MdE um 40 v. H. für die Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. Dezember 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Bronchitis und eines Lungenemphysems wie eine Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO und die Gewährung von Berufskrankheitenrente bis zum Tode des Versicherten D. M., des am 26. November 2000 verstorbenen Ehemannes der Klägerin.
Nachdem im Rahmen eines vorausgegangenen Verfahrens wegen der Entschädigung einer Silikose Professor Dr. M., der damalige Ärztliche Direktor der R.-K.-Klinik der Universität F. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 1995 zu dem Ergebnis gekommen war, dass nur leichte silikotische Lungenveränderungen vorlägen, jedoch als Ursache der chronisch-obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems die Kohlestaubbelastung während der Tätigkeit des Versicherten im Steinkohlebergbau unter Tage von 1947 bis 1954 anzusehen sei, wurde am 7. Dezember 1995 ein Feststellungsverfahren eingeleitet. Es wurde das Vorliegen einer Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO geprüft, nachdem der ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesarbeitsministerium in seiner Sitzung vom 4. April 1995 beschlossen hatte, dem Verordnungsgeber zu empfehlen, die Berufskrankheitenverordnung wie folgt zu ergänzen: "COB oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel ( (100 mg/m 3) x Jahre)". Im Rahmen des Feststellungsverfahrens gab der Versicherte an, seit 1970 Atemwegsbeschwerden zu haben. Die Beklagte zog einen Untersuchungsbericht der Fachklinik D. vom 22. März 1984 bei, in dem lungenfunktionsanalytisch eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung beschrieben war. In der Anamnese war angegeben, der Untersuchte klage über seit etwa 6 Jahren bestehende Atembeschwerden vorwiegend in Form einer belastungsabhängigen Atemnot. Aus einem ebenfalls beigezogenen ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. von 1989 war die Diagnose einer leichten obstruktiven Ventilationsstörung zu entnehmen. Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig, eine weitere Erwerbstätigkeit wurde auf Grund der ausgeprägten respiratorischen Insuffizienz, die sich bereits bei geringfügigen Belastungen zeige, für nicht mehr angezeigt angesehen. Ein Gutachten von Professor Dr. L. vom 24. März 1992 für die Berufsgenossenschaft Druck- und Papierverarbeitung enthält die Diagnose einer Lungenfibrose unklarer Genese mit respiratorischer Partialinsuffizienz, Lungenüberblähung, Vitalkapazitätsverlust, beginnender Atemwegsobstruktion und beginnender Polyglobulie. Die Beklagte errechnete nach dem Berechnungsmodell von Professor Dr.-Ing. Bauer zur Prüfung "100 Feinstaubjahre" am 8. März 1996 zunächst lediglich 34,2 Staubjahre, wobei niedrige Staubkonzentrationen unterstellt wurden. Der Sachbearbeiter stellte dazu in einer Stellungnahme fest, bei Unterstellung ungünstiger Staubverhältnisse würden 100 Staubjahre erreicht. Daraufhin holte die Beklagte erneut eine Stellungnahme vom 30. April 1996 des TAD ein, der zu einer Verdoppelung, nämlich zu 68,4 Staubjahren kam. Mit Bescheid vom 5. Juli 1996 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung wie eine Berufskrankheit nicht vorlägen. Dieser Bescheid wurde bindend.
Mit Schreiben vom 18. November 1996 stellte der Versicherte einen Überprüfungsantrag und machte geltend, dass die errechnete Feinstaubbelastung nicht nachvollziehbar und unrichtig sei, da von jährlich 220 verfahrenen Schichten ausgegangen worden sei, obwohl tatsächlich bei einer 48-Stunden-Woche sowie einmal monatlich 8 Stunden Sonntagsschicht tatsächlich 300 Schichten pro Jahr anzusetzen seien. Die Beklagte holte darauf eine erneute Stellungnahme des TAD ein, der die Auffassung vertrat, selbst bei Unterstellung von 300 Schichten errechne sich nur eine kumulative Feinstaubdosis von 78,72 Staubjahren. Der Bevollmächtigte des Versicherten wies darauf hin, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass der Versicherte überwiegend als Hauer in steiler Lagerung gearbeitet habe und daher die Höchstwerte der Staubbelastung anzusetzen seien. Mit Bescheid vom 12. März 1997 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 5. Juli 1996 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, schon auf Grund des Gutachtens von Professor Dr. M., der eindeutig die Tätigkeit im Bergbau als ursächlich für die Lungenerkrankung angesehen habe, müsse eine Anerkennung wie eine Berufskrankheit erfolgen. Mit Bescheid vom 23. Juli 1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vor, sei zwar die Staubbelastung als wesentliche Ursache der Emphysembronchitis nicht ausgeschlossen, auf allgemein anerkannte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft lasse sich die Annahme eines Kausalzusammenhanges in diesem Fall jedoch nicht stützen.
Am 18. August 1997 hat der Versicherte Klage erhoben. Zur Begründung hat er eine Stellungnahme des Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen vorgelegt, wonach die Förderung auf der Zeche C. der Große, Schacht 6/7, wo der Kläger beschäftigt war, zu 86 bis 90 v.H. aus steil abfallenden Lagerstätten abgebaut wurde. Die Staubbelastung in den Nachkriegsjahren in den untertägigen Steinkohlebergwerken sei sehr hoch gewesen, heute unvorstellbar. Die Beklagte hat darauf eine weitere Stellungnahme des technischen Aufsichtsbeamten eingeholt, der nun unter Berücksichtigung dieser Auskunft die kumulative Staubdosis mit 116,4 Staubjahren errechnete. In einer ergänzenden Stellungnahme hat dieser ausgeführt, aus den nun vorgelegten Unterlagen der Bundesknappschaft sei ersichtlich, dass der Versicherte in den Monaten Dezember 1951, Juli und August 1952, April bis Juni 1954 keine Schichten unter Tage verfahren habe. Es seien daher 107,2 Staubjahre zugrundezulegen. Mit Schreiben vom 25. März 1998 hat die Beklagte dargelegt, bei dem Kläger liege eine seit 1984 belegte chronisch-obstruktive Emphysembronchitits vor, als deren Ursache aber nicht die 1954 aufgegebene staubbelastete Tätigkeit im untertägigen Steinkohlebergbau anzusehen sei. Deshalb sei eine Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 4111 der BKV nicht möglich. Das SG hat ein internistisch-pneumologisches Gutachten von dem Chefarzt der Abteilung Innere Medizin-Pneumologie der Thoraxklinik H.-R. Prof. Dr. Sch. eingeholt, der in seinem Gutachten vom 10. August 1998 ausgeführt hat, es liege eine ausgeprägte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung sowie ein ausgedehntes Lungenemphysem vor. Die Erkrankung sei mindestens seit März 1984 objektivierbar und mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf die Bergarbeitertätigkeit unter Tage zumindest im Sinne einer wesentlichen Teilursache zurückzuführen, auf Grund der Anamnese sogar höchst wahrscheinlich im Sinne der Entstehung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage ab der Untersuchung durch Professor Dr. M. im Oktober 1995 40 v.H. Der Stellungnahme von Professor Dr. R. könne nicht zugestimmt werden, da nach Aktenlage bereits in den Fünfzigerjahren beim Kläger Atembeschwerden aufgetreten seien. Insofern könne die Einschätzung, dass ein zwanzigjähriges symptomfreies Intervall bestehe, nicht geteilt werden. Die Beklagte hat dazu erneut eine Stellungnahme von Professor Dr. R. vom 7. September 1998 vorgelegt, in der dieser die Ansicht vertritt, dass schon auf Grund des dokumentierten Vorliegens der Erkrankung seit 1984 die Anerkennung einer BK Nr. 4111 nicht in Betracht komme (Beginn vor dem 1. Januar 1993). Außerdem bleibe er dabei, dass bis zum Beginn der Achtzigerjahre Brückensymptome nicht vorhanden seien und damit eine staubbedingte irreversible Schädigung der Tracheo-bronchialschleimhaut nicht nachgewiesen sei. Ein kausaler Zusammenhang sei daher nicht anzunehmen. Auf Hinweis des SG, dass nach der inzwischen im Dezember 1997 in Kraft getretenen Änderung der BKV mit Aufnahme der BK 4111 in die Liste auch eine Rückwirkungsklausel bzw. Stichtagsregelung in § 6 BKV aufgenommen worden sei, die einer Anerkennung entgegenstehe, darüber aber sowohl beim Bundessozialgericht als auch beim Bundesverfassungsgericht Verfahren anhängig seien, haben die Beteiligten dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt, das mit Beschluss vom 12. Januar 1999 angeordnet worden ist. Mit Schreiben vom 15. Juni 2000 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen, nachdem das BSG in der Sache - B 8 Kn 1/98 UR - mit Urteil vom 30. September 1999 entschieden hatte. Mit Schreiben vom 19. Januar 2001 hat der Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass der Versicherte am 26. Dezember 2000 verstorben sei. Unter dem 23. Januar 2001 hat er erklärt, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten das Verfahren weiter betreibe. Im Verhandlungstermin vom 27. Juli 2001 ist erneut das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung angeordnet worden. Mit Schreiben vom 15. November 2005 hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Verfahren wieder angerufen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Verfahren 1 BvR 235/00 mit Beschluss vom 23. Juni 2005 entschieden hatte.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1997 verurteilt, der Klägerin Rente nach einer MdE um 40 v.H. vom 1. September 1995 bis 26. Dezember 2000 zu gewähren unter Anerkennung der Atemwegserkrankung des verstorbenen Versicherten wie eine Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO (BK Nr. 4111). Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 5. Juli 1996, mit dem die Gewährung von Entschädigungsleistungen für die Atemwegserkrankung des Versicherten abgelehnt worden sei, sei auf den Überprüfungsantrag vom 18. November 1996 zurückzunehmen. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte mit dem Bescheid vom 5. Juli 1996 Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung wie eine Berufskrankheit nicht vorlägen. Insoweit sei die Beklagte bei seinem Erlass von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Die Beklagte bzw. ihr Technischer Aufsichtsdienst sei bei der Berechnung der kumulativen Feinstaubdosis, der der Versicherte in den Jahren 1947 bis 1954 ausgesetzt gewesen sei, ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die für die Beurteilung der Exposition erforderliche Aufklärung zu betreiben. Bei von Anfang an richtiger Bewertung der kumulativen Staubdosis seien im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 5. Juli 1996 nicht nur die arbeitstechnischen Voraussetzungen, sondern auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO gegeben gewesen. Beim Versicherten habe eine chronisch-obstruktive Bronchitis und ein Emphysem vorgelegen, also das Krankheitsbild der späteren BK 4111, deren Aufnahme in die BKV zu diesem Zeitpunkt bereits durch den ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesarbeitsministerium dem Verordnungsgeber empfohlen worden sei (Sitzung vom 4. April 1995). Bereits im Untersuchungsbericht der Fachklinik D. vom 22. März 1984 sei eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung beschrieben worden und eine leichte obstruktive Ventilationsstörung mit ausgeprägter respiratorischer Insuffizienz im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. vom 1989. In dem vom Sozialgericht Freiburg in einem Verfahren wegen der Entschädigung einer Silikose eingeholten pneumologischen Gutachten von Professor Dr. M. vom 13. Oktober 1995 sei die chronisch-obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem ebenfalls diagnostiziert und kein Zweifel daran gelassen worden, dass diese Atemwegserkrankung auf die Kohlestaubbelastung während der Tätigkeit des Versicherten im Steinkohlebergbau unter Tage in den Jahren 1947 bis 1954 zurückzuführen sei. Auch der im Verfahren vom Gericht beauftragte Chefarzt der Pneumologischen Abteilung der Thoraxklinik H. habe in seinem Gutachten vom 10. August 1998 keine Zweifel daran gelassen, dass die ausgeprägte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf die Bergarbeitertätigkeit unter Tage zumindest im Sinne einer wesentlichen Teilursache zurückzuführen sei, auf Grund der Anamnese sei er sogar höchstwahrscheinlich von der Entstehung der Erkrankung durch die Untertagetätigkeit ausgegangen. Er habe auch ausdrücklich der Auffassung des beratenden Arztes Professor Dr. R. widersprochen, wonach keine Brückensymptome vorhanden seien. Auch das Gericht sei der Überzeugung, dass sich aus den verschiedenen Unterlagen der Beklagten, nämlich den Akten über die BK 4101, den diese betreffenden Prozessakten aus dem Jahre 1982 und 1994 und den vom Gericht eingeholten Gutachten ausreichend Brückensymptome ergäben, die belegten, dass der Versicherte keineswegs von 1954 bis Anfang der Achtzigerjahre keinerlei Beschwerden der Atemwege gehabt habe. So befinde sich in den Verwaltungsakten ein Gutachten vom 24. Oktober 1960 von dem Ärztlichen Direktor des Krankenhauses B. C: Professor Dr. Sch., das wegen der BK 4101 erstattet worden sei. Hier sei unter "jetzige Beschwerden" ausgeführt, der Untersuchte klage darüber, dass er schon bei kleineren Anstrengungen leicht in Atemnot komme und Lufthunger habe. Diese Beschwerden hätten sich in den letzten drei Jahren etwas verstärkt. Im September 1978 sei die ärztliche Anzeige einer Berufskrankheit mit der Begründung erfolgt, es bestehe eine mäßige restriktive Ventilationsstörung, die auf eine schon länger bestehende Erkrankung der Atemwege hinweise. Im Oktober 1981 habe der Versicherte einen neuen Rentenantrag wegen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gestellt. Aus einer sachverständigen Zeugenauskunft des K.-Hospitals S. vom 20. September 1982 sei zu entnehmen, dass der Versicherte damals über die Zunahme seiner seit längerer Zeit bestehenden Kurzatmigkeit geklagt habe. Aus dem Bericht des Krankenhauses D. vom 22. März 1984 an den Hausarzt Dr. med. K. über eine stationäre Behandlung vom 27. Februar bis 1. März 1984 sei ersichtlich, dass funktionsanalytisch eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung festgestellt worden sei. Zur Vorgeschichte wurde angegeben, der Patient sei zur Abklärung seit etwa sechs Jahren bestehender, in letzter Zeit zunehmender Atembeschwerden gekommen, welche sich vorwiegend in belastungsabhängiger Atemnot äußerten. Der damalige Befund habe also schon eine mittelgradige Emphysembildung, mit auffälliger Gasaustauschstörung gezeigt, die eindeutig darauf hinweise, dass hier bereits seit längerer Zeit ein Krankheitsprozess der Lunge vorgelegen habe, da sich ein mittelgradiges Emphysem nicht von heute auf morgen entwickele, sondern über einen längeren Zeitraum. Auch in der Klinik B. R., wo sich der Versicherte vom 9. Mai bis 6. Juni 1983 in stationärer Heilbehandlung befunden habe, sei eine Diffusionsstörung der Lunge nachgewiesen worden. Ebenso habe der Chefarzt der Fachklinik Schillerhöhe der LVA Württemberg eine erhebliche Funktionsminderung in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. Oktober 1983 beschrieben. Im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. aus dem Jahre 1989 sei eine Erwerbsunfähigkeit angenommen auf Grund der ausgeprägten respiratorischen Insuffizienz bereits bei geringfügigen Belastungen. Sowohl Professor Dr. M. als auch Professor Dr. Sch. seien in ihren Gutachten vom 13. Oktober 1995 bzw. 10. August 1998 zu der Auffassung gekommen, dass die Beschwerden des Versicherten bezüglich der Atmungsorgane bis in die Fünfzigerjahre zurückverfolgt werden könnten, nach Auffassung des Gerichtes seien sie zumindest seit 1960 dokumentiert. Es sei daher nicht nachzuvollziehen, wie der beratende Arzt der Beklagten Professor Dr. R. zu der Auffassung gelangt sei, Brückensymptome seien zwischen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit im Jahre 1954 und 1983 nicht nachweisbar. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 5. Juli 1996 hätten daher alle Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung des Versicherten wie eine Berufskrankheit nach Nr. 551 Abs. 2 RVO vorgelegen, nämlich die arbeitstechnischen Voraussetzungen und das später im Dezember 1997 in die Berufsskrankheitenverordnung aufgenommene Krankheitsbild der BK Nr. 4111. Zwar sei der ablehnende Bescheid vom 5. Juli 1996 bindend geworden, doch habe der Versicherte über ein Jahr vor der Aufnahme der BK Nr. 4111 in die BKV, nämlich bereits am 18. November 1996 einen Überprüfungsantrag gestellt, der bei ordnungsgemäßer rechtlicher und sachlicher Prüfung des Falles hätte zu einer Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 1996 führen müssen. Bezüglich der Bewertung der MdE folge das Gericht dem Gutachten vom 10. August 1998, wonach seit der Untersuchung durch Professor Dr. M. durch die berufsbedingte Lungenerkrankung eine MdE um 40 v.H. vorliege. Wann durch die Erkrankung die rentenrelevante MdE um 20 v.H. erreicht worden sei, sei dagegen nach Überzeugung der Kammer nicht mehr aufklärbar.
Gegen dieses ihr am 15. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung ausgeführt, durch den angefochtenen Bescheid vom 12. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1997 sei eine Entschädigungspflicht gemäß § 551 Abs. 2 RVO/§ 9 Abs. 2 SGB VII wegen des Fehlens der arbeitstechnischen Voraussetzungen abgelehnt worden. Erst nach den Angaben, die der Versicherte mit der Klagebegründung gemacht habe, habe eine kumulative Feinstaubdosis in Höhe von 116,4 Staubjahren ermittelt werden können, die aufgrund vorgelegter Unterlagen der Bundesknappschaft auf 107,2 Staubjahre korrigiert worden seien. In einer gutachtlichen Stellungnahme von Prof. Dr. R. vom 16. März 1998 sei im Rahmen der anschließenden Prüfung der medizinischen Voraussetzungen festgehalten worden, dass die seit Anfang 1984 nachgewiesene obstruktive Emphysembronchitis nicht mit der bereits 1954 aufgegebenen beruflichen Staubbelastung in Zusammenhang gebracht werden könne. Zur weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung habe das Sozialgericht Prof. Dr. Sch. gehört, der in einem Gutachten vom 10. August 1998 eine mindestens seit März 1984 objektivierbare chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung angenommen habe und sich im Übrigen auf ein von Prof. Dr. M. erstelltes Gutachten vom 16. Oktober 1995 gestützt habe. Demgegenüber habe Prof. Dr. R. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 17. September 1998 ausgeführt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der sich zweifellos seit Anfang der 80er Jahre entwickelnden obstruktiven Emphysembronchitis und der bereits 1954 aufgegebenen beruflichen Staubbelastung nicht mehr hergestellt werden könne. Darüber hinaus sei seitens der Beklagten auf die Rückwirkungsklausel hingewiesen worden, wonach eine Berufskrankheit Nr. 4111 der Berufskrankheiten-Liste nur dann anerkannt werden könne, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten sei. Das erstinstanzliche Gericht verneine nun ein beschwerdefreies Intervall und gehe auf die vorgetragene Stichtagsproblematik bei einem etwaigen Versicherungsfall im Jahre 1984 nicht ein. Zunächst sei festzustellen, dass die vom Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 23. Juni 2005 beanstandete vorgreifliche Anwendung der Rückwirkungsklausel des § 6 BKV den hier anhängigen Rechtsstreit nicht berühre. Aber selbst wenn die besondere Problematik des § 6 BKV wegen des im Jahre 1984 anzunehmenden Versicherungsfalles dem Klagebegehren nicht entgegen gehalten werden könnte, so stehe doch ein beschwerdefreies Intervall von etwa 30 Jahren dem Entschädigungsanspruch entgegen. Schließlich sei nicht nachzuvollziehen, warum sofort eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. anzunehmen sei. Die Beklagte hat weiterhin mit Schriftsatz vom 16. März 2007 eine Stellungnahme ihres beratenden Facharztes Dr. E. vom 27. Februar 2007 vorgelegt und hierzu vorgetragen, dass dieser zu dem Ergebnis komme, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. vertretbar sei. Dessen ungeachtet werde noch einmal auf die besondere Problematik des § 6 BKV verwiesen. In der Stellungnahme des beratenden Facharztes Dr. E. vom 27. Februar 2007 bewertet dieser die im Gutachten von 1960 berichtete Beschwerdesymptomatik als ein das beschwerdefreie Intervall unterbrechenden Brückenbefund.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Akten des SG sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG SozR 3-1825 § 2 Nr. 2; BSGE 88, 75, 77) ist der Bescheid der Beklagten vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1997, mit dem die Beklagte über den am 20. November 1996 gestellten Überprüfungsantrag des Versicherten entschieden und eine Gewährung der begehrten Rente unter Rücknahme ihres bindend gewordenen Bescheids vom 5. Juli 1996 abgelehnt hat. Der Bescheid vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1997 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren ablehnenden Bescheid vom 5. Juli 1996 aufzuheben und für den beantragten Zeitraum Rente entsprechend der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. infolge einer "Wie-Berufskrankheit" zu gewähren.
Der Anspruch auf Erteilung eines Zugunstenbescheids richtet sich nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Anwendung des § 44 SGB X ist es unerheblich, ob sich der rechtswidrige Verwaltungsakt (die dortige Rechtsanwendung) bei seinem Erlass auf die anderweitige frühere Rechtsprechung des BSG stützen ließ. Der Gesetzeswortlaut ("rechtswidrig", "unrichtig", "zu Unrecht") misst dem keine Bedeutung bei. Wesentlich ist für § 44 nur, ob der Verwaltungsakt - was die Worte "ergibt" und "erweist" bekräftigen - bei der Entscheidung über die Anwendung des § 44 SGB X als rechtswidrig anzusehen ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem zu jenem Zeitpunkt maßgebenden gegebenenfalls jedoch aus heutiger Sicht "geläuterten" Recht (vgl. BSGE 90, 136, 138; Steinwedel in Kasseler-Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 44 SGB X Rn. 29 m.w.N.). Deshalb sind für die Frage, ob der Bescheid sich als unrichtig erweist und Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind, auch Rechtsänderungen, die nach Erlass des Ausgangsbescheides entgegengetreten sind, aber auf diesen Zeitpunkt zurückwirken, zu beachten. Die unrichtige Rechtsanwendung begründet allein noch keinen Rücknahmeanspruch. Denn dieser ist nur gegeben, wenn auch die weitere Voraussetzung erfüllt ist, dass deswegen Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Diese Frage beantwortet sich nach der materiellen Rechtslage, wie sie sich für den geltenden gemachten Anspruch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung ergibt (vgl. BSGE 57, 209, 210; BSGE 78, 109, 113; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 5). Bei einem mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgten Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheids nach § 44 SGB X ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, damit grundsätzlich die mündliche Verhandlung; daher sind Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des anhängigen Rechtsstreits eintreten, zu beachten, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (vgl. BSGE 73, 25, 27; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 5). Soweit ungünstigere Regelungen, die nach Erlass des bindend gewordenen Bescheids in Kraft getreten sind, auf noch nicht bindend gewordene Entscheidungen anwendbar sind, sind diese auch in auf eine Entscheidung nach § 44 SGB X gerichteten Verfahren zu beachten. Damit ist gewährleistet, dass derjenige, der einen belastenden Bescheid zunächst bindend werden lässt und dann einen Antrag nach § 44 SGB X stellt, nicht besser gestellt wird als derjenige, der den belastenden Bescheid fristgerecht mit Widerspruch und Klage angreift.
Hiervon ausgehend richtet sich der mit Bescheid vom 5. Juli 1996 abgelehnte Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach den vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes), weil der Versicherte bereits zuvor an der chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem erkrankt war (§ 212 SGB VII). Hinsichtlich des Anspruchs auf Rente greift die Übergangsregelung des § 214 Abs. 3 SGB VII, wonach abweichend von der Grundregel des § 212 SGB VII die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen und damit die Regelungen des Zweiten und Vierten Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB VII auch für Versicherungsfälle vor dem Inkrafttreten des Gesetzes anzuwenden sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten erstmals festzusetzen sind, nicht ein. Denn nach der Rechtsprechung des BSG kommt § 214 Abs 3 S. 1 SGB VII nicht zur Anwendung, wenn die erste tatsächliche Verwaltungsentscheidung über die Leistung durch Bescheid vor dem Inkrafttreten des SGB VII ergangen ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung antragsgemäß zugesprochen oder ganz oder teilweise abgelehnt wird oder ob und wann dieser Bescheid bindend (§ 77 SGG) oder ganz oder teilweise zurückgenommen oder aufgehoben wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 1/00 R -, veröffentlicht in Juris).
Anspruch auf Verletztenrente haben gemäß §§ 580 Abs. 1, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO (jetzt: § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder BK) über die 13. (jetzt die 26.) Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. BKen sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO (jetzt: § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO (jetzt: §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) genannten Tätigkeiten erleidet. Als BKen kommen solche Krankheiten in Betracht, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO, § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Insoweit ist die am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene neue Fassung der BKV (BGBl. I 1997, 2623), in deren Anlage die streitige Krankheit als BK 4111 neu aufgenommen worden ist, maßgeblich. Zwar bleiben grundsätzlich für Ansprüche aus Versicherungsfällen vor Inkrafttreten neuen (günstigeren) Rechts die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften maßgebend, sofern das neue Recht sich nicht ausdrücklich eine Rückwirkung beimisst (z.B. BSGE 70, 31 (34); 85, 24 (26)). Das gilt im Bereich des Berufskrankheitenrechts auch für die gesetzliche Unfallversicherung, da dieses Recht vom Listenprinzip beherrscht wird (BSG, Urteil vom 30. September 1999 - B 8 KN 5/98 U R -, veröffentlicht in Juris). Eine solche Rückwirkung ist in § 6 Abs. 1 BKV in der ab 1. Dezember 1997 geltenden Fassung (BKV 1997) und in § 6 Abs. 2 BKV in der Fassung der Änderung durch Verordnung vom 5. September 2002 (BGBl. I 3541), für die BK Nr. 4111 geregelt. Nach dieser Regelung ist eine am 1. Dezember 1997 bestehende Krankheit im Sinne der BK Nr. 4111 Anl. BKV allerdings nur dann als BK anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Diese Rückwirkungsklausel ist wirksam (BSG, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 9. Oktober 2000 - 1 BvR 791/95 - (SozR 3-2200 § 551 Nr. 15) die Vereinbarkeit solcher Stichtagsregelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) grundsätzlich unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung bestätigt. Aus seinem Beschluss vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 - (SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 32) ergibt sich hierzu nichts anderes (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 5/05 R -, veröffentlicht in Juris). Anhaltspunkte dafür, dass der hier gewählte Stichtag nicht sachgemäß wäre, sind nicht ersichtlich.
Der Versicherungsfall in diesem Sinne ist hier vor dem 1. Januar 1993 eingetreten. Dies ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus den mit Hilfe von Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen des SG, die sich der Senat zu eigen macht. Insbesondere beruht die Annahme einer schon vor dem Stichtag belegten Obstruktion und Chronifizierung auf entsprechenden Lungenfunktionsprüfungen und auf zeitnah erhobenen Befunden. Da der Versicherungsfall hier damit Anfang der 80er Jahre bzw. seit 1984 eingetreten ist, ist eine Anerkennung dieser Krankheit als BK Nr. 4111 Anlage BKV wegen der Rückwirkungsklausel des § 6 Abs 2 BKV nicht möglich.
Damit bleibt es im vorliegenden Fall jedoch bei dem Anspruch des Versicherten auf die Anerkennung dieser Krankheit als "Wie-BK". Nach der Rechtsprechung des BSG überlagert allerdings die genannte Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 2 BKV für die Entschädigung "neuer" Listen-Berufskrankheiten von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an den - zeitlich uneingeschränkten - Anspruch auf Entschädigung "wie" eine BK nach § 551 Abs 2 RVO: Von den Rückwirkungsvorschriften bei der Einführung neuer Listen-Berufskrankheiten würden daher auch die Fälle des § 551 Abs 2 RVO erfasst. Neue Erkenntnisse, die eine Entschädigung "wie" eine BK rechtfertigen könnten, lägen von dem Zeitpunkt an nicht mehr vor, zu dem der Verordnungsgeber es trotz dieser Erkenntnisse entweder abgelehnt habe, die Krankheit als BK in die Liste aufzunehmen, oder aufgrund dieser Erkenntnisse die Krankheit in die Liste aufnehme; in beiden Fällen habe die Entscheidung des Verordnungsgebers Vorrang vor der der Verwaltung. Die Vorschrift des § 551 Abs. 2 RVO sei hiernach vom Unfallversicherungsträger dann nicht mehr anzuwenden, wenn der Verordnungsgeber eine bestimmte Erkrankung in die Liste aufgenommen habe, die Gewährung einer Entschädigung aber durch eine Rückwirkung bis zu einem bestimmten, ausreichend weit zurückliegenden Zeitpunkt in der Vergangenheit begrenzt habe (BSG, Urteil vom 30. September 1999 - B 8 KN 5/98 U R - m.w.N., veröffentlicht in Juris). Unabhängig davon, ob eine so verstandene Ausschlussregelung noch von der Verordnungsermächtigung gedeckt ist, und ob sie, jedenfalls in dem Fall, dass der Verordnungsgeber es trotz entsprechender Erkenntnisse im Sinne des § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), auf die § 551 Abs. 2 RVO (§ 9 Abs. 2 SGB VII) Bezug nimmt, abgelehnt hat, eine Krankheit als BK - mit Wirkung ab Vorliegen dieser Erkenntnisse - in die Liste aufzunehmen, gegen die höherrangigen gesetzlichen Regelungen des § 551 Abs. 2 RVO (bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII) verstößt, greift dieser Ausschluss jedenfalls im vorliegenden Fall, wie das SG zutreffend festgestellt hat, nicht ein.
Nach dem oben Dargelegten findet insoweit § 551 Abs. 2 RVO und nicht § 9 Abs. 2 SGB VII Anwendung. Die Gewährung einer Entschädigung nach § 551 Abs. 2 RVO beruht nach dessen Wortlaut auf einer Soll-Regelung. Die Vorschrift wird und wurde aber seit langem von der Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass ein "Akt strikter Rechtsanwendung" vorzunehmen ist und der Verwaltung nur ein auf atypische Fälle eng begrenzter Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht. Die Nachfolgeregelung des § 9 Abs. 2 SGB VII, die als zwingende Anspruchsnorm formuliert ist, sollte insoweit keinen Unterschied zu der Vorgängerregelung bewirken (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 - m.w.N., veröffentlicht in Juris). Ein atypischer Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.
Die beim Versicherten vorliegende chronisch-obstruktive Bronchitis mit Emphysem ist als "Wie-BK" anzuerkennen und zu entschädigen, da der Versicherungsfall zwar vor dem 1. Januar 1993 eingetreten ist, die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO vor Inkrafttreten der BKV objektiv gegeben waren und bereits ein Feststellungsverfahren hinsichtlich der einschlägigen Krankheit als "Wie-BK" eingeleitet war. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2005 ( 1 BvR 235/00 veröffentlicht in Juris) entschieden, dass die Rückwirkungsregelung des § 6 Abs. 2 BKV mit Rücksicht auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass sie solche Sachverhalte nicht erfasst, bei denen ein vor dem Inkrafttreten der BKV am 1. Dezember 1997 gestellter entscheidungsreifer Antrag trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO allein mit Rücksicht auf das künftige Recht abgelehnt wurde. Es hat dies als unzulässige Differenzierung gegenüber den bereits bis zu diesem Zeitpunkt nach dieser Vorschrift entschädigten Versicherten angesehen und weiter damit begründet, dass es nicht von Zufälligkeiten abhängen dürfe, ob ein Versicherter Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Dieser Rechtsprechung hat sich der 2. Senat des BSG (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O.) angeschlossen und weitergehend ausgeführt, dass diese Grundsätze auch für die Entschädigung solcher Versicherter gelten müssten, bei denen ein Feststellungsverfahren wegen einer einschlägigen BK bereits vor dem Inkrafttreten der BKV eingeleitet worden war, die "Entscheidungsreife" aber - aus welchem Grunde auch immer - noch nicht gegeben war. Da eine klare Handhabung der Feststellungsverfahren anhand dieses im Einzelfall große Schwierigkeiten aufwerfenden Begriffs kaum durchführbar erscheine, wäre deren Ausschluss aus den gleichen Gründen als nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den bereits wegen einer "Wie-BK" entschädigten Versicherten anzusehen. Dies müsse weiter auch dann gelten, wenn der vor Inkrafttreten der Änderung gestellte Antrag eines Versicherten wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO abgelehnt worden sei, die spätere Prüfung jedoch ergebe, dass diese objektiv gegeben waren. Im Ergebnis erscheine als einzige dem Gleichheitssatz und rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Lösung dieser Problematik eine objektive retrospektive Beurteilung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 551 Abs. 2 RVO und das Abstellen auf das Datum des Entschädigungsantrages und des Inkrafttretens der Änderungs-VO vertretbar und praktikabel zu sein. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Damit werden durch den Rückwirkungsausschluss des § 6 Abs. 1 BKV 1997/§ 6 Abs. 2 BKV im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anhängige Verfahren auf Feststellung einer Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII nicht erfasst, so dass dieser lediglich auf neue, erst nach Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 BKV 1997 gestellte Anträge, denen eine Erkrankung zugrunde liegt, die bereits vor 1992 aufgetreten war, anwendbar ist. Dem aufgrund der ärztlichen Anzeige vom 7. Dezember 1995 zu prüfenden Anspruch des Versicherten auf Anerkennung seiner chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem gemäß § 551 Abs. 2 RVO stand und steht auch nach dem 1. Januar 1997 die Regelung des § 6 Abs. 1 BKV 1997/§ 6 Abs. 2 BKV damit nicht entgegen. Der Versicherte erfüllte auch die Voraussetzungen für die Entschädigung von Folgen einer Erkrankung der Atemwege als sog. "Wie- BK". Der Versicherte war als Bergmann unter Tage im Steinkohlenbergbau der "Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren" ausgesetzt (sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen). Der TAD der Beklagten hat insgesamt 107,2 Feinstaubjahre ermittelt. Beim Versicherten bestand schon während des gesamten Zeitraums, auf den sich sein Anspruchsbegehren bezieht, eine chronisch-obstruktive Bronchitis mit Emphysem im Sinne der jetzigen, hier nicht anwendbaren BK Nr. 4111 der Anlage zur BKV. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und nach dem insoweit eindeutigen Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht anzuzweifeln. Insoweit wird auf die Begründung der angegriffenen Entscheidung, die sich der Senat zu eigen macht, Bezug genommen. Zur Überzeugung des Senats steht ebenfalls fest, dass ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Exposition und der chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem hinreichend wahrscheinlich ist. Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Tatsachen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (zu diesem Maßstab vgl. ständige Rechtsprechung des BSG u.a. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38, SozR 2200 § 548 Nr. 70; SozR 3-5670). Der Senat folgt ebenso wie das SG insoweit den Sachverständigen Prof. Dr. Sch./Dr. F., die überzeugend ausgeführt haben, dass das Lungenemphysem und die chronisch-obstruktive Bronchitis ursächlich wesentlich auf die Untertagetätigkeit zurückzuführen sind. Diese Beurteilung beruht auf generell geltenden medizinischen Standards. Insbesondere steht sie im Einklang mit dem Konsenspapier der Arbeitsgruppe arbeitsbedingte Gefährdungen und Erkrankungen der Atemwege der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. Denn es wird im Hinblick auf das Intervall zwischen der Aufgabe der Tätigkeit unter Tage im Jahre 1954 und der gesicherten Diagnose der Krankheit im Jahre 1984 die bereits in den 50er Jahren mitgeteilte und bereits im Gutachten von Prof. Dr. Sch. im Jahre 1960 dokumentierte Atemnot bei Belastung als Brückensymptom gewertet. Weiterhin wird berücksichtigt, dass der frühere Zigarettenkonsum des Versicherten nicht in einem Ausmaß stattgefunden hat, das es zuließe, diesen als eine Konkurrenzursache anzusehen (vgl. zum Brückenbefund und zum Rauchen als Konkurrenzursache Merkblatt zur BK 4111, BArbBl. 12/1997, S. 35; Konsenspapier zur Begutachtung der BK 4111 (Stand: 10. Dezember 1998), ASU 1999, 79 (81) sowie Bek. vom 1. Oktober 2006, BArbBl. 12/2006 S. 149). Mit der von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahme von Dr. E. vom 27. Februar 2007 hat sich die Beklagte im Ergebnis letztlich auch dieser Auffassung angeschlossen und sich insbesondere nicht mehr auf ein beschwerdefreies Intervall von 20 bis 30 Jahren berufen. Auch die erforderlichen Erkenntnisse im Sinne des § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO, auf die § 551 Abs. 2 RVO verweist, lagen im September 1995 bereits vor. Die der Aufnahme der BK Nr. 4111 zugrunde liegende Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim BMA - Sektion "Berufskrankheiten" wurde vom BMA am 1. August 1995 (BArbBl. 10/1995, S. 39) bekannt gemacht. Im Übrigen dürfte auch die Rückwirkung bis 1992 ein Indiz dafür sein, dass der Verordnungsgeber im Rahmen einer sachgemäßen Abgrenzung das Vorliegen entsprechender Erkenntnisse für die Zeit ab 1992 angenommen hat. Im Übrigen wird auch insoweit auf die Gründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Für den Senat steht darüber hinaus aufgrund der genannten Gutachten auch fest, dass die MdE bei dem Versicherten seit dem 1. September 1995 40 v. H. betrug. Auf der Grundlage der Stellungnahme von Dr. E. vom 27. Februar 2007 dürfte dies die Beklagte nun auch für vertretbar halten.
Die Beklagte ist daher unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen zu verpflichten, den Bescheid vom 5. Juli 1996 auf den Antrag des Versicherten auf Zugunsten-Entscheidung nach § 44 SGB X vom 20. November 1996 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, das Lungenemphysem und die chronisch-obstruktive Bronchitis des Versicherten gemäß § 551 Abs. 2 RVO wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten Rente nach einer MdE um 40 v. H. für den mit der Klage begehrten Zeitraum zu zahlen. Das in § 551 Abs 2 RVO versicherte Risiko realisiert sich erst zu dem Zeitpunkt, in dem entsprechende "neue Erkenntnisse" gesichert vorliegen (BSG, Urteil vom 14. November 1996 - 2 RU 9/96 -, veröffentlicht in Juris). Wie dargelegt, lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit bereits ab dem 1. September 1995 vor. Die Rente ist für die Zeit bis zum Ende des Kalendermonats, in dem der Versicherte gestorben ist (vgl. § 631 RVO, jetzt: § 73 Abs. 6 des Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)) und damit bis zum 31. Dezember 2000 zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die beim BSG anhängigen Revisionsverfahren (B 5b KN 2/07 U R und B 5b KN 3/07 U R) zuzulassen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer chronisch obstruktiven Bronchitis und eines Lungenemphysems wie eine Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO und die Gewährung von Berufskrankheitenrente bis zum Tode des Versicherten D. M., des am 26. November 2000 verstorbenen Ehemannes der Klägerin.
Nachdem im Rahmen eines vorausgegangenen Verfahrens wegen der Entschädigung einer Silikose Professor Dr. M., der damalige Ärztliche Direktor der R.-K.-Klinik der Universität F. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 1995 zu dem Ergebnis gekommen war, dass nur leichte silikotische Lungenveränderungen vorlägen, jedoch als Ursache der chronisch-obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems die Kohlestaubbelastung während der Tätigkeit des Versicherten im Steinkohlebergbau unter Tage von 1947 bis 1954 anzusehen sei, wurde am 7. Dezember 1995 ein Feststellungsverfahren eingeleitet. Es wurde das Vorliegen einer Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO geprüft, nachdem der ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesarbeitsministerium in seiner Sitzung vom 4. April 1995 beschlossen hatte, dem Verordnungsgeber zu empfehlen, die Berufskrankheitenverordnung wie folgt zu ergänzen: "COB oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel ( (100 mg/m 3) x Jahre)". Im Rahmen des Feststellungsverfahrens gab der Versicherte an, seit 1970 Atemwegsbeschwerden zu haben. Die Beklagte zog einen Untersuchungsbericht der Fachklinik D. vom 22. März 1984 bei, in dem lungenfunktionsanalytisch eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung beschrieben war. In der Anamnese war angegeben, der Untersuchte klage über seit etwa 6 Jahren bestehende Atembeschwerden vorwiegend in Form einer belastungsabhängigen Atemnot. Aus einem ebenfalls beigezogenen ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. von 1989 war die Diagnose einer leichten obstruktiven Ventilationsstörung zu entnehmen. Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig, eine weitere Erwerbstätigkeit wurde auf Grund der ausgeprägten respiratorischen Insuffizienz, die sich bereits bei geringfügigen Belastungen zeige, für nicht mehr angezeigt angesehen. Ein Gutachten von Professor Dr. L. vom 24. März 1992 für die Berufsgenossenschaft Druck- und Papierverarbeitung enthält die Diagnose einer Lungenfibrose unklarer Genese mit respiratorischer Partialinsuffizienz, Lungenüberblähung, Vitalkapazitätsverlust, beginnender Atemwegsobstruktion und beginnender Polyglobulie. Die Beklagte errechnete nach dem Berechnungsmodell von Professor Dr.-Ing. Bauer zur Prüfung "100 Feinstaubjahre" am 8. März 1996 zunächst lediglich 34,2 Staubjahre, wobei niedrige Staubkonzentrationen unterstellt wurden. Der Sachbearbeiter stellte dazu in einer Stellungnahme fest, bei Unterstellung ungünstiger Staubverhältnisse würden 100 Staubjahre erreicht. Daraufhin holte die Beklagte erneut eine Stellungnahme vom 30. April 1996 des TAD ein, der zu einer Verdoppelung, nämlich zu 68,4 Staubjahren kam. Mit Bescheid vom 5. Juli 1996 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung wie eine Berufskrankheit nicht vorlägen. Dieser Bescheid wurde bindend.
Mit Schreiben vom 18. November 1996 stellte der Versicherte einen Überprüfungsantrag und machte geltend, dass die errechnete Feinstaubbelastung nicht nachvollziehbar und unrichtig sei, da von jährlich 220 verfahrenen Schichten ausgegangen worden sei, obwohl tatsächlich bei einer 48-Stunden-Woche sowie einmal monatlich 8 Stunden Sonntagsschicht tatsächlich 300 Schichten pro Jahr anzusetzen seien. Die Beklagte holte darauf eine erneute Stellungnahme des TAD ein, der die Auffassung vertrat, selbst bei Unterstellung von 300 Schichten errechne sich nur eine kumulative Feinstaubdosis von 78,72 Staubjahren. Der Bevollmächtigte des Versicherten wies darauf hin, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass der Versicherte überwiegend als Hauer in steiler Lagerung gearbeitet habe und daher die Höchstwerte der Staubbelastung anzusetzen seien. Mit Bescheid vom 12. März 1997 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 5. Juli 1996 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, schon auf Grund des Gutachtens von Professor Dr. M., der eindeutig die Tätigkeit im Bergbau als ursächlich für die Lungenerkrankung angesehen habe, müsse eine Anerkennung wie eine Berufskrankheit erfolgen. Mit Bescheid vom 23. Juli 1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, lägen die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vor, sei zwar die Staubbelastung als wesentliche Ursache der Emphysembronchitis nicht ausgeschlossen, auf allgemein anerkannte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft lasse sich die Annahme eines Kausalzusammenhanges in diesem Fall jedoch nicht stützen.
Am 18. August 1997 hat der Versicherte Klage erhoben. Zur Begründung hat er eine Stellungnahme des Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen vorgelegt, wonach die Förderung auf der Zeche C. der Große, Schacht 6/7, wo der Kläger beschäftigt war, zu 86 bis 90 v.H. aus steil abfallenden Lagerstätten abgebaut wurde. Die Staubbelastung in den Nachkriegsjahren in den untertägigen Steinkohlebergwerken sei sehr hoch gewesen, heute unvorstellbar. Die Beklagte hat darauf eine weitere Stellungnahme des technischen Aufsichtsbeamten eingeholt, der nun unter Berücksichtigung dieser Auskunft die kumulative Staubdosis mit 116,4 Staubjahren errechnete. In einer ergänzenden Stellungnahme hat dieser ausgeführt, aus den nun vorgelegten Unterlagen der Bundesknappschaft sei ersichtlich, dass der Versicherte in den Monaten Dezember 1951, Juli und August 1952, April bis Juni 1954 keine Schichten unter Tage verfahren habe. Es seien daher 107,2 Staubjahre zugrundezulegen. Mit Schreiben vom 25. März 1998 hat die Beklagte dargelegt, bei dem Kläger liege eine seit 1984 belegte chronisch-obstruktive Emphysembronchitits vor, als deren Ursache aber nicht die 1954 aufgegebene staubbelastete Tätigkeit im untertägigen Steinkohlebergbau anzusehen sei. Deshalb sei eine Anerkennung der Berufskrankheit (BK) Nr. 4111 der BKV nicht möglich. Das SG hat ein internistisch-pneumologisches Gutachten von dem Chefarzt der Abteilung Innere Medizin-Pneumologie der Thoraxklinik H.-R. Prof. Dr. Sch. eingeholt, der in seinem Gutachten vom 10. August 1998 ausgeführt hat, es liege eine ausgeprägte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung sowie ein ausgedehntes Lungenemphysem vor. Die Erkrankung sei mindestens seit März 1984 objektivierbar und mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf die Bergarbeitertätigkeit unter Tage zumindest im Sinne einer wesentlichen Teilursache zurückzuführen, auf Grund der Anamnese sogar höchst wahrscheinlich im Sinne der Entstehung. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage ab der Untersuchung durch Professor Dr. M. im Oktober 1995 40 v.H. Der Stellungnahme von Professor Dr. R. könne nicht zugestimmt werden, da nach Aktenlage bereits in den Fünfzigerjahren beim Kläger Atembeschwerden aufgetreten seien. Insofern könne die Einschätzung, dass ein zwanzigjähriges symptomfreies Intervall bestehe, nicht geteilt werden. Die Beklagte hat dazu erneut eine Stellungnahme von Professor Dr. R. vom 7. September 1998 vorgelegt, in der dieser die Ansicht vertritt, dass schon auf Grund des dokumentierten Vorliegens der Erkrankung seit 1984 die Anerkennung einer BK Nr. 4111 nicht in Betracht komme (Beginn vor dem 1. Januar 1993). Außerdem bleibe er dabei, dass bis zum Beginn der Achtzigerjahre Brückensymptome nicht vorhanden seien und damit eine staubbedingte irreversible Schädigung der Tracheo-bronchialschleimhaut nicht nachgewiesen sei. Ein kausaler Zusammenhang sei daher nicht anzunehmen. Auf Hinweis des SG, dass nach der inzwischen im Dezember 1997 in Kraft getretenen Änderung der BKV mit Aufnahme der BK 4111 in die Liste auch eine Rückwirkungsklausel bzw. Stichtagsregelung in § 6 BKV aufgenommen worden sei, die einer Anerkennung entgegenstehe, darüber aber sowohl beim Bundessozialgericht als auch beim Bundesverfassungsgericht Verfahren anhängig seien, haben die Beteiligten dem Ruhen des Verfahrens zugestimmt, das mit Beschluss vom 12. Januar 1999 angeordnet worden ist. Mit Schreiben vom 15. Juni 2000 hat der Kläger das Verfahren wieder angerufen, nachdem das BSG in der Sache - B 8 Kn 1/98 UR - mit Urteil vom 30. September 1999 entschieden hatte. Mit Schreiben vom 19. Januar 2001 hat der Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, dass der Versicherte am 26. Dezember 2000 verstorben sei. Unter dem 23. Januar 2001 hat er erklärt, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten das Verfahren weiter betreibe. Im Verhandlungstermin vom 27. Juli 2001 ist erneut das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung angeordnet worden. Mit Schreiben vom 15. November 2005 hat der Bevollmächtigte der Klägerin das Verfahren wieder angerufen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Verfahren 1 BvR 235/00 mit Beschluss vom 23. Juni 2005 entschieden hatte.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2006 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1997 verurteilt, der Klägerin Rente nach einer MdE um 40 v.H. vom 1. September 1995 bis 26. Dezember 2000 zu gewähren unter Anerkennung der Atemwegserkrankung des verstorbenen Versicherten wie eine Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO (BK Nr. 4111). Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 5. Juli 1996, mit dem die Gewährung von Entschädigungsleistungen für die Atemwegserkrankung des Versicherten abgelehnt worden sei, sei auf den Überprüfungsantrag vom 18. November 1996 zurückzunehmen. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte mit dem Bescheid vom 5. Juli 1996 Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung wie eine Berufskrankheit nicht vorlägen. Insoweit sei die Beklagte bei seinem Erlass von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Die Beklagte bzw. ihr Technischer Aufsichtsdienst sei bei der Berechnung der kumulativen Feinstaubdosis, der der Versicherte in den Jahren 1947 bis 1954 ausgesetzt gewesen sei, ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die für die Beurteilung der Exposition erforderliche Aufklärung zu betreiben. Bei von Anfang an richtiger Bewertung der kumulativen Staubdosis seien im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 5. Juli 1996 nicht nur die arbeitstechnischen Voraussetzungen, sondern auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO gegeben gewesen. Beim Versicherten habe eine chronisch-obstruktive Bronchitis und ein Emphysem vorgelegen, also das Krankheitsbild der späteren BK 4111, deren Aufnahme in die BKV zu diesem Zeitpunkt bereits durch den ärztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesarbeitsministerium dem Verordnungsgeber empfohlen worden sei (Sitzung vom 4. April 1995). Bereits im Untersuchungsbericht der Fachklinik D. vom 22. März 1984 sei eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung beschrieben worden und eine leichte obstruktive Ventilationsstörung mit ausgeprägter respiratorischer Insuffizienz im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. vom 1989. In dem vom Sozialgericht Freiburg in einem Verfahren wegen der Entschädigung einer Silikose eingeholten pneumologischen Gutachten von Professor Dr. M. vom 13. Oktober 1995 sei die chronisch-obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem ebenfalls diagnostiziert und kein Zweifel daran gelassen worden, dass diese Atemwegserkrankung auf die Kohlestaubbelastung während der Tätigkeit des Versicherten im Steinkohlebergbau unter Tage in den Jahren 1947 bis 1954 zurückzuführen sei. Auch der im Verfahren vom Gericht beauftragte Chefarzt der Pneumologischen Abteilung der Thoraxklinik H. habe in seinem Gutachten vom 10. August 1998 keine Zweifel daran gelassen, dass die ausgeprägte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf die Bergarbeitertätigkeit unter Tage zumindest im Sinne einer wesentlichen Teilursache zurückzuführen sei, auf Grund der Anamnese sei er sogar höchstwahrscheinlich von der Entstehung der Erkrankung durch die Untertagetätigkeit ausgegangen. Er habe auch ausdrücklich der Auffassung des beratenden Arztes Professor Dr. R. widersprochen, wonach keine Brückensymptome vorhanden seien. Auch das Gericht sei der Überzeugung, dass sich aus den verschiedenen Unterlagen der Beklagten, nämlich den Akten über die BK 4101, den diese betreffenden Prozessakten aus dem Jahre 1982 und 1994 und den vom Gericht eingeholten Gutachten ausreichend Brückensymptome ergäben, die belegten, dass der Versicherte keineswegs von 1954 bis Anfang der Achtzigerjahre keinerlei Beschwerden der Atemwege gehabt habe. So befinde sich in den Verwaltungsakten ein Gutachten vom 24. Oktober 1960 von dem Ärztlichen Direktor des Krankenhauses B. C: Professor Dr. Sch., das wegen der BK 4101 erstattet worden sei. Hier sei unter "jetzige Beschwerden" ausgeführt, der Untersuchte klage darüber, dass er schon bei kleineren Anstrengungen leicht in Atemnot komme und Lufthunger habe. Diese Beschwerden hätten sich in den letzten drei Jahren etwas verstärkt. Im September 1978 sei die ärztliche Anzeige einer Berufskrankheit mit der Begründung erfolgt, es bestehe eine mäßige restriktive Ventilationsstörung, die auf eine schon länger bestehende Erkrankung der Atemwege hinweise. Im Oktober 1981 habe der Versicherte einen neuen Rentenantrag wegen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gestellt. Aus einer sachverständigen Zeugenauskunft des K.-Hospitals S. vom 20. September 1982 sei zu entnehmen, dass der Versicherte damals über die Zunahme seiner seit längerer Zeit bestehenden Kurzatmigkeit geklagt habe. Aus dem Bericht des Krankenhauses D. vom 22. März 1984 an den Hausarzt Dr. med. K. über eine stationäre Behandlung vom 27. Februar bis 1. März 1984 sei ersichtlich, dass funktionsanalytisch eine deutliche Emphysembildung mit mittelgradiger Gasaustauschstörung festgestellt worden sei. Zur Vorgeschichte wurde angegeben, der Patient sei zur Abklärung seit etwa sechs Jahren bestehender, in letzter Zeit zunehmender Atembeschwerden gekommen, welche sich vorwiegend in belastungsabhängiger Atemnot äußerten. Der damalige Befund habe also schon eine mittelgradige Emphysembildung, mit auffälliger Gasaustauschstörung gezeigt, die eindeutig darauf hinweise, dass hier bereits seit längerer Zeit ein Krankheitsprozess der Lunge vorgelegen habe, da sich ein mittelgradiges Emphysem nicht von heute auf morgen entwickele, sondern über einen längeren Zeitraum. Auch in der Klinik B. R., wo sich der Versicherte vom 9. Mai bis 6. Juni 1983 in stationärer Heilbehandlung befunden habe, sei eine Diffusionsstörung der Lunge nachgewiesen worden. Ebenso habe der Chefarzt der Fachklinik Schillerhöhe der LVA Württemberg eine erhebliche Funktionsminderung in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 10. Oktober 1983 beschrieben. Im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik B. R. aus dem Jahre 1989 sei eine Erwerbsunfähigkeit angenommen auf Grund der ausgeprägten respiratorischen Insuffizienz bereits bei geringfügigen Belastungen. Sowohl Professor Dr. M. als auch Professor Dr. Sch. seien in ihren Gutachten vom 13. Oktober 1995 bzw. 10. August 1998 zu der Auffassung gekommen, dass die Beschwerden des Versicherten bezüglich der Atmungsorgane bis in die Fünfzigerjahre zurückverfolgt werden könnten, nach Auffassung des Gerichtes seien sie zumindest seit 1960 dokumentiert. Es sei daher nicht nachzuvollziehen, wie der beratende Arzt der Beklagten Professor Dr. R. zu der Auffassung gelangt sei, Brückensymptome seien zwischen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeit im Jahre 1954 und 1983 nicht nachweisbar. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 5. Juli 1996 hätten daher alle Voraussetzungen für die Anerkennung der Atemwegserkrankung des Versicherten wie eine Berufskrankheit nach Nr. 551 Abs. 2 RVO vorgelegen, nämlich die arbeitstechnischen Voraussetzungen und das später im Dezember 1997 in die Berufsskrankheitenverordnung aufgenommene Krankheitsbild der BK Nr. 4111. Zwar sei der ablehnende Bescheid vom 5. Juli 1996 bindend geworden, doch habe der Versicherte über ein Jahr vor der Aufnahme der BK Nr. 4111 in die BKV, nämlich bereits am 18. November 1996 einen Überprüfungsantrag gestellt, der bei ordnungsgemäßer rechtlicher und sachlicher Prüfung des Falles hätte zu einer Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 1996 führen müssen. Bezüglich der Bewertung der MdE folge das Gericht dem Gutachten vom 10. August 1998, wonach seit der Untersuchung durch Professor Dr. M. durch die berufsbedingte Lungenerkrankung eine MdE um 40 v.H. vorliege. Wann durch die Erkrankung die rentenrelevante MdE um 20 v.H. erreicht worden sei, sei dagegen nach Überzeugung der Kammer nicht mehr aufklärbar.
Gegen dieses ihr am 15. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung ausgeführt, durch den angefochtenen Bescheid vom 12. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1997 sei eine Entschädigungspflicht gemäß § 551 Abs. 2 RVO/§ 9 Abs. 2 SGB VII wegen des Fehlens der arbeitstechnischen Voraussetzungen abgelehnt worden. Erst nach den Angaben, die der Versicherte mit der Klagebegründung gemacht habe, habe eine kumulative Feinstaubdosis in Höhe von 116,4 Staubjahren ermittelt werden können, die aufgrund vorgelegter Unterlagen der Bundesknappschaft auf 107,2 Staubjahre korrigiert worden seien. In einer gutachtlichen Stellungnahme von Prof. Dr. R. vom 16. März 1998 sei im Rahmen der anschließenden Prüfung der medizinischen Voraussetzungen festgehalten worden, dass die seit Anfang 1984 nachgewiesene obstruktive Emphysembronchitis nicht mit der bereits 1954 aufgegebenen beruflichen Staubbelastung in Zusammenhang gebracht werden könne. Zur weiteren medizinischen Sachverhaltsaufklärung habe das Sozialgericht Prof. Dr. Sch. gehört, der in einem Gutachten vom 10. August 1998 eine mindestens seit März 1984 objektivierbare chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung angenommen habe und sich im Übrigen auf ein von Prof. Dr. M. erstelltes Gutachten vom 16. Oktober 1995 gestützt habe. Demgegenüber habe Prof. Dr. R. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 17. September 1998 ausgeführt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der sich zweifellos seit Anfang der 80er Jahre entwickelnden obstruktiven Emphysembronchitis und der bereits 1954 aufgegebenen beruflichen Staubbelastung nicht mehr hergestellt werden könne. Darüber hinaus sei seitens der Beklagten auf die Rückwirkungsklausel hingewiesen worden, wonach eine Berufskrankheit Nr. 4111 der Berufskrankheiten-Liste nur dann anerkannt werden könne, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten sei. Das erstinstanzliche Gericht verneine nun ein beschwerdefreies Intervall und gehe auf die vorgetragene Stichtagsproblematik bei einem etwaigen Versicherungsfall im Jahre 1984 nicht ein. Zunächst sei festzustellen, dass die vom Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 23. Juni 2005 beanstandete vorgreifliche Anwendung der Rückwirkungsklausel des § 6 BKV den hier anhängigen Rechtsstreit nicht berühre. Aber selbst wenn die besondere Problematik des § 6 BKV wegen des im Jahre 1984 anzunehmenden Versicherungsfalles dem Klagebegehren nicht entgegen gehalten werden könnte, so stehe doch ein beschwerdefreies Intervall von etwa 30 Jahren dem Entschädigungsanspruch entgegen. Schließlich sei nicht nachzuvollziehen, warum sofort eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. anzunehmen sei. Die Beklagte hat weiterhin mit Schriftsatz vom 16. März 2007 eine Stellungnahme ihres beratenden Facharztes Dr. E. vom 27. Februar 2007 vorgelegt und hierzu vorgetragen, dass dieser zu dem Ergebnis komme, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. vertretbar sei. Dessen ungeachtet werde noch einmal auf die besondere Problematik des § 6 BKV verwiesen. In der Stellungnahme des beratenden Facharztes Dr. E. vom 27. Februar 2007 bewertet dieser die im Gutachten von 1960 berichtete Beschwerdesymptomatik als ein das beschwerdefreie Intervall unterbrechenden Brückenbefund.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der Akten des SG sowie der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG SozR 3-1825 § 2 Nr. 2; BSGE 88, 75, 77) ist der Bescheid der Beklagten vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1997, mit dem die Beklagte über den am 20. November 1996 gestellten Überprüfungsantrag des Versicherten entschieden und eine Gewährung der begehrten Rente unter Rücknahme ihres bindend gewordenen Bescheids vom 5. Juli 1996 abgelehnt hat. Der Bescheid vom 12. März 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1997 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren ablehnenden Bescheid vom 5. Juli 1996 aufzuheben und für den beantragten Zeitraum Rente entsprechend der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. infolge einer "Wie-Berufskrankheit" zu gewähren.
Der Anspruch auf Erteilung eines Zugunstenbescheids richtet sich nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Anwendung des § 44 SGB X ist es unerheblich, ob sich der rechtswidrige Verwaltungsakt (die dortige Rechtsanwendung) bei seinem Erlass auf die anderweitige frühere Rechtsprechung des BSG stützen ließ. Der Gesetzeswortlaut ("rechtswidrig", "unrichtig", "zu Unrecht") misst dem keine Bedeutung bei. Wesentlich ist für § 44 nur, ob der Verwaltungsakt - was die Worte "ergibt" und "erweist" bekräftigen - bei der Entscheidung über die Anwendung des § 44 SGB X als rechtswidrig anzusehen ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem zu jenem Zeitpunkt maßgebenden gegebenenfalls jedoch aus heutiger Sicht "geläuterten" Recht (vgl. BSGE 90, 136, 138; Steinwedel in Kasseler-Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 44 SGB X Rn. 29 m.w.N.). Deshalb sind für die Frage, ob der Bescheid sich als unrichtig erweist und Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind, auch Rechtsänderungen, die nach Erlass des Ausgangsbescheides entgegengetreten sind, aber auf diesen Zeitpunkt zurückwirken, zu beachten. Die unrichtige Rechtsanwendung begründet allein noch keinen Rücknahmeanspruch. Denn dieser ist nur gegeben, wenn auch die weitere Voraussetzung erfüllt ist, dass deswegen Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind. Diese Frage beantwortet sich nach der materiellen Rechtslage, wie sie sich für den geltenden gemachten Anspruch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung ergibt (vgl. BSGE 57, 209, 210; BSGE 78, 109, 113; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 5). Bei einem mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgten Anspruch auf Erlass eines Zugunstenbescheids nach § 44 SGB X ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit des Anspruchs zu prüfen ist, damit grundsätzlich die mündliche Verhandlung; daher sind Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des anhängigen Rechtsstreits eintreten, zu beachten, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (vgl. BSGE 73, 25, 27; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr. 5). Soweit ungünstigere Regelungen, die nach Erlass des bindend gewordenen Bescheids in Kraft getreten sind, auf noch nicht bindend gewordene Entscheidungen anwendbar sind, sind diese auch in auf eine Entscheidung nach § 44 SGB X gerichteten Verfahren zu beachten. Damit ist gewährleistet, dass derjenige, der einen belastenden Bescheid zunächst bindend werden lässt und dann einen Antrag nach § 44 SGB X stellt, nicht besser gestellt wird als derjenige, der den belastenden Bescheid fristgerecht mit Widerspruch und Klage angreift.
Hiervon ausgehend richtet sich der mit Bescheid vom 5. Juli 1996 abgelehnte Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach den vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes), weil der Versicherte bereits zuvor an der chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem erkrankt war (§ 212 SGB VII). Hinsichtlich des Anspruchs auf Rente greift die Übergangsregelung des § 214 Abs. 3 SGB VII, wonach abweichend von der Grundregel des § 212 SGB VII die Vorschriften über Renten, Beihilfen, Abfindungen und Mehrleistungen und damit die Regelungen des Zweiten und Vierten Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB VII auch für Versicherungsfälle vor dem Inkrafttreten des Gesetzes anzuwenden sind, wenn diese Leistungen nach dem Inkrafttreten erstmals festzusetzen sind, nicht ein. Denn nach der Rechtsprechung des BSG kommt § 214 Abs 3 S. 1 SGB VII nicht zur Anwendung, wenn die erste tatsächliche Verwaltungsentscheidung über die Leistung durch Bescheid vor dem Inkrafttreten des SGB VII ergangen ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung antragsgemäß zugesprochen oder ganz oder teilweise abgelehnt wird oder ob und wann dieser Bescheid bindend (§ 77 SGG) oder ganz oder teilweise zurückgenommen oder aufgehoben wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 1/00 R -, veröffentlicht in Juris).
Anspruch auf Verletztenrente haben gemäß §§ 580 Abs. 1, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO (jetzt: § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder BK) über die 13. (jetzt die 26.) Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. BKen sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO (jetzt: § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO (jetzt: §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) genannten Tätigkeiten erleidet. Als BKen kommen solche Krankheiten in Betracht, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO, § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Insoweit ist die am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene neue Fassung der BKV (BGBl. I 1997, 2623), in deren Anlage die streitige Krankheit als BK 4111 neu aufgenommen worden ist, maßgeblich. Zwar bleiben grundsätzlich für Ansprüche aus Versicherungsfällen vor Inkrafttreten neuen (günstigeren) Rechts die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften maßgebend, sofern das neue Recht sich nicht ausdrücklich eine Rückwirkung beimisst (z.B. BSGE 70, 31 (34); 85, 24 (26)). Das gilt im Bereich des Berufskrankheitenrechts auch für die gesetzliche Unfallversicherung, da dieses Recht vom Listenprinzip beherrscht wird (BSG, Urteil vom 30. September 1999 - B 8 KN 5/98 U R -, veröffentlicht in Juris). Eine solche Rückwirkung ist in § 6 Abs. 1 BKV in der ab 1. Dezember 1997 geltenden Fassung (BKV 1997) und in § 6 Abs. 2 BKV in der Fassung der Änderung durch Verordnung vom 5. September 2002 (BGBl. I 3541), für die BK Nr. 4111 geregelt. Nach dieser Regelung ist eine am 1. Dezember 1997 bestehende Krankheit im Sinne der BK Nr. 4111 Anl. BKV allerdings nur dann als BK anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Diese Rückwirkungsklausel ist wirksam (BSG, SozR 3-2200 § 551 Nr. 14). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 9. Oktober 2000 - 1 BvR 791/95 - (SozR 3-2200 § 551 Nr. 15) die Vereinbarkeit solcher Stichtagsregelungen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) grundsätzlich unter Bezugnahme auf die frühere Rechtsprechung bestätigt. Aus seinem Beschluss vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 - (SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 32) ergibt sich hierzu nichts anderes (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 5/05 R -, veröffentlicht in Juris). Anhaltspunkte dafür, dass der hier gewählte Stichtag nicht sachgemäß wäre, sind nicht ersichtlich.
Der Versicherungsfall in diesem Sinne ist hier vor dem 1. Januar 1993 eingetreten. Dies ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus den mit Hilfe von Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen des SG, die sich der Senat zu eigen macht. Insbesondere beruht die Annahme einer schon vor dem Stichtag belegten Obstruktion und Chronifizierung auf entsprechenden Lungenfunktionsprüfungen und auf zeitnah erhobenen Befunden. Da der Versicherungsfall hier damit Anfang der 80er Jahre bzw. seit 1984 eingetreten ist, ist eine Anerkennung dieser Krankheit als BK Nr. 4111 Anlage BKV wegen der Rückwirkungsklausel des § 6 Abs 2 BKV nicht möglich.
Damit bleibt es im vorliegenden Fall jedoch bei dem Anspruch des Versicherten auf die Anerkennung dieser Krankheit als "Wie-BK". Nach der Rechtsprechung des BSG überlagert allerdings die genannte Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 2 BKV für die Entschädigung "neuer" Listen-Berufskrankheiten von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an den - zeitlich uneingeschränkten - Anspruch auf Entschädigung "wie" eine BK nach § 551 Abs 2 RVO: Von den Rückwirkungsvorschriften bei der Einführung neuer Listen-Berufskrankheiten würden daher auch die Fälle des § 551 Abs 2 RVO erfasst. Neue Erkenntnisse, die eine Entschädigung "wie" eine BK rechtfertigen könnten, lägen von dem Zeitpunkt an nicht mehr vor, zu dem der Verordnungsgeber es trotz dieser Erkenntnisse entweder abgelehnt habe, die Krankheit als BK in die Liste aufzunehmen, oder aufgrund dieser Erkenntnisse die Krankheit in die Liste aufnehme; in beiden Fällen habe die Entscheidung des Verordnungsgebers Vorrang vor der der Verwaltung. Die Vorschrift des § 551 Abs. 2 RVO sei hiernach vom Unfallversicherungsträger dann nicht mehr anzuwenden, wenn der Verordnungsgeber eine bestimmte Erkrankung in die Liste aufgenommen habe, die Gewährung einer Entschädigung aber durch eine Rückwirkung bis zu einem bestimmten, ausreichend weit zurückliegenden Zeitpunkt in der Vergangenheit begrenzt habe (BSG, Urteil vom 30. September 1999 - B 8 KN 5/98 U R - m.w.N., veröffentlicht in Juris). Unabhängig davon, ob eine so verstandene Ausschlussregelung noch von der Verordnungsermächtigung gedeckt ist, und ob sie, jedenfalls in dem Fall, dass der Verordnungsgeber es trotz entsprechender Erkenntnisse im Sinne des § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), auf die § 551 Abs. 2 RVO (§ 9 Abs. 2 SGB VII) Bezug nimmt, abgelehnt hat, eine Krankheit als BK - mit Wirkung ab Vorliegen dieser Erkenntnisse - in die Liste aufzunehmen, gegen die höherrangigen gesetzlichen Regelungen des § 551 Abs. 2 RVO (bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII) verstößt, greift dieser Ausschluss jedenfalls im vorliegenden Fall, wie das SG zutreffend festgestellt hat, nicht ein.
Nach dem oben Dargelegten findet insoweit § 551 Abs. 2 RVO und nicht § 9 Abs. 2 SGB VII Anwendung. Die Gewährung einer Entschädigung nach § 551 Abs. 2 RVO beruht nach dessen Wortlaut auf einer Soll-Regelung. Die Vorschrift wird und wurde aber seit langem von der Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass ein "Akt strikter Rechtsanwendung" vorzunehmen ist und der Verwaltung nur ein auf atypische Fälle eng begrenzter Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht. Die Nachfolgeregelung des § 9 Abs. 2 SGB VII, die als zwingende Anspruchsnorm formuliert ist, sollte insoweit keinen Unterschied zu der Vorgängerregelung bewirken (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 2005 - 1 BvR 235/00 - m.w.N., veröffentlicht in Juris). Ein atypischer Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.
Die beim Versicherten vorliegende chronisch-obstruktive Bronchitis mit Emphysem ist als "Wie-BK" anzuerkennen und zu entschädigen, da der Versicherungsfall zwar vor dem 1. Januar 1993 eingetreten ist, die Voraussetzungen des § 551 Abs 2 RVO vor Inkrafttreten der BKV objektiv gegeben waren und bereits ein Feststellungsverfahren hinsichtlich der einschlägigen Krankheit als "Wie-BK" eingeleitet war. Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2005 ( 1 BvR 235/00 veröffentlicht in Juris) entschieden, dass die Rückwirkungsregelung des § 6 Abs. 2 BKV mit Rücksicht auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass sie solche Sachverhalte nicht erfasst, bei denen ein vor dem Inkrafttreten der BKV am 1. Dezember 1997 gestellter entscheidungsreifer Antrag trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 551 Abs. 2 RVO allein mit Rücksicht auf das künftige Recht abgelehnt wurde. Es hat dies als unzulässige Differenzierung gegenüber den bereits bis zu diesem Zeitpunkt nach dieser Vorschrift entschädigten Versicherten angesehen und weiter damit begründet, dass es nicht von Zufälligkeiten abhängen dürfe, ob ein Versicherter Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Dieser Rechtsprechung hat sich der 2. Senat des BSG (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O.) angeschlossen und weitergehend ausgeführt, dass diese Grundsätze auch für die Entschädigung solcher Versicherter gelten müssten, bei denen ein Feststellungsverfahren wegen einer einschlägigen BK bereits vor dem Inkrafttreten der BKV eingeleitet worden war, die "Entscheidungsreife" aber - aus welchem Grunde auch immer - noch nicht gegeben war. Da eine klare Handhabung der Feststellungsverfahren anhand dieses im Einzelfall große Schwierigkeiten aufwerfenden Begriffs kaum durchführbar erscheine, wäre deren Ausschluss aus den gleichen Gründen als nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den bereits wegen einer "Wie-BK" entschädigten Versicherten anzusehen. Dies müsse weiter auch dann gelten, wenn der vor Inkrafttreten der Änderung gestellte Antrag eines Versicherten wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO abgelehnt worden sei, die spätere Prüfung jedoch ergebe, dass diese objektiv gegeben waren. Im Ergebnis erscheine als einzige dem Gleichheitssatz und rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Lösung dieser Problematik eine objektive retrospektive Beurteilung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 551 Abs. 2 RVO und das Abstellen auf das Datum des Entschädigungsantrages und des Inkrafttretens der Änderungs-VO vertretbar und praktikabel zu sein. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Damit werden durch den Rückwirkungsausschluss des § 6 Abs. 1 BKV 1997/§ 6 Abs. 2 BKV im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anhängige Verfahren auf Feststellung einer Wie-Berufskrankheit nach § 551 Abs. 2 RVO bzw. § 9 Abs. 2 SGB VII nicht erfasst, so dass dieser lediglich auf neue, erst nach Inkrafttreten des § 6 Abs. 1 BKV 1997 gestellte Anträge, denen eine Erkrankung zugrunde liegt, die bereits vor 1992 aufgetreten war, anwendbar ist. Dem aufgrund der ärztlichen Anzeige vom 7. Dezember 1995 zu prüfenden Anspruch des Versicherten auf Anerkennung seiner chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem gemäß § 551 Abs. 2 RVO stand und steht auch nach dem 1. Januar 1997 die Regelung des § 6 Abs. 1 BKV 1997/§ 6 Abs. 2 BKV damit nicht entgegen. Der Versicherte erfüllte auch die Voraussetzungen für die Entschädigung von Folgen einer Erkrankung der Atemwege als sog. "Wie- BK". Der Versicherte war als Bergmann unter Tage im Steinkohlenbergbau der "Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren" ausgesetzt (sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen). Der TAD der Beklagten hat insgesamt 107,2 Feinstaubjahre ermittelt. Beim Versicherten bestand schon während des gesamten Zeitraums, auf den sich sein Anspruchsbegehren bezieht, eine chronisch-obstruktive Bronchitis mit Emphysem im Sinne der jetzigen, hier nicht anwendbaren BK Nr. 4111 der Anlage zur BKV. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und nach dem insoweit eindeutigen Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht anzuzweifeln. Insoweit wird auf die Begründung der angegriffenen Entscheidung, die sich der Senat zu eigen macht, Bezug genommen. Zur Überzeugung des Senats steht ebenfalls fest, dass ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Exposition und der chronisch-obstruktiven Bronchitis mit Emphysem hinreichend wahrscheinlich ist. Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Tatsachen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (zu diesem Maßstab vgl. ständige Rechtsprechung des BSG u.a. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38, SozR 2200 § 548 Nr. 70; SozR 3-5670). Der Senat folgt ebenso wie das SG insoweit den Sachverständigen Prof. Dr. Sch./Dr. F., die überzeugend ausgeführt haben, dass das Lungenemphysem und die chronisch-obstruktive Bronchitis ursächlich wesentlich auf die Untertagetätigkeit zurückzuführen sind. Diese Beurteilung beruht auf generell geltenden medizinischen Standards. Insbesondere steht sie im Einklang mit dem Konsenspapier der Arbeitsgruppe arbeitsbedingte Gefährdungen und Erkrankungen der Atemwege der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. Denn es wird im Hinblick auf das Intervall zwischen der Aufgabe der Tätigkeit unter Tage im Jahre 1954 und der gesicherten Diagnose der Krankheit im Jahre 1984 die bereits in den 50er Jahren mitgeteilte und bereits im Gutachten von Prof. Dr. Sch. im Jahre 1960 dokumentierte Atemnot bei Belastung als Brückensymptom gewertet. Weiterhin wird berücksichtigt, dass der frühere Zigarettenkonsum des Versicherten nicht in einem Ausmaß stattgefunden hat, das es zuließe, diesen als eine Konkurrenzursache anzusehen (vgl. zum Brückenbefund und zum Rauchen als Konkurrenzursache Merkblatt zur BK 4111, BArbBl. 12/1997, S. 35; Konsenspapier zur Begutachtung der BK 4111 (Stand: 10. Dezember 1998), ASU 1999, 79 (81) sowie Bek. vom 1. Oktober 2006, BArbBl. 12/2006 S. 149). Mit der von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahme von Dr. E. vom 27. Februar 2007 hat sich die Beklagte im Ergebnis letztlich auch dieser Auffassung angeschlossen und sich insbesondere nicht mehr auf ein beschwerdefreies Intervall von 20 bis 30 Jahren berufen. Auch die erforderlichen Erkenntnisse im Sinne des § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO, auf die § 551 Abs. 2 RVO verweist, lagen im September 1995 bereits vor. Die der Aufnahme der BK Nr. 4111 zugrunde liegende Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim BMA - Sektion "Berufskrankheiten" wurde vom BMA am 1. August 1995 (BArbBl. 10/1995, S. 39) bekannt gemacht. Im Übrigen dürfte auch die Rückwirkung bis 1992 ein Indiz dafür sein, dass der Verordnungsgeber im Rahmen einer sachgemäßen Abgrenzung das Vorliegen entsprechender Erkenntnisse für die Zeit ab 1992 angenommen hat. Im Übrigen wird auch insoweit auf die Gründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Für den Senat steht darüber hinaus aufgrund der genannten Gutachten auch fest, dass die MdE bei dem Versicherten seit dem 1. September 1995 40 v. H. betrug. Auf der Grundlage der Stellungnahme von Dr. E. vom 27. Februar 2007 dürfte dies die Beklagte nun auch für vertretbar halten.
Die Beklagte ist daher unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen zu verpflichten, den Bescheid vom 5. Juli 1996 auf den Antrag des Versicherten auf Zugunsten-Entscheidung nach § 44 SGB X vom 20. November 1996 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, das Lungenemphysem und die chronisch-obstruktive Bronchitis des Versicherten gemäß § 551 Abs. 2 RVO wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten Rente nach einer MdE um 40 v. H. für den mit der Klage begehrten Zeitraum zu zahlen. Das in § 551 Abs 2 RVO versicherte Risiko realisiert sich erst zu dem Zeitpunkt, in dem entsprechende "neue Erkenntnisse" gesichert vorliegen (BSG, Urteil vom 14. November 1996 - 2 RU 9/96 -, veröffentlicht in Juris). Wie dargelegt, lagen die Voraussetzungen für die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit bereits ab dem 1. September 1995 vor. Die Rente ist für die Zeit bis zum Ende des Kalendermonats, in dem der Versicherte gestorben ist (vgl. § 631 RVO, jetzt: § 73 Abs. 6 des Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)) und damit bis zum 31. Dezember 2000 zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die beim BSG anhängigen Revisionsverfahren (B 5b KN 2/07 U R und B 5b KN 3/07 U R) zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved