L 9 R 6220/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3610/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 6220/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2006 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1965 geborene Kläger kam im Jahre 1975 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Nach Besuch der Hauptschule begann er im August 1981 eine Lehre als Kfz-Mechaniker, die er abbrach, und war anschließend als Eisenflechter, Maschinenführer und Gipser bis Dezember 1995 versicherungspflichtig beschäftigt. Von September 1996 bis August 2001 war er als Gipser selbstständig tätig. Danach war er bis Oktober 2003 als angelernter Stukkateur versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war er arbeitsunfähig und bezog vom 20.10.2003 bis 17.4.2005 Krankengeld und ab 18.4.2005 Arbeitslosengeld.

Vom 23.2. bis 23.3.2005 befand sich der Kläger zu einem Heilverfahren in der Federseeklinik Bad Buchau. Die dortigen Ärzte stellten beim Kläger im Entlassungsbericht vom 14.4.2005 folgende Diagnosen: • Beschwerdeübergreifend Panalgesie bei anhaltender Somatisierungsstörung • Rezidivierendes LWS-Syndrom bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 ohne radikuläre Symptomatik • Mikrohämaturie. Sie führten aus, als angelernter Stuckateur sei der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, ohne häufige Wirbelsäulen-Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten könne der Kläger sechs Stunden und mehr verrichten. Ein vermindertes Umstellungsvermögen sollte berücksichtigt werden.

Am 3.6.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. L. von 22.6.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.6.2005 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2005 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 17.11.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiterverfolgte.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen und zog Befundberichte des Bezirkskrankenhauses Günzburg bei.

Der Neurologe und Psychiater Dr. K. teilte am 30.1.2006 mit, dass der Kläger seit dem 25.7.2005 wegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung von ihm behandelt werde. Bei Aufbietung aller ihm zur Verfügung stehenden Willenskräfte müsste der Kläger noch in der Lage sein, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Der Arzt für Allgemeinmedizin R.-L. erklärte am 3.7.2006, er behandle den Kläger seit dem Jahr 2000. Die Beschwerden beruhten derzeit in erster Linie auf dem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links mit St.en lumboischialgieformen Schmerzen vom Rücken bis in das linke Bein ausstrahlend. Eine weitergehende Diagnostik sei geplant und notwendig. Des weiteren leide der Kläger an einer Panalgesie sowie einer vegetativen Symptomatik. Nachdem außer dem Bandscheibenvorfall lumbal keine organisch fassbare Erkrankung nachweisbar gewesen sei, sei eine Somatisierungsstörung diagnostiziert bzw. der Verdacht auf eine Fibromyalgie geäußert worden. Seines Erachtens sei dem Kläger eine sechsstündige Tätigkeit nicht möglich.

Der Arzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. R. gab am 19.7.2006 an, der Kläger sei erstmals am 28.4.2006 in seiner Praxis gewesen. Er habe beim Kläger eine rezidivierende Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 sowie einen dringenden Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung bei Angst- und depressiver Störung diagnostiziert. Da keine neurologischen Ausfallserscheinungen festzustellen seien, sollte dem Kläger eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich möglich sein.

Dr. M. und Dr. B. von der Klinik für Neurochirurgie am Bezirkskrankenhauses Günzburg gaben am 11.9.2006 an, der Kläger habe sich einmalig am 1.8.2006 vorgestellt. Bei ihm bestehe ein chronisches Schmerzsyndrom, welches nur begrenzt mit dem bildgebend gesicherten Bandscheibenvorfall L 5/S 1 links in EinkL. zu bringen sei. Ihres Erachtens aggraviere der Kläger die Symptomatik und sei in der Lage leichte Tätigkeiten zu verrichten.

Mit Urteil vom 25.10.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Hierbei stützte sich das SG neben dem Entlassungsbericht der Federseeklinik Bad Buchau auf die schriftlichen Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 20.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.12.2006 Berufung eingelegt und vorgetragen, auf Grund seines gesundheitlichen Zustandes sei er nicht in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Den im Klageverfahren eingeholten Befundberichten seines Psychiaters und Orthopäden sowie des Bezirkskrankenhauses Günzburg widerspreche er. Seine Leiden seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Vom 19.2. bis 28.2.2007 habe eine stationäre Behandlung in der Chirurgischen und Orthopädischen Klinik Ulm stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ärztliche Stellungnahmen von Dr. St. vom 3.9. und 22.10.2007 vorgelegt.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.

Der Orthopäde Prof. Dr. T. hat am 30.3.2007 mitgeteilt, der Kläger habe sich vom 19.2. bis 28.2.2007 in stationärer Behandlung in der Klinik Dr. B. befunden. Die Aufnahme sei wegen schwerster Rückenschmerzen und Lumboischialgie beider Beine erfolgt. Durch die Stufenbettlagerung, die Schmerzmedikation und die weiteren Behandlungsmaßnahmen (Fango, Schlingentisch, Elektrotherapie, Krankengymnastik) sei es zu einer L.samen Besserung der Beschwerden gekommen.

Die Ärztin für Neurochirurgie Dr. T. hat am 17.9.2007 ausgeführt, der Kläger habe sich dreimal vorgestellt; es seien folgende Diagnosen gestellt worden: Bandscheibenprotrusion HWK 5/6, Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 links, Kopfschmerz, ISG Reizung links sowie Osteochondrose der LWS.

Dr. K. hat am 2.10.2007 mitgeteilt, der Kläger habe sich von Juli 2005 bis August 2007 etwa einmal monatlich bei ihm vorgestellt und über chronische Schmerzen am ganzen Körper mit Kältegefühl und eigenartigen Körperwahrnehmungen geklagt. Er habe beim Kläger eine mäßiggradig depressiv gefärbte Stimmungslage sowie reduzierten Antrieb und Psychomotorik festgestellt. Das Denken sei formal geordnet, inhaltlich jedoch im wesentlichen auf die erlebten Schmerzen eingeengt gewesen. Störungen der Wahrnehmung und des Ich-Erlebens seien nicht nachweisbar gewesen.

Professor Dr. Dr. W. hat in dem zusammen mit Dr. K. erstatteten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 18.3.2008 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit reaktiver depressiver Entwicklung • Zervikogene Kopfschmerzen und Nacken-Schulter-Armschmerzen bei degenerativen Veränderungen an der unteren Halswirbelsäule • Lumboischialgie rechts bei degenerativen Veränderungen an der unteren LWS mit Bandscheibenprotrusion 4/5 rechts und rückgebildetem Bandscheibenvorfall L 5/S1 links. Er führte aus, auf Grund der anhaltenden Schmerzstörung und der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien dem Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände, mit häufigem Bücken und Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit überwiegendem Stehen, Gehen oder Sitzen sowie in Zwangshaltungen nicht mehr möglich. Auf Grund schmerzbedingter depressiver Entwicklung mit Umstellungserschwernis und Schlafstörungen sollte der Kläger keine Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeiten und auch keine Arbeiten mit erhöhter Verantwortung durchführen. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei auch noch in der Lage, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien. Der Kläger sei auch in der Lage viermal täglich eine WegstR.e von mehr als 500 Metern zu Fuß zurückzulegen (500 Meter in höchstens 15 bis 20 Minuten) und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Das SG hat die für eine Rentengewährung maßgebende Vorschrift des § 43 Sozialgesetzbuch (SGB) VI zutreffend wiedergegeben. Insoweit nimmt der Senat darauf Bezug.

Der Kläger ist, an diesen gesetzlichen Maßstab orientiert, auch zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, d. h. ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung des Entlassungsberichts der Federseeklinik vom 14.4.2005, der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 22.6.2005, der sachverständigen Zeugenaussagen des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 30.1.2006 und 2.10.2007, des Orthopäden Dr. R. vom 19.7.2006, der Ärzte Dr. M. und Dr. B. von der Klinik für Neurochirurgie Günzburg vom 11.9.2006 sowie insbesondere des Sachverständigengutachtens von Professor Dr. Dr. W. vom 18.3.2008.

Der Kläger leidet nach den auf den oben genannten ärztlichen Unterlagen und den Angaben des Orthopäden Dr. T. und der Neurochirurgin Dr. T. vom 30.3. und 17.9.2007 beruhenden Feststellungen des Senats unter folgenden, seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit reaktiver depressiver Entwicklung • Zervikogene Kopfschmerzen und Nacken-Schulter-Armschmerzen bei degenerativen Veränderungen an der unteren HWS • Lumboischialgie rechts bei degenerativen Veränderungen an der unteren LWS mit Bandscheibenprotrusion L 4/5 rechts und rückgebildetem Bandscheibenvorfall L 5/S1 links.

Auf Grund der anhaltenden Schmerzstörung und der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen kann der Kläger keine schweren und mittelschweren Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände, mit häufigem Bücken und mit Überkopfarbeiten sowie in einseitiger Körperhaltung und mit Zwangshaltungen mehr verrichten. Wegen der schmerzbedingten depressiven Entwicklung mit Umstellungserschwernis und Schlafstörungen sind dem Kläger keine Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Verantwortung mehr zumutbar. Die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen hindern ihn jedoch nicht, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung geL.t der Senat auf Grund der im Wesentlichen übereinstimmenden Beurteilungen der Ärzte der Federseeklinik Bad Buchau, die den Kläger über einen Zeitraum von vier Wochen beobachten konnten, seiner behandelnden Ärzte Dr. K., Dr. R., Dr. M. und Dr. B. sowie des Sachverständigen Professor Dr. Dr. W ...

Der hiervon allein abweichenden Beurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin R.-L. folgt der Senat nicht, zumal er als allein fassbare organische Erkrankung lediglich einen Bandscheibenvorfall L 5/S 1 festgestellt und eine Somatisierungsstörung bzw. eine Fibromyalgie, d. h. eine Schmerzerkrankung, diagnostiziert hat. Die Beurteilung der durch eine Schmerzkrankheit verursachten Leistungseinschränkungen obliegt insbesondere den Neurologen und Psychiatern. Aus dem von Professor Dr. Dr. W. eingeholten Gutachten, das auf einer umfassenden Anamnese- und Befunderhebung beruht, ist zu entnehmen, dass der Kläger über eine geregelte Tagesstruktur verfügt und noch zu zahlreichen Aktivitäten in der Lage ist. Bei den Verrichtungen des täglichen Lebens ist er selbstständig, er kauft ein, fährt Auto, bringt die Kinder (2 und 4 Jahre) in den Kindergarten und passt nachmittags auf sie auf. Er trifft sich regelmäßig mit Freunden und Bekannten und geht einmal wöchentlich ins Thermalbad zum Schwimmen bzw. in die Sauna. Ferner war er auch in der Lage, zuletzt im Sommer 2007, in die Türkei in Urlaub zu fahren, wobei er den dreistündigen Hin- und Rückflug ohne besondere Schwierigkeiten überstanden hat.

Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind - wie Prof. Dr. Dr. W. ausgeführt hat - keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen und ist trotz einer gewissen Umstellungserschwernis in der Lage sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme einer jeden neuen Tätigkeit verbunden sind. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die dem Kläger noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten nicht mit Heben und Tragen schwerer Gegenstände, häufigem Bücken und Überkopfarbeiten, einseitigen Körper- oder Zwangshaltungen verbunden. Der Ausschluss von Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie Arbeiten mit erhöhter Verantwortung führt zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die dem Kläger noch zumutbaren Arbeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend im Sitzen bzw. in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde in Normalarbeitszeit verrichtet werden und keine Überkopfarbeiten und Tätigkeit im Akkord und am Fließband erfordern. Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung scheiden schon auf Grund fehlender Ausbildung aus. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht dem Kläger - wie das SG zu Recht ausgeführt hat - schon deshalb nicht zu, weil er nicht vor dem 2.1.1961, sondern erst am 5.4.1965 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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