L 1 U 5616/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3611/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5616/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) des Klägers und damit die Höhe der Verletztenrente.

Der Kläger ist 1948 geboren und erlitt am 30. September 2002 eine drittgradig offene distale Unterarmtrümmerfraktur links (Unfallanzeige des Arbeitgebers [Kranverleih- und Montagebau L.] vom 22. September 2002; Durchgangsarztbericht Prof. Dr. S. vom 9. Oktober 2002). Nach der Erstversorgung mit Fixateur externe entwickelte sich ein Kompartmentsyndrom, welches zur Faszienspaltung führte. Im postoperativen, stark verzögerten Heilungsverlauf entwickelte der Kläger eine Dystrophie. Deshalb befand sich der Kläger vom 24. Februar bis 27. März 2003 in stationärer Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BGU). Im Entlassbericht vom 4. April 2003 wurde eine ausgeprägte Reflexdystrophie der linken Hand sowie des linken Unterarms nach in Pseudoarthrose verheilter, ehemals zweitgradig offener distaler Radiusmehrfragmentfraktur links mitgeteilt. Vom 31. März bis 11. April 2003 führte der Kläger eine erweiterte ambulante Physiotherapie durch. Im Abschlussbericht wurde zusammenfassend eine nur geringfügige Besserung der Beweglichkeit, eine deutliche Abnahme der Schwellung und Rötung der Hand und des Unterarms, eine leichte Verbesserung der Kraft, jedoch noch starke Probleme mit dem Faustschluss, eine eingeschränkte endgradige Fingerextension und vermehrte Nervenschmerzen, ausgehend von der Schulter in Arm und Finger, mitgeteilt. Im Zwischenbericht der BGU vom 11. September 2003 wurden noch eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung und Kraftminderung berichtet.

Im nervenärztlichen Befundbericht vom 1. Dezember 2003 teilte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. mit, er habe eine Radialisparese links mit Betonung einer angegebenen sensiblen Störung im autonomen Radialisversorgungsbereich festgestellt. Allerdings werde die vorhandene neurogene Störung durch eine funktionelle Störung so massiv überlagert, dass ihr Ausprägungsgrad nicht genau bestimmt werden könne.

Mit Ablauf des 28. März 2004 (78. Woche) stellte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld ein.

Im Auftrag der Beklagten erstellte Prof. Dr. S. das neurologische Gutachten vom 6. April 2004, Prof. Dr. W. das erste Rentengutachten vom 21. April 2004. Prof. Dr. S. führte in seinem Gutachten aus, als Unfallfolgen bestünden eine Teilschädigung des Nervus ulnaris links mit geringgradiger Kraftminderung, Gefühlsstörungen an den Fingern IV und V der linken Hand sowie der ellenseitigen Handkante und subjektive Beschwerden (Schmerzen und Missempfindungen). Die unfallbedingte MdE belaufe sich auf 10 v.H. Weiter führte er aus, dass, abgesehen von Verdeutlichungstendenzen, der psychiatrische Befund unauffällig gewesen sei. Prof. Dr. W. führte in seinem Gutachten aus, als wesentliche Unfallfolgen bestünden eine deutliche Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Handgelenks nach stattgehabter distaler Radiustrümmerfraktur links, eine ausgeprägte Dystrophie im Bereich des linken Unterarms, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Schulter sowie Sensibilitätsstörungen und Kribbelparästhesien im Bereich des linken Armes. Die MdE belaufe sich vom 14. April 2004 bis auf weiteres auf 40 v.H. Um Einschätzung der Gesamt-MdE gebeten, führte Prof. Dr. W. unter dem 31. August 2004 aus, die Gesamt-MdE belaufe sich auf 40 v.H., wobei die neurologische MdE um 10 v.H. in der von ihm vorgenommenen Bewertung aufgehe.

Mit Bescheid vom 16. September 2004 bewilligte die Beklagte Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 40 v.H. ab 29. März 2004. Als Folgen des Versicherungsfalls erkannte sie an: operativ versorgte offene distale Radiustrümmerfraktur, deutliche Bewegungseinschränkung im Handgelenk, aufgehobene Unterarmdrehung, ausgeprägte Dystrophie im Bereich des Unterarms, inkompletter Faustschluss, Umfangsminderung am Arm, Teilschädigung des Nervus ulnaris mit geringer Kraftminderung, Gefühlsstörung an den Fingern 4 und 5 sowie an der ellenseitigen Handkante.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die MdE sei mit 40 v.H. zu niedrig angesetzt. Darüber hinaus müsse die Rente direkt nach dem Unfalltag beginnen, da kein Verletztengeld bezahlt worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Es bestehe kein Anlass, von der schlüssigen und nachvollziehbaren Einschätzung des Prof. Dr. W. abzurücken. Auch der Rentenbeginn sei nicht unrichtig festgesetzt, da der Kläger bis 28. März 2004 Verletztengeld erhalten habe. Dagegen hat der Kläger am 3. Dezember 2004 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und ausgeführt, eine MdE um 100 v.H., mindestens aber 50 v.H. sei angemessen. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte das zur Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit von ihr in Auftrag gegebene zweite Rentengutachten von Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum L., vom 9. März 2005 und das neurologische Gutachten des Dr. v. S., Ärztliche Leitung des Neurologischen Rehabilitationszentrums A. d.S., S., vom 17. Mai 2005 vorgelegt. Prof. Dr. H. hat als Unfallfolgen eine konsolidierte, in leichtem Radialversatz verheilte distale zweitgradig offene Radiustrümmerfraktur links, einen Zustand nach Reflexdystrophie, radiologisch Zeichen eines deutlichen Ulnarvorschubs, deutliche posttraumatische Handgelenksarthrose, fleckige Demineralisation im Bereich sämtlicher Handknochen, massive Einschränkung der Beweglichkeit in den Hand- und Fingergelenken, ebenso hochgradige Einschränkung der Unterarmdrehbewegung, leicht- bis mittelgradige Einschränkung der Rotationsfähigkeit im linken Schultergelenk und eine Muskelminderung linker Arm aufgeführt. Die MdE hat er mit 40 v.H. eingeschätzt. Dr. v. S. hat als Unfallfolgen eine Kraftminderung im Bereich der Fingerbeuger und -strecker, Kraftgrad 4 bis 5, vollständiger Faustschluss nicht möglich, eine Sensibilitätsstörung Digiti IV und V links und eine funktionelle Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Hand und des linken Handgelenks, zum Teil schmerzbedingt, aber auch vorliegende Verdeutlichungstendenz, zudem schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Schon- und Fehlhaltung zusammen mitgeteilt und sich weiter geäußert, dass die MdE insgesamt mit 40 v.H. zu bewerten sei.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2005 hat die Beklagte Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 40 v.H. bewilligt.

Der Kläger hat weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt, u.a. den Befund- und Entlassbericht vom 29. Dezember 2005 (Prof. Dr. W.) nach Handgelenksarthrodese links am 24. November 2005. Im Nachschaubericht vom 27. Januar 2006 (Prof. Dr. S., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T.) wird eine persistierende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Hand berichtet. Vergleichbare Beschwerden sind im Bericht vom 21. März 2006 dokumentiert (nach stationärem Aufenthalt des Klägers vom 26. Februar bis 17. März 2006). Das SG hat daraufhin Dr. V., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, Diakoniekrankenhaus S. GmbH, mit der Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 6. August 2007 hat er als aktuellen Zustand eine knöchern feste Konsolidierung der ehemaligen Fraktur der Speichenbasis, eine knöcherne Versteifung der Handgelenksregion in günstiger Stellung, den Verlust des Ellenköpfchens, eine nahezu aufgehobene Auswärtsdrehbewegung des Unterarmes, diskret eingeschränkte Einwärtsdrehfähigkeit, einen diskret eingeschränkten Faustschluss betreffend Zeige- und Mittelfinger, deutlich eingeschränkter Faustschluss betreffend den Ring- und Kleinfinger, graduelle Kraftminderung der Hand und Gefühlsstörung schwerpunktmäßig betreffend den Mittel-, Ring- und Kleinfinger in einem nicht exakt anzugebenden Ausmaß beschrieben. Weiter hat er ausgeführt, das Ausmaß und die Qualität der vom Kläger vorgetragenen Beschwerden und demonstrierten funktionellen Beeinträchtigungen seien gemessen an den objektivierbaren Gesundheitsstörungen, bedingt nachvollziehbar. Die aufgehobene Beweglichkeit des linken Handgelenks sei Folge der operativ durchgeführten Versteifung und daher nachvollziehbar. Dem gegenüber sei die nahezu aufgehobene Auswärtsdrehfähigkeit des linken Unterarms und der teils deutlich beeinträchtigte Faustschluss zum Kleinfinger hin nicht unbedingt typische Folge des Unfallschadens und auch nach dem Heilungsverlauf nicht unbedingt zu erwarten. Die Befunde seien deshalb nur bedingt nachvollziehbar. Überwiegend nachvollziehbar sei die graduelle Kraftminderung der linken Hand, nicht jedoch der vom Kläger bei der Untersuchung demonstrierte Grad der Kraftentfaltung, da dies eine Reduzierung der groben Kraft um 1/3 ergeben würde gegenüber rechts, wobei die gezeigte Kraft bei Widerstand und die tendenziell eher leichtgradig minder ausgeprägte Muskelweichteilmasse des linken Unterarms und die kräftige Ausprägung der Hohlhandbeschwielung links eher für eine leichtgradige Minderung der Kraftverhältnisse der linken Hand im Seitenvergleich sprechen würden. Mit Blick auf die bei der Untersuchung erhobenen Befunde teile er vollständig die im neurologischen Gutachten des Dr. van Schayck getroffenen Feststellungen. Daran ändere auch die danach erfolgte Versteifungsoperation nichts, da im Verlauf keine neurologischen Komplikationen aufgetreten seien. Nur sehr bedingt nachvollziehbar seien hingegen die vom Kläger geäußerten Schmerzen im Rahmen der körperlichen Untersuchung, eine Verdeutlichungstendenz sei nicht zu übersehen. Die Gesamt-MdE hat Dr. V. nach Abwägung und Prüfung der Vorschläge in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur mit 40 v.H. eingeschätzt für die Zeit ab 4. März 2005, zuvor mit einer MdE um 50 v.H. (29. März 2004 bis zum Tag der Untersuchung für das zweite Rentengutachten am 3. März 2005), da inzwischen eine Befundverbesserung eingetreten sei, verglichen mit dem Zeitpunkt der Erstellung des ersten Rentengutachtens (Untersuchungstag 14. April 2004). Allerdings könne er nicht ausschließen, dass zum damaligen Zeitpunkt nach dem Gesamteindruck bei der Untersuchung auch eine MdE um lediglich 40 v.H. zutreffend festgesetzt worden sei.

Durch Urteil vom 19. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf das Gutachten von Dr. V. unter Berücksichtigung der in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur aufgeführten Vergleichswerte. Soweit Dr. V. für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum eine MdE um 50 v.H. angenommen habe, könne ihm allerdings nicht gefolgt werden. Unter Berücksichtigung der damals erhobenen Messwerte könne eine MdE um 50 v.H. zwar möglich sein, die Einschätzung um 40 v.H. könne allerdings nicht als rechtswidrig festgestellt werden.

Gegen das ihm am 2. November 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. November 2007 Berufung eingelegt und zugleich Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gestellt (ablehnender Beschluss vom 21. Februar 2008). Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, sein Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert, was der behandelnde Hausarzt bestätigen könne. Dem gegenüber sei Dr. V. von falschen Voraussetzungen ausgegangen und habe auch seine eigene Kompetenz überschätzt, da er eine weitere neurologische Untersuchung nicht für sinnvoll erachtet habe. Dass Dr. V. Simulationstendenzen des Klägers bescheinige, sei geradezu skandalös. Dies habe bislang noch kein Arzt behauptet. Deshalb sei ein weiteres Gutachten von Amts wegen angezeigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Oktober 2007 aufzuheben sowie den Bescheid vom 16. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2004 sowie den Bescheid vom 16. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 v.H., mindestens aber höher als 40 v.H. zuzuerkennen und danach die Rente zu bemessen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern und die Entscheidung einstimmig ergeht.

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Eine höhere MdE als 40 v.H. ist nicht festzustellen.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wobei die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII). Dabei richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.

Die beim Kläger bestehenden Unfallfolgen, wie sie im angefochtenen Bescheid auf Grundlage der eingeholten Gutachten festgestellt sind, nämlich eine operativ versorgte offene distale Radiustrümmerfraktur, deutliche Bewegungseinschränkung im Handgelenk, aufgehobene Unterarmdrehung, ausgeprägte Dystrophie im Bereich des Unterarms, inkompletter Faustschluss, Umfangsminderung am Arm, Teilschädigung des Nervus ulnaris mit geringer Kraftminderung, Gefühlsstörung an den Fingern 4 und 5 sowie an der ellenseitigen Handkante, rechtfertigt die von der Beklagten festgestellte MdE um 40 v.H. Diese Bewertung wurde nicht nur von den Gutachtern, die im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Klageverfahren gehört worden sind, vorgeschlagen, sondern sie entspricht auch den in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur zusammengefassten Erfahrungswerten, an denen sich der Senat zur Gleichbehandlung aller Versicherten bei seiner Einschätzung orientiert.

Prof. Dr. W. hat aufgrund der von ihm erhobenen Befund unter integrierender Gesamtbewertung auch der MdE um 10 v.H. auf neurologischem Fachgebiet die Gesamt-MdE für die sicherlich nicht unerheblichen funktionellen Einschränkungen mit 40 v.H. vorgeschlagen. Ebenso hat Dr. Helbling, dessen Gutachten im Auftrag der Beklagten zur Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit während des erstinstanzlichen Klageverfahrens erstellt und in das Verfahren einbezogen worden ist, die bestehenden funktionellen Einschränkungen mit einer MdE um 40 v.H. bewertet. Gleichermaßen hat Dr. V., jedenfalls ab 4. März 2005, die Beschwerden mit 40 v.H. bewertet.

Soweit er für die Zeit zuvor eine MdE um 50 v.H. angenommen hat, schließt sich dem der Senat, wie schon das SG, nicht an und verweist zur Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf Seite 9 und 10 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die von den gehörten Ärzten vorgeschlagene MdE um 40 v.H. hält der Senat in Übereinstimmung mit der unfallversicherungsrechtlichen Literatur für angemessen und ausreichend. So hat Dr. V. in seinem Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren die Bewertungsvorschläge der unfallversicherungsrechtlichen Literatur zutreffend wiedergegeben. In Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage 2005, S. 164 wird für eine Versteifung des Handgelenks in Nullstellung (0/0/0 oder 10/0/10 Grad) eine MdE zwischen 20 und 30 vorgeschlagen; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, bewerten eine Handgelenksversteifung in Streckung mit einer MdE um 30 v.H.; und auch Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, bewerten im Anhang 12 die Handgelenksversteifung mit einer MdE um 30 v.H. Soweit der nur eingeschränkte Faustschluss zu bewerten ist, ist in Mehrhoff/Meindl/Muhr a.a.O. S. 167 eine stärkere Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger oder am 1. und 2. Finger mit einer MdE um 20 v.H. bewertet; die weitere unfallversicherungsrechtliche Literatur befasst sich lediglich mit der Bewertung von Amputationsverletzungen. Wenn berücksichtigt wird, dass beim Kläger der Faustschluss nur am linken Ring- und Kleinfinger eingeschränkt ist und dies auch nicht in stärkerem Ausmaß, ist mit Dr. V. davon auszugehen, dass die Bewertung mit 20 v.H. dafür nicht angemessen, vielmehr allenfalls eine MdE um 10 v.H. anzunehmen ist.

Soweit beim Kläger auch eine nahezu aufgehobene Auswärtsdrehfähigkeit zu bewerten ist, ist bei vollständig aufgehobener Unterarmdrehfähigkeit in günstiger Funktionsstellung nach Mehrhoff/Meindl/Muhr a.a.O. S. 164 eine MdE in Höhe von 20 v.H. anzusetzen, Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 610 bewerten die Aufhebung der Unterarmdrehung bei einer Versteifung im Ellbogen in Einwärtsstellung (0/70/70) mit einer MdE um 20 v.H., in Mittelstellung (0/0/0) mit 30 v.H. und in Auswärtsdrehstellung (70/70/0) mit 40 v.H. Berücksichtigt man den Umstand, dass beim Kläger keine Versteifung im Ellbogengelenk vorliegt und nur die Auswärtsdrehstellung nahezu aufgehoben ist, ist mit Dr. V. eine MdE um 10 v.H. angemessen. Bemisst man zusätzlich die Kraftminderung mit einer Teil-MdE um 10 v.H. ist in einer integrierenden Gesamtbetrachtung, die eine reine Addition der Werte ausschließt, die MdE aus Teil-MdE-Werten von 30 und dreimal 10 zu ermitteln.

Wie Dr. V. zutreffend weiter ausgeführt hat, hat die Ermittlung der Gesamt-MdE auch unter Berücksichtigung der für den Verlust der gesamten Hand (MdE von 60) bzw. dem Verlust aller Finger einer Hand (MdE 50 v.H.) in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur vorgeschlagenen Werte zu erfolgen. Angesichts dessen ist die Funktionsstörung beim Kläger, nämlich die Versteifung des Handgelenks mit aufgehobener Unterarmauswärtsdrehfunktion, verbunden mit einer geringen Kraftminderung, und nur eingeschränktem Faustschluss bei noch vorhandener Greiffunktion der unfallverletzten Hand und damit einem noch vorhandenen Gebrauchswert mit 40 v.H. zu bemessen.

Soweit der Kläger vorbringt, seine Einschränkungen hätten sich verschlechtert und sich dabei auf das Zeugnis seines Hausarztes beruft, hat der Senat bereits im Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeführt, dass Ermittlungen ins Blaue hinein nicht geboten sind, wenn nicht substantiiert vorgetragen wird, inwiefern eine Verschlechterung eingetreten ist. Entsprechendes gilt für das Gutachten des Dr. P. im Rentenrechtsstreit. Unabhängig davon, dass dieser keine Aussage zur MdE machen wird und sich auch zur Ursächlichkeit der geklagten Beschwerden nicht äußern wird, kann der Kläger jederzeit, sollte tatsächlich eine Verschlimmerung eingetreten sein, einen Antrag nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) stellen. Bislang sind die behaupteten Verschlechterungen jedenfalls weder nachgewiesen noch aufgrund des Vorbringens des Klägers sinnvolle Ermittlungsansätze für weitere Sachverhaltsaufklärungen durch den Senat erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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