L 5 R 400/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2331/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 400/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die 1957 geborene Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben keinen Ausbildungsberuf erlernt und war in ihrem Heimatland Polen nach Beendigung der Berufsschule als Verkäuferin und anschließend als Bankangestellte tätig. Im Dezember 1988 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein. 1991 war sie zunächst als Küchenhelferin und Fließbandarbeiterin, 1992 als Bedienung im Restaurantbereich bzw. Lagerarbeiterin und seit Ende 1992 als Verkäuferin und zwar zuletzt in Teilzeit in einer Drogeriekette tätig.

In der Zeit vom 4. März 2004 bis 8. April 2004 befand sich die Klägerin im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation in der psychosomatischen Abteilung der H.-Kliniken Bad C. (Entlassungsbericht - Blatt 32 Verwaltungsakte (VA)). Das Leistungsvermögen war für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen als vollschichtig eingeschätzt worden.

Am 13. Oktober 2004 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie an, sie halte sich seit 1999 wegen Fibromyalgie, Migräne, Depressionen, Schmerzen und Schlafstörungen für erwerbsgemindert.

Die Arbeitgeberin (Fa. Schlecker) gab in der Auskunft vom 20. Dezember 2004 (Bl. 29 Verwaltungsakte -VA-) an, die Arbeitszeit der Klägerin betrage 3,33 Stunden täglich bei 6 Tagen in der Woche. Die Klägerin sei vom 4. März bis 8. März 2004, vom 6. Juli bis 10. Juli 2004 und vom 22. November bis 4. Dezember 2004 arbeitsunfähig gewesen.

Der Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin Dr. O. gelangte in seinem im Auftrag der Beklagten daraufhin am 17. Januar 2005 erstellten Gutachten unter Berücksichtigung auch der zuvor von der Beklagten beigezogenen Befundberichte zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin die Kriterien der Fibromyalgie erfüllt seien. Im Übrigen seien aus orthopädischer Sicht keine pathologischen Veränderungen darstellbar. Zumutbar seien nur leichte Arbeiten, wie zum Beispiel Kontrollarbeiten und Aufsichtsarbeiten. Bei zeitlicher Reduzierung könne die Klägerin weiterhin leichte Arbeiten im Verkauf verrichten. Das Leistungsvermögen schätze er mit 3 bis unter 6 Stunden ein.

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. gelangte in seinem Gutachten vom 23. Januar 2005 zu folgenden Diagnosen: 1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung 2. Dysthymia 3. Verdacht auf histrionische Persönlichkeitsstörung. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin in wechselnder Körperhaltung unter Berücksichtigung entsprechender Einschränkungen an die geistige und psychische Belastbarkeit noch sechs Stunden oder mehr ausüben.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2005 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, noch würden die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen. Sie sei noch in der Lage unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes in einem Verwaltungsberuf mind. 6 Stunden tätig zu sein. Sie könne auf die Tätigkeit als Kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden in der Gehaltsgruppe K 1 des Tarifvertrages für den Einzelhandel bzw. Vergütungsgruppe IX BAT verwiesen werden.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der Fachärztin für Anästhesiologie - Spezielle Schmerztherapie - Dr. R. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2005 den Widerspruch zurück. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin könne sie nur unter 6 Stunden täglich ausüben. Berufsunfähigkeit liege jedoch nicht vor, da sie auf die Tätigkeit einer kaufmännischen Angestellten oder Verwaltungsangestellten für Bürohilfstätigkeiten verwiesen werden könne.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Juni 2005 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, sie sei entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs mehr in der Lage, täglich mind. 3 Stunden erwerbstätig zu sein, da nach Auffassung ihrer Ärztin dies ihre Leistungsfähigkeit übersteige.

Das SG hat eine weitere Auskunft bei der Arbeitgeberin eingeholt. Diese hat in der Auskunft vom 11. August 2005 (Bl. 25 ff. SG-Akte) mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis noch bestehe. Die Klägerin führe einfache kaufmännische Tätigkeiten aus, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zuträfen. Sie habe eine Ausbildung als Verkäuferin und werde nach der Gehaltsgruppe II (letztes Berufsjahr) des Gehaltstarifsvertrages "Einzelhandel Baden-Württemberg" entlohnt. Im Jahre 2005 sei sie vom 11. Februar bis 17. Februar und vom 21. April bis 12. Mai 2005 arbeitsunfähig gewesen.

Die behandelnde Hausärztin Dr. F.-L. hat in ihrer Auskunft vom 23. August 2005 mitgeteilt, der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit September 2001 kontinuierlich verschlechtert. Eine Tätigkeit von 3 Stunden an zwei Tagen pro Woche halte sie für zumutbar (Bl. 36/37 SG-Akte). Der Orthopäde Dr. Bassemir hat in seiner Auskunft vom 15. September 2005 (Bl. 49 SG-Akte) ausgeführt, nach dem ihm vorliegenden Befund sei die Klägerin in der Lage einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mind. 6 Stunden täglich nachzugehen. Die Orthopädin Dr. H. hat in ihrer Auskunft vom 17. September 2005 (Bl. 90 SG-Akte) mitgeteilt, die Klägerin habe sich zuletzt im Oktober 2003 wegen einer Blockierung der Brustwirbelsäule vorgestellt, Aussagen zum jetzigen Gesundheitszustand könnten daher nicht gemacht werden. Die Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. B. hat weiter in ihrer Auskunft vom Oktober 2005 (Bl. 52 SG - Akte) angegeben, sie habe die Klägerin zuletzt am 30. September 2003 wegen einer nicht ganz typischen Fibromyalgie behandelt, im Hinblick darauf könne sie zur Leistungsfähigkeit keine Angaben machen. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. R. hat schließlich in ihrer Auskunft vom 13. Oktober 2005 (Bl. 56 SG-Akte) über eine wechselnde Schmerzsymptomatik der Klägerin mit ernormen Stimmungsschwankungen berichtet. Sie halte eine Halbtagstätigkeit für angemessen. Beigefügt hat sie den Bericht über eine stationäre Behandlung der Klägerin im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) vom 23. August bis 16. September 2005 wegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Das SG hat in dem Zusammenhang noch den vollständigen Entlassbericht beigezogen (Bl. 72 f. SG-Akte).

Das SG hat des weiteren das nervenärztliche Gutachten von Dr. D. vom 23. Januar 2006 (Bl. 81 ff. SG-Akte) eingeholt. Der Neurologe und Psychiater Dr. D. diagnostizierte auf der Grundlage der Untersuchung der Klägerin am 20. Januar 2006 eine Fibromyalgie in Verbindung mit histrionischen Persönlichkeitsanteilen. Ein organpathologischer Befund sei nicht nachweisbar, mit Ausnahme einer Migräne ohne Aura, die keine Auswirkung auf die berufliche Leistungsfähigkeit habe. Das Beschwerdebild sei in einem gewissen Umfang psychogen akzentuiert. Zu ihrem Arbeits- bzw. Tagesablauf gab die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Untersuchung wieder krankgeschrieben war, an, sie stehe etwa um 08:00 Uhr morgens auf, ihr Mann sei berufstätig, er habe zu diesem Zeitpunkt das Haus bereits verlassen. Sie mache dann ihren Haushalt so gut sie das trotz ihrer Beschwerden könne. Schwere Arbeiten nehme ihr ihr Mann ab, wenn er nach Hause komme. So erledige er zum Beispiel größere Einkäufe, er helfe ihr beim Putzen. In ihrer Freizeit lese sie viel. Früher sei sie gerne mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, das gehe wegen ihrer Beschwerden nicht mehr. Selbst kleinere Einkäufe könnten ihr Probleme machen, sie müsse beim Gehen beschwerdebedingt immer wieder Pausen machen. Morgens fühle sie sich " Am ganzen Körper steif". Vor einiger Zeit habe sie sich einen Hund angeschafft, jetzt sei sie dazu gezwungen, regelmäßig das Haus zu verlassen, auch wenn es ihr teilweise schwer falle. Zusammen mit ihrem Mann habe sie einen gewissen Bekanntenkreis, allerdings müssten sie wegen ihrer Schmerzen Verabredungen nicht selten absagen. In der Regel legten sie sich um 23:00 Uhr zu Bett. Hinsichtlich des Leistungsbildes ist Dr. D. zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin Tätigkeiten mit einer besonderen psychischen Beanspruchung nicht mehr ausführen könne. Nach einer erfolgreichen Therapie sei sie wieder dazu in der Lage, psychisch nichtbelastende Tätigkeiten sowie nicht wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten ganzschichtig zu erbringen. Die Erfolgsaussichten einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung seien schwer einzuschätzen und würden durch die zweifellos stattgefundene Chronifizierung eingeschränkt. Mit einer Linderung des Beschwerdebildes innerhalb von drei bis sechs Monaten sei zu rechnen.

Die Beklagte gewährte daraufhin der Klägerin eine psychosomatische Heilmaßnahme, die sie vom 8. Juni bis 20. Juli 2006 in den H.-Kliniken in Bad C. durchführte. Im Entlassbericht vom 20. Juli 2006 werden als Diagnosen genannt:

1. mittelgrade depressive Störung 2. anhaltende somatoforme Schmerzstörung 3. Fibromyalgiesyndrom 4. Migräne 5. Hypercholesterinämie

Weiter ist unter anderem im Rahmen des Rehabilitationsergebnisses ausgeführt, dass nach der Verlaufsbeobachtung die Einschätzung des Vorgutachters Dr. D. vom 23. Januar 2006, dass der psychische Befund eine psychiatrische Behandlung erfordere, nicht geteilt werden könne. Auch eine psychotherapeutische Behandlung werde vermutlich wegen der externalen Ursachenattribution und des somatischen Erklärungsmodells der Klägerin eher geringen Erfolg haben. Darüber hinaus habe man aber eine antidepressive Einstellung auf trizykliche Antidepressiva vorgenommen, mit Blick auf die diesbezüglich günstige Wirksamkeit bei chronischen Schmerzsyndromen. Im Klinikalltag habe sich die Klägerin bezüglich der Bewegungsabläufe und auch ihrer sozialen Kompetenz unauffällig verhalten, es sei jedoch nur ansatzweise gelungen, ein psychosomatisches Krankheitsverständnis zu entwickeln. Hinsichtlich des Leistungsbildes ist im Entlassbericht ausgeführt, das hinsichtlich qualitativer Einschränkungen auf Grund der anhaltenden Schmerzsymptomatik mit erhöhter Reizbarkeit und mittlerweile depressiver Störung geringe Beeinträchtigungen des Konzentrationsvermögens und des Umstellungs- und Anpassungsvermögens gesehen werden. Das qualitative Leistungsvermögen sei dadurch nicht beeinträchtigt. Im Vergleich zum Voraufenthalt 2004 habe sich an der körperlichen Symptomatik der Klägerin wenig verändert. Man habe sie arbeitsfähig entlassen, dahingehend, dass sie für die letzte Tätigkeit aus orthopädischen Gründen nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeitsfähig sei, bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Tätigkeiten jedoch vollschichtig mit entsprechenden qualitativen Einschränkungen (kein regelmäßiges Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, vermeiden von häufigem Bücken und häufigen Arbeiten in Zwangshaltungen, möglichst wenig äußere Einflüsse durch Nässe, Kälte, Zugluft und Ganzkörpervibrationen) geleistet werden könnten.

Mit Urteil vom 7. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderungsrente bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vorliegen würden. Die Klägerin könne zwar in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr vollschichtig arbeiten, sie könne aber letztlich nach dem Urteil der Ärzte unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Auch spreche die im Sachverständigengutachten von Dr. D. dargestellte Tagesstruktur der Klägerin bzw. das Freizeit- und Sozialverhalten gegen die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima"), beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit, sei nämlich von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (mit Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8. Februar 2006 - L 3 R 1643/04 -). Dr. D. habe zum Tagesablauf festgehalten, dass dieser nach wie vor weitgehend strukturiert sei. Eine sogenannte "vita minima" als Ausdruck einer schweren Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit könne nicht angenommen werden, wenn der Gutachter vorliegend feststelle, dass die Klägerin ihren Freizeitaktivitäten, wenn auch nur eingeschränkt, noch nachgehe. Auch ein sozialer Rückzug sei nicht feststellbar, da die Klägerin angebe, sie habe mit ihrem Mann noch einen gewissen Bekanntenkreis, wenn sie auch wegen ihrer Schmerzen Verabredungen nicht selten absagen müsse. Damit sei die Klägerin weder erwerbs- noch berufsunfähig. Denn maßgeblich für den Berufsschutz der Klägerin sei die zuletzt seit 1993 ausgeübte versicherte Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin in einem Drogeriemarkt. Das SG habe sich nicht davon überzeugen können, dass es sich hierbei um eine mit einer Facharbeitertätigkeit vergleichbaren Tätigkeit gehandelt habe. Es könne letztlich dahingestellt bleiben, ob die in Polen durchlaufene Ausbildung mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung in Deutschland zur Kauffrau im Einzelhandel vergleichbar sei, da die zuletzt ausgeübte und damit für den Berufsschutz maßgebliche Tätigkeit die Merkmale der Tätigkeit einer Kauffrau im Einzelhandel aber nicht erfülle. Dies ergebe sich unter anderem aus den Angaben der Arbeitergeberin hinsichtlich der Tätigkeiten der Klägerin als auch nach ihrer Eingruppierung lediglich in die Lohngruppe II, in der einfache kaufmännische Tätigkeiten zusammengefasst seien, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zuträfen. Die Klägerin könne daher nach Auffassung des SG allenfalls als sogenannte obere Angelernte eingestuft werden, die zur Vermeidung von Berufsunfähigkeit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 15. Dezember 2006 zugegangene Urteil am 15. Januar 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, das langjährige Arbeitsverhältnis bei der Firma Schlecker sei inzwischen auf Grund einer arbeitgeberseitigen Kündigung wegen der erheblichen Fehlzeiten in den letzten Jahren beendet worden. Die Klägerin sei seit längerem stark gesundheitlich angegriffen und nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit schmerzfrei auszuführen und ihre früher übliche normale Leistung zu erbringen. Aus diesem Grunde sei es auch immer wieder zu erheblichen Krankheitszeiten gekommen. Vor kurzem habe sie sich noch bei einem Sturz weitere Verletzungen zugezogen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab Antragsstellung Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat noch Auskünfte der behandelnden Hausärztin Dr. F.-L. sowie von Prof. Th., Chefarzt der Chirurgischen Klinik der F.-St.-Klinik B. eingeholt. Dr. F.-L. hat in ihrer Auskunft vom 29. April 2007 noch hinsichtlich eines am 16. Januar 2007 von der Klägerin erlittenen Fahrradunfalles (mit Primärversorgung durch Dr. S. und OP am 23. Januar 2007) mitgeteilt, dass bezüglich des Unfalls mit Knieschaden rechts eine vollständige Streckung im Kniegelenk nicht gelinge, im anterioren und lateralen Kniebereich bestünde Taubheit, die Beugung des Knies sei ebenfalls nicht vollständig möglich. Daneben beklage die Klägerin bezüglich ihrer Schulterbeschwerden rechts weiterhin einen persistierenden Druckschmerz im Ansatz des M. supraspinatus. Innen- und Außenrotation sei deutlich eingeschränkt, Nackengriff oder Schürzengriff seien nicht ausführbar. Dr. F.-L. hat in dem Zusammenhang noch einen Arztbrief der Schmerztherapeutin Dr. R. vom 20. März 2007 sowie des Facharztes für Innere Medizin Wolf vom 22. März 2007, der Orthopädin Dr. S. (Gemeinschaftspraxis Dres. S. und H.) vom 17. Januar 2007, des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. Reinhardt vom 28. Februar 2007 sowie den Bericht von Prof. Th. vorgelegt. Des Weiteren wurde noch bei der behandelnden Orthopädin Dr. S. die Auskunft vom 27. April 2007 eingeholt. Sie teilte darin mit, dass infolge des Fahrradunfalles vom 16. Januar 2007 am 24. Januar 2007 in der Chirurgischen Klinik B. eine transarthroskopische Resektion der vorderen Kreuzbandstümpfe durchgeführt worden sei sowie eine subtotale Innenminiscusresektion und Entfernung freier Gelenkkörper stattgefunden habe. Postoperativ sei eine intensive Krankengymnastik erfolgt. Bei der letzten Untersuchung am 3. April 2007 habe noch ein Streckdefizit von 10° bestanden. Die Befundverhältnisse seien reizlos gewesen, es bestehe noch eine deutliche Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 hat die Beklagte den zwischenzeitlich gestellten Antrag der Klägerin vom 29. Oktober 2007 auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt, da eine Rehabilitationsbedürftigkeit nicht vorliege.

Ausweislich eines weiteren noch vorgelegten OP-Berichtes der F.-St.-Klinik B., Prof. Th., wurde am 9. Januar 2008 bei der Klägerin hinsichtlich eines Impingements der rechten Schulter eine Bursektomie arthroskopisch durchgeführt. Der Verlauf war komplikationslos, die Wunde reizlos.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 9. Juli 2007 und nochmals mit Schreiben vom 10. April 2008 auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen. Es war jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung ist im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gem § 144 Abs. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (a. F.) liegt nicht vor. Die Klägerin begehrt die dauerhafte Gewährung einer Rente wegen (teilweiser) Erwerbsminderung.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen (voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung) nicht vorliegen.

1.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).

Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten bei der Klägerin vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Die Klägerin ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.

Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen der Klägerin liegt auf orthopädischen sowie nervenärztlichen Gebiet.

Auf der Grundlage der im Urkundenbeweis zu verwertenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren des Orthopäden Dr. O. und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., der beigezogenen Auskünfte der behandelnden Ärzte, des im SG-Verfahren eingeholten nervenärztlichen Gutachtens von Dr. D. sowie des Entlassberichts der H.-Kliniken kann die Klägerin im Ergebnis unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben.

Auf orthopädischen Gebiet hat der Gutachter Dr. O. keine wesentlichen pathologischen Veränderungen objektivieren können. Vielmehr hat er festgestellt, dass die großen und kleinen Gelenke allseits frei sind, es sich keine Hinweise für degenerative, dem Alter vorauseilende, Veränderungen finden ließen, ebenso wenig über das Alter hinaus bestehende gelenkigen Bewegungseinschränkungen. Vielmehr hat er als Diagnose Fibromyalgie gestellt. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit ist er davon ausgegangen, dass Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur im Sinne von leichten Arbeiten, wie zum Beispiel Kontrollarbeiten und Aufsichtsarbeiten möglich sind, es sei denn, die Klägerin würde in eine reine Bürotätigkeit umgeschult werden, wo es möglich sei, dass Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen durchgeführt werden könnten. Letztlich maßgeblich ist damit aber für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit das nervenärztliche Fachgebiet. Sowohl Dr. D. als auch Dr. B. haben jeweils eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung als Diagnose gestellt, Dr. B. daneben noch eine Dysthymia (depressive Verstimmung). Auch das Psychiatrische Zentrum Nordbaden hatte seinerzeit anlässlich des stationären Aufenthaltes der Klägerin in der Zeit vom August bis September 2005 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert bzw. Dr. B. und Dr. F.-L. in ihren Arztauskünften jeweils eine Fibromyalgie. Insgesamt festzustellen ist auf Grund der vorliegenden Gutachten, dass es für die von der Klägerin geklagten Schmerzen keine organpathologische Begründung gibt, sondern dies vielmehr seine Ursache im nervenärztlichen, psychischen Bereich hat. Soweit Dr. D. in dem für das SG erstellten Gutachten letztlich der Auffassung war, dass bei der Klägerin derzeit (zum Zeitpunkt seiner Untersuchung) keine vollschichtige Leistungsfähigkeit gegeben gewesen sei, sondern vielmehr hier zunächst Voraussetzung noch eine entsprechende Therapie sei, kann dem nicht gefolgt werden. So sind die Ärzte der H.-Kliniken im Unterschied dazu, nachdem sie die Klägerin über einen Zeitraum von mehreren Wochen, nämlich vom 8. Juni 2006 bis zum 20. Juli 2006, behandelt hatten und beobachten konnten, zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin zwar bezüglich ihrer letzten Tätigkeit als Verkäuferin auf Grund insbesondere der dortigen Belastungen mit schwererem Heben und Tragen nur aus orthopädischen Gründen drei bis unter sechs Stunden arbeits- bzw. erwerbsfähig sei, allerdings auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bezogen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig leistungsfähig sei. Auch nach Überzeugung des Senates ist letztlich davon auszugehen, dass die Klägerin noch für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen hinsichtlich der körperlichen und (jedenfalls nach dem Gutachten Dr. D.) psychischen Belastbarkeit noch vollschichtig leichte Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann.

Gerade bezüglich der vorliegenden Erkrankung einer Fibromyalgie bzw. somatoformen Schmerzstörung ist noch folgendes zu berücksichtigen: Auch wenn bei der Klägerin ein Fibromyalgiesyndrom vorliegt, besteht mit Vorliegen dieser Diagnose nicht automatisch Erwerbsunfähigkeit. In vielen Fällen von Versicherten mit einem Fibromyalgiesyndrom bleibt eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten erhalten. Maßgeblich für die deshalb auch in Fällen von Fibromyalgie notwendige Beurteilung der Restleistungsfähigkeit nach den vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen sind zunächst z. B. der Nachweis von vegetativen Zeichen von Seiten des Herzens und des Darms, wie sie typischerweise mit dem Vorliegen eines Fibromyalgiesyndroms einhergehen, und das Vorliegen von nervenärztlicherseits zu beurteilenden Befunden wie zum Beispiel einer depressiven Störung und deren Schweregrad (der sich im Wesentlichen nach dem Umfang einer Leistungsreduktion im Bereich häuslicher Aufgaben und im Bereich persönlicher Verrichtungen sowie des sozialen Umfelds beurteilt) sowie das Vorhandensein zusätzlicher Faktoren (so genannter Konvergenzfaktoren). Ferner kommt es auf den Schweregrad des Fibromyalgiesyndroms an (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Januar 2003 - L 3 RJ 1400/00 - mwN). Nach Auffassung des Senats lassen sich solche, das Restleistungsvermögen erheblich einschränkend mitbestimmende Faktoren nicht objektivieren.

Die von den Gutachtern erhobenen Tagesabläufe (Dr. B. wie auch Dr. D.) zeigen vielmehr, dass die Klägerin sehr wohl noch einen strukturierten und geregelten Tagesablauf, einschließlich sozialer Kontakte hat. So steht sie nach den Feststellungen von Dr. B. normalerweise morgens gegen 07:30 Uhr auf um anschließend mit ihrem Hund spazieren zu gehen, danach nehme sie das Frühstück ein, gegen 09:00 Uhr legt sie sich auf Grund der Schmerzen nochmal ins Bett, gegen 12:00 Uhr steht sie wieder auf, um 14:00 Uhr beginnt sie mit ihrer Arbeit bei der Firma Schlecker, diese endet um 18:00 Uhr. Gegen 18:30 Uhr legt sie sich danach zunächst erneut auf die Couch, anschließend führt sie nochmal ihren Hund aus und geht gegen 23:00 Uhr zu Bett. Ähnlich stellt sich der von Dr. D. festgestellte Tagesablauf dar: um 08:00 Uhr morgens aufstehen, dann wird der Haushalt erledigt, so gut dies trotz der Beschwerden geht, schwerere Arbeiten werden vom Ehemann abgenommen, in der Freizeit lese sie viel. Morgens fühle sie sich " Am ganzen Körper steif." Vor einiger Zeit habe sich aber einen Hund angeschafft, jetzt sei sie dazu gezwungen, regelmäßig das Haus zu verlassen, auch wenn es ihr teilweise schwerfalle. Zusammen mit ihrem Ehemann habe sie einen gewissen Bekanntenkreis, allerdings müssten wegen ihrer Schmerzen Verabredungen nicht selten abgesagt werden. Es kann damit nicht festgestellt werden, dass bei der Klägerin trotzt der bestehenden Erkrankung kein so ausgeprägtes Ausmaß vorliegt, das auch zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führt.

Zu keiner anderen Beurteilung führt auch der Fahrradunfall vom 16. Januar 2007 mit anschließender Operation am 23. Januar 2007 sowie die weitere Operation an der rechten Schulter am 9. Januar 2008. Bezüglich der Folgen des Fahrradunfalles ist festzuhalten, dass ausweislich der Auskunft von Dr. S. vom 27. April 2007 bei der Untersuchung am 3. April 2007 (also ca. 2 ½ Monate nach der Operation) zwar noch ein Streckdefizit von 10 ° bestand, die Befundverhältnisse jedoch reizlos waren, und noch eine deutliche Arthrophie der Oberschenkelmuskulatur, wobei allerdings eine intensive Krankengymnastik erfolgte. Damit bleibt festzuhalten, dass die geringen Beeinträchtigungen der Beweglichkeit, gerade auch vor dem Hintergrund der ohnehin schon festgestellten qualitativen Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungsapparates, zu keiner weiteren Einschränkung qualitativ und erst recht nicht quantitativ führen. Nichts anderes ergibt sich auch hinsichtlich der Operation am rechten Schultergelenk. Auch dieser dort bereits bestehenden Bewegungseinschränkung ist durch die qualitativen Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungsapparates bei der Klägerin Rechnung getragen worden.

Insgesamt kann sich der Senat damit nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass sie nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).

2.

Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig.

Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nur wenn die Klägerin aufgrund ihrer krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen die qualitativen Anforderungen ihres bisherigen Berufs (Hauptberuf) nicht mehr erfüllen kann, liegt eine - im Sinne der Rentenversicherung relevante - Minderung der Berufsfähigkeit vor. Der Hauptberuf ist regelmäßig die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer, d. h. mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höher qualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch "freiwillig" aufgegeben bzw. sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat. Das BSG hat in dem Zusammenhang das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikation oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6). In jedem Fall kann ein Arbeitsverdienst hilfstatsächliche Bedeutung für die Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen (oder Vergleichs-) Berufs nur haben, soweit er die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt; nur insoweit ist er überhaupt rechtlich relevant. Eine "Verweisung", die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich (Ausnahmen: so genannte Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahre) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (siehe hierzu insgesamt Urteil des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -). Für die Verweisbarkeit eines angelernten Arbeiters ist es also von Bedeutung, ob er dem oberen oder dem unteren Bereich dieser Gruppe angehört (vgl. eingehend dazu BSG Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 mwN). Während den Angehörigen des unteren Bereiches grundsätzlich alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sozial zuzumuten sind, müssen sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse. Aus der eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine zumutbar in Betracht kommende Tätigkeit konkret zu bezeichnen ist (vgl. BSG Urteil vom 9. April 2003 - B 5 RJ 38/02 R - sowie mwN BSG Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr 45).

Bei Angestelltenberufen werden ebenfalls Stufen gebildet und auch die Verweisbarkeit richtet sich nach den aufgezeigten Grundsätzen. Auf der untersten Ebene (Stufe 1) sind dies Tätigkeiten unausgebildeter bzw. nur kurzzeitig eingearbeiteter Angestellter, deren Anforderungsprofil keine über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert (vgl. BSG Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 44/96 R, veröffentlicht in JURIS). Es folgen (Stufe 2) Angestelltenberufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und danach (Stufe 3) solche mit einer längeren, regelmäßig dreijährigen Ausbildung (vgl. BSG Urteil vom 13. Dezember 1984 - 11 RA 72/83 - BSGE 57, 291 = SozR 2200 § 1246 Nr. 126).

Konkret ist hinsichtlich des Leitberufs des Facharbeiters noch folgendes zu berücksichtigen: so kann der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters auch zu geordnet werden, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf mit mehr als zweijähriger Ausbildung zwar nicht erlernt hat, dessen Tätigkeit für den Betrieb aber insbesondere hinsichtlich der tarifvertraglichen Bewertung bzw. der tariflichen Einordnung durch den Arbeitgeber als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (siehe näher zur "Tarifrechtsprechung" BSG Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R -); der Versicherte muss in einem anerkannten Ausbildungsberuf gearbeitet und sich durch praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die ihn befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten (BSGE 65, 169).

Bei der Klägerin scheitert ein Berufsschutz schon daran, dass es sich bei der von der Klägerin zuletzt, seit 1993 ausgeübten versicherten Tätigkeit in einem Drogeriemarkt als Verkäuferin um keine mit einer Facharbeitertätigkeit vergleichbare Tätigkeit handelt. Zutreffend hat insoweit das SG schon darauf verwiesen, dass diese Tätigkeit nicht die maßgeblichen Merkmale einer Tätigkeit einer Kauffrau im Einzelfall erfüllt. Hierzu gehört u.a. nach der von der Bundesagentur für Arbeit erstellten Datei "BERUFENET" die Information und Beratung von Kunden und der Verkauf von Waren aller Art. Daneben arbeiten Kaufleute im Einzelhandel im Einkauf und im Lagerwesen, übernehmen betriebswirtschaftliche Aufgaben im Personal-Rechnungswesen und wirken bei der Sortimentsgestaltung bei Marketingaktionen mit. Die Firma Schlecker hat jedoch nicht bescheinigt, dass die Klägerin im vollem Umfang solche höherwertigen Aufgaben verrichtet. Vielmehr erstellte die Klägerin Aufbauten, Displays und Warenangebotskörbe und räumte Ware in Regale ein. Damit aber beschränkte sich ihre Tätigkeit auf den Verkauf und die Sortimentsgestaltung. Auch die Eingruppierung in die Lohngruppe II des Gehalts- und Lohntarifvertrages Baden-Württemberg spricht für eine einfache Tätigkeit. In dieser Lohngruppe sind einfache kaufmännische Tätigkeiten zusammengefasst, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zutreffen. Hierbei sind unter anderem genannt: Verkäufer und Verkäuferinnen, Kassierer und Kassiererinnen mit einfacher Tätigkeit und Angestellte am Packtisch mit Kontrolltätigkeit. Die für Kaufleute im Einzelhandel typischen Tätigkeiten wie Sortimentskontrollen werden nach dem Tarifvertrag mit der Lohngruppe III vergütet. Die Klägerin kann daher auch nach Auffassung des erkennenden Senates allenfalls als sogenannte obere Angelernte eingestuft werden, die zur Vermeidung der Berufsunfähigkeit jedenfalls auf die von der Beklagten genannten Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden verwiesen werden kann.

Damit ist die Klägerin auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI und besteht auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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