Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 4629/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts K. vom 11.09.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1930 in U. geborene Kläger beantragte am 25.04.1953 bei dem Versorgungsamt K. (VA) die Gewährung von Leistungen nach dem BVG. Er gab an, er sei nach der Flucht aus der Heimat in der damaligen russischen Zone von den Russen zur Zwangsarbeit "eingestellt" worden. Bei dieser Arbeit habe er durch den Sturz eines Baumes einen Unfall erlitten, der ihn am linken Knie so verletzt habe, dass er im Jahr 1946 habe operiert werden müssen. Der Kläger legte die Bescheinigung von Dr. W. vom 23.04.1953 (der Kläger sei bei ihm seit 1946 wegen Kniegelenks-Tuberkulose [Tbc] in Behandlung, zur Zeit stationär), die eidesstattliche Erklärung von J. S., M. G. und L. Z. (der Kläger habe im Spätjahr 1946 in H. bei F. im Arbeitsdienst bei den Russen einen Unfall gehabt, als ihn ein fallender Baum am Knie getroffen habe) und die Bescheinigung des Chirurgen Dr. W. vom 11.05.1953 vor (der Kläger stehe seit 22.10.1948 bei ihm in Behandlung; es sei im Februar/März zu einer Abszessbildung am linken Knie gekommen, die die jetzige stationäre Behandlung erforderlich gemacht habe). Das VA zog das Vorerkrankungsverzeichnis der A. K. vom 08.05.1953 bei, aus dem sich ergibt, dass der Kläger vom 31.05. bis 29.09.1946 wegen Abszesses des linken Kniegelenks, vom 21.10.1948 bis 09.01.1949 wegen Kniegelenksergusses, vom 29.06. bis 06.07.1949 wegen Prellungen des Kopfes, des rechten Ellenbogens und des rechten Kniegelenks, vom 17.01. bis 04.02.1950 wegen Kniegelenksentzündung und ab 10.02.1953 wegen Prellung des linken Knies arbeitsunfähig war. In dem ferner beigezogenen Auszug aus dem Krankenblatt der Klinik Dr. W. nach der stationären Behandlung des Klägers vom 08.04. bis 25.06.1953 wird eine Kniegelenks-Tbc links diagnostiziert. Das VA erhob das versorgungsärztliche (vä) Gutachten des Chirurgen Dr. M. vom 13.08.1953. Bei Dr. M. gab der Kläger an, er habe sich eine Verletzung am linken Kniegelenk beim Holzfällen durch den Sturz eines Baumes zugezogen, als er von den Russen zur Zwangsarbeit eingesetzt gewesen sei. Ferner sei er am 09.02.1953 morgens auf dem Weg zur Arbeit bei Glatteis mit dem Rad gestürzt. Dr. M. führte aus, eine Wehrdienstbeschädigung sei für die Unfallfolgen vom Winter 1945/46 anzunehmen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ([MdE], seit 21. Dezember 2007 Grad der Schädigungsfolgen [GdS] – vgl. § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, S. 2904, 2909) schätze er auf 30 vom Hundert (v. H.). Der Arbeitsunfall vom 09.02.1953 stehe nicht im Zusammenhang mit der Wehrdienstbeschädigung. Es handele sich hier um eine Neuerkrankung des linken Kniegelenks, die eine Gelenksresektion und damit eine Versteifung zur Folge gehabt habe. Mit Bescheid vom 26.09.1953 lehnte das VA die Gewährung von Leistungen nach dem BVG ab. Eine Verschlimmerung der Kniegelenksbeschwerden nach Prellung in der Gefangenschaft sei nicht eingetreten. Der infolge Glatteis am 09.02.1953 erlittene Arbeitsunfall habe zu einer Neuerkrankung geführt.
Am 06.06.2006 beantragte der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 26.09.1953. Der Schaden mit Knochenabsplitterung aufgrund des Ereignisses von Mitte Dezember 1945 sei erst im Mai 1946 festgestellt worden. Die ganze Tragweite der Schädigung sei erst 1953 deutlich geworden, als der behandelnde Arzt in der W.-Klinik ihm mitgeteilt habe, das Kniegelenksleiden und die Tbc-Erkrankung seien durch den Unfall im Jahr 1945 verursacht worden. Im Schreiben vom 27.07.2005 führte der Kläger aus, seine Familie habe in B. gelebt, sein Vater sei als Volksdeutscher zur deutschen Armee rekrutiert worden, als im Dezember 1944 der Aufruf der deutschen Militärverwaltung zur Evakuierung erfolgt sei. Die Familie sei zunächst ab 15.12.1944 bei einem Landwirt im Kreis A. zur Arbeit eingeteilt worden. Er selbst habe in dieser Zeit eine Lungenentzündung gehabt und sei bis 17.02.1945 bei dem Bauern beschäftigt gewesen. Am 01.03.1945 habe er eine Lehre zum Schlosser aufgenommen, die er am 13.07.1945 wegen des Kriegsendes und der geplanten Rückführung in die Heimat abgebrochen habe. Den Rücktransport über Durchgangslager habe die Familie, nachdem ein russischer Kommissar auf die Ausweisung der Volksdeutschen aus U. nach dem Potsdamer Abkommen hingewiesen habe, abgebrochen. Die Familie sei schließlich in der Villa eines Ziegeleibesitzers in H. in B. aufgenommen worden. Er, der Kläger, habe dort im Wald Holz gesucht, als ihn ein Herr angesprochen und gefragt habe, ob er bei ihm arbeiten wolle. Während der daraufhin begonnenen Arbeitstätigkeit bei dem Quarzgruben- und Waldbesitzer habe dieser Ende Oktober 1945 mitgeteilt, er müsse mit seinen Leuten auf Befehl der russischen Kommandantur in F. Brennholz für die Stadt F. machen. Wegen der Schwere der Arbeit hätten sie dafür zusätzliche Lebensmittelkarten erhalten. Dem Befehl der Militärverwaltung seien sie deshalb gern nachgekommen. Bei dieser Tätigkeit sei der Unfall Mitte Dezember 1945 passiert. Ihm sei ein abgehackter Aststumpen an die linke Knieinnenfläche geschlagen, nachdem er beim Anheben eines schweren Stammes auf dem Boden ausgerutscht sei. Es habe sich ein Abszess entwickelt, der sich von selbst geöffnet habe. Das Knie sei wiederholt angeschwollen. Im Jahr 1946 sei die Familie in den Westen geflüchtet und am 06.04.1946 in K. eingetroffen. Dort habe Dr. W. im Mai 1946 die Knochenabsplitterung festgestellt und das Knie operiert. Das Knie sei oberflächlich verheilt, aber nicht in Ordnung gewesen. Anfang 1953 sei er bei Glatteis mit dem Rad gestürzt, wobei der Fahrradrahmen auf das linke Knie gefallen sei. Bei anschließend entnommenen Gewebeproben habe Dr. W. eine Knochen-Tbc diagnostiziert. Daraufhin sei das Knie operativ versteift worden.
Der Kläger legte weitere Unterlagen vor. Darunter befinden sich unter anderem eine undatierte amtsärztliche Bescheinigung des Oberregierungsmedizinalrats Dr. F., in der dieser einen Zustand nach Kniegelenksresektion links, Versteifung des linken Beines im Kniegelenk und Verkürzung des linken Beines um 4 cm mit einer MdE von 30 v. H. seit 1953 beschrieb, die Kostenübernahmeerklärung der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden vom 24.06.1954 für die stationäre Behandlung vom 08.04. bis 25.06.1953 im Rahmen von Tuberkulosebekämpfungsmaßnahmen, der Bescheid der LVA Baden über die Gewährung von Invalidenrente wegen nicht dauernder Invalidität ab 01.09.1953 und der Bescheid der damaligen S. B.-B. (BG) vom 29.12.1953 über die Bewilligung einer Gesamtvergütung nach dem Arbeitsunfall vom 09.02.1953. Die BG anerkannte als Unfallfolge eine vorübergehende Verschlimmerung des bereits vor dem Unfall erkrankten Kniegelenks links. In dem Telefonat vom 18.08.2006 gab der Kläger ausweislich des entsprechenden Aktenvermerks des Sachbearbeiters an, er habe zum Zeitpunkt des Unfalls neben Versorgung mit Naturalien auch einen geringen Lohn erhalten. Mit Bescheid vom 24.08.2006 lehnte das VA den Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung im Rahmen der Entscheidung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, die Anordnung der russischen Militärverwaltung zu Holzfällarbeiten sei mit der Androhung des Entzugs der Lebensmittelkarte und der Deportation in ein Arbeitslager bei Verweigerung verbunden gewesen. Es habe sich also um Zwangsarbeit gehandelt. Der Grubenbesitzer habe durchgesetzt, dass seine Mitarbeiter wegen der schweren Arbeit im Wald die Zusatz-Lebensmittelkarte erhalten hätten. Sie hätten keine Naturalien vom Dienstherrn bekommen. Außerdem habe er den Facharbeiterlohn als Schlosser bezogen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2007 zurückgewiesen.
Am 16.04.2007 erhob der Kläger Klage bei dem Sozialgericht K. (SG). Er legte den Durchgangsarztbericht von Dr. W. vom 10.02.1953 über den Unfall vom 09.02.1953, das an die Südwestliche B.-BG gerichtete Schreiben von Dr. W. vom 27.07.1953 und das von der Südwestlichen B.-BG veranlasste Gutachten von Dr. S. vom 18.10.1953 vor. Darin führte Dr. S. aus, der Unfall vom 09.02.1953 habe ein vorher schon tuberkulöses Kniegelenk betroffen. Im unmittelbaren Anschluss an den Unfall sei der Charakter der bis dahin verhältnismäßig gutartig verlaufenden Erkrankung zum Schlechten hin geändert und der Krankheitsablauf offensichtlich beschleunigt worden. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 11.09.2007 ab.
Am 22.09.2007 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Er hat das für die Holz-BG erstattete Gutachten von Prof. Dr. M., Direktor der Unfallchirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums K., vom 04.10.2007 vorgelegt. Dieser führte aus, infolge des Unfalls vom 07.09.1945 sei es zu rezidivierenden Entzündungszuständen des linken Knies mit Abszedierungen gekommen. Der Unfall vom 09.02.1953 habe zu einer richtungweisenden Verschlimmerung geführt. Die Versteifung des linken Kniegelenks und die zuvor durchgeführten Eingriffe seien somit als Versorgung der Unfallfolgen von 1945 anzuerkennen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. c und d BVG seien erfüllt. Er habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht niedergelassen, sondern auf der Flucht befunden. Bei den Holzfällarbeiten auf Anordnung der Militärverwaltung habe sich eine besondere besatzungstypische Gefahr verwirklicht. Schädigungsfolge sei die traumatische Aktivierung von bereits bestehenden Tuberkuloseherden gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 11.09.2007 und den Bescheid vom 24.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2007 sowie den Bescheid vom 26.09.1953 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach dem BVG nach einem GdS von mindestens 30 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls in einem privaten Arbeitsverhältnis bei einem Waldbesitzer befunden. Eine unmittelbare Kriegseinwirkung habe nicht vorgelegen. Dass die 1953 diagnostizierte Kniegelenks-Tbc, die zu einer Versteifungsoperation geführt habe, auf eine fluchtbedingte Tuberkuloseerkrankung zurückzuführen sei, könne nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast nicht wahrscheinlich gemacht werden, zumal nach dem Krieg die Bevölkerung allgemein mangelnden Ernährungs- und Hygieneverhältnissen ausgesetzt gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und nach § 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 26.09.1953 und Gewährung von Versorgungsrente durch den Beklagten.
Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG stehen gemäß § 1 Abs. 2 Buchst. a) BVG Schädigungen gleich, die durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung herbeigeführt worden sind. Als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a) BVG gelten gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c) und d) BVG, wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen, Einwirkungen, denen der Beschädigte durch die besonderen Umstände der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt war, und schädigende Vorgänge, die infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes oder mit der zwangsweisen Umsiedlung oder Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind.
Das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) müssen erwiesen sein, während für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 45, 1, 9, 10; 60, 58, 59). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG a. a. O.), d. h., dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Ist unter diesen Voraussetzungen ein Sachverhalt nicht nachweisbar bzw. wahrscheinlich, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren herrschenden Grundsatz der objektiven Beweislast der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht erwiesenen bzw. wahrscheinlichen Sachverhalt Rechte für sich herleitet (vgl. BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 111). Das ist bei anspruchsbegründenden Tatsachen der Kläger.
Für den Senat steht fest, dass der Kläger mit seiner Familie während der geplanten Rückführung in die Heimat in der zweiten Jahreshälfte 1945 bei einem Ziegeleibesitzer in B. Unterkunft fand. Der Kläger nahm im September 1945 seine Arbeit bei einem Quarzgruben- und Waldbesitzer auf. Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger einen Lohn. Nachdem sein Arbeitgeber von der russischen Militärverwaltung in F. den Befehl erhalten hatte, mit seinen Mitarbeitern Brennholz für die Stadt F. zu machen, wurde der Kläger zum Holzschlagen im Wald eingesetzt. Hierfür erhielt er - wie seine Kollegen - zusätzliche Lebensmittelkarten. Im Rahmen dieser Tätigkeit verletzte er sich am linken Knie, als er ausrutschte und ihm ein Aststumpen an die linke Knieinnenfläche schlug. Der Senat entnimmt diesen Sachverhalt der Schilderung des Klägers im Schreiben vom 27.07.2005, im Telefonat vom 18.08.2006 und in der Widerspruchsbegründung vom 21.10.2006.
Der Mitte Dezember 1945 erlittene Unfall begründet keinen Anspruch auf Versorgung nach dem BVG. Es liegt bereits kein schädigender Vorgang im Sinne des § 1 BVG vor. Denn die gesundheitliche Schädigung durch den Unfall vom Dezember 1945 trat nicht aufgrund einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG ein. In Betracht kommen hier nur die Tatbestände des § 5 Abs. 1 Buchst. c) und d) Alt. 1 BVG, d.h. Einwirkungen durch die besonderen Umstände der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben bzw. schädigende Vorgänge infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes zusammenhängenden besonderen Gefahr.
Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BVG auf der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben. Zwar unterstellt der Senat, dass die Evakuierung aus B. im Dezember 1944 wegen der unmittelbaren Kriegsgefahren erfolgte. Zum Zeitpunkt des Unfalls im Dezember 1945 war der Fluchtweg aber beendet. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Fluchtweg im Allgemeinen als beendet angesehen werden, wenn sich der Flüchtling an einem Ort in der erkennbaren Absicht niedergelassen hat, dort zu bleiben, und eine Unterkunft gefunden hat, in der ihm längeres Verweilen zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 05.09.1956 – 9 RV 12/55 = BSGE 3, 263-268). Eine bestimmte Zeitspanne, nach der bei einem Aufenthalt an einem Ort der Fluchtweg als abgeschlossen angesehen werden kann, gibt es nicht (vgl. Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 5 BVG, Rdziff. 16). Der Umstand, dass das BSG einen Aufenthalt von dreieinhalb Jahren am Ankunftsort nicht mehr der Flucht zugerechnet hat (Urteil vom 17.09.1963 – 10 RV 495/61 = SGb 1963, S. 333 Nr. 11), führt daher nicht dazu, dass bei einem kürzeren Verweilen grundsätzlich noch eine Flucht angenommen werden könnte. Im vorliegenden Fall war der Fluchtweg während des Aufenthalts der Familie des Klägers bei einem Landwirt im Kreis A. beendet. Denn spätestens mit der Aufnahme der Lehre als Schlosser durch den Kläger am 01.03.1945 ging die Familie des Klägers von einem längeren Verweilen im Kreis A. aus. Dass der Kläger mit seiner Familie den damaligen Aufenthaltsort bereits knapp viereinhalb Monate später wieder verließ, lag an den aufgrund des Kriegsendes gegebenen veränderten Umständen. Der Aufbruch im Juli 1945 erfolgte nicht im Rahmen einer Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben. Vielmehr war die Rückkehr in die Heimat gerade in der Annahme vorgesehen, dort bestehe wegen des eingetretenen Kriegsendes keine Gefahrenlage mehr. Der Aufenthalt bei einem Ziegeleibesitzer in B. kann daher nicht einer Flucht im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. c BVG zugerechnet werden.
Der Unfall im Dezember 1945 war auch kein schädigender Vorgang infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen Gebietes zusammenhängenden besonderen Gefahr. Zwar ereignete sich der Unfall während der russischen Besetzung von B ... Besondere Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG sind jedoch nur solche, die der Besetzung eigentümlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1955 – 9 RV 142/54 = BSGE 2, 99-106; Urteil vom 06.02.1958 - 8 RV 473/56 = BSGE 6, 294-297; Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, a.a.O., § 5 BVG Rdziff. 21; Rohr/Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Handkommentar, § 5 BVG Ziff. 10 K 15). Der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung, das Schlagen des Holzes, zum Unfallzeitpunkt aufgrund des zwischen ihm und dem Waldbesitzer bestehenden privaten Arbeitsvertrages, der bereits vor der Anordnung der Militärverwaltung mündlich abgeschlossen worden war. Der Kläger erhielt für seine Arbeit einen Lohn, wobei nach den Angaben des Klägers nicht feststeht, ob der in der Widerspruchsbegründung genannte "Facharbeiterlohn als Schlosser" bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder erst mit Beginn der Holzarbeiten auf Anordnung der russischen Militärverwaltung gezahlt wurde. Diese Frage ist aber auch nicht entscheidungserheblich. Entscheidend ist, dass der Kläger nicht unmittelbar auf Anordnung der russischen Kommandantur in F., sondern im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zu dem Waldbesitzer tätig wurde. Die Anordnung der Militärverwaltung erging gegenüber dem Arbeitgeber des Klägers, nicht gegenüber einzelnen seiner Mitarbeiter. Entgegen der Auffassung des Klägers schuf die Besatzungsmacht mit der Anordnung auch nicht eine besondere Gefahr für einen weiteren Kreis von Personen, nämlich der Mitarbeiter des Wald- und Grubenbesitzers. Diese erbrachten ihre Arbeitsleistung nämlich weiterhin als Erfüllung ihrer Pflichten aus dem zivilrechtlichen Arbeitsverhältnis. Die Bezeichnung der Tätigkeit als "Zwangsarbeit" im Antrag vom 25.04.1953 und in der Widerspruchsbegründung vom 21.10.2006 und der Hinweis des Klägers auf drohenden Entzug der Lebensmittelkarte und Deportation in ein Arbeitslager bei Verweigerung der Arbeit führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sind die Angaben des Klägers insoweit nicht durchgehend stimmig. Im Antrag vom 06.06.2006 und im Schreiben vom 27.07.2005 ist keine Rede von "Zwangsarbeit" mit entsprechenden Konsequenzen bei Verweigerung. Der Senat geht deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung davon aus, dass der entscheidende Faktor für die Übernahme der Tätigkeit durch den Kläger die entsprechende Entlohnung war und eine mögliche Sorge vor eventuellen Konsequenzen bei Arbeitsverweigerung jedenfalls nicht im Vordergrund stand. Zum anderen hat sich mit dem Unfall des Klägers im Rahmen eines zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses im Dezember 1945 keine besetzungseigentümliche Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG, sondern das grundsätzlich bei jeder Berufstätigkeit gegebene Risiko eines Arbeitsunfalls verwirklicht. Der Hinweis des Klägers, das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Gefahr" sei insbesondere dann zu bejahen, wenn der Betroffene zu berufsfremden, seinem Lebensalter und seinen bisherigen Lebensverhältnissen nicht entsprechenden schweren körperlichen Arbeiten herangezogen worden ist (vgl. auch Rohr/Strässer, a. a. O., § 5 BVG Ziff. 10 K 15; Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, a.a.O., § 5 BVG Rdziff. 39), führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Begriff der "besonderen Gefahr" schließt Schädigungsvorgänge aus, die nicht charakteristisch für den Zustand der militärischen Besetzung sind (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1958 – 11/9 RV 1168/56 = BSGE 8, 203-207; Urteil vom 26.04.1957 – 8 RV 217/55 = BSGE 5, 116-120). Die körperliche Überforderung durch eine Berufstätigkeit ist aber – nicht nur bei jugendlichen Arbeitnehmern – in vielen Konstellationen gegeben. Der Aufnahme einer solchen belastenden Tätigkeit steht im Arbeitsleben häufig eine höhere Entlohnung, hier vergleichbar der zusätzlichen Lebensmittelkarte, gegenüber. Im vorliegenden Fall handelte es sich bereits bei den vom Kläger vor der Anordnung der Militärverwaltung verrichteten Tätigkeiten um schwere Arbeiten (vgl. das Schreiben des Klägers vom 27.07.2005, aus dem sich ergibt, dass unter anderem eine zerschossene Diesellok zu zerlegen und von den Industriegleisen zu holen und zwei Lore-Loks, die sich in der Quarzgrube in den Sand gebohrt hatten, zu befreien und aus der Grube in die Lokhalle zu transportieren waren). Die Entscheidung des BSG, es könne eine besondere Gefahr vorliegen, wenn kranke, arbeitsunfähige oder wesentlich arbeitsbehinderte Deutsche in den unter polnische Verwaltung gestellten Ostgebieten bei unzureichender Ernährung ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand zu Arbeitsleistungen gezwungen wurden, die ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit, ihrem Lebensalter, ihrer körperlichen Beschaffenheit und ihrem Gesundheitszustand nicht entsprachen (Urteil vom 26.06.1957 – 8 RV 31/56 – BVBl. 1958, S. 11) ist deshalb mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Ob der Unfall vom Dezember 1945 tatsächlich auf eine arbeitsbedingte Überlastung zurückzuführen ist, hat der Senat allerdings nicht zu entscheiden.
Eine besetzungseigentümliche Gefahr hat sich auch nicht in der Entwicklung der Kniegelenkstuberkulose verwirklicht. Die im Schriftsatz vom 11.11.2007 vertretene Ansicht des Klägers, Schädigungsfolge sei die traumatische Aktivierung von bereits bestehenden Tuberkuloseherden, beruht auf einer Vermutung. Die Ausführungen von Dr. W. im Schreiben vom 27.07.1953 (es handele sich bei dem Kläger um eine über Jahre langsam fortschreitende Kniegelenks-Tbc links) und im Gutachten vom 18.10.1953 (der Unfall vom 09.02.1953 habe ein vorher schon tuberkulöses Kniegelenk betroffen), beweisen nicht die Ansteckung aufgrund einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG. Wie und wann sich der Kläger die Tuberkulose zugezogen hat, ist offen. Ob eine Ansteckung im Zusammenhang mit dem Unfall vom Dezember 1945 erfolgt ist, kann heute nicht mehr geklärt werden. Da der Unfall – wie bereits ausgeführt – keiner unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG zugerechnet werden kann, kommt es hierauf aber auch nicht an. Die Möglichkeit, dass der Kläger sich die Tuberkulose aufgrund einer Schwächung wegen der schlechten Ernährungssituation nach dem Krieg und der zuvor überstandenen Lungenentzündung zugezogen hat, begründet keine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG. Der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung ist eng auszulegen. Zustände, denen alle Bevölkerungskreise für längere Zeit ausgesetzt waren, wie Mangelzustände hinsichtlich der Ernährung und Versorgung mit Arzneimitteln oder ungenügender Unterkunftsverhältnisse und dadurch bedingte erhöhte Ansteckungsgefahr, fallen nicht unter diesen Begriff (Nr. 1 der VV zu § 5, zitiert nach Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer a. a. O. § 5 BVG). Da im Ergebnis nicht geklärt werden kann, wie und wann der Kläger sich die Kniegelenkstuberkulose zugezogen hat, kann diese Erkrankung nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast nicht als Schädigung durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG angesehen werden. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus § 15 S. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG). Nach dieser Bestimmung sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Frage, wann und auf welche Weise sich der Kläger mit der Tbc angesteckt hat, kann aber nicht durch Angaben des Klägers beantwortet werden. Es handelt sich hier um eine medizinische Frage, die aufgrund fehlender zeitnaher Untersuchungen heute nicht mehr geklärt werden kann. Die Beweiserleichterung, die vom BSG in einer anderen Konstellation der Hinterbliebenen eines möglicherweise durch einen Besatzungsangehörigen Getöteten über den Wortlaut des § 15 KOVVfG hinaus zugestanden wurde (Urteil vom 03.02.1999 – B 9 V 33/97 R, zitiert nach Juris) kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die Beweisnot des Klägers wurde im Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall nicht möglicherweise gerade durch die (eventuell) schädigende Besatzungsmacht selbst verursacht, sondern beruht auf einer unzureichenden medizinischen Dokumentation, wie sie zur damaligen Zeit auch außerhalb des Bereichs einer militärischen Besetzung vorkam.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier zur Entscheidung anstehenden Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich geklärt. Der Senat weicht hiervon nicht ab.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1930 in U. geborene Kläger beantragte am 25.04.1953 bei dem Versorgungsamt K. (VA) die Gewährung von Leistungen nach dem BVG. Er gab an, er sei nach der Flucht aus der Heimat in der damaligen russischen Zone von den Russen zur Zwangsarbeit "eingestellt" worden. Bei dieser Arbeit habe er durch den Sturz eines Baumes einen Unfall erlitten, der ihn am linken Knie so verletzt habe, dass er im Jahr 1946 habe operiert werden müssen. Der Kläger legte die Bescheinigung von Dr. W. vom 23.04.1953 (der Kläger sei bei ihm seit 1946 wegen Kniegelenks-Tuberkulose [Tbc] in Behandlung, zur Zeit stationär), die eidesstattliche Erklärung von J. S., M. G. und L. Z. (der Kläger habe im Spätjahr 1946 in H. bei F. im Arbeitsdienst bei den Russen einen Unfall gehabt, als ihn ein fallender Baum am Knie getroffen habe) und die Bescheinigung des Chirurgen Dr. W. vom 11.05.1953 vor (der Kläger stehe seit 22.10.1948 bei ihm in Behandlung; es sei im Februar/März zu einer Abszessbildung am linken Knie gekommen, die die jetzige stationäre Behandlung erforderlich gemacht habe). Das VA zog das Vorerkrankungsverzeichnis der A. K. vom 08.05.1953 bei, aus dem sich ergibt, dass der Kläger vom 31.05. bis 29.09.1946 wegen Abszesses des linken Kniegelenks, vom 21.10.1948 bis 09.01.1949 wegen Kniegelenksergusses, vom 29.06. bis 06.07.1949 wegen Prellungen des Kopfes, des rechten Ellenbogens und des rechten Kniegelenks, vom 17.01. bis 04.02.1950 wegen Kniegelenksentzündung und ab 10.02.1953 wegen Prellung des linken Knies arbeitsunfähig war. In dem ferner beigezogenen Auszug aus dem Krankenblatt der Klinik Dr. W. nach der stationären Behandlung des Klägers vom 08.04. bis 25.06.1953 wird eine Kniegelenks-Tbc links diagnostiziert. Das VA erhob das versorgungsärztliche (vä) Gutachten des Chirurgen Dr. M. vom 13.08.1953. Bei Dr. M. gab der Kläger an, er habe sich eine Verletzung am linken Kniegelenk beim Holzfällen durch den Sturz eines Baumes zugezogen, als er von den Russen zur Zwangsarbeit eingesetzt gewesen sei. Ferner sei er am 09.02.1953 morgens auf dem Weg zur Arbeit bei Glatteis mit dem Rad gestürzt. Dr. M. führte aus, eine Wehrdienstbeschädigung sei für die Unfallfolgen vom Winter 1945/46 anzunehmen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ([MdE], seit 21. Dezember 2007 Grad der Schädigungsfolgen [GdS] – vgl. § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, S. 2904, 2909) schätze er auf 30 vom Hundert (v. H.). Der Arbeitsunfall vom 09.02.1953 stehe nicht im Zusammenhang mit der Wehrdienstbeschädigung. Es handele sich hier um eine Neuerkrankung des linken Kniegelenks, die eine Gelenksresektion und damit eine Versteifung zur Folge gehabt habe. Mit Bescheid vom 26.09.1953 lehnte das VA die Gewährung von Leistungen nach dem BVG ab. Eine Verschlimmerung der Kniegelenksbeschwerden nach Prellung in der Gefangenschaft sei nicht eingetreten. Der infolge Glatteis am 09.02.1953 erlittene Arbeitsunfall habe zu einer Neuerkrankung geführt.
Am 06.06.2006 beantragte der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 26.09.1953. Der Schaden mit Knochenabsplitterung aufgrund des Ereignisses von Mitte Dezember 1945 sei erst im Mai 1946 festgestellt worden. Die ganze Tragweite der Schädigung sei erst 1953 deutlich geworden, als der behandelnde Arzt in der W.-Klinik ihm mitgeteilt habe, das Kniegelenksleiden und die Tbc-Erkrankung seien durch den Unfall im Jahr 1945 verursacht worden. Im Schreiben vom 27.07.2005 führte der Kläger aus, seine Familie habe in B. gelebt, sein Vater sei als Volksdeutscher zur deutschen Armee rekrutiert worden, als im Dezember 1944 der Aufruf der deutschen Militärverwaltung zur Evakuierung erfolgt sei. Die Familie sei zunächst ab 15.12.1944 bei einem Landwirt im Kreis A. zur Arbeit eingeteilt worden. Er selbst habe in dieser Zeit eine Lungenentzündung gehabt und sei bis 17.02.1945 bei dem Bauern beschäftigt gewesen. Am 01.03.1945 habe er eine Lehre zum Schlosser aufgenommen, die er am 13.07.1945 wegen des Kriegsendes und der geplanten Rückführung in die Heimat abgebrochen habe. Den Rücktransport über Durchgangslager habe die Familie, nachdem ein russischer Kommissar auf die Ausweisung der Volksdeutschen aus U. nach dem Potsdamer Abkommen hingewiesen habe, abgebrochen. Die Familie sei schließlich in der Villa eines Ziegeleibesitzers in H. in B. aufgenommen worden. Er, der Kläger, habe dort im Wald Holz gesucht, als ihn ein Herr angesprochen und gefragt habe, ob er bei ihm arbeiten wolle. Während der daraufhin begonnenen Arbeitstätigkeit bei dem Quarzgruben- und Waldbesitzer habe dieser Ende Oktober 1945 mitgeteilt, er müsse mit seinen Leuten auf Befehl der russischen Kommandantur in F. Brennholz für die Stadt F. machen. Wegen der Schwere der Arbeit hätten sie dafür zusätzliche Lebensmittelkarten erhalten. Dem Befehl der Militärverwaltung seien sie deshalb gern nachgekommen. Bei dieser Tätigkeit sei der Unfall Mitte Dezember 1945 passiert. Ihm sei ein abgehackter Aststumpen an die linke Knieinnenfläche geschlagen, nachdem er beim Anheben eines schweren Stammes auf dem Boden ausgerutscht sei. Es habe sich ein Abszess entwickelt, der sich von selbst geöffnet habe. Das Knie sei wiederholt angeschwollen. Im Jahr 1946 sei die Familie in den Westen geflüchtet und am 06.04.1946 in K. eingetroffen. Dort habe Dr. W. im Mai 1946 die Knochenabsplitterung festgestellt und das Knie operiert. Das Knie sei oberflächlich verheilt, aber nicht in Ordnung gewesen. Anfang 1953 sei er bei Glatteis mit dem Rad gestürzt, wobei der Fahrradrahmen auf das linke Knie gefallen sei. Bei anschließend entnommenen Gewebeproben habe Dr. W. eine Knochen-Tbc diagnostiziert. Daraufhin sei das Knie operativ versteift worden.
Der Kläger legte weitere Unterlagen vor. Darunter befinden sich unter anderem eine undatierte amtsärztliche Bescheinigung des Oberregierungsmedizinalrats Dr. F., in der dieser einen Zustand nach Kniegelenksresektion links, Versteifung des linken Beines im Kniegelenk und Verkürzung des linken Beines um 4 cm mit einer MdE von 30 v. H. seit 1953 beschrieb, die Kostenübernahmeerklärung der damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden vom 24.06.1954 für die stationäre Behandlung vom 08.04. bis 25.06.1953 im Rahmen von Tuberkulosebekämpfungsmaßnahmen, der Bescheid der LVA Baden über die Gewährung von Invalidenrente wegen nicht dauernder Invalidität ab 01.09.1953 und der Bescheid der damaligen S. B.-B. (BG) vom 29.12.1953 über die Bewilligung einer Gesamtvergütung nach dem Arbeitsunfall vom 09.02.1953. Die BG anerkannte als Unfallfolge eine vorübergehende Verschlimmerung des bereits vor dem Unfall erkrankten Kniegelenks links. In dem Telefonat vom 18.08.2006 gab der Kläger ausweislich des entsprechenden Aktenvermerks des Sachbearbeiters an, er habe zum Zeitpunkt des Unfalls neben Versorgung mit Naturalien auch einen geringen Lohn erhalten. Mit Bescheid vom 24.08.2006 lehnte das VA den Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenversorgung im Rahmen der Entscheidung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, die Anordnung der russischen Militärverwaltung zu Holzfällarbeiten sei mit der Androhung des Entzugs der Lebensmittelkarte und der Deportation in ein Arbeitslager bei Verweigerung verbunden gewesen. Es habe sich also um Zwangsarbeit gehandelt. Der Grubenbesitzer habe durchgesetzt, dass seine Mitarbeiter wegen der schweren Arbeit im Wald die Zusatz-Lebensmittelkarte erhalten hätten. Sie hätten keine Naturalien vom Dienstherrn bekommen. Außerdem habe er den Facharbeiterlohn als Schlosser bezogen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2007 zurückgewiesen.
Am 16.04.2007 erhob der Kläger Klage bei dem Sozialgericht K. (SG). Er legte den Durchgangsarztbericht von Dr. W. vom 10.02.1953 über den Unfall vom 09.02.1953, das an die Südwestliche B.-BG gerichtete Schreiben von Dr. W. vom 27.07.1953 und das von der Südwestlichen B.-BG veranlasste Gutachten von Dr. S. vom 18.10.1953 vor. Darin führte Dr. S. aus, der Unfall vom 09.02.1953 habe ein vorher schon tuberkulöses Kniegelenk betroffen. Im unmittelbaren Anschluss an den Unfall sei der Charakter der bis dahin verhältnismäßig gutartig verlaufenden Erkrankung zum Schlechten hin geändert und der Krankheitsablauf offensichtlich beschleunigt worden. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 11.09.2007 ab.
Am 22.09.2007 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Er hat das für die Holz-BG erstattete Gutachten von Prof. Dr. M., Direktor der Unfallchirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums K., vom 04.10.2007 vorgelegt. Dieser führte aus, infolge des Unfalls vom 07.09.1945 sei es zu rezidivierenden Entzündungszuständen des linken Knies mit Abszedierungen gekommen. Der Unfall vom 09.02.1953 habe zu einer richtungweisenden Verschlimmerung geführt. Die Versteifung des linken Kniegelenks und die zuvor durchgeführten Eingriffe seien somit als Versorgung der Unfallfolgen von 1945 anzuerkennen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. c und d BVG seien erfüllt. Er habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht niedergelassen, sondern auf der Flucht befunden. Bei den Holzfällarbeiten auf Anordnung der Militärverwaltung habe sich eine besondere besatzungstypische Gefahr verwirklicht. Schädigungsfolge sei die traumatische Aktivierung von bereits bestehenden Tuberkuloseherden gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts K. vom 11.09.2007 und den Bescheid vom 24.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2007 sowie den Bescheid vom 26.09.1953 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Beschädigtenrente nach dem BVG nach einem GdS von mindestens 30 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls in einem privaten Arbeitsverhältnis bei einem Waldbesitzer befunden. Eine unmittelbare Kriegseinwirkung habe nicht vorgelegen. Dass die 1953 diagnostizierte Kniegelenks-Tbc, die zu einer Versteifungsoperation geführt habe, auf eine fluchtbedingte Tuberkuloseerkrankung zurückzuführen sei, könne nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast nicht wahrscheinlich gemacht werden, zumal nach dem Krieg die Bevölkerung allgemein mangelnden Ernährungs- und Hygieneverhältnissen ausgesetzt gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und nach § 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 26.09.1953 und Gewährung von Versorgungsrente durch den Beklagten.
Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG stehen gemäß § 1 Abs. 2 Buchst. a) BVG Schädigungen gleich, die durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung herbeigeführt worden sind. Als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a) BVG gelten gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c) und d) BVG, wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen, Einwirkungen, denen der Beschädigte durch die besonderen Umstände der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt war, und schädigende Vorgänge, die infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes oder mit der zwangsweisen Umsiedlung oder Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind.
Das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) müssen erwiesen sein, während für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 45, 1, 9, 10; 60, 58, 59). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG a. a. O.), d. h., dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Ist unter diesen Voraussetzungen ein Sachverhalt nicht nachweisbar bzw. wahrscheinlich, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren herrschenden Grundsatz der objektiven Beweislast der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht erwiesenen bzw. wahrscheinlichen Sachverhalt Rechte für sich herleitet (vgl. BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 111). Das ist bei anspruchsbegründenden Tatsachen der Kläger.
Für den Senat steht fest, dass der Kläger mit seiner Familie während der geplanten Rückführung in die Heimat in der zweiten Jahreshälfte 1945 bei einem Ziegeleibesitzer in B. Unterkunft fand. Der Kläger nahm im September 1945 seine Arbeit bei einem Quarzgruben- und Waldbesitzer auf. Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger einen Lohn. Nachdem sein Arbeitgeber von der russischen Militärverwaltung in F. den Befehl erhalten hatte, mit seinen Mitarbeitern Brennholz für die Stadt F. zu machen, wurde der Kläger zum Holzschlagen im Wald eingesetzt. Hierfür erhielt er - wie seine Kollegen - zusätzliche Lebensmittelkarten. Im Rahmen dieser Tätigkeit verletzte er sich am linken Knie, als er ausrutschte und ihm ein Aststumpen an die linke Knieinnenfläche schlug. Der Senat entnimmt diesen Sachverhalt der Schilderung des Klägers im Schreiben vom 27.07.2005, im Telefonat vom 18.08.2006 und in der Widerspruchsbegründung vom 21.10.2006.
Der Mitte Dezember 1945 erlittene Unfall begründet keinen Anspruch auf Versorgung nach dem BVG. Es liegt bereits kein schädigender Vorgang im Sinne des § 1 BVG vor. Denn die gesundheitliche Schädigung durch den Unfall vom Dezember 1945 trat nicht aufgrund einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG ein. In Betracht kommen hier nur die Tatbestände des § 5 Abs. 1 Buchst. c) und d) Alt. 1 BVG, d.h. Einwirkungen durch die besonderen Umstände der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben bzw. schädigende Vorgänge infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebietes zusammenhängenden besonderen Gefahr.
Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BVG auf der Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben. Zwar unterstellt der Senat, dass die Evakuierung aus B. im Dezember 1944 wegen der unmittelbaren Kriegsgefahren erfolgte. Zum Zeitpunkt des Unfalls im Dezember 1945 war der Fluchtweg aber beendet. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Fluchtweg im Allgemeinen als beendet angesehen werden, wenn sich der Flüchtling an einem Ort in der erkennbaren Absicht niedergelassen hat, dort zu bleiben, und eine Unterkunft gefunden hat, in der ihm längeres Verweilen zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 05.09.1956 – 9 RV 12/55 = BSGE 3, 263-268). Eine bestimmte Zeitspanne, nach der bei einem Aufenthalt an einem Ort der Fluchtweg als abgeschlossen angesehen werden kann, gibt es nicht (vgl. Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 5 BVG, Rdziff. 16). Der Umstand, dass das BSG einen Aufenthalt von dreieinhalb Jahren am Ankunftsort nicht mehr der Flucht zugerechnet hat (Urteil vom 17.09.1963 – 10 RV 495/61 = SGb 1963, S. 333 Nr. 11), führt daher nicht dazu, dass bei einem kürzeren Verweilen grundsätzlich noch eine Flucht angenommen werden könnte. Im vorliegenden Fall war der Fluchtweg während des Aufenthalts der Familie des Klägers bei einem Landwirt im Kreis A. beendet. Denn spätestens mit der Aufnahme der Lehre als Schlosser durch den Kläger am 01.03.1945 ging die Familie des Klägers von einem längeren Verweilen im Kreis A. aus. Dass der Kläger mit seiner Familie den damaligen Aufenthaltsort bereits knapp viereinhalb Monate später wieder verließ, lag an den aufgrund des Kriegsendes gegebenen veränderten Umständen. Der Aufbruch im Juli 1945 erfolgte nicht im Rahmen einer Flucht vor einer aus kriegerischen Vorgängen unmittelbar drohenden Gefahr für Leib oder Leben. Vielmehr war die Rückkehr in die Heimat gerade in der Annahme vorgesehen, dort bestehe wegen des eingetretenen Kriegsendes keine Gefahrenlage mehr. Der Aufenthalt bei einem Ziegeleibesitzer in B. kann daher nicht einer Flucht im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. c BVG zugerechnet werden.
Der Unfall im Dezember 1945 war auch kein schädigender Vorgang infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen Gebietes zusammenhängenden besonderen Gefahr. Zwar ereignete sich der Unfall während der russischen Besetzung von B ... Besondere Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG sind jedoch nur solche, die der Besetzung eigentümlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1955 – 9 RV 142/54 = BSGE 2, 99-106; Urteil vom 06.02.1958 - 8 RV 473/56 = BSGE 6, 294-297; Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, a.a.O., § 5 BVG Rdziff. 21; Rohr/Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Handkommentar, § 5 BVG Ziff. 10 K 15). Der Kläger erbrachte seine Arbeitsleistung, das Schlagen des Holzes, zum Unfallzeitpunkt aufgrund des zwischen ihm und dem Waldbesitzer bestehenden privaten Arbeitsvertrages, der bereits vor der Anordnung der Militärverwaltung mündlich abgeschlossen worden war. Der Kläger erhielt für seine Arbeit einen Lohn, wobei nach den Angaben des Klägers nicht feststeht, ob der in der Widerspruchsbegründung genannte "Facharbeiterlohn als Schlosser" bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder erst mit Beginn der Holzarbeiten auf Anordnung der russischen Militärverwaltung gezahlt wurde. Diese Frage ist aber auch nicht entscheidungserheblich. Entscheidend ist, dass der Kläger nicht unmittelbar auf Anordnung der russischen Kommandantur in F., sondern im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zu dem Waldbesitzer tätig wurde. Die Anordnung der Militärverwaltung erging gegenüber dem Arbeitgeber des Klägers, nicht gegenüber einzelnen seiner Mitarbeiter. Entgegen der Auffassung des Klägers schuf die Besatzungsmacht mit der Anordnung auch nicht eine besondere Gefahr für einen weiteren Kreis von Personen, nämlich der Mitarbeiter des Wald- und Grubenbesitzers. Diese erbrachten ihre Arbeitsleistung nämlich weiterhin als Erfüllung ihrer Pflichten aus dem zivilrechtlichen Arbeitsverhältnis. Die Bezeichnung der Tätigkeit als "Zwangsarbeit" im Antrag vom 25.04.1953 und in der Widerspruchsbegründung vom 21.10.2006 und der Hinweis des Klägers auf drohenden Entzug der Lebensmittelkarte und Deportation in ein Arbeitslager bei Verweigerung der Arbeit führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen sind die Angaben des Klägers insoweit nicht durchgehend stimmig. Im Antrag vom 06.06.2006 und im Schreiben vom 27.07.2005 ist keine Rede von "Zwangsarbeit" mit entsprechenden Konsequenzen bei Verweigerung. Der Senat geht deshalb im Rahmen der Beweiswürdigung davon aus, dass der entscheidende Faktor für die Übernahme der Tätigkeit durch den Kläger die entsprechende Entlohnung war und eine mögliche Sorge vor eventuellen Konsequenzen bei Arbeitsverweigerung jedenfalls nicht im Vordergrund stand. Zum anderen hat sich mit dem Unfall des Klägers im Rahmen eines zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses im Dezember 1945 keine besetzungseigentümliche Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG, sondern das grundsätzlich bei jeder Berufstätigkeit gegebene Risiko eines Arbeitsunfalls verwirklicht. Der Hinweis des Klägers, das Tatbestandsmerkmal der "besonderen Gefahr" sei insbesondere dann zu bejahen, wenn der Betroffene zu berufsfremden, seinem Lebensalter und seinen bisherigen Lebensverhältnissen nicht entsprechenden schweren körperlichen Arbeiten herangezogen worden ist (vgl. auch Rohr/Strässer, a. a. O., § 5 BVG Ziff. 10 K 15; Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer, a.a.O., § 5 BVG Rdziff. 39), führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Begriff der "besonderen Gefahr" schließt Schädigungsvorgänge aus, die nicht charakteristisch für den Zustand der militärischen Besetzung sind (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.1958 – 11/9 RV 1168/56 = BSGE 8, 203-207; Urteil vom 26.04.1957 – 8 RV 217/55 = BSGE 5, 116-120). Die körperliche Überforderung durch eine Berufstätigkeit ist aber – nicht nur bei jugendlichen Arbeitnehmern – in vielen Konstellationen gegeben. Der Aufnahme einer solchen belastenden Tätigkeit steht im Arbeitsleben häufig eine höhere Entlohnung, hier vergleichbar der zusätzlichen Lebensmittelkarte, gegenüber. Im vorliegenden Fall handelte es sich bereits bei den vom Kläger vor der Anordnung der Militärverwaltung verrichteten Tätigkeiten um schwere Arbeiten (vgl. das Schreiben des Klägers vom 27.07.2005, aus dem sich ergibt, dass unter anderem eine zerschossene Diesellok zu zerlegen und von den Industriegleisen zu holen und zwei Lore-Loks, die sich in der Quarzgrube in den Sand gebohrt hatten, zu befreien und aus der Grube in die Lokhalle zu transportieren waren). Die Entscheidung des BSG, es könne eine besondere Gefahr vorliegen, wenn kranke, arbeitsunfähige oder wesentlich arbeitsbehinderte Deutsche in den unter polnische Verwaltung gestellten Ostgebieten bei unzureichender Ernährung ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand zu Arbeitsleistungen gezwungen wurden, die ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit, ihrem Lebensalter, ihrer körperlichen Beschaffenheit und ihrem Gesundheitszustand nicht entsprachen (Urteil vom 26.06.1957 – 8 RV 31/56 – BVBl. 1958, S. 11) ist deshalb mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Ob der Unfall vom Dezember 1945 tatsächlich auf eine arbeitsbedingte Überlastung zurückzuführen ist, hat der Senat allerdings nicht zu entscheiden.
Eine besetzungseigentümliche Gefahr hat sich auch nicht in der Entwicklung der Kniegelenkstuberkulose verwirklicht. Die im Schriftsatz vom 11.11.2007 vertretene Ansicht des Klägers, Schädigungsfolge sei die traumatische Aktivierung von bereits bestehenden Tuberkuloseherden, beruht auf einer Vermutung. Die Ausführungen von Dr. W. im Schreiben vom 27.07.1953 (es handele sich bei dem Kläger um eine über Jahre langsam fortschreitende Kniegelenks-Tbc links) und im Gutachten vom 18.10.1953 (der Unfall vom 09.02.1953 habe ein vorher schon tuberkulöses Kniegelenk betroffen), beweisen nicht die Ansteckung aufgrund einer unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG. Wie und wann sich der Kläger die Tuberkulose zugezogen hat, ist offen. Ob eine Ansteckung im Zusammenhang mit dem Unfall vom Dezember 1945 erfolgt ist, kann heute nicht mehr geklärt werden. Da der Unfall – wie bereits ausgeführt – keiner unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG zugerechnet werden kann, kommt es hierauf aber auch nicht an. Die Möglichkeit, dass der Kläger sich die Tuberkulose aufgrund einer Schwächung wegen der schlechten Ernährungssituation nach dem Krieg und der zuvor überstandenen Lungenentzündung zugezogen hat, begründet keine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG. Der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung ist eng auszulegen. Zustände, denen alle Bevölkerungskreise für längere Zeit ausgesetzt waren, wie Mangelzustände hinsichtlich der Ernährung und Versorgung mit Arzneimitteln oder ungenügender Unterkunftsverhältnisse und dadurch bedingte erhöhte Ansteckungsgefahr, fallen nicht unter diesen Begriff (Nr. 1 der VV zu § 5, zitiert nach Wilke/Fehl/Förster/Leisner/Sailer a. a. O. § 5 BVG). Da im Ergebnis nicht geklärt werden kann, wie und wann der Kläger sich die Kniegelenkstuberkulose zugezogen hat, kann diese Erkrankung nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast nicht als Schädigung durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG angesehen werden. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus § 15 S. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG). Nach dieser Bestimmung sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, die Angaben des Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen. Die Frage, wann und auf welche Weise sich der Kläger mit der Tbc angesteckt hat, kann aber nicht durch Angaben des Klägers beantwortet werden. Es handelt sich hier um eine medizinische Frage, die aufgrund fehlender zeitnaher Untersuchungen heute nicht mehr geklärt werden kann. Die Beweiserleichterung, die vom BSG in einer anderen Konstellation der Hinterbliebenen eines möglicherweise durch einen Besatzungsangehörigen Getöteten über den Wortlaut des § 15 KOVVfG hinaus zugestanden wurde (Urteil vom 03.02.1999 – B 9 V 33/97 R, zitiert nach Juris) kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die Beweisnot des Klägers wurde im Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall nicht möglicherweise gerade durch die (eventuell) schädigende Besatzungsmacht selbst verursacht, sondern beruht auf einer unzureichenden medizinischen Dokumentation, wie sie zur damaligen Zeit auch außerhalb des Bereichs einer militärischen Besetzung vorkam.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier zur Entscheidung anstehenden Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich geklärt. Der Senat weicht hiervon nicht ab.
Rechtskraft
Aus
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