L 6 V 4414/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 1990/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 4414/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Berufsschadensausgleichs (BSA) streitig.

Der 1926 geborene Kläger erlitt am 16. März 1945 eine Granatsplitterverletzung am linken Unterschenkel, in deren Folge es zu einer Amputation des Oberschenkels im unteren Drittel kam. Als Schädigungsfolge wurde mit im Juli 1948 ergangenem Bescheid zunächst "Verlust des linken Beines" anerkannt und ab 1. Februar 1947 Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 vom Hundert (v.H.) gewährt.

Der Kläger absolvierte trotz der Schädigungsfolgen von Mai 1946 bis Dezember 1950 das Studium der Tiermedizin und war ab 1. Januar 1951 als selbstständiger Tierarzt tätig. Im Jahr 1976 wurde er als Fachtierarzt für Pferde anerkannt.

Mit Bescheid vom 23. März 1988 wurde als weitere Schädigungsfolge eine Verbiegung und verbildende Entartung der Wirbelsäule anerkannt und mit dem Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 1990 die MdE ab 1. Juli 1986 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit mit 90 v.H. bewertet. Ab 1. Januar 1997 wurde die MdE mit 100 v. H. bewertet.

Ab 1. Juli 1988 bezog der Kläger BSA, wobei das damals zuständig gewesene Versorgungsamt H. (VA) den Wert der eigenen Arbeitsleistung nach BAT Ia bestimmt und hiervon zunächst 25 % als schädigungsbedingte Minderung abgezogen hatte (Bescheid vom 5. August 1993, Widerspruchsbescheid vom 9. März 1994). Im Rahmen des sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens (S 6 V 735/94, L 6 V 560/96) anerkannte der Beklagte, dass insoweit von einem Wert von 70 % auszugehen sei. Mit Bescheid vom 3. Februar 1997 berechnete das VA den BSA dann für den Zeitraum ab 1. Juli 1988 neu und legte als Wert der eigenen Arbeitsleistung 30 % zugrunde. Für die Zeit ab 1. Januar 1997 errechnete das VA unter Zugrundelegung der seinerzeit noch festgestellt gewesenen MdE um 90 v.H. eine Grundrente in Höhe von 1.057,00 DM, einen Pauschbetrag für Kleider- oder Wäscheverschleiß in Höhe von 60,00 DM sowie einen BSA in Höhe von 2.580,00 DM.

Im Jahr 2000 einigten sich die Beteiligten im Rahmen des wegen der Erhöhung der MdE vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) geführten Rechtsstreits S 6 V 881/98 vergleichsweise dahingehend, dass die MdE gem. § 30 Abs. 1 und 2 BVG ab 1. Januar 1997 mit 100 v.H. zu bewerten ist. Mit Ausführungsbescheid vom 16. Oktober 2000 berechnete das VA die Versorgungsbezüge des Klägers daraufhin unter Zugrundelegung der höheren MdE um 100 v.H. ab 1. Januar 1997 neu.

Gegen diesen Ausführungsbescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte zur Begründung geltend, bei der Berechnung der Rente sei als derzeitiges Bruttoeinkommen der Wert eigener Arbeitsleistung in Abzug gebracht worden, was jedoch nicht den Tatsachen entspreche, weil bei einer MdE um 100 v.H. und Erwerbsunfähigkeit eine eigene Arbeitsleistung automatisch ausgeschlossen sei. Das VA wies den Kläger erläuternd darauf hin, dass aus dem Grad der MdE nicht auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit geschlossen werden könne. Deshalb werde, solange er seine selbstständige Tätigkeit noch weiter ausübe, d.h. die Berufstätigkeit nicht förmlich aufgegeben worden sei, die Feststellung und Anrechnung eines Wertes aus dieser selbstständigen Tätigkeit nicht generell ausgeschlossen. Der Kläger machte hierzu geltend, seit dem Jahr 1996 in der Praxis keine Mitarbeiter mehr zu beschäftigen, mit staatlichen Aufgaben nicht mehr betraut worden zu sein und amtliche Aufgaben zurückgegeben zu haben, da er zu deren Durchführung nicht mehr in der Lage gewesen sei. Seine Approbation werde er allerdings nicht zurückgeben. Er bleibe auch ohne Einnahmen aus seinem Beruf und bei bestehender Erwerbsunfähigkeit approbierter Tierarzt mit der Zusatzbezeichnung Fachtierarzt für Pferde. Es könne nicht hingenommen werden, dass ihm der Wert einer eigenen Arbeitsleistung, die in keinem Fall mehr vorhanden sei, abgezogen werde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2001 als unzulässig zurückgewiesen, da der angegriffene Ausführungsbescheid selbst keine eigenständige Entscheidung getroffen habe, sondern lediglich die im sozialgerichtlichen Verfahren getroffene Feststellung zur Inanspruchnahme möglicher Ansprüche und Rechte in einen Verwaltungsakt übertragen habe. Das vom Kläger angenommene Vergleichsangebot sei mit dem angefochtenen Bescheid jedoch wortgetreu ausgeführt worden, da hiermit ab 1. Januar 1997 die Grundrente unter Zugrundelegung einer Erwerbsunfähigkeit gewährt worden sei. Demgegenüber sei die Gewährung eines höheren BSA unter Nichtanrechnung eines Wertes der eigenen Arbeitsleistung nicht Gegenstand des seinerzeitigen Klageverfahrens gewesen.

Dagegen erhob der Kläger am 8. März 2001 beim SG Klage (S 6 V 557/01). Dieses Verfahren endete durch Abschluss eines Vergleichs, im Rahmen dessen der Beklagte sich verpflichtete, zur Frage der Höhe des BSA und insbesondere des zu berücksichtigenden Wertes der eigenen Arbeitsleistung ab 1. Januar 1997 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) erneut zu entscheiden und dem Kläger einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.

Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten Überprüfung gelangte das VA unter Auswertung des zuletzt dargestellten Vorbringens des Klägers zu der Beurteilung, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit mit Ablauf des Jahres 1996 aufgegeben habe und bei der Berechnung des BSA ab 1. Januar 1997, d.h. mit Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit nunmehr § 9 Abs. 8 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) anzuwenden und ein fiktives Alterseinkommen anzurechnen sei, weil sein tatsächlich erzieltes Bruttoeinkommen nicht ¾ des als fiktives Alterseinkommen errechneten Vergleichswertes erreiche. Da der Berechnung des bisher gewährten BSA ein derzeitiges Bruttoeinkommen in Höhe von 1.122,86 EUR (Wert der eigenen Arbeitsleistung sowie Lohnersatzanteil der Unfallrente) zugrunde liege, das nach § 9 Abs. 8 BSchAV anzurechnende fiktive Alterseinkommen mit 1.477,11 EUR (Stand 1. Januar 2002) jedoch höher sei, seien der Bescheid vom 3. Februar 1997 ebenso wie die Folgebescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig gewesen. Das VA hörte den Kläger zu diesem Sachverhalt an und stellte mit Bescheid vom 7. Mai 2002 fest, dass der Bescheid vom 3. Februar 2007 und die Folgebescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses insoweit rechtswidrig gewesen seien, als darin über die Höhe des BSA entschieden worden sei. Da diese Bescheide infolge Zeitablaufs gemäß § 45 Abs. 3 SGB X nicht mehr zurückgenommen werden könnten, werde der zuletzt mit Bescheid vom 24. September 2001 festgestellte Anspruch auf BSA in Höhe von 1.415,00 EUR (=2.767,00 DM) gemäß § 48 Abs. 3 SGB X als Bestandsschutzbetrag gezahlt. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse ergäbe sich ein Anspruch auf BSA nur in Höhe von 1.088,00 EUR. Der Unterschiedsbetrag in Höhe von 327,00 EUR werde solange als Bestandsschutzleistung zum BSA gewährt, bis der Bestandsschutzbetrag von derzeit 1.415,00 EUR erreicht oder überschritten werde. Eine Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB X mit Wirkung ab 1. Januar 1997 komme in Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage nicht in Betracht. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass der beschämenden Betreuung durch das VA jetzt noch die Krone dadurch aufgesetzt werde, dass er sich mit der Berechnung eines Vergleichswertes, bei dem Werte herangezogen würden, von denen er nur als Gesunder hätte träumen können, noch verhöhnen lassen müsse. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2002 zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger am 7. August 2002 beim SG Klage und machte geltend, die Art wie das ab 1. Januar 1997 anzurechnende fiktive Alterseinkommen berechnet werde, entbehre jeder Vernunft und entspreche nicht annähernd den tatsächlichen Realitäten. Schädigungsbedingt sei er gezwungen gewesen, sich nach bestandenem Examen und erhaltener Approbation selbstständig zu machen, da mit seiner Schädigung für ihn niemand die Verantwortung habe übernehmen wollen. Für die Berechnung des jetzigen Alterseinkommens würden 50 % aus 7.411,42 DM zugrunde gelegt, wobei bereits dieser Betrag für das ermittelte Arbeitsentgelt auch in späteren Jahren eine Fantasie gewesen sei und von ihm durch eigene Arbeitskraft nicht habe erwirtschaftet werden können. Ebenso wenig sei es möglich gewesen, Überschüsse zu erwirtschaften, die eine Altersvorsorge ermöglicht hätten. Mit dem Schlüssel zur Errechnung des fiktiven Arbeitseinkommens werde nunmehr wieder stillschweigend eine eigene Arbeitsleistung mit 50 % angenommen, während es gerade eines gerichtlichen Verfahrens bedurft habe, um den Wert der eigenen Arbeitsleistung mit 30 % berücksichtigt zu bekommen. Zwar sei zutreffend, dass der BSA keine Altersversorgung sein soll, jedoch hätten es ihm die Schädigungsfolgen unmöglich gemacht, selbst eine Altersversorgung aufzubauen. Einen Schlüssel zur Errechnung des BSA, der nicht den tatsächlichen Gegebenheiten eines fiktiven Alterseinkommens entspreche, erkenne er nicht an. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen und machte geltend, bei der Feststellung des nach § 9 Abs. 8 BSchAV zu berücksichtigenden fiktiven Alterseinkommens sei - wie auch bei der Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung - nicht von den tatsächlichen Einkommensverhältnissen auszugehen. Denn die Höhe der Einkünfte hänge von zahlreichen Faktoren ab, wie Risikobereitschaft, Arbeits- und Kapitaleinsatz, Konjunktur, strukturelle und regionale Wirtschaftsbedingungen. Dies gelte in gleicher Weise für die nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben erzielten Einkünfte. Diese beruhten insbesondere auf individueller Disposition, Bereitschaft zur Alters- und Invaliditätsvorsorge bzw. auf früheren Umsätzen. Aussagekräftig sei daher bei Selbstständigen nur der jeweilige Wert seiner Arbeitskraft. Hierzu sei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. April 1998 zu verweisen. Mit Einführung des § 9 Abs. 8 BSchAV habe der Verordnungsgeber dieser Rechtsprechung Rechnung getragen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei auch nicht stillschweigend eine Minderung der eigenen Arbeitsleistung um 50 % angenommen worden. Der errechnete Prozentsatz von 48,33 % stelle vielmehr die durchschnittliche schädigungsbedingte Minderung der Arbeitsleistung während der gesamten Berufstätigkeit dar. Im Hinblick auf die zwingende Vorschrift des § 9 Abs. 8 BSchAV sei nach Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit ausgehend vom Einkommen eines vergleichbaren Arbeitnehmers ein entsprechendes fiktives Alterseinkommen zu berücksichtigen. Mit Urteil vom 14. Juni 2006 wies das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 7. Mai 2002 ab. Ergänzend wies das SG darauf hin, dass die Berechnungsgrundlagen des BSA bereits Gegenstand der früheren Verfahren gewesen seien, die mit dem Anerkenntnis des Beklagten geendet hätten, bei der Berechnung des BSA als Wert der eigenen Arbeitsleistung 30 % zu berücksichtigen. Diese Grundlagen habe der Beklagte bei der Feststellung des Vergleichswertes nach § 9 Abs. 8 BSchAV berücksichtigt. Denn der nach dieser Regelung zu bestimmende Fehlbetrag sei nach dem Arbeitsentgelt zu bestimmen, das einem beschädigten Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre und das um den Anteil gemindert sei, um den im Durchschnitt des Erwerbslebens die gesundheitliche Fähigkeit des Beschädigten, seine Berufstätigkeit auszuüben, eingeschränkt gewesen sei. Daher werde bei der Bestimmung des Fehlbetrags auch berücksichtigt, dass eine schädigungsbedingte Minderung der Arbeitsleistung sich auf die Altersvorsorge auswirke. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des dem Kläger am 11. August 2000 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen hat der Kläger am 30. August 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, seinen beruflichen Werdegang und die mit der Schädigung verbundene Probleme dargelegt sowie wiederum geltend gemacht, die Ersetzung der eigenen Arbeitsleistung durch ein fiktives Alterseinkommen ab 1. Januar 1997 entbehre jeder Vernunft und entspreche auch nicht annähernd den Realitäten. Die zugrunde gelegten Beträge, die ein gesunder Tierarzt hätte erwirtschaften können, seien für ihn nicht erreichbar gewesen. Er sehe es als unwürdige Verhöhnung eines Kriegsversehrten, wenn Beträge, die ihm zugestanden hätten, jedoch nicht ausbezahlt worden seien, jetzt in einer Berechnung zu seinen Ungunsten herangezogen würden. Mit keinem Wort gehe der Beklagte auf das in Frage stehende gerechte fiktive Alterseinkommen ein. Zur Strafe, dass er auch nach dem 65. Lebensjahr noch gezwungen gewesen sei, für seinen Lebensunterhalt Geld zu verdienen, seien zu diesem Zeitpunkt die Bezüge aus dem BSA sogar noch gekürzt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2002 zu verurteilen, den Berufsschadensausgleich ab 1. Januar 1997 seinen tatsächlichen Einkünften entsprechend neu zu berechnen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Der Berechnung des BSA sei gemäß § 9 Abs. 8 BSchAV zutreffend ein fiktives Alterseinkommen zugrunde gelegt worden, da das tatsächliche derzeitige Bruttoeinkommen des Klägers nicht ¾ des als fiktives Arbeitseinkommen zu berücksichtigenden Vergleichswertes erreiche. Der BSA stelle keine Individualentschädigung dar, sondern sei trotz der Vielfalt in der Feststellung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes von einer generalisierten Betrachtungsweise geprägt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtzüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat der Berechnung des BSA ab 1. Januar 1997 als derzeitiges Bruttoeinkommen zutreffend ein gemäß § 9 Abs. 8 BSchAV zu ermittelndes fiktives Alterseinkommen zugrunde gelegt, im Hinblick auf den insoweit ermittelten Betrag die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 3. Februar 1997 sowie dessen Folgebescheide festgestellt und vor diesem Hintergrund die beantragte Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Denn der Berechnung des BSA ist ab 1. Januar 1997 kein geringerer Wert der eigenen Arbeitsleistung zugrunde zu legen, vielmehr war dieser wegen Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit unter Zugrundelegung des § 9 Abs. 8 BSchAV neu zu berechnen.

Rechtsgrundlage für die Ermittlung des derzeitigen Bruttoeinkommens zur Berechnung des BSA ist § 9 Abs. 8 BSchAV. Danach ist bei einem Beschädigten, der mindestens ¼ der Zeit seiner Berufstätigkeit selbstständig tätig war und dessen Bruttoeinkommen, das ihm nach seinem Ausschieden aus dem Erwerbsleben zur Verfügung steht, erheblich hinter einem Betrag zurückbleibt, der in einem angemessenen Verhältnis zu dem nach Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz zu berücksichtigenden Einkommen steht, der Fehlbetrag dem derzeitigen Bruttoeinkommen hinzuzurechnen. Dabei ist der Fehlbetrag wie folgt zu schätzen: Das Arbeitsentgelt, das einem nichtbeschädigten Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre, ist um den Anteil zu mindern, um den im Durchschnitt des Erwerbslebens die gesundheitliche Fähigkeit des Beschädigten, seine Berufstätigkeit auszuüben, eingeschränkt war. Für jedes Jahr der Erwerbstätigkeit sind 1,67 v.H. dieses Ergebnisses, bezogen auf das aktuelle Einkommen, als Vergleichswert anzusetzen. Erreicht das derzeitige Bruttoeinkommen nicht ¾ des Vergleichswertes, ist dieser Betrag das derzeitige Bruttoeinkommen.

Unter Anwendung dieser Regelung ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass das vom Kläger tatsächlich erzielte derzeitige Bruttoeinkommen seit 1. Januar 1997 nicht ¾ des als fiktives Alterseinkommen errechneten Vergleichswertes erreicht und der Berechnung des BSA somit ein fiktives Alterseinkommen zugrunde zu legen ist. Die vom Beklagten insoweit errechneten Beträge sind nicht zu beanstanden. Sie wurden vom Kläger als solche auch nicht angegriffen. Da auf der Grundlage dieser Berechnung feststeht, dass der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 3. Februar 1997 sowie den Folgebescheiden BSA in einer ihm nicht zustehenden Höhe gewährt hat, ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid nunmehr die Rechtswidrigkeit jenes Bescheids sowie der darauf beruhenden Folgebescheide festgestellt und wegen fehlender Rücknehmbarkeit dieser Bescheide gemäß § 48 Abs. 3 SGB X den entsprechenden Zahlbetrag "eingefroren" hat.

Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung des BSA nach einem anderen als dem vorgenommenen Berechnungsschema - nach Auffassung des Klägers orientiert an den tatsächlichen Gegebenheiten - sieht weder das BVG noch die BSchAV vor. Insoweit hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der BSA keine Individualentschädigung darstellt, sondern im Rahmen einer generalisierten Betrachtungsweise errechnet wird. Bei Selbstständigen hat der Verordnungsgeber gerade nicht auf die Differenz abgestellt zwischen dem Einkommen, das als Gesunder wahrscheinlich erzielt werden könnte und dem, was als beschädigter Selbstständiger tatsächlich an Einkünften erzielt wird. Hierauf hat bereits das SG zutreffend hingewiesen. Da die Einkünfte Selbstständiger von zahlreichen Faktoren abhängig sind und der BSA nur den verminderten Wert der Arbeitskraft ausgleichen soll, nicht aber schädigungsunabhängige Einkommensverluste, die auf unternehmerischen Entscheidungen, konjunkturellen oder strukturellen Rahmenbedingungen beruhen, wird allein darauf abgestellt, wie der Versorgungsberechtigte seine berufliche Arbeitskraft als Unselbstständiger auf dem Arbeitsmarkt einerseits als Gesunder und andererseits als Beschädigter hätte verwerten können.

Da die Berufung des Klägers danach keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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