Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1093/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4423/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juni 2005 aufgehoben und der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 abgeändert und die Beklagte verurteilt, als weitere Unfallfolgen geringgradige Beschwerden am linken Kniegelenk und für die Zeit ab dem 15. November 2004 eine symptomatische Epilepsie festzustellen sowie dem Kläger ab 15. November 2004 Verletztenrente nach einer MdE um 40 v. H. zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Folgen eines Arbeitsunfalls und die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1979 geborene Kläger erlitt auf dem Nachhauseweg von der Arbeit am 6. April 2002 um ca. 14:30 Uhr einen Verkehrsunfall. Dabei kam es, vom Kläger unverschuldet, zu einem Frontalzusammenstoß mit einem auf seiner Seite entgegen kommenden Kraftfahrzeug. Der Kläger war damals bei der Brennet AG als Helfer in der Weberei beschäftigt. Im unmittelbaren Anschluss an den Unfall wurde der Kläger in das Kreiskrankenhaus L. eingeliefert. Im Durchgangsarztbericht vom 9. April 2002 führte Prof. Dr. W. (Kreiskrankenhaus L.) aus, nach der Bergung durch den Notarzt sei es zu einem generalisierten Krampfanfall gekommen. Der Kläger sei intubiert worden und mit dem Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma eingeliefert worden. Im Befund beschrieb Prof. Dr. W. u. a. eine Kopfplatzwunde an der linken Schläfe (ca. 2 cm). Zur Diagnostik wurde u. a. eine Computertomographie des Schädels durchgeführt. Prof. Dr. W. stellte die Diagnosen einer Femurschaftspiralmehrfragmentfraktur links, disloziert, sowie einer subcapitalen Humerusfraktur links. Deswegen wurden am 6., 9. und 29. April 2002 Operationen durchgeführt. Anamnestisch hatte der Bruder des Klägers angegeben, dass beim Kläger ein Zustand nach einem Schädel-Hirn-Trauma als Kleinkind bestehe. In einem nicht unterschriebenen Bericht vom 11. April 2002 wurden die am 8. April 2002 erhobenen neurologischen Befunde wiedergegeben. Es wurde ausgeführt, der Kläger sei sehr benommen, jedoch wach und orientiert gewesen. Eine isolierte neuropsychologische Störung habe nicht vorgelegen. Es habe sich kein pathologischer EEG-Befund gezeigt. Als vorläufige Diagnose wurde ein schweres Polytrauma mit vorwiegend peripheren Verletzungen ohne Hinweise auf eine Hirnkontusion gestellt. Am 13. Mai 2002 wurde der Kläger in die Sch.klinik-Orthopädie Bad K. zur Durchführung einer stationären Reha-Maßnahme verlegt. Im Zwischenbericht über den stationären Aufenthalt im Kreiskrankenhaus L. vom 22. Mai 2002 gab Prof. Dr. W. u. a. an, am 10. April 2002 habe sich der Allgemeinzustand des Klägers ausreichend stabilisiert gezeigt und er sei auf die Normalstation verlegt worden. Es habe keinen Hinweis auf ein Krampfleiden gegeben. Über die bis zum 10. Juni 2002 durchgeführte stationäre Reha-Maßnahme berichtete Dr. P. abschließend am 11. Juni 2002. Als Diagnosen führte er eine Femurschafttrümmerfraktur links mit geschlossener Reposition und Osteosynthese mittels unaufgebohrtem Femurmarknagel am 6. April 2002 sowie eine Revisionsoperation wegen einer Redislokation der Femurschaftfraktur sowie Reosteosynthese und zusätzlicher Osteosynthese am 29. April 2002, eine proximale Humerusfraktur links mit sekundär offener Reposition und Osteosynthese am 9. April 2002 sowie ein stumpfes Thorax- und Bauchtrauma auf, das konservativ behandelt worden sei. Der Kläger wurde bei noch nicht erreichter Vollbelastung des linken Beines als weiterhin arbeitsunfähig entlassen. In der Mitteilung des D- oder H-Arztes über Veränderungen in der besonderen Heilbehandlung vom 26. Juli 2002 ging Prof. Dr. W. vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 29. Juli 2002 aus und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus auf über 20 vom Hundert (v. H.). Ein im Zusammenwirken mit dem Beschäftigungsbetrieb und dem Berufshelfer der Beklagten, Herrn Lehmer eingeleiteter Arbeitsversuch musste nach dem zweiten Tag am 29. August 2002 abgebrochen werden.
Der Kläger stellte sich zur weiteren Behandlung im Krankenhaus-Spitalfond W. (nachfolgend Krankenhaus W.) vor. Chefarzt Dr. Sch. beschrieb im Zwischenbericht vom 30. August 2002 eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Knie- und linken Hüftgelenk. Die Beweglichkeit in der linken Schulter und im linken Ellbogengelenk habe sich weitgehend frei gezeigt. Vor dem Hintergrund der vom Kläger mitgeteilten erheblichen Beschwerdezunahme während des Arbeitsversuchs habe er erneut Arbeitsunfähigkeit attestiert. Nachfolgend (siehe Nachschaubericht vom 2. Oktober 2002) veranlasste Prof. Dr. W. wegen der Annahme eines posttraumatischen Belastungssyndroms eine neurologische Konsiliaruntersuchung, die vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D., der den Kläger auch schon vor dem Verkehrsunfall wegen dem kindlichen Schädel-Hirn-Trauma behandelt hatte, durchgeführt wurde. Hierüber berichtete Dr. D. der Beklagten ausführlich am 12. September 2002. Der Kläger habe im August 1983 aufgrund eines Sturzes aus dem Fenster ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Damals sei es zu einer Schädeldachfraktur sowie zu einer schwerwiegenden Hirnverletzung gekommen. Eine Halbseitenlähmung rechts sowie eine hartnäckige Sprachstörung und eine Wesensveränderung seien aufgetreten. Der Kläger habe deswegen auch in den nachfolgenden Jahren wiederholt in ärztlicher Behandlung gestanden. Es seien auch Computertomographien des Schädels erstellt worden. Auch beim 15-jährigen Kläger sei er, Dr. D., immer noch vom Bestehen einer geringfügigen, posttraumatischen Wesensveränderung ausgegangen. Bei der aktuellen Untersuchung habe der Kläger Ängste beim Pkw-Fahren, eine Gedächtnislücke vor, während und nach dem Unfall, eine mangelnde Belastbarkeit und Geschicklichkeit geltend gemacht. Dr. D. sah die psychische Belastbarkeit des Klägers als glaubhaft reduziert. Der jetzige Zustand sei durch den Unfall verursacht oder verschlimmert worden. Er sah die Gefahr, dass der Kläger den Unfall sowie die Folgen fehlverarbeite, wies jedoch ausdrücklich auf die auffällige Vorgeschichte und die auch schon vor dem Unfall bestandenen Kopfschmerzen hin. Als Diagnosen führte er einen Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma (Commotio cerebri), chronische posttraumatische Kopfschmerzen und den Verdacht auf eine akute Belastungsreaktion auf.
Auf Anforderung der Beklagten legte die I. (I.) H ein Vorerkrankungsverzeichnis ab August 1995 vor.
Dr. H (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) vertrat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21. Oktober 2002 die Auffassung, es habe ein eindeutiger Vorschaden bestanden, der dokumentierte Krampfanfall beim Unfall lasse ein Schädel-Hirn-Trauma möglich erscheinen. Nach den bisherigen Unterlagen sei nicht feststellbar, ob der Unfall zu einer Verschlimmerung des Vorschadens geführt habe. Die Beklagte zog zunächst medizinische Unterlagen über die kindliche Hirnschädigung bei.
Im Oktober wurde der Kläger im Krankenhaus W. stationär zur Teilmetallentfernung behandelt (Zwischenberichte vom 5. und 6. November 2002). Vom 11. November bis 18. Dezember 2002 wurde auf Veranlassung der Beklagten eine weitere stationäre Reha-Maßnahme in der Sch.klinik - Neurologie Bad K. durchgeführt. Im Abschlussbericht vom 8. Januar 2003 führte die Chefärztin Dr. K. als Diagnosen u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma am 6. April 2002, chronische posttraumatische Kopfschmerzen sowie eine akute Belastungsreaktion auf.
Eine Belastungserprobung des Klägers im Januar 2003 scheiterte erneut. Nachdem Dr. Sch. (Krankenhaus W., Zwischenbericht vom 29. Januar 2003) nicht nachvollziehen konnte, weswegen der Kläger keine vier Stunden täglich arbeiten können sollte, wurde die Belastungserprobung mit diversen Problemen ab dem 5. Februar 2003 wieder aufgenommen.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 20. März 2003 stellte Dr. K. auf ihrem Fachgebiet die Diagnosen einer Commotio cerebri nach Schädel-Hirn-Trauma mit Kopfplatzwunde an der linken Schläfe, abklingende posttraumatische Spannungskopfschmerzen sowie eine abklingende psychische Belastungsreaktion. Der Unfall habe keine bleibenden Hirnparenchymschäden hervorgerufen. Der posttraumatische Grand-mal-Anfall müsse somit am ehesten als kreislaufbedingtes Geschehen angesehen werden. Noch bestehende neuropsychologische Beeinträchtigungen mit beschränkten Aufmerksamkeitsleistungen seien vorbestehend und auf den Sturz als Kind zurückzuführen. Nach dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit liege nervenfachärztlich keine MdE mehr vor. Unfallunabhängig bestehe ein Schädel-Hirn-Trauma mit Contusio cerebri und Subduralhämatom mit dadurch bedingter cerebraler Entwicklungsstörung und kognitiven Einschränkungen nach dem Sturz aus dem Fenster 1983.
Nach weiterer Begleitung durch den Berufshelfer (Bericht vom 1. April 2003) und festgestellter Besserungstendenz wurde zum 14. April 2003 die Arbeitsunfähigkeit beendet.
Aufgrund einer Untersuchung am 4. Juni 2003 erstellte Prof. Dr. S. (Universitätsklinikum F. - Department Orthopädie und Traumatologie, Klinik für Traumatologie) das Erste Rentengutachten vom 9. Juli 2003. Die verbliebenen wesentlichen Unfallfolgen beschrieb er mit einer geringgradigen Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks, belastungsabhängigen Schmerzen in der linken Schulter, im linken Oberschenkel und linken Knie, belastungsunabhängigen Schmerzen in Oberschenkel und Knie links, radiologischen Veränderungen und neuropsychiatrischen Verletzungsfolgen. Diese wurden im nervenärztlichen Zusatzgutachten von Dr. C. (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie) vom 12. September 2003 mit einem Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit Commotio cerebri, akuter psychischer Belastungsreaktion und posttraumatischen Spannungskopfschmerzen beschrieben. Die MdE bewertete Prof. Dr. S. für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 mit 20 v. H., sodann bis auf weiteres mit 10 v. H. Dr. C. schätzte die MdE auf dem neurologischen Fachgebiet mit unter 10 v. H. Die Einschätzung der Gesamt-MdE erfolgte ebenfalls durch Dr. C., der diese für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 mit 20 v. H. und danach mit 10 v. H. bewertete. Dr. C. führte aus, diagnostisch sei von einer Commotio cerebri auszugehen, die erwartungsgemäß folgenlos ausgeheilt sei. Spannungskopfschmerzen seien langjährig vorbekannt, eine vorübergehende Zunahme sei posttraumatisch zu erklären. Die aktuell geschilderten Kopfschmerzen seien nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen und auch nach eigenen Angaben des Klägers wesentlich rückläufig. Zum Zeitpunkt der Untersuchung seien die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsreaktion nicht mehr erfüllt gewesen. Die Auffälligkeiten im psychopathologischen Befund seien der prämorbiden Persönlichkeitsstruktur einschließlich der Folgen des Schädel-Hirn-Traumas von 1983 zuzuordnen.
Im Zwischenbericht vom 7. Oktober 2003 wies Dr. P. (Krankenhaus W.) auf eine zwischenzeitlich eingetretene Arbeitslosigkeit des Klägers hin. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2003 anerkannte die Beklagte einen Arbeitsunfall und als dessen Folgen einen knöchern verheilten Oberarmbruch links mit noch einliegendem Metall, geringgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, in leichter Fehlstellung knöchern verheilten Oberschenkelbruch links mit noch einliegendem Metall, eine Umfangsvermehrung am linken Ober- und linken Unterschenkel, Narben am Schulterblatt links, an der linken Hüfte, am mittleren Oberschenkel links und linken Unterschenkel. Ferner gewährte sie eine Rente für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 nach einer MdE um 20 v. H.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 10. November 2003. Er begehrte die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, insbesondere die Aufnahme von Befunden, die in den zum Ersten Rentengutachten erstellten gutachterlichen Aufnahmen von Dr. L. (Universitätsklinikum F. Radiologische Klinik) für Prof. Dr. S. beschrieben wurden. Der Kläger machte geltend, diese Befunde seien in den im Bescheid genannten geringgradigen Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk nicht ausreichend berücksichtigt. Ferner machte er die Anerkennung der von Prof. Dr. S. festgestellten Schmerzen sowie der von Dr. C. beschriebenen Gesundheitsstörungen geltend. Die Gesamt-MdE betrage mindestens 30 v. H. (auf dem unfallchirurgischen und dem neurologisch-psychiatrischen Gebiet jeweils 20 v. H.).
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nur die wesentlichen Unfallfolgen seien in den Rentenbescheid aufzunehmen. Bei der Unfallbegutachtung handle es sich um eine Funktionsbegutachtung.
Deswegen erhob der Kläger am 26. März 2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und wies auf das am 11. Mai 2004 von Dr. H. (Kreiskrankenhaus L. - Chirurgische Abteilung von Prof. Dr. W.) für eine private Versicherung erstellte fachärztliche Gutachten hin. In diesem Gutachten hatte Dr. H. die noch vorhandenen Unfallfolgen mit einer Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks in Abduktion und Armhebung, einer erheblich verbreiterten, kosmetisch unschönen Narbe an der linken vorderen Schulter, einer geringen Umfangsminderung des linken Beines und einer endgradigen Funktionseinschränkung des linken Knies sowie mit dem Röntgenbefund beschrieben. Er bewertete die Gebrauchsbeeinträchtigung des rechten Armes und des linken Beines jeweils aktuell auf ein Fünftel und dauerhaft auf ein Sechstel. Ferner wies der Kläger auf einen Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, Dr. V., (Nachfolgerin von Herrn Dr. D.) vom 19. Juli 2004 hin. Diese berichtete im Wesentlichen vom Unfall in der Kindheit und wies auf eine Äußerung des Klägers gegenüber Dr. D. hin, nach welcher er eine wesentliche Beeinträchtigung aufgrund des Verkehrsunfalls als nicht mehr vorliegend gesehen habe. Der Kläger machte in Abweichung davon allerdings geltend, seine Kopfschmerzen seien vor dem Unfall verschwunden gewesen und er leide erst seither wieder darunter sowie unter Schwindel. Ferner fühle er sich müde und abgeschlagen.
Die Beklagte hielt dem Kläger entgegen, aus der Zusammenfassung bzw. Anerkennung wesentlicher Unfallfolgen ergebe sich zwanglos, dass nicht sämtliche Röntgenbefunde angeführt werden könnten. Unfallfolgen auf dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet lägen nicht mehr vor. Die Beklagte wies hierzu auf die Vorschäden beim Kläger hin.
Befragt als sachverständige Zeugen schlossen sich Dr. G. und Dr. P. (Krankenhaus W.) für ihr chirurgisches Fachgebiet im Wesentlichen der Einschätzung von Prof. Dr. S. an.
Im Auftrag des SG erstellte Prof. Dr. E. (Universitätsklinikum F.) aufgrund der Untersuchung vom 8. Oktober 2004 das psychiatrische Gutachten vom 26. November 2004. Beim Kläger könnte wahrscheinlich eine organische Wesensänderung nach dem Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter mit Hirnkontusion vorliegen. Ein anderer Ausdruck wäre ein hirnorganisches Psychosyndrom. Symptome dieses organischen Psychosyndroms wären die vom Kläger angegebenen Konzentrations-, Antriebs-, Affektstörungen mit gelegentlicher Deprimiertheit und Gereiztheit sowie Schlafstörungen. Diese seien nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen, da der Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung fehle. Eine posttraumatische Störung oder eine Belastungsreaktion lägen nicht vor.
Vom 29. bis 31. Januar 2005 hielt sich der Kläger stationär im Krankenhaus Bad S. auf. Im Arztbrief (ohne Datum) berichtete der Stationsarzt S. von einem cerebralen Kampfanfall und nannte als Differentialdiagnose eine Migraine accompagnée. Eine Computertomographie des Schädels sei unauffällig geblieben. Zur weiteren neurologischen Abklärung wurde der Kläger in die ambulante Behandlung entlassen. In der Bescheinigung vom 18. Februar 2005 berichtete Dr. V. von "anfallsähnlichen Ereignissen" Anfang November 2004 und letztmals am 29. Januar 2005. Bei dem zuletzt genannten Ereignis habe der Kläger ein Kribbeln in der rechten Hand gespürt, dann sei ihm schwarz vor Augen geworden. Die Kollegen hätten beobachtet, dass er bleich gewesen sei und schnell geatmet habe. Zusammenfassend sah sich Dr. V. nicht in der Lage, die Ereignisse sicher als epileptisches Geschehen zu deuten. Sie verwies auf die im Arztbrief des Kreiskrankenhauses S. genannte Differentialdiagnose einer Migraine accompagnée. Ferner zog sie auch eine Synkope durch Hyperventilation in Betracht. Eine eindeutige Kausalität zum Verkehrsunfall vom April 2002 sah sie nicht. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger bereits in seiner Jugend ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe, das laut Dr. D. zu neurologischen Auffälligkeiten und einer EEG-Veränderung geführt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2005 gab der Kläger an, er habe Ende März bzw. Anfang April zwei weitere Anfälle gehabt. Dr. V. habe ihm zwischenzeitlich Medikamente verordnet, die er seitdem fortlaufend einnehme. Seither sei es zu keinem weiteren Anfall gekommen.
Mit Urteil vom gleichen Tag wies das SG die Klage ab. Es stützte sich auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E. sowie auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten. Seit dem 3. Juni 2003 liege die MdE unter 20 v. H. Die maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen seien berücksichtigt worden. Die vom Kläger geschilderten anfallsähnlichen Ereignisse seit November 2004 seien unbeachtlich. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Arbeitsunfall und diesen Vorfällen, über die hinsichtlich Umfang und Art nur wenig Präzises bekannt sei, ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Hierfür habe auch die behandelnde Fachärztin Dr. V. keine Hinweise gesehen. Diese fachärztliche Einschätzung erscheine in Anbetracht der unspezifischen Ausprägung der geschilderten Anfälle, des relativ geringfügigen Primärschadens durch den Unfall (Commotio cerebri) sowie schließlich der deutlich schwereren Schädelverletzung bei dem Unfall im Jugendalter als konkurrierende Ursache plausibel. Es bestehe keine Veranlassung, die vom Kläger angesprochenen weiteren Untersuchungen abzuwarten oder eine solche Untersuchung von Amts wegen zu veranlassen. Sollte der radiologische Nachweis relevanter Unfallfolgen gelingen, bliebe es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf erneute Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zu stellen. Die MdE-Schätzungen der Sachverständigen und der Gutachter sei im Vergleich mit den einschlägigen gutachterlichen Erfahrungswerten plausibel. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei den weiteren von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen um Unfallfolgen handle. Zum Teil handle es sich dabei um radiologische Befunde bzw. um geschilderte Schmerzen, die in den als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen bereits enthalten und bei der MdE-Schätzung berücksichtigt worden seien. Bezüglich der posttraumatischen Spannungskopfschmerzen sowie der akuten psychischen Belastungsreaktion sei unabhängig von der Frage des ursächlichen Zusammenhangs festzustellen, dass sie zwischenzeitlich nicht mehr vorlägen. Daher sei ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an deren Feststellung nicht ersichtlich.
Gegen das ihm am 26. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Oktober 2005 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren. Ergänzend macht er geltend, das SG hätte wegen der neuen Anfälle den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Hierzu verweist er auf die zwischenzeitlich erstellte Magnetresonanztomographie (MRT) und die Bescheinigung von Dr. G ...
Über die MRT des Schädels vom 29. Juni 2005 hat Frau Dr. Sch. am 6. Juli 2005 berichtet. Als Diagnosen nennt sie ein Schädel-Hirn-Trauma bei Autounfall am 6. April 2002, ein cerebral-organisches Anfallsleiden und eine subdurale Flüssigkeitsansammlung links-hemisphärisch ohne raumfordernde Wirkung. Weiter berichtet sie über eine anfallsprophylaktische Medikation, die der Kläger täglich einnehme. Am 29. Juli 2005 hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. bescheinigt, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, an gefährlichen Maschinen, in größerer Höhe oder auf Gerüsten zu arbeiten. Gleichfalls sei es ihm im Moment nicht erlaubt, selbstständig ein Kraftfahrzeug zu führen.
Der Kläger legt einen weiteren Arztbrief von Frau Dr. Sch. vom 8. November 2005 vor. Darin nennt sie als Diagnose u. a. nach wie vor ein cerebral-organisches Anfallsleiden. Sie gibt den Kläger dahingehend wieder, dass nach dem Autounfall ein solches Anfallsleiden aufgetreten sei und dass er derzeit antikonvulsiv eingestellt sei. Da der Kläger jedoch auch berichtet habe, die Kopfschmerzen hätten sich gebessert, sah sie keinen Handlungsbedarf. Ferner habe der Kläger ihr gegenüber geäußert, wieder Auto fahren zu können. Sie bat aus diesem Grund um die Durchführung eines EEGs und bei entsprechender Anfallsfreiheit um Beantragung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle.
Abschließend trägt der Kläger vor, der Verkehrsunfall sei eine wesentliche Teilursache für die zwischenzeitlich aufgetretene Epilepsie.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juni 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 abzuändern, festzustellen, dass cerebrale Krampfanfälle und geringgradige Beschwerden am linken Kniegelenk weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 06. April 2002 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 06. April 2002 eine Rente nach einer MdE um mindestens 40 v. H. ab 14. April 2003 bis auf weiteres zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, es sei fraglich, ob eine Epilepsie vorliege. Es fehle an objektiven Befunden. Eine Epilepsie trete nur nach Schädel-Hirn-Verletzungen auf, wenn die Substanz des Hirns geschädigt sei. Dies sei durch den Verkehrsunfall aber nicht der Fall gewesen.
Auf Antrag des Klägers hat Prof. Dr. M. (Universitätsklinikum H. Neurologische Klinik) aufgrund der Untersuchung vom 20. Juli 2006 das fachneurologische Gutachten vom 11. September 2006 erstattet. Prof. Dr. M. beschreibt eine symptomatische Epilepsie und chronische Spannungskopfschmerzen. Ein beim Kläger vorhandener Hirnsubstanzdefekt sei keine Unfallfolge. Allerdings sei der Unfall Ursache einer anhaltenden Verschlechterung der vorbestehenden Hirnkontusion gewesen. Die Epilepsie sei damit unfallabhängig, mit Erstmanifestation am Unfalltag. Der Unfall sei im Vergleich zur Hirnkontusion aus dem Jahr 1983 als gleichwertige Teilursache anzusehen. Hingegen seien die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen nicht mehr auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Die MdE schätzte Prof. Dr. M. auf 30 v. H. Er nahm jedoch eine Aufteilung dahingehend vor, dass davon lediglich die Hälfte (MdE 15 v. H.) durch den Unfall verursacht sei. Dem Gutachten war der ebenfalls von Prof. Dr. M. erstellte klinisch-neurophysiologische Befundbericht vom 26. Juli 2006 beigefügt.
Auf weiteren Antrag des Klägers hat Prof. Dr. S. (Universitätsklinikum H., Neurologische Klinik, Abteilung Neuroradiologie) das neuroradiologische Gutachten vom 12. Februar 2007 erstattet. Prof. Dr. S. gelangte zu dem Schluss, es bestünden keine Traumafolgen, die im Zusammenhang mit dem Autounfall stünden. Es zeige sich aktuell ein im zeitlichen Verlauf konstantes frühkindliches Schädigungsmuster im Sinne einer Ulegyrie.
In einer gemeinsamen ergänzenden Stellungnahme führen Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. am 11. Juli 2007 aus, zwischen ihren Gutachten bestehe vollständige Übereinstimmung. Die beim Kläger bestehende Epilepsie sei trotz fehlender neuer Unfallfolgen durch den Verkehrsunfall im Sinne einer anhaltenden Verschlechterung eines vorbestehenden Schadens teilverursacht worden. Die Ursache von epileptischen Anfällen könne durchaus auf mikroskopischen, ultrastrukturellen, molekularen oder funktionellen Veränderungen beruhen.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008 hat der Senat J. Z. und A. T. als Zeugen vernommen. Beide berichten von Anfällen des Klägers im Jahr 2005. Wegen des weiteren Inhalts ihrer Zeugenaussagen wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist zum überwiegenden Teil begründet.
Das SG hätte die Klage nicht in vollem Umfang abweisen dürfen. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2004 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte geringgradige Beschwerden am linken Knie nicht als Unfallfolge festgestellt hat. Ferner war die Beklagte aufgrund der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers während des Klageverfahrens abweichend von der Entscheidung des SG zu verurteilen, für die Zeit ab dem 15. November 2004 eine symptomatische Epilepsie als Unfallfolge anzuerkennen und ab diesem Zeitpunkt dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Im Übrigen erweist sich die Entscheidung der Beklagten und des SG jedoch als richtig und die Berufung war dementsprechend zurückzuweisen.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem bei dem Unfall erlittenen Primärschaden einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen diesem und der verbliebenen Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Primärschaden und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19,52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und vom 09. Mai 2006 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 ). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Der Verkehrsunfall, den der Kläger am 06. April 2002 erlitten hat, stellt einen Arbeitsunfall dar (§ 8 Abs. 2 SGB VII – sog. Wegeunfall). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch der Senat ist davon überzeugt.
Der Unfall hat zu Gesundheitserstschäden in Form einer Femurschaftspiralmehrfragmentfraktur links und einer subcapitalen Humerusfraktur links sowie weiteren für den nachfolgenden Verlauf nicht bedeutsamen Verletzungen am Rumpf und den Extremitäten geführt. Ferner kam es zu einem Schädel-Hirn-Trauma in Form einer Gehirnerschütterung (Commotio cerebri). Ein Hirnsubstanzdefekt aufgrund des Verkehrsunfalls ließ sich jedoch nicht nachweisen. Schon im ersten neurologischen Befundbericht vom 11. April 2002 wurden keine Hinweise auf eine Hirnkontusion gesehen. Auch Dr. D. geht in seinem Bericht vom 12. September 2002 lediglich von einer unfallbedingten Commotio cerebri aus. Dies sahen auch Dr. K. in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 20. März 2003 und Dr. C. in seinem Gutachten vom 12. September 2003 so. Zuletzt wurde diese Auffassung durch Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. nach nochmaliger neurologischer und nun insbesondere auch neuroradiologischer Beurteilung bestätigt. Prof. Dr. S. hat diese Auffassung überzeugend auf den Vergleich der Befunde aus einem MRT des Neurokraniums vom Mai 2000 – vor dem Verkehrsunfall – und einem MRT vom Juni 2005 – nach dem Unfall – gestützt. Nachvollziehbar gelangt er zu der Auffassung, dass hinsichtlich des tatsächlich beim Kläger bestehenden Schädigungsmusters von einer im zeitlichen Verlauf konstanten frühkindlichen Schädigung auszugehen ist. Diese Schädigung beruht auf einem Sturz aus dem Fenster im Jahr 1983 und nicht auf dem Verkehrsunfall.
Allerdings kam es in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall zu einem ersten - im Durchgangsarztbericht dokumentierten und nachfolgend auch u.a. von Dr. H (beratungsärztliche Stellungnahme vom 21. Oktober 2002), Dr. K. (Gutachten vom 20. März 2003) und Dr. C. (Gutachten vom 12. September 2003) erwähnten - generalisierten epileptischen Anfall. Dem Durchgangsarztbericht vom 09. April 2002 ist zu entnehmen, dass es zu dem Anfall nach der Bergung durch den Notarzt gekommen ist. Zur Überzeugung des Senats handelte es sich aufgrund dieses zeitlichen Ablaufs um einen sog. Frühanfall, der später als zehn Minuten, aber noch innerhalb der ersten sieben Tage nach dem Unfall eingetreten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 280). Denn es kann davon ausgegangen werden, dass nach der Bergung durch den Notarzt seit dem Unfallereignis bereits über zehn Minuten vergangen waren.
An länger andauernden Unfallfolgen sind aufgrund der eben genannten Gesundheitserstschäden zum einen die im angefochtenen Ausgangsbescheid bezeichneten Störungen eingetreten. Dabei handelt es sich um einen knöchern verheilten Oberarmbruch links, eine geringgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, einen in leichter Fehlstellung knöchern verheilten Oberschenkelbruch links, eine Umfangsvermehrung am linken Ober- und linken Unterschenkel, Narben am Schulterblatt links, an der linken Hüfte, am mittleren Oberschenkel links und linken Unterschenkel. Das im Bescheid noch genannte einliegende Metall wurde, wie sich aus den Zwischenberichten von Dr. P. vom 13. und 16. Februar 2004 ergibt, zwischenzeitlich entfernt. Daneben haben Frau Dr. G. und Dr. P. in der sachverständigen Zeugenaussage noch von einem geringen Beugedefizit im linken Kniegelenk berichtet (0-0-120), das von Prof. Dr. S. bei der gutachterlichen Untersuchung nicht beschrieben wurde (0-0-140). Allerdings führte auch Prof. Dr. S. in seiner Zusammenfassung der Unfallfolgen belastungsabhängige und belastungsunabhängige Schmerzen im linken Knie an. Der Senat hält es daher für gerechtfertigt, als Unfallfolgen auch geringgradige Beschwerden am linken Kniegelenk zu benennen. Die Beklagte war zu der dementsprechenden Feststellung zu verurteilen.
Im weiteren Verlauf ist nach der Erstmanifestation am Unfalltag im November 2004 eine symptomatische Epilepsie aufgetreten. Der Senat ist vom Vorliegen dieses Krankheitsbilds aufgrund der Ausführungen von Prof. Dr. M. im Gutachten vom 11. September 2006 überzeugt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass objektiv messbare Befunde, die die Epilepsie bestätigen, fehlen. Dies wird von Prof. Dr. M. auch nicht verschwiegen. Er führt aus, dass sich im Hirnstrombild keine epilepsieverdächtigen oder gar –typischen Veränderungen unter Provokationsbedingungen zeigten. Zum einen schränkt Prof. Dr. M. jedoch hierzu ein, der Kläger habe bei der Prüfung nicht sonderlich kräftig hyperventiliert, was die Aussage dieses Untersuchungsschritts etwas einschränke. Zum anderen verweist Prof. Dr. M. auf die durchgeführte Therapie mit Carbamazepin und wertet das Hirnstrombild vor diesem Hintergrund als normal. Im Übrigen wird in der unfallmedizinischen Literatur beschrieben, dass auch bei klinisch manifestem Anfallsleiden nicht immer epilepsiespezifische Graphoelemente in der Hirnstromkurve vorhanden sind (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284).
Es ist einzuräumen, dass die Feststellung einer Epilepsie damit im Wesentlichen von den Schilderungen des Klägers über die ab November 2004 eingetretenen Anfälle abhängt. Der Senat sieht sich jedoch nicht veranlasst, an den Angaben des Klägers zu zweifeln. Auch Prof. Dr. M. hatte offensichtlich insoweit keine Bedenken, obwohl von der behandelnden Ärztin Dr. V. die Ereignisse zuvor lediglich als anfallsähnlich beschrieben wurden und neben einem epileptischen Geschehen von ihr auch eine Migraine accompagnée (s. hierzu auch Arztbrief des Krankenhaus Bad S. über den stationären Aufenthalt vom Januar 2005) oder Hyperventilationssynkopen für möglich erachtet wurden (Bescheinigung vom 18. Februar 2005). Bestand anfänglich noch Unklarheit hinsichtlich der diagnostischen Beurteilung der vom Kläger beschriebenen Ereignisse, wurde nachfolgend aber dann doch eine antiepileptische Therapie mit Carbamazepin begonnen, deren Berechtigung von Prof. Dr. M. nicht in Frage gestellt wird und die seither auch zur Anfallsfreiheit geführt hat. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers spricht in besonderer Weise, dass der Kläger aufgrund der von ihm beschriebenen Ereignisse einen Sperrvermerk bei der Führerscheinstelle in Kauf nahm (s. Bescheinigung des Dr. G. vom 29. Juli 2005 und Arztbrief von Fr. Dr. Sch. vom 08. November 2005). Dies stellte für den damals 30-jährigen Kläger, der während der neurologischen Rehabilitation zudem angegeben hatte, nach dem Verkehrsunfall zwar in sich selbst gutes Vertrauen als Autofahrer zu haben, jedoch unter Angstzuständen als Beifahrer zu leiden (s. Abschlussbericht vom 08. Januar 2003), eine erhebliche Einbuße an Mobilität und damit auch an Lebensqualität dar. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar seinen letzten Arbeitsplatz verloren hat und in diesem Zusammenhang von Seiten der früheren Arbeitgeberin eine mangelnde Motivation des Klägers behauptet wurde (Schreiben der Brennet AG an die Beklagte vom 06. November 2003). Jedoch hat der Kläger seit 2005 wieder eine vollschichtige Arbeit in seinem Ausbildungsberuf als Maler und Lackierer aufgenommen und im Übrigen die Behauptungen der früheren Arbeitgeberin bestritten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wurde laut einem Pressebericht die Kündigung der früheren Arbeitgeberin als "ziemlich wackelig" angesehen (Bericht im Südkurier vom 08. November 2003). Angesichts dieser Umstände - Medikation, Sperrvermerk bei der Führerscheinstelle, Leistungsbereitschaft - sowie aufgrund des Eindrucks, den er sich in der mündlichen Verhandlung vom Kläger verschafft hat , hält der Senat die Angaben, die der Kläger zu den Anfällen gemacht hat, für glaubhaft. Gründe, daran zu zweifeln, sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen des Klägers wurde im Übrigen durch die Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit der Senat keine Zweifel hat, voll bestätigt. Beide schilderten in plastischer Weise zwei Anfälle in der ersten Jahreshälfte 2005. Der Zeuge Z., dessen Tochter ebenfalls an Epilepsie leidet, hat unmittelbar bei der Beobachtung des damaligen Anfalls an ein epileptisches Krankheitsbild gedacht. Übereinstimmend berichteten die Zeugen insbesondere von ungewöhnlichen Augenbewegungen und dem Verkrampfen einer Hand.
Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass das Schädel-Hirn-Trauma - hier in Form einer Commotio cerebri - vom 06. April 2002 für die im November 2004 aufgetretene Epilepsie wesentlich mit ursächlich war (haftungsausfüllende Kausalität). Der Senat stützt sich hierfür auf die ausführlich begründeten und nachvollziehbaren Einschätzungen der beiden Sachverständigen Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S ... Es wird nicht verkannt, dass, wie die Beklagte betont, eine Epilepsie in der Regel nur dann auf eine Schädel-Hirn-Verletzung zurückgeführt werden kann, wenn die Substanz des Hirns geschädigt wurde (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 280, 281). Soweit Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. in ihrer neurologischen und neuroradiologischen Interpretation des bildmorphologischen Befunds (MRT-Befunde) das Hinzukommen neuer Traumafolgen - zu den bereits vorhandenen Traumafolgen des Sturzes in der Kindheit - ausschließen und gleichwohl einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und der Epilepsie bejahen, besteht nur scheinbar ein Widerspruch zur Auffassung der Beklagten und der unfallmedizinschen Literatur. Denn Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. vertreten überzeugend die Auffassung, dass die Entwicklung einer Epilepsie nicht notwendigerweise eine makroskopisch und damit bildmorphologisch sichtbare Ursache benötigt. Die Ursache von epileptischen Anfällen kann durchaus auf mikroskopischen, ultrastrukturellen, molekularen oder funktionellen Veränderungen beruhen. Zwar wird in der Literatur der Nachweis einer substantiellen Hirnschädigung verlangt, gleichzeitig wird jedoch sinngemäß eingeräumt, dass die bildgebenden Verfahren in der Darstellung kleiner Strukturveränderungen an ihre Grenzen gelangen können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284). Ferner wird an anderer Stelle lediglich darauf abgestellt, ob der Unfallhergang geeignet war, eine Hirnverletzung herbeizuführen. Als geeignet werden massive Einwirkungen auf den Kopf angesehen. Unkomplizierte Hirnerschütterungen werden nicht als ursächlich erachtet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S. 281 f.). Komplizierte Hirnerschütterungen werden demnach - obwohl sie definitionsgemäß keine morphologisch fassbare Schädigung der Hirnsubstanz bedingen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 260) - von der Literatur doch als geeignet angesehen, eine Epilepsie herbeizuführen. Dies ist - zusammen mit Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. - durch eine morphologisch nicht fassbare Schädigung der Hirnsubstanz zu erklären. Damit ist der oben beschriebene, scheinbare Widerspruch aufgelöst. Eine komplizierte Hirnerschütterung lag beim Kläger zur Überzeugung des Senats nach dem Unfall vor. Aus den zahlreichen Verletzungen (u.a. eine 2 cm lange Kopfplatzwunde und Frakturen), die sich der Kläger bei diesem Unfall zuzog, ergibt sich, dass eine ganz erhebliche Krafteinwirkung auf den Körper stattgefunden hat. Kurz nach dem Unfall kam es zu einem epileptischen Anfall. Prof. Dr. M. beschreibt, dass beim Kläger für einige Tage nach der stationären Aufnahme eine Amnesie bestand. Zudem war das Hirn vorgeschädigt.
Im Übrigen untermauert der erste, generalisierte epileptische Anfall am Unfalltag den kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Entwicklung der Epilepsie. Die Auffassung von Prof. M. (Gutachten vom 11. September 2006), dass das Auftreten frühzeitiger Anfälle nach einem Schädel-Hirn-Trauma ein bekannter Risikofaktor für die Manifestation einer späteren Epilepsie sei, steht im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur. Auch dort wird für den - hier vorliegenden - Frühanfall (s.o.) eine Risikoerhöhung der Epilepsieentwicklung auf 15 bis 20 % beschrieben (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 280).
Dem Zusammenhang steht die Latenzzeit zwischen dem Arbeitsunfall und dem späteren Auftreten der Epilepsie von gut zweieinhalb Jahren nicht entgegen. Diese Zeit ist noch als gewöhnlich anzusehen. Erst bei einem Zeitintervall von mindestens drei Jahren ist der Zusammenhang zurückhaltend zu werten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284).
Die Commotio cerebri, die sich der Kläger am 06. April 2002 zuzog, stellt neben der in der Kindheit erworbenen Hirnschädigung eine wesentliche Teilursache für die Entstehung der Epilepsie dar. Mit Prof. Dr. M. schätzt der Senat beide Ursachen als gleichwertig ein. Maßgeblich ist, dass es ohne den Arbeitsunfall nicht zum Eintritt der Epilepsie gekommen wäre und dass es sich bei diesem Unfall auch nicht um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Zwar werden in der Literatur Latenzzeiten bis 30 Jahre beschrieben. Das würde bedeuten, dass daran gedacht werden könnte, die Epilepsie allein auf das im Jahr 1983 erlittene Trauma zurückzuführen. Jedoch wird in der unfallmedizinischen Literatur die Auffassung vertreten, dass schon ab einem Zeitintervall von mindestens drei Jahren ein Zusammenhang zurückhaltend zu bewerten sei (s.o.). Prof. Dr. M. weist auf die seit dem Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter anfallsfrei vergangenen ca. 20 Jahre hin und erachtet eine Spätepilepsie nach dieser Zeitspanne als Rarität. Insgesamt spricht deutlich mehr für als gegen eine Mitursächlichkeit des Schädel-Hirn-Traumas vom April 2002 für die seit November 2004 bestehende Epilepsie. Nach ca. 20-jähriger Anfallsfreiheit ohne antikonvulsive Medikation geht der Senat zudem davon aus, dass die sicher bestandene Krankheitsanlage nicht so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Epilepsie ausgelöst hätte. Dagegen spricht die oben dargelegte und auch hier nicht aufgegebene Auffassung, dass eine Epilepsie nach einer Schädel-Hirn-Verletzung eine - wenn auch evtl. nicht nachweisbare - Hirnsubstanzverletzung voraussetzt und deswegen jedenfalls eine "gewöhnliche" Hirnerschütterung nicht ausreicht.
Posttraumatische Kopfschmerzen sind nicht anzuerkennen. Soweit der Kläger heute unter Kopfschmerzen leidet, kann dies nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. M. nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden, da der Kläger auch schon zuvor unter Kopfschmerzen gelitten hat.
Die MdE auf dem neurologischen Fachgebiet bewertet der Senat mit 30 v.H. Die Epilepsie wies vor der Behandlung nur eine niedrige Anfallsfrequenz auf. Zudem waren die Anfälle leichterer Art (vgl. die Tabelle zu den Gefährdungskategorien in: Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 288). Der Senat teilt hinsichtlich der MdE-Bewertung die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M ... Die MdE um 30 v.H. entspricht auch dem Regelwerk, das in Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 289 vorgeschlagen wird. Soweit im weiteren Schrifttum für epileptische Anfälle MdE-Eingangswerte mit mindestens 40 v.H. vorgeschlagen werden (Mehrhoff/Meindl/Murr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 147; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 12, J 002), hält dies der Senat - jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall - nicht für angemessen. Die MdE um 30 v. H. lag ab dem Auftreten der Epilepsie im November 2004 vor. Aus dem einmaligen Anfallereignis am Unfalltag ergab sich noch keine dauerhafte Funktionseinschränkung. Mangels eines genauer bekannten Datums des ersten Anfalls ("Anfang November") war die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (vgl. Ricke in KassKomm. Rdz. 3 zu § 72 SGB VII) für die Zeit ab dem 01. November 2004 dementsprechend auch zu verurteilen, die symptomatische Epilepsie als Unfallfolge festzustellen.
Im Hinblick auf das chirurgisch/orthopädische Fachgebiet teilt der Senat die Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. S., der die MdE auf der Grundlage der beim Kläger zuletzt nur noch geringfügig verbliebenen Bewegungseinschränkungen mit 20 v.H. bis zum 03. Juni 2003 und nachfolgend mit 10 v.H. bewertet hat. Dem haben sich die behandelnden Ärzte Fr. Dr. G. und Dr. P. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 20. Juli 2004 im Ergebnis unter zusätzlicher Erwähnung der Beschwerden am Knie (s.o.) angeschlossen. Die Einschätzung des Dr. H. im Gutachten vom 11. Mai 2004 erfolgte nach anderen, privatversicherungsrechtlichen Maßstäben und kann daher nicht übertragen werden.
Für die Zeit vom 14. April bis 03. Juni 2003 betrug die MdE mithin 20 v.H., in der Zeit vom 04. Juni 2003 bis 31. Oktober 2004 10 v.H. und für die Zeit ab dem 01. November 2004 40 v.H. (Gesamt-MdE aus den eben dargestellten Werten 30 v. H. und 10 v.H.). Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die MdE in Zukunft ändern kann. Insbesondere ist von einer Verringerung auszugehen, wenn drei Jahre nach Beginn der Therapie noch immer Anfallfreiheit besteht.
Nach alledem hatte die Berufung in dem im Tenor beschriebenen Umfang Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung von Folgen eines Arbeitsunfalls und die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1979 geborene Kläger erlitt auf dem Nachhauseweg von der Arbeit am 6. April 2002 um ca. 14:30 Uhr einen Verkehrsunfall. Dabei kam es, vom Kläger unverschuldet, zu einem Frontalzusammenstoß mit einem auf seiner Seite entgegen kommenden Kraftfahrzeug. Der Kläger war damals bei der Brennet AG als Helfer in der Weberei beschäftigt. Im unmittelbaren Anschluss an den Unfall wurde der Kläger in das Kreiskrankenhaus L. eingeliefert. Im Durchgangsarztbericht vom 9. April 2002 führte Prof. Dr. W. (Kreiskrankenhaus L.) aus, nach der Bergung durch den Notarzt sei es zu einem generalisierten Krampfanfall gekommen. Der Kläger sei intubiert worden und mit dem Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma eingeliefert worden. Im Befund beschrieb Prof. Dr. W. u. a. eine Kopfplatzwunde an der linken Schläfe (ca. 2 cm). Zur Diagnostik wurde u. a. eine Computertomographie des Schädels durchgeführt. Prof. Dr. W. stellte die Diagnosen einer Femurschaftspiralmehrfragmentfraktur links, disloziert, sowie einer subcapitalen Humerusfraktur links. Deswegen wurden am 6., 9. und 29. April 2002 Operationen durchgeführt. Anamnestisch hatte der Bruder des Klägers angegeben, dass beim Kläger ein Zustand nach einem Schädel-Hirn-Trauma als Kleinkind bestehe. In einem nicht unterschriebenen Bericht vom 11. April 2002 wurden die am 8. April 2002 erhobenen neurologischen Befunde wiedergegeben. Es wurde ausgeführt, der Kläger sei sehr benommen, jedoch wach und orientiert gewesen. Eine isolierte neuropsychologische Störung habe nicht vorgelegen. Es habe sich kein pathologischer EEG-Befund gezeigt. Als vorläufige Diagnose wurde ein schweres Polytrauma mit vorwiegend peripheren Verletzungen ohne Hinweise auf eine Hirnkontusion gestellt. Am 13. Mai 2002 wurde der Kläger in die Sch.klinik-Orthopädie Bad K. zur Durchführung einer stationären Reha-Maßnahme verlegt. Im Zwischenbericht über den stationären Aufenthalt im Kreiskrankenhaus L. vom 22. Mai 2002 gab Prof. Dr. W. u. a. an, am 10. April 2002 habe sich der Allgemeinzustand des Klägers ausreichend stabilisiert gezeigt und er sei auf die Normalstation verlegt worden. Es habe keinen Hinweis auf ein Krampfleiden gegeben. Über die bis zum 10. Juni 2002 durchgeführte stationäre Reha-Maßnahme berichtete Dr. P. abschließend am 11. Juni 2002. Als Diagnosen führte er eine Femurschafttrümmerfraktur links mit geschlossener Reposition und Osteosynthese mittels unaufgebohrtem Femurmarknagel am 6. April 2002 sowie eine Revisionsoperation wegen einer Redislokation der Femurschaftfraktur sowie Reosteosynthese und zusätzlicher Osteosynthese am 29. April 2002, eine proximale Humerusfraktur links mit sekundär offener Reposition und Osteosynthese am 9. April 2002 sowie ein stumpfes Thorax- und Bauchtrauma auf, das konservativ behandelt worden sei. Der Kläger wurde bei noch nicht erreichter Vollbelastung des linken Beines als weiterhin arbeitsunfähig entlassen. In der Mitteilung des D- oder H-Arztes über Veränderungen in der besonderen Heilbehandlung vom 26. Juli 2002 ging Prof. Dr. W. vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 29. Juli 2002 aus und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus auf über 20 vom Hundert (v. H.). Ein im Zusammenwirken mit dem Beschäftigungsbetrieb und dem Berufshelfer der Beklagten, Herrn Lehmer eingeleiteter Arbeitsversuch musste nach dem zweiten Tag am 29. August 2002 abgebrochen werden.
Der Kläger stellte sich zur weiteren Behandlung im Krankenhaus-Spitalfond W. (nachfolgend Krankenhaus W.) vor. Chefarzt Dr. Sch. beschrieb im Zwischenbericht vom 30. August 2002 eine endgradige Bewegungseinschränkung im linken Knie- und linken Hüftgelenk. Die Beweglichkeit in der linken Schulter und im linken Ellbogengelenk habe sich weitgehend frei gezeigt. Vor dem Hintergrund der vom Kläger mitgeteilten erheblichen Beschwerdezunahme während des Arbeitsversuchs habe er erneut Arbeitsunfähigkeit attestiert. Nachfolgend (siehe Nachschaubericht vom 2. Oktober 2002) veranlasste Prof. Dr. W. wegen der Annahme eines posttraumatischen Belastungssyndroms eine neurologische Konsiliaruntersuchung, die vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D., der den Kläger auch schon vor dem Verkehrsunfall wegen dem kindlichen Schädel-Hirn-Trauma behandelt hatte, durchgeführt wurde. Hierüber berichtete Dr. D. der Beklagten ausführlich am 12. September 2002. Der Kläger habe im August 1983 aufgrund eines Sturzes aus dem Fenster ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Damals sei es zu einer Schädeldachfraktur sowie zu einer schwerwiegenden Hirnverletzung gekommen. Eine Halbseitenlähmung rechts sowie eine hartnäckige Sprachstörung und eine Wesensveränderung seien aufgetreten. Der Kläger habe deswegen auch in den nachfolgenden Jahren wiederholt in ärztlicher Behandlung gestanden. Es seien auch Computertomographien des Schädels erstellt worden. Auch beim 15-jährigen Kläger sei er, Dr. D., immer noch vom Bestehen einer geringfügigen, posttraumatischen Wesensveränderung ausgegangen. Bei der aktuellen Untersuchung habe der Kläger Ängste beim Pkw-Fahren, eine Gedächtnislücke vor, während und nach dem Unfall, eine mangelnde Belastbarkeit und Geschicklichkeit geltend gemacht. Dr. D. sah die psychische Belastbarkeit des Klägers als glaubhaft reduziert. Der jetzige Zustand sei durch den Unfall verursacht oder verschlimmert worden. Er sah die Gefahr, dass der Kläger den Unfall sowie die Folgen fehlverarbeite, wies jedoch ausdrücklich auf die auffällige Vorgeschichte und die auch schon vor dem Unfall bestandenen Kopfschmerzen hin. Als Diagnosen führte er einen Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma (Commotio cerebri), chronische posttraumatische Kopfschmerzen und den Verdacht auf eine akute Belastungsreaktion auf.
Auf Anforderung der Beklagten legte die I. (I.) H ein Vorerkrankungsverzeichnis ab August 1995 vor.
Dr. H (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) vertrat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21. Oktober 2002 die Auffassung, es habe ein eindeutiger Vorschaden bestanden, der dokumentierte Krampfanfall beim Unfall lasse ein Schädel-Hirn-Trauma möglich erscheinen. Nach den bisherigen Unterlagen sei nicht feststellbar, ob der Unfall zu einer Verschlimmerung des Vorschadens geführt habe. Die Beklagte zog zunächst medizinische Unterlagen über die kindliche Hirnschädigung bei.
Im Oktober wurde der Kläger im Krankenhaus W. stationär zur Teilmetallentfernung behandelt (Zwischenberichte vom 5. und 6. November 2002). Vom 11. November bis 18. Dezember 2002 wurde auf Veranlassung der Beklagten eine weitere stationäre Reha-Maßnahme in der Sch.klinik - Neurologie Bad K. durchgeführt. Im Abschlussbericht vom 8. Januar 2003 führte die Chefärztin Dr. K. als Diagnosen u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma am 6. April 2002, chronische posttraumatische Kopfschmerzen sowie eine akute Belastungsreaktion auf.
Eine Belastungserprobung des Klägers im Januar 2003 scheiterte erneut. Nachdem Dr. Sch. (Krankenhaus W., Zwischenbericht vom 29. Januar 2003) nicht nachvollziehen konnte, weswegen der Kläger keine vier Stunden täglich arbeiten können sollte, wurde die Belastungserprobung mit diversen Problemen ab dem 5. Februar 2003 wieder aufgenommen.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 20. März 2003 stellte Dr. K. auf ihrem Fachgebiet die Diagnosen einer Commotio cerebri nach Schädel-Hirn-Trauma mit Kopfplatzwunde an der linken Schläfe, abklingende posttraumatische Spannungskopfschmerzen sowie eine abklingende psychische Belastungsreaktion. Der Unfall habe keine bleibenden Hirnparenchymschäden hervorgerufen. Der posttraumatische Grand-mal-Anfall müsse somit am ehesten als kreislaufbedingtes Geschehen angesehen werden. Noch bestehende neuropsychologische Beeinträchtigungen mit beschränkten Aufmerksamkeitsleistungen seien vorbestehend und auf den Sturz als Kind zurückzuführen. Nach dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit liege nervenfachärztlich keine MdE mehr vor. Unfallunabhängig bestehe ein Schädel-Hirn-Trauma mit Contusio cerebri und Subduralhämatom mit dadurch bedingter cerebraler Entwicklungsstörung und kognitiven Einschränkungen nach dem Sturz aus dem Fenster 1983.
Nach weiterer Begleitung durch den Berufshelfer (Bericht vom 1. April 2003) und festgestellter Besserungstendenz wurde zum 14. April 2003 die Arbeitsunfähigkeit beendet.
Aufgrund einer Untersuchung am 4. Juni 2003 erstellte Prof. Dr. S. (Universitätsklinikum F. - Department Orthopädie und Traumatologie, Klinik für Traumatologie) das Erste Rentengutachten vom 9. Juli 2003. Die verbliebenen wesentlichen Unfallfolgen beschrieb er mit einer geringgradigen Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks, belastungsabhängigen Schmerzen in der linken Schulter, im linken Oberschenkel und linken Knie, belastungsunabhängigen Schmerzen in Oberschenkel und Knie links, radiologischen Veränderungen und neuropsychiatrischen Verletzungsfolgen. Diese wurden im nervenärztlichen Zusatzgutachten von Dr. C. (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie) vom 12. September 2003 mit einem Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit Commotio cerebri, akuter psychischer Belastungsreaktion und posttraumatischen Spannungskopfschmerzen beschrieben. Die MdE bewertete Prof. Dr. S. für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 mit 20 v. H., sodann bis auf weiteres mit 10 v. H. Dr. C. schätzte die MdE auf dem neurologischen Fachgebiet mit unter 10 v. H. Die Einschätzung der Gesamt-MdE erfolgte ebenfalls durch Dr. C., der diese für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 mit 20 v. H. und danach mit 10 v. H. bewertete. Dr. C. führte aus, diagnostisch sei von einer Commotio cerebri auszugehen, die erwartungsgemäß folgenlos ausgeheilt sei. Spannungskopfschmerzen seien langjährig vorbekannt, eine vorübergehende Zunahme sei posttraumatisch zu erklären. Die aktuell geschilderten Kopfschmerzen seien nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen und auch nach eigenen Angaben des Klägers wesentlich rückläufig. Zum Zeitpunkt der Untersuchung seien die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsreaktion nicht mehr erfüllt gewesen. Die Auffälligkeiten im psychopathologischen Befund seien der prämorbiden Persönlichkeitsstruktur einschließlich der Folgen des Schädel-Hirn-Traumas von 1983 zuzuordnen.
Im Zwischenbericht vom 7. Oktober 2003 wies Dr. P. (Krankenhaus W.) auf eine zwischenzeitlich eingetretene Arbeitslosigkeit des Klägers hin. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2003 anerkannte die Beklagte einen Arbeitsunfall und als dessen Folgen einen knöchern verheilten Oberarmbruch links mit noch einliegendem Metall, geringgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, in leichter Fehlstellung knöchern verheilten Oberschenkelbruch links mit noch einliegendem Metall, eine Umfangsvermehrung am linken Ober- und linken Unterschenkel, Narben am Schulterblatt links, an der linken Hüfte, am mittleren Oberschenkel links und linken Unterschenkel. Ferner gewährte sie eine Rente für die Zeit vom 14. April 2003 bis 3. Juni 2003 nach einer MdE um 20 v. H.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 10. November 2003. Er begehrte die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, insbesondere die Aufnahme von Befunden, die in den zum Ersten Rentengutachten erstellten gutachterlichen Aufnahmen von Dr. L. (Universitätsklinikum F. Radiologische Klinik) für Prof. Dr. S. beschrieben wurden. Der Kläger machte geltend, diese Befunde seien in den im Bescheid genannten geringgradigen Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk nicht ausreichend berücksichtigt. Ferner machte er die Anerkennung der von Prof. Dr. S. festgestellten Schmerzen sowie der von Dr. C. beschriebenen Gesundheitsstörungen geltend. Die Gesamt-MdE betrage mindestens 30 v. H. (auf dem unfallchirurgischen und dem neurologisch-psychiatrischen Gebiet jeweils 20 v. H.).
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nur die wesentlichen Unfallfolgen seien in den Rentenbescheid aufzunehmen. Bei der Unfallbegutachtung handle es sich um eine Funktionsbegutachtung.
Deswegen erhob der Kläger am 26. März 2004 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und wies auf das am 11. Mai 2004 von Dr. H. (Kreiskrankenhaus L. - Chirurgische Abteilung von Prof. Dr. W.) für eine private Versicherung erstellte fachärztliche Gutachten hin. In diesem Gutachten hatte Dr. H. die noch vorhandenen Unfallfolgen mit einer Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks in Abduktion und Armhebung, einer erheblich verbreiterten, kosmetisch unschönen Narbe an der linken vorderen Schulter, einer geringen Umfangsminderung des linken Beines und einer endgradigen Funktionseinschränkung des linken Knies sowie mit dem Röntgenbefund beschrieben. Er bewertete die Gebrauchsbeeinträchtigung des rechten Armes und des linken Beines jeweils aktuell auf ein Fünftel und dauerhaft auf ein Sechstel. Ferner wies der Kläger auf einen Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, Dr. V., (Nachfolgerin von Herrn Dr. D.) vom 19. Juli 2004 hin. Diese berichtete im Wesentlichen vom Unfall in der Kindheit und wies auf eine Äußerung des Klägers gegenüber Dr. D. hin, nach welcher er eine wesentliche Beeinträchtigung aufgrund des Verkehrsunfalls als nicht mehr vorliegend gesehen habe. Der Kläger machte in Abweichung davon allerdings geltend, seine Kopfschmerzen seien vor dem Unfall verschwunden gewesen und er leide erst seither wieder darunter sowie unter Schwindel. Ferner fühle er sich müde und abgeschlagen.
Die Beklagte hielt dem Kläger entgegen, aus der Zusammenfassung bzw. Anerkennung wesentlicher Unfallfolgen ergebe sich zwanglos, dass nicht sämtliche Röntgenbefunde angeführt werden könnten. Unfallfolgen auf dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet lägen nicht mehr vor. Die Beklagte wies hierzu auf die Vorschäden beim Kläger hin.
Befragt als sachverständige Zeugen schlossen sich Dr. G. und Dr. P. (Krankenhaus W.) für ihr chirurgisches Fachgebiet im Wesentlichen der Einschätzung von Prof. Dr. S. an.
Im Auftrag des SG erstellte Prof. Dr. E. (Universitätsklinikum F.) aufgrund der Untersuchung vom 8. Oktober 2004 das psychiatrische Gutachten vom 26. November 2004. Beim Kläger könnte wahrscheinlich eine organische Wesensänderung nach dem Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter mit Hirnkontusion vorliegen. Ein anderer Ausdruck wäre ein hirnorganisches Psychosyndrom. Symptome dieses organischen Psychosyndroms wären die vom Kläger angegebenen Konzentrations-, Antriebs-, Affektstörungen mit gelegentlicher Deprimiertheit und Gereiztheit sowie Schlafstörungen. Diese seien nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen, da der Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung fehle. Eine posttraumatische Störung oder eine Belastungsreaktion lägen nicht vor.
Vom 29. bis 31. Januar 2005 hielt sich der Kläger stationär im Krankenhaus Bad S. auf. Im Arztbrief (ohne Datum) berichtete der Stationsarzt S. von einem cerebralen Kampfanfall und nannte als Differentialdiagnose eine Migraine accompagnée. Eine Computertomographie des Schädels sei unauffällig geblieben. Zur weiteren neurologischen Abklärung wurde der Kläger in die ambulante Behandlung entlassen. In der Bescheinigung vom 18. Februar 2005 berichtete Dr. V. von "anfallsähnlichen Ereignissen" Anfang November 2004 und letztmals am 29. Januar 2005. Bei dem zuletzt genannten Ereignis habe der Kläger ein Kribbeln in der rechten Hand gespürt, dann sei ihm schwarz vor Augen geworden. Die Kollegen hätten beobachtet, dass er bleich gewesen sei und schnell geatmet habe. Zusammenfassend sah sich Dr. V. nicht in der Lage, die Ereignisse sicher als epileptisches Geschehen zu deuten. Sie verwies auf die im Arztbrief des Kreiskrankenhauses S. genannte Differentialdiagnose einer Migraine accompagnée. Ferner zog sie auch eine Synkope durch Hyperventilation in Betracht. Eine eindeutige Kausalität zum Verkehrsunfall vom April 2002 sah sie nicht. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger bereits in seiner Jugend ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe, das laut Dr. D. zu neurologischen Auffälligkeiten und einer EEG-Veränderung geführt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2005 gab der Kläger an, er habe Ende März bzw. Anfang April zwei weitere Anfälle gehabt. Dr. V. habe ihm zwischenzeitlich Medikamente verordnet, die er seitdem fortlaufend einnehme. Seither sei es zu keinem weiteren Anfall gekommen.
Mit Urteil vom gleichen Tag wies das SG die Klage ab. Es stützte sich auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E. sowie auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten. Seit dem 3. Juni 2003 liege die MdE unter 20 v. H. Die maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen seien berücksichtigt worden. Die vom Kläger geschilderten anfallsähnlichen Ereignisse seit November 2004 seien unbeachtlich. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Arbeitsunfall und diesen Vorfällen, über die hinsichtlich Umfang und Art nur wenig Präzises bekannt sei, ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Hierfür habe auch die behandelnde Fachärztin Dr. V. keine Hinweise gesehen. Diese fachärztliche Einschätzung erscheine in Anbetracht der unspezifischen Ausprägung der geschilderten Anfälle, des relativ geringfügigen Primärschadens durch den Unfall (Commotio cerebri) sowie schließlich der deutlich schwereren Schädelverletzung bei dem Unfall im Jugendalter als konkurrierende Ursache plausibel. Es bestehe keine Veranlassung, die vom Kläger angesprochenen weiteren Untersuchungen abzuwarten oder eine solche Untersuchung von Amts wegen zu veranlassen. Sollte der radiologische Nachweis relevanter Unfallfolgen gelingen, bliebe es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf erneute Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zu stellen. Die MdE-Schätzungen der Sachverständigen und der Gutachter sei im Vergleich mit den einschlägigen gutachterlichen Erfahrungswerten plausibel. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung, dass es sich bei den weiteren von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen um Unfallfolgen handle. Zum Teil handle es sich dabei um radiologische Befunde bzw. um geschilderte Schmerzen, die in den als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen bereits enthalten und bei der MdE-Schätzung berücksichtigt worden seien. Bezüglich der posttraumatischen Spannungskopfschmerzen sowie der akuten psychischen Belastungsreaktion sei unabhängig von der Frage des ursächlichen Zusammenhangs festzustellen, dass sie zwischenzeitlich nicht mehr vorlägen. Daher sei ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an deren Feststellung nicht ersichtlich.
Gegen das ihm am 26. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Oktober 2005 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren. Ergänzend macht er geltend, das SG hätte wegen der neuen Anfälle den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Hierzu verweist er auf die zwischenzeitlich erstellte Magnetresonanztomographie (MRT) und die Bescheinigung von Dr. G ...
Über die MRT des Schädels vom 29. Juni 2005 hat Frau Dr. Sch. am 6. Juli 2005 berichtet. Als Diagnosen nennt sie ein Schädel-Hirn-Trauma bei Autounfall am 6. April 2002, ein cerebral-organisches Anfallsleiden und eine subdurale Flüssigkeitsansammlung links-hemisphärisch ohne raumfordernde Wirkung. Weiter berichtet sie über eine anfallsprophylaktische Medikation, die der Kläger täglich einnehme. Am 29. Juli 2005 hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. bescheinigt, der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, an gefährlichen Maschinen, in größerer Höhe oder auf Gerüsten zu arbeiten. Gleichfalls sei es ihm im Moment nicht erlaubt, selbstständig ein Kraftfahrzeug zu führen.
Der Kläger legt einen weiteren Arztbrief von Frau Dr. Sch. vom 8. November 2005 vor. Darin nennt sie als Diagnose u. a. nach wie vor ein cerebral-organisches Anfallsleiden. Sie gibt den Kläger dahingehend wieder, dass nach dem Autounfall ein solches Anfallsleiden aufgetreten sei und dass er derzeit antikonvulsiv eingestellt sei. Da der Kläger jedoch auch berichtet habe, die Kopfschmerzen hätten sich gebessert, sah sie keinen Handlungsbedarf. Ferner habe der Kläger ihr gegenüber geäußert, wieder Auto fahren zu können. Sie bat aus diesem Grund um die Durchführung eines EEGs und bei entsprechender Anfallsfreiheit um Beantragung der Fahrerlaubnis bei der Führerscheinstelle.
Abschließend trägt der Kläger vor, der Verkehrsunfall sei eine wesentliche Teilursache für die zwischenzeitlich aufgetretene Epilepsie.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juni 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 abzuändern, festzustellen, dass cerebrale Krampfanfälle und geringgradige Beschwerden am linken Kniegelenk weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 06. April 2002 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 06. April 2002 eine Rente nach einer MdE um mindestens 40 v. H. ab 14. April 2003 bis auf weiteres zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, es sei fraglich, ob eine Epilepsie vorliege. Es fehle an objektiven Befunden. Eine Epilepsie trete nur nach Schädel-Hirn-Verletzungen auf, wenn die Substanz des Hirns geschädigt sei. Dies sei durch den Verkehrsunfall aber nicht der Fall gewesen.
Auf Antrag des Klägers hat Prof. Dr. M. (Universitätsklinikum H. Neurologische Klinik) aufgrund der Untersuchung vom 20. Juli 2006 das fachneurologische Gutachten vom 11. September 2006 erstattet. Prof. Dr. M. beschreibt eine symptomatische Epilepsie und chronische Spannungskopfschmerzen. Ein beim Kläger vorhandener Hirnsubstanzdefekt sei keine Unfallfolge. Allerdings sei der Unfall Ursache einer anhaltenden Verschlechterung der vorbestehenden Hirnkontusion gewesen. Die Epilepsie sei damit unfallabhängig, mit Erstmanifestation am Unfalltag. Der Unfall sei im Vergleich zur Hirnkontusion aus dem Jahr 1983 als gleichwertige Teilursache anzusehen. Hingegen seien die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen nicht mehr auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Die MdE schätzte Prof. Dr. M. auf 30 v. H. Er nahm jedoch eine Aufteilung dahingehend vor, dass davon lediglich die Hälfte (MdE 15 v. H.) durch den Unfall verursacht sei. Dem Gutachten war der ebenfalls von Prof. Dr. M. erstellte klinisch-neurophysiologische Befundbericht vom 26. Juli 2006 beigefügt.
Auf weiteren Antrag des Klägers hat Prof. Dr. S. (Universitätsklinikum H., Neurologische Klinik, Abteilung Neuroradiologie) das neuroradiologische Gutachten vom 12. Februar 2007 erstattet. Prof. Dr. S. gelangte zu dem Schluss, es bestünden keine Traumafolgen, die im Zusammenhang mit dem Autounfall stünden. Es zeige sich aktuell ein im zeitlichen Verlauf konstantes frühkindliches Schädigungsmuster im Sinne einer Ulegyrie.
In einer gemeinsamen ergänzenden Stellungnahme führen Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. am 11. Juli 2007 aus, zwischen ihren Gutachten bestehe vollständige Übereinstimmung. Die beim Kläger bestehende Epilepsie sei trotz fehlender neuer Unfallfolgen durch den Verkehrsunfall im Sinne einer anhaltenden Verschlechterung eines vorbestehenden Schadens teilverursacht worden. Die Ursache von epileptischen Anfällen könne durchaus auf mikroskopischen, ultrastrukturellen, molekularen oder funktionellen Veränderungen beruhen.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008 hat der Senat J. Z. und A. T. als Zeugen vernommen. Beide berichten von Anfällen des Klägers im Jahr 2005. Wegen des weiteren Inhalts ihrer Zeugenaussagen wird auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist zum überwiegenden Teil begründet.
Das SG hätte die Klage nicht in vollem Umfang abweisen dürfen. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2004 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte geringgradige Beschwerden am linken Knie nicht als Unfallfolge festgestellt hat. Ferner war die Beklagte aufgrund der weiteren gesundheitlichen Entwicklung des Klägers während des Klageverfahrens abweichend von der Entscheidung des SG zu verurteilen, für die Zeit ab dem 15. November 2004 eine symptomatische Epilepsie als Unfallfolge anzuerkennen und ab diesem Zeitpunkt dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Im Übrigen erweist sich die Entscheidung der Beklagten und des SG jedoch als richtig und die Berufung war dementsprechend zurückzuweisen.
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem bei dem Unfall erlittenen Primärschaden einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen diesem und der verbliebenen Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Primärschaden und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19,52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 und vom 09. Mai 2006 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 ). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Der Verkehrsunfall, den der Kläger am 06. April 2002 erlitten hat, stellt einen Arbeitsunfall dar (§ 8 Abs. 2 SGB VII – sog. Wegeunfall). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch der Senat ist davon überzeugt.
Der Unfall hat zu Gesundheitserstschäden in Form einer Femurschaftspiralmehrfragmentfraktur links und einer subcapitalen Humerusfraktur links sowie weiteren für den nachfolgenden Verlauf nicht bedeutsamen Verletzungen am Rumpf und den Extremitäten geführt. Ferner kam es zu einem Schädel-Hirn-Trauma in Form einer Gehirnerschütterung (Commotio cerebri). Ein Hirnsubstanzdefekt aufgrund des Verkehrsunfalls ließ sich jedoch nicht nachweisen. Schon im ersten neurologischen Befundbericht vom 11. April 2002 wurden keine Hinweise auf eine Hirnkontusion gesehen. Auch Dr. D. geht in seinem Bericht vom 12. September 2002 lediglich von einer unfallbedingten Commotio cerebri aus. Dies sahen auch Dr. K. in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 20. März 2003 und Dr. C. in seinem Gutachten vom 12. September 2003 so. Zuletzt wurde diese Auffassung durch Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. nach nochmaliger neurologischer und nun insbesondere auch neuroradiologischer Beurteilung bestätigt. Prof. Dr. S. hat diese Auffassung überzeugend auf den Vergleich der Befunde aus einem MRT des Neurokraniums vom Mai 2000 – vor dem Verkehrsunfall – und einem MRT vom Juni 2005 – nach dem Unfall – gestützt. Nachvollziehbar gelangt er zu der Auffassung, dass hinsichtlich des tatsächlich beim Kläger bestehenden Schädigungsmusters von einer im zeitlichen Verlauf konstanten frühkindlichen Schädigung auszugehen ist. Diese Schädigung beruht auf einem Sturz aus dem Fenster im Jahr 1983 und nicht auf dem Verkehrsunfall.
Allerdings kam es in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall zu einem ersten - im Durchgangsarztbericht dokumentierten und nachfolgend auch u.a. von Dr. H (beratungsärztliche Stellungnahme vom 21. Oktober 2002), Dr. K. (Gutachten vom 20. März 2003) und Dr. C. (Gutachten vom 12. September 2003) erwähnten - generalisierten epileptischen Anfall. Dem Durchgangsarztbericht vom 09. April 2002 ist zu entnehmen, dass es zu dem Anfall nach der Bergung durch den Notarzt gekommen ist. Zur Überzeugung des Senats handelte es sich aufgrund dieses zeitlichen Ablaufs um einen sog. Frühanfall, der später als zehn Minuten, aber noch innerhalb der ersten sieben Tage nach dem Unfall eingetreten ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 280). Denn es kann davon ausgegangen werden, dass nach der Bergung durch den Notarzt seit dem Unfallereignis bereits über zehn Minuten vergangen waren.
An länger andauernden Unfallfolgen sind aufgrund der eben genannten Gesundheitserstschäden zum einen die im angefochtenen Ausgangsbescheid bezeichneten Störungen eingetreten. Dabei handelt es sich um einen knöchern verheilten Oberarmbruch links, eine geringgradige Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, einen in leichter Fehlstellung knöchern verheilten Oberschenkelbruch links, eine Umfangsvermehrung am linken Ober- und linken Unterschenkel, Narben am Schulterblatt links, an der linken Hüfte, am mittleren Oberschenkel links und linken Unterschenkel. Das im Bescheid noch genannte einliegende Metall wurde, wie sich aus den Zwischenberichten von Dr. P. vom 13. und 16. Februar 2004 ergibt, zwischenzeitlich entfernt. Daneben haben Frau Dr. G. und Dr. P. in der sachverständigen Zeugenaussage noch von einem geringen Beugedefizit im linken Kniegelenk berichtet (0-0-120), das von Prof. Dr. S. bei der gutachterlichen Untersuchung nicht beschrieben wurde (0-0-140). Allerdings führte auch Prof. Dr. S. in seiner Zusammenfassung der Unfallfolgen belastungsabhängige und belastungsunabhängige Schmerzen im linken Knie an. Der Senat hält es daher für gerechtfertigt, als Unfallfolgen auch geringgradige Beschwerden am linken Kniegelenk zu benennen. Die Beklagte war zu der dementsprechenden Feststellung zu verurteilen.
Im weiteren Verlauf ist nach der Erstmanifestation am Unfalltag im November 2004 eine symptomatische Epilepsie aufgetreten. Der Senat ist vom Vorliegen dieses Krankheitsbilds aufgrund der Ausführungen von Prof. Dr. M. im Gutachten vom 11. September 2006 überzeugt. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass objektiv messbare Befunde, die die Epilepsie bestätigen, fehlen. Dies wird von Prof. Dr. M. auch nicht verschwiegen. Er führt aus, dass sich im Hirnstrombild keine epilepsieverdächtigen oder gar –typischen Veränderungen unter Provokationsbedingungen zeigten. Zum einen schränkt Prof. Dr. M. jedoch hierzu ein, der Kläger habe bei der Prüfung nicht sonderlich kräftig hyperventiliert, was die Aussage dieses Untersuchungsschritts etwas einschränke. Zum anderen verweist Prof. Dr. M. auf die durchgeführte Therapie mit Carbamazepin und wertet das Hirnstrombild vor diesem Hintergrund als normal. Im Übrigen wird in der unfallmedizinischen Literatur beschrieben, dass auch bei klinisch manifestem Anfallsleiden nicht immer epilepsiespezifische Graphoelemente in der Hirnstromkurve vorhanden sind (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284).
Es ist einzuräumen, dass die Feststellung einer Epilepsie damit im Wesentlichen von den Schilderungen des Klägers über die ab November 2004 eingetretenen Anfälle abhängt. Der Senat sieht sich jedoch nicht veranlasst, an den Angaben des Klägers zu zweifeln. Auch Prof. Dr. M. hatte offensichtlich insoweit keine Bedenken, obwohl von der behandelnden Ärztin Dr. V. die Ereignisse zuvor lediglich als anfallsähnlich beschrieben wurden und neben einem epileptischen Geschehen von ihr auch eine Migraine accompagnée (s. hierzu auch Arztbrief des Krankenhaus Bad S. über den stationären Aufenthalt vom Januar 2005) oder Hyperventilationssynkopen für möglich erachtet wurden (Bescheinigung vom 18. Februar 2005). Bestand anfänglich noch Unklarheit hinsichtlich der diagnostischen Beurteilung der vom Kläger beschriebenen Ereignisse, wurde nachfolgend aber dann doch eine antiepileptische Therapie mit Carbamazepin begonnen, deren Berechtigung von Prof. Dr. M. nicht in Frage gestellt wird und die seither auch zur Anfallsfreiheit geführt hat. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers spricht in besonderer Weise, dass der Kläger aufgrund der von ihm beschriebenen Ereignisse einen Sperrvermerk bei der Führerscheinstelle in Kauf nahm (s. Bescheinigung des Dr. G. vom 29. Juli 2005 und Arztbrief von Fr. Dr. Sch. vom 08. November 2005). Dies stellte für den damals 30-jährigen Kläger, der während der neurologischen Rehabilitation zudem angegeben hatte, nach dem Verkehrsunfall zwar in sich selbst gutes Vertrauen als Autofahrer zu haben, jedoch unter Angstzuständen als Beifahrer zu leiden (s. Abschlussbericht vom 08. Januar 2003), eine erhebliche Einbuße an Mobilität und damit auch an Lebensqualität dar. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zwar seinen letzten Arbeitsplatz verloren hat und in diesem Zusammenhang von Seiten der früheren Arbeitgeberin eine mangelnde Motivation des Klägers behauptet wurde (Schreiben der Brennet AG an die Beklagte vom 06. November 2003). Jedoch hat der Kläger seit 2005 wieder eine vollschichtige Arbeit in seinem Ausbildungsberuf als Maler und Lackierer aufgenommen und im Übrigen die Behauptungen der früheren Arbeitgeberin bestritten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wurde laut einem Pressebericht die Kündigung der früheren Arbeitgeberin als "ziemlich wackelig" angesehen (Bericht im Südkurier vom 08. November 2003). Angesichts dieser Umstände - Medikation, Sperrvermerk bei der Führerscheinstelle, Leistungsbereitschaft - sowie aufgrund des Eindrucks, den er sich in der mündlichen Verhandlung vom Kläger verschafft hat , hält der Senat die Angaben, die der Kläger zu den Anfällen gemacht hat, für glaubhaft. Gründe, daran zu zweifeln, sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen des Klägers wurde im Übrigen durch die Angaben der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen, an deren Glaubwürdigkeit der Senat keine Zweifel hat, voll bestätigt. Beide schilderten in plastischer Weise zwei Anfälle in der ersten Jahreshälfte 2005. Der Zeuge Z., dessen Tochter ebenfalls an Epilepsie leidet, hat unmittelbar bei der Beobachtung des damaligen Anfalls an ein epileptisches Krankheitsbild gedacht. Übereinstimmend berichteten die Zeugen insbesondere von ungewöhnlichen Augenbewegungen und dem Verkrampfen einer Hand.
Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass das Schädel-Hirn-Trauma - hier in Form einer Commotio cerebri - vom 06. April 2002 für die im November 2004 aufgetretene Epilepsie wesentlich mit ursächlich war (haftungsausfüllende Kausalität). Der Senat stützt sich hierfür auf die ausführlich begründeten und nachvollziehbaren Einschätzungen der beiden Sachverständigen Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S ... Es wird nicht verkannt, dass, wie die Beklagte betont, eine Epilepsie in der Regel nur dann auf eine Schädel-Hirn-Verletzung zurückgeführt werden kann, wenn die Substanz des Hirns geschädigt wurde (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 280, 281). Soweit Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. in ihrer neurologischen und neuroradiologischen Interpretation des bildmorphologischen Befunds (MRT-Befunde) das Hinzukommen neuer Traumafolgen - zu den bereits vorhandenen Traumafolgen des Sturzes in der Kindheit - ausschließen und gleichwohl einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und der Epilepsie bejahen, besteht nur scheinbar ein Widerspruch zur Auffassung der Beklagten und der unfallmedizinschen Literatur. Denn Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. vertreten überzeugend die Auffassung, dass die Entwicklung einer Epilepsie nicht notwendigerweise eine makroskopisch und damit bildmorphologisch sichtbare Ursache benötigt. Die Ursache von epileptischen Anfällen kann durchaus auf mikroskopischen, ultrastrukturellen, molekularen oder funktionellen Veränderungen beruhen. Zwar wird in der Literatur der Nachweis einer substantiellen Hirnschädigung verlangt, gleichzeitig wird jedoch sinngemäß eingeräumt, dass die bildgebenden Verfahren in der Darstellung kleiner Strukturveränderungen an ihre Grenzen gelangen können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284). Ferner wird an anderer Stelle lediglich darauf abgestellt, ob der Unfallhergang geeignet war, eine Hirnverletzung herbeizuführen. Als geeignet werden massive Einwirkungen auf den Kopf angesehen. Unkomplizierte Hirnerschütterungen werden nicht als ursächlich erachtet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S. 281 f.). Komplizierte Hirnerschütterungen werden demnach - obwohl sie definitionsgemäß keine morphologisch fassbare Schädigung der Hirnsubstanz bedingen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 260) - von der Literatur doch als geeignet angesehen, eine Epilepsie herbeizuführen. Dies ist - zusammen mit Prof. Dr. M. und Prof. Dr. S. - durch eine morphologisch nicht fassbare Schädigung der Hirnsubstanz zu erklären. Damit ist der oben beschriebene, scheinbare Widerspruch aufgelöst. Eine komplizierte Hirnerschütterung lag beim Kläger zur Überzeugung des Senats nach dem Unfall vor. Aus den zahlreichen Verletzungen (u.a. eine 2 cm lange Kopfplatzwunde und Frakturen), die sich der Kläger bei diesem Unfall zuzog, ergibt sich, dass eine ganz erhebliche Krafteinwirkung auf den Körper stattgefunden hat. Kurz nach dem Unfall kam es zu einem epileptischen Anfall. Prof. Dr. M. beschreibt, dass beim Kläger für einige Tage nach der stationären Aufnahme eine Amnesie bestand. Zudem war das Hirn vorgeschädigt.
Im Übrigen untermauert der erste, generalisierte epileptische Anfall am Unfalltag den kausalen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Entwicklung der Epilepsie. Die Auffassung von Prof. M. (Gutachten vom 11. September 2006), dass das Auftreten frühzeitiger Anfälle nach einem Schädel-Hirn-Trauma ein bekannter Risikofaktor für die Manifestation einer späteren Epilepsie sei, steht im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur. Auch dort wird für den - hier vorliegenden - Frühanfall (s.o.) eine Risikoerhöhung der Epilepsieentwicklung auf 15 bis 20 % beschrieben (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 280).
Dem Zusammenhang steht die Latenzzeit zwischen dem Arbeitsunfall und dem späteren Auftreten der Epilepsie von gut zweieinhalb Jahren nicht entgegen. Diese Zeit ist noch als gewöhnlich anzusehen. Erst bei einem Zeitintervall von mindestens drei Jahren ist der Zusammenhang zurückhaltend zu werten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 284).
Die Commotio cerebri, die sich der Kläger am 06. April 2002 zuzog, stellt neben der in der Kindheit erworbenen Hirnschädigung eine wesentliche Teilursache für die Entstehung der Epilepsie dar. Mit Prof. Dr. M. schätzt der Senat beide Ursachen als gleichwertig ein. Maßgeblich ist, dass es ohne den Arbeitsunfall nicht zum Eintritt der Epilepsie gekommen wäre und dass es sich bei diesem Unfall auch nicht um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat. Zwar werden in der Literatur Latenzzeiten bis 30 Jahre beschrieben. Das würde bedeuten, dass daran gedacht werden könnte, die Epilepsie allein auf das im Jahr 1983 erlittene Trauma zurückzuführen. Jedoch wird in der unfallmedizinischen Literatur die Auffassung vertreten, dass schon ab einem Zeitintervall von mindestens drei Jahren ein Zusammenhang zurückhaltend zu bewerten sei (s.o.). Prof. Dr. M. weist auf die seit dem Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter anfallsfrei vergangenen ca. 20 Jahre hin und erachtet eine Spätepilepsie nach dieser Zeitspanne als Rarität. Insgesamt spricht deutlich mehr für als gegen eine Mitursächlichkeit des Schädel-Hirn-Traumas vom April 2002 für die seit November 2004 bestehende Epilepsie. Nach ca. 20-jähriger Anfallsfreiheit ohne antikonvulsive Medikation geht der Senat zudem davon aus, dass die sicher bestandene Krankheitsanlage nicht so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Epilepsie ausgelöst hätte. Dagegen spricht die oben dargelegte und auch hier nicht aufgegebene Auffassung, dass eine Epilepsie nach einer Schädel-Hirn-Verletzung eine - wenn auch evtl. nicht nachweisbare - Hirnsubstanzverletzung voraussetzt und deswegen jedenfalls eine "gewöhnliche" Hirnerschütterung nicht ausreicht.
Posttraumatische Kopfschmerzen sind nicht anzuerkennen. Soweit der Kläger heute unter Kopfschmerzen leidet, kann dies nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. M. nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden, da der Kläger auch schon zuvor unter Kopfschmerzen gelitten hat.
Die MdE auf dem neurologischen Fachgebiet bewertet der Senat mit 30 v.H. Die Epilepsie wies vor der Behandlung nur eine niedrige Anfallsfrequenz auf. Zudem waren die Anfälle leichterer Art (vgl. die Tabelle zu den Gefährdungskategorien in: Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 288). Der Senat teilt hinsichtlich der MdE-Bewertung die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. M ... Die MdE um 30 v.H. entspricht auch dem Regelwerk, das in Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 289 vorgeschlagen wird. Soweit im weiteren Schrifttum für epileptische Anfälle MdE-Eingangswerte mit mindestens 40 v.H. vorgeschlagen werden (Mehrhoff/Meindl/Murr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 147; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 12, J 002), hält dies der Senat - jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall - nicht für angemessen. Die MdE um 30 v. H. lag ab dem Auftreten der Epilepsie im November 2004 vor. Aus dem einmaligen Anfallereignis am Unfalltag ergab sich noch keine dauerhafte Funktionseinschränkung. Mangels eines genauer bekannten Datums des ersten Anfalls ("Anfang November") war die Beklagte in entsprechender Anwendung des § 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (vgl. Ricke in KassKomm. Rdz. 3 zu § 72 SGB VII) für die Zeit ab dem 01. November 2004 dementsprechend auch zu verurteilen, die symptomatische Epilepsie als Unfallfolge festzustellen.
Im Hinblick auf das chirurgisch/orthopädische Fachgebiet teilt der Senat die Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. S., der die MdE auf der Grundlage der beim Kläger zuletzt nur noch geringfügig verbliebenen Bewegungseinschränkungen mit 20 v.H. bis zum 03. Juni 2003 und nachfolgend mit 10 v.H. bewertet hat. Dem haben sich die behandelnden Ärzte Fr. Dr. G. und Dr. P. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 20. Juli 2004 im Ergebnis unter zusätzlicher Erwähnung der Beschwerden am Knie (s.o.) angeschlossen. Die Einschätzung des Dr. H. im Gutachten vom 11. Mai 2004 erfolgte nach anderen, privatversicherungsrechtlichen Maßstäben und kann daher nicht übertragen werden.
Für die Zeit vom 14. April bis 03. Juni 2003 betrug die MdE mithin 20 v.H., in der Zeit vom 04. Juni 2003 bis 31. Oktober 2004 10 v.H. und für die Zeit ab dem 01. November 2004 40 v.H. (Gesamt-MdE aus den eben dargestellten Werten 30 v. H. und 10 v.H.). Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die MdE in Zukunft ändern kann. Insbesondere ist von einer Verringerung auszugehen, wenn drei Jahre nach Beginn der Therapie noch immer Anfallfreiheit besteht.
Nach alledem hatte die Berufung in dem im Tenor beschriebenen Umfang Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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