L 13 R 1949/08 KO-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 874/08 KO-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1949/08 KO-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. März 2008 aufgehoben. Die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. B. werden auf die Staatskasse übernommen.

Der Antragsgegner hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und sachlich begründet. Die Kosten der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlassten Begutachtung durch Prof. Dr. B. sind in vollem Umfang auf die Staatskasse zu übernehmen.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über die Kostenübernahme und damit eine Kostentragungspflicht der Staatskasse im Sinne des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Ein vom Sozialgericht (SG) ausgeübtes Ermessen ist im Beschwerdeverfahren durch den Senat voll überprüfbar; die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache geht durch das Rechtsmittel auf das Beschwerdegericht über (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2000 - L 8 SB 2009/00 - veröffentlicht in Juris). Die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens sind nur dann auf die Staatskasse zu übernehmen, wenn das Gutachten zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht und diese damit objektiv gefördert hat (ständige Rechtsprechung des Senats, etwa Beschluss vom 18. Dezember 2003 - L 13 RJ 3589/03 KO-B). Dass ein Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat, kann auch daraus abgelesen werden, dass es für die Beklagte Anlass für die Abgabe eines Anerkenntnisses oder für die Beteiligten Grundlage für den Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleichs geworden ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 109 Rdnr. 16a m.w.N.). Selbst dann, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand nur ein Teil des klägerischen Begehrens durch das Gutachten abschließend bestätigt wird, ist dies für die Entscheidung (oder sonstige Erledigung) von wesentlicher Bedeutung (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. August 2000 - L 8 SB 2009/00 - veröffentlicht in Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin Anspruch auf vollständige Übernahme der durch das Gutachten von Prof. Dr. B. verursachten Kosten; das SG hat den hierauf gerichteten Antrag zu Unrecht abgelehnt. Entgegen dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss des SG sieht der Senat in dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG eingeholten Gutachten einen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung. Das Gutachten von Prof. Dr. B. hat neue, im Verfahren bislang noch unberücksichtigt gebliebene medizinische Gesichtspunkte erbracht; die Sachverständige hat erstmals ein vollständig aufgehobenes berufliches Leistungsvermögen angenommen und dies u. a. mit dem Zusammenwirken von Erkrankungen des lungen- und nervenärztlichen Fachgebiets begründet. Diese sozialmedizinische Beurteilung ist durch das (später) von Amts wegen eingeholte Gutachten von Dr. Sch. im Ergebnis uneingeschränkt und in der Begründung teilweise bestätigt worden. Dass Dr. Sch. der Einschätzung von Prof. Dr. B. nicht in allen Punkten gefolgt ist und die Beklagte sich zur Begründung ihres Anerkenntnisses ausschließlich auf das Gutachten von Dr. Sch. gestützt hat, ändert nichts daran, dass erstmals Prof. Dr. B. die sozialmedizinische Tragweite der bei der Klägerin vorliegenden, das berufliche Leistungsvermögen einschränkenden Erkrankungen erkannt hat. Letztlich zeigt sich die Bedeutung des auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachtens auch daran, dass das SG vor Einholung dieses Gutachtens eine Klagerücknahme angeregt, eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt und keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen beabsichtigt hatte. Erst das Gutachten von Prof. Dr. B. hat diejenigen Gesichtspunkte zu Tage gefördert, die das SG zu weiteren Ermittlungen veranlasst haben und die letztlich auch für die Beklagte Anlass gewesen sind, einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anzuerkennen. Damit hat dieses Gutachten die Sachaufklärung wesentlich vorangebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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