L 5 R 1547/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4933/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1547/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.2.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1958 geborene Kläger (GdB 40), ohne erlernten Beruf, bis 2001 als Lagerarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt (Arbeitsunfall 1996), danach arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos, beantragte am 18.10.2004 Rente wegen Erwerbsminderung. Zuvor hatte er vom 20.5. bis 10.6.2003 in der R.klinik, Bad R., eine stationäre Rehabilitationsbehandlung absolviert. Die Ärzte der Klinik erachteten den Kläger bei den Diagnosen: sensomotorisches Wurzelreizsyndrom bei NPP L5/S1 mit engem Spinalkanal, chronisches HWS-Syndrom, Depression, V.a. Somatisierung, Nikotinabusus für imstande, die zuletzt geleistete Arbeit als Lagerarbeiter sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr zu verrichten (Entlassungsbericht vom 2.7.2003).

Mit Bescheid vom 2.11.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den dagegen (ohne Begründung) eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 5.7.2005 zurück, worauf der Kläger am 5.8.2005 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhob; wegen Wirbelsäulenleiden, Schmerzen und Depressionen könne er nicht mehr als zwei Stunden täglich arbeiten.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Sch.-K., Neurologin, Bericht vom 28.7.2006, SG-Akte S. 19: leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen unter sechs Stunden täglich möglich; Dr. S., Orthopäde, Bericht vom 7.8.2006, SG-Akte S. 23: wegen orthopädischer und psychiatrischer Erkrankungen keine Arbeit mehr möglich; Dr. A. T. Dr./H. UNIV., Allgemeinarzt, SG-Akte S. 27: Kläger seit 2004 ein Rentenfall) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. F. vom 18.2.2007 (SG-Akte S. 45) sowie das Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. B. vom 27.6.2007 (SG-Akte S. 83).

Dr. F. fand auf seinem Fachgebiet eine Dysthymia, aber keine schwere Depressivität. Der Kläger könne zwar nicht mehr als Lagerarbeiter arbeiten, aber leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig verrichten.

Prof. Dr. B. hielt in seinem Gutachten u.a. folgende Befunde fest: äußerst klagsames Verhalten, in der Anamnese dysphorische und teilweise depressiv gefärbte Grundstimmung mit Hinweisen in der Beschwerdeschilderung auf eine herabgesetzte Schmerzschwelle im Sinne einer "somatoformen Schmerzstörung", deutlich erkennbare Schmerzdemonstration und Schmerzausgestaltung, mäßige Fehlhaltung der Wirbelsäule, Beweglichkeit der oberen Extremitäten nicht eingeschränkt, Halswirbelsäule endphasig schmerzhaft angegeben, Finger-Boden- bzw. Finger-Fußspitzen-Abstand im Stehen 45 cm, auf der Untersuchungsliege 10 cm. Der Gutachter diagnostizierte ein sensibles Nervenwurzelreizsyndrom L 5 rechts, eine Fußheberparese rechts, eine somatoforme Schmerzstörung sowie leichtes Übergewicht. Auffallend sei, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit bei der Untersuchung im Sitzen deutlich besser ausgefallen sei als bei der Untersuchung im Stehen. Ungewöhnlich sei auch das - doppelt kontrollierte - Umfangsplus des Muskelsehnenmantels am rechten Bein, an dem man wegen der Fußheberlähmung zumindest im Bereich des Unterschenkels ein Umfangsminus erwarten würde. Analog zu dem nervenärztlichen Gutachten des Dr. F. sei auch von orthopädischer Seite festzustellen, dass einfache, leichte Tätigkeiten zur normalen Arbeitszeit ohne regelmäßiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 Kilogramm, ohne große Einwirkung von Kälte, Nässe oder Zugluft und ohne besondere Verantwortung bzw. besondere geistige Beanspruchung im Wechselrhythmus bis zu sechs Stunden täglich zumutbar seien. Als Lagerarbeiter könne der Kläger nicht mehr arbeiten. Seine, des Gutachters, Einschätzung decke sich mit der Auffassung des Dr. F ... Der Kläger sei wegefähig.

Die Beklagte legte abschließend die beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. St. vom 1.8.2007 (SG-Akte S. 95) vor. Darin ist (u. a.) ausgeführt, die Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens von (nur) bis zu sechs Stunden täglich im Gutachten des Prof. Dr. B. sei nicht nachvollziehbar; insbesondere sei nicht begründet, weshalb nicht sechs Stunden täglich und mehr möglich sein sollten. Vielmehr habe der Gutachter bei deutlicher Schmerzdemonstration und Schmerzausgestaltung an den oberen Extremitäten uneingeschränkte Beweglichkeit und eine nur endgradig schmerzhafte Wirbelsäule gefunden. In Übereinstimmung mit Dr. F. sei eine Muskelverschmächtigung am rechten Bein nicht nachweisbar gewesen.

Mit Urteil vom 25.2.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, eine rentenberechtigende Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) liege nicht vor. Vielmehr könne der (breit verweisbare) Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig verrichten. Das gehe aus den Gutachten des Dr. F. und des Prof. Dr. B. überzeugend hervor. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege lediglich eine anhaltende affektive Störung als Folge des in der Vergangenheit erlittenen Arbeitsunfalls und des Arbeitsplatzverlustes vor; der Kläger befinde sich auch nicht in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung. Die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet begründeten den geltend gemachten Rentenanspruch ebenfalls nicht, nachdem der Kläger sechs Stunden täglich arbeiten könne. Die gegenteiligen Auffassungen behandelnder Ärzte seien durch die Erkenntnisse der Gerichtsgutachter schlüssig und überzeugend widerlegt.

Auf das ihm am 5.3.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.3.2008 Berufung eingelegt. Außerdem beantragte er Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. Wegen Wirbelsäulenleiden, einem chronifizierten Schmerzsyndrom und durch die Schmerzen verursachter Depressionen könne er nicht mehr länger als zwei Stunden täglich arbeiten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.2.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 2.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.7.2005 zu verurteilen, ihm Erwerbsminderungsrente seit Antragstellung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Beschluss vom 25.4.2008 (L 5 R 1547/08) lehnte der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren ab.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend in Betracht komme, gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu gehört.

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Erwerbsminderungsrente zu Recht abgelehnt; der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend nimmt der Senat auf die Gründe seines Beschlusses vom 25.4.2008 (a. a. O.) über die Ablehnung des im Berufungsverfahren gestellten Prozesskostenhilfeantrags Bezug. Der Kläger hat zur Begründung der Berufung Neues nicht vorgetragen. Auch im Rahmen der gem. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG durchgeführten Anhörung ist nichts mehr vorgetragen worden. Aus den Gutachten des Dr. F. und des Prof. Dr. B. geht auch zur Überzeugung des Senats hervor, dass eine rentenberechtigende Erwerbsminderung nicht vorliegt. Dr. Stark hat das in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 1.8.2007 überzeugend untermauert und insbesondere schlüssig dargelegt, dass das quantitative Leistungsvermögen des Klägers nicht auf weniger als sechs Stunden täglich abgesunken ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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