L 12 AS 573/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 453/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 573/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.11.2007 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 30.11.2007 im Streit.

Der 1974 geborene erwerbsfähige Kläger bewohnt gemeinsam mit seinen Eltern eine 93 qm große Vier-Zimmer-Wohnung. Die Eltern sind Hauptmieter der Wohnung, in welcher der Kläger als Untermieter seiner Eltern ein eigenes Zimmer besitzt. Außerdem nutzt der Kläger alleine den zu der Wohnung gehörenden Kellerraum als Zimmer, in welchem er auch schläft. Im Untermietvertrag mit seinen Eltern vom 15.09.2003 ist vereinbart, dass der Kläger seinen Eltern einen Untermieterzins von 350 EUR monatlich (260 EUR Kaltmiete zuzüglich Kosten für Heizung und Warmwasser von 60 EUR monatlich und für weitere Betriebskosten von 30 EUR monatlich) zu entrichten hat. Allerdings zahlt der Kläger hierauf seit dem 01.08.2005 lediglich einen verminderten Mietzins von 160,50 EUR, weil er mit der Beklagten bereits seit längerer Zeit um höhere Unterkunftskosten streitet und diese bisher noch nicht erhalten hat (vgl. die Aussagen des Klägers im Erörterungstermin vom 22.04.2008).

Der Kläger erhielt auf seinen Antrag von dem Beklagten mit Bescheid vom 07.12.2006 Leistungen für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 30.11.2007 in Höhe von 459,92 EUR. Der Beklagte ging hierbei von einem Regelsatz in Höhe von 276,00 EUR aus, da der Kläger mit seinen ebenfalls im Leistungsbezug des Beklagten stehenden Eltern eine Haushaltsgemeinschaft bilde. Als Zusatzbedarf für besondere Ernährung wurden weitere 35,79 EUR monatlich bewilligt. Die Eltern des Klägers als Hauptmieter haben Kosten der Unterkunft in Höhe von 372,37 EUR (kalt) monatlich, wovon der Beklagte für den Kläger nach Kopfanteilen ein Drittel, nämlich 124,13 EUR übernahm. Die Nebenkosten in Höhe von 83,57 EUR abzüglich des Warmwasseranteils in Höhe von 11,57 EUR und anteiliger Beträge von 24,00 EUR jeweils für den Vater und die Mutter des Klägers berechnete der Beklagte für den Kläger mit 24,00 EUR, woraus sich der Betrag in Höhe von 459,92 EUR errechnete.

Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er mit seinen Eltern keine Haushaltsgemeinschaft bilde und auch nicht gemeinsam gewirtschaftet werde. Eine Pauschalisierung der Heizkosten und weiteren Nebenkosten sei nicht zulässig. Der Beklagte habe ihm daher höhere Nebenkosten zu gewähren.

Mit Änderungsbescheid vom 15.01.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger dann rückwirkend für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 30.11.2007 eine auf 345,00 EUR erhöhte Regelleistung. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2007 wies der Beklagte den Widerspruch als teilweise unbegründet zurück. Nach wie vor sei von einer Haushaltsgemeinschaft des Klägers mit seinen Eltern auszugehen, da dieser über keine abgeschlossene eigenständige Wohnung verfüge. Auch der Untermietvertrag vom 15.09.2003, den der Kläger mit seinen Eltern geschlossen habe, ändere hieran nichts. Auch die kopfteilige Aufteilung der Kosten sei rechtmäßig. Eine teilweise Abhilfe erfolgte im Hinblick auf die Garagenmiete, wozu der Beklagte ein Drittel der monatlichen Kosten in Höhe von 25,56 EUR übernahm. Höhere Nebenkosten seien ebenfalls nicht zu erstatten, da ein monatlicher Abschlag in Höhe von 130,00 EUR für Heiz- und Nebenkosten fällig wäre. Der Abschlag teile sich in 37,28 EUR Nebenkosten und 92,72 EUR Heizkosten auf. Bezüglich drei Personen sei ein Heizkostenabschlag in Höhe von 11,57 EUR in Abzug zu bringen, so dass 74,81 EUR (zunächst) an tatsächlichen Heizkosten pro Monat anfielen. Als angemessen für einen Drei-Personen-Haushalt seien bei einer Öl-Zentralheizung 72,00 EUR anzusehen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die angemietete Wohnung mit 93 qm weit über der angemessenen Größe von 75 qm für drei Personen liege, so dass aus diesem Grund kein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Heizkosten bestehe. Die Übernahme von lediglich 72,00 EUR der monatlichen Heizkosten sei daher rechtmäßig. Von den weiteren Nebenkosten in Höhe von 37,28 EUR sei der Betrag für das Kabelfernsehen von 9,91 EUR in Abzug zu bringen, da eine Zimmerantenne für den Fernsehempfang ausreiche. Sofern bei den Heizkosten durch die Jahresabrechnung ein höherer Bedarf entstehe, könne dieser separat geltend gemacht werden.

Der Kläger hat am 06.02.2007 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben; parallel hierzu wurde beim SG ein Klageverfahren der Eltern des Klägers anhängig, die ebenfalls verlangten, der Beklagte habe höhere Kosten ihrer Unterkunft zu übernehmen. Der Kläger trug vor, der Beklagte habe die Heizkosten in vollem Umfang zu übernehmen, ebenso die weiteren Nebenkosten. Auch die lediglich anteilige Übernahme der Mietkosten nach Kopfteilen sei unzutreffend, da er einen bereits älteren Untermietvertrag habe. Im Übrigen sei sein Vermieter nicht bereit, das Kabelfernsehen abzuklemmen, um dem Kläger insoweit Kosten zu ersparen.

Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 06.11.2007 unter Abänderung des Bescheides vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2007 verurteilt, zusätzlich die anteilsmäßig auf den Kläger entfallenden Kabelanschlussgebühren zu bezahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Streitig seien im Ergebnis lediglich die Kosten der Unterkunft (KdU) bezüglich der Aufteilung der Mietkosten, der Höhe der Heizkosten, sowie der Frage, ob Kabelanschlussgebühren als Nebenkosten zu berücksichtigen seien. Soweit sich der Kläger gegen die kopfteilige Pauschalierung der vom Beklagten übernommenen Kosten wende, sei die Klage nicht begründet. Die von dem Kläger mit seinen Eltern bewohnte Vier-Zimmer-Wohnung mit 93 qm werde vom Kläger lediglich in einem Zimmer sowie mit einem Kellerzimmer bewohnt. Der kopfteiligen Bewilligung stehe nicht entgegen, dass der Kläger alleinstehend im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II sei und nicht in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II mit seinen Eltern lebe, da dies für die Beantwortung der Frage des Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft unerheblich sei. Gerade Haushaltsgemeinschaften zeichneten sich dadurch aus, dass diese geschlossen würden, um die auf jeden Einzelnen entfallenden Kosten der Unterkunft zu senken. Der in dem Untermietvertrag mit seinen Eltern vereinbarte Mietzins in Höhe von 260,00 EUR (kalt) könne nicht als wirksam angesehen werden, da er den Grundsätzen zum sog. Fremdvergleich (unter Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.03.2007 – L 8 AS 797/07 ER-B – m.w.N.) nicht standhalte. Entscheidend sei, dass sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vertrages dem zwischen Fremden Üblichen nicht entspreche, da allein der vereinbarte Mietzins in Höhe von 260,00 EUR (kalt) bei einer Gesamtmiete von 345,00 EUR (kalt) mit hinreichender Deutlichkeit belege, dass hier eine Vereinbarung zu Lasten des Beklagten erfolgt sei. Denn eine Person, die mit zwei weiteren Personen in einer Haushaltsgemeinschaft lebe, übernehme nicht annähernd vier Fünftel der Kaltmietkosten. Das Vorhaben des Klägers, sich als eigenen Haushalt darzustellen und die aus seinen Eltern bestehende Bedarfsgemeinschaft in gleicher Weise zu definieren, mit der Folge, dass für ihn allein 45 qm und für seine Eltern 60 qm Wohnfläche angemessen seien, könne nicht erfolgreich sein. Die Warmwasser-Pauschale werde von dem Beklagten ebenfalls zu Recht abgezogen (mit Hinweis auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.05.2007 – L 7 AS 3135/06). Auch die Höhe der von dem Beklagten übernommenen Heizkosten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die von dem Kläger und seinen Eltern angemietete Wohnung mit 93 qm nicht angemessen sei, wobei der von dem Kläger allein genutzte Kellerraum noch nicht berücksichtigt sei. Bei einem Drei-Personen-Haushalt sei aber in Übereinstimmung mit dem Bundessozialgericht (BSG) in dessen Urteil vom 07.11.2006 (B 7 b AS 18/06 R) davon auszugehen, dass die angemessene Wohnfläche bei 75 qm liege. Demnach könnten auch nur bis zu dieser Wohnfläche Heizkosten übernommen werden. Unter Zugrundelegung einer angemessenen Größe von 75 qm käme der Kläger deshalb ohne Weiteres mit den vom Beklagten übernommenen Heizkosten in Höhe von insgesamt 72,00 EUR aus. Die Klage sei lediglich im Hinblick auf die Kosten des Kabelanschlusses erfolgreich, da der Kläger auf den Kabelanschluss als Untermieter keinen Einfluss habe und die Kosten daher notwendig seien (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24.05.2007 – L 7 AS 3135/06 –). Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 18.01.2008 zugestellt.

Der Kläger hat am 05.02.2008 beim Landessozialgericht Berufung in Bezug auf Kosten der Unterkunft (Grundmiete sowie Heizungskosten) eingelegt. Die Grundmiete sei angemessen, da es sich bei seinem Zusammenleben mit seinen Eltern nicht um eine Haushaltsgemeinschaft sondern um eine reine Wohngemeinschaft handele. Es liege ein getrenntes Wirtschaften mit getrennten Konten, mit getrennten Kühlschränken und Waschmaschinen vor. Es würden – außer der Küche und dem Bad – auch keinerlei Wohnräume gemeinsam benutzt. Das BSG habe bereits entschieden, dass einem 25-Jährigen, welcher noch mit seinen Eltern zusammenwohne, der volle Regelsatz zustehe und dieser als alleinstehend anzusehen sei. Daher sei auch festzustellen, dass dieser den gleichen Bedarf an Wohnfläche habe wie ein alleinlebender Erwachsener. Hinsichtlich der Unterkunftskosten sei daher von den Höchstgrenzen für die Aufwendungen für einen Ein-Personen-Haushalt auszugehen, da dem Kläger bei einem vergleichsweise heranzuziehenden Auszug in getrennte Wohnungen ebenfalls eine höhere Wohnfläche zustünde und der Auszug daher wirtschaftlich für den Beklagten teurer sei als die Übernahme der vorliegend anfallenden Kosten (unter Berufung auf LSG Niedersachsen-Bremen, Entscheidung vom 17.03.2006 – L 8 AS 245/05 ER –). Der Abzug der Warmwasserpauschale sei nicht nachvollziehbar, da insoweit detailliertere Rechnungen über den tatsächlichen Bedarf vorlägen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.11.2007 abzuändern und die Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 07.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.12.2006 bis 30.11.2007 höhere Leistungen als Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Wohnkosten gemäß seinem Untermietvertrag ohne Abzug einer Warmwasser-Pauschale zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beruft sich insoweit auf das angefochtene Urteil des SG. Ein fiktiver Auszug des Klägers aus der Wohnung seiner Eltern mit dem Anspruch auf die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung von über 40 qm stehe vorliegend nicht zur Debatte, da der Kläger tatsächlich bei seinen Eltern wohne und nur die tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen von § 22 SGB II übernommen werden könnten. Es bestehe damit kein Anspruch auf die Berücksichtigung der Mietobergrenze für einen Ein-Personen-Haushalt, welcher in der Realität nicht vorliege. Bei den Heizkosten könne daher ebenfalls nur der Anteil für einen angemessenen Wohnraum berücksichtigt werden, wobei die Berechnung nach Kopfteilen nicht zu beanstanden sei. Der Abzug für Warmwasser-Kosten sei in ständiger Rechtsprechung inzwischen bestätigt worden.

Am 22.04.2008 ist im Landessozialgericht ein Erörterungstermin durchgeführt worden, auf dessen Niederschrift verwiesen wird.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das SG hat die einschlägigen Rechtsgrundlagen des SGB II benannt und zutreffend dargelegt und berechnet, dass dem Kläger kein höheres Arbeitslosengeld II zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.

Streitgegenstand ist vorliegend allein die Höhe von Leistungen für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 30.11.2007. Denn eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Wurden die Leistungen jedoch ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt, ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - je nach Klageantrag - die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R -). Bescheide über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für Folgezeiträume werden daher - anders als im Arbeitsförderungsrecht - regelmäßig nicht in analoger Anwendung des § 96 SGG Gegenstand bereits laufender Klageverfahren (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -).

Streitgegenstand sind außerdem ausschließlich die diesen Zeitraum betreffenden Leistungsbescheide des Beklagten, welche an den Kläger gerichtet sind und diesen allein betreffen. Die für den oben genannten Leistungszeitraum ergangenen Bescheide des Beklagten an die Eltern des Klägers sind nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht vorliegt und der Kläger deshalb auch nicht berechtigt ist, für seine Eltern nach § 38 SGB II Leistungen des Beklagten zu verlangen (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - und - B 7b AS 8/06 R -).

Der Kläger erhält von dem Beklagten seit dessen Änderungsbescheid vom 15.01.2007 seit dem 01.12.2006 die volle Regelleistung nach § 20 SGB II in Höhe von 345 EUR. Außerdem erhält er einen Mehrbedarf nach § 21 SGB II in Höhe von 35,79 EUR monatlich, dessen unzutreffende Berechnung weder geltend gemacht wird noch sonst ersichtlich wäre.

Streitig sind daher alleine die nach § 22 SGB II von dem Beklagten zu gewährenden angemessenen Unterkunftskosten. Insoweit hat das SG zu Recht darauf abgestellt, dass der Untermietvertrag des Klägers mit seinen Eltern einem Fremdvergleich nicht statt hält, weil es unter nicht miteinander verwandten Personen unüblich wäre, dass eine einzelne Person ohne nähere Begründung alleine die Hauptlast der Wohnkosten trägt. Dies kann im vorliegenden Fall bereits deswegen nicht gelten, weil insoweit auch eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter (des Beklagten) vorläge.

Insoweit ist zunächst nicht zu beanstanden, dass der Beklagte stattdessen eine Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen vorgenommen hat. Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, so sind die Unterkunftskosten im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen (vgl. BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Familienmitglieder lässt in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für diese Wohnung nicht zu (vgl. BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 = BVerwGE 79, 17; BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 7/07 R -).

Sofern der Kläger darauf hinweist, dass er dem Beklagten möglicherweise durch das Wohnen in einer gemeinsamen Wohnung mit seinen Eltern Kosten erspart, führt dies nicht zu höheren Unterkunftskosten. Denn zu erstatten sind nach dem SGB II immer nur die tatsächlichen Kosten und nicht fiktive höhere Kosten für einen Umzug, der zwar gegebenenfalls zulässig wäre, der aber noch nicht erfolgt ist.

Aber auch sofern die Aufteilung nach Kopfteilen vorliegend unzulässig wäre, könnte der Kläger vorliegend von der Beklagten keine den monatlichen Betrag von 160,50 EUR übersteigenden Kosten der Unterkunft erhalten, weil er seit dem 01.08.2005 nur noch diesen geminderten Untermiet-Zins an seine Eltern zahlt. Der Senat ist hierbei der Überzeugung, dass die Parteien eine Minderung des Untermietzinses wegen der geringeren Leistung des Beklagten vereinbart haben, da eine Stundungsabrede nicht behauptet wird oder sonst ersichtlich ist.

Der Beklagte hat aber auch - hinsichtlich der Heizkosten - einen Abzug von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu Recht vorgenommen, weil die von dem Kläger und seinen Eltern bewohnt Wohnung mit 93 qm für drei Personen zu groß ist. Der Grundsicherungsträger hat bei der Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten einen konkret-individuellen Maßstab anzulegen. Unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen ist zu ermitteln, ob in dem maßgeblichen räumlichen Vergleichsbereich Wohnungen mit einfachem Ausstattungsniveau konkret zur Verfügung stehen. Auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 8 WoGG kann als Maßstab der Angemessenheit der Unterkunftskosten erst abgestellt werden, wenn ein konkret-individueller Maßstab nicht gebildet werden kann (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).

Das BSG (a.a.O.) hat hierzu ausgeführt, dass die Angemessenheit der Wohnungskosten in mehreren Schritten zu prüfen ist: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die von der Bedarfsgemeinschaft gemietete Wohnung aufweist. Bei der Wohnungsgröße ist die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen (früher § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz i.V.m. den jeweiligen landesrechtlichen Durchführungsbestimmungen); dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. etwa Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 Rdnr. 17 ff.). Nach Aufhebung des Wohnungsbindungsgesetzes ist dabei auf die Wohnungsgrößen, die sich aus § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13. September 2001 (WoFG, BGBl I 2376) ergeben, abzustellen. Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Mietwohnungsbau die Anerkennung von bestimmten Grenzen für Wohnungsgrößen nach Grundsätzen der Angemessenheit regeln. Hierbei erlassen die einzelnen Bundesländer Richtlinien, die z.B. in Runderlassen des Sozialministeriums enthalten sein können.

Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Das BSG (a.a.O.) folgt insoweit der sog. Produkttheorie (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr. 32 m.w.N.), die letztlich abstellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt.

Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - ). Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. Für eine Stadt mit einer Größenordnung von etwa 75.000 Einwohnern kann dies durchaus bedeuten, dass das Gebiet dieser Stadt etwa insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab für den Mietwohnungsstandard bildet. Insoweit sind die maßgeblichen örtlichen Verhältnisse im konkreten Einzelfall zu ermitteln und zu bewerten (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).

Schließlich ist zu prüfen, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort die Kläger tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit haben, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können. Besteht eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, sind die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BSG a.a.O., m.w.N.).

Vorliegend wird von dem Kläger mit seinen Eltern eine Wohnung mit einer Nutzfläche von 93 qm bewohnt. In Baden-Württemberg ist in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht für Vier-Personen-Haushalte eine Wohnfläche von 90 qm (bzw. 45 qm für eine Person zuzüglich 15 qm für jede weitere Person) als angemessen anzusehen (Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung - VwV-SozWo - vom 12.02.2002 (GABl S. 240) i.d.F. der VwV vom 22.01.2004 (GABl S. 248)). Da eine andere konkrete Regelung nicht vorliegt, ist unter Zugrundelegung der bisherigen Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus davon auszugehen, dass für einen Vier-Personen-Haushalt in Baden-Württemberg derzeit eine Wohnfläche von bis zu 90 qm angemessen ist (vgl. Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 Rdnr. 17 ff. m.w.N.).

Demnach hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden - auf deren Begründung ergänzend Bezug genommen wird - zu Recht angenommen, dass die Wohnung des Klägers und seiner Eltern für einen Drei-Personen-Haushalt unangemessen groß ist, was nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II insofern zur Kürzung bzw. Übernahme lediglich der angemessenen Wohnkosten hinsichtlich Miete und Nebenkosten führt.

Der Beklagte durfte den Abzug wegen unangemessener Wohnkosten insoweit auch für den gesamten vorliegend streitigen Leistungszeitraum vornehmen, weil der Kläger seit dem 01.01.2005 in seinem Leistungsbezug steht und bereits zu Beginn dieses Leistungszeitraums seit mehr als sechs Monaten (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) darüber informiert war, dass die Wohnung unangemessen groß ist. Der Kläger sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass zuzüglich des von ihm ebenfalls als Wohnung genutzten Kellerraums vorliegend eine Wohnungsgröße von mehr als 100 qm genutzt wird, welche der von dem Kläger beanspruchten größeren Wohnfläche von 105 qm (60 qm für seine Eltern und 45 qm für ihn) bereits sehr nahe kommt.

Schließlich hat das BSG inzwischen auch den von dem Beklagten vorgenommenen Abzug für die Warmwasseraufbereitung, welche bereits von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfasst ist, ausdrücklich gebilligt (BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 23/06 R -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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