Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1791/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3732/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei Behörden ist die Zustellung mit Empfangbekenntnis nur wirksam ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das zuzustellende Schriftstück dem „Leiter“ der Behörde oder dem im Prozess Vertretungsberechtigten der Behörde zugegangen ist (wie BVerwG Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19). Auf den Zeitpunkt des Eingangs bei der Poststelle der Behörde kommt es nicht an.
2. Die Zustellung von Amts wegen nach § 174 Abs. 1 ZPO ist auch dann wirksam erfolgt, wenn das mit Empfangsbekenntnis zugestellte Schriftstück in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangt ist. Die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, sondern auf andere Weise (hier von einer Einscannstelle an die Fachabteilung übermittelte Kopie oder elektronische Datei) zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, begründet keinen Zustellungsmangel.
3. Wird das im Empfangsbekenntnis versehentlich falsch angegebene Zugangsdatum vom Aussteller widerrufen, ist die Zustellung nicht unwirksam. Die Zustellung kann zulässig rückwirkend nachvollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger in einem späteren von ihm unterzeichneten
Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat.
4. Die Rüge der Höhe eines Beitragszuschlages gegenüber dem Unfallversicherungsträger muss konkret erkennen lassen, inwiefern Aufwendungen für eine eindeutig abgrenzbare unfallfremde Gesundheitsstörung des versicherten Beschäftigten berücksichtigt
worden sind. Eine Behauptung „ins Blaue hinein“ löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende
Tatsachen über den Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können
(§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. § 199ff SGB VII).
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem Versicherten festgestellt hat.
2. Die Zustellung von Amts wegen nach § 174 Abs. 1 ZPO ist auch dann wirksam erfolgt, wenn das mit Empfangsbekenntnis zugestellte Schriftstück in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangt ist. Die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, sondern auf andere Weise (hier von einer Einscannstelle an die Fachabteilung übermittelte Kopie oder elektronische Datei) zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, begründet keinen Zustellungsmangel.
3. Wird das im Empfangsbekenntnis versehentlich falsch angegebene Zugangsdatum vom Aussteller widerrufen, ist die Zustellung nicht unwirksam. Die Zustellung kann zulässig rückwirkend nachvollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger in einem späteren von ihm unterzeichneten
Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat.
4. Die Rüge der Höhe eines Beitragszuschlages gegenüber dem Unfallversicherungsträger muss konkret erkennen lassen, inwiefern Aufwendungen für eine eindeutig abgrenzbare unfallfremde Gesundheitsstörung des versicherten Beschäftigten berücksichtigt
worden sind. Eine Behauptung „ins Blaue hinein“ löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende
Tatsachen über den Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können
(§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. § 199ff SGB VII).
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem Versicherten festgestellt hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2004 einen Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR von der Klägerin fordern kann.
Die Klägerin ist Mitgliedsunternehmen der Beklagten und wird unter dieser Firmierung seit 01.01.1978 im Kataster der W. Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, geführt.
Mit Beitragsbescheid vom 20.04.2005 setzte die W. Bau-Berufsgenossenschaft den Gesamtbeitrag für das Umlagejahr 2004 in Höhe von 60.689,09 EUR fest. Darin war ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR enthalten - neben einem Beitragsanteil von 49.795,58 EUR aus Arbeitsentgelt für versicherte Beschäftigte und für Unternehmerversicherung zuzüglich Anteile für arbeitsmedizinischen Dienst und Insolvenzgeld -. Dem Beitragszuschlag sind im Beitragsjahr gezahlte Aufwendungen in Höhe von 14.788,47 EUR zu Grunde gelegt.
Der Geschäftsführer der Klägerin hatte die Unfallanzeige vom 06.11.2003 zu dem Unfall des Beschäftigten R. am 25.09.2003 erstattet und darin angegeben, der Beschäftigte sei am Rande einer Senkgrube ausgerutscht und mit dem Rücken auf eine Betonplatte geschlagen. Die W. Bau-Berufsgenossenschaft hatte Ermittlungen aufgenommen, und u. a. zum Unfallhergang den Bericht ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 24.02.2004 und den Bericht der Ortsbehörde für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung B. vom 29.07.2004 eingeholt. Die Beklagte gewährte Verletztengeld und Heilbehandlung. Auf der Grundlage des von Dr. H. erstatteten unfallchirurgischen Gutachtens vom 07.04.2005 wurde dem Beschäftigten R. mit Bescheid vom 24.05.2005 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 13.04.2004 als vorläufige Entschädigung gewährt und als Unfallfolge ein verheilter Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbelkörpers neben anderen Beschwerden festgestellt; eine Beinverkürzung links mit dadurch ausgelöster Lumbalskoliose, ein Beckenschiefstand, ein lokales Lumbalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und Rundrücken und Hohlkreuz wurden nicht als Folgen des Versicherungsfalls anerkannt. Auf der Grundlage des unfallchirurgischen Gutachtens der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 23.05.2006 mit Ergänzung vom 20.06.2006 wurde mit Bescheid vom 24.08.2006 die vorläufige Entschädigung entzogen und Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt. Als Unfallfolge wurde eine knöchern mit geringer keilförmiger Deformität ausgeheilte Kompressionfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers festgestellt.
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.05.2005 insoweit Widerspruch ein, als ein Beitragszuschuss für das Jahr 2004 über 7401,09 EUR erhoben werde. Ursache für die angefallenen Aufwendungen sei der Arbeitsunfall am 25.09.2003 des Beschäftigten R., der entgegen der ihm erteilten Anweisungen eigenmächtig gehandelt habe und dadurch an dem Unfall selbst schuld gewesen sei (Widerspruchsbegründung vom 11.07.2005).
Nachdem zum Fälligkeitstermin keine Zahlung erfolgt ist, erließ die Beklagte den Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 über jeweils am 16.05.2005 bis 16.12.2005 angefallene Säumniszuschläge von insgesamt 592,00 EUR. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 24.01.2006, das die Beklagte als Widerspruch wertete, gegen den Säumniszuschlagsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 20.04.2005 und Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 zurück. Bei der Berechnung des Beitragszuschlags für das Umlagejahr 2004 seien die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle der Klägerin berücksichtigt worden. Ein Beitragszuschlag werde nach der gültigen Satzung den Unternehmen auferlegt, wenn die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen die Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen überschreite. Die Eigenbelastung der Klägerin übersteige diese Schwelle. Die Aufwendungen seien zu berücksichtigen, denn ein verbotswidriges Handeln schließe einen Arbeitsunfall nicht aus. Die Erhebung der Säumniszuschläge sei korrekt, da von Gesetzes wegen für jeden angefangenen Monat nach Ablauf des Fälligkeitstages ein Säumniszuschlag in Höhe von ein Prozent des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeter Betrages zu zahlen sei. Der mit Beitragsbescheid erhobene Beitrag sei am 15.05.2005 fällig und nicht bezahlt worden.
Gegen den am 11.04.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 15.05.2006 beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, der Beschäftigte R. habe die gefährliche Situation erkannt und diese bewusst ausgenutzt, um seine Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen. Er habe eine absichtliche Eigenschädi¬gung vorgenommen. Außerdem werde bestritten, dass die Aufwendungen im Jahr 2004 angefallen seien, da eine Behandlung bereits ab September 2003 stattgefunden habe. Zudem seien auch Aufwendungen zu Unrecht für nicht unfallbedingte Gesundheitsstörungen des Beschäftigten R. entstanden. Außerdem werde penibel die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften beachtet, so sei in den vergangenen Jahren überwiegend ein Nachlass gewährt worden. Außerdem sei die Regelung in der Satzung rechtswidrig, weil nach dieser nunmehr lediglich Zuschläge, nicht aber Nachlässe im Sinne von § 162 Sozialgesetzbuch (SGB) VII gewährt würden.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass bis zum Jahr 1997 bei günstigem Versicherungsverlauf Nachlässe gewährt worden seien. Ab Januar 1998 sei von den Selbstverwaltungsorganen beschlossen worden, Zuschläge zu erheben, was nach der gesetzlichen Bestimmung zulässig sei. Es sei den Berufsgenossenschaften freigestellt, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen.
Den mit Widerrufsvorbehalt geschlossenen Prozessvergleich vom 24.04.2007, in dem sich die Beklagte zur Reduzierung des Beitragszuschlags auf 3865 EUR verpflichtete, hat die Beklagte wi¬derrufen.
Mit Urteil vom 05.06.2007 hat das Sozialgericht den angefochtenen Beitragsbescheid insoweit aufgehoben, als ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR festgesetzt worden ist. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, § 28 der Satzung der Beklagten verstoße gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Danach seien unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift seien Zuschläge und Nachlässe zwingend in der Satzung zu regeln, denn das Wort "oder" beziehe sich auf das einzelne beitragspflichtige Unternehmen, für das eine kumulativ Auferlegung von Zuschlägen und Gewährung von Nachlässen denknotwendig nicht möglich sei. Entscheidend sei nach der genetisch-systematischen und teleologischen Auslegung, dass der Gesetzgeber auf jeden Fall ein belohnendes Element - Nachlass oder Prämien - im Rahmen der Beitragserhebung verankert haben wollte, wenn er den Verzicht auf ein Nachlassverfahren unter die Bedingung stelle, dass Prämien zu gewähren seien. Zwar enthalte § 162 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der Prämiengewährung eine andere Regelung als § 725 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die entscheidende Regelung in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei aber im Wesentlichen noch mit der Regelung der RVO identisch. Auch die Entstehungsgeschichte spreche für diese Auslegung. Im Gesetzgebungsverfahren zum Unfallversicherung-Neuregelungsgesetz sei darauf hingewiesen worden, dass es schon bislang möglich gewesen sei, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, aber hiervon zu wenig Gebrauch gemacht worden sei. Deshalb sei mit der Neuregelung dieses Verfahren künftig zur Pflicht gemacht worden. Dass ein reines Zuschlags- oder ein reines Nachlassverfahren diesem gesetzlichen Auftrag genüge, lasse sich dem aber nicht entnehmen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist mit Empfangsbekenntnis an die Beteiligten am 22.06.2007 abgesandt worden. Der Klägerbevollmächtigte hat im Empfangsbekenntnis den Zugang des Urteils für den 25.06.2007 bestätigt. In dem am 31.07.2007 eingegangenen Empfangsbekenntnis der Beklagten ist ein Zugang des Urteils am 30.07.2007 angegeben worden.
Die Beklagte hat am 31.07.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und ihr Vorbringen in der ersten Instanz wiederholt, dass nach § 162 SGB VII bereits nach dem Wortlaut sowohl ein reines Zuschlagverfahren als auch ein reines Nachlassverfahren wie auch ein kombiniertes Zuschlags- und Nachlassverfahren zulässig sei. Dies entspreche der herrschenden Meinung. Die Satzungsregelung nach § 28 halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage. Bei der Berechnung der Beitragszuschläge seien auch die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle korrekt berücksichtigt worden. Zum Einwand der Klägerin, das Urteil des Sozialgerichts sei ihr tatsächlich früher als im Empfangsbekenntnis bestätigt zugegangen, sei auszuführen, dass das Urteil bei ihr am 02.07.2007 eingegangen und durch die Poststelle am gleichen Tag der Fachabteilung vorgelegt worden sei. Dort sei das Poststück mit dem Eingangsstempel vom 02.07.2007 versehen worden, was mit dem zwischen Fachabteilung und Poststelle vereinbarten Postgang für Fristsachen übereinstimme. Es sei nichts Ungewöhnliches, dass eine Sendung des Gerichts 10 Tage unterwegs sei. Im Empfangsbekenntnis sei versehentlich das Datum des Ausfüllens eingetragen worden, was bei den neuen vom Sozialgericht Reutlingen verwendeten Formularen nicht mehr vorkommen könne. Das Empfangsbekenntnis habe jetzt zwei getrennte Rubriken für das Datum des Eingangs des Poststücks und das Datum des Ausfüllen des Formulars. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin ergänzend ausgeführt, zum Zeitpunkt der Zustellung des Urteils des Sozialgerichts sei gerade die Umstellung auf die elektronische Aktenführung im Gange gewesen. Der Posteingang sei an die jeweilige Fachabteilung weitergeleitet worden, wo er einen Eingangsstempel erhält und von einer eigens eingerichteten Stelle eingescannt wird. Zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses sei die Stelle nicht berechtigt. Ob ihr das Urteil im Original vorgelegt worden sei, sie nur eine Kopie erhalten habe oder nur die elektronische Datei, könne sie im Nachhinein nicht mehr sagen. Diesbezüglich werde auch heute noch unterschiedlich verfahren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin rügt die Verfristung der Berufung. Bei ihr sei das Urteil am 25.06.2007 eingegangen, was einem normalen Postlauf entspreche. Das Empfangsbekenntnis habe die Beklagte erst auf Mahnung des Sozialgerichts übersandt, wobei das Datum vom 30.07.2007 keinesfalls das Datum des Zugangs des Urteils sein könne. Soweit behauptet werde, dass die Entscheidung der Fachabteilung erst am 02.07.2007 vorgelegen habe, sei nicht bewiesen, dass das Urteil tatsächlich erst am 02.07.2007 bei der Poststelle eingegangen sei und diese es am gleichen Tag an die Fachabteilung weitergeleitet habe. Es sei üblich und auch geboten, das Empfangsbekenntnis am Tag des Eingangs gegenzuzeichnen. Was den Zeitpunkt des Eingangs eines Urteils anbelange, komme es nicht darauf an, wann das Schriftstück bei dem Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft oder einem mit Prozessvollmacht ausgestatteten Mitarbeiter angekommen sei. Wenn eine zentrale Posteingangsstelle eingerichtet sei, seien die Bediensteten der Posteingangsstelle Empfangsbevollmächtigte für zuzustellende Schriftstücke. Bei Zugrundelegung eines regulären Postlaufs sei das Urteil vor dem 30.06.2007 bei der Poststelle der Beklagten eingegangen, die Berufung sei damit verspätet. In der Sache seien keine weiteren Ausführungen erforderlich, es werde insoweit auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Mitglieds- und Beitragsakten der Beklagten und die den Beschäftigten R. betreffende Unfallakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das angefochtene Urteil ist wirksam mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 63 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 174 Zivilprozessordnung (ZPO)) und zwar zur Überzeugung des Senats am 02.07.2007. Die Berufungsfrist begann somit am 03.07.2007 zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete am 02.08.2007 (§ 64 Abs. 2 SGG). Die am 31.07.2007 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten ist daher innerhalb der Frist erhoben worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berufungsfrist wirksam am 02.07.2007 in Gang gesetzt worden. Die Zustellung ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Zustellung ist die formgerechte Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person (vgl. § 166 Abs. 1 ZPO i. d. F. vom 05.12.2005, BGBl. I 3202). Ein Dokument kann eine Urkunde oder auch ein sonstiger mechanisch oder elektronisch abgefasster Text sein (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, § 166 Rdnr. 5). Der Zustellungsadressat kann bei nicht natürlichen Personen grundsätzlich nur der "Leiter" der Behörde sein, an den die Zustellung zu bewirken ist (§ 170 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 63 Abs. 2 SGG). Damit ist bei Behörden die Zustellung nur wirksam ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das zuzustellende Schriftstück dem Behördenleiter oder dem im Prozess Vertretungsberechtigten der Behörde zugegangen ist (vgl. auch BVerwG Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19). Dieser ist berechtigt, das Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Bedienstete der Poststelle einer Behörde gehören nicht zu diesem Personenkreis.
Da nur die Bekanntgabe des Dokuments Wirksamkeitsvoraussetzung einer Zustellung ist, ist bei der Zustellung eines Schriftstückes mit Empfangsbekenntnis nach § 174 Abs. 1 ZPO nicht zwingende Voraussetzung, dass das Schriftstück dem Zustellungsadressaten tatsächlich körperlich übergeben wird. Ausreichend ist die seitens des Absenders hierzu eröffnete Möglichkeit. Wenn durch die innerbehördliche Organisation das in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangte Schriftstück den zur Prozessführung befugten Bediensteten nicht mehr im Original zugänglich gemacht wird, sondern die mit der Bekanntgabe bezweckte Kenntnisnahme nur durch eine Kopie oder elektronische Datei bewerkstelligt wird, ist von einer von Amts wegen wirksam erfolgten Zustellung auszugehen. Die grundsätzlich ausreichende Kenntnisnahme einer Kopie oder eines elektronische Dokuments zum Zwecke der Zustellung auf Veranlassung des Absenders ist bereits nach § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO zulässig. Daraus ist ersichtlich, dass die Bekanntgabe durch körperliche Übergabe des Originaldokuments nicht unabdingbar ist. Daher begründet auch die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, was ihm faktisch möglich wäre, sondern auf andere Weise zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, keinen Zustellungsmangel. Vorliegend kann deshalb dahinstehen, ob das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen der zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses befugten Bediensteten im Original vorgelegen hat.
Die formgerechte Zustellung mit Empfangsbekenntnis ist darüber hinaus wirksam, wenn im Empfangsbekenntnis der Empfang zum Zweck der Zustellung des Schriftstückes bestätigt sowie die eigenhändige Unterschrift des Empfangsberechtigten mit Datum angebracht ist (§ 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für die Wirksamkeit ist entscheidend, dass der Adressat schriftlich bestätigt, das empfangene Schriftstück an einem bestimmten Tag mit dem Willen entgegengenommen zu haben, es als zugestellt gelten zu lassen und das Empfangsbekenntnis zurückgeschickt wird (vgl. Hüßtege a. a. O., § 174 RdNr. 5ff; BSG SozR 3- 1960 § 5 Nr. 1). Dies erbringt vollen Beweis dafür, dass an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde.
Fehlt die Datumsangabe beim unterschriebenen Empfangsbekenntnis, ist deshalb die Zustellung nicht unwirksam (BGH NJW 2005, 3216 ff), auch wenn das Datum des tatsächlichen Zuganges nicht mehr rekonstruierbar ist. Diesem Fall vergleichbar ist der einer versehentlich gemachten und vom Aussteller widerrufenen Datumsangabe im Empfangsbekenntnis, die die Wirksamkeit der Zustellung und damit den Beginn des Fristlaufs zu dem für nachgewiesen erachteten spätesten Zugangszeitpunkt nicht berührt. Nach dieser Rechtsprechung konnte bereits bisher die Zustellung auch dann noch (mit "Rückwirkung") vollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger später, in einem anderen von ihm unterzeichneten Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss - etwa einer Berufungsschrift -, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat (BSG a.a.O.; BGH a. a. O.; BGH NJW 1994, 2295).
Nach diesen Grundsätzen ist zwar die Beweiskraft des von der Beklagten am 30.07.2007 ausgestellten Empfangsbekenntnisses durch die gemäß der Auflage des Senats abgegebene Erklärung der Beklagten vom 10.01.2008 erschüttert, doch ist darin zugleich der Zugang des angefochtenen Urteils für den 02.07.2007 bestätigt worden. Damit ist für den Senat durch die Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses, die auch die Erklärung vom 10.01.2008 abgegeben hat, nachträglich das Zugangsdatum festgestellt. Die zur Prozessführung ermächtigte Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses war als Angehörige der Fachabteilung auch hierzu befugt. Der Erklärung vom 10.01.2008 kommt die Beweiskraft eines Empfangsbekenntnisses nach § 174 Abs. 4 ZPO zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, ob das Urteil zu einem früheren Zeitpunkt bei der Post- oder der Einscannstelle der Beklagten eingegangen ist.
Die Berufung ist auch begründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 20.04.2005 ist im angefochtenen Umfang nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben. Die Klägerin hat den Beitragszuschlag in voller Höhe angefochten, obgleich sie einen geringeren Betrag – nämlich den abzüglich der Beitragsvorauszahlung noch offenen Differenzbetrag - im Widerspruch (und nachfolgend) genannt hat. Aus ihrem Vorbringen ist aber erkennbar, dass sie sich gegen den Beitragszuschlag in voller Höhe wendet (falsa demonstratio non nocet), so dass bezüglich der Differenz zwischen Nachzahlungsbetrag (7.401,09 EUR) und Beitragszuschlag (7.731,60 EUR) der Bescheid nicht be¬standskräftig geworden ist.
Nach § 150 Abs. 1 SGB VII sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
Die Berufsgenossenschaften haben ferner unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 2-4 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 1. Halbs. SGB VII) Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Betracht (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Nach diesen Grundsätzen ist der auf die Satzung der Württembergischen Bau-BG gestützte angefochtene Beitragsbescheid rechtmäßig.
Die vom Bundesversicherungsamt am 29.04.2005 genehmigte Satzung der Beklagten über die Fusion der Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft (Fusionssatzung 2005) ist anstelle der Satzung der W. Bau-Berufsgenossenschaft vom 18.11.1997 (Satzung) am 01.05.2005 in Kraft getreten (§ 72 Abs. 2 Fusionssatzung 2005). Nach §§ 1, 2 des Anhangs 1 zur Fusionssatzung galten die Gefahrtarife und Regelungen zur Umlage der jeweils einzelnen fusionierten Bau-Berufsgenossenschaften bis zum Umlagejahr 2005 fort. Der Beitragszuschlag ist damit zutreffend auf die bis 30.04.2005 gültige Satzung der W. Bau-BG gestützt.
Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 153 Abs. 3, 154 Abs. 1, 155, 166, 157 Abs. 1, 161, 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist die Satzung nur daraufhin überprüfbar, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSG SozR 3-2200 § in 125 Nr. 2 m. w. N.; BSGE 13, 189 = SozR Nr. 2 zu § 915 RVO; BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO; BSG SozR Nr. 4 zu § 725 RVO; BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10; SozR 2200 § 734 Nr. 5; BSG Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 f; BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255). Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr. 3; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.). Die Prüfung, ob die Satzung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte (BSG SozR 3-2200 § 724 Nr. 2; BSG SozR 2200, § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.); zum gesetzlichen Rahmen gehört, dass den Auswirkungen für den betroffenen Unternehmen nach oben und unten Grenzen gesetzt sind, sie dürfen zwar wirtschaftlich ins Gewicht fallen, dürfen aber nicht das Versicherungsprinzip der Solidarhaftung aufheben. Zu berücksichtigen ist ein Übermaß- und Untermaßverbot (vgl. BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10, BSG NZS 1986, 623; BSG SozR 3-2200 § 725 Nr. 2).
Nach § 28 der Satzung (in der für die Umlage 2004 geregelten Neufassung) ist ein Beitragszuschlag unter den dort genannten Voraussetzungen vom Beitragspflichtigen zu erheben. Diese Regelung ist im wesentlichen inhaltsgleich mit § 30 der Fusionssatzung 2005. In beiden Satzungen ist kein Beitragsnachlassverfahren vorgesehen.
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung verstößt dies nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII. Es entspricht der einhelligen Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, dass sowohl ein reines Beitragsnachlass- als auch ein reines Beitragszuschlagverfahren wie auch eine Kombination von Beitragsnachlass-/Beitragszuschlagverfahren nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers zulässig ist (vgl. Platz in Schulin, Hdb. des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 58 Rdnr. 77ff; Burchardt in Brackmann, Hdb. der Sozialversicherung, § 162 SGB VII Rdnr. 24; Ricke in Kasseler Kommentar, § 162 Rdnr. 8; Be¬reiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung Handkommentar, § 162 Rdnr. 3; Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, § 162 Nr. 8; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung § 162 Rdnr. 3; Weiß in SGB VII, Lehr- und Praxiskommentar, § 162 Rdnr. 6ff; BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R -, Rdnr. 20 mit Hinweis auf Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O., Kater/Leube, a. a. O., Kasseler Kommentar a. a. O. - jeweils mit Verweis auf die Kommentierung zur Zulässigkeit reiner Zuschlags- oder Nachlass¬verfahren - veröffentlicht in Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2006 - L 3 U 58/04 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.2007 - L 17 U 128/07 - , jeweils veröffentlicht in Juris). Dies entspricht auch der Rechtsprechungspraxis des Senats (vgl. Urteil vom 27.03.2006 - L 1 U 1430/05, Rdnr. 26, veröffentlicht in Juris, bestätigt durch BSG, Urteil vom 30.03.2007 - B 2 U 9/06 R-).
Der Senat folgt nicht der vom Sozialgericht mit umfassender Begründung dargelegten, von der überwiegend vertretenen Rechtsmeinung abweichenden Auffassung. Der Auffassung des Sozialgerichts ist zuzugestehen, dass teilweise im Schrifttum und in der Rechtsprechung eine eingehende Begründung für die postulierte weitgehende Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers nicht gegeben wird. Doch ist die vom Sozialgericht vertretene Auffassung nicht überzeugend und die ihr zu Grunde liegende Auslegung der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII nicht zwingend. Eine gesetzgeberische Begrenzung der Satzungsautonomie mit dem grundsätzlich gegebenen weiten Gestaltungsermessen ist der gesetzlichen Vorschrift des § 162 SGB VII nicht zu entnehmen.
Nach dem Wortlaut des § 162 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften durch das Wort "oder" die alternative Regelungsmöglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen, sodass eine Satzungsregelung mit reinem Zuschlagverfahren oder reinem Nachlassverfahren der Ermächtigungsnorm nicht widerspricht. Der Hinweis des Sozialgerichts, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.11.2005, a. a. O.) beziehe sich der Wortlaut auf das einzelne beitragspflichtige Mitgliedsunternehmen, sodass eine kumulative Auferlegung von Zuschlägen oder die Gewährung von Nachlässen denknotwendigen nicht möglich sei, führt nicht zu der Auslegung, dass die Ermächtigungsnorm für den Normadressaten - den Satzungsgeber - auch so zu verstehen sein muss, dass das "oder" als "und" zu lesen ist. Bei der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts bestand gerade Anlass für eine entsprechende Differenzierung, da die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Satzung ein kombiniertes Zuschlags-/Nachlassverfahren vorsah, was auf erstes Ansehen viel eher dem Wortlaut von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII widerspricht als ein reines Nachlass- oder Zuschlagverfahren.
Eine teleologisch orientierte Auslegung führt ebenfalls nicht zu der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers. Weder ein aus der Gesetzeshistorie noch aus der Gesetzessystematik ableitbarer Gesetzeszweck zwingt zu der einschränkenden Auffassung, dass nur das kombinierte Beitragnachlass-/Zuschlagverfahren rechtlich zulässig ist.
In der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.04.1964 (BGBl I 241) geltenden Fassung des § 712 Reichsversicherungsordnung (RVO) war den Berufsgenossenschaften das Recht eingeräumt worden, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Eine zwingende Verpflichtung des Satzungsgebers, ein Beitragausgleichsverfahren in diesem Sinne durchzuführen, war gerade nicht in der Regelung des § 712 RVO begründet worden. Mit der Neuregelung in § 725 Abs. 2 RVO ist den Unfallversicherungsträgern zwingend vorgeschrieben worden, ein Beitragsausgleichsverfahren in der Satzung vorzusehen. Weder aus den Motiven des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Bundestagsdrucksache IV/938 S. 23f) noch aus dem damaligen Verständnis der Rechtsanwender (vgl. die Verfügungen des Bundesversicherungsamt vom 30.11.1964 - II 3 - 6103 - 1077/64 - und das Rundschreiben des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften (HVBG) VB 20/65 vom 18.02.1965, zitiert nach Buchardt a. a. O. Rdnr. 15) ist ersichtlich, dass nur eine Satzungsregelung mit einem kombinierten Beitragsnachlass- und Beitragzuschlagverfahren mit der Neuregelung des § 725 Abs. 2 RVO zulässig war. In der Gesetzesbegründung wird vielmehr darauf hingewiesen, dass die Berufsgenossenschaften bisher von der Möglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, zu wenig Gebrauch gemacht hätten. Dieses Verfahren sei den Berufsgenossenschaften künftig zur Pflicht zu machen. Die Selbstverwaltung sei bei der Ausgestaltung des Verfahrens jedoch völlig frei (Bundestagsdrucksache IV/938 a. a. O.). Dem Umstand, dass nunmehr in § 725 Abs. 2 Satz 4 RVO an Stelle von Nachlässen oder zusätzlich zu den Nachlässen auch gestaffelte Prämien gewährt werden konnten, kann die vom Sozialgericht zugemessene inhaltliche Bedeutung nicht beigelegt werden. Dieser Regelung ist nicht zu entnehmen, dass neben dem Malus-System durch Beitragszuschläge zugleich auch ein Bonus-System durch Nachlässe oder Prämien zwingend in der Satzung verankert sein musste. Die Fassung in § 162 Abs. 2 SGB VII zur möglichen Gewährung von Prämien bei der Effektivität von Präventionsmaßnahmen bietet hierfür ebenfalls keinen Ansatzpunkt. § 162 SGB VII hat im Wesentlichen das bis dahin geltende Recht in § 725 Abs. 2 RVO übernommen (so auch die Gesetzesmaterialien, vgl. Bundestagsdrucksache 13/2204, S. 112 ff).
Dem gesetzgeberischen Willen entspricht es, mit dem Beitragausgleichsverfahren die Unternehmen durch Beitragsanreize zur Förderung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz anzuhalten (vgl. Ricke. a. a. O. Rdnr. 2; Burchardt a. a. O. Rdnr. 12ff). Das Beitragsausgleichsverfahren ist auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens anhand der eingetretenen Unfälle ausgerichtet, um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung herbeizuführen (Burchardt a. a. O.; ähnlich auch Weiß a. a. O., § 162 Rdnr. 5, der die Abschwächung der " nivellierenden Wirkungen der Gefahrklassen" als zusätzliches Ziel benennt). Hierbei ist für die reinen Beitragzuschlagverfahren, wie bei der streitgegenständlichen Satzungsregelung der Beklagten, zu berücksichtigen, dass die Summe der Beitragzuschläge aller betroffenen Unternehmen das Umlagesoll insgesamt vermindert, da die Beitragszuschläge wie Einnahmen wirken. Damit sinkt auch der Beitragsfuß und der Normalbeitrag für alle Unternehmen. Für nicht zuschlagspflichtige Unternehmen wirkt dies wie ein Nachlass. Wirtschaftlich wirkt sich das sogar für die zuschlagspflichtigen Unternehmen aus, denn auch diese kommen in den Genuss des verminderten Normalbeitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 13). Dem gesetzgeberischen Zweck, Beitragsanreize zu schaffen und bessere Beitragsgerechtigkeit herzustellen, wird daher auch mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren Rechnung getragen, da von ihm entlastende und belastende Auswirkungen auf die Beitragsgestaltung ausgehen. Eine Satzung mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren läuft daher dem gesetzgeberischen Zweck, Beitraganreize für einen verstärkten Arbeitsschutz zu schaffen, nicht entgegen. Selbst wenn man - wie das Sozialgericht - unterstellt, dass Elemente eines Bonus/Malussystems aus gesetzessystematischen Gründen in dem vom Satzungsgeber gewählten Beitragsausgleichsverfahren enthalten sein müssen, wäre diese Voraussetzung zur Wahrung des Gesetzeszwecks erfüllt. Ob damit auch das zweckmäßigste und gerechteste Verfahren gewählt wird, ist der gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 2 der Satzung) mit Begrenzung des Beitragszuschlags auf 30% des Beitrags des Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 3 der Satzung) lässt nicht erkennen, dass damit gegen das aus der Solidarhaftung folgende Übermaßverbot verstoßen wird. In der Rechtsprechung sind Zuschlägen von 25 bis 30 v.H. des Beitrags (BSG NZS 1986, 623 -ohne ausdrückliche Festsetzung einer Höchstgrenze -; BSG, Urt. vom 16.11.2005 a. a. O.) bzw. Zuschlägen bis 60 v.H. des Beitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 6 mit weiteren Hinweisen) als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch vereinbar beurteilt worden. Die Anknüpfung an die Eigenbelastung berücksichtigt die in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII genannten Berechnungsansätze der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für Versicherungsfälle. Es ist dem Satzungsgeber überlassen, ob und wie er die gesetzlichen Merkmale für die Regelung des Beitragausgleichsverfahrens kombiniert oder ob er nur eines als Berechnungsansatz verwendet (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 15ff, m. w. H.).
Der angefochtene Beitragszuschlag ist auch zutreffend errechnet worden. Der Einwand der Klägerin, ihrer Eigenbelastung seien nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen zugrunde gelegt worden, trifft nicht zu.
Zwar kann das Mitgliedsunternehmen dem ihn betreffenden Beitragsbescheid mit Beitragszuschlag entgegenhalten, dass ein Arbeitsunfall des bei ihm beschäftigten Versicherten nicht vorgelegen habe, auch wenn der an den Versicherten ergangene Leistungsbescheid mit der Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.1990 - 2 RU 5/90 -, veröffentlicht in HBV-Info 1990, 2163-2168 und Juris), denn der Leistungsbescheid enthält keine Bindungswirkung gegenüber dem Beschäftigungsbetrieb und Beitragspflichtigen. Doch ist dem Mitgliedsunternehmen nicht jede Rüge der Höhe entstandener Aufwendungen möglich. Ein aus fehlerhafter ärztlicher Behandlung anlässlich eines Arbeitsunfalls entstandener Mehraufwand oder Aufwendungen, die aus Anlass eines Versicherungsfalles sowohl für dessen Folgen als auch für versicherungsfremde Gesundheitsstörungen entstanden sind und die der Versicherungsträger aber mangels Abgrenzbarkeit oder zur Vermeidung aufwändiger Ermittlungen insgesamt getragen hat, sind unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des Beitragzuschlagverfahrens noch wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückführbare Aufwendungen (zu den nicht rügbaren Aufwendungen eines Behandlungsfehlers vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 17, 18).
Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anlass, die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Aufwendungen für den Versicherungsfall des Beschäftigten R. nicht in die Berechnung der Eigenbelastung der Klägerin einzustellen. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt, da eine vorsätzliche Eigenverletzung des Versicherten vorgelegen habe, die die Legaldefinition des Arbeitsunfalls in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII nicht erfüllt, ist zur Überzeugung des Senats widerlegt. In der vom Geschäftsführer der Beklagten selbst erstatteten Unfallanzeige vom 06.11.2003 wird ein Unfallhergang geschildert, aus dem sich keine vorsätzliche Eigenschädigung ergibt. Auch im Widerspruchsverfahren gegen den Beitragsbescheid wird kein zu dieser Behauptung passender Vorgang geschildert, sondern auf ein eigenmächtiges Handeln entgegen ausdrücklicher Arbeitsanweisungen abgestellt, was für sich genommen aber noch keine vorsätzliche Eigenschädigung begründet. Ein verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Selbst eine in Kauf genommene Eigenschädigung steht der Annahme eines Arbeitsunfalls nicht entgegen, wenn sie nur als Zwischenziel einer darüber hinausgehenden, mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Absicht anzusehen ist, (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. § 7 SGB VII Rdnr. 8). Dass der Versicherte R. aber überhaupt mit Eigenschädigungsabsicht gehandelt hat, ist aus den dargelegten Gründen für den Senat nicht ersichtlich. Für die letztlich hoch riskante unfallträchtige Situation spricht zudem, dass der Vater des Geschäftsführers der Klägerin während des zur Unfallverletzung des Beschäftigten R. führenden Arbeitsvorganges selbst auch in die Grube gestürzt ist.
Soweit die Klägerin geltend macht, es seien auch Aufwendungen für die Behandlung der unfallvorbestehenden Wirbelsäulenerkrankung des Beschäftigten R. berücksichtigt worden, ist diese Rüge der Höhe der errechneten Eigenbelastung unbeachtlich. Eine Rüge zur fehlerhaften Berechnung der Eigenbelastung muss erkennen lassen, dass Aufwendungen entweder für eine von unfallbedingten Behandlungsmaßnahmen eindeutig abgrenzbare Behandlung oder für eine Abgeltung eindeutig abgrenzbarer unfallfremder Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden sind. Eine Behauptung "ins Blaue hinein", die der Arbeitgeber in der Regel ohne genaue Kenntnisse über die Krankheitsgeschichte seiner Beschäftigten aufstellt, löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger auch regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. § 199 ff SGB VII), soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners nicht erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. In diesem Fall kann sich der Unfallversicherungsträger darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern.
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem verunglückten Versicherten festgestellt hat, da insoweit eine medizinische -gutachtliche- und rechtliche Abklärung erfolgt ist. Grundsätzlich sind nämlich die bei der Behandlung und Abgeltung von Unfallfolgen rechtmäßig mit erfassten Beschwerden einer unfallvorbestehenden Erkrankung noch zu den Aufwendungen des Versicherungsfalles zu zählen. Die Aufwendungen für nicht abgrenzbare Behandlungsmaßnahmen (z. B. physiotherapeutische Behandlung der Beschwerden eines unfallbedingten Wirbelkörperbruchs und Beschwerden einer unfallunabhängigen Bandscheibenerkrankung) sind direkte Folge des Versicherungsfalles. Soweit die Beschwerden selbst nicht von unfallbedingter und unfallfremder Erkrankung abgrenzbar sind, sind die Beschwerden als Ausfluss des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" insgesamt bereits Unfallfolgen.
Jedoch auch die Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallfremde Leiden, die zwar grundsätzlich von Unfallfolgen abgrenzbar wären, sind unter bestimmten Voraussetzungen noch dem Versicherungsfall zuzurechnen und daher bei der Berechnung der Eigenbelastung zu berücksichtigen. Hierzu gehören die aus Gründen der Verfahrensvereinfachung bei schwieriger Beweissituation oder faktischer Unmöglichkeit (z. B. Verweigerung der Zustimmung zu einem nichtduldungspflichtigen Eingriff) oder Unverhältnismäßigkeit der weiteren Aufklärung entstandenen Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallunabhängige Beschwerden. Der Versicherungsfall ist rechtlich als wesentliche Bedingung für das Entstehen dieser Aufwendungen zu bewerten. Der Versicherungsträger kann im Rahmen des ihm obliegenden Verwaltungshandelns die für zweckmäßig erachteten Maßnahmen treffen (§§ 9 Satz 2, 20 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dazu gehört auch die Entscheidung, ob weitere Ermittlungen mit Erfolgsaussicht anzustellen sind, ggf. auch ob bei streitigen Rechtsfragen im Wege eines Vergleichs Kosten übernommen werden (für die Unbeachtlichkeit eines den Beitrag verringernden Vergleichs mit dem Deutschen Fußballbund mit Auswirkungen auf das Umlagesoll für alle Mitgliedsunternehmen, vgl. BSG Urteil vom 24.02.2004 - B 2 U 31/03 R - SozR 4-2700 § 152 Nr. 1). Die Rüge, es seien unfallfremde Leistungen bei der Berechnung der Eigenbelastung des Beitragsschuldners berücksichtigt worden, bedarf deshalb auch in den Fällen einer Konkretisierung, wenn der Unfallversicherungsträger tatsächlich Anlass gesehen hat, in einem gegenüber dem Versicherten erlassenen Bescheid unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen festzustellen.
Vorliegend ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin auch nur pauschal und wenig substantiiert. Für den Senat bestand daher auch kein Anlass zu weitergehenden Ermittlungen. Die Beklagte hat mit Leistungsbescheid vom 24.05.2005 und 24.08.2006 Unfallfolgen festgestellt und davon auch ausdrücklich unfallunabhängige Erkrankungen und Gesundheitsstörungen abgegrenzt. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass abgrenzbare Entschädigungsleistungen für unfallfremde Gesundheitsstörungen geleistet worden sind. Die Entscheidungen der Beklagten sind auf die eingeholten medizinischen Gutachten, in denen die bestehenden Unfallfolgen in Abgrenzung zu Vorerkrankungen umschrieben worden sind, gestützt. Hierzu hat die Klägerin auch nichts weiter vorgetragen. Auf die datenschutzrechtliche Problematik der Einbeziehung der dem Arbeitgeber unbekannten Aktenteile der Unfallakte des Beschäftigten im Hinblick auf den Schutz der in der Akte enthaltenen Sozialdaten (vgl. hierzu Ricke a. a. O. § 167 Rdnr. 22b) kommt es im weiteren daher nicht an.
Eine rechnerische Fehlerhaftigkeit ist dem Beitragsbescheid nicht zu entnehmen. Eine solche hat die Klägerin auch nicht gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für das Beitragsjahr 2004 einen Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR von der Klägerin fordern kann.
Die Klägerin ist Mitgliedsunternehmen der Beklagten und wird unter dieser Firmierung seit 01.01.1978 im Kataster der W. Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, geführt.
Mit Beitragsbescheid vom 20.04.2005 setzte die W. Bau-Berufsgenossenschaft den Gesamtbeitrag für das Umlagejahr 2004 in Höhe von 60.689,09 EUR fest. Darin war ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR enthalten - neben einem Beitragsanteil von 49.795,58 EUR aus Arbeitsentgelt für versicherte Beschäftigte und für Unternehmerversicherung zuzüglich Anteile für arbeitsmedizinischen Dienst und Insolvenzgeld -. Dem Beitragszuschlag sind im Beitragsjahr gezahlte Aufwendungen in Höhe von 14.788,47 EUR zu Grunde gelegt.
Der Geschäftsführer der Klägerin hatte die Unfallanzeige vom 06.11.2003 zu dem Unfall des Beschäftigten R. am 25.09.2003 erstattet und darin angegeben, der Beschäftigte sei am Rande einer Senkgrube ausgerutscht und mit dem Rücken auf eine Betonplatte geschlagen. Die W. Bau-Berufsgenossenschaft hatte Ermittlungen aufgenommen, und u. a. zum Unfallhergang den Bericht ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 24.02.2004 und den Bericht der Ortsbehörde für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung B. vom 29.07.2004 eingeholt. Die Beklagte gewährte Verletztengeld und Heilbehandlung. Auf der Grundlage des von Dr. H. erstatteten unfallchirurgischen Gutachtens vom 07.04.2005 wurde dem Beschäftigten R. mit Bescheid vom 24.05.2005 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 13.04.2004 als vorläufige Entschädigung gewährt und als Unfallfolge ein verheilter Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbelkörpers neben anderen Beschwerden festgestellt; eine Beinverkürzung links mit dadurch ausgelöster Lumbalskoliose, ein Beckenschiefstand, ein lokales Lumbalsyndrom bei Wirbelsäulenfehlstatik und Rundrücken und Hohlkreuz wurden nicht als Folgen des Versicherungsfalls anerkannt. Auf der Grundlage des unfallchirurgischen Gutachtens der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 23.05.2006 mit Ergänzung vom 20.06.2006 wurde mit Bescheid vom 24.08.2006 die vorläufige Entschädigung entzogen und Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt. Als Unfallfolge wurde eine knöchern mit geringer keilförmiger Deformität ausgeheilte Kompressionfraktur des ersten Lendenwirbelkörpers festgestellt.
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 24.05.2005 insoweit Widerspruch ein, als ein Beitragszuschuss für das Jahr 2004 über 7401,09 EUR erhoben werde. Ursache für die angefallenen Aufwendungen sei der Arbeitsunfall am 25.09.2003 des Beschäftigten R., der entgegen der ihm erteilten Anweisungen eigenmächtig gehandelt habe und dadurch an dem Unfall selbst schuld gewesen sei (Widerspruchsbegründung vom 11.07.2005).
Nachdem zum Fälligkeitstermin keine Zahlung erfolgt ist, erließ die Beklagte den Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 über jeweils am 16.05.2005 bis 16.12.2005 angefallene Säumniszuschläge von insgesamt 592,00 EUR. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 24.01.2006, das die Beklagte als Widerspruch wertete, gegen den Säumniszuschlagsbescheid.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 20.04.2005 und Säumniszuschlagsbescheid vom 17.01.2006 zurück. Bei der Berechnung des Beitragszuschlags für das Umlagejahr 2004 seien die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle der Klägerin berücksichtigt worden. Ein Beitragszuschlag werde nach der gültigen Satzung den Unternehmen auferlegt, wenn die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen die Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen überschreite. Die Eigenbelastung der Klägerin übersteige diese Schwelle. Die Aufwendungen seien zu berücksichtigen, denn ein verbotswidriges Handeln schließe einen Arbeitsunfall nicht aus. Die Erhebung der Säumniszuschläge sei korrekt, da von Gesetzes wegen für jeden angefangenen Monat nach Ablauf des Fälligkeitstages ein Säumniszuschlag in Höhe von ein Prozent des rückständigen, auf 50 EUR nach unten abgerundeter Betrages zu zahlen sei. Der mit Beitragsbescheid erhobene Beitrag sei am 15.05.2005 fällig und nicht bezahlt worden.
Gegen den am 11.04.2006 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 15.05.2006 beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, der Beschäftigte R. habe die gefährliche Situation erkannt und diese bewusst ausgenutzt, um seine Arbeitsunfähigkeit herbeizuführen. Er habe eine absichtliche Eigenschädi¬gung vorgenommen. Außerdem werde bestritten, dass die Aufwendungen im Jahr 2004 angefallen seien, da eine Behandlung bereits ab September 2003 stattgefunden habe. Zudem seien auch Aufwendungen zu Unrecht für nicht unfallbedingte Gesundheitsstörungen des Beschäftigten R. entstanden. Außerdem werde penibel die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften beachtet, so sei in den vergangenen Jahren überwiegend ein Nachlass gewährt worden. Außerdem sei die Regelung in der Satzung rechtswidrig, weil nach dieser nunmehr lediglich Zuschläge, nicht aber Nachlässe im Sinne von § 162 Sozialgesetzbuch (SGB) VII gewährt würden.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass bis zum Jahr 1997 bei günstigem Versicherungsverlauf Nachlässe gewährt worden seien. Ab Januar 1998 sei von den Selbstverwaltungsorganen beschlossen worden, Zuschläge zu erheben, was nach der gesetzlichen Bestimmung zulässig sei. Es sei den Berufsgenossenschaften freigestellt, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen.
Den mit Widerrufsvorbehalt geschlossenen Prozessvergleich vom 24.04.2007, in dem sich die Beklagte zur Reduzierung des Beitragszuschlags auf 3865 EUR verpflichtete, hat die Beklagte wi¬derrufen.
Mit Urteil vom 05.06.2007 hat das Sozialgericht den angefochtenen Beitragsbescheid insoweit aufgehoben, als ein Beitragszuschlag in Höhe von 7731,60 EUR festgesetzt worden ist. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, § 28 der Satzung der Beklagten verstoße gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 Abs. 1 SGB VII. Danach seien unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift seien Zuschläge und Nachlässe zwingend in der Satzung zu regeln, denn das Wort "oder" beziehe sich auf das einzelne beitragspflichtige Unternehmen, für das eine kumulativ Auferlegung von Zuschlägen und Gewährung von Nachlässen denknotwendig nicht möglich sei. Entscheidend sei nach der genetisch-systematischen und teleologischen Auslegung, dass der Gesetzgeber auf jeden Fall ein belohnendes Element - Nachlass oder Prämien - im Rahmen der Beitragserhebung verankert haben wollte, wenn er den Verzicht auf ein Nachlassverfahren unter die Bedingung stelle, dass Prämien zu gewähren seien. Zwar enthalte § 162 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der Prämiengewährung eine andere Regelung als § 725 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die entscheidende Regelung in § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sei aber im Wesentlichen noch mit der Regelung der RVO identisch. Auch die Entstehungsgeschichte spreche für diese Auslegung. Im Gesetzgebungsverfahren zum Unfallversicherung-Neuregelungsgesetz sei darauf hingewiesen worden, dass es schon bislang möglich gewesen sei, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, aber hiervon zu wenig Gebrauch gemacht worden sei. Deshalb sei mit der Neuregelung dieses Verfahren künftig zur Pflicht gemacht worden. Dass ein reines Zuschlags- oder ein reines Nachlassverfahren diesem gesetzlichen Auftrag genüge, lasse sich dem aber nicht entnehmen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist mit Empfangsbekenntnis an die Beteiligten am 22.06.2007 abgesandt worden. Der Klägerbevollmächtigte hat im Empfangsbekenntnis den Zugang des Urteils für den 25.06.2007 bestätigt. In dem am 31.07.2007 eingegangenen Empfangsbekenntnis der Beklagten ist ein Zugang des Urteils am 30.07.2007 angegeben worden.
Die Beklagte hat am 31.07.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt und ihr Vorbringen in der ersten Instanz wiederholt, dass nach § 162 SGB VII bereits nach dem Wortlaut sowohl ein reines Zuschlagverfahren als auch ein reines Nachlassverfahren wie auch ein kombiniertes Zuschlags- und Nachlassverfahren zulässig sei. Dies entspreche der herrschenden Meinung. Die Satzungsregelung nach § 28 halte sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage. Bei der Berechnung der Beitragszuschläge seien auch die im Jahr 2004 gezahlten Sach- und Geldleistungen für Versicherungsfälle korrekt berücksichtigt worden. Zum Einwand der Klägerin, das Urteil des Sozialgerichts sei ihr tatsächlich früher als im Empfangsbekenntnis bestätigt zugegangen, sei auszuführen, dass das Urteil bei ihr am 02.07.2007 eingegangen und durch die Poststelle am gleichen Tag der Fachabteilung vorgelegt worden sei. Dort sei das Poststück mit dem Eingangsstempel vom 02.07.2007 versehen worden, was mit dem zwischen Fachabteilung und Poststelle vereinbarten Postgang für Fristsachen übereinstimme. Es sei nichts Ungewöhnliches, dass eine Sendung des Gerichts 10 Tage unterwegs sei. Im Empfangsbekenntnis sei versehentlich das Datum des Ausfüllens eingetragen worden, was bei den neuen vom Sozialgericht Reutlingen verwendeten Formularen nicht mehr vorkommen könne. Das Empfangsbekenntnis habe jetzt zwei getrennte Rubriken für das Datum des Eingangs des Poststücks und das Datum des Ausfüllen des Formulars. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin ergänzend ausgeführt, zum Zeitpunkt der Zustellung des Urteils des Sozialgerichts sei gerade die Umstellung auf die elektronische Aktenführung im Gange gewesen. Der Posteingang sei an die jeweilige Fachabteilung weitergeleitet worden, wo er einen Eingangsstempel erhält und von einer eigens eingerichteten Stelle eingescannt wird. Zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses sei die Stelle nicht berechtigt. Ob ihr das Urteil im Original vorgelegt worden sei, sie nur eine Kopie erhalten habe oder nur die elektronische Datei, könne sie im Nachhinein nicht mehr sagen. Diesbezüglich werde auch heute noch unterschiedlich verfahren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 05.06.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin rügt die Verfristung der Berufung. Bei ihr sei das Urteil am 25.06.2007 eingegangen, was einem normalen Postlauf entspreche. Das Empfangsbekenntnis habe die Beklagte erst auf Mahnung des Sozialgerichts übersandt, wobei das Datum vom 30.07.2007 keinesfalls das Datum des Zugangs des Urteils sein könne. Soweit behauptet werde, dass die Entscheidung der Fachabteilung erst am 02.07.2007 vorgelegen habe, sei nicht bewiesen, dass das Urteil tatsächlich erst am 02.07.2007 bei der Poststelle eingegangen sei und diese es am gleichen Tag an die Fachabteilung weitergeleitet habe. Es sei üblich und auch geboten, das Empfangsbekenntnis am Tag des Eingangs gegenzuzeichnen. Was den Zeitpunkt des Eingangs eines Urteils anbelange, komme es nicht darauf an, wann das Schriftstück bei dem Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft oder einem mit Prozessvollmacht ausgestatteten Mitarbeiter angekommen sei. Wenn eine zentrale Posteingangsstelle eingerichtet sei, seien die Bediensteten der Posteingangsstelle Empfangsbevollmächtigte für zuzustellende Schriftstücke. Bei Zugrundelegung eines regulären Postlaufs sei das Urteil vor dem 30.06.2007 bei der Poststelle der Beklagten eingegangen, die Berufung sei damit verspätet. In der Sache seien keine weiteren Ausführungen erforderlich, es werde insoweit auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Der Senat hat die die Klägerin betreffenden Mitglieds- und Beitragsakten der Beklagten und die den Beschäftigten R. betreffende Unfallakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landessozialgericht einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das angefochtene Urteil ist wirksam mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden (§ 63 Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 174 Zivilprozessordnung (ZPO)) und zwar zur Überzeugung des Senats am 02.07.2007. Die Berufungsfrist begann somit am 03.07.2007 zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endete am 02.08.2007 (§ 64 Abs. 2 SGG). Die am 31.07.2007 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten ist daher innerhalb der Frist erhoben worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Berufungsfrist wirksam am 02.07.2007 in Gang gesetzt worden. Die Zustellung ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Zustellung ist die formgerechte Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person (vgl. § 166 Abs. 1 ZPO i. d. F. vom 05.12.2005, BGBl. I 3202). Ein Dokument kann eine Urkunde oder auch ein sonstiger mechanisch oder elektronisch abgefasster Text sein (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, § 166 Rdnr. 5). Der Zustellungsadressat kann bei nicht natürlichen Personen grundsätzlich nur der "Leiter" der Behörde sein, an den die Zustellung zu bewirken ist (§ 170 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 63 Abs. 2 SGG). Damit ist bei Behörden die Zustellung nur wirksam ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das zuzustellende Schriftstück dem Behördenleiter oder dem im Prozess Vertretungsberechtigten der Behörde zugegangen ist (vgl. auch BVerwG Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19). Dieser ist berechtigt, das Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Bedienstete der Poststelle einer Behörde gehören nicht zu diesem Personenkreis.
Da nur die Bekanntgabe des Dokuments Wirksamkeitsvoraussetzung einer Zustellung ist, ist bei der Zustellung eines Schriftstückes mit Empfangsbekenntnis nach § 174 Abs. 1 ZPO nicht zwingende Voraussetzung, dass das Schriftstück dem Zustellungsadressaten tatsächlich körperlich übergeben wird. Ausreichend ist die seitens des Absenders hierzu eröffnete Möglichkeit. Wenn durch die innerbehördliche Organisation das in den Machtbereich des Zustellungsadressaten gelangte Schriftstück den zur Prozessführung befugten Bediensteten nicht mehr im Original zugänglich gemacht wird, sondern die mit der Bekanntgabe bezweckte Kenntnisnahme nur durch eine Kopie oder elektronische Datei bewerkstelligt wird, ist von einer von Amts wegen wirksam erfolgten Zustellung auszugehen. Die grundsätzlich ausreichende Kenntnisnahme einer Kopie oder eines elektronische Dokuments zum Zwecke der Zustellung auf Veranlassung des Absenders ist bereits nach § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO zulässig. Daraus ist ersichtlich, dass die Bekanntgabe durch körperliche Übergabe des Originaldokuments nicht unabdingbar ist. Daher begründet auch die Entscheidung des Zustellungsadressaten, ein vom Absender übersandtes Schriftstück nicht im Original, was ihm faktisch möglich wäre, sondern auf andere Weise zum Zwecke der Zustellung zur Kenntnis zu nehmen, keinen Zustellungsmangel. Vorliegend kann deshalb dahinstehen, ob das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen der zur Ausstellung des Empfangsbekenntnisses befugten Bediensteten im Original vorgelegen hat.
Die formgerechte Zustellung mit Empfangsbekenntnis ist darüber hinaus wirksam, wenn im Empfangsbekenntnis der Empfang zum Zweck der Zustellung des Schriftstückes bestätigt sowie die eigenhändige Unterschrift des Empfangsberechtigten mit Datum angebracht ist (§ 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für die Wirksamkeit ist entscheidend, dass der Adressat schriftlich bestätigt, das empfangene Schriftstück an einem bestimmten Tag mit dem Willen entgegengenommen zu haben, es als zugestellt gelten zu lassen und das Empfangsbekenntnis zurückgeschickt wird (vgl. Hüßtege a. a. O., § 174 RdNr. 5ff; BSG SozR 3- 1960 § 5 Nr. 1). Dies erbringt vollen Beweis dafür, dass an dem vom Empfänger angegebenen Tag tatsächlich zugestellt wurde.
Fehlt die Datumsangabe beim unterschriebenen Empfangsbekenntnis, ist deshalb die Zustellung nicht unwirksam (BGH NJW 2005, 3216 ff), auch wenn das Datum des tatsächlichen Zuganges nicht mehr rekonstruierbar ist. Diesem Fall vergleichbar ist der einer versehentlich gemachten und vom Aussteller widerrufenen Datumsangabe im Empfangsbekenntnis, die die Wirksamkeit der Zustellung und damit den Beginn des Fristlaufs zu dem für nachgewiesen erachteten spätesten Zugangszeitpunkt nicht berührt. Nach dieser Rechtsprechung konnte bereits bisher die Zustellung auch dann noch (mit "Rückwirkung") vollzogen werden, wenn der Zustellungsempfänger später, in einem anderen von ihm unterzeichneten Schriftstück, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Zustellungsvorgang stehen muss - etwa einer Berufungsschrift -, ausdrücklich den Tag der Zustellung angegeben hat (BSG a.a.O.; BGH a. a. O.; BGH NJW 1994, 2295).
Nach diesen Grundsätzen ist zwar die Beweiskraft des von der Beklagten am 30.07.2007 ausgestellten Empfangsbekenntnisses durch die gemäß der Auflage des Senats abgegebene Erklärung der Beklagten vom 10.01.2008 erschüttert, doch ist darin zugleich der Zugang des angefochtenen Urteils für den 02.07.2007 bestätigt worden. Damit ist für den Senat durch die Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses, die auch die Erklärung vom 10.01.2008 abgegeben hat, nachträglich das Zugangsdatum festgestellt. Die zur Prozessführung ermächtigte Ausstellerin des Empfangsbekenntnisses war als Angehörige der Fachabteilung auch hierzu befugt. Der Erklärung vom 10.01.2008 kommt die Beweiskraft eines Empfangsbekenntnisses nach § 174 Abs. 4 ZPO zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es unerheblich, ob das Urteil zu einem früheren Zeitpunkt bei der Post- oder der Einscannstelle der Beklagten eingegangen ist.
Die Berufung ist auch begründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 20.04.2005 ist im angefochtenen Umfang nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben. Die Klägerin hat den Beitragszuschlag in voller Höhe angefochten, obgleich sie einen geringeren Betrag – nämlich den abzüglich der Beitragsvorauszahlung noch offenen Differenzbetrag - im Widerspruch (und nachfolgend) genannt hat. Aus ihrem Vorbringen ist aber erkennbar, dass sie sich gegen den Beitragszuschlag in voller Höhe wendet (falsa demonstratio non nocet), so dass bezüglich der Differenz zwischen Nachzahlungsbetrag (7.401,09 EUR) und Beitragszuschlag (7.731,60 EUR) der Bescheid nicht be¬standskräftig geworden ist.
Nach § 150 Abs. 1 SGB VII sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Die Beiträge werden durch den zu erteilenden Beitragsbescheid der Unfallversicherungsträger (§ 168 Abs. 1 SGB VII) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt (§ 152 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII).
Die Berufsgenossenschaften haben ferner unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung; dabei kann sie Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen. Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 162 Abs. 1 Satz 2-4 SGB VII). Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 162 Abs. 1 Satz 3 1. Halbs. SGB VII) Die sog. Wegeunfälle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) bleiben außer Betracht (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Nach diesen Grundsätzen ist der auf die Satzung der Württembergischen Bau-BG gestützte angefochtene Beitragsbescheid rechtmäßig.
Die vom Bundesversicherungsamt am 29.04.2005 genehmigte Satzung der Beklagten über die Fusion der Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft (Fusionssatzung 2005) ist anstelle der Satzung der W. Bau-Berufsgenossenschaft vom 18.11.1997 (Satzung) am 01.05.2005 in Kraft getreten (§ 72 Abs. 2 Fusionssatzung 2005). Nach §§ 1, 2 des Anhangs 1 zur Fusionssatzung galten die Gefahrtarife und Regelungen zur Umlage der jeweils einzelnen fusionierten Bau-Berufsgenossenschaften bis zum Umlagejahr 2005 fort. Der Beitragszuschlag ist damit zutreffend auf die bis 30.04.2005 gültige Satzung der W. Bau-BG gestützt.
Als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 153 Abs. 3, 154 Abs. 1, 155, 166, 157 Abs. 1, 161, 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, §§ 33 ff SGB IV) ist die Satzung nur daraufhin überprüfbar, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, also dem SGB VII, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSG SozR 3-2200 § in 125 Nr. 2 m. w. N.; BSGE 13, 189 = SozR Nr. 2 zu § 915 RVO; BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO; BSG SozR Nr. 4 zu § 725 RVO; BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10; SozR 2200 § 734 Nr. 5; BSG Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 f; BSG Urteil vom 18. Oktober 1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255). Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr. 3; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.). Die Prüfung, ob die Satzung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte (BSG SozR 3-2200 § 724 Nr. 2; BSG SozR 2200, § 731 Nr. 2; BSG Urteile vom 21. August 1991 und 18. Oktober 1994, a.a.O.); zum gesetzlichen Rahmen gehört, dass den Auswirkungen für den betroffenen Unternehmen nach oben und unten Grenzen gesetzt sind, sie dürfen zwar wirtschaftlich ins Gewicht fallen, dürfen aber nicht das Versicherungsprinzip der Solidarhaftung aufheben. Zu berücksichtigen ist ein Übermaß- und Untermaßverbot (vgl. BSG SozR 2200 § 725 Nr. 10, BSG NZS 1986, 623; BSG SozR 3-2200 § 725 Nr. 2).
Nach § 28 der Satzung (in der für die Umlage 2004 geregelten Neufassung) ist ein Beitragszuschlag unter den dort genannten Voraussetzungen vom Beitragspflichtigen zu erheben. Diese Regelung ist im wesentlichen inhaltsgleich mit § 30 der Fusionssatzung 2005. In beiden Satzungen ist kein Beitragsnachlassverfahren vorgesehen.
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung verstößt dies nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII. Es entspricht der einhelligen Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, dass sowohl ein reines Beitragsnachlass- als auch ein reines Beitragszuschlagverfahren wie auch eine Kombination von Beitragsnachlass-/Beitragszuschlagverfahren nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers zulässig ist (vgl. Platz in Schulin, Hdb. des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht, § 58 Rdnr. 77ff; Burchardt in Brackmann, Hdb. der Sozialversicherung, § 162 SGB VII Rdnr. 24; Ricke in Kasseler Kommentar, § 162 Rdnr. 8; Be¬reiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung Handkommentar, § 162 Rdnr. 3; Freischmidt in Hauck/Noftz, SGB VII Gesetzliche Unfallversicherung, § 162 Nr. 8; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung § 162 Rdnr. 3; Weiß in SGB VII, Lehr- und Praxiskommentar, § 162 Rdnr. 6ff; BSG, Urteil vom 16.11.2005 - B 2 U 15/04 R -, Rdnr. 20 mit Hinweis auf Bereiter-Hahn/Mehrtens a. a. O., Kater/Leube, a. a. O., Kasseler Kommentar a. a. O. - jeweils mit Verweis auf die Kommentierung zur Zulässigkeit reiner Zuschlags- oder Nachlass¬verfahren - veröffentlicht in Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2006 - L 3 U 58/04 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.12.2007 - L 17 U 128/07 - , jeweils veröffentlicht in Juris). Dies entspricht auch der Rechtsprechungspraxis des Senats (vgl. Urteil vom 27.03.2006 - L 1 U 1430/05, Rdnr. 26, veröffentlicht in Juris, bestätigt durch BSG, Urteil vom 30.03.2007 - B 2 U 9/06 R-).
Der Senat folgt nicht der vom Sozialgericht mit umfassender Begründung dargelegten, von der überwiegend vertretenen Rechtsmeinung abweichenden Auffassung. Der Auffassung des Sozialgerichts ist zuzugestehen, dass teilweise im Schrifttum und in der Rechtsprechung eine eingehende Begründung für die postulierte weitgehende Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers nicht gegeben wird. Doch ist die vom Sozialgericht vertretene Auffassung nicht überzeugend und die ihr zu Grunde liegende Auslegung der Ermächtigungsnorm des § 162 SGB VII nicht zwingend. Eine gesetzgeberische Begrenzung der Satzungsautonomie mit dem grundsätzlich gegebenen weiten Gestaltungsermessen ist der gesetzlichen Vorschrift des § 162 SGB VII nicht zu entnehmen.
Nach dem Wortlaut des § 162 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften durch das Wort "oder" die alternative Regelungsmöglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen, sodass eine Satzungsregelung mit reinem Zuschlagverfahren oder reinem Nachlassverfahren der Ermächtigungsnorm nicht widerspricht. Der Hinweis des Sozialgerichts, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.11.2005, a. a. O.) beziehe sich der Wortlaut auf das einzelne beitragspflichtige Mitgliedsunternehmen, sodass eine kumulative Auferlegung von Zuschlägen oder die Gewährung von Nachlässen denknotwendigen nicht möglich sei, führt nicht zu der Auslegung, dass die Ermächtigungsnorm für den Normadressaten - den Satzungsgeber - auch so zu verstehen sein muss, dass das "oder" als "und" zu lesen ist. Bei der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts bestand gerade Anlass für eine entsprechende Differenzierung, da die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Satzung ein kombiniertes Zuschlags-/Nachlassverfahren vorsah, was auf erstes Ansehen viel eher dem Wortlaut von § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII widerspricht als ein reines Nachlass- oder Zuschlagverfahren.
Eine teleologisch orientierte Auslegung führt ebenfalls nicht zu der Beschränkung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers. Weder ein aus der Gesetzeshistorie noch aus der Gesetzessystematik ableitbarer Gesetzeszweck zwingt zu der einschränkenden Auffassung, dass nur das kombinierte Beitragnachlass-/Zuschlagverfahren rechtlich zulässig ist.
In der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30.04.1964 (BGBl I 241) geltenden Fassung des § 712 Reichsversicherungsordnung (RVO) war den Berufsgenossenschaften das Recht eingeräumt worden, Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Eine zwingende Verpflichtung des Satzungsgebers, ein Beitragausgleichsverfahren in diesem Sinne durchzuführen, war gerade nicht in der Regelung des § 712 RVO begründet worden. Mit der Neuregelung in § 725 Abs. 2 RVO ist den Unfallversicherungsträgern zwingend vorgeschrieben worden, ein Beitragsausgleichsverfahren in der Satzung vorzusehen. Weder aus den Motiven des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Bundestagsdrucksache IV/938 S. 23f) noch aus dem damaligen Verständnis der Rechtsanwender (vgl. die Verfügungen des Bundesversicherungsamt vom 30.11.1964 - II 3 - 6103 - 1077/64 - und das Rundschreiben des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften (HVBG) VB 20/65 vom 18.02.1965, zitiert nach Buchardt a. a. O. Rdnr. 15) ist ersichtlich, dass nur eine Satzungsregelung mit einem kombinierten Beitragsnachlass- und Beitragzuschlagverfahren mit der Neuregelung des § 725 Abs. 2 RVO zulässig war. In der Gesetzesbegründung wird vielmehr darauf hingewiesen, dass die Berufsgenossenschaften bisher von der Möglichkeit, Zuschläge aufzuerlegen und Nachlässe zu bewilligen, zu wenig Gebrauch gemacht hätten. Dieses Verfahren sei den Berufsgenossenschaften künftig zur Pflicht zu machen. Die Selbstverwaltung sei bei der Ausgestaltung des Verfahrens jedoch völlig frei (Bundestagsdrucksache IV/938 a. a. O.). Dem Umstand, dass nunmehr in § 725 Abs. 2 Satz 4 RVO an Stelle von Nachlässen oder zusätzlich zu den Nachlässen auch gestaffelte Prämien gewährt werden konnten, kann die vom Sozialgericht zugemessene inhaltliche Bedeutung nicht beigelegt werden. Dieser Regelung ist nicht zu entnehmen, dass neben dem Malus-System durch Beitragszuschläge zugleich auch ein Bonus-System durch Nachlässe oder Prämien zwingend in der Satzung verankert sein musste. Die Fassung in § 162 Abs. 2 SGB VII zur möglichen Gewährung von Prämien bei der Effektivität von Präventionsmaßnahmen bietet hierfür ebenfalls keinen Ansatzpunkt. § 162 SGB VII hat im Wesentlichen das bis dahin geltende Recht in § 725 Abs. 2 RVO übernommen (so auch die Gesetzesmaterialien, vgl. Bundestagsdrucksache 13/2204, S. 112 ff).
Dem gesetzgeberischen Willen entspricht es, mit dem Beitragausgleichsverfahren die Unternehmen durch Beitragsanreize zur Förderung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz anzuhalten (vgl. Ricke. a. a. O. Rdnr. 2; Burchardt a. a. O. Rdnr. 12ff). Das Beitragsausgleichsverfahren ist auf die Unfallgefährlichkeit des einzelnen Unternehmens anhand der eingetretenen Unfälle ausgerichtet, um eine größere Beitragsgerechtigkeit und um den Ausgleich der Beitragslast zwischen den Unternehmen desselben Unfallversicherungsträgers im Hinblick auf den Erfolg oder Misserfolg in der Unfallverhütung herbeizuführen (Burchardt a. a. O.; ähnlich auch Weiß a. a. O., § 162 Rdnr. 5, der die Abschwächung der " nivellierenden Wirkungen der Gefahrklassen" als zusätzliches Ziel benennt). Hierbei ist für die reinen Beitragzuschlagverfahren, wie bei der streitgegenständlichen Satzungsregelung der Beklagten, zu berücksichtigen, dass die Summe der Beitragzuschläge aller betroffenen Unternehmen das Umlagesoll insgesamt vermindert, da die Beitragszuschläge wie Einnahmen wirken. Damit sinkt auch der Beitragsfuß und der Normalbeitrag für alle Unternehmen. Für nicht zuschlagspflichtige Unternehmen wirkt dies wie ein Nachlass. Wirtschaftlich wirkt sich das sogar für die zuschlagspflichtigen Unternehmen aus, denn auch diese kommen in den Genuss des verminderten Normalbeitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 13). Dem gesetzgeberischen Zweck, Beitragsanreize zu schaffen und bessere Beitragsgerechtigkeit herzustellen, wird daher auch mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren Rechnung getragen, da von ihm entlastende und belastende Auswirkungen auf die Beitragsgestaltung ausgehen. Eine Satzung mit einem reinen Beitragszuschlagverfahren läuft daher dem gesetzgeberischen Zweck, Beitraganreize für einen verstärkten Arbeitsschutz zu schaffen, nicht entgegen. Selbst wenn man - wie das Sozialgericht - unterstellt, dass Elemente eines Bonus/Malussystems aus gesetzessystematischen Gründen in dem vom Satzungsgeber gewählten Beitragsausgleichsverfahren enthalten sein müssen, wäre diese Voraussetzung zur Wahrung des Gesetzeszwecks erfüllt. Ob damit auch das zweckmäßigste und gerechteste Verfahren gewählt wird, ist der gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich.
Die Anknüpfung des Beitragszuschlags an die Eigenbelastung des einzelnen Beitragspflichtigen im Vergleich zur Durchschnittsbelastung aller Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 2 der Satzung) mit Begrenzung des Beitragszuschlags auf 30% des Beitrags des Beitragspflichtigen (§ 28 Abs. 3 der Satzung) lässt nicht erkennen, dass damit gegen das aus der Solidarhaftung folgende Übermaßverbot verstoßen wird. In der Rechtsprechung sind Zuschlägen von 25 bis 30 v.H. des Beitrags (BSG NZS 1986, 623 -ohne ausdrückliche Festsetzung einer Höchstgrenze -; BSG, Urt. vom 16.11.2005 a. a. O.) bzw. Zuschlägen bis 60 v.H. des Beitrags (vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 6 mit weiteren Hinweisen) als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch vereinbar beurteilt worden. Die Anknüpfung an die Eigenbelastung berücksichtigt die in § 162 Abs. 1 Satz 4 SGB VII genannten Berechnungsansätze der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für Versicherungsfälle. Es ist dem Satzungsgeber überlassen, ob und wie er die gesetzlichen Merkmale für die Regelung des Beitragausgleichsverfahrens kombiniert oder ob er nur eines als Berechnungsansatz verwendet (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 15ff, m. w. H.).
Der angefochtene Beitragszuschlag ist auch zutreffend errechnet worden. Der Einwand der Klägerin, ihrer Eigenbelastung seien nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen zugrunde gelegt worden, trifft nicht zu.
Zwar kann das Mitgliedsunternehmen dem ihn betreffenden Beitragsbescheid mit Beitragszuschlag entgegenhalten, dass ein Arbeitsunfall des bei ihm beschäftigten Versicherten nicht vorgelegen habe, auch wenn der an den Versicherten ergangene Leistungsbescheid mit der Feststellung eines Arbeitsunfalls rechtskräftig geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.1990 - 2 RU 5/90 -, veröffentlicht in HBV-Info 1990, 2163-2168 und Juris), denn der Leistungsbescheid enthält keine Bindungswirkung gegenüber dem Beschäftigungsbetrieb und Beitragspflichtigen. Doch ist dem Mitgliedsunternehmen nicht jede Rüge der Höhe entstandener Aufwendungen möglich. Ein aus fehlerhafter ärztlicher Behandlung anlässlich eines Arbeitsunfalls entstandener Mehraufwand oder Aufwendungen, die aus Anlass eines Versicherungsfalles sowohl für dessen Folgen als auch für versicherungsfremde Gesundheitsstörungen entstanden sind und die der Versicherungsträger aber mangels Abgrenzbarkeit oder zur Vermeidung aufwändiger Ermittlungen insgesamt getragen hat, sind unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks des Beitragzuschlagverfahrens noch wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückführbare Aufwendungen (zu den nicht rügbaren Aufwendungen eines Behandlungsfehlers vgl. Ricke a. a. O. Rdnr. 17, 18).
Nach diesen Grundsätzen besteht kein Anlass, die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten Aufwendungen für den Versicherungsfall des Beschäftigten R. nicht in die Berechnung der Eigenbelastung der Klägerin einzustellen. Die Behauptung der Klägerin, es habe sich um keinen Arbeitsunfall gehandelt, da eine vorsätzliche Eigenverletzung des Versicherten vorgelegen habe, die die Legaldefinition des Arbeitsunfalls in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII nicht erfüllt, ist zur Überzeugung des Senats widerlegt. In der vom Geschäftsführer der Beklagten selbst erstatteten Unfallanzeige vom 06.11.2003 wird ein Unfallhergang geschildert, aus dem sich keine vorsätzliche Eigenschädigung ergibt. Auch im Widerspruchsverfahren gegen den Beitragsbescheid wird kein zu dieser Behauptung passender Vorgang geschildert, sondern auf ein eigenmächtiges Handeln entgegen ausdrücklicher Arbeitsanweisungen abgestellt, was für sich genommen aber noch keine vorsätzliche Eigenschädigung begründet. Ein verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus (§ 7 Abs. 2 SGB VII). Selbst eine in Kauf genommene Eigenschädigung steht der Annahme eines Arbeitsunfalls nicht entgegen, wenn sie nur als Zwischenziel einer darüber hinausgehenden, mit der versicherten Tätigkeit im inneren Zusammenhang stehenden Absicht anzusehen ist, (herrschende Meinung, vgl. Ricke a. a. O. § 7 SGB VII Rdnr. 8). Dass der Versicherte R. aber überhaupt mit Eigenschädigungsabsicht gehandelt hat, ist aus den dargelegten Gründen für den Senat nicht ersichtlich. Für die letztlich hoch riskante unfallträchtige Situation spricht zudem, dass der Vater des Geschäftsführers der Klägerin während des zur Unfallverletzung des Beschäftigten R. führenden Arbeitsvorganges selbst auch in die Grube gestürzt ist.
Soweit die Klägerin geltend macht, es seien auch Aufwendungen für die Behandlung der unfallvorbestehenden Wirbelsäulenerkrankung des Beschäftigten R. berücksichtigt worden, ist diese Rüge der Höhe der errechneten Eigenbelastung unbeachtlich. Eine Rüge zur fehlerhaften Berechnung der Eigenbelastung muss erkennen lassen, dass Aufwendungen entweder für eine von unfallbedingten Behandlungsmaßnahmen eindeutig abgrenzbare Behandlung oder für eine Abgeltung eindeutig abgrenzbarer unfallfremder Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden sind. Eine Behauptung "ins Blaue hinein", die der Arbeitgeber in der Regel ohne genaue Kenntnisse über die Krankheitsgeschichte seiner Beschäftigten aufstellt, löst keine Amtsermittlungspflicht des Unfallversicherungsträgers aus. Ein Eingehen in der Sache ist dem Unfallversicherungsträger auch regelmäßig verwehrt, da dem Sozialdatenschutz unterliegende Tatsachen dem Arbeitgeber gegenüber nicht offenbart werden können (§§ 35 SGB I, 67 SGB X i. V. m. § 199 ff SGB VII), soweit aus dem Vorbringen des Beitragsschuldners nicht erkennbar ist, dass ihm entsprechende Tatsachen bereits bekannt sind. In diesem Fall kann sich der Unfallversicherungsträger darauf beschränken, die getätigten Leistungen abstrakt zu beziffern.
Dies gilt auch dann, wenn der Unfallversicherungsträger unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen in einem Bescheid gegenüber dem verunglückten Versicherten festgestellt hat, da insoweit eine medizinische -gutachtliche- und rechtliche Abklärung erfolgt ist. Grundsätzlich sind nämlich die bei der Behandlung und Abgeltung von Unfallfolgen rechtmäßig mit erfassten Beschwerden einer unfallvorbestehenden Erkrankung noch zu den Aufwendungen des Versicherungsfalles zu zählen. Die Aufwendungen für nicht abgrenzbare Behandlungsmaßnahmen (z. B. physiotherapeutische Behandlung der Beschwerden eines unfallbedingten Wirbelkörperbruchs und Beschwerden einer unfallunabhängigen Bandscheibenerkrankung) sind direkte Folge des Versicherungsfalles. Soweit die Beschwerden selbst nicht von unfallbedingter und unfallfremder Erkrankung abgrenzbar sind, sind die Beschwerden als Ausfluss des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" insgesamt bereits Unfallfolgen.
Jedoch auch die Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallfremde Leiden, die zwar grundsätzlich von Unfallfolgen abgrenzbar wären, sind unter bestimmten Voraussetzungen noch dem Versicherungsfall zuzurechnen und daher bei der Berechnung der Eigenbelastung zu berücksichtigen. Hierzu gehören die aus Gründen der Verfahrensvereinfachung bei schwieriger Beweissituation oder faktischer Unmöglichkeit (z. B. Verweigerung der Zustimmung zu einem nichtduldungspflichtigen Eingriff) oder Unverhältnismäßigkeit der weiteren Aufklärung entstandenen Kosten einer Behandlung oder einer Abgeltung des Versicherten für unfallunabhängige Beschwerden. Der Versicherungsfall ist rechtlich als wesentliche Bedingung für das Entstehen dieser Aufwendungen zu bewerten. Der Versicherungsträger kann im Rahmen des ihm obliegenden Verwaltungshandelns die für zweckmäßig erachteten Maßnahmen treffen (§§ 9 Satz 2, 20 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dazu gehört auch die Entscheidung, ob weitere Ermittlungen mit Erfolgsaussicht anzustellen sind, ggf. auch ob bei streitigen Rechtsfragen im Wege eines Vergleichs Kosten übernommen werden (für die Unbeachtlichkeit eines den Beitrag verringernden Vergleichs mit dem Deutschen Fußballbund mit Auswirkungen auf das Umlagesoll für alle Mitgliedsunternehmen, vgl. BSG Urteil vom 24.02.2004 - B 2 U 31/03 R - SozR 4-2700 § 152 Nr. 1). Die Rüge, es seien unfallfremde Leistungen bei der Berechnung der Eigenbelastung des Beitragsschuldners berücksichtigt worden, bedarf deshalb auch in den Fällen einer Konkretisierung, wenn der Unfallversicherungsträger tatsächlich Anlass gesehen hat, in einem gegenüber dem Versicherten erlassenen Bescheid unfallbedingte und unfallfremde Gesundheitsstörungen festzustellen.
Vorliegend ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin auch nur pauschal und wenig substantiiert. Für den Senat bestand daher auch kein Anlass zu weitergehenden Ermittlungen. Die Beklagte hat mit Leistungsbescheid vom 24.05.2005 und 24.08.2006 Unfallfolgen festgestellt und davon auch ausdrücklich unfallunabhängige Erkrankungen und Gesundheitsstörungen abgegrenzt. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass abgrenzbare Entschädigungsleistungen für unfallfremde Gesundheitsstörungen geleistet worden sind. Die Entscheidungen der Beklagten sind auf die eingeholten medizinischen Gutachten, in denen die bestehenden Unfallfolgen in Abgrenzung zu Vorerkrankungen umschrieben worden sind, gestützt. Hierzu hat die Klägerin auch nichts weiter vorgetragen. Auf die datenschutzrechtliche Problematik der Einbeziehung der dem Arbeitgeber unbekannten Aktenteile der Unfallakte des Beschäftigten im Hinblick auf den Schutz der in der Akte enthaltenen Sozialdaten (vgl. hierzu Ricke a. a. O. § 167 Rdnr. 22b) kommt es im weiteren daher nicht an.
Eine rechnerische Fehlerhaftigkeit ist dem Beitragsbescheid nicht zu entnehmen. Eine solche hat die Klägerin auch nicht gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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