Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 142/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1540/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO bzw. ab dem Jahr 1997 BKV).
Die 1955 geborene Klägerin stand ab 1. März 1975 in der Praxis des Zahnarztes H. (H.B.) in einem Ausbildungsverhältnis zur Zahnarzthelferin. Die Zahnarztpraxis befand sich nach einem Umzug im Juni 1977 in der S. in B ... Die Abschlussprüfung als Zahnarzthelferin legte die Klägerin am 31. Mai 1978 ab. Danach arbeitete die Klägerin noch bis zum 31. Mai 1979 in dieser Praxis. In der Zeit vom 1. September 1979 bis 30. April 1995 war die Klägerin, unterbrochen von einer Zeit der Arbeitslosigkeit von Januar 1982 bis 13. Oktober 1985, mit Bürotätigkeiten bei fünf verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Seither ist sie dauerhaft arbeitslos. Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden ihr wiederholt Eingliederungsmaßnahmen beW.igt.
Mit Schreiben vom 6. März 2002, eingegangen bei der Beklagten am 8. März 2002, stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenantrag wegen eines Quecksilberunfalls in der Zahnarztpraxis. Dort sei Quecksilber verschüttet worden. Das sodann aufgenommene Verwaltungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2003 unter Versagung eventuell zustehender Leistungen ein, da die Klägerin nicht ausreichend mitgewirkt habe. Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Mai 2003 Widerspruch. Unter ausführlicher Darstellung ihrer Arbeitssituation in der Zahnarztpraxis wies sie darauf hin, sie sei vor Beginn der Tätigkeit nicht krank gewesen. Mit Beginn der Tätigkeit seien sofort gesundheitliche Beschwerden aufgetreten, die nach dem Arbeitsunfall zugenommen hätten.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 zeigte Dr. F. (Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren) der Beklagten eine BK der Klägerin wegen einer chronischen Quecksilbervergiftung nebst Allergisierung am Arbeitsplatz durch Exposition von Schwermetall, insbesondere Nickel und Quecksilber, bei fehlendem Hand- und Hautschutz an. Diese führte er auf die allgemeine chemische Belastung in der Zahnarztpraxis sowie auf einen schwerwiegenden Arbeitsunfall im Herbst 1977, bei dem eine größere Menge Quecksilber auf den Boden gelangt und in Ritzen am Boden versickert sei, zurück.
Vom 4. August bis 26. September 2003 nahm die Klägerin erneut an einer von der BA finanzierten Eingliederungsmaßnahme bei der Aufbaugilde gGmbH in H. teil. Wegen starker Atemwegsbeschwerden, die die Klägerin auf dort auftretende Abgase sowie Dämpfe von Drucker und Kopierer zurückführte, bat die Klägerin die Beklagte telefonisch, umgehend eine "Messung der Luft" durchzuführen.
Die Beklagte holte Stellungnahmen ihres Präventionsdienstes ein: Der technische Aufsichtsbeamte (TAB) Dipl.-Ing. W. führte am 26. November 2003 aus, ob die Exposition gegenüber Quecksilber im Jahre 1977 nach 20 Jahren zu den beschriebenen Beschwerden führen könne, müsse von ärztlicher Seite geklärt werden. Hinsichtlich des aktuellen Arbeitsplatzes habe die Klägerin geäußert, vor allem gegenüber Dämpfen, denen sie auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz vorbei an einer Wäscherei ausgesetzt sei, beeinträchtigt gewesen zu sein. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK nach der BKV seien nicht gegeben gewesen. Im Schreiben vom 19. Dezember 2003 ergänzte er seine Stellungnahme bezüglich krankheitserregender Wirkungen einer Quecksilberbelastung. Er verwies auf gutachtliche Ausführungen in dem beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Verfahren L 7 U 2889/00. Dort sei selbst für einen Vorfall, bei dem Quecksilber ausgelaufen sei und ein Quecksilberdepot über Tage oder Wochen in der Praxis bestanden habe, nicht von einer nennenswerten, d. h. krank machenden Exposition ausgegangen worden. Das Verschütten von Quecksilber sei danach keine Seltenheit. Weiter ergänzte Dipl.-Ing. W. mit Schreiben vom 12. Mai 2004, ein Telefonat mit dem damaligen Arbeitgeber H. B. habe ergeben, dass zwar flüssiges Quecksilber in der Praxis verwendet worden sei, ihm ein einschlägiges Unfallereignis jedoch nicht erinnerlich sei. Selbst bei Vorliegen eines solchen Ereignisses bliebe es jedoch bei den Schlussfolgerungen aus dem vom LSG eingeholten Gutachten.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK nach Nr. 1102 der Anlage zur BKV sowie die Gewährung von Leistungen ab. Die Klägerin sei während ihrer Tätigkeit als Zahnarzthelferin keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen seien, eine BK zu verursachen. Nach Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers habe keine Möglichkeit eines direkten Kontaktes zu Quecksilber aufgrund der Art der Quecksilberverarbeitung bestanden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin. Während der Zeit bei der Aufbaugilde seien die alten Gangstörungen, Hörstörungen, Sehstörungen und andere Beschwerden wieder aufgetreten und schlimmer geworden.
Dipl.-Ing. W. nahm am 26. Oktober 2004 erneut Stellung. Eine krank machende Exposition gegenüber Quecksilber könne nach den vorliegenden Angaben mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Messungen hinsichtlich der Tätigkeit bei der Aufbaugilde seien nicht angezeigt gewesen. Es habe nicht der geringste Anhaltspunkt vorgelegen, nach welchen Stoffen oder Stoffgruppen hätte gesucht werden sollen. Im Übrigen sei die dortige Tätigkeit der Klägerin bereits beendet gewesen.
Nach Anhörung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004 den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine berufliche Verursachung oder wesentliche Beeinflussung der Erkrankung der Klägerin sei nicht wahrscheinlich zu machen. Eine geeignete Einwirkung von Quecksilber oder seinen Verbindungen am Arbeitsplatz sei nicht nachgewiesen worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit als Zahnarzthelferin mit der geltend gemachten Erkrankung könne nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit hergestellt werden. Es liege keine BK vor.
Deswegen erhob die Klägerin am 18. Januar 2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Sie trug vor, sie habe, aus Rumänien stammend, Sprachschwierigkeiten bei ihrer Arbeit in der Zahnarztpraxis gehabt. An einem Mittwoch im September 1977, kurz vor Schließung der Arztpraxis, habe ihre Kollegin B., jetzt verheiratete B., eine Flasche, die mit flüssigem Quecksilber gefüllt gewesen sei, aufgeschraubt und das flüssige Quecksilber versehentlich auf den Boden verschüttet. Daraufhin hätten sich die Quecksilberkügelchen zwischen Spülbecken und Patientenstuhl verteilt und seien an einer Wandleiste entlang gerollt. Ihre weitere Kollegin, Frau H. Sch., jetzt verheiratete N., habe die Quecksilberkügelchen mit einem feuchten Taschentuch aufsammeln wollen, was jedoch nicht funktioniert habe, sodass sie sich weiter verteilt hätten. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt mit dem Ölen der Hand- und Winkelstücke und der Turbinen beschäftigt gewesen und habe keine Möglichkeit gehabt, den Quecksilberkügelchen, die sich vor ihr in der PVC-Naht gesammelt hätten, auszuweichen. Eine direkte Lüftung der Praxis sei nicht vorgenommen worden. Wegen der nicht ordnungsgemäßen Entsorgung des verschütteten Quecksilbers sei die Luft und der Fußboden in der Praxis mit Quecksilber und Quecksilberdämpfen verunreinigt gewesen. Da es sich um einen Mittwoch gehandelt habe, die Praxis um 12:00 Uhr geschlossen worden sei und der Chef nicht da gewesen sei, seien die Fenster bei Verlassen der Praxis geschlossen worden. Sie habe ihren festen Arbeitsplatz an der PVC-Naht gehabt und habe der starken Belastung durch das Quecksilber nicht ausweichen können. Nachfolgend seien auch andere Mitarbeiter, die Ehefrau und ein Kind des H. B. wegen der Belastung in der Zahnarztpraxis erkrankt. In der Praxis sei auch vor dem Quecksilbervorfall mit Gefahrstoffen recht sorglos umgegangen worden, sodass sie erheblich vorbelastet gewesen sei. Wegen einer darauf beruhenden Atemwegserkrankung mit Schwindelgefühlen sei sie oft gestürzt. Sinngemäß führte die Klägerin Erkrankungen der Atemwege, Kopfschmerzen, Hauterkrankungen, Magen- und Darmbeschwerden, Hustenanfälle, Essbeschwerden, eine Schädigung des zentralen Nervensystems, eine Schleimüberproduktion, Zahnfleischveränderungen und -blutungen, Greifprobleme der Hände, eine Schädigung der Nieren und eine Störung des Blutbildes auf die Belastungen in der Praxis zurück. Deswegen habe sie die Tätigkeit aufgeben müssen. Am Tag nach dem Verschütten des Quecksilbers seien bei ihr extreme Beschwerden aufgetreten. Sie habe unter Hustenanfällen mit Atemnot, Kreislauf- und Schwindelanfällen sowie Übelkeit gelitten. Am Donnerstagabend habe sie nicht schlafen können und habe einen Kreislaufzusammenbruch gehabt. Am Freitag habe sie erbrochen, dann hätten Durchfälle, welche einige Tage anhielten, eingesetzt. Schließlich sei eine vermehrte Speichelproduktion und ein vermehrter Harndrang eingetreten. Ihre Gelenke seien angeschwollen und hätten geschmerzt. Auffallend sei gewesen, dass nach dem Quecksilberunfall häufig der Krankenwagen für Patienten benötigt worden sei. Zu ihrer Tätigkeit führte sie aus, sie habe am Behandlungsstuhl assistiert, Instrumente etc. gereinigt, desinfiziert und zusätzlich im Labor gearbeitet. Der Fußboden im Sprechzimmer sei nicht glatt und nahtlos gewesen, die Wände seien nicht abwaschbar gewesen. Die Abfälle, auch die Quecksilberabfälle, seien im Sprechzimmer gesammelt worden. H. B. habe die Quecksilbermischungen als Füllstoff mit den bloßen Fingern verarbeitet. Die Klägerin machte präzise Angaben zur Größe der Flasche, in der sich das Quecksilber befunden habe. Die von der Beklagten herangezogenen gutachtlichen Einschätzungen aus dem LSG-Verfahren beruhten auf im Jahr 1996 durchgeführten Messungen unter Bedingungen, wie sie in Universitätskliniken üblich seien. Diese Werte und die gutachtlichen Ausführungen seien deshalb nicht auf die Bedingungen in der Zahnarztpraxis von H. B. übertragbar. Die Klägerin legte verschiedene Unterlagen, u. a. einen Aufsatz von Alfred Stock "Die Gefährlichkeit des Quecksilberdampfes" aus der Zeitschrift für angewandte Chemie vom 15. April 1926 vor.
Im Erörterungstermin vom 19. Dezember 2005 hörte das SG Frau B. B. und H. B. als Zeugen sowie Dipl.-Ing. W. als Sachverständigen. H. B. machte umfassende Angaben zu den Arbeitsbedingungen, zur Ausstattung der Praxis und zur Verarbeitung von Quecksilber bzw. Amalgam. Das Auffüllen des Mischgerätes habe er sich ständig vorbehalten und grundsätzlich selbst Quecksilber nachgefüllt. Es sei vorgekommen, dass oben im Gerät an einer Vertiefung ein Tropfen einmal vorbeigegangen sei. Dieses Quecksilber habe er mit einem Amalgamrest aufgenommen. Diesen Rest habe er mit dem aufgenommenen Quecksilber sofort in einen Wasserbehälter gelegt. Er schloss aus, dass es zu dem von der Klägerin beschriebenen Quecksilberunfall gekommen sei. Ferner habe weder er noch seine Ehefrau an den von der Klägerin behaupteten Erkrankungen gelitten. Die Zeugin B. beschrieb ebenfalls die damaligen Arbeitsbedingungen. Sie schloss aus, wie von der Klägerin beschrieben, Quecksilber verschüttet zu haben. Allerdings hielt sie es für möglich, dass beim Einfüllen in das Mischgerät Quecksilberkügelchen herausgefallen seien. Sie sei von H. B. und einer weiteren Kollegin im Rahmen ihrer Ausbildung ausdrücklich auf den sorgsamen Umgang mit Quecksilber hingewiesen worden. Dipl.-Ing. W. machte Angaben zu den möglichen Auswirkungen, die sich nach einem Verschütten von Quecksilber ergeben und zu sonstigen möglichen Belastungen durch Quecksilber. Die Klägerin verwies nachfolgend auf ein Merkblatt zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen durch Quecksilber und seine Verbindung, das bereits zu ihrer Beschäftigungszeit gegolten habe. Die von Dipl.-Ing. W. herangezogenen Annahmen seien auf die Belastungen in der Praxis von H. B. nicht übertragbar. Die Beklagte legte u. a. Kopien der Schriften Grundlage der Prävention GP 4 Ausgabe April 2000 und Ausgabe Juli 2004 sowie Kopien der Grunddokumentation "Quecksilberbelastungen in Zahnarztpraxen - früher und heute -" ihres Bereichs Gefahrstoffe zur Gerichtsakte vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2006 wies das SG die Klage ab. Das Ausmaß der schädigenden Einwirkungen sei nicht mit dem erforderlichen Maß einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Nach den Ausführungen des LSG im Urteil vom 24. Januar 2002 (L 7 U 2889/00) seien selbst bei einem gelegentlichen Verschütten von Quecksilber oder Entweichen von Quecksilberdämpfen bei der Sterilisation von Instrumenten die Grenzwerte eingehalten worden. Die von der Klägerin geschilderten Arbeitsmethoden und Vorkommnisse seien keine Ereignisse, die eine Vergleichbarkeit mit den untersuchten Zahnarztpraxen ausschließen würden. Es sei davon auszugehen, dass die Räumlichkeiten täglich gelüftet, gekehrt und gewischt worden seien, sowie Mülleimer täglich gelehrt worden seien. Der Linoleumboden habe eine Schweißnaht gehabt. Ein belastungsrelevanter Hautkontakt habe nicht vorgelegen.
Gegen den ihr am 28. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. März 2006 beim SG Berufung eingelegt. Sie wiederholt und ergänzt ihr Vorbringen. Die Zeugin B. habe sich zum Teil nicht genau oder falsch erinnert. Dipl.-Ing. W. habe lediglich Vermutungen und unbewiesene Annahmen geäußert. Einer Befragung der für sie zuständigen Krankenkasse durch das LSG hat die Klägerin nicht zugestimmt. Weiter führt sie aus, die Mutter der Zeugin B. habe ihr mitgeteilt, dass es ihrer Tochter gesundheitlich sehr schlecht gehe und dass sie dies auf die Verhältnisse in der Praxis von H. B. zurückführe. Als sie ihr gesagt habe, ihre Tochter habe eine Flasche Quecksilber verschüttet und sie benötige die Zeugenaussage ihrer Tochter, habe ihr die Mutter der Zeugin B. eine zuvor ausgehändigte Visitenkarte ihres Schwiegersohns wieder weggenommen. Sie habe wörtlich gesagt, ihre Tochter dürfe nichts aussagen, was H. B. schade oder belaste. Die Zeugin B. habe nach nochmaliger Kontaktaufnahme ein Gespräch abgelehnt und sei aggressiv gewesen. Frau N. habe ihr telefonisch im Oktober 2004 gesagt, sie solle diese alten Sachen ruhen lassen. Sie habe gesundheitliche Beschwerden eingeräumt, jedoch bislang nicht daran gedacht, sie in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen in der Praxis zu bringen. Die Ehefrau von H. B. habe ihr im November 2004 bei einem Gespräch gesagt, die Arbeit in der Zahnarztpraxis sei sehr belastend gewesen und sie sei sehr krank gewesen. H. B. habe sich an viele Einzelheiten aus der Zeit zwischen 1975 und 1979 bei seiner Zeugenaussage nicht erinnern können. Es bestehe der Verdacht, dass er an Gewebefolgeschäden an Blutgefäßen, am Oberschenkel und den Gelenken sowie einer Veränderung der Enzymtätigkeit der Leber, einer beidseitigen Schwerhörigkeit, Schäden am zentralen Nervensystem und Depressionen leide. Auch hinsichtlich der Ehefrau von H. B., Frau N. und der Zeugin B. bestehe ein solcher Verdacht. Im Schreiben vom 22. November 2007 datiert die Klägerin das Unfallereignis auf das "Winterhalbjahr 1978 bis 1979". Ihre Kollegin habe bei der Auffüllung des Mischgeräts herumgescherzt und sich auf einmal mit der geöffneten nach unten gehaltenen Flasche herumgedreht. Daraufhin sei das Quecksilber auf den Boden gefallen. Am Tag darauf sei es ihr während der Assistenz bei einer Behandlung schlecht geworden und sie habe mit der Kollegin in den Umkleideraum an ein offenes Fenster stehen müssen. Im Schreiben vom 11. Januar 2008 macht die Klägerin Belastungen durch Behandlungsstoffe, Hilfsstoffe, Kontaktstoffe, Feinstaub, das Quecksilberunfallereignis, Arbeiten in ständig feuchtem Milieu, Röntgenlösung, Quecksilberdämpfe etc., Metallstäube, Duftstoffe aus Sprühflaschen, Krankheitskeime, Speichel, Blut, Eiter etc. geltend. Die Zeugin N. habe bei ihrer Vernehmung praktisch nichts gesagt, sondern ausschließlich erklärt, sie könne sich an nichts erinnern. Im Übrigen habe sie sich mit der Zeugin B. abgesprochen, nichts zur Sache zu sagen. Mit Schreiben vom 31. Mai und 3. Juni 2008 ergänzt die Klägerin, Frau P. sei bei dem Gespräch mit Herrn und Frau B. anwesend gewesen. Die Zeugin B. habe bei dem Quecksilberunfall mehr als 10 g Quecksilber verschüttet. Dies sei nach der - von ihr beigefügten - FDI-Stellungnahme "Leitlinien für den Umgang mit Quecksilber" eine größere Menge. Ferner macht sie ergänzende Angaben zur früheren Zusammensetzung von Amalgamfüllungen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 und des Bescheids der Beklagten vom 25. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2004 festzustellen, dass bei ihr eine Berufskrankheit nach Nummer 1102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Es lasse sich nicht mit Vollbeweis nachweisen, dass die Klägerin in ihrer beruflichen Tätigkeit einer relevanten Exposition mit Quecksilber ausgesetzt gewesen sei. Da es bereits an der maßgeblichen Einwirkung fehle, könne eine BK nicht in Betracht kommen.
Der Senat hat Dr. F. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 hat er mitgeteilt, grundsätzlich könne gesagt werden, dass die Klägerin in all den Jahren auf der Suche gewesen sei, eine Antwort auf die Frage zu finden, wieso sie so mannigfaltige und zum Teil bizarre Beschwerden habe. Im Rahmen einer Behandlung in einer Spezialklinik sei im Sommer 1995 u. a. eine Allergie auf Amalgam beschrieben worden. Früher sei bei einem anderen Arzt ein Amalgam-Ausscheidungstest mit erhöhter Ausscheidung von Quecksilber durchgeführt worden, der jedoch nur eine begrenzte Aussagekraft habe. Die Klägerin sei vom Neurologen Dr. B. in Trier untersucht worden. Ein Versuch, im Juli 2005 über einen Augenarzt durch die Beurteilung der Augenlinsenkapsel einen Aufschluss über Quecksilbereinlagerungen zu bekommen, sei gescheitert. Eine sichere Diagnosestellung sei schwierig und bislang nicht möglich gewesen. Einen realen Hintergrund der Beschwerden im Sinne einer chronischen Quecksilberbelastung halte er aber für sehr gut möglich. Zusammenfassend bestünden bei der Klägerin die Diagnosen einer deutlichen peripheren Neuropathie mit dem dringenden Verdacht auf eine Auslösung durch neurotoxische Substanzen (Quecksilber), eine statische Störung des Achsenskeletts mit muskulärer Dysbalance, rezidivierende Ekzeme und ein buntes Bild an verschiedenen funktionellen Beschwerden, die durchaus neuropathischen Ursprungs sein könnten. Seiner Zeugenaussage fügte er verschiedene medizinischen Unterlagen bei, u. a. den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 14. Februar 2005, der ein unklares Beschwerdebild und einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung diagnostizierte, den Arztbrief des Arztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. B. vom 14. September 2005, der aufgrund der sonderbar wirkenden und nicht zuordenbaren Beschwerdeschilderung an einen psychosomatischen Zusammenhang dachte und den Arztbrief von Dr. B. (Nervenarzt) vom 11. Dezember 2006, der den dringenden Verdacht auf eine Entstehung der Gesundheitsstörungen durch eine toxische Schädigung infolge der Laborbelastungen in einer Zahnarztpraxis äußerte.
Der Berichterstatter hat im Termin zur Beweisaufnahme vom 19. Dezember 2007 Frau N. als Zeugin befragt. Sie konnte sich an keinen Quecksilberunfall erinnern.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ferner R. B. schriftlich als Zeugin gehört. Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 hat sie mitgeteilt, irgendwelche Besonderheiten oder außergewöhnliche Vorkommnisse hätten während der Tätigkeit der Klägerin in der Praxis ihres Mannes nicht vorgelegen. Von einer absichtlichen oder versehentlichen Verschüttung von Quecksilber sei ihr zu keinem Zeitpunkt etwas bekannt gewesen. Die Praxisräume seien täglich gelüftet, gefegt und gesaugt worden. Am Wochenende seien sie mit Desinfektionsmittel gewischt worden. Sie habe gegenüber der Klägerin in einem Gespräch lediglich erwähnt, dass sie unter einer Lebensmittelallergie leide und die Schulmedizin nicht helfen könne. Es sei ihr in Erinnerung geblieben, dass die Klägerin fernab jeder Realität argumentiert habe. Von einer Vertuschung könne nicht die Rede sein.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2008 auf Antrag der Klägerin Frau J. P. als Zeugin vernommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Vorliegen der BK Nr. 1102 kann nicht festgestellt werden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Es ist fraglich, ob im vorliegenden Verfahren die vom SG herangezogenen, seit dem 1. Januar 1997 im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gültigen Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) anzuwenden sind. Zwar wurde die streitgegenständliche BK erst Jahre nach dem Inkrafttreten des SGB VII von ärztlicher Seite bei der Beklagten angezeigt. Aus dem in § 212 SGB VII verankerten Versicherungsfallprinzip ergibt sich jedoch, dass das frühere Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei einem Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1997 Anwendung findet. Dies würde auch unter Berücksichtigung der Ausnahmevorschrift in § 214 Abs. 3 SGB VII unter Annahme eines letztlich bestehenden Rentenbegehrens gelten. In diesem Fall wäre zwar der Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung maßgeblich, jedoch ist dies bezogen auf den Zeitpunkt der materiellen Anspruchsentstehung zu sehen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 214 SGB VII Rdnr. 13.2).
Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. ergibt sich, dass die Klägerin "seit Jahren" nach der Ursache der hier geltend gemachten Erkrankungen sucht. In dem von ihm seiner sachverständigen Zeugenaussage beigefügten eigenen Befundbericht vom 9. Oktober 2001 ist ausgeführt, sie habe die Tätigkeit als Zahnarzthelferin aus gesundheitlichen Gründen auf ärztlichen Rat aufgeben müssen. Ferner reichte Dr. F. die ärztliche Bescheinigung von Dr. Wagner vom 19. August 1994 ein, in der eine Amalgambelastung - allerdings bezogen auf vorhandene Amalgamfüllungen - beschrieben wurde. Zwar datieren die weiteren medizinischen Unterlagen, insbesondere verschiedene Laborberichte und die Arztbriefe von Dr. B. und Dr. B. aus der Zeit nach 1996. Ferner hat die Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgetragen, ihre Beschwerden seien im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Aufbaugilde, d. h. im August/September 2003 "wieder" aufgetreten und schlimmer geworden. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die Klägerin letztlich das Vorliegen von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK auch schon für die Zeit vor 1997 behauptet. Demnach wären die Regelungen der RVO anzuwenden.
Als Arbeitsunfall gilt gem. § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Die Bundesregierung ist ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum einen die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt war, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (haftungsausfüllende Kausalität). Auch wenn ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, führt dies nicht automatisch zur Anerkennung und gegebenenfalls Entschädigung. Vielmehr ist, wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 19, 52; 42, 203, 207; 45, 285, 287). Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19, 52; BSG SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 132; 43, 110, 112).
Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Hinsichtlich der dargestellten Vorschriften und Grundsätze ist im Hinblick auf die eingangs aufgeworfene Frage, welche Regelungen Anwendung finden, anzumerken, dass auch bei Heranziehung der Vorschriften des SGB VII die gleichen Maßstäbe gelten würden und der Senat zum gleichen Ergebnis käme. Deshalb ist im Ergebnis unerheblich, dass das SG seiner Entscheidung die Regelungen des SGB VII zugrunde gelegt hat.
Die von der Klägerin geltend gemachte BK Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKVO ist mit "Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen" bezeichnet. Durch diese unbestimmte Bezeichnung als "Erkrankung durch ..." W. der Verordnungsgeber alle denkbaren Krankheiten zu BKen erklären, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die genannten Einwirkungen zurückzuführen sind, ohne dass weitere Einschränkungen gemacht werden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Juni 2000, B 2 U 29/99 R, zitiert nach Juris zu der ebenfalls unbestimmt bezeichneten BK Nr. 1302 der Anlage zur BKV).
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass bei der Klägerin bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung der BK Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKVO nicht nachgewiesen sind. Die Klägerin, die zu einer Zeit, in der Amalgamfüllungen regelmäßig eingesetzt wurden, als Zahnarzthelferin arbeitete, war ohne Zweifel während ihrer Tätigkeit einer Quecksilberbelastung ausgesetzt. Dies wird in der von der Beklagten eingereichten Dokumentation Grundlagen der Prävention "Quecksilber in Zahnarztpraxen" (Ausgabe Juli 2004 - nachfolgend als GP 4 bezeichnet) ausdrücklich bestätigt (ebd.1.). In diesem Bericht werden die verschiedenen Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer Quecksilbereinwirkung verbunden sind bzw. waren, beschrieben (ebd. 2.). Vor dem Hintergrund, dass der Mensch auch außerhalb einer beruflichen Exposition einer Quecksilberbelastung ausgesetzt ist (z. B. durch Zahnfüllungen, quecksilberhaltige Nahrungsmittel, Vulkanismus, Industrieemissionen; s. GP 4, 4.) sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Quecksilberbelastung am Arbeitsplatz erst dann als erfüllt anzusehen, wenn die zulässige maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) von 100 µg Hg/m³ Raumluft überschritten ist. Auf diesen Grenzwert wird in den Anmerkungen zum Merkblatt zur BK 1102 nach der Anlage zur BKV ausdrücklich für die Frage einer Quecksilber-Intoxikation im Zahnarztbereich hingewiesen (Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 1102, S. 6; s. auch GP 4, 4.1).
Es ist nicht nachgewiesen, dass während der Tätigkeit der Klägerin als Zahnarzthelferin dieser Grenzwert überschritten war. Für den Zeitraum, in dem die Klägerin als Zahnarzthelferin arbeitete, liegen keine Messwerte für ihren Arbeitsplatz vor. Es hätte zum Zeitpunkt der Anzeige der BK auch keinen Sinn mehr gemacht, in der nach wie vor existierenden Zahnarztpraxis noch Messungen durchzuführen, da sich - wie sich aus dem Bericht GP 4 ergibt, sowohl die Arbeitsmethoden als auch die Häufigkeit des Einsatzes von Amalgam in den Jahrzehnten seit Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als Zahnarzthelferin wesentlich verändert haben. Ferner hat die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 20. Mai 2003 vorgetragen, die gesamten Praxisräume seien, wie sie im Rahmen einer Praxisbesichtigung im Jahr 2003 festgestellt habe, renoviert worden. Vor diesem Hintergrund sind von aktuellen Messungen keine aussagekräftigen Ergebnisse zu erwarten.
Aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen GP 4 und - ausführlicher - in "Quecksilberbelastung in Zahnarztpraxen - früher und heute -", Stand September 1997, ergibt sich für den Senat nachvollziehbar, zumal auf verschiedene Studien gestützt, dass der heute gültige Grenzwert bereits in den 60er Jahren in Zahnarztpraxen regelmäßig nicht überschritten wurde. Entgegen der Behauptung der Klägerin liegt hier nicht nur eine Studie aus dem universitären Bereich im Jahr 1996 vor. Den eben genannten Unterlagen kann ein weitaus umfassenderes Studienmaterial entnommen werden. Dies überrascht nicht, da die Toxizität von Quecksilber schon lange bekannt ist, wie sich u. a. aus dem von der Klägerin vorgelegten Zeitschriftenaufsatz aus dem Jahr 1926 hinreichend ergibt. Dementsprechend gab die Zeugin B. in ihrer Zeugenaussage gegenüber dem SG an, dass sie im Rahmen ihrer Ausbildung auf den sorgsamen Umgang mit Quecksilber hingewiesen wurde. Der Senat verkennt nicht, dass sich, wie aus der Dokumentation GP 4 und den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 4./5. und 7. Juni 2008 vorgelegten Unterlagen hervorgeht, nach den 70er Jahren weitere Fortschritte in der Arbeitssicherheit beim Umgang mit Quecksilber ergeben haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Grenzwerte nach dem vorliegenden Studienmaterial auch schon früher eingehalten wurden.
Der Senat konnte sich keine Überzeugung davon verschaffen, dass in der Raumluft der Zahnarztpraxis von H. B. im Unterschied zu den im Rahmen der genannten Studien untersuchten Praxen eine höhere Quecksilberkonzentration vorlag. Soweit die Klägerin zuletzt vorgetragen hat, in den Praxisräumen von H. B. seien oft bei einem Patienten bis zu fünf Füllungen gleichzeitig gelegt worden, auch seien in einem Raum gleichzeitig hintereinander Mütter mit zwei bis drei Kindern behandelt worden, sieht der Senat keinen Anhalt für die Annahme, dadurch habe sich die Praxis von H. B. von anderen Praxen unterschieden. Insbesondere ist für den Senat zweifelhaft, ob es zu dem von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Quecksilberunfall, bei dem die Zeugin B. Quecksilber beim Auffüllen des Mischgerätes auf den Boden verschüttet haben soll, tatsächlich gekommen ist. Zwar schilderte die Klägerin diesen Vorfall wiederholt recht detailliert. Allerdings sah sie sich im Schreiben vom 22. November 2007 ausdrücklich nicht in der Lage, das genaue Datum zu nennen. Sogar hinsichtlich der Jahreszahl und Jahreszeit liegen keine eindeutigen Angaben vor. In der ärztlichen BK-Anzeige wurde von Dr. F. das Jahr 1977 genannt, im Schreiben vom 13. April 2005 präzisierte die Klägerin dies auf einen Mittwoch im September 1977. Mit Schreiben vom 20. Juni 2005 teilte die Klägerin mit, der Vorfall habe sich an einem Mittwoch am September 1977 "oder 1978" ereignet. Im Schreiben vom 22. November 2007 führte die Klägerin aus, es sei im "Winterhalbjahr 1978 bis 1979" an einem Mittwoch geschehen. Diese ungenauen Angaben überraschen vor allem im Hinblick auf die von der Klägerin im Schreiben vom 20. Juni 2005 im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblichen Vorfall geltend gemachten gravierenden Gesundheitsstörungen, die von Schwindelanfällen, Kreislaufzusammenbruch, angeschwollenen Gelenken, Nierenfunktionsstörung bis zur Leberfunktionsstörung reichen. Anzumerken ist, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts dem Senat insoweit, als die Klägerin die Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses bei der zuständigen Krankenkasse untersagte, verwehrt war.
Die Zeugin B. hat im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung nicht bestätigt, dass sie entsprechend dem Vorbringen der Klägerin Quecksilber in erheblichem Umfang auf den Boden verschüttet hat, als sie sich in einer scherzhaften Laune mit der geöffneten Flasche umdrehte. An einen derartigen Vorfall konnten sich auch die Zeugen R. B. und H. B. sowie die Zeugin N. nicht erinnern. Soweit der Zeuge H. B. angegeben hat, sich das Auffüllen des Gerätes mit Quecksilber grundsätzlich selbst vorbehalten zu haben, galt dies jedoch offensichtlich nicht ausnahmslos. Vielmehr geht der Senat aufgrund der Aussage der Zeugin B. davon aus, dass Helferinnen, die länger gearbeitet hatten, das Gerät ebenfalls befüllten. Präzise ergänzt sie, in den ersten eineinhalb Jahren hätte sie dieses Gerät, gerade wegen der erforderlichen Sorgfalt, aber nicht bedienen dürfen. Da die Zeugin nach ihren Angaben erst im Jahr 1977 bei H. B. als Auszubildende begonnen hatte, wäre der Vorfall bezogen auf ein Datum im Jahr 1977 innerhalb des Zeitraums der ersten eineinhalb Jahre gelegen, im Jahr 1978 grenzwertig am Ende des Zeitraums. Der Hinweis der Zeugin B., mit Quecksilber umzugehen, sei etwas ganz Besonderes gewesen, ist plausibel.
Ferner hat die Zeugin N., die sich - angesichts des Zeitablaufs verständlich - nur an wenige Dinge konkret erinnerte, es ausdrücklich ausgeschlossen, mit einem feuchten Taschentuch versucht zu haben, verstreute Quecksilberkügelchen vom Praxisboden aufzunehmen. Auf den Hinweis der Zeugin, ob die Klägerin sie mit einer anderen Person verwechsle, hat die Klägerin nicht konkret reagiert.
Im Übrigen haben der Zeuge H. B. und die Zeugin B. durchaus eingeräumt, dass es beim Füllen des Mischgeräts dazu kam, dass Tropfen vorbeigingen. Die Zeugin B. gab an, dass dies auch der Klägerin passiert sei. Zudem hat der Zeuge H. B. berichtet, wie solche Tropfen mit Amalgamresten aufgenommen und entsorgt wurden. Diese Beschreibungen stehen in Übereinstimmung mit den Darstellungen im Bericht GP 4 (2.2). Danach traten, obwohl das Einfüllen von Quecksilber mit den üblicherweise damals verwandten Schwanenhalsflaschen sauber durchführbar war, im allgemeinen Verunreinigungen an der Einfüllstelle am Tank auf. Als gebräuchlicher Gerätetyp wurde der Dentomat genannt, der nach der Aussage des Zeugen H. B. auch in seiner Praxis zum Einsatz gekommen ist.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass sich sämtliche gehörte Zeugen entsprechend den Andeutungen der Klägerin gegen sie verschworen und letztlich falsch ausgesagt haben. Es ist zwar theoretisch denkbar, dass die Zeugen geneigt waren, den von der Klägerin beschriebenen Vorfall zu verschweigen, da es schließlich auch um das Einräumen eigener Fehler oder Unzulänglichkeiten gegangen wäre. Andererseits ist auch das gesamte Vorbringen der Klägerin in der Gesamtschau nicht über Zweifel erhaben. Beispielsweise wirken ihre Behauptungen, die Zeugen und sogar zum Teil deren Familienangehörigen litten unter bestimmten Erkrankungen oder es bestehe zumindest der Verdacht auf solche Erkrankungen, befremdlich. Entsprechendes gilt für weitere Behauptungen zur Arbeitsweise des Zeugen H. B. Beispielsweise trägt die Klägerin im Schreiben vom 22. November 2007 im Sinne einer gängigen Praxis vor, der Zeuge H. B. habe ohne Befragung Betäubungsspritzen gegeben, worauf Patienten kollabiert seien, er habe falsche Zähne angebohrt, Befundeinträge nicht ordnungsgemäß vorgenommen und laufend die Dokumentation vergessen. Die von der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei der Aufbaugilde gGmbH geltend gemachten Belastungen, hier insbesondere allein durch das Vorbeilaufen an einer Wäscherei, sind realitätsfremd. Die zuletzt von der Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2008 dargestellten Belastungen durch eine Vielzahl unterschiedlichster Einflüsse (vom Feinstaub über Quecksilberdämpfe bis zu Duftstoffen aus Sprühflaschen sowie Speichel, Blut und Eiter) gehen ins Uferlose. Der Senat sieht das Vorbringen der Klägerin vor dem Hintergrund der Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. F ... Danach ist die Klägerin seit Jahren auf der Suche nach einer Antwort, wieso sie so mannigfaltige und zum Teil "bizarre" Beschwerden hat.
Mithin ist nicht bewiesen, dass es zu dem von der Klägerin geschilderten Vorfall an einem Mittwochmorgen im Jahr 1977 oder 1978 gekommen ist. Auch die Vernehmung der Zeugin P., die hinsichtlich der Arbeitsumstände in der Praxis ohnehin keine Angaben aus eigener Anschauung machen konnte, erbrachte keine anderweitigen Erkenntnisse.
Im Übrigen wäre selbst bei einem unterstellten Verschütten von Quecksilber die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte nicht festzustellen. Festzuhalten ist vorweg, dass über die Menge des verschütteten Quecksilbers keine Aussage gemacht werden kann. Soweit die Klägerin im Schreiben vom 3. Juni 2008 behauptete, es habe sich um mehr als 10 g gehandelt, hat sie dies offensichtlich auf die gleichzeitig eingereichte FDI-Stellungnahme "Leitlinien für den Umgang mit Quecksilber" abgestimmt. Die FDI-Stellungnahme gibt im Übrigen lediglich Hinweise für das Vorgehen nach dem Verschütten kleinerer und größerer Quecksilbermengen. Eine Aussage über konkrete schädliche Wirkungen wird darin nicht gemacht, vorgeschlagen wird ggf. freilich eine jährliche Überprüfung der Zahnarztpraxen auf Quecksilberdampf. Der Senat stützt sich bei seiner Einschätzung auf die Erkenntnisse aus dem beim LSG anhängig gewesenen Verfahren L 7 U 2889/00 (Urteil v. 24. Januar 2002, zitiert nach Juris). Beim Verschütten von Quecksilber kann davon ausgegangen werden, dass die gut sichtbaren Quecksilberkügelchen aufgenommen werden, erfahrungsgemäß jedoch kleinere und kleinste Quecksilberpartikel auf dem Boden liegen bleiben und in der Folgezeit von Tagen bis Wochen verdampfen und zu einer erhöhten Konzentration in der Raumluft beitragen. Der 7. Senat zeigte sich in seiner Entscheidung letztlich auch davon überzeugt, dass selbst wenn ein Quecksilberdepot über Tage oder Wochen besteht, nicht mit einer krankmachenden Quecksilberkonzentration zu rechnen ist. Aus den Aussagen des Zeugen H. B., der Zeugin B. und der Zeugin B. ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Praxis im Hinblick auf die Reinigung und Lüftung weder in positiver noch in negativer Hinsicht vom üblichen Maßstab abwich. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Praxis von H. B. weniger gereinigt oder gelüftet worden sein soll, als in anderen Praxen. Zudem war die Praxis mit einem verschweißten Linoleumboden ausgestattet. Eine leichte Reinigung ist bei diesem Bodenbelag naheliegend. Das Verschütten von Quecksilber wurde in der Stellungnahme, die der 7. Senat seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt hat, als keine Seltenheit beschrieben. Bedenken wurden im Wesentlichen nur bei ungeeigneten Bodenbelägen, z. B. Holzdielen etc. kombiniert mit einem nachlässigeren Umgang mit Amalgam gesehen. Auf diese Gesichtspunkte hat bereits Dipl.-Ing. W. im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Die Einhaltung der Grenzwerte selbst bei einem gelegentlichen Verschütten von Amalgam steht zur Überzeugung des Senats zusätzlich aufgrund der Studienergebnisse fest, die in der Dokumentation GP 4 herangezogen wurden. Danach wurden diese Werte sogar schon in den 60er Jahren, als das Amalgam noch im Mörser angemischt wurde, eingehalten. In der ausführlicheren Dokumentation "Quecksilberbelastung in Zahnarztpraxen -früher und heute-" (s.o.) ist hierzu näher wiedergegeben, dass dieser Einschätzung Untersuchungen u.a. in Deutschland im Jahr 1964 in 110 Praxen, 1965 in Deutschland in 7 Praxen, in der Schweiz 1977 in 32 Praxen und in den USA 1970 bis 73 in 416 Praxen zugrunde lagen. Dieses Datenmaterial ist repräsentativ und umfassend. Es enthält zur Überzeugung des Senats auch Praxen, in denen Quecksilber verschüttet wurde.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen (haftungsbegründende Kausalität) sind somit nicht nachgewiesen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Die Klägerin hat die Feststellungslast zu tragen.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch eine Erkrankung, die auf die schädigende Einwirkung während der Berufstätigkeit zurückgeführt werden kann (haftungsausfüllende Kausalität), nicht nachgewiesen ist.
Die von Dr. F. in der sachverständigen Zeugenaussage beschriebene deutliche periphere Neuropathie bei rezidivierenden Ekzemen nebst einem "bunten Bild" an verschiedenen funktionellen Beschwerden möglicherweise neuropathischen Ursprungs können zwar zum Teil den Erkrankungen zugeordnet werden, die im Merkblatt zur BK Nr. 1102 der Anlage zur BKV als mögliche Folgen aufgezählt werden. Insbesondere werden dort auch Sensibilitätsstörungen am Rumpf und Extremitäten genannt. Allerdings hält Dr. F. einen Zusammenhang dieser Beschwerden mit der Quecksilberbelastung im Rahmen der Berufstätigkeit nur für "sehr gut möglich", er äußert nur den Verdacht auf eine Auslösung der Beschwerden durch neurotoxische Substanzen (Quecksilber). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann aus seiner Aussage mithin nicht hergeleitet werden. Klarstellend ist anzumerken, dass es gemäß den Anmerkungen zum Merkblatt zur BK 1102 der Anlage BKV nach arbeitsmedizinischer Erfahrung unzulässig ist, selbst bei einer Überschreitung der Grenzwerte für Quecksilber auf eine Erkrankung zu schließen. Ferner kommt es nach Beendigung der gefährdenden Tätigkeit meistens zu einer Rückbildung der Krankheitserscheinungen (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1102 Anm. 2). Daher spricht eher gegen einen Zusammenhang, dass sich das Beschwerdebild der Klägerin, die immerhin noch bis in das Jahr 1985 in der Lage war, einer Bürotätigkeit nachzugehen und danach auch noch aktiven Arbeitsförderungsmaßnahmen zur Verfügung stand, offensichtlich fortschreitend zeigte. Die Klägerin hat selbst ausdrücklich im Jahr 2003 geltend gemacht, ihre Erkrankung sei während der Tätigkeit in der Aufbaugilde "wieder" aufgetreten und habe sich verschlimmert. Im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin zudem vorgetragen, gesundheitliche Beschwerden seien sofort mit Beginn der Tätigkeit, also nicht erst nach dem behaupteten Quecksilberunfall aufgetreten. Dies ist für die chronische Form der Erkrankung durch Quecksilber jedoch untypisch, da nach dem bereits genannten Merkblatt die chronische Form der Erkrankung in der Regel durch langzeitige Aufnahme kleinster Quecksilbermengen entsteht - mithin nicht schlagartig sofort mit Arbeitsbeginn eintritt.
Nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. hat ein früher durchgeführter Amalgam-Ausscheidungstest, der zu einer erhöhten Ausscheidung von Quecksilber geführt hat, eine nur begrenzte Aussagekraft. Es handelt sich hierbei um den von Dr. Wagner im August 1994 durchgeführten DMPS-Test (Arztbrief vom 9. August 1994), der nach dem Bericht GP 4 (4.6) wissenschaftlich nicht standardisiert und daher ungeeignet ist. Der Versuch, über eine Beurteilung der Augenlinsenkapsel Aufschluss über Quecksilbereinlagerung zu bekommen, ist nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. ebenfalls gescheitert. Ferner ordnete der Neurologe und Psychiater Dr. G. im Arztbrief vom 14. Februar 2005 das unklare Beschwerdebild der Klägerin eher einer Somatisierungsstörung zu. Bereits zuvor hatte Dr. B. im Arztbrief vom 14. September 2005 die sonderbar wirkende und nicht zuordenbare Schilderung der Klägerin zum Anlass genommen, einen Verdacht auf ein Hypermobilitätssyndrom oder auf eine Polyneuropathie zu äußern, im Übrigen jedoch an einen psychosomatischen Zusammenhang zu denken. Selbst Dr. B. äußerte im Arztbrief vom 11. Dezember 2006 nur einen Verdacht der Entstehung einer Neuropathie, Myopathie, einer chemischen Überempfindlichkeit sowie eines Leistungsabfalls aufgrund einer toxischen Schädigung beginnend bei "Laborbelastungen" in einer Zahnarztpraxis. Schließlich hat die Klägerin nicht zuletzt im Rahmen der Tätigkeit bei der Aufbaugilde im Jahr 2003 erhebliche Beschwerden im Bezug auf eine Vielzahl von äußeren Einflüssen geltend gemacht, sodass sie nicht einmal selbst eine eindeutige Zuordnung vornimmt.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nummer 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO bzw. ab dem Jahr 1997 BKV).
Die 1955 geborene Klägerin stand ab 1. März 1975 in der Praxis des Zahnarztes H. (H.B.) in einem Ausbildungsverhältnis zur Zahnarzthelferin. Die Zahnarztpraxis befand sich nach einem Umzug im Juni 1977 in der S. in B ... Die Abschlussprüfung als Zahnarzthelferin legte die Klägerin am 31. Mai 1978 ab. Danach arbeitete die Klägerin noch bis zum 31. Mai 1979 in dieser Praxis. In der Zeit vom 1. September 1979 bis 30. April 1995 war die Klägerin, unterbrochen von einer Zeit der Arbeitslosigkeit von Januar 1982 bis 13. Oktober 1985, mit Bürotätigkeiten bei fünf verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Seither ist sie dauerhaft arbeitslos. Von der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden ihr wiederholt Eingliederungsmaßnahmen beW.igt.
Mit Schreiben vom 6. März 2002, eingegangen bei der Beklagten am 8. März 2002, stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Rentenantrag wegen eines Quecksilberunfalls in der Zahnarztpraxis. Dort sei Quecksilber verschüttet worden. Das sodann aufgenommene Verwaltungsverfahren stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2003 unter Versagung eventuell zustehender Leistungen ein, da die Klägerin nicht ausreichend mitgewirkt habe. Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Mai 2003 Widerspruch. Unter ausführlicher Darstellung ihrer Arbeitssituation in der Zahnarztpraxis wies sie darauf hin, sie sei vor Beginn der Tätigkeit nicht krank gewesen. Mit Beginn der Tätigkeit seien sofort gesundheitliche Beschwerden aufgetreten, die nach dem Arbeitsunfall zugenommen hätten.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 zeigte Dr. F. (Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Naturheilverfahren) der Beklagten eine BK der Klägerin wegen einer chronischen Quecksilbervergiftung nebst Allergisierung am Arbeitsplatz durch Exposition von Schwermetall, insbesondere Nickel und Quecksilber, bei fehlendem Hand- und Hautschutz an. Diese führte er auf die allgemeine chemische Belastung in der Zahnarztpraxis sowie auf einen schwerwiegenden Arbeitsunfall im Herbst 1977, bei dem eine größere Menge Quecksilber auf den Boden gelangt und in Ritzen am Boden versickert sei, zurück.
Vom 4. August bis 26. September 2003 nahm die Klägerin erneut an einer von der BA finanzierten Eingliederungsmaßnahme bei der Aufbaugilde gGmbH in H. teil. Wegen starker Atemwegsbeschwerden, die die Klägerin auf dort auftretende Abgase sowie Dämpfe von Drucker und Kopierer zurückführte, bat die Klägerin die Beklagte telefonisch, umgehend eine "Messung der Luft" durchzuführen.
Die Beklagte holte Stellungnahmen ihres Präventionsdienstes ein: Der technische Aufsichtsbeamte (TAB) Dipl.-Ing. W. führte am 26. November 2003 aus, ob die Exposition gegenüber Quecksilber im Jahre 1977 nach 20 Jahren zu den beschriebenen Beschwerden führen könne, müsse von ärztlicher Seite geklärt werden. Hinsichtlich des aktuellen Arbeitsplatzes habe die Klägerin geäußert, vor allem gegenüber Dämpfen, denen sie auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz vorbei an einer Wäscherei ausgesetzt sei, beeinträchtigt gewesen zu sein. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK nach der BKV seien nicht gegeben gewesen. Im Schreiben vom 19. Dezember 2003 ergänzte er seine Stellungnahme bezüglich krankheitserregender Wirkungen einer Quecksilberbelastung. Er verwies auf gutachtliche Ausführungen in dem beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) geführten Verfahren L 7 U 2889/00. Dort sei selbst für einen Vorfall, bei dem Quecksilber ausgelaufen sei und ein Quecksilberdepot über Tage oder Wochen in der Praxis bestanden habe, nicht von einer nennenswerten, d. h. krank machenden Exposition ausgegangen worden. Das Verschütten von Quecksilber sei danach keine Seltenheit. Weiter ergänzte Dipl.-Ing. W. mit Schreiben vom 12. Mai 2004, ein Telefonat mit dem damaligen Arbeitgeber H. B. habe ergeben, dass zwar flüssiges Quecksilber in der Praxis verwendet worden sei, ihm ein einschlägiges Unfallereignis jedoch nicht erinnerlich sei. Selbst bei Vorliegen eines solchen Ereignisses bliebe es jedoch bei den Schlussfolgerungen aus dem vom LSG eingeholten Gutachten.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK nach Nr. 1102 der Anlage zur BKV sowie die Gewährung von Leistungen ab. Die Klägerin sei während ihrer Tätigkeit als Zahnarzthelferin keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet gewesen seien, eine BK zu verursachen. Nach Auskunft des ehemaligen Arbeitgebers habe keine Möglichkeit eines direkten Kontaktes zu Quecksilber aufgrund der Art der Quecksilberverarbeitung bestanden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin. Während der Zeit bei der Aufbaugilde seien die alten Gangstörungen, Hörstörungen, Sehstörungen und andere Beschwerden wieder aufgetreten und schlimmer geworden.
Dipl.-Ing. W. nahm am 26. Oktober 2004 erneut Stellung. Eine krank machende Exposition gegenüber Quecksilber könne nach den vorliegenden Angaben mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Messungen hinsichtlich der Tätigkeit bei der Aufbaugilde seien nicht angezeigt gewesen. Es habe nicht der geringste Anhaltspunkt vorgelegen, nach welchen Stoffen oder Stoffgruppen hätte gesucht werden sollen. Im Übrigen sei die dortige Tätigkeit der Klägerin bereits beendet gewesen.
Nach Anhörung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2004 den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine berufliche Verursachung oder wesentliche Beeinflussung der Erkrankung der Klägerin sei nicht wahrscheinlich zu machen. Eine geeignete Einwirkung von Quecksilber oder seinen Verbindungen am Arbeitsplatz sei nicht nachgewiesen worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit als Zahnarzthelferin mit der geltend gemachten Erkrankung könne nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit hergestellt werden. Es liege keine BK vor.
Deswegen erhob die Klägerin am 18. Januar 2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Sie trug vor, sie habe, aus Rumänien stammend, Sprachschwierigkeiten bei ihrer Arbeit in der Zahnarztpraxis gehabt. An einem Mittwoch im September 1977, kurz vor Schließung der Arztpraxis, habe ihre Kollegin B., jetzt verheiratete B., eine Flasche, die mit flüssigem Quecksilber gefüllt gewesen sei, aufgeschraubt und das flüssige Quecksilber versehentlich auf den Boden verschüttet. Daraufhin hätten sich die Quecksilberkügelchen zwischen Spülbecken und Patientenstuhl verteilt und seien an einer Wandleiste entlang gerollt. Ihre weitere Kollegin, Frau H. Sch., jetzt verheiratete N., habe die Quecksilberkügelchen mit einem feuchten Taschentuch aufsammeln wollen, was jedoch nicht funktioniert habe, sodass sie sich weiter verteilt hätten. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt mit dem Ölen der Hand- und Winkelstücke und der Turbinen beschäftigt gewesen und habe keine Möglichkeit gehabt, den Quecksilberkügelchen, die sich vor ihr in der PVC-Naht gesammelt hätten, auszuweichen. Eine direkte Lüftung der Praxis sei nicht vorgenommen worden. Wegen der nicht ordnungsgemäßen Entsorgung des verschütteten Quecksilbers sei die Luft und der Fußboden in der Praxis mit Quecksilber und Quecksilberdämpfen verunreinigt gewesen. Da es sich um einen Mittwoch gehandelt habe, die Praxis um 12:00 Uhr geschlossen worden sei und der Chef nicht da gewesen sei, seien die Fenster bei Verlassen der Praxis geschlossen worden. Sie habe ihren festen Arbeitsplatz an der PVC-Naht gehabt und habe der starken Belastung durch das Quecksilber nicht ausweichen können. Nachfolgend seien auch andere Mitarbeiter, die Ehefrau und ein Kind des H. B. wegen der Belastung in der Zahnarztpraxis erkrankt. In der Praxis sei auch vor dem Quecksilbervorfall mit Gefahrstoffen recht sorglos umgegangen worden, sodass sie erheblich vorbelastet gewesen sei. Wegen einer darauf beruhenden Atemwegserkrankung mit Schwindelgefühlen sei sie oft gestürzt. Sinngemäß führte die Klägerin Erkrankungen der Atemwege, Kopfschmerzen, Hauterkrankungen, Magen- und Darmbeschwerden, Hustenanfälle, Essbeschwerden, eine Schädigung des zentralen Nervensystems, eine Schleimüberproduktion, Zahnfleischveränderungen und -blutungen, Greifprobleme der Hände, eine Schädigung der Nieren und eine Störung des Blutbildes auf die Belastungen in der Praxis zurück. Deswegen habe sie die Tätigkeit aufgeben müssen. Am Tag nach dem Verschütten des Quecksilbers seien bei ihr extreme Beschwerden aufgetreten. Sie habe unter Hustenanfällen mit Atemnot, Kreislauf- und Schwindelanfällen sowie Übelkeit gelitten. Am Donnerstagabend habe sie nicht schlafen können und habe einen Kreislaufzusammenbruch gehabt. Am Freitag habe sie erbrochen, dann hätten Durchfälle, welche einige Tage anhielten, eingesetzt. Schließlich sei eine vermehrte Speichelproduktion und ein vermehrter Harndrang eingetreten. Ihre Gelenke seien angeschwollen und hätten geschmerzt. Auffallend sei gewesen, dass nach dem Quecksilberunfall häufig der Krankenwagen für Patienten benötigt worden sei. Zu ihrer Tätigkeit führte sie aus, sie habe am Behandlungsstuhl assistiert, Instrumente etc. gereinigt, desinfiziert und zusätzlich im Labor gearbeitet. Der Fußboden im Sprechzimmer sei nicht glatt und nahtlos gewesen, die Wände seien nicht abwaschbar gewesen. Die Abfälle, auch die Quecksilberabfälle, seien im Sprechzimmer gesammelt worden. H. B. habe die Quecksilbermischungen als Füllstoff mit den bloßen Fingern verarbeitet. Die Klägerin machte präzise Angaben zur Größe der Flasche, in der sich das Quecksilber befunden habe. Die von der Beklagten herangezogenen gutachtlichen Einschätzungen aus dem LSG-Verfahren beruhten auf im Jahr 1996 durchgeführten Messungen unter Bedingungen, wie sie in Universitätskliniken üblich seien. Diese Werte und die gutachtlichen Ausführungen seien deshalb nicht auf die Bedingungen in der Zahnarztpraxis von H. B. übertragbar. Die Klägerin legte verschiedene Unterlagen, u. a. einen Aufsatz von Alfred Stock "Die Gefährlichkeit des Quecksilberdampfes" aus der Zeitschrift für angewandte Chemie vom 15. April 1926 vor.
Im Erörterungstermin vom 19. Dezember 2005 hörte das SG Frau B. B. und H. B. als Zeugen sowie Dipl.-Ing. W. als Sachverständigen. H. B. machte umfassende Angaben zu den Arbeitsbedingungen, zur Ausstattung der Praxis und zur Verarbeitung von Quecksilber bzw. Amalgam. Das Auffüllen des Mischgerätes habe er sich ständig vorbehalten und grundsätzlich selbst Quecksilber nachgefüllt. Es sei vorgekommen, dass oben im Gerät an einer Vertiefung ein Tropfen einmal vorbeigegangen sei. Dieses Quecksilber habe er mit einem Amalgamrest aufgenommen. Diesen Rest habe er mit dem aufgenommenen Quecksilber sofort in einen Wasserbehälter gelegt. Er schloss aus, dass es zu dem von der Klägerin beschriebenen Quecksilberunfall gekommen sei. Ferner habe weder er noch seine Ehefrau an den von der Klägerin behaupteten Erkrankungen gelitten. Die Zeugin B. beschrieb ebenfalls die damaligen Arbeitsbedingungen. Sie schloss aus, wie von der Klägerin beschrieben, Quecksilber verschüttet zu haben. Allerdings hielt sie es für möglich, dass beim Einfüllen in das Mischgerät Quecksilberkügelchen herausgefallen seien. Sie sei von H. B. und einer weiteren Kollegin im Rahmen ihrer Ausbildung ausdrücklich auf den sorgsamen Umgang mit Quecksilber hingewiesen worden. Dipl.-Ing. W. machte Angaben zu den möglichen Auswirkungen, die sich nach einem Verschütten von Quecksilber ergeben und zu sonstigen möglichen Belastungen durch Quecksilber. Die Klägerin verwies nachfolgend auf ein Merkblatt zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen durch Quecksilber und seine Verbindung, das bereits zu ihrer Beschäftigungszeit gegolten habe. Die von Dipl.-Ing. W. herangezogenen Annahmen seien auf die Belastungen in der Praxis von H. B. nicht übertragbar. Die Beklagte legte u. a. Kopien der Schriften Grundlage der Prävention GP 4 Ausgabe April 2000 und Ausgabe Juli 2004 sowie Kopien der Grunddokumentation "Quecksilberbelastungen in Zahnarztpraxen - früher und heute -" ihres Bereichs Gefahrstoffe zur Gerichtsakte vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2006 wies das SG die Klage ab. Das Ausmaß der schädigenden Einwirkungen sei nicht mit dem erforderlichen Maß einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Nach den Ausführungen des LSG im Urteil vom 24. Januar 2002 (L 7 U 2889/00) seien selbst bei einem gelegentlichen Verschütten von Quecksilber oder Entweichen von Quecksilberdämpfen bei der Sterilisation von Instrumenten die Grenzwerte eingehalten worden. Die von der Klägerin geschilderten Arbeitsmethoden und Vorkommnisse seien keine Ereignisse, die eine Vergleichbarkeit mit den untersuchten Zahnarztpraxen ausschließen würden. Es sei davon auszugehen, dass die Räumlichkeiten täglich gelüftet, gekehrt und gewischt worden seien, sowie Mülleimer täglich gelehrt worden seien. Der Linoleumboden habe eine Schweißnaht gehabt. Ein belastungsrelevanter Hautkontakt habe nicht vorgelegen.
Gegen den ihr am 28. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. März 2006 beim SG Berufung eingelegt. Sie wiederholt und ergänzt ihr Vorbringen. Die Zeugin B. habe sich zum Teil nicht genau oder falsch erinnert. Dipl.-Ing. W. habe lediglich Vermutungen und unbewiesene Annahmen geäußert. Einer Befragung der für sie zuständigen Krankenkasse durch das LSG hat die Klägerin nicht zugestimmt. Weiter führt sie aus, die Mutter der Zeugin B. habe ihr mitgeteilt, dass es ihrer Tochter gesundheitlich sehr schlecht gehe und dass sie dies auf die Verhältnisse in der Praxis von H. B. zurückführe. Als sie ihr gesagt habe, ihre Tochter habe eine Flasche Quecksilber verschüttet und sie benötige die Zeugenaussage ihrer Tochter, habe ihr die Mutter der Zeugin B. eine zuvor ausgehändigte Visitenkarte ihres Schwiegersohns wieder weggenommen. Sie habe wörtlich gesagt, ihre Tochter dürfe nichts aussagen, was H. B. schade oder belaste. Die Zeugin B. habe nach nochmaliger Kontaktaufnahme ein Gespräch abgelehnt und sei aggressiv gewesen. Frau N. habe ihr telefonisch im Oktober 2004 gesagt, sie solle diese alten Sachen ruhen lassen. Sie habe gesundheitliche Beschwerden eingeräumt, jedoch bislang nicht daran gedacht, sie in Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen in der Praxis zu bringen. Die Ehefrau von H. B. habe ihr im November 2004 bei einem Gespräch gesagt, die Arbeit in der Zahnarztpraxis sei sehr belastend gewesen und sie sei sehr krank gewesen. H. B. habe sich an viele Einzelheiten aus der Zeit zwischen 1975 und 1979 bei seiner Zeugenaussage nicht erinnern können. Es bestehe der Verdacht, dass er an Gewebefolgeschäden an Blutgefäßen, am Oberschenkel und den Gelenken sowie einer Veränderung der Enzymtätigkeit der Leber, einer beidseitigen Schwerhörigkeit, Schäden am zentralen Nervensystem und Depressionen leide. Auch hinsichtlich der Ehefrau von H. B., Frau N. und der Zeugin B. bestehe ein solcher Verdacht. Im Schreiben vom 22. November 2007 datiert die Klägerin das Unfallereignis auf das "Winterhalbjahr 1978 bis 1979". Ihre Kollegin habe bei der Auffüllung des Mischgeräts herumgescherzt und sich auf einmal mit der geöffneten nach unten gehaltenen Flasche herumgedreht. Daraufhin sei das Quecksilber auf den Boden gefallen. Am Tag darauf sei es ihr während der Assistenz bei einer Behandlung schlecht geworden und sie habe mit der Kollegin in den Umkleideraum an ein offenes Fenster stehen müssen. Im Schreiben vom 11. Januar 2008 macht die Klägerin Belastungen durch Behandlungsstoffe, Hilfsstoffe, Kontaktstoffe, Feinstaub, das Quecksilberunfallereignis, Arbeiten in ständig feuchtem Milieu, Röntgenlösung, Quecksilberdämpfe etc., Metallstäube, Duftstoffe aus Sprühflaschen, Krankheitskeime, Speichel, Blut, Eiter etc. geltend. Die Zeugin N. habe bei ihrer Vernehmung praktisch nichts gesagt, sondern ausschließlich erklärt, sie könne sich an nichts erinnern. Im Übrigen habe sie sich mit der Zeugin B. abgesprochen, nichts zur Sache zu sagen. Mit Schreiben vom 31. Mai und 3. Juni 2008 ergänzt die Klägerin, Frau P. sei bei dem Gespräch mit Herrn und Frau B. anwesend gewesen. Die Zeugin B. habe bei dem Quecksilberunfall mehr als 10 g Quecksilber verschüttet. Dies sei nach der - von ihr beigefügten - FDI-Stellungnahme "Leitlinien für den Umgang mit Quecksilber" eine größere Menge. Ferner macht sie ergänzende Angaben zur früheren Zusammensetzung von Amalgamfüllungen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. Februar 2006 und des Bescheids der Beklagten vom 25. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2004 festzustellen, dass bei ihr eine Berufskrankheit nach Nummer 1102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Es lasse sich nicht mit Vollbeweis nachweisen, dass die Klägerin in ihrer beruflichen Tätigkeit einer relevanten Exposition mit Quecksilber ausgesetzt gewesen sei. Da es bereits an der maßgeblichen Einwirkung fehle, könne eine BK nicht in Betracht kommen.
Der Senat hat Dr. F. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2007 hat er mitgeteilt, grundsätzlich könne gesagt werden, dass die Klägerin in all den Jahren auf der Suche gewesen sei, eine Antwort auf die Frage zu finden, wieso sie so mannigfaltige und zum Teil bizarre Beschwerden habe. Im Rahmen einer Behandlung in einer Spezialklinik sei im Sommer 1995 u. a. eine Allergie auf Amalgam beschrieben worden. Früher sei bei einem anderen Arzt ein Amalgam-Ausscheidungstest mit erhöhter Ausscheidung von Quecksilber durchgeführt worden, der jedoch nur eine begrenzte Aussagekraft habe. Die Klägerin sei vom Neurologen Dr. B. in Trier untersucht worden. Ein Versuch, im Juli 2005 über einen Augenarzt durch die Beurteilung der Augenlinsenkapsel einen Aufschluss über Quecksilbereinlagerungen zu bekommen, sei gescheitert. Eine sichere Diagnosestellung sei schwierig und bislang nicht möglich gewesen. Einen realen Hintergrund der Beschwerden im Sinne einer chronischen Quecksilberbelastung halte er aber für sehr gut möglich. Zusammenfassend bestünden bei der Klägerin die Diagnosen einer deutlichen peripheren Neuropathie mit dem dringenden Verdacht auf eine Auslösung durch neurotoxische Substanzen (Quecksilber), eine statische Störung des Achsenskeletts mit muskulärer Dysbalance, rezidivierende Ekzeme und ein buntes Bild an verschiedenen funktionellen Beschwerden, die durchaus neuropathischen Ursprungs sein könnten. Seiner Zeugenaussage fügte er verschiedene medizinischen Unterlagen bei, u. a. den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. G. vom 14. Februar 2005, der ein unklares Beschwerdebild und einen Verdacht auf eine Somatisierungsstörung diagnostizierte, den Arztbrief des Arztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. B. vom 14. September 2005, der aufgrund der sonderbar wirkenden und nicht zuordenbaren Beschwerdeschilderung an einen psychosomatischen Zusammenhang dachte und den Arztbrief von Dr. B. (Nervenarzt) vom 11. Dezember 2006, der den dringenden Verdacht auf eine Entstehung der Gesundheitsstörungen durch eine toxische Schädigung infolge der Laborbelastungen in einer Zahnarztpraxis äußerte.
Der Berichterstatter hat im Termin zur Beweisaufnahme vom 19. Dezember 2007 Frau N. als Zeugin befragt. Sie konnte sich an keinen Quecksilberunfall erinnern.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ferner R. B. schriftlich als Zeugin gehört. Mit Schreiben vom 20. Mai 2008 hat sie mitgeteilt, irgendwelche Besonderheiten oder außergewöhnliche Vorkommnisse hätten während der Tätigkeit der Klägerin in der Praxis ihres Mannes nicht vorgelegen. Von einer absichtlichen oder versehentlichen Verschüttung von Quecksilber sei ihr zu keinem Zeitpunkt etwas bekannt gewesen. Die Praxisräume seien täglich gelüftet, gefegt und gesaugt worden. Am Wochenende seien sie mit Desinfektionsmittel gewischt worden. Sie habe gegenüber der Klägerin in einem Gespräch lediglich erwähnt, dass sie unter einer Lebensmittelallergie leide und die Schulmedizin nicht helfen könne. Es sei ihr in Erinnerung geblieben, dass die Klägerin fernab jeder Realität argumentiert habe. Von einer Vertuschung könne nicht die Rede sein.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2008 auf Antrag der Klägerin Frau J. P. als Zeugin vernommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Statthafte Klageart ist die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Vorliegen der BK Nr. 1102 kann nicht festgestellt werden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Es ist fraglich, ob im vorliegenden Verfahren die vom SG herangezogenen, seit dem 1. Januar 1997 im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gültigen Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) anzuwenden sind. Zwar wurde die streitgegenständliche BK erst Jahre nach dem Inkrafttreten des SGB VII von ärztlicher Seite bei der Beklagten angezeigt. Aus dem in § 212 SGB VII verankerten Versicherungsfallprinzip ergibt sich jedoch, dass das frühere Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei einem Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1997 Anwendung findet. Dies würde auch unter Berücksichtigung der Ausnahmevorschrift in § 214 Abs. 3 SGB VII unter Annahme eines letztlich bestehenden Rentenbegehrens gelten. In diesem Fall wäre zwar der Zeitpunkt der erstmaligen Festsetzung maßgeblich, jedoch ist dies bezogen auf den Zeitpunkt der materiellen Anspruchsentstehung zu sehen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 214 SGB VII Rdnr. 13.2).
Aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. ergibt sich, dass die Klägerin "seit Jahren" nach der Ursache der hier geltend gemachten Erkrankungen sucht. In dem von ihm seiner sachverständigen Zeugenaussage beigefügten eigenen Befundbericht vom 9. Oktober 2001 ist ausgeführt, sie habe die Tätigkeit als Zahnarzthelferin aus gesundheitlichen Gründen auf ärztlichen Rat aufgeben müssen. Ferner reichte Dr. F. die ärztliche Bescheinigung von Dr. Wagner vom 19. August 1994 ein, in der eine Amalgambelastung - allerdings bezogen auf vorhandene Amalgamfüllungen - beschrieben wurde. Zwar datieren die weiteren medizinischen Unterlagen, insbesondere verschiedene Laborberichte und die Arztbriefe von Dr. B. und Dr. B. aus der Zeit nach 1996. Ferner hat die Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgetragen, ihre Beschwerden seien im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Aufbaugilde, d. h. im August/September 2003 "wieder" aufgetreten und schlimmer geworden. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die Klägerin letztlich das Vorliegen von Gesundheitsstörungen als Folge einer BK auch schon für die Zeit vor 1997 behauptet. Demnach wären die Regelungen der RVO anzuwenden.
Als Arbeitsunfall gilt gem. § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Die Bundesregierung ist ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus, dass beim Versicherten zum einen die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, dass er im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BKV ausgesetzt war, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden herbeizuführen (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden können, wobei hinsichtlich des Kausalzusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (haftungsausfüllende Kausalität). Auch wenn ein Versicherter über lange Jahre hinweg Belastungen ausgesetzt war, die grundsätzlich geeignet sind, eine BK hervorzurufen, führt dies nicht automatisch zur Anerkennung und gegebenenfalls Entschädigung. Vielmehr ist, wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegen, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und der aufgetretenen Erkrankung besteht. Dabei sind neben den beruflichen Faktoren auch Schadensanlagen und außerberufliche Belastungen zu berücksichtigen.
Wie bei einem Arbeitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen und die Krankheit gehören, erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (vgl. BSGE 19, 52; 42, 203, 207; 45, 285, 287). Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19, 52; BSG SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 132; 43, 110, 112).
Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (vgl. BSG 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112).
Hinsichtlich der dargestellten Vorschriften und Grundsätze ist im Hinblick auf die eingangs aufgeworfene Frage, welche Regelungen Anwendung finden, anzumerken, dass auch bei Heranziehung der Vorschriften des SGB VII die gleichen Maßstäbe gelten würden und der Senat zum gleichen Ergebnis käme. Deshalb ist im Ergebnis unerheblich, dass das SG seiner Entscheidung die Regelungen des SGB VII zugrunde gelegt hat.
Die von der Klägerin geltend gemachte BK Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKVO ist mit "Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen" bezeichnet. Durch diese unbestimmte Bezeichnung als "Erkrankung durch ..." W. der Verordnungsgeber alle denkbaren Krankheiten zu BKen erklären, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die genannten Einwirkungen zurückzuführen sind, ohne dass weitere Einschränkungen gemacht werden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Juni 2000, B 2 U 29/99 R, zitiert nach Juris zu der ebenfalls unbestimmt bezeichneten BK Nr. 1302 der Anlage zur BKV).
Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass bei der Klägerin bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung der BK Nr. 1102 der Anlage 1 zur BKVO nicht nachgewiesen sind. Die Klägerin, die zu einer Zeit, in der Amalgamfüllungen regelmäßig eingesetzt wurden, als Zahnarzthelferin arbeitete, war ohne Zweifel während ihrer Tätigkeit einer Quecksilberbelastung ausgesetzt. Dies wird in der von der Beklagten eingereichten Dokumentation Grundlagen der Prävention "Quecksilber in Zahnarztpraxen" (Ausgabe Juli 2004 - nachfolgend als GP 4 bezeichnet) ausdrücklich bestätigt (ebd.1.). In diesem Bericht werden die verschiedenen Tätigkeiten, die mit der Gefahr einer Quecksilbereinwirkung verbunden sind bzw. waren, beschrieben (ebd. 2.). Vor dem Hintergrund, dass der Mensch auch außerhalb einer beruflichen Exposition einer Quecksilberbelastung ausgesetzt ist (z. B. durch Zahnfüllungen, quecksilberhaltige Nahrungsmittel, Vulkanismus, Industrieemissionen; s. GP 4, 4.) sind die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Quecksilberbelastung am Arbeitsplatz erst dann als erfüllt anzusehen, wenn die zulässige maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) von 100 µg Hg/m³ Raumluft überschritten ist. Auf diesen Grenzwert wird in den Anmerkungen zum Merkblatt zur BK 1102 nach der Anlage zur BKV ausdrücklich für die Frage einer Quecksilber-Intoxikation im Zahnarztbereich hingewiesen (Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 1102, S. 6; s. auch GP 4, 4.1).
Es ist nicht nachgewiesen, dass während der Tätigkeit der Klägerin als Zahnarzthelferin dieser Grenzwert überschritten war. Für den Zeitraum, in dem die Klägerin als Zahnarzthelferin arbeitete, liegen keine Messwerte für ihren Arbeitsplatz vor. Es hätte zum Zeitpunkt der Anzeige der BK auch keinen Sinn mehr gemacht, in der nach wie vor existierenden Zahnarztpraxis noch Messungen durchzuführen, da sich - wie sich aus dem Bericht GP 4 ergibt, sowohl die Arbeitsmethoden als auch die Häufigkeit des Einsatzes von Amalgam in den Jahrzehnten seit Beendigung der Tätigkeit der Klägerin als Zahnarzthelferin wesentlich verändert haben. Ferner hat die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 20. Mai 2003 vorgetragen, die gesamten Praxisräume seien, wie sie im Rahmen einer Praxisbesichtigung im Jahr 2003 festgestellt habe, renoviert worden. Vor diesem Hintergrund sind von aktuellen Messungen keine aussagekräftigen Ergebnisse zu erwarten.
Aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen GP 4 und - ausführlicher - in "Quecksilberbelastung in Zahnarztpraxen - früher und heute -", Stand September 1997, ergibt sich für den Senat nachvollziehbar, zumal auf verschiedene Studien gestützt, dass der heute gültige Grenzwert bereits in den 60er Jahren in Zahnarztpraxen regelmäßig nicht überschritten wurde. Entgegen der Behauptung der Klägerin liegt hier nicht nur eine Studie aus dem universitären Bereich im Jahr 1996 vor. Den eben genannten Unterlagen kann ein weitaus umfassenderes Studienmaterial entnommen werden. Dies überrascht nicht, da die Toxizität von Quecksilber schon lange bekannt ist, wie sich u. a. aus dem von der Klägerin vorgelegten Zeitschriftenaufsatz aus dem Jahr 1926 hinreichend ergibt. Dementsprechend gab die Zeugin B. in ihrer Zeugenaussage gegenüber dem SG an, dass sie im Rahmen ihrer Ausbildung auf den sorgsamen Umgang mit Quecksilber hingewiesen wurde. Der Senat verkennt nicht, dass sich, wie aus der Dokumentation GP 4 und den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 4./5. und 7. Juni 2008 vorgelegten Unterlagen hervorgeht, nach den 70er Jahren weitere Fortschritte in der Arbeitssicherheit beim Umgang mit Quecksilber ergeben haben. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Grenzwerte nach dem vorliegenden Studienmaterial auch schon früher eingehalten wurden.
Der Senat konnte sich keine Überzeugung davon verschaffen, dass in der Raumluft der Zahnarztpraxis von H. B. im Unterschied zu den im Rahmen der genannten Studien untersuchten Praxen eine höhere Quecksilberkonzentration vorlag. Soweit die Klägerin zuletzt vorgetragen hat, in den Praxisräumen von H. B. seien oft bei einem Patienten bis zu fünf Füllungen gleichzeitig gelegt worden, auch seien in einem Raum gleichzeitig hintereinander Mütter mit zwei bis drei Kindern behandelt worden, sieht der Senat keinen Anhalt für die Annahme, dadurch habe sich die Praxis von H. B. von anderen Praxen unterschieden. Insbesondere ist für den Senat zweifelhaft, ob es zu dem von der Klägerin in den Vordergrund gerückten Quecksilberunfall, bei dem die Zeugin B. Quecksilber beim Auffüllen des Mischgerätes auf den Boden verschüttet haben soll, tatsächlich gekommen ist. Zwar schilderte die Klägerin diesen Vorfall wiederholt recht detailliert. Allerdings sah sie sich im Schreiben vom 22. November 2007 ausdrücklich nicht in der Lage, das genaue Datum zu nennen. Sogar hinsichtlich der Jahreszahl und Jahreszeit liegen keine eindeutigen Angaben vor. In der ärztlichen BK-Anzeige wurde von Dr. F. das Jahr 1977 genannt, im Schreiben vom 13. April 2005 präzisierte die Klägerin dies auf einen Mittwoch im September 1977. Mit Schreiben vom 20. Juni 2005 teilte die Klägerin mit, der Vorfall habe sich an einem Mittwoch am September 1977 "oder 1978" ereignet. Im Schreiben vom 22. November 2007 führte die Klägerin aus, es sei im "Winterhalbjahr 1978 bis 1979" an einem Mittwoch geschehen. Diese ungenauen Angaben überraschen vor allem im Hinblick auf die von der Klägerin im Schreiben vom 20. Juni 2005 im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblichen Vorfall geltend gemachten gravierenden Gesundheitsstörungen, die von Schwindelanfällen, Kreislaufzusammenbruch, angeschwollenen Gelenken, Nierenfunktionsstörung bis zur Leberfunktionsstörung reichen. Anzumerken ist, dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts dem Senat insoweit, als die Klägerin die Beiziehung eines Vorerkrankungsverzeichnisses bei der zuständigen Krankenkasse untersagte, verwehrt war.
Die Zeugin B. hat im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung nicht bestätigt, dass sie entsprechend dem Vorbringen der Klägerin Quecksilber in erheblichem Umfang auf den Boden verschüttet hat, als sie sich in einer scherzhaften Laune mit der geöffneten Flasche umdrehte. An einen derartigen Vorfall konnten sich auch die Zeugen R. B. und H. B. sowie die Zeugin N. nicht erinnern. Soweit der Zeuge H. B. angegeben hat, sich das Auffüllen des Gerätes mit Quecksilber grundsätzlich selbst vorbehalten zu haben, galt dies jedoch offensichtlich nicht ausnahmslos. Vielmehr geht der Senat aufgrund der Aussage der Zeugin B. davon aus, dass Helferinnen, die länger gearbeitet hatten, das Gerät ebenfalls befüllten. Präzise ergänzt sie, in den ersten eineinhalb Jahren hätte sie dieses Gerät, gerade wegen der erforderlichen Sorgfalt, aber nicht bedienen dürfen. Da die Zeugin nach ihren Angaben erst im Jahr 1977 bei H. B. als Auszubildende begonnen hatte, wäre der Vorfall bezogen auf ein Datum im Jahr 1977 innerhalb des Zeitraums der ersten eineinhalb Jahre gelegen, im Jahr 1978 grenzwertig am Ende des Zeitraums. Der Hinweis der Zeugin B., mit Quecksilber umzugehen, sei etwas ganz Besonderes gewesen, ist plausibel.
Ferner hat die Zeugin N., die sich - angesichts des Zeitablaufs verständlich - nur an wenige Dinge konkret erinnerte, es ausdrücklich ausgeschlossen, mit einem feuchten Taschentuch versucht zu haben, verstreute Quecksilberkügelchen vom Praxisboden aufzunehmen. Auf den Hinweis der Zeugin, ob die Klägerin sie mit einer anderen Person verwechsle, hat die Klägerin nicht konkret reagiert.
Im Übrigen haben der Zeuge H. B. und die Zeugin B. durchaus eingeräumt, dass es beim Füllen des Mischgeräts dazu kam, dass Tropfen vorbeigingen. Die Zeugin B. gab an, dass dies auch der Klägerin passiert sei. Zudem hat der Zeuge H. B. berichtet, wie solche Tropfen mit Amalgamresten aufgenommen und entsorgt wurden. Diese Beschreibungen stehen in Übereinstimmung mit den Darstellungen im Bericht GP 4 (2.2). Danach traten, obwohl das Einfüllen von Quecksilber mit den üblicherweise damals verwandten Schwanenhalsflaschen sauber durchführbar war, im allgemeinen Verunreinigungen an der Einfüllstelle am Tank auf. Als gebräuchlicher Gerätetyp wurde der Dentomat genannt, der nach der Aussage des Zeugen H. B. auch in seiner Praxis zum Einsatz gekommen ist.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass sich sämtliche gehörte Zeugen entsprechend den Andeutungen der Klägerin gegen sie verschworen und letztlich falsch ausgesagt haben. Es ist zwar theoretisch denkbar, dass die Zeugen geneigt waren, den von der Klägerin beschriebenen Vorfall zu verschweigen, da es schließlich auch um das Einräumen eigener Fehler oder Unzulänglichkeiten gegangen wäre. Andererseits ist auch das gesamte Vorbringen der Klägerin in der Gesamtschau nicht über Zweifel erhaben. Beispielsweise wirken ihre Behauptungen, die Zeugen und sogar zum Teil deren Familienangehörigen litten unter bestimmten Erkrankungen oder es bestehe zumindest der Verdacht auf solche Erkrankungen, befremdlich. Entsprechendes gilt für weitere Behauptungen zur Arbeitsweise des Zeugen H. B. Beispielsweise trägt die Klägerin im Schreiben vom 22. November 2007 im Sinne einer gängigen Praxis vor, der Zeuge H. B. habe ohne Befragung Betäubungsspritzen gegeben, worauf Patienten kollabiert seien, er habe falsche Zähne angebohrt, Befundeinträge nicht ordnungsgemäß vorgenommen und laufend die Dokumentation vergessen. Die von der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bei der Aufbaugilde gGmbH geltend gemachten Belastungen, hier insbesondere allein durch das Vorbeilaufen an einer Wäscherei, sind realitätsfremd. Die zuletzt von der Klägerin mit Schreiben vom 11. Januar 2008 dargestellten Belastungen durch eine Vielzahl unterschiedlichster Einflüsse (vom Feinstaub über Quecksilberdämpfe bis zu Duftstoffen aus Sprühflaschen sowie Speichel, Blut und Eiter) gehen ins Uferlose. Der Senat sieht das Vorbringen der Klägerin vor dem Hintergrund der Äußerung des sachverständigen Zeugen Dr. F ... Danach ist die Klägerin seit Jahren auf der Suche nach einer Antwort, wieso sie so mannigfaltige und zum Teil "bizarre" Beschwerden hat.
Mithin ist nicht bewiesen, dass es zu dem von der Klägerin geschilderten Vorfall an einem Mittwochmorgen im Jahr 1977 oder 1978 gekommen ist. Auch die Vernehmung der Zeugin P., die hinsichtlich der Arbeitsumstände in der Praxis ohnehin keine Angaben aus eigener Anschauung machen konnte, erbrachte keine anderweitigen Erkenntnisse.
Im Übrigen wäre selbst bei einem unterstellten Verschütten von Quecksilber die Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte nicht festzustellen. Festzuhalten ist vorweg, dass über die Menge des verschütteten Quecksilbers keine Aussage gemacht werden kann. Soweit die Klägerin im Schreiben vom 3. Juni 2008 behauptete, es habe sich um mehr als 10 g gehandelt, hat sie dies offensichtlich auf die gleichzeitig eingereichte FDI-Stellungnahme "Leitlinien für den Umgang mit Quecksilber" abgestimmt. Die FDI-Stellungnahme gibt im Übrigen lediglich Hinweise für das Vorgehen nach dem Verschütten kleinerer und größerer Quecksilbermengen. Eine Aussage über konkrete schädliche Wirkungen wird darin nicht gemacht, vorgeschlagen wird ggf. freilich eine jährliche Überprüfung der Zahnarztpraxen auf Quecksilberdampf. Der Senat stützt sich bei seiner Einschätzung auf die Erkenntnisse aus dem beim LSG anhängig gewesenen Verfahren L 7 U 2889/00 (Urteil v. 24. Januar 2002, zitiert nach Juris). Beim Verschütten von Quecksilber kann davon ausgegangen werden, dass die gut sichtbaren Quecksilberkügelchen aufgenommen werden, erfahrungsgemäß jedoch kleinere und kleinste Quecksilberpartikel auf dem Boden liegen bleiben und in der Folgezeit von Tagen bis Wochen verdampfen und zu einer erhöhten Konzentration in der Raumluft beitragen. Der 7. Senat zeigte sich in seiner Entscheidung letztlich auch davon überzeugt, dass selbst wenn ein Quecksilberdepot über Tage oder Wochen besteht, nicht mit einer krankmachenden Quecksilberkonzentration zu rechnen ist. Aus den Aussagen des Zeugen H. B., der Zeugin B. und der Zeugin B. ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Praxis im Hinblick auf die Reinigung und Lüftung weder in positiver noch in negativer Hinsicht vom üblichen Maßstab abwich. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass in der Praxis von H. B. weniger gereinigt oder gelüftet worden sein soll, als in anderen Praxen. Zudem war die Praxis mit einem verschweißten Linoleumboden ausgestattet. Eine leichte Reinigung ist bei diesem Bodenbelag naheliegend. Das Verschütten von Quecksilber wurde in der Stellungnahme, die der 7. Senat seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt hat, als keine Seltenheit beschrieben. Bedenken wurden im Wesentlichen nur bei ungeeigneten Bodenbelägen, z. B. Holzdielen etc. kombiniert mit einem nachlässigeren Umgang mit Amalgam gesehen. Auf diese Gesichtspunkte hat bereits Dipl.-Ing. W. im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Die Einhaltung der Grenzwerte selbst bei einem gelegentlichen Verschütten von Amalgam steht zur Überzeugung des Senats zusätzlich aufgrund der Studienergebnisse fest, die in der Dokumentation GP 4 herangezogen wurden. Danach wurden diese Werte sogar schon in den 60er Jahren, als das Amalgam noch im Mörser angemischt wurde, eingehalten. In der ausführlicheren Dokumentation "Quecksilberbelastung in Zahnarztpraxen -früher und heute-" (s.o.) ist hierzu näher wiedergegeben, dass dieser Einschätzung Untersuchungen u.a. in Deutschland im Jahr 1964 in 110 Praxen, 1965 in Deutschland in 7 Praxen, in der Schweiz 1977 in 32 Praxen und in den USA 1970 bis 73 in 416 Praxen zugrunde lagen. Dieses Datenmaterial ist repräsentativ und umfassend. Es enthält zur Überzeugung des Senats auch Praxen, in denen Quecksilber verschüttet wurde.
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen (haftungsbegründende Kausalität) sind somit nicht nachgewiesen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Die Klägerin hat die Feststellungslast zu tragen.
Ergänzend ist anzumerken, dass auch eine Erkrankung, die auf die schädigende Einwirkung während der Berufstätigkeit zurückgeführt werden kann (haftungsausfüllende Kausalität), nicht nachgewiesen ist.
Die von Dr. F. in der sachverständigen Zeugenaussage beschriebene deutliche periphere Neuropathie bei rezidivierenden Ekzemen nebst einem "bunten Bild" an verschiedenen funktionellen Beschwerden möglicherweise neuropathischen Ursprungs können zwar zum Teil den Erkrankungen zugeordnet werden, die im Merkblatt zur BK Nr. 1102 der Anlage zur BKV als mögliche Folgen aufgezählt werden. Insbesondere werden dort auch Sensibilitätsstörungen am Rumpf und Extremitäten genannt. Allerdings hält Dr. F. einen Zusammenhang dieser Beschwerden mit der Quecksilberbelastung im Rahmen der Berufstätigkeit nur für "sehr gut möglich", er äußert nur den Verdacht auf eine Auslösung der Beschwerden durch neurotoxische Substanzen (Quecksilber). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann aus seiner Aussage mithin nicht hergeleitet werden. Klarstellend ist anzumerken, dass es gemäß den Anmerkungen zum Merkblatt zur BK 1102 der Anlage BKV nach arbeitsmedizinischer Erfahrung unzulässig ist, selbst bei einer Überschreitung der Grenzwerte für Quecksilber auf eine Erkrankung zu schließen. Ferner kommt es nach Beendigung der gefährdenden Tätigkeit meistens zu einer Rückbildung der Krankheitserscheinungen (Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1102 Anm. 2). Daher spricht eher gegen einen Zusammenhang, dass sich das Beschwerdebild der Klägerin, die immerhin noch bis in das Jahr 1985 in der Lage war, einer Bürotätigkeit nachzugehen und danach auch noch aktiven Arbeitsförderungsmaßnahmen zur Verfügung stand, offensichtlich fortschreitend zeigte. Die Klägerin hat selbst ausdrücklich im Jahr 2003 geltend gemacht, ihre Erkrankung sei während der Tätigkeit in der Aufbaugilde "wieder" aufgetreten und habe sich verschlimmert. Im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin zudem vorgetragen, gesundheitliche Beschwerden seien sofort mit Beginn der Tätigkeit, also nicht erst nach dem behaupteten Quecksilberunfall aufgetreten. Dies ist für die chronische Form der Erkrankung durch Quecksilber jedoch untypisch, da nach dem bereits genannten Merkblatt die chronische Form der Erkrankung in der Regel durch langzeitige Aufnahme kleinster Quecksilbermengen entsteht - mithin nicht schlagartig sofort mit Arbeitsbeginn eintritt.
Nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. hat ein früher durchgeführter Amalgam-Ausscheidungstest, der zu einer erhöhten Ausscheidung von Quecksilber geführt hat, eine nur begrenzte Aussagekraft. Es handelt sich hierbei um den von Dr. Wagner im August 1994 durchgeführten DMPS-Test (Arztbrief vom 9. August 1994), der nach dem Bericht GP 4 (4.6) wissenschaftlich nicht standardisiert und daher ungeeignet ist. Der Versuch, über eine Beurteilung der Augenlinsenkapsel Aufschluss über Quecksilbereinlagerung zu bekommen, ist nach der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. F. ebenfalls gescheitert. Ferner ordnete der Neurologe und Psychiater Dr. G. im Arztbrief vom 14. Februar 2005 das unklare Beschwerdebild der Klägerin eher einer Somatisierungsstörung zu. Bereits zuvor hatte Dr. B. im Arztbrief vom 14. September 2005 die sonderbar wirkende und nicht zuordenbare Schilderung der Klägerin zum Anlass genommen, einen Verdacht auf ein Hypermobilitätssyndrom oder auf eine Polyneuropathie zu äußern, im Übrigen jedoch an einen psychosomatischen Zusammenhang zu denken. Selbst Dr. B. äußerte im Arztbrief vom 11. Dezember 2006 nur einen Verdacht der Entstehung einer Neuropathie, Myopathie, einer chemischen Überempfindlichkeit sowie eines Leistungsabfalls aufgrund einer toxischen Schädigung beginnend bei "Laborbelastungen" in einer Zahnarztpraxis. Schließlich hat die Klägerin nicht zuletzt im Rahmen der Tätigkeit bei der Aufbaugilde im Jahr 2003 erhebliche Beschwerden im Bezug auf eine Vielzahl von äußeren Einflüssen geltend gemacht, sodass sie nicht einmal selbst eine eindeutige Zuordnung vornimmt.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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