Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 860/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Es bestehen Zweifel, ob eine Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses gegen die Festsetzung des Regelleistungsvolumens unzulässig ist (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 28.11.2012 - L 4 KA 73/11 -), wenn die KV, obwohl der Vertragsarzt es versäumt hat, gegen die Honorarbescheide Widerspruch einzulegen, in der Vergangenheit auch die Verfahren über die Festsetzung eines Regelleistungsvolumens fortgeführt hat (vgl. BSG, Urt. v. 15.08.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 1, juris Rdnr. 15 f.). Jedenfalls in den Fällen, in denen sich die KV auch im angefochtenen Widerspruchsbescheid nicht auf ein fehlendes Rechtsschutzinteresse des Klägers beruft, sondern diesen vielmehr materiellrechtlich über die Höhe seines Regelleistungsvolumens neu bescheidet, ist von einem weiterhin bestehenden Rechtsschutzbedürfnis auszugehen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verfristung der Widersprüche gegen die Bescheide zum Regelleistungsvolumen für die Quartale III und IV/09.
Der Kläger ist seit 01.07.2004 als Arzt für Allgemeinmedizin seit 01.04.1986 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I bis IV/09 legte der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2010 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011 wegen Verfristung als unzulässig zurückwies. Hiergegen legte der Kläger mit Datum vom 07.11.2011 erneut Widerspruch ein, den die Beklagte als Klage an das Gericht weiterleitete. Der Kläger trug vor, soweit er gegen bereits bestandskräftige Bescheide Widerspruch eingelegt habe, sei der Widerspruch als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten. Auf Anfrage des Gerichts erklärte er, für eine Weiterleitung an das Gericht und Umdeutung des weiteren Widerspruchs als Klage habe daher keine Veranlassung bestanden. Das Gericht trug daraufhin die zum Az.: S 12 KA 861/11 angelegte Klage wieder aus.
Die Beklagte setzte mit Bescheiden vom 27.05.2009 und 26.08.2009 das Regelleistungsvolumen des Klägers für die streitbefangenen Quartal III und IV/09 wie folgt fest:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallwert Fallwertabstaffelung Altersstrukturquote Aufschlag fachgleiche BAG Regelleistungsvolumen
III/09 456 40,84 1 1,0321 1 19.220,84 EUR
IV/09 496 42,18 1 1,0377 1 21.710,01 EUR
Der Kläger legte unter Datum vom 20.08.2010, bei der Beklagten am 24.08.2010 eingegangen, gegen alle bisher verfügten Regelleistungsvolumina und Quartalszahlungen ab I/09 bis III/10 Widerspruch ein und nahm Bezug auf bereits getätigte Schreiben, beginnend mit seinen Einsprüchen vom 29.01.2009, 20.03.2009 usw. über alle Quartale bis zu seinem Schreiben vom 01.07.2010. Er machte eine unzureichende Berücksichtigung seiner psychotherapeutischen Tätigkeit geltend. Hieraus habe er bisher einen Kassenumsatz von ca. 5.500,00 EUR pro Quartal erzielt. Über die Veränderungen sei er nur unzureichend informiert worden. In einem früheren Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren sei seine therapeutische Tätigkeit anerkannt worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011 die Widersprüche für die beiden streitbefangenen Quartale als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Widersprüche seien verfristet. Der Kläger sei ordnungsgemäß belehrt worden, dass er innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen habe. Der Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal III/09 sei am 29.05.2009 zur Post gegeben worden, so dass am 01.06.2009 als bekannt gegeben gelte, die Widerspruchsfrist am 01.07.2009 geendet habe. Der Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 sei am 26.08.2009 zur Post gegeben worden, so dass am 29.08.2009 als bekanntgegeben gelte und die Widerspruchsfrist am 29.09.2009 geendet habe. Er sei mit Schreiben vom 27.09.2010 auf die Verfristung hingewiesen worden. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe er nicht gestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 07.11.2011 über die Beklagte die Klage erhoben. Er trägt vor, sein Widerspruch sei zulässig. Soweit er bereits gegen bestandskräftige Bescheide Widerspruch erhoben habe, sei dieser Widerspruch als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten und entsprechend zu bescheiden gewesen. Soweit dies nicht geschehen sei, liege ein diesen Antrag ablehnender Erstbescheid vor, der seinerseits mit dem Widerspruch anzufechten sei. Er verweist ferner auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren und trägt weiter vor, der Widerspruchsbescheid lasse nicht erkennen, welcher Gesamtsbetrag ("Geldmenge") zur Verteilung gestanden habe und worauf sich mithin das Regelleistungsvolumen ergebe. Er habe auch einen Härtefallantrag gestellt, der bisher nicht beschieden sei. Diese Entscheidung sei zunächst abzuwarten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2011 die Beklagte zu verurteilen, ihm über seinen Widerspruch gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und ist im Übrigen der Auffassung, dass der Kläger nicht ansatzweise Stellung hierzu nehme. Ferner gehe sie davon aus, dass die Verfristung des Widerspruchs unstreitig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Gegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob der Widerspruch gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 verfristet ist. Fragen der Höhe des Regelleistungsvolumens sind somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der Kläger hat zunächst unter Datum vom 07.11.2011 "Widerspruch" eingelegt. Nach Übersendung dieses Schreibens als Klageschriftsatz an die Kammer und Führung des Verfahrens als Klageverfahren hat er nicht widersprochen, dass es sich um ein Klageverfahren handeln soll. Soweit im genannten "Widerspruch" ausgeführt wird, dieser sei als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten, ist dies ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens, da es hierfür an einem Vorverfahren fehlt. Die Beklagte hat den Kläger ferner unter Datum vom 27.09.2010 darauf hingewiesen, dass der Widerspruch gegen die Zuweisungen der Regelleistungsvolumina für die hier streitbefangenen Quartale verfristet sei. Dem Kläger hätte es dann oblegen, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es sich bei seinen Widersprüchen nicht um Widersprüche, sondern um einen Antrag auf Neubescheidung handelt. Hierauf hat die Kammer den Kläger mit Schreiben vom 25.09.2012 an seinen Prozessbevollmächtigten hingewiesen, woran die Kammer mit Verfügung vom 14.11.2012 erinnert hat. Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.
Gegenstand des Verfahrens ist nicht die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufhebung der streitbefangenen Bescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X hat. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Es kann hier nicht nur dahinstehen, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und ob bereits in einem verfristeten Widerspruch ein Antrag nach § 44 Abs. 2 SGB X enthalten ist. Ein unzulässiger Widerspruch ist aber auch darauf zu überprüfen, ob in ihm ein Neufeststellungsantrag liegt (vgl. Wiesner in: v. Wulffen, SGB X, Kommentar, 4. Aufl. 2001, § 44, Rdnr. 13). Soweit diesbezüglich im Widerspruchsschreiben Zweifel bestehen könnten, so hat die Beklagte diesen Antrag jedenfalls bisher nicht beschieden und ist eine Entscheidung hierüber weder Gegenstand des Widerspruchs- noch Klageverfahrens geworden. Von daher konnte auch dahinstehen, inwieweit eine Entscheidung der Beklagten mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Einklang steht, wonach die Entscheidung einer KV, ob sie bestandskräftig gewordene Honorarbescheide zurücknimmt und ggf. Nachvergütungen gewährt, von den Gerichten nur auf Ermessensnichtgebrauch, -fehlgebrauch und Ermessensüberschreitung zu prüfen ist. Dabei hat es das Bundessozialgericht gebilligt, dass eine KV jeweils die finanziellen Auswirkungen im Falle einer gegenüber den betroffenen Ärzten positiven Entscheidung für die Gesamtheit ihrer Mitglieder berücksichtigt und als ausschlaggebend ansieht. Bei einer auf generelle Erwägungen abstellenden Ermessensausübung ist eine KV nicht verpflichtet, als maßgeblichen Gesichtspunkt eine mögliche besondere individuelle Betroffenheit des Arztes zu berücksichtigen. Das Ermessen der KV, ob sie inzwischen als rechtswidrig erkannte Honorarbescheide zurücknimmt und Nachvergütungen leistet, ist nur im atypischen Fall von vornherein im Sinne der Bescheidkorrektur und Nachvergütung vorgeprägt, soweit sie nämlich auf die Entscheidung ihrer Mitglieder, Rechtsmittel einzulegen, direkten oder indirekten Einfluss genommen und für ihre entsprechenden Auskünfte ggf. einzustehen hat (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 21/04 R – juris Rdnr. 17, 19 und 21 ff. = SozR 4-1300 § 44 Nr. 6 = GesR 2005, 541 = MedR 2006, 223 = Breith 2006, 359 = NZS 2006, 332 = USK 2005-105).
Die Klage ist aber unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht den Widerspruch des Klägers vom 20.08.2010 gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beklagte hat im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsfrist nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs abgelaufen war. Dies wird von dem Kläger auch nicht bestritten.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Der Kläger hat weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Widerspruchsfrist einzuhalten.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Streitwert war mangels näherer Angaben auf den Regelstreitwert pro Quartal festzusetzen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verfristung der Widersprüche gegen die Bescheide zum Regelleistungsvolumen für die Quartale III und IV/09.
Der Kläger ist seit 01.07.2004 als Arzt für Allgemeinmedizin seit 01.04.1986 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale I bis IV/09 legte der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2010 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011 wegen Verfristung als unzulässig zurückwies. Hiergegen legte der Kläger mit Datum vom 07.11.2011 erneut Widerspruch ein, den die Beklagte als Klage an das Gericht weiterleitete. Der Kläger trug vor, soweit er gegen bereits bestandskräftige Bescheide Widerspruch eingelegt habe, sei der Widerspruch als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten. Auf Anfrage des Gerichts erklärte er, für eine Weiterleitung an das Gericht und Umdeutung des weiteren Widerspruchs als Klage habe daher keine Veranlassung bestanden. Das Gericht trug daraufhin die zum Az.: S 12 KA 861/11 angelegte Klage wieder aus.
Die Beklagte setzte mit Bescheiden vom 27.05.2009 und 26.08.2009 das Regelleistungsvolumen des Klägers für die streitbefangenen Quartal III und IV/09 wie folgt fest:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallwert Fallwertabstaffelung Altersstrukturquote Aufschlag fachgleiche BAG Regelleistungsvolumen
III/09 456 40,84 1 1,0321 1 19.220,84 EUR
IV/09 496 42,18 1 1,0377 1 21.710,01 EUR
Der Kläger legte unter Datum vom 20.08.2010, bei der Beklagten am 24.08.2010 eingegangen, gegen alle bisher verfügten Regelleistungsvolumina und Quartalszahlungen ab I/09 bis III/10 Widerspruch ein und nahm Bezug auf bereits getätigte Schreiben, beginnend mit seinen Einsprüchen vom 29.01.2009, 20.03.2009 usw. über alle Quartale bis zu seinem Schreiben vom 01.07.2010. Er machte eine unzureichende Berücksichtigung seiner psychotherapeutischen Tätigkeit geltend. Hieraus habe er bisher einen Kassenumsatz von ca. 5.500,00 EUR pro Quartal erzielt. Über die Veränderungen sei er nur unzureichend informiert worden. In einem früheren Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren sei seine therapeutische Tätigkeit anerkannt worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011 die Widersprüche für die beiden streitbefangenen Quartale als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Widersprüche seien verfristet. Der Kläger sei ordnungsgemäß belehrt worden, dass er innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen habe. Der Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal III/09 sei am 29.05.2009 zur Post gegeben worden, so dass am 01.06.2009 als bekannt gegeben gelte, die Widerspruchsfrist am 01.07.2009 geendet habe. Der Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 sei am 26.08.2009 zur Post gegeben worden, so dass am 29.08.2009 als bekanntgegeben gelte und die Widerspruchsfrist am 29.09.2009 geendet habe. Er sei mit Schreiben vom 27.09.2010 auf die Verfristung hingewiesen worden. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe er nicht gestellt.
Hiergegen hat der Kläger am 07.11.2011 über die Beklagte die Klage erhoben. Er trägt vor, sein Widerspruch sei zulässig. Soweit er bereits gegen bestandskräftige Bescheide Widerspruch erhoben habe, sei dieser Widerspruch als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten und entsprechend zu bescheiden gewesen. Soweit dies nicht geschehen sei, liege ein diesen Antrag ablehnender Erstbescheid vor, der seinerseits mit dem Widerspruch anzufechten sei. Er verweist ferner auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren und trägt weiter vor, der Widerspruchsbescheid lasse nicht erkennen, welcher Gesamtsbetrag ("Geldmenge") zur Verteilung gestanden habe und worauf sich mithin das Regelleistungsvolumen ergebe. Er habe auch einen Härtefallantrag gestellt, der bisher nicht beschieden sei. Diese Entscheidung sei zunächst abzuwarten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2011 die Beklagte zu verurteilen, ihm über seinen Widerspruch gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und ist im Übrigen der Auffassung, dass der Kläger nicht ansatzweise Stellung hierzu nehme. Ferner gehe sie davon aus, dass die Verfristung des Widerspruchs unstreitig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu angehört.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Gegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob der Widerspruch gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 verfristet ist. Fragen der Höhe des Regelleistungsvolumens sind somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Der Kläger hat zunächst unter Datum vom 07.11.2011 "Widerspruch" eingelegt. Nach Übersendung dieses Schreibens als Klageschriftsatz an die Kammer und Führung des Verfahrens als Klageverfahren hat er nicht widersprochen, dass es sich um ein Klageverfahren handeln soll. Soweit im genannten "Widerspruch" ausgeführt wird, dieser sei als Antrag auf Rücknahme der Bescheide umzudeuten, ist dies ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens, da es hierfür an einem Vorverfahren fehlt. Die Beklagte hat den Kläger ferner unter Datum vom 27.09.2010 darauf hingewiesen, dass der Widerspruch gegen die Zuweisungen der Regelleistungsvolumina für die hier streitbefangenen Quartale verfristet sei. Dem Kläger hätte es dann oblegen, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es sich bei seinen Widersprüchen nicht um Widersprüche, sondern um einen Antrag auf Neubescheidung handelt. Hierauf hat die Kammer den Kläger mit Schreiben vom 25.09.2012 an seinen Prozessbevollmächtigten hingewiesen, woran die Kammer mit Verfügung vom 14.11.2012 erinnert hat. Der Kläger hat sich hierzu nicht geäußert.
Gegenstand des Verfahrens ist nicht die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufhebung der streitbefangenen Bescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X hat. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Es kann hier nicht nur dahinstehen, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und ob bereits in einem verfristeten Widerspruch ein Antrag nach § 44 Abs. 2 SGB X enthalten ist. Ein unzulässiger Widerspruch ist aber auch darauf zu überprüfen, ob in ihm ein Neufeststellungsantrag liegt (vgl. Wiesner in: v. Wulffen, SGB X, Kommentar, 4. Aufl. 2001, § 44, Rdnr. 13). Soweit diesbezüglich im Widerspruchsschreiben Zweifel bestehen könnten, so hat die Beklagte diesen Antrag jedenfalls bisher nicht beschieden und ist eine Entscheidung hierüber weder Gegenstand des Widerspruchs- noch Klageverfahrens geworden. Von daher konnte auch dahinstehen, inwieweit eine Entscheidung der Beklagten mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Einklang steht, wonach die Entscheidung einer KV, ob sie bestandskräftig gewordene Honorarbescheide zurücknimmt und ggf. Nachvergütungen gewährt, von den Gerichten nur auf Ermessensnichtgebrauch, -fehlgebrauch und Ermessensüberschreitung zu prüfen ist. Dabei hat es das Bundessozialgericht gebilligt, dass eine KV jeweils die finanziellen Auswirkungen im Falle einer gegenüber den betroffenen Ärzten positiven Entscheidung für die Gesamtheit ihrer Mitglieder berücksichtigt und als ausschlaggebend ansieht. Bei einer auf generelle Erwägungen abstellenden Ermessensausübung ist eine KV nicht verpflichtet, als maßgeblichen Gesichtspunkt eine mögliche besondere individuelle Betroffenheit des Arztes zu berücksichtigen. Das Ermessen der KV, ob sie inzwischen als rechtswidrig erkannte Honorarbescheide zurücknimmt und Nachvergütungen leistet, ist nur im atypischen Fall von vornherein im Sinne der Bescheidkorrektur und Nachvergütung vorgeprägt, soweit sie nämlich auf die Entscheidung ihrer Mitglieder, Rechtsmittel einzulegen, direkten oder indirekten Einfluss genommen und für ihre entsprechenden Auskünfte ggf. einzustehen hat (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 21/04 R – juris Rdnr. 17, 19 und 21 ff. = SozR 4-1300 § 44 Nr. 6 = GesR 2005, 541 = MedR 2006, 223 = Breith 2006, 359 = NZS 2006, 332 = USK 2005-105).
Die Klage ist aber unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht den Widerspruch des Klägers vom 20.08.2010 gegen die Bescheide vom 27.05.2009 und 26.08.2009 als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beklagte hat im angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsfrist nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs abgelaufen war. Dies wird von dem Kläger auch nicht bestritten.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Der Kläger hat weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass er ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Widerspruchsfrist einzuhalten.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der Streitwert war mangels näherer Angaben auf den Regelstreitwert pro Quartal festzusetzen. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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