L 10 U 3737/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3920/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3737/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2005 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Akne venenata des Klägers seit dem 01.07.2003 eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist. Der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht und auf dieser Berufskrankheit beruhende Leistungen abgelehnt wurden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel seiner außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) der Haut nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt.

Der im Jahre 1976 geborene Kläger absolvierte von August 1993 bis Juli 1996 bei der M. B. AG, nunmehr D. AG, eine Ausbildung als Industriemechaniker. Anschließend arbeitete er dort bis Mai 1998 als Maschinenbediener, wobei er Kontakt mit Ölen, Kühlschmierstoffen (KSS), Entfettungs- und Reinigungsmitteln sowie Waschzusätzen hatte. Wegen Hautbeschwerden war er von Juni bis Oktober 1998 im Transport als Staplerfahrer eingesetzt, wobei unter Räumöl-Aerosolen und -Dämpfen Hautveränderungen auftraten. Bei zeitweiligem Einsatz im Freien bestanden keine Hautprobleme. Von Oktober bis Dezember 1998 arbeitete der Kläger an einer Drehmaschine mit Trockenbearbeitung, wobei kein direkter Ölkontakt bestand und die Bearbeitung in gekapselten Maschinen unter Verwendung von KSS erfolgte. Von Januar bis Mai 1999 war der Kläger in der Packerei und im Lager eingesetzt und hatte keinen Kontakt zu Räumöl. Danach arbeitete er bis Juni 2000 wieder an einer Drehmaschine in der Trockenbearbeitung ohne direkten Kontakt zu Räumöl oder KSS, aber mit indirektem Kontakt mit Ölen über die Luft. Von Juni bis Dezember 2000 war er in der Packerei und im Lager beschäftigt, wo er anfangs mit Öl benetze Bausatzteile verpackte. Bei nicht sicherem Ausschluss von Kontakt zu Räumöl kam es zu einer Verschlimmerung des Hautzustandes, worauf er - hautgefährdungsfrei - im Papierversand beschäftigt wurde. Ab dem 01.01.2001 arbeitete er erneut an einer Drehmaschine in der Trockenbearbeitung, ab Juli 2002 wieder als Staplerfahrer, wobei ein versuchsweiser Einsatz als Fahrer in der Härterei in belasteter Luft nach kurzer Zeit wegen Wiederauftreten der Hauterkrankung abgebrochen werden musste. Seit dem 01.07.2003 arbeitet er als Staplerfahrer ausschließlich im Freien ohne direkten Kontakt mit Ölen. Arbeitsunfähig wegen einer Hauterkrankung war der Kläger vom 25.11. bis 08.12.1997, vom 12.02. bis 19.02., vom 23.02. bis 09.03, vom 26.03. bis 03.04. sowie vom 27.04. bis 22.05.1998, vom 12.02. bis 20.02.1999 und ab dem 22.01.2001. Vom 16.02. bis 03.04.2001 befand er sich zu einer stationären Behandlung in der S. Klinik.

Im Frühjahr 1997 kam es zu einer pruriginösen Neurodermitis und in der weiteren Folge zu Juckreiz, Eiterpickeln und Abszessen an der Haut. Gemäß Angaben des Klägers vom Februar 1998 traten Hauterscheinungen an Brust, Arm, Hals, Gesicht, Händen und Füßen auf, die er auf Kontakt mit Räumöl zurückführte. Nach Ermittlungen auf Grund einer ärztlichen Anzeige des Werksarztes Dr. A. vom Januar 1998 (u. a. Berichte der Hautärzte Dr. K. und Dr. B. , Ermittlungen des Präventionsdienstes sowie Stellungnahmen Dr. B. und der Gewerbeärztin Dr. G. ) verneinte die Beklagte das Vorliegen einer BK und teilte dies der Krankenkasse des Klägers mit.

Auf Nachfrage des Klägers und Vorlage einer Bescheinigung von Dr. A. (massiver akneiformer Hautausschlag auf der Brust, bisher kein Nachweis einer direkten Allergie gegen Arbeitsstoffe, aber Verschlimmerung des Hautzustandes bei Einsatz an Feuchtarbeitsplätzen bzw. in aerosolhaltiger Luft und Besserungstendenz bei Arbeit in trockener, sauberer Luft) veranlasste die Beklagte Berichte von Dr. B. und ihres Präventionsdienstes (an der Drehmaschine kein direkter Hautkontakt zu KSS oder Ölen, indirekter Kontakt über die Luft am Arbeitsplatz) und zog den Bericht der S. Klinik bei. Der Beratungsarzt Dr. T. verneinte einen Zusammenhang der Hauterkrankung mit der beruflichen Tätigkeit. Im seinem Gutachten diagnostizierte der ärztliche Direktor der Hautklinik des Universitätsklinikums T. , Prof. Dr. R. , eine Akne venenata im Sinne einer Kontaktakne und sah im Hinblick auf den streng arbeitskongruenten Verlauf einen sicheren ursächlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Der Kläger, der angegeben habe, er habe in von Öldämpfen stark belastetem Feuchtmilieu gearbeitet (die Latzhose sowie das T-Shirt seien regelmäßig feucht durchtränkt gewesen und zweimal wöchentlich gewechselt worden), leide unter einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV. Die Erkrankung sei schwer und wiederholt rückfällig und habe zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit seit Beginn der letzten Arbeitsunfähigkeit ab 12.02.2001 gezwungen. Nach einer weiteren Stellungnahme des Präventionsdienstes (bei gleichartig Beschäftigten sei eine Durchtränkung der Kleidung nicht feststellbar; eine mehr oder minder starke Benetzung der Kleidung indirekt durch die allgemeine Hallenbelastung infolge Öl- und KSS-Aerosole sei nicht auszuschließen, bei täglichem Wechsel der Arbeitskleidung sei eine starke Ölbenetzung weitgehend zu vermeiden gewesen) hielt Prof. Dr. R. an seiner Einschätzung fest. Dem schloss sich Dr. G. an und schlug die Anerkennung einer BK in nicht entschädigungspflichtigem Ausmaß vor.

Gestützt auf eine Stellungnahme von Dr. T. , der eine wesentlich beruflich bedingte Hauterkrankung und auch einen Aufgabezwang an einem Trockenarbeitsplatz bei entsprechender Arbeitskleidung und körperlicher Hygiene verneinte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2002 "die Gewährung von Leistungen" ab, da eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV nicht vorliege. Den hiergegen erhobenen und auf Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV sowie auf Gewährung von Leistungen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 zurück.

Am 14.08.2002 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Hautreaktionen träten bereits bei Öldunst in der Raumluft auf, unabhängig davon, ob die Kleidung durchtränkt sei, und auch bei täglichem Wechsel der Arbeitskleidung und entsprechender Körperhygiene. In seinem Ausbildungsberuf gebe es bei dem Arbeitgeber keinen Arbeitsplatz ohne Kontakt zu Ölaerosolen. Bei einer Arbeit im Freien komme es zur Besserung. Beim Einsatz als Staplerfahrer im Bereich der Härterei und Tellerradfertigung sei es nach zwei Tagen zu Juckreiz und Rötungen an Armen und am gesamten Oberkörper gekommen. Zur Bestätigung seines Vorbringens hat er u. a. Bescheinigungen von Dr. A. (bei vorwiegendem Einsatz im Freien völlige Abheilung der Haut im Bereich der Brust mit noch verbliebenen Narben am Rücken und an der rechten Wange; nach Angabe des Klägers Wiederauftreten bei versuchsweiser Tätigkeit in belasteter Luft; der Einsatz an einem trockenen Arbeitsplatz und in sauberer Luft sei dringend erforderlich; er empfehle eine Umschulung) und von Dr. S. (Zusammenhang zwischen beruflichen Tätigkeiten und der Hauterkrankung) vorgelegt.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten von Dr. B. eingeholt. Darin ist ausgeführt, die aufgetretene akneiforme Dermatitis bzw. Ölakne sei durch die Bedingungen am Arbeitsplatz ausgelöst und verschlechtert worden. Die Erkrankung trete an typischen Stellen auf. Es sei von einem sicheren Zusammenhang auszugehen. Die Ölakne habe mit einer Allergie nichts zu tun, sondern werde durch Kontakt mit ölhaltigen Stoffen, auch Aerosolen, ausgelöst. Es komme dann zu schweren akneartigen Entzündungen im Bereich typischer Hautareale. Die Erkrankung sei schwer und wiederholt rückfällig. Ein Zwang zur Aufgabe bestehe, da bei jedem Kontakt mit ölhaltiger und aerosolbeladener Luft die Erkrankung aufflamme.

Ferner hat das Sozialgericht von Amts wegen ein Sachverständigengutachten des ärztlichen Direktors der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Zentrum von der Hautkrankheiten S. , Prof. Dr. von den D. , eingeholt. Er ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es liege eine beruflich über den Ölaknemechanismus provozierte Akne in der talgdrüsenreichen Haut von Gesicht, Rücken und Dekollete vor. Außerdem sei nach Aktenlage und Schilderung des Klägers von einer zeitweiligen Manifestation eines irritativen aerogenen Kontaktekzems an den Händen in Folge beruflicher Einwirkung öliger Aerosole auf die sogenannte empfindliche Haut des Atopikers auszugehen. Beide Erkrankungen seien sowohl beruflich bedingt, als auch schwer. Der Kläger sei auch gezwungen die berufliche Tätigkeit aufzugeben bzw. zu unterlassen.

In einer daraufhin von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme hat Dr. T. das Vorliegen der Voraussetzungen einer BK verneint.

Mit Urteil vom 28.07.2005 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV sowie zur Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v. H. ab dem 16.10.2004 verurteilt. Diese Entscheidung ist der Beklagten am 23.08.2005 zugestellt worden

Am 07.09.2005 hat die Beklagte Berufung eingelegt. In der nichtöffentlichen Sitzung des Gerichts vom 30.11.2006 hat der Kläger auf Hinweis des Gerichts erklärt, er leite hinsichtlich des Anspruchs auf Rente aus dem Urteil des Sozialgerichts keine Ansprüche mehr ab.

Die Beklagte ist der Auffassung, Prof. Dr. von den D. sei von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen, insbesondere von einem nicht nachgewiesenen Befall der Hände. Ferner seien Hauterscheinungen schon 1993 und 1995 sowie auch später nicht streng belastungsabhängig aufgetreten. Die an der Drehmaschine mit Trockenbearbeitung verwendeten wässrigen KSS seien nicht geeignet, eine Akne auszulösen. Darüber hinaus bestehe kein für die Anerkennung einer BK erforderlicher Aufgabezwang. Hierzu hat sie ärztliche Stellungnahmen von Dr. Sch. und von Dr. St. vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.07.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise ein Gutachten nach Aktenlage zum Vorliegen einer Berufskrankheit einzuholen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass seine Hauterkrankung eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist.

Er sieht sich durch die gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten bestätigt.

Auf Anforderung des Senats hat Prof. Dr. von den D. zu den von der Beklagten erhobenen Einwendungen Stellung genommen und mit näherer Begründung an seiner Einschätzung festgehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Nachdem die Beklagte jedwede Entschädigung mit der Begründung ablehnt, es sei kein Versicherungsfall, hier keine Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch SGB VII), eingetreten, ist sachdienliche Klageart vorliegend neben der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG mit dem Ziel der Aufhebung der ablehnenden - und auch einer zukünftigen Leistungsgewährung entgegenstehenden - Bescheide die auf gerichtliche Feststellung einer Berufskrankheit gerichtete Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Eine solche Feststellungsklage hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung (§ 123 SGG) seines Vorbringens (vgl. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch erhoben und in der nichtöffentlichen Sitzung des Gerichts vom 30.11.2006 einen entsprechenden Feststellungsantrag auch förmlich gestellt. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des Urteilstenors kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BSG, a.a.O.), zumal der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der bereits genannten nichtöffentlichen Sitzung erklärt hat, er leite aus dem Urteil des Sozialgerichts insoweit keine Ansprüche mehr ab.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VI begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Danach müssen zum einen eine Hauterkrankung sowie - zur Auslösung oder Verschlimmerung einer solchen (abstrakt) geeignete - berufliche Einwirkungen im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein; zum anderen muss sich die Erkrankung mit Wahrscheinlichkeit (konkret) auf diese Einwirkungen zurückführen lassen. Des weiteren muss es sich um eine schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankung handeln und die Erkrankung muss den Versicherten objektiv zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit gezwungen haben.

Diese Voraussetzungen sind hier mit Blick auf die im Vordergrund des klägerischen Begehrens stehende Akne seit dem 01.07.2003 erfüllt (1.); hinsichtlich des darüber hinaus geltend gemachten Hautekzems lässt sich das Vorliegen einer Berufskrankheit indes nicht feststellen (2.).

1. Dass beim Kläger - im Wesentlichen - eine Akne venenata (Kontaktakne, hier in Gestalt einer Ölakne) vorliegt, steht auf Grund des Gutachtens von Prof. Dr. R. wie auch der vom Sozialgericht eingeholten Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. von den D. zur Überzeugung des Senats ebenso fest, wie die - abstrakte - Eignung von Öleinwirkungen diese Hauterkrankung auszulösen bzw. zu verschlimmern.

Derartigen Einwirkungen war der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit auch ausgesetzt. So hatte er als Maschinenbediener von 1996 bis 1998 unmittelbar Ölkontakt und bestand weiterer Kontakt zu Öl durch Einfluss von ölaerosolhaltiger Luft sowohl bei seiner Tätigkeit an einer Drehmaschine an einem Trockenarbeitsplatz als auch (zunächst und bis zu seinem am 01.07.2003 erfolgten endgültigen Einsatz als Staplerfahrer ausschließlich im Freien) beim Durchfahren entsprechender Arbeitsbereiche im Rahmen seiner Tätigkeit als Staplerfahrer. Ausweislich der Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten wurden nämlich seinerzeit in der Fertigungshalle Kühlschmierstoffe und diverse Öle eingesetzt und bestand daher ein indirekter Kontakt des Klägers mit diesen Stoffen durch die Luft bzw. die "allgemeine Hallenbelastung" sowohl durch Kühlschmierstoff- als auch durch Öl-Aerosole (vgl. hierzu die Berichte vom 12.03.2001, 07.11.2001 und 20.11.2001). Die von der Beklagten im Berufungsverfahren unter Hinweis auf fehlende Ölanteile der verwendeten wassergemischten Kühlschmierstoffe vertretene Auffassung, der Kläger habe ab dem Jahre 1998 keinen Kontakt zu ölhaltigen Substanzen mehr gehabt (vgl. hierzu die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. Sch. vom 07.11.2005 und vom 28.07.2006), trifft danach nicht zu. Ermittlungen zu der Frage, ob auch nicht ölhaltige Substanzen geeignet sind, eine Ölakne hervorgerufen, bedarf es mithin nicht; der entsprechende Beweisantrag der Beklagten ist daher abzulehnen.

Die zunächst durch unmittelbaren Kontakt mit Ölen und ölhaltigen Stoffen ausgelöste Hauterkrankung (so im Sinne einer Verschlimmerung auch Dr. Sch. jedenfalls von 1997 bis 1998) ist mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf diese sowie die späteren beruflichen Einwirkungen von Öl-Aerosolen zurückzuführen. Dies ergibt sich aus folgendem:

Der Kläger litt bereits vor der Aufnahme der in Rede stehenden Tätigkeit an einer anlagebedingten Seborrhoe in talgdrüsenreichen Bereichen der Haut wie Rücken, Dekolletee und Gesicht. Diese hatte bis zur Tätigkeitsaufnahme lediglich zu einem solitären Gesäß-Abszess und einem einmaligen nasalen Abszess, nicht aber zu Problemen im Sinne einer entzündlichen Akne vulgaris geführt. Sie begünstigte allerdings das Verstopfen der Talgdrüsen durch Öl und mithin das Auftreten einer beruflich bedingten Akne insbesondere an den genannten und beim Kläger gerade befallenen Stellen (vgl. zu alledem die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. von den D. in der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme).

Hierdurch lässt sich - worauf Prof. Dr. von den D. in der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat - auch ohne weiteres erklären, weshalb die Akne nicht auch an anderen, weniger talgdrüsenreichen Körperteilen, wie z. B. den Händen des Klägers, auftrat.

Dass die Verwirklichung der angeführten individuellen Disposition nicht von der Überschreitung von Grenzwerten abhängt, hat Prof. Dr. von den D. in der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme unter Hinweis auf die medizinische Literatur dargelegt. Dem ist für den vorliegenden Fall insbesondere mit Blick darauf zu folgen, dass die Hauterkrankung - wie oben ausgeführt - bereits durch unmittelbaren Kontakt mit Ölen und ölhaltigen Stoffen ausgelöst worden war und auch ein besonderer Schutz der Haut durch Kleidung zu verneinen ist. Vielmehr ist von einer Anreicherung der Öl-Aerosole in der Kleidung auszugehen und lag damit auch an den bedeckten Körperstellen ein Kontakt mit Öl vor (vgl. auch hierzu die schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. von den D. in der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme). Soweit die Beklagte gegen diese Einschätzung Einwendungen erhebt und hierzu erneut auf fehlende Ölanteile der verwendeten wassergemischten Kühlschmierstoffe verweist (vgl. hierzu die ärztliche Stellungnahme von Dr. St. ), übersieht sie wiederum die festgestellte Exposition des Klägers gegenüber Öl-Aerosolen.

Dem entsprechend wurde die Hauterkrankung wiederholt allein durch den Aufenthalt in ölaerosolhaltiger Luft erneut provoziert. Dies zeigt sich anhand des dokumentierten Krankheitsverlaufs, wonach die Erkrankungserscheinungen jeweils bei Tätigkeiten in Hallen mit ölhaltiger Luft wieder auftraten. In Ansehung des durch Dr. B. sowie den Betriebsarzt Dr. A. dokumentierten und auch durch die Betriebsärztin Dr. S. bestätigten streng arbeitskongruenten Verlaufs mit Verschlechterung des Hautbefundes bei Arbeitstätigkeit bzw. bloßem Aufenthalt des Klägers in den oben angeführten Fertigungshallen und Besserung bei Arbeitsunfähigkeit/Urlaub oder Arbeitsplatzwechsel besteht nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. R. und den Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. von den D. ein zumindest wahrscheinlicher ursächlicher Zusammenhang mit der Berufstätigkeit. Soweit die Beklagte den angeführten arbeitskongruenten Verlauf unter Hinweis auf Hauterscheinungen auch in Zeiten fehlender bzw. geminderter Belastungen in Zweifel zieht (vgl. hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Sch. vom 07.11.2005) übersieht sie nicht nur die Nachwirkungen der Ölexposition in die jeweils nur wenige Monate dauernden belastungfreien Zeiten der Jahre 1999 und 2000 hinein, sondern auch die gleichwohl bestehenden qualitativen Unterschiede der Erkrankungen (deutliche Minderung von Arbeitsunfähigkeitszeiten während der belastungsfreien Zeiten im Vergleich zu Zeiten der Ölexposition).

Die nach alledem mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einwirkungen zurückzuführende und - angesichts des angeführten arbeitskongruenten Verlaufs - wiederholt rückfällige Hauterkrankung ist auch schwer (vgl. hierzu die übereinstimmende Einschätzung aller Gutachter) und zwang den Kläger zur Aufgabe der mit einer Ölexposition verbundenen beruflichen Tätigkeit. Angesichts des Umstandes, dass Hauterscheinungen auch bei kurzzeitigem Aufenthalt in ölaerosolhaltiger Luft (beispielsweise beim Durchfahren von Werkhallen mit dem Gabelstapler) ausgelöst wurden, ließ sich der Erkrankung insbesondere nicht mit einem täglichen Wechsel der Arbeitskleidung nebst Säuberung betroffener Hautpartien mit desinfizierenden Reinigungsmitteln begegnen. Schließlich hat der Kläger mit der zum 01.07.2003 erfolgten Aufnahme einer Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer ausschließlich im Freien auch alle Tätigkeiten aufgegeben, die geeignet sind, die Hauterkrankung wieder auszulösen.

2. Anders verhält es sich hingegen mit Blick auf die von Prof. Dr. von den D. angeführte zeitweilige Manifestation eines irritativen aerogenen Kontaktekzems an den Händen in Folge beruflicher Einwirkung öliger Aerosole. Denn eine solche Erkrankung des Klägers lässt sich nicht erweisen. Diese Diagnose stützende Befunde hat nämlich bislang keiner der den Kläger behandelnden oder untersuchenden Ärzte erhoben. Vielmehr finden sich lediglich Hinweise auf eine ärztlich festgestellte leichte Trockenheit der Haut (vgl. hierzu den Bericht der Hautklinik S. sowie die Gutachten von Prof. Dr. R. , Dr. B. und Prof. Dr. von den D. ). Mitteilungen über Hautausschläge - an den Händen - beruhen allein auf nicht verifizierten Angaben des Klägers (vgl. hierzu insbesondere die durch Dr. A. erfolgte Anzeige über eine Berufskrankheit vom 27.01.1998 sowie das Gutachten von Prof. Dr. von den D. ). Anlass zu weiteren Ermittlungen bietet dieses Vorbringen des Klägers nicht. Denn es steht im Widerspruch zu seiner eigenen Angabe sowohl im Rahmen der Behandlung durch die Hautklinik S. als auch anlässlich der Begutachtung durch Prof. Dr. R. , Hautveränderungen im Bereich der Hände seien nie aufgetreten.

Anlass zu weiteren Ermittlungen allgemein zur Frage des Vorliegens einer Berufskrankheit besteht danach nicht, so dass (auch) der entsprechende Beweisantrag der Beklagten abzulehnen ist.

Ist nach alledem zu Gunsten des Klägers gerichtlich festzustellen, dass seine Akne venenata seit dem 01.07.2003 eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ist, so ist der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 (lediglich) insoweit aufzuheben, wie er dem entgegensteht und auf dieser Berufskrankheit beruhenden Leistungen abgelehnt wurden. Im übrigen ist die Klage abzuweisen. Das erstinstanzliche Urteil ist entsprechend abzuändern und die weitergehende Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umfang des jeweiligen Obsiegendes und Unterliegens der Beteiligten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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