Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 5242/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4352/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 bereits ab 16.11.2000 zuzuerkennen ist.
Die am 03.07.1948 geborene Klägerin beantragte erstmals im Oktober 1997 die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Den Antrag begründete sie mit Beschwerden von Seiten des Herzens und des Rückens, einer Unterleibsoperation im Jahr 1988, einer Wespenallergie, erhöhten Leberwerten und mit den bei ihr vorliegenden sozialen Umständen und der Doppelbelastung als Alleinerziehende mit zwei schulpflichtigen Kindern. Mit Bescheid vom 28.11.1997 stellte der Beklagte hierauf nach Auswertung eines Befundberichts des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom November 1997 und der von der Klägerin vorgelegten Atteste des Dr. R. vom 12.07.1994 und vom 19.09.1997 sowie Arztbriefen des Badearztes Dr. A. vom 12.10.1994 und des Dr. B. vom 20.06.1996 als Behinderung "psycho-vegetative Befindlichkeitsstörung" mit einem GdB von 30 seit 09.10.1997 fest.
Den Neufeststellungsantrag vom 20.03.2003 begründete die Klägerin unter Vorlage weiterer Atteste des Dr. R. vom 03.03.1999 und des Dr. A. vom 24.05.1999 sowie Arztbriefen des Chirurgen Dr. W. vom 20.02.2003 und des HNO-Arztes Dr. N. vom 28.10.1998 mit einer Verschlimmerung der Herzrhythmusstörungen mit Durchblutungsstörungen, der Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule und der Leber und einer neu aufgetretenen Bronchienentzündung, zwei Halux valgus Operationen im Februar und Mai 2000, Erbrechen, ständigen Kopfschmerzen aufgrund eines Dienstunfalls am 10.12.2002 und psychosomatischen Störungen. Mit Bescheid vom 24.06.2003 stellte der Beklagte daraufhin nach Einholung von Befundberichten des Dr. W. vom 07.04.2003 und des Dr. R. vom 26.03.2003 als Funktionsbeeinträchtigungen "psychovegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden, funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 30) und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung, Schulter-Arm-Syndrom, Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 20)" und einen GdB von 40 seit 20.03.2003 fest. Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte den Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 12.05. bis 23.06.2003 bei und wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 zurück.
Bei dem weiteren Neufeststellungsantrag vom 23.01.2004 gab die Klägerin an, es hätten sich neue, verschlechternde medizinische Sachverhalte ergeben; sie habe immer wieder Herzschmerzen, ein lautes Rasen und Rhythmusstörungen während des Unterrichts. Der Beklagte holte hierauf einen Befundbericht des Internisten Prof. Dr. H., Rehaklinik G., vom 22.03.2004 ein, in dem über zunehmende Herzbeschwerden der Klägerin, starke Rückenschmerzen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls mit Taubheitsgefühl links und starken Schmerzen in beiden Hüften sowie ein von der Klägerin geschildertes "taubes Gefühl" in den Ohren berichtet wird. Mit Bescheid vom 23.04.2004 lehnte der Beklagte hierauf eine Neufeststellung des GdB unter Ergänzung der Funktionsbeeinträchtigung von Seiten der Wirbelsäule um "Bandscheibenschaden" ab. Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte den Entlassungsbericht der St. I.-Kliniken in K. über den stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 09.03. bis 29.03.2004 (Diagnosen: chronische Sinusitis maxillaris rechts, Abszess rechts supraklavikulär, Hepatitis) und einen Befundbericht des Chirurgen Dr. W. vom 09.06.2004 (zunehmende Verschlechterung im Bereich der Wirbelsäule und der emotionalen Belastbarkeit) bei, worauf der Ärztliche Dienst des Beklagten in der gutachterlichen Stellungnahme vom 02.07.2004 zu der Beurteilung kam, bei der Klägerin liege als weitere Behinderung eine Hepatitis mit einem Teil-GdB von 20 und insgesamt ein Gesamt-GdB von 50 seit 23.01.2004 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 07.07.2004 einen GdB von 50 seit 23.01.2004 unter Bewertung der Hepatitis mit einem Teil-GdB von 20 bei im übrigen unveränderten Feststellungen und Bewertungen fest.
Am 01.06.2005 beantragte die Klägerin unter Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. W. vom 24.05.2005, wonach die erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin in nahezu vollem Umfang bereits seit Januar 1999 in seiner Sprechstunde dokumentiert worden seien und bereits damals eine seit Jahren dokumentierte emotionale und psychosomatische familiäre Belastung hätte erhoben werden können, die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft seit Januar 1999.
Mit Bescheid vom 11.08.2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Bei Erlass des früheren Bescheides vom 07.07.2004 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Ein GdB von 50 werde erst seit Feststellung der chronischen Leberentzündung (Hepatitis) erreicht. Diese Erkrankung sei erst seit März 2004 nachgewiesen.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2005 zurück. Seelische Störungen seien seit 1997 aktenkundig. Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet seien teilweise vor dem Jahr 2000 aktenkundig. Die Hepatitis sei erst im April 2004 diagnostiziert. Aus diesem Grund sei die Schwerbehinderteneigenschaft erst ab 2004 festzustellen. Eine Rechtswidrigkeit im Sinne des § 44 SGB X liege nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin am 23.12.2005 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren unter Vorlage eines weiteren Attestes des Dr. R. vom 14.12.2005, wonach die Klägerin seit 1994 an einem chronisch, rezidivierenden depressiven Syndrom mit ausgeprägten depressiven Verstimmungen mit massiven Schlafstörungen sowie Angst- und Panikattacken leidet und diese Depression nicht genügend berücksichtigt worden sei, sowie ärztlicher Bescheinigungen zur Vorlage beim Schulamt der Reha-Klinik G. vom 18.06.2003 und 23.06.2005 und des Dr. W. vom 15.07.2004 und eines Arztbriefes der Radiologie des Stiftshospitals Andernach vom 27.12.2002 weiter verfolgt hat. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass nach ihrer Auffassung die von ihr vorgelegten Bescheinigungen des Dr. W. vom 24.05.2005 und des Dr. R. vom 14.12.2005 dokumentieren würden, dass die Krankheit in vollem Umfang bereits 1999 vorgelegen habe. Nicht die Hepatitis sei das Ausschlaggebende, sondern die psychosomatische Erkrankung, die bereits seit 1997 nachgewiesen sei. Ihr Begehren sei, mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente zu gehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.07.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 bereits für die Zeit ab 16.11.2000. Nach der maßgeblichen Rechtssprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteil vom 29.05.1991 in SozR 3-1300 § 44 Nr. 3) sei zu berücksichtigen, dass sich die Sonderregelungen des § 44 Abs. 1 und Abs. 4 (SGB X), die zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte auch für die Vergangenheit verpflichten würden, auf Verwaltungsakte beschränken würden, die ausschließlich über die Gewährung von Sozialleistungen entschieden. Die Feststellung des GdB nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) falle gemäß der genannten Entscheidung des BSG nicht hierunter, da bei der entsprechenden Feststellung die Versorgungsbehörde nicht über Sozialleistungen entscheide, wie dies in § 44 Abs. 1 und Abs. 4 SGB X vorausgesetzt werde. Die Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht seien auch in Verbindung mit der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zu treffen; die Rückwirkung liege im Ermessen der Verwaltung gemäß § 44 Abs. 2 SGB X. Die sog. "Mussvorschrift" des § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 SGB X sei auf das Schwerbehindertenrecht nicht übertragbar. Denn im Schwerbehindertenrecht gehe es nicht um Leistungsbescheide, sondern um die feststellende Tätigkeit der Versorgungsbehörde. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Höhe des GdB sei nur ab Antrag mit Wirkung für die Zukunft zu treffen. Die Statusänderung wirke prinzipiell in die Zukunft. Die Rückwirkung eines Antrags über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus müsse auf offenkundige Fälle beschränkt werden, in denen auch bei Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB X das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung gebieten könnte. Nach diesen Grundsätzen sei der GdB der Klägerin (frühestens) ab 23.01.2004 mit 50 zu bewerten. Dies habe der Beklagte gemäß dem bindenden Abhilfebescheid vom 07.07.2004 in nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Auch den Bescheid vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 17.09.2003 habe die Klägerin nicht weiter angefochten. Dies zeige zur Überzeugung der Kammer eindeutig auf, dass auch nach Auffassung der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt ein höherer GdB als der jeweils festgestellte nicht vorgelegen habe und deshalb auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden sei. Ungeachtet dessen sei die Feststellung eines GdB von 50 seit 23.01.2004 auch aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden. Das Attest des Dr. W. habe dem Beklagten bereits vor Erlass des Bescheides vom 11.08.2005 vorgelegen und sei mit berücksichtigt bzw. ausgewertet worden. Das ferner von der Klägerin vorgelegte Attest des Dr. R. vom 14.12.2005 vermöge ebenfalls eine anderweitige Bewertung des GdB nicht zu begründen. Es bestätige den von der Versorgungsverwaltung festgestellten Teil-GdB von 30 für die psychovegetativen Störungen, funktionellen Organbeschwerden, funktionellen Kreislaufstörungen.
Gegen den ihr am 09.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.09.2007 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie wolle bei der Versorgung ab 60 keine Abzüge. Zur Rückdatierung des Abhilfebescheides vom 07.07.2004 auf 50 habe sie fachärztliche Nachweise. Mit Schriftsatz vom 03.07.2008 hat sie weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt; auf Bl. 58/73 der LSG-Akte wird insoweit verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2005 zu verurteilen, die Bescheide vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003, 23. April 2004 und 07. Juli 2004 abzuändern und einen GdB von 50 bereits ab 16. November 2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht eine Feststellung des Schwerbehindertenstatus nachträglich rückwirkend für die Zeit ab 16.11.2000 abgelehnt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X sowie die Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 29.05.1991 zur rückwirkenden Feststellung von Behinderungen im Schwerbehindertenrecht hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt; der Senat nimmt hierauf, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug. In der Entscheidung vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 10/06 R in www.juris.de) hat das BSG unter Hinweis auf das Urteil vom 29.05.1991 wiederholt, dass die Feststellung des GdB nach dem SGB IX keine Sozialleistung ist und § 44 Abs. 1 SGB X deshalb nicht anwendbar ist.
In Anwendung der damit maßgeblichen Vorschriften hat das SG zutreffend ausgeführt, dass der GdB der Klägerin (frühestens) ab 23.01.2004 mit 50 zu bewerten ist. Auch hierauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Ergänzend ist noch einmal auf Folgendes hinzuweisen:
Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft trifft der Beklagte eine Statusentscheidung, die generell nur für die Zukunft wirkt. Das beruht nicht in erster Linie darauf, dass über die erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen für die Vergangenheit nur schwer Feststellungen zu treffen sind. Dem wird schon dadurch Rechnung getragen, dass ein Antragsteller in jedem Fall das Risiko trägt, dass eine ausreichende Sachaufklärung zu seinen Gunsten nicht mehr möglich ist. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, dass die Rechtsstellung als schwerbehinderter Mensch mit einem bestimmten GdB sich häufig nur in der Zukunft auf die Gestaltung verschiedener Rechtsverhältnisse auswirken kann, zum Beispiel in einem Arbeitsrechtsverhältnis. Im Interesse des schwerbehinderten Menschen, durch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar benachteiligt zu werden, ordnet § 6 Abs. 1 Satz 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) nur an, dass die Feststellung des GdB nicht erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung hierüber, sondern ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt. In Anwendung dieser Vorschrift hat der Beklagte auf der Grundlage des letzten Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 23.01.2004 im Abhilfebescheid vom 07.07.2004 die Schwerbehinderteneigenschaft seit 23.01.2004 festgestellt.
Eine weitere Rückwirkung des Antrags - wie sie § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV vorsieht -, muss nach der Rechtsprechung des BSG auf offenkundige Fälle beschränkt werden können. Dabei kann die Rücknahme nicht - wie nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X - zwingend angeordnet werden, sondern muss auf die Fälle beschränkt werden können, in denen die Rücknahme Dritte nicht oder nicht unzumutbar belastet (vgl. BSG, Urteile vom 29.05.1991 und 24.04.2008 a.a.O.; so auch Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 19.04.2007 - L 11 SB 31/05-26 - ; Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 05.11.2002 - L 5 B 12/01 SB - , jeweils in www.juris.de).
Diesbezüglich ist hier festzustellen, dass im Falle der Klägerin die Abänderung der Bescheide vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 und der Bescheide vom 23.04.2004 und 07.07.2004 und Feststellung des GdB von 50 bereits ab 16.11.2000 die Versorgungsverwaltung, die der Klägerin in diesem Fall bereits ab dem Alter von 60 Jahren eine Rente ohne Abzüge zu leisten hätte, belastet, da der Klägerin höhere Versorgungsbezüge bezahlt werden müssten. Ob dies bereits dem Begehren der Klägerin entgegensteht, muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn abgesehen davon scheitert die Rückwirkung daran, dass es sich hier um keinen offenkundigen Fall handelt, nachdem der Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 20.03.2003 mit Bescheid vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 einen GdB von 40 seit 20.03.2003 und auf den Antrag vom 23.01.2004 mit Abhilfebescheid vom 07.07.2004 einen GdB von 50 seit 23.01.2004 festgestellt hat. Diese Bescheide hat die Klägerin jeweils nicht weiter angefochten. Sie sind bindend geworden und wurden damit auch von ihr akzeptiert. Dies steht - wie bereits vom SG ausgeführt - einer offenkundig falschen Entscheidung entgegen.
Im übrigen hat das SG auch zutreffend ergänzend noch ausgeführt, dass die Feststellung eines GdB von 50 seit 23.01.2004 auch aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden ist. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen aus den Jahren 1994 bis 1997 im Zusammenhang mit dem Erstantrag der Klägerin sowie aus den Jahren 1998 und 1999, die im Zusammenhang mit dem zweiten Antrag vorgelegt wurden und auch die ärztlichen Unterlagen aus den Jahren seit 2003 belegen, dass die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet einen GdB von 30 (AHP Nr. 26.3) und die Behinderung von Seiten der Wirbelsäule, des Schulter-Arm-Syndroms und der Kopfschmerzen einen GdB von 20 (AHP Nr. 26.18) bedingten und hieraus insgesamt ein GdB von 40 resultierte. Etwas anderes geht weder aus dem ärztlichen Attest des Dr. R. vom 14.12.2005, das sich auf die depressiven Störungen der Klägerin bezieht, noch aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. W. vom 24.05.2005 hervor, der im Jahr 1999 vorliegende orthopädische Beeinträchtigungen und eine emotionale und psychosomatische familiäre Belastung beschreibt. Auch danach sind die Teil-GdB-Werte für die beiden Behinderungen und der Gesamt-GdB nicht zu beanstanden. Die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewertende Hepatitis (AHP Nr. 26.10) ist erst mit dem Entlassungsbericht der St. I.-Kliniken vom 25.04.2004 dokumentiert, weshalb auch frühestens ab Stellung des Neufeststellungsantrags am 23.01.2004 die Feststellung dieser Behinderung und die Erhöhung des GdB auf 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft in Betracht kommt. Soweit sich bereits aus dem Bericht der Rehaklinik G. vom 24.07.2003 erhöhte Leberwerte ergeben, hatte dies noch keinen GdB zur Folge, nachdem sich Hinweise auf eine höhergradige Funktionsstörung der Leber damals laborchemisch noch nicht fanden. Im übrigen würde eine Anerkennung der Lebererkrankung bereits mit dem Bericht der Reha-Klinik G. anlässlich des stationären Aufenthalts ab 12.05.2003 ebenfalls noch nicht die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin bereits ab November 2000 rechtfertigen. Insgesamt hat der Senat deshalb ebenso wie bereits das SG keine Bedenken, den schlüssigen Ausführungen der Versorgungsärzte, die den jeweils bindend gewordenen Bescheiden zugrunde lagen, und auch der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Wolf vom 05.10.2006 zu folgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 bereits ab 16.11.2000 zuzuerkennen ist.
Die am 03.07.1948 geborene Klägerin beantragte erstmals im Oktober 1997 die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Den Antrag begründete sie mit Beschwerden von Seiten des Herzens und des Rückens, einer Unterleibsoperation im Jahr 1988, einer Wespenallergie, erhöhten Leberwerten und mit den bei ihr vorliegenden sozialen Umständen und der Doppelbelastung als Alleinerziehende mit zwei schulpflichtigen Kindern. Mit Bescheid vom 28.11.1997 stellte der Beklagte hierauf nach Auswertung eines Befundberichts des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. R. vom November 1997 und der von der Klägerin vorgelegten Atteste des Dr. R. vom 12.07.1994 und vom 19.09.1997 sowie Arztbriefen des Badearztes Dr. A. vom 12.10.1994 und des Dr. B. vom 20.06.1996 als Behinderung "psycho-vegetative Befindlichkeitsstörung" mit einem GdB von 30 seit 09.10.1997 fest.
Den Neufeststellungsantrag vom 20.03.2003 begründete die Klägerin unter Vorlage weiterer Atteste des Dr. R. vom 03.03.1999 und des Dr. A. vom 24.05.1999 sowie Arztbriefen des Chirurgen Dr. W. vom 20.02.2003 und des HNO-Arztes Dr. N. vom 28.10.1998 mit einer Verschlimmerung der Herzrhythmusstörungen mit Durchblutungsstörungen, der Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule und der Leber und einer neu aufgetretenen Bronchienentzündung, zwei Halux valgus Operationen im Februar und Mai 2000, Erbrechen, ständigen Kopfschmerzen aufgrund eines Dienstunfalls am 10.12.2002 und psychosomatischen Störungen. Mit Bescheid vom 24.06.2003 stellte der Beklagte daraufhin nach Einholung von Befundberichten des Dr. W. vom 07.04.2003 und des Dr. R. vom 26.03.2003 als Funktionsbeeinträchtigungen "psychovegetative Störungen, funktionelle Organbeschwerden, funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 30) und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung, Schulter-Arm-Syndrom, Kopfschmerzsyndrom (Teil-GdB 20)" und einen GdB von 40 seit 20.03.2003 fest. Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte den Entlassungsbericht der Reha-Klinik G. über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 12.05. bis 23.06.2003 bei und wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 zurück.
Bei dem weiteren Neufeststellungsantrag vom 23.01.2004 gab die Klägerin an, es hätten sich neue, verschlechternde medizinische Sachverhalte ergeben; sie habe immer wieder Herzschmerzen, ein lautes Rasen und Rhythmusstörungen während des Unterrichts. Der Beklagte holte hierauf einen Befundbericht des Internisten Prof. Dr. H., Rehaklinik G., vom 22.03.2004 ein, in dem über zunehmende Herzbeschwerden der Klägerin, starke Rückenschmerzen aufgrund eines Bandscheibenvorfalls mit Taubheitsgefühl links und starken Schmerzen in beiden Hüften sowie ein von der Klägerin geschildertes "taubes Gefühl" in den Ohren berichtet wird. Mit Bescheid vom 23.04.2004 lehnte der Beklagte hierauf eine Neufeststellung des GdB unter Ergänzung der Funktionsbeeinträchtigung von Seiten der Wirbelsäule um "Bandscheibenschaden" ab. Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte den Entlassungsbericht der St. I.-Kliniken in K. über den stationären Aufenthalt der Klägerin in der Zeit vom 09.03. bis 29.03.2004 (Diagnosen: chronische Sinusitis maxillaris rechts, Abszess rechts supraklavikulär, Hepatitis) und einen Befundbericht des Chirurgen Dr. W. vom 09.06.2004 (zunehmende Verschlechterung im Bereich der Wirbelsäule und der emotionalen Belastbarkeit) bei, worauf der Ärztliche Dienst des Beklagten in der gutachterlichen Stellungnahme vom 02.07.2004 zu der Beurteilung kam, bei der Klägerin liege als weitere Behinderung eine Hepatitis mit einem Teil-GdB von 20 und insgesamt ein Gesamt-GdB von 50 seit 23.01.2004 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 07.07.2004 einen GdB von 50 seit 23.01.2004 unter Bewertung der Hepatitis mit einem Teil-GdB von 20 bei im übrigen unveränderten Feststellungen und Bewertungen fest.
Am 01.06.2005 beantragte die Klägerin unter Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung des Dr. W. vom 24.05.2005, wonach die erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin in nahezu vollem Umfang bereits seit Januar 1999 in seiner Sprechstunde dokumentiert worden seien und bereits damals eine seit Jahren dokumentierte emotionale und psychosomatische familiäre Belastung hätte erhoben werden können, die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft seit Januar 1999.
Mit Bescheid vom 11.08.2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Bei Erlass des früheren Bescheides vom 07.07.2004 sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Ein GdB von 50 werde erst seit Feststellung der chronischen Leberentzündung (Hepatitis) erreicht. Diese Erkrankung sei erst seit März 2004 nachgewiesen.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2005 zurück. Seelische Störungen seien seit 1997 aktenkundig. Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet seien teilweise vor dem Jahr 2000 aktenkundig. Die Hepatitis sei erst im April 2004 diagnostiziert. Aus diesem Grund sei die Schwerbehinderteneigenschaft erst ab 2004 festzustellen. Eine Rechtswidrigkeit im Sinne des § 44 SGB X liege nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin am 23.12.2005 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren unter Vorlage eines weiteren Attestes des Dr. R. vom 14.12.2005, wonach die Klägerin seit 1994 an einem chronisch, rezidivierenden depressiven Syndrom mit ausgeprägten depressiven Verstimmungen mit massiven Schlafstörungen sowie Angst- und Panikattacken leidet und diese Depression nicht genügend berücksichtigt worden sei, sowie ärztlicher Bescheinigungen zur Vorlage beim Schulamt der Reha-Klinik G. vom 18.06.2003 und 23.06.2005 und des Dr. W. vom 15.07.2004 und eines Arztbriefes der Radiologie des Stiftshospitals Andernach vom 27.12.2002 weiter verfolgt hat. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass nach ihrer Auffassung die von ihr vorgelegten Bescheinigungen des Dr. W. vom 24.05.2005 und des Dr. R. vom 14.12.2005 dokumentieren würden, dass die Krankheit in vollem Umfang bereits 1999 vorgelegen habe. Nicht die Hepatitis sei das Ausschlaggebende, sondern die psychosomatische Erkrankung, die bereits seit 1997 nachgewiesen sei. Ihr Begehren sei, mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente zu gehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.07.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf rückwirkende Feststellung eines GdB von 50 bereits für die Zeit ab 16.11.2000. Nach der maßgeblichen Rechtssprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteil vom 29.05.1991 in SozR 3-1300 § 44 Nr. 3) sei zu berücksichtigen, dass sich die Sonderregelungen des § 44 Abs. 1 und Abs. 4 (SGB X), die zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte auch für die Vergangenheit verpflichten würden, auf Verwaltungsakte beschränken würden, die ausschließlich über die Gewährung von Sozialleistungen entschieden. Die Feststellung des GdB nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) falle gemäß der genannten Entscheidung des BSG nicht hierunter, da bei der entsprechenden Feststellung die Versorgungsbehörde nicht über Sozialleistungen entscheide, wie dies in § 44 Abs. 1 und Abs. 4 SGB X vorausgesetzt werde. Die Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht seien auch in Verbindung mit der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zu treffen; die Rückwirkung liege im Ermessen der Verwaltung gemäß § 44 Abs. 2 SGB X. Die sog. "Mussvorschrift" des § 44 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 SGB X sei auf das Schwerbehindertenrecht nicht übertragbar. Denn im Schwerbehindertenrecht gehe es nicht um Leistungsbescheide, sondern um die feststellende Tätigkeit der Versorgungsbehörde. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Höhe des GdB sei nur ab Antrag mit Wirkung für die Zukunft zu treffen. Die Statusänderung wirke prinzipiell in die Zukunft. Die Rückwirkung eines Antrags über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus müsse auf offenkundige Fälle beschränkt werden, in denen auch bei Anwendung des § 44 Abs. 2 SGB X das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung gebieten könnte. Nach diesen Grundsätzen sei der GdB der Klägerin (frühestens) ab 23.01.2004 mit 50 zu bewerten. Dies habe der Beklagte gemäß dem bindenden Abhilfebescheid vom 07.07.2004 in nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Auch den Bescheid vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 17.09.2003 habe die Klägerin nicht weiter angefochten. Dies zeige zur Überzeugung der Kammer eindeutig auf, dass auch nach Auffassung der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt ein höherer GdB als der jeweils festgestellte nicht vorgelegen habe und deshalb auch von der Klägerin nicht geltend gemacht worden sei. Ungeachtet dessen sei die Feststellung eines GdB von 50 seit 23.01.2004 auch aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden. Das Attest des Dr. W. habe dem Beklagten bereits vor Erlass des Bescheides vom 11.08.2005 vorgelegen und sei mit berücksichtigt bzw. ausgewertet worden. Das ferner von der Klägerin vorgelegte Attest des Dr. R. vom 14.12.2005 vermöge ebenfalls eine anderweitige Bewertung des GdB nicht zu begründen. Es bestätige den von der Versorgungsverwaltung festgestellten Teil-GdB von 30 für die psychovegetativen Störungen, funktionellen Organbeschwerden, funktionellen Kreislaufstörungen.
Gegen den ihr am 09.08.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.09.2007 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie wolle bei der Versorgung ab 60 keine Abzüge. Zur Rückdatierung des Abhilfebescheides vom 07.07.2004 auf 50 habe sie fachärztliche Nachweise. Mit Schriftsatz vom 03.07.2008 hat sie weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt; auf Bl. 58/73 der LSG-Akte wird insoweit verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Juli 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2005 zu verurteilen, die Bescheide vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003, 23. April 2004 und 07. Juli 2004 abzuändern und einen GdB von 50 bereits ab 16. November 2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht eine Feststellung des Schwerbehindertenstatus nachträglich rückwirkend für die Zeit ab 16.11.2000 abgelehnt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X sowie die Rechtsprechung des BSG in seinem Urteil vom 29.05.1991 zur rückwirkenden Feststellung von Behinderungen im Schwerbehindertenrecht hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt; der Senat nimmt hierauf, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug. In der Entscheidung vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 10/06 R in www.juris.de) hat das BSG unter Hinweis auf das Urteil vom 29.05.1991 wiederholt, dass die Feststellung des GdB nach dem SGB IX keine Sozialleistung ist und § 44 Abs. 1 SGB X deshalb nicht anwendbar ist.
In Anwendung der damit maßgeblichen Vorschriften hat das SG zutreffend ausgeführt, dass der GdB der Klägerin (frühestens) ab 23.01.2004 mit 50 zu bewerten ist. Auch hierauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Ergänzend ist noch einmal auf Folgendes hinzuweisen:
Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft trifft der Beklagte eine Statusentscheidung, die generell nur für die Zukunft wirkt. Das beruht nicht in erster Linie darauf, dass über die erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen für die Vergangenheit nur schwer Feststellungen zu treffen sind. Dem wird schon dadurch Rechnung getragen, dass ein Antragsteller in jedem Fall das Risiko trägt, dass eine ausreichende Sachaufklärung zu seinen Gunsten nicht mehr möglich ist. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, dass die Rechtsstellung als schwerbehinderter Mensch mit einem bestimmten GdB sich häufig nur in der Zukunft auf die Gestaltung verschiedener Rechtsverhältnisse auswirken kann, zum Beispiel in einem Arbeitsrechtsverhältnis. Im Interesse des schwerbehinderten Menschen, durch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar benachteiligt zu werden, ordnet § 6 Abs. 1 Satz 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) nur an, dass die Feststellung des GdB nicht erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung hierüber, sondern ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt. In Anwendung dieser Vorschrift hat der Beklagte auf der Grundlage des letzten Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 23.01.2004 im Abhilfebescheid vom 07.07.2004 die Schwerbehinderteneigenschaft seit 23.01.2004 festgestellt.
Eine weitere Rückwirkung des Antrags - wie sie § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV vorsieht -, muss nach der Rechtsprechung des BSG auf offenkundige Fälle beschränkt werden können. Dabei kann die Rücknahme nicht - wie nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X - zwingend angeordnet werden, sondern muss auf die Fälle beschränkt werden können, in denen die Rücknahme Dritte nicht oder nicht unzumutbar belastet (vgl. BSG, Urteile vom 29.05.1991 und 24.04.2008 a.a.O.; so auch Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 19.04.2007 - L 11 SB 31/05-26 - ; Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 05.11.2002 - L 5 B 12/01 SB - , jeweils in www.juris.de).
Diesbezüglich ist hier festzustellen, dass im Falle der Klägerin die Abänderung der Bescheide vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 und der Bescheide vom 23.04.2004 und 07.07.2004 und Feststellung des GdB von 50 bereits ab 16.11.2000 die Versorgungsverwaltung, die der Klägerin in diesem Fall bereits ab dem Alter von 60 Jahren eine Rente ohne Abzüge zu leisten hätte, belastet, da der Klägerin höhere Versorgungsbezüge bezahlt werden müssten. Ob dies bereits dem Begehren der Klägerin entgegensteht, muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn abgesehen davon scheitert die Rückwirkung daran, dass es sich hier um keinen offenkundigen Fall handelt, nachdem der Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 20.03.2003 mit Bescheid vom 24.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 einen GdB von 40 seit 20.03.2003 und auf den Antrag vom 23.01.2004 mit Abhilfebescheid vom 07.07.2004 einen GdB von 50 seit 23.01.2004 festgestellt hat. Diese Bescheide hat die Klägerin jeweils nicht weiter angefochten. Sie sind bindend geworden und wurden damit auch von ihr akzeptiert. Dies steht - wie bereits vom SG ausgeführt - einer offenkundig falschen Entscheidung entgegen.
Im übrigen hat das SG auch zutreffend ergänzend noch ausgeführt, dass die Feststellung eines GdB von 50 seit 23.01.2004 auch aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden ist. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen aus den Jahren 1994 bis 1997 im Zusammenhang mit dem Erstantrag der Klägerin sowie aus den Jahren 1998 und 1999, die im Zusammenhang mit dem zweiten Antrag vorgelegt wurden und auch die ärztlichen Unterlagen aus den Jahren seit 2003 belegen, dass die bei der Klägerin vorliegende Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet einen GdB von 30 (AHP Nr. 26.3) und die Behinderung von Seiten der Wirbelsäule, des Schulter-Arm-Syndroms und der Kopfschmerzen einen GdB von 20 (AHP Nr. 26.18) bedingten und hieraus insgesamt ein GdB von 40 resultierte. Etwas anderes geht weder aus dem ärztlichen Attest des Dr. R. vom 14.12.2005, das sich auf die depressiven Störungen der Klägerin bezieht, noch aus der ärztlichen Bescheinigung des Dr. W. vom 24.05.2005 hervor, der im Jahr 1999 vorliegende orthopädische Beeinträchtigungen und eine emotionale und psychosomatische familiäre Belastung beschreibt. Auch danach sind die Teil-GdB-Werte für die beiden Behinderungen und der Gesamt-GdB nicht zu beanstanden. Die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewertende Hepatitis (AHP Nr. 26.10) ist erst mit dem Entlassungsbericht der St. I.-Kliniken vom 25.04.2004 dokumentiert, weshalb auch frühestens ab Stellung des Neufeststellungsantrags am 23.01.2004 die Feststellung dieser Behinderung und die Erhöhung des GdB auf 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft in Betracht kommt. Soweit sich bereits aus dem Bericht der Rehaklinik G. vom 24.07.2003 erhöhte Leberwerte ergeben, hatte dies noch keinen GdB zur Folge, nachdem sich Hinweise auf eine höhergradige Funktionsstörung der Leber damals laborchemisch noch nicht fanden. Im übrigen würde eine Anerkennung der Lebererkrankung bereits mit dem Bericht der Reha-Klinik G. anlässlich des stationären Aufenthalts ab 12.05.2003 ebenfalls noch nicht die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin bereits ab November 2000 rechtfertigen. Insgesamt hat der Senat deshalb ebenso wie bereits das SG keine Bedenken, den schlüssigen Ausführungen der Versorgungsärzte, die den jeweils bindend gewordenen Bescheiden zugrunde lagen, und auch der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Wolf vom 05.10.2006 zu folgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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