Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 2222/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4661/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. September 2007 sowie der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2006 abgeändert. Auf die Klage des Klägers wird der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2007 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, den beim Kläger vorliegenden Grad der Behinderung mit 40 ab dem 7. November 2005 und mit 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" ab dem 21. September 2006 festzustellen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderter sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Der 1964 geborene Kläger, der bei den Südwestdeutschen Salzwerken in Heilbronn als Hauer im Untertagebau tätig ist, erlitt im Jahr 1980 einen Autounfall, bei dem es zu einem Bruch des rechten Oberschenkels kam. Seither besteht bei ihm eine rezidivierende eiterige Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis).
Mit Bescheid vom 28.10.1981 stellte das Versorgungsamt Heilbronn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. und mit Bescheid vom 23.01.1985 um 30 v.H. ab 26.01.1985 fest aufgrund einer chronischen Knochenmarksentzündung des rechten Oberschenkels nach Bruch mit Beinverkürzung rechts.
Auf den Erhöhungsantrag des Klägers vom 03.12.1986, mit dem er als weitere Behinderungen u.a. einen Defekt am Trommelfell mit Verminderung des Hörvermögens geltend machte, stellte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 10.09.1987 den Grad der Behinderung (GdB) ab 13.09.1987 mit 20 fest. Auf den Widerspruch des Klägers wurde der GdB mit Bescheid vom 12.01.1988 erneut mit 30 festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 28.05.1991 wurde der GdB von 30 bestätigt.
Am 07.11.2005 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag. Der Beklagte zog die im Rentenverfahren S 2 KN 4242/04 vor dem Sozialgericht Freiburg erhobenen medizinischen Unterlagen, u.a. den Operationsbericht über eine am 07.06.2005 durchgeführte Arthroskopie des rechten Kniegelenks sowie ein am 06.10.2005 von Dr. M. erstattetes orthopädisches Gutachten, bei. Mit Bescheid vom 22.11.2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Neufeststellung des GdB ab mit der Begründung, das Wirbelsäulenleiden habe sich zwar verschlimmert, dies habe jedoch keine Auswirkungen auf den bereits festgestellten GdB. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden festgestellt: - Gebrauchseinschränkung des rechten Beines, ruhende Osteomyelitis, Beinverkürzung rechts - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen - Achillodynie.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G" geltend gemacht wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 16.06.2006 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Auf die schriftlichen Aussagen des Internisten und Hausarztes Dr. H., des Facharztes für Anästhesiologie Dr. K., des Chirurgen Dr. B. und des Unfallchirurgen Prof. Dr. E. wird insoweit Bezug genommen.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens durch Dr. D ... Im Gutachten vom 19.05.2007 hat dieser folgende Diagnosen genannt: 1. Chronische Osteomyelitis rechter Oberschenkel. 2. Gonarthrose rechtes Kniegelenk mit Bewegungs- und Belastungseinschränkung. 3. Gonalgie links ohne arthrotische Veränderungen. 4. Obere Sprunggelenksarthrose links, Zustand nach Maisonneuve-Fraktur 2006. 5. Chronisch rezidivierende Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen der LWS. 6. Massiver Knick-Senkfuß links, Spreizfuß beidseits, Hammerzehe D II beidseits. 7. Beginnende Coxarthrose beidseits.
Die chronische Osteomyelitis rechtfertige einen Teil-GdB von 30, die Gonarthrose, die Sprunggelenksarthrose links und die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers rechtfertigten jeweils einen Teil-GdB von maximal 20. Insgesamt ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Ein gesonderter Teil-GdB für das chronische Schmerzsyndrom sei nicht festzustellen, da dieses bereits bei den Funktionsbehinderungen des rechten Beines berücksichtigt sei. Die Behinderung an den unteren Gliedmaßen rechts wirke sich zwar auf die Gehfähigkeit aus, jedoch nicht derart, dass sie einer Versteifung des Hüftgelenkes oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung gleichzusetzen wäre. Der Kläger könne noch eine Wegstrecke von 2 km in einer halben Stunde zu Fuß zurücklegen. Hierbei müsse er zwar Pausen mit Stehenbleiben oder kurzem Hinsetzen einlegen, jedoch dürfte die Zeit von einer halben Stunde nicht überschritten werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2007 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2006 dahingehend abgeändert, dass beim Kläger ab dem 07.11.2005 ein Grad der Behinderung von 40 festzusetzen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG auf das Gutachten von Dr. D. bezogen.
Mit Ausführungsbescheid vom 28.09.2007 hat der Beklagte den GdB des Klägers seit 07.11.2005 mit 40 festgestellt.
Gegen den am 05.09.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.09.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, entgegen der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. D. rechtfertige die Beeinträchtigung des rechten Kniegelenkes einen Teil-GdB von 30. Es liege ein ausgeprägter Knorpelschaden im Stadium IV mit anhaltenden Reizerscheinungen und einer dauerhaften Bewegungseinschränkung vor. Darüber hinaus sei das chronische Schmerzsyndrom gesondert zu bewerten, da es nicht nur auf den Erkrankungen der unteren Extremitäten, sondern auch auf einer Hüftgelenkserkrankung beruhe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. September 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2006 und den Bescheid vom 28. September 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den bei ihm vorliegenden Grad der Behinderung mit mindestens 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 28. September 2007 abzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Gegenstand des Verfahrens ist gemäß § 96 SGG auch der Bescheid des Beklagten vom 28.09.2007, über den der Senat auf Klage entscheidet.
Die Berufung und die Klage sind auch teilweise begründet.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt.
Eine wesentliche Änderung liegt dann vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und die Änderung des GdB-Grades mindestens 10 beträgt.
Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber dem im Bescheid vom 28.05.1991 festgestellten Gesundheitszustand ist zum einen durch die Zunahme des Knorpelschadens im rechten Knie und der dadurch bedingten Schmerzzunahme und zum anderen durch die Fraktur des linken Sprunggelenks am 21.09.2006 eingetreten.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Behindert sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Menschen dann, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Als schwerbehindert anzuerkennen ist, wer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 erfüllt und seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX hat.
Der Senat wendet zur Beurteilung des GdB im Einzelfall die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) an, deren Fassungen 2004 und 2008 bezüglich der Beurteilung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen übereinstimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich bei den AHP um antizipierte Sachverständigengutachten (vgl. Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R in SozR 4-3250 § 69 Nr 2; Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - in juris), deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur so gewährleistet werden kann und weil es sich um ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung des GdB handelt. Den AHP kommt insoweit normähnliche Wirkung zu (vgl. BSG a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der GdB, wie das SG zutreffend festgestellt hat, ab dem 07.11.2005 mit 40 festzustellen. Aufgrund der am 21.09.2006 hinzugetretenen Fraktur des linken Sprunggelenks ist der GdB ab diesem Datum mit 50 festzustellen.
Die Osteomyelitis ist mit einem Teil-GdB von 30 zutreffend bewertet, nachdem zuletzt im Jahr 2004 eine erneute Fistelung aufgetreten ist. Insoweit wird auf die Bewertung durch Dr. D. sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die durch den Knorpelschaden im rechten Knie bedingte Funktionsbeeinträchtigung ist ebenfalls mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Nach Ziff. 26.18 der AHP (S. 126) sind ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten.
Beim Kläger liegt im rechten Knie ein ausgeprägter Knorpelschaden vor. Dieser war bereits 2005 derart stark, dass der Knochen ausweislich des Operationsberichts des Klinikums Ludwigsburg komplett frei lag. Beim Kläger wurde wegen der sekundären Gonarthrose bereits in den Jahren 2003 und 2005 eine Knorpelglättung durchgeführt. Aufgrund der fehlverheilten Oberschenkelfraktur kommt es zu einer Mehrbelastung der inneren Kniegelenksanteile und dadurch zu einer posttraumatischen Knorpeldegeneration mit folgender Gonarthrose, so dass beim Kläger auf längere Sicht mit der Implantation eines künstlichen Kniegelenkersatzes zu rechnen ist. Durch die Fehlstellung und die Arthrose im Kniegelenk rechts kommt es zu einer deutlichen Funktionseinschränkung des rechten Beines und aller damit verbundenen Tätigkeiten. Der Knorpelschaden entspricht, wie der Sachverständige Dr. D. zutreffend festgestellt hat, einem Stadium IV.
Dieser Knorpelschaden führt auch zu einer Bewegungseinschränkung des rechten Knies. Die Werte für die Beugung/Streckung des Kniegelenks ohne Beeinträchtigung betragen nach der Neutral-Null-Methode 5-10/0/120-150. Nach den AHP Ziff. 26.18 (S. 126) liegt eine Bewegungseinschränkung geringen Grades bei einer Streckung/Beugung bis 0-0-90 und mittleren Grades bei einer Streckung/Beugung von 0-10-90 vor. Dr. M. hat bei der gutachterlichen Untersuchung am 22.09.2005 noch eine Kniegelenksbeweglichkeit von 0-5-120 festgestellt, bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. D. betrug die Kniegelenksbeweglichkeit 0-2-110. Wie dem im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten von Dr. M. vom 06.10.2005 zudem entnommen werden kann, zeigten die Kniegelenke zwar eine stabile Seiten- und Kreuzbandführung, wobei das rechte Kniegelenk noch etwas vergröbert war, es trat jedoch bei der Bewegungsprüfung der Kniescheibe eine tast- und hörbare Krepitation der rechten Kniescheibe auf mit Druckschmerz über dem medialen Gelenkspalt. Unbeachtlich ist demgegenüber, dass während der stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 02.03.2006 bis 23.03.2006 ausweislich des Entlassberichts der Paul-Ehrlich-Klinik eine deutliche Besserung des Allgemeinzustandes erzielt und die Schmerzsymptomatik im rechten Knie und der Wirbelsäule deutlich reduziert sowie die Mobilität im rechten Kniegelenk gesteigert werden konnten. Zur Überzeugung des Senats hat es sich hierbei lediglich um eine vorübergehende Verbesserung gehandelt. Denn bei der nachfolgenden gutachterlichen Untersuchung durch Dr. D. am 16.05.2007 hat bereits wieder ein chronischer Schmerz sowie eine schmerzhafte Bewegungs- und Belastungseinschränkung bestanden. Zutreffend hat die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die Schmerzen entsprechend Ziff. 18 Abs. 8 AHP bereits bei den jeweiligen Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind. Danach schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Diese Schmerzen sind dann jedoch auch zu berücksichtigen, wenn die Tabellenwerte nicht lediglich einen festen Wert, sondern eine Variationsbreite enthalten. Unter Einbeziehung der beim Kläger glaubhaft vorhandenen chronischen Schmerzen, die seit 2005 eine medikamentöse Schmerztherapie mit morphinhaltigen Medikamenten notwendig machen, rechtfertigt der Knorpelschaden des rechten Kniegelenks - entgegen der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. D. - einen Teil-GdB von 30.
Darüber hinaus ist die Bewegungs- und Belastungsfähigkeit des rechten Beines im Hüftgelenk erheblich eingeschränkt, wie Dr. D. festgestellt hat. Für das rechte Bein ist damit unter Einbeziehung der Osteomyelitis und des Knorpelschadens im Kniegelenk ein Teil-GdB von 40 angemessen.
Unter Einbeziehung der weiteren von Dr. D. festgestellten und im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen, nämlich der Funktionsbehinderungen der LWS und des linken Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von jeweils 20, ist der Gesamt-GdB ab dem 21.09.2006, dem Tag der Fraktur des linken Sprunggelenks, mit 50 festzustellen.
Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab diesem Zeitpunkt.
Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Eine solche Einschränkung liegt dann vor, wenn der betroffene behinderte Mensch nicht mehr in der Lage ist, eine Wegstrecke von zwei Kilometer Länge in etwa 30 Minuten zurückzulegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -). Nach den AHP 2008 sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Ausreichend zur Annahme einer erheblichen Gehbehinderung sind die Funktion des Gehens beeinträchtigende Gesundheitsstörungen, die für sich einen GdB von 50 bedingen (Masuch in: Hauck/Noftz, SGB IX, Stand 2007, § 149 Rn. 7).
Beim Kläger liegen, wie oben ausgeführt, sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule vor, die zusammen einen GdB von 50 bedingen, so dass bereits hieraus der Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "G" resultiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die erst im Klageverfahren eingetretene Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers durch die Fraktur des linken Sprunggelenks und die erst dadurch bedingte weitere Erhöhung des GdB.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Eigenschaft als Schwerbehinderter sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Der 1964 geborene Kläger, der bei den Südwestdeutschen Salzwerken in Heilbronn als Hauer im Untertagebau tätig ist, erlitt im Jahr 1980 einen Autounfall, bei dem es zu einem Bruch des rechten Oberschenkels kam. Seither besteht bei ihm eine rezidivierende eiterige Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis).
Mit Bescheid vom 28.10.1981 stellte das Versorgungsamt Heilbronn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v.H. und mit Bescheid vom 23.01.1985 um 30 v.H. ab 26.01.1985 fest aufgrund einer chronischen Knochenmarksentzündung des rechten Oberschenkels nach Bruch mit Beinverkürzung rechts.
Auf den Erhöhungsantrag des Klägers vom 03.12.1986, mit dem er als weitere Behinderungen u.a. einen Defekt am Trommelfell mit Verminderung des Hörvermögens geltend machte, stellte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 10.09.1987 den Grad der Behinderung (GdB) ab 13.09.1987 mit 20 fest. Auf den Widerspruch des Klägers wurde der GdB mit Bescheid vom 12.01.1988 erneut mit 30 festgesetzt. Mit weiterem Bescheid vom 28.05.1991 wurde der GdB von 30 bestätigt.
Am 07.11.2005 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag. Der Beklagte zog die im Rentenverfahren S 2 KN 4242/04 vor dem Sozialgericht Freiburg erhobenen medizinischen Unterlagen, u.a. den Operationsbericht über eine am 07.06.2005 durchgeführte Arthroskopie des rechten Kniegelenks sowie ein am 06.10.2005 von Dr. M. erstattetes orthopädisches Gutachten, bei. Mit Bescheid vom 22.11.2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Neufeststellung des GdB ab mit der Begründung, das Wirbelsäulenleiden habe sich zwar verschlimmert, dies habe jedoch keine Auswirkungen auf den bereits festgestellten GdB. Als Funktionsbeeinträchtigungen wurden festgestellt: - Gebrauchseinschränkung des rechten Beines, ruhende Osteomyelitis, Beinverkürzung rechts - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen - Achillodynie.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G" geltend gemacht wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 16.06.2006 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Auf die schriftlichen Aussagen des Internisten und Hausarztes Dr. H., des Facharztes für Anästhesiologie Dr. K., des Chirurgen Dr. B. und des Unfallchirurgen Prof. Dr. E. wird insoweit Bezug genommen.
Das SG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens durch Dr. D ... Im Gutachten vom 19.05.2007 hat dieser folgende Diagnosen genannt: 1. Chronische Osteomyelitis rechter Oberschenkel. 2. Gonarthrose rechtes Kniegelenk mit Bewegungs- und Belastungseinschränkung. 3. Gonalgie links ohne arthrotische Veränderungen. 4. Obere Sprunggelenksarthrose links, Zustand nach Maisonneuve-Fraktur 2006. 5. Chronisch rezidivierende Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen der LWS. 6. Massiver Knick-Senkfuß links, Spreizfuß beidseits, Hammerzehe D II beidseits. 7. Beginnende Coxarthrose beidseits.
Die chronische Osteomyelitis rechtfertige einen Teil-GdB von 30, die Gonarthrose, die Sprunggelenksarthrose links und die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers rechtfertigten jeweils einen Teil-GdB von maximal 20. Insgesamt ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40. Ein gesonderter Teil-GdB für das chronische Schmerzsyndrom sei nicht festzustellen, da dieses bereits bei den Funktionsbehinderungen des rechten Beines berücksichtigt sei. Die Behinderung an den unteren Gliedmaßen rechts wirke sich zwar auf die Gehfähigkeit aus, jedoch nicht derart, dass sie einer Versteifung des Hüftgelenkes oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung gleichzusetzen wäre. Der Kläger könne noch eine Wegstrecke von 2 km in einer halben Stunde zu Fuß zurücklegen. Hierbei müsse er zwar Pausen mit Stehenbleiben oder kurzem Hinsetzen einlegen, jedoch dürfte die Zeit von einer halben Stunde nicht überschritten werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.09.2007 hat das SG den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2006 dahingehend abgeändert, dass beim Kläger ab dem 07.11.2005 ein Grad der Behinderung von 40 festzusetzen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG auf das Gutachten von Dr. D. bezogen.
Mit Ausführungsbescheid vom 28.09.2007 hat der Beklagte den GdB des Klägers seit 07.11.2005 mit 40 festgestellt.
Gegen den am 05.09.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.09.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, entgegen der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. D. rechtfertige die Beeinträchtigung des rechten Kniegelenkes einen Teil-GdB von 30. Es liege ein ausgeprägter Knorpelschaden im Stadium IV mit anhaltenden Reizerscheinungen und einer dauerhaften Bewegungseinschränkung vor. Darüber hinaus sei das chronische Schmerzsyndrom gesondert zu bewerten, da es nicht nur auf den Erkrankungen der unteren Extremitäten, sondern auch auf einer Hüftgelenkserkrankung beruhe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. September 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2006 und den Bescheid vom 28. September 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den bei ihm vorliegenden Grad der Behinderung mit mindestens 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 28. September 2007 abzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Gegenstand des Verfahrens ist gemäß § 96 SGG auch der Bescheid des Beklagten vom 28.09.2007, über den der Senat auf Klage entscheidet.
Die Berufung und die Klage sind auch teilweise begründet.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt.
Eine wesentliche Änderung liegt dann vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und die Änderung des GdB-Grades mindestens 10 beträgt.
Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber dem im Bescheid vom 28.05.1991 festgestellten Gesundheitszustand ist zum einen durch die Zunahme des Knorpelschadens im rechten Knie und der dadurch bedingten Schmerzzunahme und zum anderen durch die Fraktur des linken Sprunggelenks am 21.09.2006 eingetreten.
Gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Behindert sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Menschen dann, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Als schwerbehindert anzuerkennen ist, wer die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 erfüllt und seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX hat.
Der Senat wendet zur Beurteilung des GdB im Einzelfall die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) an, deren Fassungen 2004 und 2008 bezüglich der Beurteilung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen übereinstimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handelt es sich bei den AHP um antizipierte Sachverständigengutachten (vgl. Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R in SozR 4-3250 § 69 Nr 2; Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - in juris), deren Beachtlichkeit im konkreten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sich daraus ergibt, dass eine dem allgemeinen Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur so gewährleistet werden kann und weil es sich um ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur Einschätzung des GdB handelt. Den AHP kommt insoweit normähnliche Wirkung zu (vgl. BSG a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der GdB, wie das SG zutreffend festgestellt hat, ab dem 07.11.2005 mit 40 festzustellen. Aufgrund der am 21.09.2006 hinzugetretenen Fraktur des linken Sprunggelenks ist der GdB ab diesem Datum mit 50 festzustellen.
Die Osteomyelitis ist mit einem Teil-GdB von 30 zutreffend bewertet, nachdem zuletzt im Jahr 2004 eine erneute Fistelung aufgetreten ist. Insoweit wird auf die Bewertung durch Dr. D. sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Die durch den Knorpelschaden im rechten Knie bedingte Funktionsbeeinträchtigung ist ebenfalls mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Nach Ziff. 26.18 der AHP (S. 126) sind ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten.
Beim Kläger liegt im rechten Knie ein ausgeprägter Knorpelschaden vor. Dieser war bereits 2005 derart stark, dass der Knochen ausweislich des Operationsberichts des Klinikums Ludwigsburg komplett frei lag. Beim Kläger wurde wegen der sekundären Gonarthrose bereits in den Jahren 2003 und 2005 eine Knorpelglättung durchgeführt. Aufgrund der fehlverheilten Oberschenkelfraktur kommt es zu einer Mehrbelastung der inneren Kniegelenksanteile und dadurch zu einer posttraumatischen Knorpeldegeneration mit folgender Gonarthrose, so dass beim Kläger auf längere Sicht mit der Implantation eines künstlichen Kniegelenkersatzes zu rechnen ist. Durch die Fehlstellung und die Arthrose im Kniegelenk rechts kommt es zu einer deutlichen Funktionseinschränkung des rechten Beines und aller damit verbundenen Tätigkeiten. Der Knorpelschaden entspricht, wie der Sachverständige Dr. D. zutreffend festgestellt hat, einem Stadium IV.
Dieser Knorpelschaden führt auch zu einer Bewegungseinschränkung des rechten Knies. Die Werte für die Beugung/Streckung des Kniegelenks ohne Beeinträchtigung betragen nach der Neutral-Null-Methode 5-10/0/120-150. Nach den AHP Ziff. 26.18 (S. 126) liegt eine Bewegungseinschränkung geringen Grades bei einer Streckung/Beugung bis 0-0-90 und mittleren Grades bei einer Streckung/Beugung von 0-10-90 vor. Dr. M. hat bei der gutachterlichen Untersuchung am 22.09.2005 noch eine Kniegelenksbeweglichkeit von 0-5-120 festgestellt, bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. D. betrug die Kniegelenksbeweglichkeit 0-2-110. Wie dem im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten von Dr. M. vom 06.10.2005 zudem entnommen werden kann, zeigten die Kniegelenke zwar eine stabile Seiten- und Kreuzbandführung, wobei das rechte Kniegelenk noch etwas vergröbert war, es trat jedoch bei der Bewegungsprüfung der Kniescheibe eine tast- und hörbare Krepitation der rechten Kniescheibe auf mit Druckschmerz über dem medialen Gelenkspalt. Unbeachtlich ist demgegenüber, dass während der stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 02.03.2006 bis 23.03.2006 ausweislich des Entlassberichts der Paul-Ehrlich-Klinik eine deutliche Besserung des Allgemeinzustandes erzielt und die Schmerzsymptomatik im rechten Knie und der Wirbelsäule deutlich reduziert sowie die Mobilität im rechten Kniegelenk gesteigert werden konnten. Zur Überzeugung des Senats hat es sich hierbei lediglich um eine vorübergehende Verbesserung gehandelt. Denn bei der nachfolgenden gutachterlichen Untersuchung durch Dr. D. am 16.05.2007 hat bereits wieder ein chronischer Schmerz sowie eine schmerzhafte Bewegungs- und Belastungseinschränkung bestanden. Zutreffend hat die Beklagte zwar darauf hingewiesen, dass die Schmerzen entsprechend Ziff. 18 Abs. 8 AHP bereits bei den jeweiligen Funktionsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind. Danach schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Diese Schmerzen sind dann jedoch auch zu berücksichtigen, wenn die Tabellenwerte nicht lediglich einen festen Wert, sondern eine Variationsbreite enthalten. Unter Einbeziehung der beim Kläger glaubhaft vorhandenen chronischen Schmerzen, die seit 2005 eine medikamentöse Schmerztherapie mit morphinhaltigen Medikamenten notwendig machen, rechtfertigt der Knorpelschaden des rechten Kniegelenks - entgegen der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. D. - einen Teil-GdB von 30.
Darüber hinaus ist die Bewegungs- und Belastungsfähigkeit des rechten Beines im Hüftgelenk erheblich eingeschränkt, wie Dr. D. festgestellt hat. Für das rechte Bein ist damit unter Einbeziehung der Osteomyelitis und des Knorpelschadens im Kniegelenk ein Teil-GdB von 40 angemessen.
Unter Einbeziehung der weiteren von Dr. D. festgestellten und im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend bewerteten Funktionsbeeinträchtigungen, nämlich der Funktionsbehinderungen der LWS und des linken Sprunggelenks mit einem Teil-GdB von jeweils 20, ist der Gesamt-GdB ab dem 21.09.2006, dem Tag der Fraktur des linken Sprunggelenks, mit 50 festzustellen.
Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab diesem Zeitpunkt.
Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Eine solche Einschränkung liegt dann vor, wenn der betroffene behinderte Mensch nicht mehr in der Lage ist, eine Wegstrecke von zwei Kilometer Länge in etwa 30 Minuten zurückzulegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -). Nach den AHP 2008 sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Ausreichend zur Annahme einer erheblichen Gehbehinderung sind die Funktion des Gehens beeinträchtigende Gesundheitsstörungen, die für sich einen GdB von 50 bedingen (Masuch in: Hauck/Noftz, SGB IX, Stand 2007, § 149 Rn. 7).
Beim Kläger liegen, wie oben ausgeführt, sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule vor, die zusammen einen GdB von 50 bedingen, so dass bereits hieraus der Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "G" resultiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die erst im Klageverfahren eingetretene Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers durch die Fraktur des linken Sprunggelenks und die erst dadurch bedingte weitere Erhöhung des GdB.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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