Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 5923/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2825/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. März 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Videotext-Vorlesemoduls mit Kosten in Höhe von 2.296,94 EUR streitig.
Die 1947 geborene Klägerin, die als Rentnerin bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, ist vollständig blind. Sie beantragte am 26.08.2002 unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Allgemeinmediziners Dr. H. die Kostenübernahme u.a. für ein Videotext-Vorlesemodul für Blinde unter Vorlage eines Angebots der Firma N. (TV-Karte mit blindengerechter Software für WIN 95/98/NT/2000/XP, Videotext-, Radio- und Fernseh-Hören über terrestrische Antenne, Kabel-TV oder analogen Satelliten-Empfänger).
Mit Bescheid vom 19.09.2002 gewährte die Beklagte ihr ein Vorlesesystem mit Kosten in Höhe von 3.374,50 EUR sowie eine Braille-Zeile mit Kosten in Höhe von 4.448,- EUR. Die Erweiterung des Vorlesesystems mit Videotext für Blinde und einem entsprechenden Anwenderhandbuch wurde mit der Begründung abgelehnt, dass diese Leistung nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werden könne.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne sich mit Hilfe des beantragten Videotextes-Vorlesesystem den Inhalt des Videotextangebotes der verschiedenen Fernsehanstalten nutzbar machen und so ihr Grundbedürfnis nach aktueller Information befriedigen. In vielen politischen, kulturellen und Unterhaltungssendungen werde auf zusätzliche Informationen im Videotext verwiesen. Der Zugang zu diesen Informationen sei ohne Videotextvorlesesystem nicht möglich. Sie empfinde dies aber als wichtige Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Das LSG Niedersachsen habe in einem ähnlich gelagerten Fall (L 4 KR 9/99) die beklagte Krankenkasse dazu verurteilt, den Betroffenen mit einem Videotext-Vorlesegerät zu versorgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Videotextvorlesemodul innerhalb des Bildschirmlesegerätes solle es ermöglichen, sich aktuelle Informationen zu verschaffen. Dies könne aber ebenfalls durch das von der Krankenkasse zur Verfügung gestellte Bildschirmlesegerät mit Sprachausgabe erfolgen. Damit sei es aus technischer Sicht zum heutigen Zeitpunkt möglich, sich eine durchschnittlich und gut aufgebaute Zeitung vorlesen zu lassen. Das Urteil des LSG Niedersachsen sei als Einzelfallentscheidung anzusehen. Denn nach der Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen weise das Videotext-Vorlesemodul den Charakter eines Gebrauchsgegenstandes auf. Es handelt sich nämlich um einen Hardware-Zusatz, wobei die wesentlichen Bestandteile des Gerätes handelsübliche PC-Komponenten seien. Daher sei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich.
Mit ihrer dagegen am 05.12.2002 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, an der Bewertung des LSG Niedersachsen habe sich seither nichts geändert. Die Bedeutung der elektronischen Medien für die Beschaffung aktueller Informationen habe sich vielmehr deutlich erhöht. Zwar stelle das Urteil eine Einzelfallentscheidung dar, doch sei die richterliche Bewertung der Notwendigkeit des Hilfsmittels überzeugend dargelegt und vermöge auch in Parallelfällen zu überzeugen. Mit dem Videotextlesesystem könne sie sich Videotexttafeln vorlesen lassen. Ein solches Gerät werde nicht allgemein im täglichen Leben verwendet und auch nicht üblicherweise von einer großen Anzahl von Personen regelmäßig genutzt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Diese gab an, das vorhandene Lesesystem mit Braille-Zeile täglich zu benutzen. Sie könne damit Sachbücher und 85 % der eigenen Post erledigen. Jedoch sei das Lesen von Zeitungen mit Schwierigkeiten verbunden, da sie alleine lebe und die Zeitung auf DIN A4-Format falten müsse, damit das Gerät den Text lesen könne. Es bereite ihr Schwierigkeiten, den sie interessierenden Text lesegerecht zuzubereiten. Das vorhandene Lesegerät erkenne auch keine Bilder und gebe diese mit Punkten und Strichen und sonstigen Zeichen wieder. Sie könne ein Bild nicht überspringen, da sie nicht wisse, wann das Bild wieder in einen normalen Text übergehe. Auch könne das vorhandene Gerät rote Schrift oder auf rotem Hintergrund Gedrucktes nicht erkennen. Sie benutze den Videotext vier bis fünf mal in der Woche über Bekannte. Wenn sie über das Vorlesemodul verfüge, werde sie es täglich nutzen. Sie könne sich damit noch nachträglich zeitversetzt über die Tagesnachrichten informieren. Sie empfange derzeit 22 Programme und habe Kabelanschluss. Augenblicklich benötige sie fünf bis sechs Stunden für eine Tageszeitung. Die Beklagte hat auf den telefonischen Videotext-Vorlesedienst des Bayerischen Blindenbundes hingewiesen.
Mit Urteil vom 22.03.2004, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 18.06.2004, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, das Videotext-Vorlesemodul ermögliche zwar den Ausgleich der Blindheit der Klägerin vorzunehmen. Es handle sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, auch wenn er aus handelsüblichen PC-Komponenten bestehe. Insofern müsse nicht auf einzelne Komponenten, sondern die Gesamtheit des entsprechenden Gerätes abgestellt werden, welches ausschließlich von Behinderten und Blinden verwendet werde. Das Gerät sei aber nicht erforderlich, um das allgemeine Grundbedürfnis auf Kommunikation mit anderen Menschen sicherzustellen oder wesentlich zu erleichtern. Denn der Videotext diene allein der persönlichen Information und nicht der Kommunikation mit anderen Menschen. Es sei auch nicht erforderlich zur Aufnahme von Informationen. Die Klägerin sei derzeit mit einem Lesegerät mit Braille-Zeile ausgestattet, welches sich auf dem aktuellen Stand der Technik befinde und von der Klägerin auch genutzt werde. Sie habe zwar Schwierigkeiten mit der Benutzung, sei aber dennoch in der Lage, auch Zeitungen mit diesem Gerät zu lesen. Davon, dass das Zeitungslesen aber sehr umständlich und nur mit einer Hilfsperson möglich sei wie im Fall des LSG Niedersachsen, habe sich das Gericht nicht überzeugen können. Das Gerät sei in der Lage, gedruckte bzw. geschriebene Texte zu lesen. Zwar sei der Wunsch der Klägerin nachvollziehbar, sich auch bei darüber hinausgehenden Medien, wie z.B. Videotext, zu informieren und die Vorteile dieses Systems zu nutzen. Dies gehöre aber nicht mehr zum Grundbedürfnis auf Kommunikation und Information. Hierfür genüge die Bereitstellung von nutzbaren Lesegeräten mit Braille-Zeile und die Nutzbarkeit von Radio und Fernsehen. Insoweit habe die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass verschiedene Institutionen einen Vorlesedienst eingerichtet hätten, so dass sich die Klägerin auch ohne Videotext-Vorlesesystem über das Fernseh- und Rundfunkprogramm informieren könne. Damit sei ihrem Grundbedürfnis Genüge getan. Die Rechtsprechung des LSG Niedersachsen sei nicht einschlägig, denn dort sei der Kläger nicht mit einem geeigneten Lesesystem versorgt gewesen. Auch das Argument, die Klägerin könne bei Verpassen einer Nachrichtensendung sich später per Videotext über die versäumten Nachrichten informieren, führe nicht zu einem Anspruch. Nachrichten verpasst zu haben, gehöre zum allgemeinen Risiko, das jedem, Blinden oder nicht Blinden, begegnen könne.
Mit ihrer dagegen am 16.07.2004 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das Vorlesesystem mit Braille-Zeile sei nicht praktikabel beim Lesen einer Zeitung, da es mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden sei. Das System könne auch nicht erkennen, ob es sich um eine Anzeige oder einen Text handele. Die Druckqualität von Zeitungen sei sehr schlecht, so dass der Scanner verschmutze, was ebenfalls das Lesen erschwere. Durch das Videotext-Vorlesemodul werde ein schneller und praktikabler Zugriff auf die aktuellen Nachrichten ermöglicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. März 2004 sowie den Bescheid vom 19. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. November 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie mit einem Videotext-Vorlesemodul zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass mit dem vorhandenen Lesegeräten mit Braille-Zeile das Grundbedürfnis auf Informationsbeschaffung ausreichend im Rahmen einer Grundversorgung sichergestellt sei. Sicher bedürfe es wegen des Formates ein wenig Übung, dennoch sei dies der Klägerin zumutbar. Die speziellen Informationen aus dem Videotext des Fernsehen seien nicht den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zuzuordnen, da anderen Informationsquellen vorhanden wären.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der Firma N. eingeholt. Diese hat mitgeteilt, zum Vorlesen von Tageszeitungen sei die Version des Lesephons, die der Klägerin zur Verfügung gestellt worden wäre, nur bedingt tauglich. Die zu lesende Vorlage müsse vom Anwender in den Scanner eingelegt werden. Eine Tageszeitung werde in der Regel in DIN A3 oder in einem noch größeren Format gedruckt, so dass sie bei Verwendung eines DIN A4-Scanners auf DIN A4 Format gefaltet werden müsse, wobei möglichst kein Artikel durch das Falten "zerstückelt" werden solle. Dies sei für einen sehbehinderten Menschen ohne Hilfe eines Sehenden nicht möglich. Grundsätzlich lese ein Vorlesesystem immer den gesamten Inhalt eines Schriftstückes vor. Es sei aber möglich, zeichen-, wort-, satz- oder absatzweise vor oder zurück zu springen. Auf diese Art könnten nicht benötigte Informationen auf einer Zeitungsseite auch übersprungen werden. Bilder, Fotos und Grafiken unterdrücke das System automatisch. Eingelesene Schriftstücke könnten abgespeichert werden. Die Braille-Zeile biete demgegenüber eine zusätzliche Darstellungsform von Informationen, u.a. gegenüber der Sprachausgabe einem besseren räumlichen Überblick des zu lesenden Testes, welches insbesondere bei Kontoauszügen, Telefonrechnungen usw. wichtig sei, es könne aber keine zusätzliche Informationen liefern. Dafür sei nur der Videotext für Blinde geeignet, welcher Vorteile beim Lesen des Fernseh- und Radioprogrammes und beim Beschaffen von aktueller Information mit sich brächte. Außerdem biete der Videotext einige Informationen, die von den Printmedien nicht angeboten würden, so z.B. Sport-Tabellen, Radio- und Fernsehprogramme, WISO, 3 Sat (Tipps und Trends), Hinweise zu Hörfilmen, Wetterbericht, SWR 4 Infomarkt sowie Ratgeber ARD speziell zu den Themen Geld, Recht und Verbraucherschutz.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt am 24.04.2008 erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR mit dem begehrten Videotext-Vorlesemodul überschritten wird.
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, weswegen der Senat ergänzend auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Videotext-Vorlesemoduls.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln. Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung u.a. mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch (bis 31.03.2007 § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB V, seit 01.04.2007 § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V).
Das Videotext-Vorlesemodul ist als auf den Gebrauch durch Blinde zugeschnittenes Gerät weder ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand noch nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Dies hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt.
Allerdings kann der von der Klägerin in den Vordergrund gerückte Gesichtspunkt, das Zeitungslesen mit der Braille-Zeile sei mit einem hohen Zeitaufwand verbunden und das System erkenne keine Bilder, sondern gebe diese mit Punkten und Strichen sowie sonstigen Zeichen wieder, nicht einen Anspruch auf Ausstattung mit einem Videotext-Vorlesemodul begründen. Nach Auskunft der Firma N. bestehen zum einen die beschriebenen Probleme bei der Erkennung von Bildern nicht, das System überspringt vielmehr Bilder. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, so dass es nur auf die übrigen von der Klägerin geschilderten Gebrauchsnachteile ankommt. Der Senat konnte sich aufgrund der Angaben der Klägerin auch nicht davon überzeugen, dass sie mit der Braille-Zeile nicht im täglichen Gebrauch zurecht kommt. Sie ist mit dieser vielmehr seit sechs Jahren ausgestattet und hat sowohl dem SG wie dem Senat gegenüber dargelegt, dass sie das Gerät auch täglich zum Studium der Printmedien verwendet. Insofern ist weiter zu beachten, dass durch die Zurverfügungstellung eines Videotext-Vorlesemoduls der Klägerin, wie sich insbesondere für den Senat überzeugend aus der eingeholten Auskunft der Firma N. ergibt, andere Informationen, nämlich das Fernseh- und Radioprogramm und aktuelle Neuigkeiten, zugänglich gemacht werden. Die Gebrauchsnachteile der Braille-Zeile werden somit nicht ausgeglichen, die Klägerin würde daher auch an keinem technischen Fortschritt teilnehmen (vgl. hierzu BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 26). Vielmehr versetzt sie allein die Ausstattung mit der Braille-Zeile in die Lage, auch private Post wie Kontoauszüge oder Telefonrechnungen richtig zu lesen, somit Informationen zu empfangen, die ihr über den Videotext nicht zugänglich wären.
Das Videotext-Vorlesemodul ist auch kein zum Behinderungsausgleich "notwendiges" Hilfsmittel (§§ 2 Abs. 4, 12 Abs. 1, 33 Abs. 1 SGB V). Die allein über Videotext zur Verfügung gestellten Informationen, die die Firma N. in ihrer Auskunft beschrieben hat, kann die Klägerin ohne weiteres auch durch andere Informationsquellen wie Radio, Fernsehen und den von der Beklagten geschilderten Vorlesedienst für Behinderte halten. Sie bezieht diese Informationen auch gegenwärtig schon über ihre Bekannten. Es kann bei der Bewertung der Notwendigkeit des Hilfsmittels auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Videotext nur Kurzinformationen anbietet, wie sie in dieser Form auch über andere, der Klägerin noch zugängliche Medien angeboten werden.
Der Senat ist daher insgesamt zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin durch die auf neuestem technischen Stand befindlichen Vorlesesysteme und die Braille-Zeile ausreichend in ihrem Kommunikationsbedürfnis ausgestattet ist. Ein über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinausgehender Behinderungsausgleich ist als Leistung der GKV nicht vorgesehen, was sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 33 SGB V ergibt, wohl aber nunmehr aus der Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Damit wird der Hilfsmittelbegriff für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 6 Abs. 1, § 5 Nr. 1 SGB IX) einheitlich definiert. Selbst wenn der Vorrang abweichender Regelungen für den einzelnen Rehabilitationsträger weiterhin besteht (§ 7 SGB IX), kann aus der insoweit unberührt gebliebenen Fassung des § 33 SGB V nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe nunmehr den Behinderungsausgleich durch die GKV über die bisherige Rechtsprechung hinaus ausweiten wollen (so BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 15).
Soweit die Klägerin also Gebrauchsnachteile der Braille-Zeile hat, muss sie diese zur Überzeugung des Senats in Kauf nehmen. Das SG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass auch der Nicht-Blinde das Risiko trägt, Nachrichten zu verpassen. Im Übrigen kann auch das Grundbedürfnis der Kommunikation nicht dazu führen, dass Blinde letztlich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Sehenden mit Hilfsmitteln zu versorgen sind (so BSG, Urteil vom 16.09.2000, B 3 KR 15/04 R USK 2004 - 18 zu dem Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums").
Die Begrenzung der Leistungspflicht der GKV im Hilfsmittelbereich verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG). Das BSG hat bereits entschieden, dass sich aus dieser Verfassungsnorm keine weiter gehenden Ansprüche bei der Hilfsmittelversorgung ergeben (BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 3). Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem objektiv-rechtlichen Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken; dieser auch nach Inkrafttreten des SGB IX fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indessen keine konkreten Leistungsansprüche und damit kein einklagbares subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Hilfsmittelversorgung. Der sachliche Anwendungs- und Schutzbereich des Grundrecht aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG für bestimmte Personengruppen dahingehend verstärken, dass der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung nicht zum Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (vgl. BVerfGE 96, 288, 301 f.; 85, 191, 206). Allerdings liegt eine behinderungsbezogene Benachteiligung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung verschlechtern; sie kann vielmehr auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn diese ausschließlich auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. Die Klägerin wird aber nicht durch die öffentliche Gewalt, sondern allein durch ihre Behinderung von bestimmten Entfaltungs- bzw. Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen, die eine gesunde Person hat. Das Verbot der Benachteiligung Behinderter kann auch nicht dadurch zu einem positiven Leistungsanspruch umgemünzt werden, dass auf eine Besserstellung der (bloß) Kranken in der GKV verwiesen wird. Die soziale Sicherung kranker Versicherter ist die ursprüngliche und vorrangige Aufgabe der GKV, während die medizinische Rehabilitation erst später und neben anderen Leistungsträgern dazu getreten ist. In einem gegliederten System der sozialen Sicherheit gibt es sachliche Gründe, die jeweiligen Sozialleistungen für verschiedene Personengruppen unterschiedlich auszugestalten. Die Klägerin hat daher auch von Verfassungs wegen keinen Anspruch darauf, jedweden Bedarf nach Behinderungsausgleich durch entsprechende Hilfsmittel zu befriedigen (vgl. auch BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 5).
Schließlich kommen, worauf bereits das SG hingewiesen hat, andere Rehabilitationsträger nicht für die Leistung in Betracht, weswegen der Senat insoweit von einer Beiladung abgesehen hat.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Videotext-Vorlesemoduls mit Kosten in Höhe von 2.296,94 EUR streitig.
Die 1947 geborene Klägerin, die als Rentnerin bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, ist vollständig blind. Sie beantragte am 26.08.2002 unter Vorlage eines ärztlichen Attests des Allgemeinmediziners Dr. H. die Kostenübernahme u.a. für ein Videotext-Vorlesemodul für Blinde unter Vorlage eines Angebots der Firma N. (TV-Karte mit blindengerechter Software für WIN 95/98/NT/2000/XP, Videotext-, Radio- und Fernseh-Hören über terrestrische Antenne, Kabel-TV oder analogen Satelliten-Empfänger).
Mit Bescheid vom 19.09.2002 gewährte die Beklagte ihr ein Vorlesesystem mit Kosten in Höhe von 3.374,50 EUR sowie eine Braille-Zeile mit Kosten in Höhe von 4.448,- EUR. Die Erweiterung des Vorlesesystems mit Videotext für Blinde und einem entsprechenden Anwenderhandbuch wurde mit der Begründung abgelehnt, dass diese Leistung nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung übernommen werden könne.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne sich mit Hilfe des beantragten Videotextes-Vorlesesystem den Inhalt des Videotextangebotes der verschiedenen Fernsehanstalten nutzbar machen und so ihr Grundbedürfnis nach aktueller Information befriedigen. In vielen politischen, kulturellen und Unterhaltungssendungen werde auf zusätzliche Informationen im Videotext verwiesen. Der Zugang zu diesen Informationen sei ohne Videotextvorlesesystem nicht möglich. Sie empfinde dies aber als wichtige Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Das LSG Niedersachsen habe in einem ähnlich gelagerten Fall (L 4 KR 9/99) die beklagte Krankenkasse dazu verurteilt, den Betroffenen mit einem Videotext-Vorlesegerät zu versorgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2002 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Videotextvorlesemodul innerhalb des Bildschirmlesegerätes solle es ermöglichen, sich aktuelle Informationen zu verschaffen. Dies könne aber ebenfalls durch das von der Krankenkasse zur Verfügung gestellte Bildschirmlesegerät mit Sprachausgabe erfolgen. Damit sei es aus technischer Sicht zum heutigen Zeitpunkt möglich, sich eine durchschnittlich und gut aufgebaute Zeitung vorlesen zu lassen. Das Urteil des LSG Niedersachsen sei als Einzelfallentscheidung anzusehen. Denn nach der Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen weise das Videotext-Vorlesemodul den Charakter eines Gebrauchsgegenstandes auf. Es handelt sich nämlich um einen Hardware-Zusatz, wobei die wesentlichen Bestandteile des Gerätes handelsübliche PC-Komponenten seien. Daher sei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht möglich.
Mit ihrer dagegen am 05.12.2002 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, an der Bewertung des LSG Niedersachsen habe sich seither nichts geändert. Die Bedeutung der elektronischen Medien für die Beschaffung aktueller Informationen habe sich vielmehr deutlich erhöht. Zwar stelle das Urteil eine Einzelfallentscheidung dar, doch sei die richterliche Bewertung der Notwendigkeit des Hilfsmittels überzeugend dargelegt und vermöge auch in Parallelfällen zu überzeugen. Mit dem Videotextlesesystem könne sie sich Videotexttafeln vorlesen lassen. Ein solches Gerät werde nicht allgemein im täglichen Leben verwendet und auch nicht üblicherweise von einer großen Anzahl von Personen regelmäßig genutzt.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Diese gab an, das vorhandene Lesesystem mit Braille-Zeile täglich zu benutzen. Sie könne damit Sachbücher und 85 % der eigenen Post erledigen. Jedoch sei das Lesen von Zeitungen mit Schwierigkeiten verbunden, da sie alleine lebe und die Zeitung auf DIN A4-Format falten müsse, damit das Gerät den Text lesen könne. Es bereite ihr Schwierigkeiten, den sie interessierenden Text lesegerecht zuzubereiten. Das vorhandene Lesegerät erkenne auch keine Bilder und gebe diese mit Punkten und Strichen und sonstigen Zeichen wieder. Sie könne ein Bild nicht überspringen, da sie nicht wisse, wann das Bild wieder in einen normalen Text übergehe. Auch könne das vorhandene Gerät rote Schrift oder auf rotem Hintergrund Gedrucktes nicht erkennen. Sie benutze den Videotext vier bis fünf mal in der Woche über Bekannte. Wenn sie über das Vorlesemodul verfüge, werde sie es täglich nutzen. Sie könne sich damit noch nachträglich zeitversetzt über die Tagesnachrichten informieren. Sie empfange derzeit 22 Programme und habe Kabelanschluss. Augenblicklich benötige sie fünf bis sechs Stunden für eine Tageszeitung. Die Beklagte hat auf den telefonischen Videotext-Vorlesedienst des Bayerischen Blindenbundes hingewiesen.
Mit Urteil vom 22.03.2004, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 18.06.2004, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, das Videotext-Vorlesemodul ermögliche zwar den Ausgleich der Blindheit der Klägerin vorzunehmen. Es handle sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, auch wenn er aus handelsüblichen PC-Komponenten bestehe. Insofern müsse nicht auf einzelne Komponenten, sondern die Gesamtheit des entsprechenden Gerätes abgestellt werden, welches ausschließlich von Behinderten und Blinden verwendet werde. Das Gerät sei aber nicht erforderlich, um das allgemeine Grundbedürfnis auf Kommunikation mit anderen Menschen sicherzustellen oder wesentlich zu erleichtern. Denn der Videotext diene allein der persönlichen Information und nicht der Kommunikation mit anderen Menschen. Es sei auch nicht erforderlich zur Aufnahme von Informationen. Die Klägerin sei derzeit mit einem Lesegerät mit Braille-Zeile ausgestattet, welches sich auf dem aktuellen Stand der Technik befinde und von der Klägerin auch genutzt werde. Sie habe zwar Schwierigkeiten mit der Benutzung, sei aber dennoch in der Lage, auch Zeitungen mit diesem Gerät zu lesen. Davon, dass das Zeitungslesen aber sehr umständlich und nur mit einer Hilfsperson möglich sei wie im Fall des LSG Niedersachsen, habe sich das Gericht nicht überzeugen können. Das Gerät sei in der Lage, gedruckte bzw. geschriebene Texte zu lesen. Zwar sei der Wunsch der Klägerin nachvollziehbar, sich auch bei darüber hinausgehenden Medien, wie z.B. Videotext, zu informieren und die Vorteile dieses Systems zu nutzen. Dies gehöre aber nicht mehr zum Grundbedürfnis auf Kommunikation und Information. Hierfür genüge die Bereitstellung von nutzbaren Lesegeräten mit Braille-Zeile und die Nutzbarkeit von Radio und Fernsehen. Insoweit habe die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass verschiedene Institutionen einen Vorlesedienst eingerichtet hätten, so dass sich die Klägerin auch ohne Videotext-Vorlesesystem über das Fernseh- und Rundfunkprogramm informieren könne. Damit sei ihrem Grundbedürfnis Genüge getan. Die Rechtsprechung des LSG Niedersachsen sei nicht einschlägig, denn dort sei der Kläger nicht mit einem geeigneten Lesesystem versorgt gewesen. Auch das Argument, die Klägerin könne bei Verpassen einer Nachrichtensendung sich später per Videotext über die versäumten Nachrichten informieren, führe nicht zu einem Anspruch. Nachrichten verpasst zu haben, gehöre zum allgemeinen Risiko, das jedem, Blinden oder nicht Blinden, begegnen könne.
Mit ihrer dagegen am 16.07.2004 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, das Vorlesesystem mit Braille-Zeile sei nicht praktikabel beim Lesen einer Zeitung, da es mit einem sehr hohen Zeitaufwand verbunden sei. Das System könne auch nicht erkennen, ob es sich um eine Anzeige oder einen Text handele. Die Druckqualität von Zeitungen sei sehr schlecht, so dass der Scanner verschmutze, was ebenfalls das Lesen erschwere. Durch das Videotext-Vorlesemodul werde ein schneller und praktikabler Zugriff auf die aktuellen Nachrichten ermöglicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. März 2004 sowie den Bescheid vom 19. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. November 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie mit einem Videotext-Vorlesemodul zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, dass mit dem vorhandenen Lesegeräten mit Braille-Zeile das Grundbedürfnis auf Informationsbeschaffung ausreichend im Rahmen einer Grundversorgung sichergestellt sei. Sicher bedürfe es wegen des Formates ein wenig Übung, dennoch sei dies der Klägerin zumutbar. Die speziellen Informationen aus dem Videotext des Fernsehen seien nicht den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zuzuordnen, da anderen Informationsquellen vorhanden wären.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei der Firma N. eingeholt. Diese hat mitgeteilt, zum Vorlesen von Tageszeitungen sei die Version des Lesephons, die der Klägerin zur Verfügung gestellt worden wäre, nur bedingt tauglich. Die zu lesende Vorlage müsse vom Anwender in den Scanner eingelegt werden. Eine Tageszeitung werde in der Regel in DIN A3 oder in einem noch größeren Format gedruckt, so dass sie bei Verwendung eines DIN A4-Scanners auf DIN A4 Format gefaltet werden müsse, wobei möglichst kein Artikel durch das Falten "zerstückelt" werden solle. Dies sei für einen sehbehinderten Menschen ohne Hilfe eines Sehenden nicht möglich. Grundsätzlich lese ein Vorlesesystem immer den gesamten Inhalt eines Schriftstückes vor. Es sei aber möglich, zeichen-, wort-, satz- oder absatzweise vor oder zurück zu springen. Auf diese Art könnten nicht benötigte Informationen auf einer Zeitungsseite auch übersprungen werden. Bilder, Fotos und Grafiken unterdrücke das System automatisch. Eingelesene Schriftstücke könnten abgespeichert werden. Die Braille-Zeile biete demgegenüber eine zusätzliche Darstellungsform von Informationen, u.a. gegenüber der Sprachausgabe einem besseren räumlichen Überblick des zu lesenden Testes, welches insbesondere bei Kontoauszügen, Telefonrechnungen usw. wichtig sei, es könne aber keine zusätzliche Informationen liefern. Dafür sei nur der Videotext für Blinde geeignet, welcher Vorteile beim Lesen des Fernseh- und Radioprogrammes und beim Beschaffen von aktueller Information mit sich brächte. Außerdem biete der Videotext einige Informationen, die von den Printmedien nicht angeboten würden, so z.B. Sport-Tabellen, Radio- und Fernsehprogramme, WISO, 3 Sat (Tipps und Trends), Hinweise zu Hörfilmen, Wetterbericht, SWR 4 Infomarkt sowie Ratgeber ARD speziell zu den Themen Geld, Recht und Verbraucherschutz.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt am 24.04.2008 erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR mit dem begehrten Videotext-Vorlesemodul überschritten wird.
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, weswegen der Senat ergänzend auf die Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Videotext-Vorlesemoduls.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln. Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung u.a. mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch (bis 31.03.2007 § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB V, seit 01.04.2007 § 33 Abs. 1 Satz 4 SGB V).
Das Videotext-Vorlesemodul ist als auf den Gebrauch durch Blinde zugeschnittenes Gerät weder ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand noch nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Dies hat bereits das SG ausführlich begründet dargelegt.
Allerdings kann der von der Klägerin in den Vordergrund gerückte Gesichtspunkt, das Zeitungslesen mit der Braille-Zeile sei mit einem hohen Zeitaufwand verbunden und das System erkenne keine Bilder, sondern gebe diese mit Punkten und Strichen sowie sonstigen Zeichen wieder, nicht einen Anspruch auf Ausstattung mit einem Videotext-Vorlesemodul begründen. Nach Auskunft der Firma N. bestehen zum einen die beschriebenen Probleme bei der Erkennung von Bildern nicht, das System überspringt vielmehr Bilder. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, so dass es nur auf die übrigen von der Klägerin geschilderten Gebrauchsnachteile ankommt. Der Senat konnte sich aufgrund der Angaben der Klägerin auch nicht davon überzeugen, dass sie mit der Braille-Zeile nicht im täglichen Gebrauch zurecht kommt. Sie ist mit dieser vielmehr seit sechs Jahren ausgestattet und hat sowohl dem SG wie dem Senat gegenüber dargelegt, dass sie das Gerät auch täglich zum Studium der Printmedien verwendet. Insofern ist weiter zu beachten, dass durch die Zurverfügungstellung eines Videotext-Vorlesemoduls der Klägerin, wie sich insbesondere für den Senat überzeugend aus der eingeholten Auskunft der Firma N. ergibt, andere Informationen, nämlich das Fernseh- und Radioprogramm und aktuelle Neuigkeiten, zugänglich gemacht werden. Die Gebrauchsnachteile der Braille-Zeile werden somit nicht ausgeglichen, die Klägerin würde daher auch an keinem technischen Fortschritt teilnehmen (vgl. hierzu BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 26). Vielmehr versetzt sie allein die Ausstattung mit der Braille-Zeile in die Lage, auch private Post wie Kontoauszüge oder Telefonrechnungen richtig zu lesen, somit Informationen zu empfangen, die ihr über den Videotext nicht zugänglich wären.
Das Videotext-Vorlesemodul ist auch kein zum Behinderungsausgleich "notwendiges" Hilfsmittel (§§ 2 Abs. 4, 12 Abs. 1, 33 Abs. 1 SGB V). Die allein über Videotext zur Verfügung gestellten Informationen, die die Firma N. in ihrer Auskunft beschrieben hat, kann die Klägerin ohne weiteres auch durch andere Informationsquellen wie Radio, Fernsehen und den von der Beklagten geschilderten Vorlesedienst für Behinderte halten. Sie bezieht diese Informationen auch gegenwärtig schon über ihre Bekannten. Es kann bei der Bewertung der Notwendigkeit des Hilfsmittels auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Videotext nur Kurzinformationen anbietet, wie sie in dieser Form auch über andere, der Klägerin noch zugängliche Medien angeboten werden.
Der Senat ist daher insgesamt zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin durch die auf neuestem technischen Stand befindlichen Vorlesesysteme und die Braille-Zeile ausreichend in ihrem Kommunikationsbedürfnis ausgestattet ist. Ein über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinausgehender Behinderungsausgleich ist als Leistung der GKV nicht vorgesehen, was sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 33 SGB V ergibt, wohl aber nunmehr aus der Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Damit wird der Hilfsmittelbegriff für alle Träger von Leistungen der medizinischen Rehabilitation (§ 6 Abs. 1, § 5 Nr. 1 SGB IX) einheitlich definiert. Selbst wenn der Vorrang abweichender Regelungen für den einzelnen Rehabilitationsträger weiterhin besteht (§ 7 SGB IX), kann aus der insoweit unberührt gebliebenen Fassung des § 33 SGB V nicht geschlossen werden, der Gesetzgeber habe nunmehr den Behinderungsausgleich durch die GKV über die bisherige Rechtsprechung hinaus ausweiten wollen (so BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 15).
Soweit die Klägerin also Gebrauchsnachteile der Braille-Zeile hat, muss sie diese zur Überzeugung des Senats in Kauf nehmen. Das SG hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass auch der Nicht-Blinde das Risiko trägt, Nachrichten zu verpassen. Im Übrigen kann auch das Grundbedürfnis der Kommunikation nicht dazu führen, dass Blinde letztlich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Sehenden mit Hilfsmitteln zu versorgen sind (so BSG, Urteil vom 16.09.2000, B 3 KR 15/04 R USK 2004 - 18 zu dem Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums").
Die Begrenzung der Leistungspflicht der GKV im Hilfsmittelbereich verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG). Das BSG hat bereits entschieden, dass sich aus dieser Verfassungsnorm keine weiter gehenden Ansprüche bei der Hilfsmittelversorgung ergeben (BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 3). Zwar ist das Verbot einer Benachteiligung zugleich mit einem objektiv-rechtlichen Auftrag an den Staat verbunden, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken; dieser auch nach Inkrafttreten des SGB IX fortbestehende Auftrag zur Ausgestaltung des Sozialstaatsgebots begründet indessen keine konkreten Leistungsansprüche und damit kein einklagbares subjektives Recht des Einzelnen auf eine bestimmte Hilfsmittelversorgung. Der sachliche Anwendungs- und Schutzbereich des Grundrecht aus Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG für bestimmte Personengruppen dahingehend verstärken, dass der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung nicht zum Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf (vgl. BVerfGE 96, 288, 301 f.; 85, 191, 206). Allerdings liegt eine behinderungsbezogene Benachteiligung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen ihrer Behinderung verschlechtern; sie kann vielmehr auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn diese ausschließlich auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. Die Klägerin wird aber nicht durch die öffentliche Gewalt, sondern allein durch ihre Behinderung von bestimmten Entfaltungs- bzw. Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen, die eine gesunde Person hat. Das Verbot der Benachteiligung Behinderter kann auch nicht dadurch zu einem positiven Leistungsanspruch umgemünzt werden, dass auf eine Besserstellung der (bloß) Kranken in der GKV verwiesen wird. Die soziale Sicherung kranker Versicherter ist die ursprüngliche und vorrangige Aufgabe der GKV, während die medizinische Rehabilitation erst später und neben anderen Leistungsträgern dazu getreten ist. In einem gegliederten System der sozialen Sicherheit gibt es sachliche Gründe, die jeweiligen Sozialleistungen für verschiedene Personengruppen unterschiedlich auszugestalten. Die Klägerin hat daher auch von Verfassungs wegen keinen Anspruch darauf, jedweden Bedarf nach Behinderungsausgleich durch entsprechende Hilfsmittel zu befriedigen (vgl. auch BSG SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 5).
Schließlich kommen, worauf bereits das SG hingewiesen hat, andere Rehabilitationsträger nicht für die Leistung in Betracht, weswegen der Senat insoweit von einer Beiladung abgesehen hat.
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved