L 10 R 425/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 5852/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 425/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27.12.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am.1943 geborene Klägerin war von Oktober 1958 bis Mai 1964 als landwirtschaftliche Gehilfin tätig, im Jahr 1974 wurde sie durch das D. zur Schwesterhelferin angelernt, eine Ausbildung zur Krankenschwester im Jahr 1982 brach die Klägerin nach einem Monat ab. Von Juni 1964 bis März 1994 war die Klägerin Hausfrau und Mutter, anschließend war sie bis Oktober 2006 als Nachtwache in einer Mutter-Kind-Einrichtung geringfügig beschäftigt (bis Juli 2001 versicherungsfrei; von September 2001 bis November 2003, März 2004 bis Januar 2005, Mai 2005 bis Oktober 2005 und April 2006 bis Oktober 2006 Pflichtbeitragszeiten). Zur weiteren Feststellung der rentenrechtlichen Zeiten wird auf des Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 13.05.2008 Bezug genommen.

Den Antrag der Klägerin vom 09.05.2005 auf Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die berufs- oder erwerbsunfähig sind, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.08.2005 ab. Dem lag ein Gutachten des Orthopäden Dr. K. (Schulter-Arm-Syndrom beidseits bei Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur rechts und AC-Gelenksarthrose beidseits, chronische Lumbalgien - myotendopathisches Syndrom, Gonalgien beidseits, Fingergelenkspolyarthrose; Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten [maximal 20 kg] und ohne ständige Überkopfarbeiten) zu Grunde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer schriftlichen Auskunft des letzten Arbeitgebers, D. A. F. e.V. (Beschäftigung als Aushilfskraft im Nachtwachenbereich) und Einholung eines Gutachtens der Neurologin und Psychiaterin Dr. H.-K. (depressive Störung; Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von Lasten, unter - bislang nicht durchgeführter - Pharmakotherapie sei mit einer Besserung der psychischen Symptomatik zu rechnen) und Beiziehung eines Entlassungsberichts über eine stationäre Behandlung in der R. Bad S. vom 08.02.2005 bis 04.03.2005 (chronisches Schmerzsyndrom vom Fibromyalgietyp, HWS/LWS-Syndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, Bluthochdruck, SAD [subacromiale Dekompression, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. A, S. 1690] rechte Schulter; eine entscheidende Schmerzreduktion sei nicht zu erreichen gewesen, die Klägerin habe bei der Abschlussuntersuchung jedoch über eine gewisse Besserung der Beschwerdesymptomatik berichtet) mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus, es bestehe kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung im Sinne der §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil die Klägerin in ihrem bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (Aktenzeichen S 6 R 1088/06) schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich: 1. Die Beklagte verpflichtet sich, über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.08.2005 zu entscheiden, sofern nicht die Klägerin bis 30.09.2006 diesen Widerspruch schriftlich gegenüber der Beklagten zurücknimmt. 2. Die Beklagte verpflichtet sich, über den in der Klageerhebung vom 06.03.2006 zu sehenden Widerspruch gegen den als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheid vom 03.02.2006 ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. 3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Gerichtsverfahren in vollem Umfang. 4. Damit ist das Gerichtsverfahren S 6 R 1088/06 erledigt.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.08.2005 (Altersrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2006 und den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.02.2006 (Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung) mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2006 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin getrennte Klagen zum Sozialgericht Freiburg erhoben, gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 03.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2006 am 24.11.2006 und mit der Begründung, Dr. H.-K. habe ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden festgestellt, damit wäre eine Berentung auf Zeit durchaus denkbar, die dann bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres automatisch als Dauerrente reiche. Bei Veranlassung weiterer fachärztlicher Untersuchungen ergäbe sich im Übrigen ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich. Das andere Klageverfahren (S 6 R 5842/06) ruht.

Das Sozialgericht hat das Gutachten des Facharztes für Innere und Psychosomatische Medizin Dr. M. aus einem von der Klägerin gegen das Land Baden-Württemberg geführten Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (Aktenzeichen des Sozialgerichts Freiburg: S 5 SB 3130/06) beigezogen und von Dr. M. ein Gutachten nach Aktenlage eingeholt. Dr. M. hat eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Bluthochdruck, eine Funktionsbehinderung des linken Hüft- und Kniegelenks, chronische Dorsalgien und Lumbalgien bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und ein chronisches Schulter-Arm-Syndrom festgestellt. Die Klägerin könne leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne einseitiges Stehen, Gehen oder Sitzen, ohne häufiges Bücken, ohne Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, ohne Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit, ohne Arbeiten in extremen Temperaturen oder im Freien, ohne Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, ohne zu hohe Beanspruchung von Gehör oder Sehvermögen noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich ausüben. Bei adäquater Behandlung (Antidepressive und Psychotherapie) bestehe eine gute Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes.

Mit Schreiben vom 21.08.2007 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit auf Grund eines Leistungsfalls vom 22.04.2005 (Rentenantrag) ab Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt des Leistungsfalls bis 31.08.2009 an. Die Klägerin erklärte darauf mit Schriftsatz vom 17.09.2007, das Anerkenntnis werde insoweit angenommen, als mit dem Leistungsfall Einverständnis bestehe. Allerdings sei nicht verständlich, warum die Erwerbsminderungsrente nur auf Zeit gewährt werde, insbesondere vor dem Hintergrund, als sie mit Beginn des 01.06.2008 eine ungeschmälerte Regelaltersrente erhalten könne und diese zwischenzeitlich auch auf dem Verwaltungswege beantragt habe. Die Beklagte machte hierzu geltend (Schriftsatz vom 26.09.2007), nach § 102 Abs. 2 SGB VI seien Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich auf Zeit zu leisten. Eine Dauerrente komme nur in Betracht, wenn es unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Außerdem seien von der Arbeitsmarktlage abhängige Renten stets auf Zeit zu leisten. Das Leistungsvermögen der Klägerin betrage drei bis unter sechs Stunden, weshalb nur eine befristete Rente in Betracht komme. Die Befristung sei auf das voraussichtliche Ende der Erwerbsminderung bzw. auf die Regelaltersrente (§ 43 i.V.m. § 100 Abs. 3 SGB VI) zu befristen. Der Anspruch werde - insoweit den früheren Schriftsatz korrigierend - bis 31.05.2008 anerkannt.

Mit "Teilanerkenntnis- und Schlussgerichtsbescheid" vom 27.12.2007 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2006 ausgehend von einem Leistungsfall am 22.04.2005 vom 01.11.2005 befristet bis zum 31.05.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Gegen den am 16.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.01.2008 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, das Ende der Erwerbsminderungsrente ergebe sich vorliegend bereits automatisch mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Des Weiteren sei die Einschätzung von Dr. M., die Minderung des Leistungsvermögens lasse sich bessern, eher unrealistisch, ebenso wie die Einschätzung des Leistungsvermögens mit drei bis sechs Stunden täglich.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27.12.2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2006 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung auch für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 14.02.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.11.2005 bis 31.05.2008 und mit Bescheid vom 13.05.2008 eine Regelaltersrente ab 01.06.2008 bewilligt. Sie macht geltend, die Befristung der Erwerbsminderungsrente sei zu Recht erfolgt und beruhe auf § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Das Leistungsvermögen der Klägerin betrage nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme drei bis unter sechs Stunden täglich, weshalb wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren sei. Die Rentengewährung stehe damit in Abhängigkeit von den Verhältnissen des Arbeitsmarktes, weshalb sie bereits unter diesem Aspekt zu befristen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005.

Der Senat hat entschieden, obwohl weder die Klägerin noch deren Bevollmächtigter zum Termin erschienen ist. Die Klägerin ist mit der Ladung darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann. Der Klägerbevollmächtigte hat zwar zunächst die Aufhebung des Termins beantragt, jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass er an der Teilnahme am Termin verhindert ist. Nach Ablehnung der Terminsaufhebung hat der Klägerbevollmächtigte seinen ursprünglichen Antrag auch nicht mehr aufrecht erhalten, sondern vielmehr mitgeteilt (Schriftsatz vom 15.07.2008), dass mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung Einverständnis besteht, er jedenfalls zum Termin nicht erscheinen werde.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 03.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2006, soweit damit die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit von 01.05.2005 bis 31.10.2005 abgelehnt worden ist. Nicht streitgegenständlich ist hingegen der Bescheid vom 14.02.2008. Mit diesem hat die Beklagte ihr Teilanerkenntnis und den insoweit, was den Zeitraum ab 01.11.2005 betrifft, rechtskräftig gewordenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 27.12.2007 ausgeführt und die Beschwer der Klägerin insoweit beseitigt. Der Bescheid vom 14.02.2008 ist somit nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (BSG, Urteil vom 10.10.1978, 7 RAr 65/77 in SozR 1500 § 96 Nr. 12). Auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist nicht streitgegenständlich, da die Klägerin einen solchen Anspruch nach ihrem Antrag im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - voll erwerbsgemindert sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin leidet vorwiegend an Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, die ihr eine tägliche Arbeit von drei bis unter sechs Stunden erlauben.

Auf orthopädischem Fachgebiet stellte der im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachter Dr. K. eine Funktionsbehinderung des linken Hüft- und Kniegelenks, chronische Dorsalgien und Lumbalgien sowie ein chronisches Schulter-Arm-Syndrom fest und legte nachvollziehbar dar, dass sich hieraus lediglich qualitative Leistungseinschränkungen (leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten [maximal 20 kg] sowie ohne ständige Überkopfarbeiten) ergeben, nicht jedoch eine Leistungsminderung in quantitativer Hinsicht.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat der gerichtliche Sachverständige Dr. M. eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte bis mittelgradige Episode, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie nebenbefundlich einen Bluthochdruck festgestellt und unter zusätzlicher Berücksichtigung der von dem Orthopäden Dr. K. festgestellten Gesundheitsstörungen nachvollziehbar dargelegt, dass im Hinblick auf die psychischen Störungen zwar neben qualitativen Leistungseinschränkungen (kein einseitiges Stehen, Gehen oder Sitzen, kein häufiges Bücken, kein Heben und Tragen von Lasten über 12 kg, keine Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit, keine Arbeiten in extremen Temperaturen oder im Freien sowie unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen und ohne zu hohe Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens) eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden täglich vorliegt, sich ein auf unter drei Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen jedoch auf Grund des Krankheitsbildes nicht ableiten lässt. Auf ein solches lassen auch die weiterhin erhaltenen Alltagsaktivitäten der Klägerin (Erledigung der Hausarbeit zusammen mit dem Ehemann, gemeinsame Einkäufe, Blumen pflanzen, Kochen, mit dem Hund spazieren gehen, Arbeit in der Seniorenbetreuung) nicht schließen. Des Weiteren nahm im Verwaltungsverfahren Dr. H.-K. ebenfalls ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich an.

Für den streitigen Zeitraum geht der Senat deshalb von einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. M. genannten qualitativen Einschränkungen von drei bis unter sechs Stunden täglich aus.

Bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich liegt, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, teilweise Erwerbsminderung vor, die wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in eine volle Erwerbsminderung umschlägt (BSG, Beschluss vom 10.12.1976, a.a.O.). Allerdings ist die - arbeitsmarktbedingte - Rente wegen voller Erwerbsminderung nach der gesetzlichen Regelung des § 102 Abs. 2 SGB VI zu befristen. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Ein Anspruch auf Dauerrente besteht gemäß § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI nur bei Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann.

Die Beklagte und das SG sind somit zu Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits deshalb nach § 102 Abs. 2 SGB VI zu befristen ist, weil er auf der Arbeitsmarktlage beruht. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die Beklagte und das SG ebenfalls zu Recht davon ausgegangen sind, dass nicht unwahrscheinlich ist, dass die - wegen Krankheit bestehende - Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der gerichtliche Sachverständige Dr. M. hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die Aussichten für eine Besserung des Gesundheitszustandes unter Durchführung psychopharmakologischer Hilfe (Antidepressiva) und gegebenenfalls einer sechswöchigen stationären psychosomatischen Behandlung sowie einer längerfristig angelegten ambulanten psychotherapeutischen Behandlung gut sind und eine Wahrscheinlichkeit für eine Besserung besteht. Dies hat auch die im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachterin Dr. H.-K. bestätigt und insoweit insbesondere auch hervorgehoben, dass die Klägerin bislang zu keinem Zeitpunkt entsprechend behandelt worden ist. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren eine Verfestigung des Gesundheitszustandes trotz psychotherapeutischer Behandlung angegeben hat, hat sie bereits nicht nachvollziehbar dargelegt, wann und in welchem Umfang eine solche Behandlung tatsächlich stattgefunden haben soll. Eine solche ergibt sich auch nicht aus den Angaben der Klägerin gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. M ... Dort hat sie bezüglich der bisherigen Schmerzbehandlung angegeben, dass eine homöopathische Behandlung, autogenes Training und progressive Muskelrelaxation, Akupunktur, physikalische Behandlung, eine Behandlung in einer Kältekammer und eine schmerztherapeutische Sitzung durchgeführt wurden. Daraus lässt sich weder eine entsprechende pharmakologische, noch eine entsprechende qualifizierte psychotherapeutische Behandlung ableiten.

Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ergibt sich vorliegend auch nicht auf Grund mehrerer schwerwiegender gesundheitlicher Einschränkungen oder einer besonders einschneidenden Behinderung (vgl. hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr liegen besonders schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung erst dann vor, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin.

Der Klägerbevollmächtigte wendet zwar zu Recht ein, dass die Klägerin im Mai 2008 - und damit vor Ablauf von zwei bzw. drei Jahren nach Beginn der Zeitrente (01.11.2005) - das 65. Lebensjahr vollendet hat, weshalb der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach der Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI endet. Dies vermag jedoch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer und damit auch für die Zeit vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 zu begründen.

Die gesetzliche Regelung (§ 102 Abs. 2 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - BGBl. I S. 1827, 1831) sieht bei arbeitsmarktbedingten Renten wegen Erwerbsminderung grundsätzlich und ohne Ausnahme eine zeitliche Befristung der Rente vor. Die bis 31.12.2000 geltende Vorschrift des § 102 Abs. 2 SGB VI, wonach Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dann nicht mehr auf Zeit geleistet wurden, wenn die Versicherten innerhalb von zwei Jahren nach Rentenbeginn das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist durch die Änderungen des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (a.a.O.) ersatzlos gestrichen worden. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber unabhängig vom Alter des Versicherten bei Beginn der Erwerbsminderungsrente eine zeitliche Befristung dieser Rente vorgesehen hat, es sei denn, die Rente ist unabhängig von der Arbeitsmarktlage zu gewähren und es besteht keine Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes. Im Übrigen kommt der in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/4124, S. 176) für den Beginn der Zeitrente angeführte Zweck (Risikoverteilung zwischen Kranken- und Rentenversicherung) grundsätzlich auch in Fällen zum Tragen, in denen der Versicherte innerhalb von drei Jahren nach Rentenbeginn die Regelaltersgrenze erreicht. Des Weiteren hat das BSG selbst bei Anwendung von § 102 Abs. 2 SGB VI a.F. trotz fehlender "zeitlicher Begrenzung der Leistungsgewährung" wegen Vollendung des 60. Lebensjahres innerhalb von zwei Jahren nach Rentenbeginn einen Leistungsanspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente erst ab Beginn des siebten Kalendermonats nach Eintritt der Erwerbsminderung für gegeben erachtet (Urteil vom 08.09.2005 B 13 RJ 10/04 R in SozR 4-2600 § 101 Nr. 2).

Der Senat hat auch geprüft, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für den streitigen Zeitraum nicht bereits aus dem im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Teilanerkenntnis ableiten kann. Insoweit ist zunächst zu bemerken, dass die Beklagte das Teilanerkenntnis vom 21.08.2007 durch ihre Erklärung im Schriftsatz von 26.09.2007 hat abändern können. Beim angenommenen Anerkenntnis handelt es sich um einen prozessrechtlichen (§ 101 Abs. 2 SGG) und verwaltungsrechtlichen Vertrag (§§ 53 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch), der durch zwei aufeinander bezogene, inhaltlich übereinstimmende prozess- und materiell-rechtliche Erklärungen abgeschlossen wird (BSG, Urteil vom 26.10.2004, B 4 RA 40/04 R in SozR 4-8570 § 5 Nr. 5). Dementsprechend hat es sich bei dem von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnis um das Angebot auf Abschluss eines solchen Vertrages (Antrag) gehandelt. Dieses hat die rechtskundig vertretene Klägerin jedoch nicht angenommen, sondern vielmehr selbst mit Schriftsatz vom 17.09.2007 vorgetragen, dass ab 01.06.2008 ein Anspruch auf Regelaltersrente besteht. Ausschließlich diesem Einwand hat die Beklagte dann mit dem geänderten Teilanerkenntnis Rechnung getragen. Es kann daher offen bleiben, ob mit der zumindest teilweisen Ablehnung des Angebotes der Beklagten durch die Klägerin das Anerkenntnis vom 21.08.2007 insgesamt (vgl. § 146 des Bürgerlichen Gesetzbuches) oder nur teilweise erloschen ist, denn die Beklagte hat es hinsichtlich des von der Klägerin nicht beanstandeten Teils wiederholt und hierauf hat sich das Sozialgericht in seiner Teilanerkenntnis-Entscheidung gestützt.

Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für den streitigen Zeitraum wäre dann gegeben, wenn die Beklagte mit dem - geänderten - Teilanerkenntnis den Rentenanspruch allein nach § 43 SGB VI befristet hätte. Denn dann würde es sich nicht um eine befristete Rente im Sinne des § 101 Abs. 1 SGB VI handeln. § 101 Abs. 1 SGB VI sieht nur für befristete Renten wegen Erwerbsminderung eine Karenzzeit (kein Leistungsanspruch für die ersten sechs Monate der Erwerbsminderung) vor, bezieht sich somit ausschließlich auf die Befristung nach § 102 Abs. 2 SGB VI, nicht auf die Regelaltersgrenze und eine darauf beruhende Befristung nach § 43 SGB VI. In § 102 Abs. 2 SGB VI sind auch "unbefristete" Renten wegen Erwerbsminderung vorgesehen. Dies zeigt, dass es für den Eintritt der Karenzzeit maßgeblich darauf ankommt, ob und welche Befristung erfolgt. Wird der Rentenanspruch gar nicht befristet, findet § 101 Abs. 1 SGB VI keine Anwendung, sodass die Rente wegen Erwerbsminderung bei rechtzeitiger Antragstellung ( § 99 Abs. 1 SGB VI) ab dem auf den Eintritt der Erwerbsminderung folgenden Kalendermonat - und somit ohne Karenzzeit - beginnt. Wird der Rentenanspruch nach § 102 Abs. 2 SGB VI befristet, folgt aus § 101 Abs. 1 SGB VI zwingend die Karenzzeit von sechs Monaten. Wird die Rente hingegen aus anderen als den in § 102 Abs. 2 SGB VI genannten Gründen befristet, findet § 101 Abs. 1 SGB VI keine Anwendung mit der Folge, dass auch keine Karenzzeit einzuhalten ist.

Der Senat hat sich vorliegend jedoch nicht davon überzeugen können, dass die Beklagte mit ihrem Anerkenntnis den Erwerbsminderungsrentenanspruch der Klägerin ausschließlich nach § 43 SGB VI befristet hat. Die Beklagte hat zunächst mit dem Teilanerkenntnis vom 21.08.2007 einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit - wegen der Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes und damit nach § 102 Abs. 2 SGB VI - befristet bis 31.08.2009 anerkannt. Dieses Anerkenntnis hat die Beklagte zwar mit Schriftsatz vom 26.09.2007 insoweit abgeändert, als sie den Rentenanspruch wegen Vollendung des 65. Lebensjahres nur noch bis 31.05.2008 (§ 43 SGB VI) anerkannt hat, sie hat jedoch auch in diesem Schriftsatz die Befristung nach § 102 Abs. 2 SGB VI (von der Arbeitsmarktlage abhängiger Rentenanspruch und Aussicht auf Besserung der Erwerbsminderung) in einer für den objektiven Betrachter noch ausreichend erkennbaren Weise aufrecht erhalten. Wie sich aus dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren - die Befristung der Erwerbsminderungsrente beruhe auf § 102 Abs. 2 SGB VI - ergibt, hat sie dies mit ihrem Anerkenntnis auch so erklären wollen und die rechtskundig vertretene Klägerin hat dies nach ihren Ausführungen im Berufungsverfahren - die "Zeitrentengewährung" sei von der Beklagten aus medizinischer Sicht zu Unrecht erfolgt - auch so verstanden.

Da die Rente wegen voller Erwerbsminderung somit von der Beklagte zu Recht gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI befristet worden ist, beginnt diese gemäß § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit und damit vorliegend am 01.11.2005.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved