Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 P 2226/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4024/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Verminderung des Pflegegelds aus der sozialen Pflegeversicherung wegen Herabstufung aus Pflegestufe III in Pflegestufe I.
Die am 1980 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie lebt seit 2001 in der Dorfgemeinschaft T., Sozialtherapeutische Lebens- und Arbeitsgemeinschaft auf anthroposophischer Grundlage. Für diesen Aufenthalt zahlt die Beklagte unabhängig von der Einstufung in eine Pflegestufe sowie vom bewilligten Pflegegeld monatlich EUR 256,00. Sechs Wochen Ferien sowie einige verlängerte Wochenenden im Jahr verbringt die Klägerin im Haus ihrer Eltern. Die Mutter B. K. ist - auch über das Erreichen der Volljährigkeit hinaus - zur Betreuerin bestellt. Die Klägerin leidet unter einem Zustand nach frühkindlicher Hirnschädigung bei hirnorganischem Psychosyndrom mit geistiger Behinderung, expressiven Sprachstörungen sowie hypoton-ataktischer Koordinationsstörung; seit dem 12. Lebensjahr ist eine fokale Epilepsie aufgetreten. Seit Januar 1991 wurden Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach den damaligen Bestimmungen des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) bezogen. Die Beklagte leitete diese Leistungen mit Einführung der sozialen Pflegeversicherung zum 01. April 1995 in entsprechende Geldleistungen (Pflegegeld) über. Nach ursprünglicher Zuerkennung der Pflegestufe II (Bescheid vom 30. Juni 1995) wurde auf Widerspruch hin durch Bescheid vom 27. Februar 1996 Pflegestufe III bewilligt. Grundlage hierfür war das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg vom 22. Februar 1996, das einen wöchentlichen Zeitaufwand für Körperpflege von 160 Minuten, für Ernährung von 65 Minuten und für Mobilität von 80 Minuten errechnete. Im Überprüfungsverfahren nahm Dr. H. K., MDK, im Kurzgutachten nach Aktenlage vom 01. Juni 1999 zunächst einen täglichen Pflegebedarf von deutlich unter 240 Minuten an. In dem weiteren Gutachten vom 15. November 1999 kam Dr. G., MDK, auf einen täglichen Zeitaufwand von 244 Minuten (Körperpflege 98 Minuten, Ernährung 95 Minuten und Mobilität 51 Minuten). Die Beklagte teilte dem Vater der Klägerin mit, dass weiterhin Leistungen nach der Pflegestufe III erbracht würden (Bescheid vom 01. Dezember 1999).
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist eine zu Anfang 2004 eingeleitete Überprüfung. Arzt Dr. G. errechnete im Gutachten vom 20. Januar 2004 noch einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 103 Minuten pro Tag (Körperpflege 59 Minuten, Ernährung 25 Minuten, Mobilität 19 Minuten). Der Hilfebedarf habe durch intensive Förderung abgenommen. Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 04. Februar 2004 die Klägerin zur beabsichtigten Herabstufung an. Der Vater äußerte sich unter Hinweis auf den Arztbrief des Epilepsiezentrums K. (Chefarzt Prof. Dr. St.) vom 13. Januar 2004, zwar werde der jeweilige (im Gutachten festgestellte) Zeitaufwand bei den Verrichtungen der Grundpflege nicht in Frage gestellt. Wegen der Epilepsie sei aber eine regelmäßige Beobachtung insbesondere zur Verhinderung unkontrollierten Verlassens des Wohnbereichs erforderlich. Im Übrigen erfordere die tägliche Anleitung zur Selbsthilfe wesentlich höheren Zeitaufwand. Dr. G. sah keinen Anlass für eine andere Beurteilung (Beratung vom 27. Februar 2004). Durch Bescheid vom 15. März 2004 hob die Beklagte unter Bezugnahme auf das Gutachtenergebnis "den bisher gültigen Leistungsbescheid bezüglich der Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe III" zum 31. März 2004 auf und stellte ab 01. April 2004 "Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I zur Verfügung". Die Klägerin erhob Widerspruch. Die epileptischen Anfälle erforderten regelmäßige medikamentöse Behandlung. Wegen der geistigen Behinderung müsse eine Aufsichtsperson jederzeit verfügbar und einsatzbereit sein. Das Verlassen der Wohnung erfordere Hilfe. Auch die Anleitung zur Selbsthilfe sei wiederum zu wenig gewertet worden. Pflegefachkraft F. kam im Gutachten vom 02. Juni 2004 zu einem täglichen Zeitaufwand für die Grundpflege von 102 Minuten (Körperpflege 67 Minuten, Ernährung 14 Minuten und Mobilität 21 Minuten). Auf das Anhörungsschreiben vom 05. Oktober 2004 äußerte sich der Vater mit Schreiben vom 25. Oktober 2004, ein wesentlicher Unterschied im Betreuungsaufwand gegenüber den ursprünglichen Gutachten (von 1995/1999) sei nicht fühlbar. Wesentliche Fortschritte beim Waschen, Duschen/Baden, bei der Zahnpflege oder beim Wechseln von Windeln, auch beim Richten der Kleidung und beim Anziehen seien nicht erkennbar. Ebenso sei bei der Nahrungsaufnahme umfangreiche Hilfe nötig. Die drohenden Anfälle erforderten Überwachen beim Treppensteigen und auf der Straße. Pflegefachkraft F. verblieb bei ihren Darlegungen (Stellungnahme vom 21. Dezember 2004). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2005. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Vergleich zum Bewilligungszeitpunkt sei eingetreten, da gemäß dem Gutachten vom 20. Januar 2004 sich der Hilfebedarf in mehreren Bereichen reduziert habe. Durchgreifende Einwendungen gegen die Gutachtenergebnisse seien nicht ersichtlich. Die Gutachten des MDK seien schlüssig. Die ermittelten Zeitwerte seien korrekt. Sie ließen sich anhand der in den Begutachtungs-Richtlinien genannten Zeitkorridore nachvollziehen. Betreuungsbedarf sei nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehöre auch die notwendige Begleitung in der Öffentlichkeit, da diese nicht für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sei. Der maßgebliche Bescheid vom 27. Februar 1996 sei deshalb zu Recht aufgehoben worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Juni 2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug sie wiederum vor, im Vergleich zur Zeit des Inkrafttretens der Pflegeversicherung sei keine merkliche Reduzierung des Pflegeaufwands eingetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass etwa die Hilfe beim Waschen von 32 Minuten auf 18 Minuten reduziert werden solle. Beim Anziehen und dem Wechseln der Kleidung sei weiterhin Hilfestellung unumgänglich. Seit 2001 halte sie sich in der Dorfgemeinschaft T. bei D. auf. Die dort betreuenden Personen könnten seither keinerlei Änderungen im Zeitaufwand bestätigen. Die epileptischen Anfälle hielten an. Möglicherweise sei früher der Grundpflegebedarf zu hoch bewertet worden. Gleichwohl sei ohne Nachweis einer Besserung eine Rückstufung aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes aber nicht zulässig. Zu berücksichtigen sei auch der Überwachungsaufwand zum Schutz vor Gefahren (Anstellen eines Elektroherds, Trinken aus Flaschen mit nicht trinkbarem Inhalt, fehlende Beachtung des Straßenverkehrs). Dies erfordere ständige Bereitschaft. Eine andere Sichtweise sei im Zusammenhang mit der Betreuung von Behinderten unangebracht. Dies ergebe sich letztlich auch aus dem Vergleich mit dem Aufwand bei der Betreuung eines gleichaltrigen gesunden Kindes. Der gesamte Zeitraum eines Toilettengangs sei als Pflegeaufwand zu berücksichtigen. Auch wenn die Nahrungsaufnahme selbstständig erfolge, müsse diese überwacht und gegebenenfalls eingeschränkt werden. Für nächtliche Toilettengänge, die nur noch ein- bis zweimal wöchentlich anfielen, müsse die Betreuungsperson ständig in erreichbarer Nähe sein. Die Klägerin legte Berichte des Prof. Dr. St., Epilepsiezentrums K., vom 21. Dezember 2004, 03. Januar 2006 und 01. Februar 2007 vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Bescheide entgegen.
Arzt Dr. W. von der Dorfgemeinschaft T. erstattete die schriftliche Zeugenaussage vom 06. September 2005. Den Zeitaufwand für Hilfeleistungen könne er nicht im Einzelnen bestätigen.
Ärztin für Anästhesie/Praktische Ärztin Dr. A. K., Bi., erstattete nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 08. Dezember 2005. Sie errechnete einen Grundpflegebedarf von 82 Minuten pro Tag. Hiervon entfielen auf die Körperpflege 49 Minuten (Duschen und Ganzkörperwäsche durchschnittlich 18 Minuten, Händewaschen nach Toilettenbenutzung acht Minuten, Zähneputzen sechs Minuten, Kämmen zwei Minuten, Hilfe bei vier Toilettengängen zusammen 15 Minuten), Ernährung neun Minuten (Nachschöpfen dreimal drei Minuten) sowie Mobilität 24 Minuten (Aufforderung zum Zubettgehen sechs Minuten, zum Auskleiden sechs Minuten, Auswahl der Wäsche acht Minuten sowie Ankleiden nah Mittagsschlaf vier Minuten). Hinzu komme hauswirtschaftlicher Aufwand von 45 Minuten. Es sei zwar stark zu bezweifeln, ob je tatsächlich die Kriterien der Pflegestufe III erfüllt gewesen seien. Jedoch sei eine deutliche Verminderung des Pflegeaufwands nachweisbar. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 09. Januar 2006 Einwendungen (unrealistische und sachfremde Zeiterfassung, erhöhter Aufwand für Toilettengänge und Händewaschen, ständige Bereitschaft während der Nahrungsaufnahme, unumgängliche Beaufsichtigung bei der Bewegung im Freien). Eine Reduzierung des Zeitaufwands gegenüber den früheren Begutachtungen sei nach wie vor nicht nachgewiesen. Hinzu kämen die Auswirkungen der Epilepsie (vgl. hierzu neue Stellungnahme des Prof. Dr. St. vom 03. Januar 2006). Ärztin Dr. A. K. blieb in der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2006 bei ihren Darlegungen. Für die Klägerin wurde noch abschließend vorgetragen (Schriftsatz vom 07. März 2006).
Durch Gerichtsbescheid vom 03. Juli 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung schloss es sich im Wesentlichen den Aussagen der Sachverständigen Dr. A. K. an und legte ergänzend dar, die für die Klägerin erhobenen Einwendungen bezögen sich ganz überwiegend auf Anleitung und Beaufsichtigung, was aber nach dem Willen des Gesetzgebers bisher nicht einzubeziehen sei. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen den am 11. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 09. August 2007 beim SG Berufung eingelegt. Sie verbleibt dabei, sie müsse bei allen Verrichtungen der Körperpflege nachhaltig und immer wieder angeleitet sowie motiviert werden. Dies gelte insbesondere für den Toilettengang. Sie könne kaum die Reihenfolge des Ankleidens einhalten. Hinzu komme beträchtlichen Aufwand verursachender Widerstand beim Duschen und Haarewaschen. Die Auswahl und Pflege der Kleider sei selbstständig kaum möglich. Als Hilfe der Nahrungsaufnahme sei die ständige Präsenz der Betreuungsperson notwendig. Das Essen mit Messer und Gabel bereite erhebliche Schwierigkeiten. Es sei auch nicht verständlich, dass die Zubereitung des Essens nicht zur Grundpflege gehöre. Auch zum Trinken müsse sie regelmäßig angeleitet werden. Beim Benutzen der Straße sei Beaufsichtigung zur Vermeidung von Gefahren unvermeidlich. Dies gelte auch für die Bewegung in fremden Häusern. Immerhin sei im Bereich der Krankenpflege die ständige Beobachtung durch eine Fachkraft als leistungserheblich anerkannt. Die Klägerin hat die Stellungnahmen des Prof. Dr. St. vom 03. Januar 2006 und 10. Januar 2008 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Juli 2007 und den Bescheid vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die von ihr geltend gemachte wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen weiterhin für nachgewiesen. Die Verfügungssätze ihres Bescheids vom 15. März 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 erfassten bei Berücksichtigung ihres erkennbaren Willens nicht den gegenstandslos gewordenen Bescheid vom 27. Februar 1996, sondern den maßgebenden Folgebescheid vom 01. Dezember 1999. Diesen habe sie konkludent nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung ab 01. April 2004 aufgehoben.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage wegen des Bescheids vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht ab 01. April 2004 nur noch Pflegegeld nach Pflegestufe I zu, nicht mehr wie zuvor nach Pflegestufe III.
Rechtsgrundlage für die Herabsetzung der Leistung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem Bescheid vom 01. Dezember 1999 ist eingetreten, weil sich der Hilfebedarf der Klägerin wesentlich verringert hat.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2004 ist nicht bereits aus formalen Gründen aufzuheben. Dass die Beklagte im (Aufhebungs-)Bescheid vom 15. März 2004 lediglich angab, sie hebe "den bisher gültigen Leistungsbescheid bezüglich der Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III" zum 31. März 2004 auf, begründet keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot eines Verwaltungsakts nach § 33 Abs. 1 SGB X. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf den Verfügungssatz des Verwaltungsakts, nicht jedoch auf dessen Gründe. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann jedoch die Begründung des Verwaltungsakts herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht [BSG] SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 mit weiteren Nachweisen). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 15. März 2004 noch. Die Beklagte hat zum Ausdruck gebracht, dass sie ab 01. April 2004 das bislang gezahlte Pflegegeld nicht mehr nach der Pflegestufe III, sondern nur noch nach der Pflegestufe I zahlen wird. Die Klägerin und ihre Eltern haben dies auch entsprechend verstanden.
2. Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach einer bestimmten Pflegestufe ist ein "Verwaltungsakt mit Dauerwirkung" (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG a.a.O.). Dies ist hier der Bescheid der Beklagten vom 01. Dezember 1999 mit dem ihm zu Grunde liegenden MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999. Streitig ist allein die Herabsetzung des bewilligten Pflegegelds nach der Pflegestufe III in die Pflegestufe I. Die letzte Bewilligung erfolgt insoweit mit dem Bescheid der Beklagten vom 01. Dezember 1999, mit welchem sie der Klägerin allgemein "weiterhin Leistungen nach der Pflegestufe III zur Verfügung" gestellt hat. Die Beklagte hat damals nach einem Widerspruch der Klägerin gegen die von der Beklagten verfügte Herabsetzung des Pflegegelds in die Pflegestufe II die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 14 und 15 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) vollständig neu geprüft und auf Grund des im Widerspruchsverfahren eingeholten MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999 erneut und unabhängig von der früheren Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 27. Februar 1996 bejaht.
3. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist, wer einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB X wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (Nr. 1), in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (Nr. 2) und in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen (Nr. 3). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (Nr. 2) und der Mobilität (Nr. 3). Zur Grundpflege zählt demnach im Einzelnen der Hilfebedarf beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowie bei der Darm- und Blasenentleerung (Körperpflege), beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung (Ernährung) sowie beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Mobilität).
Der Zeitaufwand der Grundpflege entspricht im Falle der Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens spätestens ab 01. April 2004 nicht mehr dem für Pflegestufe III erforderlichen Zeitaufwand von mindestens vier Stunden und auch nicht dem für die Pflegestufe II erforderlichen Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden. Der Senat folgt wie das SG dem Gutachten der Dr. A. K. vom 08. Dezember 2005 mit Ergänzung vom 29. Januar 2006. Die Sachverständige hat einen Grundpflegebedarf von 82 Minuten pro Tag errechnet, was selbst von dem für Pflegestufe II erforderlichen Maß von zwei Stunden (120 Minuten) deutlich entfernt liegt, und auch dargelegt, dass gegenüber dem MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999 der Hilfebedarf sich deutlich verringert hat. Auf die Körperpflege entfallen 49 Minuten (Duschen und Ganzkörperwäsche durchschnittlich 18 Minuten, Händewaschen nach Toilettenbenutzung acht Minuten, Zähneputzen sechs Minuten, Kämmen zwei Minuten, Hilfe bei vier Toilettengängen zusammen 15 Minuten), Ernährung neun Minuten (Nachschöpfen dreimal drei Minuten) sowie Mobilität 24 Minuten (Aufforderung zum Zu-Bett-Gehen sechs Minuten, zum Auskleiden sechs Minuten, Auswahl der Wäsche acht Minuten sowie Ankleiden nach Mittagsschlaf vier Minuten). Mit den hiergegen im klägerischen Schreiben vom 09. Januar 2006 erhobenen Zweifeln und Einwendungen hat sich die Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2006 überzeugend auseinandergesetzt und insbesondere auch zutreffend dargelegt, dass zahlreiche der von der Klägerin angeführten Verrichtungen bei der Ermittlung des zeitlichen Hilfebedarfs nicht berücksichtigungsfähig sind. Eine einzelne Verrichtung, deren Zeitansatz wesentlich als verfehlt zu erachten wäre, vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht zu erkennen. Es mag zutreffen, dass die Klägerin bei der Körperpflege Widerstand leistet. Die vom SG gehörte Sachverständige Dr. A. K. ging in ihrem Gutachten bei der Haarwäsche von einem Widerstand der Klägerin aus. Die Mutter der Klägerin gab als Zeitaufwand das Duschen inklusive Haarwäsche zehn bis zwölf Minuten an. Die Sachverständige Dr. A. K. nahm für diese Verrichtung jedoch einen Zeitaufwand von 15 Minuten an (Blatt 78 SG-Akte). Zur Verrichtung der Nahrungsaufnahme zählt nur der unmittelbare Essensvorgang, keine irgendwie geartete Zubereitung oder Vorbereitung der Mahlzeit. Zubereitung oder Vorbereitung der Mahlzeit sind der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 7). Soweit es nach dem Vortrag der Klägerin erforderlich ist, Fleisch und verschiedene Gemüsearten zu schneiden sowie nachzuschöpfen, hat die Sachverständige Dr. A. K. dies in ihrem Gutachten berücksichtigt. Für die Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19 mit weiteren Nachweisen) außerhalb der Wohnung nur solche Wege beachtlich, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und bei denen das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig ist. Darunter fallen - wenn sie mindestens einmal wöchentlich anfallen - Wege zum Arzt oder Krankengymnasten, nicht aber zur Rehabilitation, zur Behindertenwerkstatt, zum auch integrativen - Kindergarten, zur Schule, zur Arbeitsstätte, zu Gottesdiensten oder Begleitungen im Rahmen von Spaziergängen als Teil der Behandlungspflege. Wöchentlich regelmäßige Besuche bei Ärzten oder Krankengymnasten erfolgen nicht. Im Übrigen hat die Klägerin die im Gutachten des Dr. G. vom 20. Januar 2004 genannten Zeitansätze nicht in Frage gestellt, sondern auf den anfallenden Zeitaufwand für die Beobachtung und Betreuung verwiesen sowie dessen zusätzliche Berücksichtigung gefordert (Schreiben ihres Vaters vom 18. Februar 2004).
Weiterer Zeitaufwand ist, auch und gerade in Kenntnis der Tatsache, dass die Klägerin wegen der geistigen Behinderung und auch wegen der drohenden Folgen des Epilepsieleidens der Beaufsichtigung zur Vermeidung von Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung sowie des bekannten örtlichen Bereichs bedarf, nicht zu berücksichtigen. Dass dieser Aufwand bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen ist, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. etwa BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Die Berechnung des Zeitaufwands ist auf den Katalog der im Gesetz abschließend aufgezählten Verrichtungen beschränkt. Hierzu gehört nicht, dass bei behinderten Menschen zur Aufrechterhaltung der Kommunikation und zur Vermeidung von Gefährdungen eine ständige Bezugsperson erforderlich ist. Die soziale Pflegeversicherung will nicht sämtliche Risiken der Pflegebedürftigkeit abdecken, sondern nur ein begrenztes gesetzgeberisches Zielprogramm verwirklichen. Die abgeschlossene Aufzählung der Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI erfasst körperliche Grundvoraussetzungen und knüpft demgemäß die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit an die Unfähigkeit zur Ausführung dieser für die Aufrechterhaltung einer eigenen Lebensführung und eines eigenen Haushalts lebensnotwendigen Verrichtungen. Auch dass die Pflegepersonen durch den Beaufsichtigungsaufwand keine anderweitigen Beschäftigungen ausüben können, soll von der Pflegeversicherung nicht ausgeglichen werden. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des BSG vom 10. November 2005 (SozR 4-2500 § 37 Nr. 6). Diese Entscheidung betraf nicht Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XI, sondern den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungssicherungspflege nach § 37 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der neben dem Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege besteht.
Dass nach den Darlegungen der Sachverständigen Dr. K. stark zu bezweifeln sei, ob je die Kriterien der Pflegestufe III erfüllt gewesen sind, darf nach den obigen Darlegungen unerheblich bleiben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) ist nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Verminderung des Pflegegelds aus der sozialen Pflegeversicherung wegen Herabstufung aus Pflegestufe III in Pflegestufe I.
Die am 1980 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie lebt seit 2001 in der Dorfgemeinschaft T., Sozialtherapeutische Lebens- und Arbeitsgemeinschaft auf anthroposophischer Grundlage. Für diesen Aufenthalt zahlt die Beklagte unabhängig von der Einstufung in eine Pflegestufe sowie vom bewilligten Pflegegeld monatlich EUR 256,00. Sechs Wochen Ferien sowie einige verlängerte Wochenenden im Jahr verbringt die Klägerin im Haus ihrer Eltern. Die Mutter B. K. ist - auch über das Erreichen der Volljährigkeit hinaus - zur Betreuerin bestellt. Die Klägerin leidet unter einem Zustand nach frühkindlicher Hirnschädigung bei hirnorganischem Psychosyndrom mit geistiger Behinderung, expressiven Sprachstörungen sowie hypoton-ataktischer Koordinationsstörung; seit dem 12. Lebensjahr ist eine fokale Epilepsie aufgetreten. Seit Januar 1991 wurden Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit nach den damaligen Bestimmungen des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) bezogen. Die Beklagte leitete diese Leistungen mit Einführung der sozialen Pflegeversicherung zum 01. April 1995 in entsprechende Geldleistungen (Pflegegeld) über. Nach ursprünglicher Zuerkennung der Pflegestufe II (Bescheid vom 30. Juni 1995) wurde auf Widerspruch hin durch Bescheid vom 27. Februar 1996 Pflegestufe III bewilligt. Grundlage hierfür war das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg vom 22. Februar 1996, das einen wöchentlichen Zeitaufwand für Körperpflege von 160 Minuten, für Ernährung von 65 Minuten und für Mobilität von 80 Minuten errechnete. Im Überprüfungsverfahren nahm Dr. H. K., MDK, im Kurzgutachten nach Aktenlage vom 01. Juni 1999 zunächst einen täglichen Pflegebedarf von deutlich unter 240 Minuten an. In dem weiteren Gutachten vom 15. November 1999 kam Dr. G., MDK, auf einen täglichen Zeitaufwand von 244 Minuten (Körperpflege 98 Minuten, Ernährung 95 Minuten und Mobilität 51 Minuten). Die Beklagte teilte dem Vater der Klägerin mit, dass weiterhin Leistungen nach der Pflegestufe III erbracht würden (Bescheid vom 01. Dezember 1999).
Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist eine zu Anfang 2004 eingeleitete Überprüfung. Arzt Dr. G. errechnete im Gutachten vom 20. Januar 2004 noch einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 103 Minuten pro Tag (Körperpflege 59 Minuten, Ernährung 25 Minuten, Mobilität 19 Minuten). Der Hilfebedarf habe durch intensive Förderung abgenommen. Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 04. Februar 2004 die Klägerin zur beabsichtigten Herabstufung an. Der Vater äußerte sich unter Hinweis auf den Arztbrief des Epilepsiezentrums K. (Chefarzt Prof. Dr. St.) vom 13. Januar 2004, zwar werde der jeweilige (im Gutachten festgestellte) Zeitaufwand bei den Verrichtungen der Grundpflege nicht in Frage gestellt. Wegen der Epilepsie sei aber eine regelmäßige Beobachtung insbesondere zur Verhinderung unkontrollierten Verlassens des Wohnbereichs erforderlich. Im Übrigen erfordere die tägliche Anleitung zur Selbsthilfe wesentlich höheren Zeitaufwand. Dr. G. sah keinen Anlass für eine andere Beurteilung (Beratung vom 27. Februar 2004). Durch Bescheid vom 15. März 2004 hob die Beklagte unter Bezugnahme auf das Gutachtenergebnis "den bisher gültigen Leistungsbescheid bezüglich der Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe III" zum 31. März 2004 auf und stellte ab 01. April 2004 "Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I zur Verfügung". Die Klägerin erhob Widerspruch. Die epileptischen Anfälle erforderten regelmäßige medikamentöse Behandlung. Wegen der geistigen Behinderung müsse eine Aufsichtsperson jederzeit verfügbar und einsatzbereit sein. Das Verlassen der Wohnung erfordere Hilfe. Auch die Anleitung zur Selbsthilfe sei wiederum zu wenig gewertet worden. Pflegefachkraft F. kam im Gutachten vom 02. Juni 2004 zu einem täglichen Zeitaufwand für die Grundpflege von 102 Minuten (Körperpflege 67 Minuten, Ernährung 14 Minuten und Mobilität 21 Minuten). Auf das Anhörungsschreiben vom 05. Oktober 2004 äußerte sich der Vater mit Schreiben vom 25. Oktober 2004, ein wesentlicher Unterschied im Betreuungsaufwand gegenüber den ursprünglichen Gutachten (von 1995/1999) sei nicht fühlbar. Wesentliche Fortschritte beim Waschen, Duschen/Baden, bei der Zahnpflege oder beim Wechseln von Windeln, auch beim Richten der Kleidung und beim Anziehen seien nicht erkennbar. Ebenso sei bei der Nahrungsaufnahme umfangreiche Hilfe nötig. Die drohenden Anfälle erforderten Überwachen beim Treppensteigen und auf der Straße. Pflegefachkraft F. verblieb bei ihren Darlegungen (Stellungnahme vom 21. Dezember 2004). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2005. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Vergleich zum Bewilligungszeitpunkt sei eingetreten, da gemäß dem Gutachten vom 20. Januar 2004 sich der Hilfebedarf in mehreren Bereichen reduziert habe. Durchgreifende Einwendungen gegen die Gutachtenergebnisse seien nicht ersichtlich. Die Gutachten des MDK seien schlüssig. Die ermittelten Zeitwerte seien korrekt. Sie ließen sich anhand der in den Begutachtungs-Richtlinien genannten Zeitkorridore nachvollziehen. Betreuungsbedarf sei nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehöre auch die notwendige Begleitung in der Öffentlichkeit, da diese nicht für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sei. Der maßgebliche Bescheid vom 27. Februar 1996 sei deshalb zu Recht aufgehoben worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Juni 2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug sie wiederum vor, im Vergleich zur Zeit des Inkrafttretens der Pflegeversicherung sei keine merkliche Reduzierung des Pflegeaufwands eingetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass etwa die Hilfe beim Waschen von 32 Minuten auf 18 Minuten reduziert werden solle. Beim Anziehen und dem Wechseln der Kleidung sei weiterhin Hilfestellung unumgänglich. Seit 2001 halte sie sich in der Dorfgemeinschaft T. bei D. auf. Die dort betreuenden Personen könnten seither keinerlei Änderungen im Zeitaufwand bestätigen. Die epileptischen Anfälle hielten an. Möglicherweise sei früher der Grundpflegebedarf zu hoch bewertet worden. Gleichwohl sei ohne Nachweis einer Besserung eine Rückstufung aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes aber nicht zulässig. Zu berücksichtigen sei auch der Überwachungsaufwand zum Schutz vor Gefahren (Anstellen eines Elektroherds, Trinken aus Flaschen mit nicht trinkbarem Inhalt, fehlende Beachtung des Straßenverkehrs). Dies erfordere ständige Bereitschaft. Eine andere Sichtweise sei im Zusammenhang mit der Betreuung von Behinderten unangebracht. Dies ergebe sich letztlich auch aus dem Vergleich mit dem Aufwand bei der Betreuung eines gleichaltrigen gesunden Kindes. Der gesamte Zeitraum eines Toilettengangs sei als Pflegeaufwand zu berücksichtigen. Auch wenn die Nahrungsaufnahme selbstständig erfolge, müsse diese überwacht und gegebenenfalls eingeschränkt werden. Für nächtliche Toilettengänge, die nur noch ein- bis zweimal wöchentlich anfielen, müsse die Betreuungsperson ständig in erreichbarer Nähe sein. Die Klägerin legte Berichte des Prof. Dr. St., Epilepsiezentrums K., vom 21. Dezember 2004, 03. Januar 2006 und 01. Februar 2007 vor.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Bescheide entgegen.
Arzt Dr. W. von der Dorfgemeinschaft T. erstattete die schriftliche Zeugenaussage vom 06. September 2005. Den Zeitaufwand für Hilfeleistungen könne er nicht im Einzelnen bestätigen.
Ärztin für Anästhesie/Praktische Ärztin Dr. A. K., Bi., erstattete nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 08. Dezember 2005. Sie errechnete einen Grundpflegebedarf von 82 Minuten pro Tag. Hiervon entfielen auf die Körperpflege 49 Minuten (Duschen und Ganzkörperwäsche durchschnittlich 18 Minuten, Händewaschen nach Toilettenbenutzung acht Minuten, Zähneputzen sechs Minuten, Kämmen zwei Minuten, Hilfe bei vier Toilettengängen zusammen 15 Minuten), Ernährung neun Minuten (Nachschöpfen dreimal drei Minuten) sowie Mobilität 24 Minuten (Aufforderung zum Zubettgehen sechs Minuten, zum Auskleiden sechs Minuten, Auswahl der Wäsche acht Minuten sowie Ankleiden nah Mittagsschlaf vier Minuten). Hinzu komme hauswirtschaftlicher Aufwand von 45 Minuten. Es sei zwar stark zu bezweifeln, ob je tatsächlich die Kriterien der Pflegestufe III erfüllt gewesen seien. Jedoch sei eine deutliche Verminderung des Pflegeaufwands nachweisbar. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 09. Januar 2006 Einwendungen (unrealistische und sachfremde Zeiterfassung, erhöhter Aufwand für Toilettengänge und Händewaschen, ständige Bereitschaft während der Nahrungsaufnahme, unumgängliche Beaufsichtigung bei der Bewegung im Freien). Eine Reduzierung des Zeitaufwands gegenüber den früheren Begutachtungen sei nach wie vor nicht nachgewiesen. Hinzu kämen die Auswirkungen der Epilepsie (vgl. hierzu neue Stellungnahme des Prof. Dr. St. vom 03. Januar 2006). Ärztin Dr. A. K. blieb in der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2006 bei ihren Darlegungen. Für die Klägerin wurde noch abschließend vorgetragen (Schriftsatz vom 07. März 2006).
Durch Gerichtsbescheid vom 03. Juli 2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung schloss es sich im Wesentlichen den Aussagen der Sachverständigen Dr. A. K. an und legte ergänzend dar, die für die Klägerin erhobenen Einwendungen bezögen sich ganz überwiegend auf Anleitung und Beaufsichtigung, was aber nach dem Willen des Gesetzgebers bisher nicht einzubeziehen sei. Auf die Entscheidungsgründe wird im Übrigen Bezug genommen.
Gegen den am 11. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 09. August 2007 beim SG Berufung eingelegt. Sie verbleibt dabei, sie müsse bei allen Verrichtungen der Körperpflege nachhaltig und immer wieder angeleitet sowie motiviert werden. Dies gelte insbesondere für den Toilettengang. Sie könne kaum die Reihenfolge des Ankleidens einhalten. Hinzu komme beträchtlichen Aufwand verursachender Widerstand beim Duschen und Haarewaschen. Die Auswahl und Pflege der Kleider sei selbstständig kaum möglich. Als Hilfe der Nahrungsaufnahme sei die ständige Präsenz der Betreuungsperson notwendig. Das Essen mit Messer und Gabel bereite erhebliche Schwierigkeiten. Es sei auch nicht verständlich, dass die Zubereitung des Essens nicht zur Grundpflege gehöre. Auch zum Trinken müsse sie regelmäßig angeleitet werden. Beim Benutzen der Straße sei Beaufsichtigung zur Vermeidung von Gefahren unvermeidlich. Dies gelte auch für die Bewegung in fremden Häusern. Immerhin sei im Bereich der Krankenpflege die ständige Beobachtung durch eine Fachkraft als leistungserheblich anerkannt. Die Klägerin hat die Stellungnahmen des Prof. Dr. St. vom 03. Januar 2006 und 10. Januar 2008 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Juli 2007 und den Bescheid vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die von ihr geltend gemachte wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen weiterhin für nachgewiesen. Die Verfügungssätze ihres Bescheids vom 15. März 2004 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 erfassten bei Berücksichtigung ihres erkennbaren Willens nicht den gegenstandslos gewordenen Bescheid vom 27. Februar 1996, sondern den maßgebenden Folgebescheid vom 01. Dezember 1999. Diesen habe sie konkludent nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung ab 01. April 2004 aufgehoben.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage wegen des Bescheids vom 15. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2005 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht ab 01. April 2004 nur noch Pflegegeld nach Pflegestufe I zu, nicht mehr wie zuvor nach Pflegestufe III.
Rechtsgrundlage für die Herabsetzung der Leistung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem Bescheid vom 01. Dezember 1999 ist eingetreten, weil sich der Hilfebedarf der Klägerin wesentlich verringert hat.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2004 ist nicht bereits aus formalen Gründen aufzuheben. Dass die Beklagte im (Aufhebungs-)Bescheid vom 15. März 2004 lediglich angab, sie hebe "den bisher gültigen Leistungsbescheid bezüglich der Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III" zum 31. März 2004 auf, begründet keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot eines Verwaltungsakts nach § 33 Abs. 1 SGB X. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf den Verfügungssatz des Verwaltungsakts, nicht jedoch auf dessen Gründe. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann jedoch die Begründung des Verwaltungsakts herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht [BSG] SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 mit weiteren Nachweisen). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 15. März 2004 noch. Die Beklagte hat zum Ausdruck gebracht, dass sie ab 01. April 2004 das bislang gezahlte Pflegegeld nicht mehr nach der Pflegestufe III, sondern nur noch nach der Pflegestufe I zahlen wird. Die Klägerin und ihre Eltern haben dies auch entsprechend verstanden.
2. Die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach einer bestimmten Pflegestufe ist ein "Verwaltungsakt mit Dauerwirkung" (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (BSG a.a.O.). Dies ist hier der Bescheid der Beklagten vom 01. Dezember 1999 mit dem ihm zu Grunde liegenden MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999. Streitig ist allein die Herabsetzung des bewilligten Pflegegelds nach der Pflegestufe III in die Pflegestufe I. Die letzte Bewilligung erfolgt insoweit mit dem Bescheid der Beklagten vom 01. Dezember 1999, mit welchem sie der Klägerin allgemein "weiterhin Leistungen nach der Pflegestufe III zur Verfügung" gestellt hat. Die Beklagte hat damals nach einem Widerspruch der Klägerin gegen die von der Beklagten verfügte Herabsetzung des Pflegegelds in die Pflegestufe II die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 14 und 15 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) vollständig neu geprüft und auf Grund des im Widerspruchsverfahren eingeholten MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999 erneut und unabhängig von der früheren Leistungsbewilligung durch Bescheid vom 27. Februar 1996 bejaht.
3. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist, wer einer der drei Pflegestufen zugeordnet ist. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB X wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (Nr. 1), in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (Nr. 2) und in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen (Nr. 3). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (Nr. 2) und der Mobilität (Nr. 3). Zur Grundpflege zählt demnach im Einzelnen der Hilfebedarf beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowie bei der Darm- und Blasenentleerung (Körperpflege), beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung (Ernährung) sowie beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Mobilität).
Der Zeitaufwand der Grundpflege entspricht im Falle der Klägerin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens spätestens ab 01. April 2004 nicht mehr dem für Pflegestufe III erforderlichen Zeitaufwand von mindestens vier Stunden und auch nicht dem für die Pflegestufe II erforderlichen Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden. Der Senat folgt wie das SG dem Gutachten der Dr. A. K. vom 08. Dezember 2005 mit Ergänzung vom 29. Januar 2006. Die Sachverständige hat einen Grundpflegebedarf von 82 Minuten pro Tag errechnet, was selbst von dem für Pflegestufe II erforderlichen Maß von zwei Stunden (120 Minuten) deutlich entfernt liegt, und auch dargelegt, dass gegenüber dem MDK-Gutachtens des Dr. G. vom 15. November 1999 der Hilfebedarf sich deutlich verringert hat. Auf die Körperpflege entfallen 49 Minuten (Duschen und Ganzkörperwäsche durchschnittlich 18 Minuten, Händewaschen nach Toilettenbenutzung acht Minuten, Zähneputzen sechs Minuten, Kämmen zwei Minuten, Hilfe bei vier Toilettengängen zusammen 15 Minuten), Ernährung neun Minuten (Nachschöpfen dreimal drei Minuten) sowie Mobilität 24 Minuten (Aufforderung zum Zu-Bett-Gehen sechs Minuten, zum Auskleiden sechs Minuten, Auswahl der Wäsche acht Minuten sowie Ankleiden nach Mittagsschlaf vier Minuten). Mit den hiergegen im klägerischen Schreiben vom 09. Januar 2006 erhobenen Zweifeln und Einwendungen hat sich die Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme vom 29. Januar 2006 überzeugend auseinandergesetzt und insbesondere auch zutreffend dargelegt, dass zahlreiche der von der Klägerin angeführten Verrichtungen bei der Ermittlung des zeitlichen Hilfebedarfs nicht berücksichtigungsfähig sind. Eine einzelne Verrichtung, deren Zeitansatz wesentlich als verfehlt zu erachten wäre, vermag der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht zu erkennen. Es mag zutreffen, dass die Klägerin bei der Körperpflege Widerstand leistet. Die vom SG gehörte Sachverständige Dr. A. K. ging in ihrem Gutachten bei der Haarwäsche von einem Widerstand der Klägerin aus. Die Mutter der Klägerin gab als Zeitaufwand das Duschen inklusive Haarwäsche zehn bis zwölf Minuten an. Die Sachverständige Dr. A. K. nahm für diese Verrichtung jedoch einen Zeitaufwand von 15 Minuten an (Blatt 78 SG-Akte). Zur Verrichtung der Nahrungsaufnahme zählt nur der unmittelbare Essensvorgang, keine irgendwie geartete Zubereitung oder Vorbereitung der Mahlzeit. Zubereitung oder Vorbereitung der Mahlzeit sind der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr. 7). Soweit es nach dem Vortrag der Klägerin erforderlich ist, Fleisch und verschiedene Gemüsearten zu schneiden sowie nachzuschöpfen, hat die Sachverständige Dr. A. K. dies in ihrem Gutachten berücksichtigt. Für die Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19 mit weiteren Nachweisen) außerhalb der Wohnung nur solche Wege beachtlich, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und bei denen das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig ist. Darunter fallen - wenn sie mindestens einmal wöchentlich anfallen - Wege zum Arzt oder Krankengymnasten, nicht aber zur Rehabilitation, zur Behindertenwerkstatt, zum auch integrativen - Kindergarten, zur Schule, zur Arbeitsstätte, zu Gottesdiensten oder Begleitungen im Rahmen von Spaziergängen als Teil der Behandlungspflege. Wöchentlich regelmäßige Besuche bei Ärzten oder Krankengymnasten erfolgen nicht. Im Übrigen hat die Klägerin die im Gutachten des Dr. G. vom 20. Januar 2004 genannten Zeitansätze nicht in Frage gestellt, sondern auf den anfallenden Zeitaufwand für die Beobachtung und Betreuung verwiesen sowie dessen zusätzliche Berücksichtigung gefordert (Schreiben ihres Vaters vom 18. Februar 2004).
Weiterer Zeitaufwand ist, auch und gerade in Kenntnis der Tatsache, dass die Klägerin wegen der geistigen Behinderung und auch wegen der drohenden Folgen des Epilepsieleidens der Beaufsichtigung zur Vermeidung von Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bewegung innerhalb und außerhalb der Wohnung sowie des bekannten örtlichen Bereichs bedarf, nicht zu berücksichtigen. Dass dieser Aufwand bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen ist, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. etwa BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6). Die Berechnung des Zeitaufwands ist auf den Katalog der im Gesetz abschließend aufgezählten Verrichtungen beschränkt. Hierzu gehört nicht, dass bei behinderten Menschen zur Aufrechterhaltung der Kommunikation und zur Vermeidung von Gefährdungen eine ständige Bezugsperson erforderlich ist. Die soziale Pflegeversicherung will nicht sämtliche Risiken der Pflegebedürftigkeit abdecken, sondern nur ein begrenztes gesetzgeberisches Zielprogramm verwirklichen. Die abgeschlossene Aufzählung der Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI erfasst körperliche Grundvoraussetzungen und knüpft demgemäß die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit an die Unfähigkeit zur Ausführung dieser für die Aufrechterhaltung einer eigenen Lebensführung und eines eigenen Haushalts lebensnotwendigen Verrichtungen. Auch dass die Pflegepersonen durch den Beaufsichtigungsaufwand keine anderweitigen Beschäftigungen ausüben können, soll von der Pflegeversicherung nicht ausgeglichen werden. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des BSG vom 10. November 2005 (SozR 4-2500 § 37 Nr. 6). Diese Entscheidung betraf nicht Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XI, sondern den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungssicherungspflege nach § 37 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), der neben dem Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege besteht.
Dass nach den Darlegungen der Sachverständigen Dr. K. stark zu bezweifeln sei, ob je die Kriterien der Pflegestufe III erfüllt gewesen sind, darf nach den obigen Darlegungen unerheblich bleiben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) ist nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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