L 9 R 4305/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 862/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4305/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1954 geborene Klägerin, eine griechische Staatsangehörige, war im Zeitraum von Juni 1973 bis März 1990 in Deutschland als ungelernte Arbeiterin, zuletzt ab 1978 als Prüferin bei der Firma Diehl, versicherungspflichtig beschäftigt. Von Januar 1994 bis September 2002 war sie in Griechenland in der Landwirtschaft tätig. Seit Oktober 2002, derzeit befristet bis 31. Oktober 2008, bezieht sie vom griechischen Versicherungsträger eine Rente wegen eines Grades der Invalidität von 67 %.

Die Klägerin litt schon 1987 unter psychischen Beschwerden und war wegen eines HWS-Syndroms und eines psychovegetativen Erschöpfungszustandes bereits 1989 arbeitsunfähig sowie im November 1993 wegen akuter Depression und Hyperventilationssyndrom in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus Lauf an der Pegnitz.

Am 04. Oktober 2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Auswertung vorgelegter Unterlagen (Gutachten und Feststellung der Gesundheitskommission des griechischen Versicherungsträgers vom 19. März 2003 [erwähnt u. a.: stationäre Behandlungen im April und September 2002 sowie die gutachterliche Äußerung der Psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses Drama vom 11. Oktober 2002, wonach eine chronische starke Depression bei ständiger ärztlicher Beobachtung und medikamentöser Behandlung bestehe; Diagnose: depressives Syndrom; 67 % Invalidität voraussichtlich vom 04. Oktober 2002 bis 31. Oktober 2005]) gelangte Dr. W. in der Stellungnahme vom 09. September 2003 unter Übernahme der Diagnose eines depressiven Syndroms zum Ergebnis, die Klägerin könne leichte Arbeiten ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Klettern oder Steigen sowie ohne Absturzgefahr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden und länger verrichten.

Mit Bescheid vom 06. Oktober 2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab.

Auf den Widerspruch der Klägerin und nach Eingang ärztlicher Äußerungen (u.a. Gutachten des Dr. P. vom 21. Mai 2001 [die Klägerin leide an Depressionen mit begleitendem Stress sowie sozialen Ängsten und zwangsbedingten Taten und sei nicht im Stande, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen], des Psychiaters A. vom 07. November 2003 [starke Depression und Unfähigkeit, zu arbeiten], des Neurologen A. vom 07. November 2003 [seit Oktober 2000 wiederholt starke Depression mit häufigen Rückfällen und ständiger Behandlung sowie Unfähigkeit, zu arbeiten] sowie des Dr. P. vom 10. November 2003 [Depression, soziale Ängste, zwangsbedingte Taten; die Klägerin sei unfähig eine Arbeit zu verrichten]) holte die Beklagte ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. vom 15. Juni 2004 ein. Dieser gelangte nach einer Untersuchung zum Ergebnis, die Klägerin leide unter einer neurotischen Depression mit psychosomatischen Störungen sowie einer Lumboischialgie links. Bei der ausführlichen neurologischen Untersuchung seien bis auf ein Laseque`sches Zeichen links keine neurologischen Anzeichen feststellbar gewesen. Aus rein psychiatrischer Sicht bestünden eine rezidivierende depressive Störung bei aktuell leichtgradiger Episode bzw. eine neurotische Depression, die medikamentös gut eingestellt sei. Typische Folgen und Nebenwirkungen der Medikation seien nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung der Akten, der Vorgeschichte und des Untersuchungsergebnisses sei die Klägerin durch die körperlichen Beschwerden und psychischen Störungen nicht wesentlich eingeschränkt. Sie könne einfache körperliche Arbeiten vorwiegend im Sitzen und mit häufigen Pausen sowie weiteren - näher beschriebenen - qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. In Auswertung dessen kam Dr. G. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24. September 2004 zum Ergebnis, die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen oder Gehen und überwiegend im Sitzen - ohne besonderen Zeitdruck, häufiges Heben und Tragen von Lasten, längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, Knien und Hocken, Klettern und Steigen sowie ohne besondere Belastungen durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe - vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr verrichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Deswegen hat die Klägerin am 17. Februar 2005 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und geltend gemacht, sie leide unter einer neurotischen Depression mit psychosomatischen Störungen, Verschleißerscheinungen der LWS mit Nervenwurzelreizerscheinungen sowie weiteren Beschwerden. Auch zu leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sei sie nicht mehr in der Lage. Hierzu hat sie ärztliche Äußerungen, u. a. des Psychiaters A. vom 11. Oktober 2002, 7. November 2003 und 1. März 2005, des Neurologen A. vom 03. Februar und 7. November 2003 und des Dr. P. vom 02. Juni 2004, die im Wesentlichen eine "Major-Depression" mit häufigen Rezidiven und eine ständige medikamentöse Behandlung bestätigt haben (Dr. P. auch Angst, psychosomatische Störungen, obsessive Handlungen, phobische Reaktionen, Anhedonie, leichte Ermüdbarkeit u. a.; Psychiater A. zuletzt: Dysthymie und Panikstörung), der Dr. A. vom 20. Oktober 2004 (Spondylose der HWS und LWS mit Cervikobrachialgie links und Lumboischalgie beidseitig, Epicondylitis links), des Orthopäden T. vom 29. September 2004 (Lumboischalgie links), des Orthopäden C. vom 29. September 2004 (Lumbaldiscopathie mit Erfordernis einer Lendenstütze) sowie Berichte über eine Röntgenuntersuchung vom 20. Oktober 2004 (degenerative Veränderungen der HWS mit Stenose des Intervertebralraumes C5/6, Stenose des Intervertebralraumes L4/5 und L5/S1) und über ein MRT von HWS und LWS der Ärztin P. vom 20. Oktober 2004 (Bandscheiben[BS]-Degenerationen im Bereich der HWS bei physiologischer Wirbelkanalbreite und physiologischem Magnetresonanzsignal aus dem Rückenmark der HWS, BS-Veränderungen im Bereich der LWS) und einen Bericht der erstinstanzlichen Gesundheitskommission des griechischen Rentenversicherungsträgers vom 06. Juni 2005 (Major-Depression, degenerative Spondylarthropathie HWS und LWS mit Wurzelreizerscheinungen; Grad der Invalidität 67 % bis 31. Oktober 2008) vorgelegt.

Die Beklagte hat u. a. die Entscheidung der Gesundheitskommission des IKA-Gesundheitsdienstes Drama vom 06. Juli 2005 (Erwähnung weiterer Untersuchungsergebnisse und Festlegung eines Invaliditätsgrads von 67 % bis 31. Oktober 2008) und ärztliche Stellungnahmen des Dr. G. vom 15. Juli 2005 und 06. Oktober 2006 vorgelegt. Er hat mit Hinweis auf das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. K. vom 15. Juni 2004 und unter Berücksichtigung der weiteren ärztlichen Äußerungen die Auffassung vertreten, die Klägerin könne leichte Arbeiten zweifellos vollschichtig verrichten. Auch in den weiteren vorgelegten Unterlagen seien die gleichen bekannten Krankheitsbilder beschrieben. Eine Verschlimmerung sei nicht erkennbar. Die erwähnten orthopädischen Beschwerden belegten bei fehlenden neurologischen Defiziten gemäß dem Gutachten von Prof. Dr. K. keine quantitative Minderung des Leistungsvermögens.

Mit Urteil vom 22. Mai 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung der bei der Klägerin bestehenden Leiden, deren Schwerpunkt auf dem Gebiet der Psychiatrie, Neurologie und Orthopädie liege, seien leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das der Klägerin am 10. Juli 2007 zum Zwecke der Zustellung nach Griechenland übersandte Urteil hat die Klägerin am 03. September 2007 Berufung eingelegt. Sie wiederholt im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, zu einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage zu sein.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2004 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung auf Grund des Antrags vom 04. Oktober 2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. vom 27. Dezember 2007 eingeholt, das dieser auf Grund einer Untersuchung der Klägerin und unter Berücksichtigung des von dieser vorgelegten Gesundheitsbuchs erstattet hat. Die Klägerin gebe an, es gehe ihr gut, jedoch nehme sie weiterhin Medikamente ein. Sie könne noch nicht arbeiten, fühle sich müde, erschöpft, leide an Schlafstörungen und schrecklichen Alpträumen. Bei der neurologischen Untersuchung seien Kopf und Wirbelsäule frei beweglich und klopfunempfindlich gewesen. Auch die LWS sei nach allen Richtungen frei beweglich gewesen. Bei der psychischen Untersuchung habe sich die Klägerin völlig negativ und apathisch verhalten. Sie habe vergebens versucht, das Erscheinungsbild einer organischen Demenz grob zu demonstrieren. Im weiteren Verlauf sei sie wach und allseits orientiert geworden und es habe keine Hinweise auf formale oder inhaltliche Denkstörungen gegeben. Auch seien Aufmerksamkeit und Konzentration unauffällig gewesen. Bei der neuropsychologischen Untersuchung habe sich eine Leistung im Normbereich entsprechend der Ausbildung gezeigt. Weiter hätten sich keine Anhaltspunkte für eine gravierende Depression oder paranoide Psychose ergeben. In der Stimmungslage sei eine leichte depressive Symptomatik feststellbar. Es lägen eine neurotische Depression mit psychosomatischen Störungen und eine Lumboischialgie beidseits vor. Die seelisch bedingten Störungen hätten keinen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Die Lumboischialgie begründe bei fehlenden neurologischen Defiziten keine quantitative Leistungsminderung. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien möglich. Einschränkungen bestünden hinsichtlich Tätigkeiten mit überwiegendem Stehen oder Gehen, mit Tragen und Heben von Lasten sowie Arbeiten in Nacht- und Wechselschicht und besonderer geistiger Beanspruchung. Häufiges Bücken, Steigen auf Leitern, im Akkord und am Fließband sowie Arbeiten auf Gerüsten sollten nicht anfallen. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten, z.B. Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Verpacken sowie Zusammensetzen von Teilen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig bzw. sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Zu meiden seien Arbeiten mit Publikumsverkehr, mit besonderer geistiger und nervlicher Beanspruchung sowie erhöhter oder hoher Verantwortung. Aus neuropsychiatrischer Sicht könne die Klägerin täglich vier Mal eine Wegstrecke von 500 Meter in jeweils 20 Minuten zurücklegen und zwei Mal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit benützen. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sei seit 01. Januar 2000 nicht eingetreten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die vorstehenden Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin ist seit ihrem Rentenantrag vom 4. Oktober 2002 unverändert in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dies ergibt sich schlüssig und überzeugend aus dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. K. vom 27. Dezember 2007 und seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten vom 15. Juni 2004, das im Wege der Urkundenbeweises verwertet wird.

Danach steht im Vordergrund der Leiden der Klägerin eine seit Jahren bestehende neurotische Depression mit psychosomatischen Störungen. Außerdem leidet sie an einer Lumboischialgie, die im Jahre 2004 nur linksseitig auftrat und jetzt beiderseits besteht. Eine Major Depression, wie sie im Gutachten des Allgemeinen Krankenhauses Drama vom 21. Juni 2005 festgestellt wurde, hat der Sachverständige nicht bestätigt. Vielmehr hat er in beiden Gutachten darauf hingewiesen, dass die psychische Erkrankung der Klägerin sachgerecht behandelt wird und sie medikamentös optimal eingestellt ist, ohne dass die Medikation unerwünschte Nebenwirkungen hervorruft. Wie sich aus der Anamnese ergibt, verfügt die Klägerin auch durchaus noch über eine Tagesstruktur. Sie frühstückt morgens, geht spazieren, trinkt mit Nachbarinnen Kaffee und beschäftigt sich Nachmittags mit ihren Enkelkindern. Außerdem sieht sie fern. Schließlich konnten - nach anfänglichen demonstrativen Tendenzen - im Laufe der Exploration auch keine Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration bei der Klägerin festgestellt werden. Wesentliche funktionelle Einschränkungen, die auch zu einer quantitativen Minderung des Leistungsvermögens führen würden, resultieren aus der neurotischen Depression daher nicht. Hinsichtlich der Lumboischialgie bestehen keine neurologischen Defizite. Im übrigen waren auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. K. die HWS und die LWS frei beweglich und haben sich auch hinsichtlich der Extremitäten keine wesentlichen funktionellen Defizite ergeben.

Daher lässt sich eine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht begründen. Sie kann mindestens sechs Stunden am Tag erwerbstätig sein. Allerdings bestehen qualitative Einschränkungen. So kann die Klägerin nur leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne überwiegendes Stehen oder Gehen, Tragen und Heben von Lasten, ohne Arbeiten mit Nacht- und Wechselschicht, ohne Publikumsverkehr und besondere geistige und nervliche Beanspruchung sowie ohne erhöhte oder hohe Verantwortung, ohne häufiges Bücken, Steigen auf Leitern, ohne Akkord und Fließbandarbeit, ohne Arbeiten auf Gerüsten - verrichten. Möglich sind ihr aber insbesondere Arbeiten mit Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen.

Die aus den Erkrankungen resultierenden qualitativen Einschränkungen ergeben somit weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Tätigkeit erforderlich machen würde (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) und sie bedingen auch keine derartige Einschränkung, dass die Klägerin nur auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar ist, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten, die nicht nur unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Insbesondere liegt auch keine Einschränkung des Arbeitsweges in relevantem Ausmaß vor. Sie kann zur Überzeugung des Senats mehr als 500 Meter vier Mal arbeitstäglich auf dem Weg zur Arbeit und von der Arbeit nach Hause in zumindest knapp 20 Minuten zurückzulegen und auch während der Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Eine wesentliche Einschränkung der Wegefähigkeit ergibt sich nach den Feststellungen des Prof. Dr. K. nicht.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie könne keine sechs oder acht Stunden arbeiten und auch keine 200 Meter zu Fuß gehen, sind unter Berücksichtigung des Ergebnisses der körperlichen Untersuchung durch Prof. Dr. K. entsprechende Einschränkungen nicht feststellbar. Soweit die Klägerin auf eine zu erwartende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes hinweist, ist eine solche - so lange sie nicht eingetreten ist - für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht von Bedeutung.

Im übrigen ist die Klägerin auch nicht berufsunfähig. Auf Grund ihrer zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeiten, für die sie eine Ausbildung nicht benötigte, ist die Klägerin grundsätzlich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens und deren Nachweis ergibt sich auch nicht aus der Festlegung eines Invaliditätsgrades von 67 % durch den griechischen Rentenversicherungsträger. Diese Feststellungen sind für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten im Sinn von Artikel 40 Abs. 4 EWG-Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABL. EG 1971 Nr. L 149/2 ff.) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmungserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bislang nicht vor (vgl. unter anderem Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 09. Juli 2001, B 13 RJ 61/01 B und BSG in SozR 3-6050 Artikel 40 Nr. 3).

Da die Beklagte sonach zu Recht die Gewährung von Rente abgelehnt hat, ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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