Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 4007/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 191/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2007 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Streit.
Der 1956 geborene Kläger arbeitete zuletzt vom 01.01.1998 befristet bis zum 31.03.2004 für die Firma T. GmbH. In der Arbeitgeberbescheinigung der T. GmbH vom 02.03.2004 ist ein Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsführer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 5.100,00 EUR bis zum 13.01.2004 angegeben. Seit dem 01.04.2004 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitslosengeld.
Im Oktober 2005 hat der Kläger eine Aufstockung seiner Gesellschaftsanteile der S.GmbH (fortan: S. GmbH) von zuvor 2/7 auf 50 % vorgenommen; die anderen 50 % hält der zuvor alleinige Geschäftsführer R.; seit der Aufstockung seiner Anteile an der S. GmbH ist der Kläger auch wieder Geschäftsführer dieser GmbH, allerdings ohne Gehaltsanspruch. Die S. GmbH besteht seit 2001 und ist nach Angaben des Klägers eine reine Beteiligungsgesellschaft; ihr gehört unter anderem die E. GmbH zu 91 %.
Am 26.01.2006, dem Tag nach der Erschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld, beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Überbrückungsgeld für eine ab dem 10.02.2006 beabsichtigte selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer der E. GmbH. Die neue Tätigkeit bestehe im Eintritt bzw. der Übernahme in einen bestehenden Betrieb. Die E. GmbH besteht seit dem 02.05.2001 und beschäftigt sich mit der Erstellung und dem Vertrieb von Computersystemen und Anwendungssoftware, von Computerzubehör und Hardwareproduktion sowie mit der Anwendungsberatung und Schulungen sowie allen damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Am 09.02.2006 ist der Kläger als Geschäftsführer der E. GmbH im Handelsregister eingetragen worden.
Die Gesellschafteranteile der E. GmbH stehen drei unterschiedlichen Firmen zu, nämlich der S. GmbH mit 91 %, der Firma W. GmbH mit 4,5 % und der Firma V. GmbH mit weiteren 4,5 % der Anteile. Die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer am 09.02.2006 der E. GmbH erfolgte mit sofortiger Wirkung und unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB. Zweiter Gesellschafter ist Herr R ... Der "Businessplan" der E. GmbH (ohne Datum), welchen der Kläger mit seinem Antrag vorlegte, weist einen Gewinn der E. GmbH für das Jahr 2005 in Höhe von 150.000,00 EUR auf. Als Personalkosten sind hierin angegeben ein Geschäftsführergehalt des Klägers in Höhe von 2.500,00 EUR sowie ein Gehalt in gleicher Höhe für den zweiten Geschäftsführer R., außerdem ein Gehalt in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich für die Sekretärin Frau S ... In der Bestellung zum Geschäftsführer der E. GmbH sowie in einer insoweit erfolgten Zusatzvereinbarung ist für den Kläger indes lediglich ein Gehalt von 1.500,00 EUR brutto monatlich vorgesehen worden, was damit begründet wurde, dass der Kläger voraussichtlich das bei der Beklagten beantragte Überbrückungsgeld erhalten werde.
Mit Bescheid vom 23.03.2006 hat die Beklagte die Bewilligung von Überbrückungsgeld abgelehnt, da der Kläger als Geschäftsführer in einen bereits bestehenden Betrieb eintrete bzw. diesen übernehme. Außerdem sei erkennbar, dass die erzielten Einkünfte zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausreichten.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass seine Gesellschaft bisher wenig erfolgreich gewesen sei und einen Verlust von ca. 36.000,00 EUR ausweise. Da er durch seine langjährigen Auslandstätigkeiten viele Kontakte und Erfahrungen auf dem Geschäftsfeld habe, sei es ihm möglich, das Geschäft auszuweiten und in die Gewinnzone zu kommen. Die Hälfte des Stammkapitals der S. GmbH habe er lediglich für 1,00 EUR übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei bereits vor der Bestellung als Geschäftsführer Gesellschafter des Unternehmens gewesen. Es handele sich daher nicht um eine Existenzgründung.
Der Kläger hat am 21.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Kläger trug vor, zuvor keinerlei Tätigkeiten in der Gesellschaft ausgeübt zu haben und aufgrund eines Gesellschaftsanteils von lediglich 2/7 diese Gesellschaft auch nicht beherrscht zu haben. Er habe die Anteile von den Mitgesellschaftern abgekauft, um eine Gesellschaft zu haben und die Existenzgründung durchzuführen, was ihm auch als gangbarer Weg von den Mitarbeitern der ARGE P. genannt worden sei. Er sei zuvor vom 01.05.2002 bis zum 16.01.2004 Gesellschafter und Geschäftsführer bei der T. GmbH gewesen. Diese finnische Gesellschaft sei stillgelegt (liquidiert) worden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 als unbegründet abgewiesen. Nach § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) hätten Arbeitnehmer, die durch die Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld. Die Existenzgründung setze nicht notwendigerweise die Neugründung eines Unternehmens voraus, auch eine Betriebsübernahme oder die Erweiterung einer nebenberuflichen Tätigkeit zu einer hauptberuflichen Selbständigkeit könne nach der Begründung im Gesetzesentwurf eine Existenzgründung darstellen (unter Hinweis auf Bundestags-Drucksache 16/1696 S. 30). Selbständig tätig sei auch ein Gesellschafter einer Personengesellschaft und der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, wenn er über wenigstens die Hälfte des Stammkapitals oder eine Sperrminorität verfüge, also nicht den Weisungen eines Gesellschafters unterliege (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R –). Vorliegend fehle es an der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger sei selbst nicht mit seiner Person unmittelbar Gesellschafter-Geschäftsführer in der E. GmbH geworden. Die E. GmbH, die schon seit Mai 2001 bestehe, habe in dieser Zeit keinen Gesellschafterwechsel erfahren. Seit der Gründung der E. GmbH sei die S. GmbH mit 91 % der Anteile Gesellschafter der E. GmbH. Dadurch, dass der Kläger im Oktober 2005 durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.10.2005 neben Herrn R. mit je 50 % Anteilen am Stammkapital beherrschender Mitgesellschafter der S. GmbH geworden sei, könne in der Person des Klägers nicht von einer Existenzgründung innerhalb der E. GmbH ausgegangen werden. Eine solche Förderung würde auf eine Förderung der S. GmbH hinauslaufen. § 57 SGB III sehe aber nur eine unmittelbar personenbezogene Förderung vor. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 06.12.2007 zugestellt.
Der Kläger hat am 17.12.2007 beim SG Berufung eingelegt. Die Argumentation des SG sei fehlerhaft, da er als Geschäftsführer der E. GmbH nur mit 75 % der Stimmanteile abberufen werden könne. Da die S. GmbH 91 % der Gesellschafteranteile der E. GmbH halte und er 50 % an der S. GmbH innehabe, sei er faktisch unkündbar. Daher habe er in der Tat bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer der E. GmbH eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Er habe zwar eine komplizierte Konstruktion gewählt, aber an der Existenzgründung durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der E. GmbH könne nicht gezweifelt werden. Die komplizierte Unternehmenskonstruktion beruhe darauf, dass bestehende Verträge der E. GmbH mit Drittparteien bestanden hätten und diese Verträge genutzt werden sollten, ohne dass eine Umschreibung der Verträge auf die Firma S. GmbH erfolgen sollte. Dies sei nicht unter dem Aspekt der Bewilligung von Überbrückungsgeld geschehen, sondern nur unter der Priorität, selbständig tätig zu werden und eine Existenz zu gründen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Überbrückungsgeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass der Kläger durch die gewählte Konstruktion indirekt über seine 50 % Beteiligung an der S. GmbH die Kontrolle über zu treffende Beschlüsse der E. GmbH habe, ändere dies nichts an der Tatsache, dass der Kläger selbst in seiner Person nicht Gesellschafter und damit auch nicht Gesellschafter-Geschäftsführer der E. GmbH geworden sei. Laut vorgelegtem Gesellschaftsvertrag halte nicht der Kläger, sondern die S. GmbH 91 % der Anteile der E. GmbH. Wie jedoch bereits das SG zutreffend ausgeführt habe, sehe § 57 SGB III nur die Förderung natürlicher Personen und nicht die Förderung einer GmbH vor. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 57 SGB III als auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle das Überbrückungsgeld für eine Übergangszeit den Lebensunterhalt eines zuvor Arbeitslosen sichern. Diese Zweckerreichung lasse denklogisch allein die Förderung einer natürlichen Person zu.
Am 22.04.2008 wurde im Landessozialgericht ein Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Niederschrift Bezug genommen wird. Anschließend hat der Kläger auf Aufforderung des Gerichts weitere Angaben zum Ablauf der Ereignisse gemacht sowie seinen Gesellschaftervertrag der S. GmbH, den Gesellschaftervertrag der E. GmbH, den Geschäftsführervertrag der E. GmbH sowie den Geschäftsführervertrag der S. GmbH in Kopie vorgelegt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 57 Abs. 1 SGB III in der vom 31.12.2005 bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld. Überbrückungsgeld wird nach Absatz 2 der Vorschrift geleistet, wenn der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach diesem Buch gefördert worden ist, und eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat.
Die im Bescheid vom 23.03.2006 mitgeteilten Versagungsgründe, der Kläger trete als Geschäftsführer in einen bereits bestehenden Betrieb ein, und die erzielten Einkünfte reichten zur Sicherung des Lebensunterhaltes aus, greifen jedoch nicht.
Seit dem 01.01.2004 wird Überbrückungsgeld ohne Rücksicht auf einen im Einzelfall nachweisbaren oder nachzuweisenden Bedarf pauschal in Anlehnung an die zuletzt nach dem SGB III bezogene Entgeltersatzleistung gewährt. Die in § 57 Abs. 1 SGB III enthaltene Formulierung "zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung" beinhaltet keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern umschreibt lediglich die allgemeine Zielsetzung der gesetzlichen Regelung (vgl. SG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2007 - S 26 AL 445/05 -). Auch nach altem Recht könnte zudem bei einem Bruttogehalt von lediglich 1.500,00 EUR nicht von einer fehlenden Bedürftigkeit ausgegangen werden (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 06.12.2002 - S 5 AL 131/02 -).
Auch ist der Eintritt in eine bereits bestehende Gesellschaft nicht von der Förderung ausgeschlossen; Gleiches gilt für die Ausdehnung einer zuvor geringfügig ausgeübten Tätigkeit zu einer hauptberuflichen Beschäftigung (vgl. BT-Drucks. 16/1696 S. 31; Stark in GK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 57 Rn. 56 m.w.N.). Andererseits kann eine bloße Umfirmierung oder Änderung des Geschäftszweckes für sich allein kann nicht als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne von § 57 SGB 3 angesehen werden (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.11.2006 - L 12 AL 21/06 -).
Vorliegend ist der Kläger einerseits in eine bereits bestehende Gesellschaft eingetreten, andererseits hat er eine Tätigkeit ausgedehnt, welche er zuvor bereits teilweise durch das Innehaben der Gesellschaftsanteile der S. GmbH betrieben hat. Beides ist prinzipiell nach den oben genannten Kriterien nach § 57 SGB III förderungsfähig.
Nicht gefolgt werden kann zudem der Begründung des SG insoweit, als hierin die Aufnahme einer selbständigen Beschäftigung abgelehnt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist zwar der Geschäftsführer einer GmbH, der weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügt, in der Regel abhängig Beschäftigter der GmbH, wenn er bei seiner Tätigkeit der Kontrolle durch die Gesellschafter unterliegt und diese ihre Gesellschafterrechte auch tatsächlich ausüben (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Speziell zu Fremdgeschäftsführern, welche gar keine Gesellschaftsanteile besitzen, hat das BSG deswegen entschieden, dass diese grundsätzlich abhängige Beschäftigte der GmbH sind (SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). In dieser Entscheidung hat das BSG aber auch darauf hingewiesen, dass beim Vorliegen von in die Gesellschaft eingebrachtem Wagniskapital eine andere Beurteilung erforderlich sein kann, wobei das BSG in dem von ihm entschiedenen Fall eine Jahressonderprämie neben den zustehenden festen Vergütungsbestandteilen nicht als ausreichend für das Vorliegen von Wagniskapital angesehen hat. Da insoweit die Gesamtumstände maßgeblich sind, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kläger durch seinen beherrschenden Einfluss als 50 %iger Gesellschafter der S. GmbH inklusive Sperrminorität als Geschäftsführer der E.-GmbH nicht gegen seinen Willen abgesetzt werden konnte und faktisch die wesentlichen Entscheidungen der E. GmbH - gemeinsam mit Herrn R. - bestimmte. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Kläger als natürliche Person keine Gesellschaftsanteile innehatte, sondern nur indirekt über seine Gesellschaftsanteile an der S. GmbH maßgeblichen Einfluss auf das Geschick der E. GmbH nehmen konnte, weil diese Konstruktion nichts an dem indirekten, aber maßgeblichen Einfluss des Klägers auf die E. GmbH ändert.
Die Besonderheiten des vorliegenden Falles führen dennoch dazu, dass die Entscheidung des SG im Ergebnis zutreffend ist, weil vorliegend die Gewährung von Überbrückungsgeld auf eine Fehlverwendung öffentlicher Mittel, nämlich einer Förderung der S. GmbH und nicht einer Förderung des Klägers, hinausliefe, und außerdem wesentliche Tätigkeiten des Klägers für die Firmengruppe bereits vor der Antragstellung ausgeübt worden sind.
Der Kläger hat bis zum Tag der Anspruchserschöpfung Arbeitslosengeld bezogen und anschließend Überbrückungsgeld beantragt. Der hierin zu erkennende Willen zur Anspruchsoptimierung rechtfertigt für sich genommen auch noch keinen Leistungsausschluss, weil der Gesetzgeber nach der Neufassung des § 57 SGB III ab dem 01.01.2004 im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung die Bedürftigkeitsprüfung bewusst und unter Inkaufnahme von Mitnahmeeffekten abgeschafft hat.
Maßgeblich für den Ausschluss der Leistung ist vorliegend vielmehr, dass der Kläger bereits vor der Antragstellung auf Überbrückungsgeld am 26.01.2006, nämlich bereits im Oktober 2005, 50 % der Gesellschafteranteile der S. GmbH erworben und im Rahmen der hiermit verbundenen Tätigkeiten (unter anderem Wiederbestellung zum Geschäftsführer) für das Firmengeflecht mit seiner Tätigkeit bereits vor dem Antragsdatum begonnen hat. Das SG H. hat entschieden, dass ein Anspruch auf Überbrückungsgeld nicht besteht, wenn der Antragsteller bereits vor offizieller Übernahme eines Restaurants vorher in diesem Familienbetrieb als Geschäftsführer und Betriebsleiter tätig war (Urteil vom 21.08.2007 - S 8 AL 1486/04 -). Dem liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, dass bei dem Aufbau eines Unternehmens durch einen maßgeblichen eigenen Beitrag ein vorübergehender Arbeitslosengeldbezug nicht dazu instrumentalisiert werden kann, anschließend die formellen Voraussetzungen für die Förderung einer "Existenzgründung" dieses Unternehmens herbeizuführen; denn eine neue Existenzgründung kann in einem solchen Verhalten nicht mehr gesehen werden.
Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Sachverhalt. Dem der Beklagten im Januar 2006 vorgelegten Businessplan der E. GmbH lässt sich die Selbstauskunft des Klägers entnehmen, dass der Kläger "in den letzten 10 Jahren die S.-Gruppe, einschließlich Niederlassungen in CZ, P., SK und in K., mit aufgebaut und als CFO ihre gesamten kaufmännischen Belange als CF geführt" hat (Bl. 13 der ÜbG-Akte). Außerdem hat der Kläger nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der S. GmbH anschließend bereits im Oktober 2005 mit der Aufstockung seiner Gesellschaftsanteile von 2/7 auf 50 % und seiner erneuten Bestellung zum Geschäftsführer einen bestimmenden Einfluss auf die S. GmbH und die von ihr abhängige E. GmbH erhalten bzw. behalten.
Angesichts dieses Verlaufs hält es der Senat zum einen für nicht glaubhaft, dass der Kläger in der Zeit seines Arbeitslosengeldbezuges keine wesentlichen Tätigkeiten für die S. GmbH und die E. GmbH ausgeübt hat. Der Kläger selbst spricht in seinem Business-Plan von der "S.-Gruppe", was einen wesentlichen Hinweis auf die enge Verstrickung der Aktivitäten der S. GmbH und der E. GmbH liefert. Auf die Fragen des Senats hierzu hat der Kläger äußerst ausweichend geantwortet. Im Erörterungstermin vom 22.04.2008 hat er seine Tätigkeiten für die S. GmbH als "Verwaltungstätigkeiten" bezeichnet, ohne diese inhaltlich oder zeitlich näher zu bezeichnen. Allerdings hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.05.2008 nach dem Erörterungstermin ausgesagt, dass die S. GmbH ihre Geschäftsräume zuletzt bei der E. GmbH gehabt habe. Im Erörterungstermin hat der Kläger weiter ausgeführt, dass er für die E. GmbH maßgeblich die Geschäfte der Firma in Osteuropa bearbeite, also in dem räumlichen Bereich, den er laut Businessplan der E. GmbH in den letzten 10 Jahren maßgeblich mit aufgebaut hat. Fügt man dem die Information des Klägers aus dem Erörterungstermin hinzu, dass die S. GmbH immer nur eine Verwaltungs-GmbH der Inhaber der jeweiligen Gesellschaftsanteile gewesen ist, ergibt sich hieraus, dass der Kläger im Firmenverbund der "S.-Gruppe" jedenfalls seit der Gründung der E. GmbH und ihrer von Anfang an bestehenden Zugehörigkeit zum S.-Firmenverbund maßgeblich für Belange und Interessen der E. GmbH tätig gewesen ist.
Der Kläger hat damit auch schon vor seiner Antragstellung auf Überbrückungsgeld das Unternehmen maßgeblich mit aufgebaut, für dessen "Gründung" er nun Überbrückungsgeld beantragt. Die formale Abweichung hiervon, die der Kläger darin sieht, dass er diese - im Übrigen gleich gebliebenen - Tätigkeiten nun nicht mehr direkt für die S. GmbH, sondern direkt für die E. GmbH ausübt, ist irrelevant, da die E. GmbH bereits zuvor zur S. GmbH gehörte, als der Kläger gegebenenfalls noch nicht für die E. GmbH arbeitete.
Unabhängig hiervon ergibt sich hieraus auch zum anderen als weiterer Versagungsgrund, dass der Kläger inhaltlich wesentliche Tätigkeiten für die S.-Gruppe auch schon vor der Antragstellung erbracht hat, was nach § 324 Abs. 1 SGB III ebenfalls, da keine Gründe für die Annahme einer Härte ersichtlich sind, zum Leistungsausschluss führt.
Schließlich würde die Gewährung eines Überbrückungsgeldes vorliegend auch zu einer Zweckverfehlung öffentlicher Mittel führen, weil die Förderung des Klägers im vorliegenden Falle auf die Förderung einer GmbH und nicht die Förderung des Klägers als Individualperson hinausliefe. Im Geschäftsführerdienstvertrag des Klägers mit der E. GmbH sowie in der entsprechenden Zusatzvereinbarung vom 10.02.2006 ist ein monatliches Gehalt von 1.500,00 EUR festgesetzt worden, dessen geringe Höhe ausdrücklich mit der erwarteten Förderung durch die Beklagte begründet wird. In dem der Beklagten vorgelegten Business-Plan ist jedoch noch ein Gehalt von 2.500,00 EUR angegeben. Der Kläger hat damit in seinem Antrag gegenüber der Beklagten und auch gegenüber der Industrie- und Handelskammer auch falsche Angaben gemacht, die im Falle einer Gewährung nach § 45 SGB X voraussichtlich zur Aufhebung der Leistungsbewilligung berechtigt hätten. Denn aufgrund seiner Angabe gegenüber den anderen Beteiligten, 2.500,00 EUR monatlich zu verdienen, stellen sich seine monatlich verfügbaren Mittel gänzlich anders dar. Dass der Kläger in Erwartung des Überbrückungsgeldes anschließend ohne Mitteilung an die Beklagte sein monatliches Einkommen als Geschäftsführer auf 1.500,00 EUR reduziert hat, würde im Falle der Leistungsgewährung - entsprechend den zutreffenden Ausführungen des SG - dazu führen, dass im Ergebnis durch die Förderung die S. GmbH und die E. GmbH und nicht die Geschäftsführertätigkeit des Klägers als die beantragte Existenzgründung gefördert würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Streit.
Der 1956 geborene Kläger arbeitete zuletzt vom 01.01.1998 befristet bis zum 31.03.2004 für die Firma T. GmbH. In der Arbeitgeberbescheinigung der T. GmbH vom 02.03.2004 ist ein Beschäftigungsverhältnis als Geschäftsführer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 5.100,00 EUR bis zum 13.01.2004 angegeben. Seit dem 01.04.2004 bezog der Kläger von der Beklagten Arbeitslosengeld.
Im Oktober 2005 hat der Kläger eine Aufstockung seiner Gesellschaftsanteile der S.GmbH (fortan: S. GmbH) von zuvor 2/7 auf 50 % vorgenommen; die anderen 50 % hält der zuvor alleinige Geschäftsführer R.; seit der Aufstockung seiner Anteile an der S. GmbH ist der Kläger auch wieder Geschäftsführer dieser GmbH, allerdings ohne Gehaltsanspruch. Die S. GmbH besteht seit 2001 und ist nach Angaben des Klägers eine reine Beteiligungsgesellschaft; ihr gehört unter anderem die E. GmbH zu 91 %.
Am 26.01.2006, dem Tag nach der Erschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld, beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Überbrückungsgeld für eine ab dem 10.02.2006 beabsichtigte selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer der E. GmbH. Die neue Tätigkeit bestehe im Eintritt bzw. der Übernahme in einen bestehenden Betrieb. Die E. GmbH besteht seit dem 02.05.2001 und beschäftigt sich mit der Erstellung und dem Vertrieb von Computersystemen und Anwendungssoftware, von Computerzubehör und Hardwareproduktion sowie mit der Anwendungsberatung und Schulungen sowie allen damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Am 09.02.2006 ist der Kläger als Geschäftsführer der E. GmbH im Handelsregister eingetragen worden.
Die Gesellschafteranteile der E. GmbH stehen drei unterschiedlichen Firmen zu, nämlich der S. GmbH mit 91 %, der Firma W. GmbH mit 4,5 % und der Firma V. GmbH mit weiteren 4,5 % der Anteile. Die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer am 09.02.2006 der E. GmbH erfolgte mit sofortiger Wirkung und unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB. Zweiter Gesellschafter ist Herr R ... Der "Businessplan" der E. GmbH (ohne Datum), welchen der Kläger mit seinem Antrag vorlegte, weist einen Gewinn der E. GmbH für das Jahr 2005 in Höhe von 150.000,00 EUR auf. Als Personalkosten sind hierin angegeben ein Geschäftsführergehalt des Klägers in Höhe von 2.500,00 EUR sowie ein Gehalt in gleicher Höhe für den zweiten Geschäftsführer R., außerdem ein Gehalt in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich für die Sekretärin Frau S ... In der Bestellung zum Geschäftsführer der E. GmbH sowie in einer insoweit erfolgten Zusatzvereinbarung ist für den Kläger indes lediglich ein Gehalt von 1.500,00 EUR brutto monatlich vorgesehen worden, was damit begründet wurde, dass der Kläger voraussichtlich das bei der Beklagten beantragte Überbrückungsgeld erhalten werde.
Mit Bescheid vom 23.03.2006 hat die Beklagte die Bewilligung von Überbrückungsgeld abgelehnt, da der Kläger als Geschäftsführer in einen bereits bestehenden Betrieb eintrete bzw. diesen übernehme. Außerdem sei erkennbar, dass die erzielten Einkünfte zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausreichten.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass seine Gesellschaft bisher wenig erfolgreich gewesen sei und einen Verlust von ca. 36.000,00 EUR ausweise. Da er durch seine langjährigen Auslandstätigkeiten viele Kontakte und Erfahrungen auf dem Geschäftsfeld habe, sei es ihm möglich, das Geschäft auszuweiten und in die Gewinnzone zu kommen. Die Hälfte des Stammkapitals der S. GmbH habe er lediglich für 1,00 EUR übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei bereits vor der Bestellung als Geschäftsführer Gesellschafter des Unternehmens gewesen. Es handele sich daher nicht um eine Existenzgründung.
Der Kläger hat am 21.08.2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Kläger trug vor, zuvor keinerlei Tätigkeiten in der Gesellschaft ausgeübt zu haben und aufgrund eines Gesellschaftsanteils von lediglich 2/7 diese Gesellschaft auch nicht beherrscht zu haben. Er habe die Anteile von den Mitgesellschaftern abgekauft, um eine Gesellschaft zu haben und die Existenzgründung durchzuführen, was ihm auch als gangbarer Weg von den Mitarbeitern der ARGE P. genannt worden sei. Er sei zuvor vom 01.05.2002 bis zum 16.01.2004 Gesellschafter und Geschäftsführer bei der T. GmbH gewesen. Diese finnische Gesellschaft sei stillgelegt (liquidiert) worden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.11.2007 als unbegründet abgewiesen. Nach § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) hätten Arbeitnehmer, die durch die Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld. Die Existenzgründung setze nicht notwendigerweise die Neugründung eines Unternehmens voraus, auch eine Betriebsübernahme oder die Erweiterung einer nebenberuflichen Tätigkeit zu einer hauptberuflichen Selbständigkeit könne nach der Begründung im Gesetzesentwurf eine Existenzgründung darstellen (unter Hinweis auf Bundestags-Drucksache 16/1696 S. 30). Selbständig tätig sei auch ein Gesellschafter einer Personengesellschaft und der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, wenn er über wenigstens die Hälfte des Stammkapitals oder eine Sperrminorität verfüge, also nicht den Weisungen eines Gesellschafters unterliege (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R –). Vorliegend fehle es an der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger sei selbst nicht mit seiner Person unmittelbar Gesellschafter-Geschäftsführer in der E. GmbH geworden. Die E. GmbH, die schon seit Mai 2001 bestehe, habe in dieser Zeit keinen Gesellschafterwechsel erfahren. Seit der Gründung der E. GmbH sei die S. GmbH mit 91 % der Anteile Gesellschafter der E. GmbH. Dadurch, dass der Kläger im Oktober 2005 durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.10.2005 neben Herrn R. mit je 50 % Anteilen am Stammkapital beherrschender Mitgesellschafter der S. GmbH geworden sei, könne in der Person des Klägers nicht von einer Existenzgründung innerhalb der E. GmbH ausgegangen werden. Eine solche Förderung würde auf eine Förderung der S. GmbH hinauslaufen. § 57 SGB III sehe aber nur eine unmittelbar personenbezogene Förderung vor. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 06.12.2007 zugestellt.
Der Kläger hat am 17.12.2007 beim SG Berufung eingelegt. Die Argumentation des SG sei fehlerhaft, da er als Geschäftsführer der E. GmbH nur mit 75 % der Stimmanteile abberufen werden könne. Da die S. GmbH 91 % der Gesellschafteranteile der E. GmbH halte und er 50 % an der S. GmbH innehabe, sei er faktisch unkündbar. Daher habe er in der Tat bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer der E. GmbH eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Er habe zwar eine komplizierte Konstruktion gewählt, aber an der Existenzgründung durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der E. GmbH könne nicht gezweifelt werden. Die komplizierte Unternehmenskonstruktion beruhe darauf, dass bestehende Verträge der E. GmbH mit Drittparteien bestanden hätten und diese Verträge genutzt werden sollten, ohne dass eine Umschreibung der Verträge auf die Firma S. GmbH erfolgen sollte. Dies sei nicht unter dem Aspekt der Bewilligung von Überbrückungsgeld geschehen, sondern nur unter der Priorität, selbständig tätig zu werden und eine Existenz zu gründen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Überbrückungsgeld im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass der Kläger durch die gewählte Konstruktion indirekt über seine 50 % Beteiligung an der S. GmbH die Kontrolle über zu treffende Beschlüsse der E. GmbH habe, ändere dies nichts an der Tatsache, dass der Kläger selbst in seiner Person nicht Gesellschafter und damit auch nicht Gesellschafter-Geschäftsführer der E. GmbH geworden sei. Laut vorgelegtem Gesellschaftsvertrag halte nicht der Kläger, sondern die S. GmbH 91 % der Anteile der E. GmbH. Wie jedoch bereits das SG zutreffend ausgeführt habe, sehe § 57 SGB III nur die Förderung natürlicher Personen und nicht die Förderung einer GmbH vor. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 57 SGB III als auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle das Überbrückungsgeld für eine Übergangszeit den Lebensunterhalt eines zuvor Arbeitslosen sichern. Diese Zweckerreichung lasse denklogisch allein die Förderung einer natürlichen Person zu.
Am 22.04.2008 wurde im Landessozialgericht ein Erörterungstermin durchgeführt, auf dessen Niederschrift Bezug genommen wird. Anschließend hat der Kläger auf Aufforderung des Gerichts weitere Angaben zum Ablauf der Ereignisse gemacht sowie seinen Gesellschaftervertrag der S. GmbH, den Gesellschaftervertrag der E. GmbH, den Geschäftsführervertrag der E. GmbH sowie den Geschäftsführervertrag der S. GmbH in Kopie vorgelegt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Nach § 57 Abs. 1 SGB III in der vom 31.12.2005 bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld. Überbrückungsgeld wird nach Absatz 2 der Vorschrift geleistet, wenn der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach diesem Buch gefördert worden ist, und eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat.
Die im Bescheid vom 23.03.2006 mitgeteilten Versagungsgründe, der Kläger trete als Geschäftsführer in einen bereits bestehenden Betrieb ein, und die erzielten Einkünfte reichten zur Sicherung des Lebensunterhaltes aus, greifen jedoch nicht.
Seit dem 01.01.2004 wird Überbrückungsgeld ohne Rücksicht auf einen im Einzelfall nachweisbaren oder nachzuweisenden Bedarf pauschal in Anlehnung an die zuletzt nach dem SGB III bezogene Entgeltersatzleistung gewährt. Die in § 57 Abs. 1 SGB III enthaltene Formulierung "zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung" beinhaltet keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern umschreibt lediglich die allgemeine Zielsetzung der gesetzlichen Regelung (vgl. SG Chemnitz, Urteil vom 24.01.2007 - S 26 AL 445/05 -). Auch nach altem Recht könnte zudem bei einem Bruttogehalt von lediglich 1.500,00 EUR nicht von einer fehlenden Bedürftigkeit ausgegangen werden (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 06.12.2002 - S 5 AL 131/02 -).
Auch ist der Eintritt in eine bereits bestehende Gesellschaft nicht von der Förderung ausgeschlossen; Gleiches gilt für die Ausdehnung einer zuvor geringfügig ausgeübten Tätigkeit zu einer hauptberuflichen Beschäftigung (vgl. BT-Drucks. 16/1696 S. 31; Stark in GK-SGB III, 3. Aufl 2008, § 57 Rn. 56 m.w.N.). Andererseits kann eine bloße Umfirmierung oder Änderung des Geschäftszweckes für sich allein kann nicht als Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne von § 57 SGB 3 angesehen werden (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.11.2006 - L 12 AL 21/06 -).
Vorliegend ist der Kläger einerseits in eine bereits bestehende Gesellschaft eingetreten, andererseits hat er eine Tätigkeit ausgedehnt, welche er zuvor bereits teilweise durch das Innehaben der Gesellschaftsanteile der S. GmbH betrieben hat. Beides ist prinzipiell nach den oben genannten Kriterien nach § 57 SGB III förderungsfähig.
Nicht gefolgt werden kann zudem der Begründung des SG insoweit, als hierin die Aufnahme einer selbständigen Beschäftigung abgelehnt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist zwar der Geschäftsführer einer GmbH, der weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügt, in der Regel abhängig Beschäftigter der GmbH, wenn er bei seiner Tätigkeit der Kontrolle durch die Gesellschafter unterliegt und diese ihre Gesellschafterrechte auch tatsächlich ausüben (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Speziell zu Fremdgeschäftsführern, welche gar keine Gesellschaftsanteile besitzen, hat das BSG deswegen entschieden, dass diese grundsätzlich abhängige Beschäftigte der GmbH sind (SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). In dieser Entscheidung hat das BSG aber auch darauf hingewiesen, dass beim Vorliegen von in die Gesellschaft eingebrachtem Wagniskapital eine andere Beurteilung erforderlich sein kann, wobei das BSG in dem von ihm entschiedenen Fall eine Jahressonderprämie neben den zustehenden festen Vergütungsbestandteilen nicht als ausreichend für das Vorliegen von Wagniskapital angesehen hat. Da insoweit die Gesamtumstände maßgeblich sind, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Kläger durch seinen beherrschenden Einfluss als 50 %iger Gesellschafter der S. GmbH inklusive Sperrminorität als Geschäftsführer der E.-GmbH nicht gegen seinen Willen abgesetzt werden konnte und faktisch die wesentlichen Entscheidungen der E. GmbH - gemeinsam mit Herrn R. - bestimmte. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Kläger als natürliche Person keine Gesellschaftsanteile innehatte, sondern nur indirekt über seine Gesellschaftsanteile an der S. GmbH maßgeblichen Einfluss auf das Geschick der E. GmbH nehmen konnte, weil diese Konstruktion nichts an dem indirekten, aber maßgeblichen Einfluss des Klägers auf die E. GmbH ändert.
Die Besonderheiten des vorliegenden Falles führen dennoch dazu, dass die Entscheidung des SG im Ergebnis zutreffend ist, weil vorliegend die Gewährung von Überbrückungsgeld auf eine Fehlverwendung öffentlicher Mittel, nämlich einer Förderung der S. GmbH und nicht einer Förderung des Klägers, hinausliefe, und außerdem wesentliche Tätigkeiten des Klägers für die Firmengruppe bereits vor der Antragstellung ausgeübt worden sind.
Der Kläger hat bis zum Tag der Anspruchserschöpfung Arbeitslosengeld bezogen und anschließend Überbrückungsgeld beantragt. Der hierin zu erkennende Willen zur Anspruchsoptimierung rechtfertigt für sich genommen auch noch keinen Leistungsausschluss, weil der Gesetzgeber nach der Neufassung des § 57 SGB III ab dem 01.01.2004 im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und -beschleunigung die Bedürftigkeitsprüfung bewusst und unter Inkaufnahme von Mitnahmeeffekten abgeschafft hat.
Maßgeblich für den Ausschluss der Leistung ist vorliegend vielmehr, dass der Kläger bereits vor der Antragstellung auf Überbrückungsgeld am 26.01.2006, nämlich bereits im Oktober 2005, 50 % der Gesellschafteranteile der S. GmbH erworben und im Rahmen der hiermit verbundenen Tätigkeiten (unter anderem Wiederbestellung zum Geschäftsführer) für das Firmengeflecht mit seiner Tätigkeit bereits vor dem Antragsdatum begonnen hat. Das SG H. hat entschieden, dass ein Anspruch auf Überbrückungsgeld nicht besteht, wenn der Antragsteller bereits vor offizieller Übernahme eines Restaurants vorher in diesem Familienbetrieb als Geschäftsführer und Betriebsleiter tätig war (Urteil vom 21.08.2007 - S 8 AL 1486/04 -). Dem liegt die zutreffende Überlegung zugrunde, dass bei dem Aufbau eines Unternehmens durch einen maßgeblichen eigenen Beitrag ein vorübergehender Arbeitslosengeldbezug nicht dazu instrumentalisiert werden kann, anschließend die formellen Voraussetzungen für die Förderung einer "Existenzgründung" dieses Unternehmens herbeizuführen; denn eine neue Existenzgründung kann in einem solchen Verhalten nicht mehr gesehen werden.
Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Sachverhalt. Dem der Beklagten im Januar 2006 vorgelegten Businessplan der E. GmbH lässt sich die Selbstauskunft des Klägers entnehmen, dass der Kläger "in den letzten 10 Jahren die S.-Gruppe, einschließlich Niederlassungen in CZ, P., SK und in K., mit aufgebaut und als CFO ihre gesamten kaufmännischen Belange als CF geführt" hat (Bl. 13 der ÜbG-Akte). Außerdem hat der Kläger nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der S. GmbH anschließend bereits im Oktober 2005 mit der Aufstockung seiner Gesellschaftsanteile von 2/7 auf 50 % und seiner erneuten Bestellung zum Geschäftsführer einen bestimmenden Einfluss auf die S. GmbH und die von ihr abhängige E. GmbH erhalten bzw. behalten.
Angesichts dieses Verlaufs hält es der Senat zum einen für nicht glaubhaft, dass der Kläger in der Zeit seines Arbeitslosengeldbezuges keine wesentlichen Tätigkeiten für die S. GmbH und die E. GmbH ausgeübt hat. Der Kläger selbst spricht in seinem Business-Plan von der "S.-Gruppe", was einen wesentlichen Hinweis auf die enge Verstrickung der Aktivitäten der S. GmbH und der E. GmbH liefert. Auf die Fragen des Senats hierzu hat der Kläger äußerst ausweichend geantwortet. Im Erörterungstermin vom 22.04.2008 hat er seine Tätigkeiten für die S. GmbH als "Verwaltungstätigkeiten" bezeichnet, ohne diese inhaltlich oder zeitlich näher zu bezeichnen. Allerdings hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.05.2008 nach dem Erörterungstermin ausgesagt, dass die S. GmbH ihre Geschäftsräume zuletzt bei der E. GmbH gehabt habe. Im Erörterungstermin hat der Kläger weiter ausgeführt, dass er für die E. GmbH maßgeblich die Geschäfte der Firma in Osteuropa bearbeite, also in dem räumlichen Bereich, den er laut Businessplan der E. GmbH in den letzten 10 Jahren maßgeblich mit aufgebaut hat. Fügt man dem die Information des Klägers aus dem Erörterungstermin hinzu, dass die S. GmbH immer nur eine Verwaltungs-GmbH der Inhaber der jeweiligen Gesellschaftsanteile gewesen ist, ergibt sich hieraus, dass der Kläger im Firmenverbund der "S.-Gruppe" jedenfalls seit der Gründung der E. GmbH und ihrer von Anfang an bestehenden Zugehörigkeit zum S.-Firmenverbund maßgeblich für Belange und Interessen der E. GmbH tätig gewesen ist.
Der Kläger hat damit auch schon vor seiner Antragstellung auf Überbrückungsgeld das Unternehmen maßgeblich mit aufgebaut, für dessen "Gründung" er nun Überbrückungsgeld beantragt. Die formale Abweichung hiervon, die der Kläger darin sieht, dass er diese - im Übrigen gleich gebliebenen - Tätigkeiten nun nicht mehr direkt für die S. GmbH, sondern direkt für die E. GmbH ausübt, ist irrelevant, da die E. GmbH bereits zuvor zur S. GmbH gehörte, als der Kläger gegebenenfalls noch nicht für die E. GmbH arbeitete.
Unabhängig hiervon ergibt sich hieraus auch zum anderen als weiterer Versagungsgrund, dass der Kläger inhaltlich wesentliche Tätigkeiten für die S.-Gruppe auch schon vor der Antragstellung erbracht hat, was nach § 324 Abs. 1 SGB III ebenfalls, da keine Gründe für die Annahme einer Härte ersichtlich sind, zum Leistungsausschluss führt.
Schließlich würde die Gewährung eines Überbrückungsgeldes vorliegend auch zu einer Zweckverfehlung öffentlicher Mittel führen, weil die Förderung des Klägers im vorliegenden Falle auf die Förderung einer GmbH und nicht die Förderung des Klägers als Individualperson hinausliefe. Im Geschäftsführerdienstvertrag des Klägers mit der E. GmbH sowie in der entsprechenden Zusatzvereinbarung vom 10.02.2006 ist ein monatliches Gehalt von 1.500,00 EUR festgesetzt worden, dessen geringe Höhe ausdrücklich mit der erwarteten Förderung durch die Beklagte begründet wird. In dem der Beklagten vorgelegten Business-Plan ist jedoch noch ein Gehalt von 2.500,00 EUR angegeben. Der Kläger hat damit in seinem Antrag gegenüber der Beklagten und auch gegenüber der Industrie- und Handelskammer auch falsche Angaben gemacht, die im Falle einer Gewährung nach § 45 SGB X voraussichtlich zur Aufhebung der Leistungsbewilligung berechtigt hätten. Denn aufgrund seiner Angabe gegenüber den anderen Beteiligten, 2.500,00 EUR monatlich zu verdienen, stellen sich seine monatlich verfügbaren Mittel gänzlich anders dar. Dass der Kläger in Erwartung des Überbrückungsgeldes anschließend ohne Mitteilung an die Beklagte sein monatliches Einkommen als Geschäftsführer auf 1.500,00 EUR reduziert hat, würde im Falle der Leistungsgewährung - entsprechend den zutreffenden Ausführungen des SG - dazu führen, dass im Ergebnis durch die Förderung die S. GmbH und die E. GmbH und nicht die Geschäftsführertätigkeit des Klägers als die beantragte Existenzgründung gefördert würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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