Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 3512/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 540/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Erhalts einer Entlassungs- und Urlaubsentschädigung.
Der 1952 geborene Kläger war ab 06.06.1994 als Lagerarbeiter bei der Firma H. & Sohn H. GmbH (GmbH) beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber wegen einer angeblichen Tätlichkeit des Klägers gegen Mitarbeiter zum 01.09.2005 fristlos, hilfsweise zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin (30.09.2005), gekündigt. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung betrug die Kündigungsfrist des Klägers vier Wochen zum 15. des Monats bzw. Monatsende. Der Kläger erhielt eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 599,20 EUR (fiktives Urlaubende 12.09.2005).
Der Kläger meldete sich am 07.09.2005 bei der Agentur für Arbeit Karlsruhe (AA) arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 20.10.2005 bewilligte die AA dem Kläger unter Berücksichtigung eines Sperrzeitzeitraumes von 02.09.2005 bis 24.11.2005 Alg ab 25.11.2005 mit einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 27,95 EUR (Bemessungsentgelt 72,98 EUR, Lohnsteuerklasse IV/0).
Gegen die Kündigung erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Karlsruhe Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Karlsruhe stellte mit Urteil vom 14.02.2006 (2 Ca 402/05) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung wie auch durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 01.09.2005 nicht beendet worden sei und wies eine Widerklage der GmbH ab. Gegen dieses Urteil legte die GmbH Berufung ein. Weiter forderte die GmbH den Kläger mit Rücksicht auf die Ungewissheit des Ausgangs des Arbeitsgerichtsprozesses und des Urteils des Arbeitsgerichtes mit Schreiben vom 23.06.2006 auf, ab 26.06. die Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Aufforderung kam der Kläger (wegen Arbeitsunfähigkeit erst) ab dem 10.07.2006 bis zum 21.07.2006 nach. Anschließend war der Kläger bis 04.08.2006 erneut arbeitsunfähig krank geschrieben. Danach nahm der Kläger seine Tätigkeit bei der GmbH nicht wieder auf. Der Kläger gab hierzu an, er sei nach der Arbeitsaufnahme am 10.07.2006 weiterhin drangsaliert und schikaniert worden. Daraufhin kündigte die GmbH mit Schreiben vom 21.08.2006 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut. Für die Zeit vom 26.06.2006 bis 04.08.2006 erhielt der Kläger von der GmbH Gehalt bzw. eine Entgeltfortzahlung (für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit). Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - schlossen der Kläger und die GmbH am 21.02.2007 einen gerichtlichen Vergleich in dem - im Wesentlichen - vereinbart wurde, dass die Parteien außer Streit stellen, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der GmbH betrieblich veranlasst mit Ablauf des 31.08.2005 endete und die GmbH sich verpflichtet, an den Kläger als Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung im Sinne von §§ 9, 10 KSchG, 3 Nr. 9 EStG a.F. in Höhe von 16.000,00 EUR brutto zu zahlen.
Mit Bescheid vom 23.03.2007 stellte die AA beim Kläger den Eintritt einer Sperrzeit vom 02.09.2005 bis 24.11.2005 (12 Wochen) sowie die Minderung des Anspruches auf Alg um 195 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) fest, weil der Kläger seine Beschäftigung bei der GmbH verloren habe, weil er gegen einen Mitarbeiter handgreiflich geworden sei.
Gegen den Bescheid vom 23.03.2007 legte der Kläger am 05.04.2007 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung unter Vorlage von Dokumenten aus dem arbeitsgerichtlichen Prozess geltend, die äußerst dürftige Begründung entbehre jeglicher realistischen und vernünftigen Grundlage. Bei sachgerechter Würdigung der Fakten könne kein Weg daran vorbeiführen, dass er keinen Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und somit auch keinen Grund für die Verhängung einer Sperrfrist geliefert habe.
Die AA half daraufhin dem Widerspruch des Klägers teilweise ab. Mit Bewilligungsbescheid vom 05.06.2007 wurde dem Kläger Alg für die Zeit vom 12.10.2005 bis 24.11.2005 ohne Minderung der Anspruchsdauer in Höhe von täglich 27,95 EUR bewilligt und nachbezahlt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 05.06.2007 (Änderungsbeginn 02.02.2006) wurde dem Kläger für die Zeit vom 26.06.2006 bis 04.08.2006 wegen Arbeitsaufnahme Alg nicht bewilligt. Nach Anhörung des Klägers zum Ruhen des Alg-Anspruches wegen der Entlassungsentschädigung und Urlaubsabgeltung (Schreiben der AA vom 18.06.2007, Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.06.2007) stellte die AA mit Bescheid vom 27.06.2007 wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 16.000,00 EUR sowie des Erhalts einer Urlaubsabgeltung gestützt auf §§ 143a, 143 Abs. 2 SBG III das Ruhen des Leistungsanspruches bis zum 11.10.2005 fest (Ruhen wegen Entlassungsentschädigung bis 30.09.2005, Ruhen wegen Urlaubsabgeltung 11 Tage).
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 wies die AA den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.03.2007 in der Gestalt der Bescheide vom 05.06.2007 und 27.06.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, streitig sei noch das Ruhen des Anspruches auf Alg bis einschließlich 11.10.2005. Der Kläger habe wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung in Höhe von brutto 16.000,00 EUR erhalten. Bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte das Arbeitsverhältnis am 30.09.2005 geendet. Das Arbeitsverhältnis sei damit vorzeitig (zum 01.09.2005) beendet worden. Bei einem kalendertäglich erzielten Arbeitsentgelt in Höhe von 72,98 EUR entspreche der zu berücksichtigen Anteil der Entlassungsentschädigung (35 % = 5600,00 EUR) einem Entgelt für 76 Tage. Beim Kläger bleibe es beim kürzesten Ruhenszeitraum bis zum Ende der maßgeblichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.09.2005. Durch die erhaltene Urlaubsabgeltung verlängere sich der Ruhenszeitraum um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs bis zum 11.10.2005.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.07.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der er die Gewährung von Alg auch für die Zeit vom 02.09.2005 bis 11.10.2005 begehrte. Er führte zur Begründung aus, der Rechtsstreit habe eine umfangreiche Vorgeschichte. Die Anordnung des Ruhens sei nicht gerechtfertigt. Es sei zwar richtig, dass im Rahmen des Vergleichsabschlusses vor dem Landesarbeitsgericht die Zahlung einer Abfindung vereinbart und die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden seien. Die Kündigungsfrist habe bei realistischer Betrachtung jedoch nicht eingehalten werden können. Tatsache sei auch, dass er nach dem 01.09.2005, wenn auch nur wenige Tage, noch bei der GmbH gearbeitet habe. Dies mache die eigentliche Problematik der Angelegenheit deutlich. Die Tatsache, dass er gezwungen gewesen sei, beim Landesarbeitsgericht die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, bleibe von der Beklagten völlig unberücksichtigt. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für ihn unzumutbar gewesen. Er habe auf der einen Seite nicht auf der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit bestehen und gleichzeitig auf der anderen Seite auf die Einhaltung der Kündigungsfrist pochen können. Auch die nur befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei für ihn ebenso unzumutbar gewesen. In seinem Falle komme die Besonderheit hinzu, dass im Rahmen des Berufungsverfahrens ein begründeter Auflösungsantrag rechtshängig gewesen sei. Das Ruhen des Anspruches sei nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer, wie in seinem Falle, die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht zu vertreten habe. Was die Beklagte bei der Aufhebung der Sperrzeitentscheidung für richtig erkannt habe, müsse sinngemäß auch für das Ruhen des Alg-Bezuges gelten. Er habe seinen Arbeitsplatz völlig unverschuldet verloren. Die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen. In der Folge sei er dann an seinem Arbeitsplatz nach allen Regeln der Kunst schikaniert und gedemütigt worden, sodass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als beim Landesarbeitsgericht die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen. Diese Vorgeschichte möge die Beklagte endlich zur Kenntnis nehmen und entsprechend würdigen. Es könne nicht angehen, diese Vorgeschichte völlig unter den Tisch zu kehren und ihn nun auch noch für das schikanöse Verhalten seines Arbeitgebers zu bestrafen. Die ihm zugesprochene Sozialabfindung solle dazu dienen, den Verlust des Arbeitsplatzes so weit als möglich abzufedern und nicht die Arbeitslosenversicherung zu sanieren. Schließlich habe er sein Leben lang auch seine Beiträge in diese Kasse einbezahlt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Auf die Gründe, weshalb die Kündigungsfrist nicht habe eingehalten werden können und wer die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zu vertreten habe, komme es nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des § 143a SGB III für das Ruhen des Anspruches des Klägers auf Alg im streitgegenständlichen Zeitraum seien erfüllt. Ein Ausnahmetatbestand, der die Berücksichtigung von subjektiven Gesichtspunkten, wie sie der Kläger geltend macht, erlaube oder gar anordne, enthalte § 143a SGB III nicht. Die Entscheidung der Beklagten lasse auch im Hinblick auf die Dauer des Zeitraums, indem der Anspruch geruht habe, keine Rechtsfehler erkennen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger beim SG am 28.01.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe richtig festgestellt, dass die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 143a Abs. 1 SGB III erfüllt seien. Dies bedeute jedoch in Ergebnis noch nicht, dass subjektive Gesichtspunkte keine Bedeutung finden könnten. Es sei in unserer Rechtsordnung Gang und gäbe, ja geradezu an der Tagesordnung, dass eine Gesetzeslücke oder ein als mangelhaft bzw. fehlerhaft erkannter Tatbestand durch die analoge Anwendung einer verwandten anderen Vorschrift kompensiert werde, wenn es sich um einen ähnlichen oder vergleichbaren Lebenssachverhalt handele und es letztendlich darum gehe, Gleiches gleich zu behandeln, wie dies vom Grundgesetz gefordert werde. Bei ihm sei eine Verhängung einer Sperrfrist gem. § 144 SGB III nicht in Betracht gekommen. Eine Differenzierung zwischen § 143a SGB III und § 144 SGB III sei unsozial und verstoße gegen das Grundgesetz. Gerade sein Fall mache die gesamte Problematik deutlich. Sachliche Gründe, aufgrund der gem. § 143a SGB III das Ruhen des Alg-Bezuges angeordnet werden könne, seien auch dem SG nicht ersichtlich gewesen. Damit stehe fest, dass ein und derselben Lebenssachverhalt für den Betroffenen einmal positiv und einmal negativ gewertet werde. Was man im Falle des § 144 SGB III für richtig erkannt habe, nämlich die Berücksichtigung subjektiver Aspekte, werde bei der Anwendung des § 143a SGB III völlig negiert. Dass diese Ungleichbehandlung nicht richtig und nicht grundgesetzkonform sein könne, liege auf der Hand. Ein weiterer Aspekt komme hinzu. Er habe sich seinen Abfindungsvergleich auf eigenes Risiko und eigene Kosten erstritten. Er sei dabei durch zwei Instanzen hindurch ein erhebliches Kostenrisiko eingegangen, das ihm niemand, auch nicht die AA abgenommen habe. Zur Belohnung für sein aktives und erfolgreiches Vorgehen solle ihm nun von Staats wegen in die Tasche gegriffen werden. Dieses Ergebnis sei schlicht und einfach nicht akzeptabel. Hinzu komme, dass die Abfindung gemäß § 2 des Vergleiches "als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes" zu zahlen sei. Mit dem Vergleichsbetrag sollten finanzielle Härten ausgeglichen werden. Die Abfindung sei jedenfalls nicht dafür bestimmt, von der Arbeitslosenversicherung abgeschöpft zu bewerten. Zudem habe die Beklagte die ihm zustehende Urlaubsabgeltung in Ansatz gebracht, sodass der Ruhenszeitraum erst zum 12.09.2005 enden würde. Auch hier gelte das oben Ausgeführte. Er sei schuldlos daran gehindert gewesen, den ihm zustehenden Resturlaub zu nehmen, sodass eine finanzielle Abgeltung habe erfolgen müssen. Auch die Urlaubsabgeltung sei nicht dazu bestimmt, die Kassen der Arbeitslosenversicherung aufzubessern. Auch hier werde der eklatante Widerspruch zu Sinn und Geist des § 144 SGB III überdeutlich. Wäre der Vergleich mit der allgemeinen Abgeltungsklausel versehen gewesen, "Mit diesem Vergleich sind alle Ansprüche der Parteien aus dem streitigen Arbeitsverhältnis erledigt", hätte er auch keine Urlaubsabgeltung erhalten, mit der Folge, dass auch die Ruhenszeit nicht hätte aufgestockt werden können. Auch dies mache deutlich, dass völlig sachfremde Erwägungen im Rahmen einer formal richtigen Anwendung des § 143a SGB III zu völlig abwegigen und höchst unsozialen Ergebnissen führten. Eine analoge der Anwendung des § 144 SGB III und eine entsprechende Berücksichtigung der darin vorgesehenen subjektiven Kriterien auch bei der Auslegung des § 143a SGB III sei dringend angezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. Juni 2007 und Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 2. September 2005 bis 11. Oktober 2005 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, der Wortlaut des § 143a SGB III und die ratio legis seien klar und letztlich auch durch entsprechende Rechtsprechung des BSG abgesichert.
Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 19.06.2008 ergänzend ausgeführt, es sei schlicht falsch und einfach nicht sachgerecht, eine Sozialabfindung als "Arbeitsentgelt" zu werten. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld könne nicht gleichgesetzt oder verrechnet werden mit der Sozialabfindung. Die Vermutung, dass die Abfindung nicht alleine als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes anzusehen sei, sondern auch Arbeitsentgeltansprüche für die Zeit vor der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses abdecke, liege völlig neben der Sache, nachdem er angesichts der geschilderten Umstände um sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Landesarbeitsgericht habe nachsuchen müssen. Die gefestigte Rechtsprechung des BSG und des erkennenden Senates betreffen nach seiner Rechtsauffassung andere Sachverhalte.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenständlich sind die Bescheide der Beklagten vom 05.06.2007 und 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2007. Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2007 über den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen ist im Widerspruchsverfahren durch den Bescheid vom 05.06.2007 aufgehoben worden und hat sich damit erledigt, weshalb über diesen Bescheid nicht zu befinden ist. Gegen den weiteren Bescheid vom 05.06.2007 (Änderungsbeginn 02.02.2006) hat sich der Kläger mit seiner Klage und Berufung nicht gewandt, wie sich aus seinen schriftsätzlichen Anträgen im gerichtlichen Verfahren und seinem Vorbringen ergibt. Der Senat hat den Antrag des Klägers dementsprechend sachdienlich gefasst.
Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruches des Klägers wegen der Abfindung ist § 143a SGB III. Nach § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte.
Danach tritt ein Ruhen immer dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden ist und zwar uneingeschränkt und unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis beendet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 59/00 R - zur vergleichbaren Vorschrift des § 117 AFG), und wenn dem Arbeitnehmer eine der in § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III genannten Leistungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusteht oder gewährt worden ist. An diese Voraussetzungen sind die Beklagte wie auch die Gerichte gebunden.
Beide Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, worauf der Senat zur Vermeidungen von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Dies stellt der Kläger im Übrigen auch nicht in Abrede.
Daneben sind die vom Kläger geltend gemachten subjektiven Umstände, nicht zu berücksichtigen, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ebenfalls zutreffend und ausführlich begründet hat, worauf der Senat ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers bleibt auszuführen:
Eine Regelungslücke, die durch eine Analogie zu § 144 SGB III zu schließen wäre, liegt nach dem eindeutigen Regelungsinhalt des § 143a Abs. 1 SGB III nicht vor. Die Vorschrift des § 143a SGB III ergänzt § 143 SGB III für Zahlungen, die für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbracht werden. Der Gesetzgeber geht dabei in § 143a SGB III in typisierender Wertung davon aus, dass jede Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung, die im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, wie dies beim Kläger der Fall war, in einem bestimmten, durch § 143a Abs. 2 SGB III pauschalierten Umfang eine Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt enthält. § 143a SGB III enthält damit die unwiderlegliche Vermutung, dass Abfindungen, die unter den Voraussetzungen dieser Regelung gewährt werden, in bestimmtem Umfang eine Entschädigung auch für den durch die vorzeitige Beendigung hervorgerufenen Lohnausfall enthalten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zur vergleichbaren Vorschrift des § 117 Abs. 2 und 3 AFG Urteil vom 20.01.2000 - B 7 AL 48/99 R - m. w. N.; Urteile des erkennenden Senats vom 17.11.2006 - L 8 AL 38514/04 - und 16.03.2007 - L 8 AL 1385/06 -; vgl. auch Düe in Niesel, SGB III § 143a RdNr. 4). Damit sollen (wie bei § 143 SGB III) ungeachtet der subjektiven Umstände Doppelleistungen (Arbeitsentgelt einerseits und Alg andererseits) vermieden werden. Hierdurch unterscheidet sich § 143a SGB III von der Regelung des § 144 SGB III. Sinn der Sperrzeitregelung des § 144 SGB III ist es, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder zu deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (vgl. Niesel in Niesel, a.a.O., § 144 RdNr. 2). Diese unterschiedlichen Normzwecke der Regelungen des § 143a SGB III einerseits und des § 144 SGB III andererseits stehen - entgegen der Ansicht des Klägers - einer analogen Anwendung des § 144 SGB III und einer entsprechenden Berücksichtigung der darin vorgesehenen subjektiven Kriterien bei der Anwendung des § 143a SGB III auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 GG entgegen.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Urlaubsabgeltung ist § 143 Abs. 2 Satz 1 SGB III. Danach ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, falls der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat. Wie die Formulierung in § 143 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative ("hat ... erhalten") zeigt, kommt es nicht darauf an, ob ein Rechtsanspruch auf Urlaubsabgeltung bestanden hat, wenn tatsächlich eine Urlaubsabgeltung erfolgt ist (vgl. Niesel in SGB III, § 143 Rdnr. 24 mH auf BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 14). Auf subjektive Umstände kommt es auch hier aus den oben dargestellten Gründen nicht an. Eine solche Urlaubsabgeltung hat der Kläger nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der GmbH in Höhe von 599,20 EUR erhalten, was vom Kläger im Übrigen auch nicht bestritten wird. Damit wurde ein "Resturlaub" von 11 Tagen (bis 12.09.2005) abgegolten, wie sich aus der Arbeitsbescheinigung weiter ergibt.
Die Beklagte hat schließlich den Ruhenszeitraum wegen der Entlassungsentschädigung unter zutreffender Anwendung der Vorschrift des § 143a Abs. 2 rechnerisch richtig (vom Ende des Arbeitsverhältnisses an) bis 30.09.2005 festgestellt. Dieser Ruhenszeitraum verlängert sich wegen der erhaltenen Urlaubsentschädigung um 11 Tage (§§ 143 Abs. 2 Satz 1, 143a Abs. 1 Satz 5 SGB III). Der Senat nimmt hierzu auf Blatt 180 der Leistungsakte des Klägers sowie die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 Bezug.
Ein Anspruch des Klägers auf Alg für die Zeit vom 02.09.2005 bis 06.09.2005 besteht im Übrigen auch deshalb nicht, weil der Kläger sich erst am 07.09.2005 bei der AA persönlich arbeitslos gemeldet hatte (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Erhalts einer Entlassungs- und Urlaubsentschädigung.
Der 1952 geborene Kläger war ab 06.06.1994 als Lagerarbeiter bei der Firma H. & Sohn H. GmbH (GmbH) beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber wegen einer angeblichen Tätlichkeit des Klägers gegen Mitarbeiter zum 01.09.2005 fristlos, hilfsweise zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin (30.09.2005), gekündigt. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung betrug die Kündigungsfrist des Klägers vier Wochen zum 15. des Monats bzw. Monatsende. Der Kläger erhielt eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 599,20 EUR (fiktives Urlaubende 12.09.2005).
Der Kläger meldete sich am 07.09.2005 bei der Agentur für Arbeit Karlsruhe (AA) arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 20.10.2005 bewilligte die AA dem Kläger unter Berücksichtigung eines Sperrzeitzeitraumes von 02.09.2005 bis 24.11.2005 Alg ab 25.11.2005 mit einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 27,95 EUR (Bemessungsentgelt 72,98 EUR, Lohnsteuerklasse IV/0).
Gegen die Kündigung erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Karlsruhe Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Karlsruhe stellte mit Urteil vom 14.02.2006 (2 Ca 402/05) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung wie auch durch die ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 01.09.2005 nicht beendet worden sei und wies eine Widerklage der GmbH ab. Gegen dieses Urteil legte die GmbH Berufung ein. Weiter forderte die GmbH den Kläger mit Rücksicht auf die Ungewissheit des Ausgangs des Arbeitsgerichtsprozesses und des Urteils des Arbeitsgerichtes mit Schreiben vom 23.06.2006 auf, ab 26.06. die Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Aufforderung kam der Kläger (wegen Arbeitsunfähigkeit erst) ab dem 10.07.2006 bis zum 21.07.2006 nach. Anschließend war der Kläger bis 04.08.2006 erneut arbeitsunfähig krank geschrieben. Danach nahm der Kläger seine Tätigkeit bei der GmbH nicht wieder auf. Der Kläger gab hierzu an, er sei nach der Arbeitsaufnahme am 10.07.2006 weiterhin drangsaliert und schikaniert worden. Daraufhin kündigte die GmbH mit Schreiben vom 21.08.2006 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut. Für die Zeit vom 26.06.2006 bis 04.08.2006 erhielt der Kläger von der GmbH Gehalt bzw. eine Entgeltfortzahlung (für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit). Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - schlossen der Kläger und die GmbH am 21.02.2007 einen gerichtlichen Vergleich in dem - im Wesentlichen - vereinbart wurde, dass die Parteien außer Streit stellen, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der GmbH betrieblich veranlasst mit Ablauf des 31.08.2005 endete und die GmbH sich verpflichtet, an den Kläger als Ausgleich für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung im Sinne von §§ 9, 10 KSchG, 3 Nr. 9 EStG a.F. in Höhe von 16.000,00 EUR brutto zu zahlen.
Mit Bescheid vom 23.03.2007 stellte die AA beim Kläger den Eintritt einer Sperrzeit vom 02.09.2005 bis 24.11.2005 (12 Wochen) sowie die Minderung des Anspruches auf Alg um 195 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) fest, weil der Kläger seine Beschäftigung bei der GmbH verloren habe, weil er gegen einen Mitarbeiter handgreiflich geworden sei.
Gegen den Bescheid vom 23.03.2007 legte der Kläger am 05.04.2007 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung unter Vorlage von Dokumenten aus dem arbeitsgerichtlichen Prozess geltend, die äußerst dürftige Begründung entbehre jeglicher realistischen und vernünftigen Grundlage. Bei sachgerechter Würdigung der Fakten könne kein Weg daran vorbeiführen, dass er keinen Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und somit auch keinen Grund für die Verhängung einer Sperrfrist geliefert habe.
Die AA half daraufhin dem Widerspruch des Klägers teilweise ab. Mit Bewilligungsbescheid vom 05.06.2007 wurde dem Kläger Alg für die Zeit vom 12.10.2005 bis 24.11.2005 ohne Minderung der Anspruchsdauer in Höhe von täglich 27,95 EUR bewilligt und nachbezahlt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 05.06.2007 (Änderungsbeginn 02.02.2006) wurde dem Kläger für die Zeit vom 26.06.2006 bis 04.08.2006 wegen Arbeitsaufnahme Alg nicht bewilligt. Nach Anhörung des Klägers zum Ruhen des Alg-Anspruches wegen der Entlassungsentschädigung und Urlaubsabgeltung (Schreiben der AA vom 18.06.2007, Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22.06.2007) stellte die AA mit Bescheid vom 27.06.2007 wegen des Erhalts einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 16.000,00 EUR sowie des Erhalts einer Urlaubsabgeltung gestützt auf §§ 143a, 143 Abs. 2 SBG III das Ruhen des Leistungsanspruches bis zum 11.10.2005 fest (Ruhen wegen Entlassungsentschädigung bis 30.09.2005, Ruhen wegen Urlaubsabgeltung 11 Tage).
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 wies die AA den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23.03.2007 in der Gestalt der Bescheide vom 05.06.2007 und 27.06.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, streitig sei noch das Ruhen des Anspruches auf Alg bis einschließlich 11.10.2005. Der Kläger habe wegen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung in Höhe von brutto 16.000,00 EUR erhalten. Bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte das Arbeitsverhältnis am 30.09.2005 geendet. Das Arbeitsverhältnis sei damit vorzeitig (zum 01.09.2005) beendet worden. Bei einem kalendertäglich erzielten Arbeitsentgelt in Höhe von 72,98 EUR entspreche der zu berücksichtigen Anteil der Entlassungsentschädigung (35 % = 5600,00 EUR) einem Entgelt für 76 Tage. Beim Kläger bleibe es beim kürzesten Ruhenszeitraum bis zum Ende der maßgeblichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.09.2005. Durch die erhaltene Urlaubsabgeltung verlängere sich der Ruhenszeitraum um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs bis zum 11.10.2005.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.07.2007 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der er die Gewährung von Alg auch für die Zeit vom 02.09.2005 bis 11.10.2005 begehrte. Er führte zur Begründung aus, der Rechtsstreit habe eine umfangreiche Vorgeschichte. Die Anordnung des Ruhens sei nicht gerechtfertigt. Es sei zwar richtig, dass im Rahmen des Vergleichsabschlusses vor dem Landesarbeitsgericht die Zahlung einer Abfindung vereinbart und die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden seien. Die Kündigungsfrist habe bei realistischer Betrachtung jedoch nicht eingehalten werden können. Tatsache sei auch, dass er nach dem 01.09.2005, wenn auch nur wenige Tage, noch bei der GmbH gearbeitet habe. Dies mache die eigentliche Problematik der Angelegenheit deutlich. Die Tatsache, dass er gezwungen gewesen sei, beim Landesarbeitsgericht die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, bleibe von der Beklagten völlig unberücksichtigt. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für ihn unzumutbar gewesen. Er habe auf der einen Seite nicht auf der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit bestehen und gleichzeitig auf der anderen Seite auf die Einhaltung der Kündigungsfrist pochen können. Auch die nur befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei für ihn ebenso unzumutbar gewesen. In seinem Falle komme die Besonderheit hinzu, dass im Rahmen des Berufungsverfahrens ein begründeter Auflösungsantrag rechtshängig gewesen sei. Das Ruhen des Anspruches sei nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer, wie in seinem Falle, die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht zu vertreten habe. Was die Beklagte bei der Aufhebung der Sperrzeitentscheidung für richtig erkannt habe, müsse sinngemäß auch für das Ruhen des Alg-Bezuges gelten. Er habe seinen Arbeitsplatz völlig unverschuldet verloren. Die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen. In der Folge sei er dann an seinem Arbeitsplatz nach allen Regeln der Kunst schikaniert und gedemütigt worden, sodass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als beim Landesarbeitsgericht die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen. Diese Vorgeschichte möge die Beklagte endlich zur Kenntnis nehmen und entsprechend würdigen. Es könne nicht angehen, diese Vorgeschichte völlig unter den Tisch zu kehren und ihn nun auch noch für das schikanöse Verhalten seines Arbeitgebers zu bestrafen. Die ihm zugesprochene Sozialabfindung solle dazu dienen, den Verlust des Arbeitsplatzes so weit als möglich abzufedern und nicht die Arbeitslosenversicherung zu sanieren. Schließlich habe er sein Leben lang auch seine Beiträge in diese Kasse einbezahlt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Auf die Gründe, weshalb die Kündigungsfrist nicht habe eingehalten werden können und wer die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zu vertreten habe, komme es nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des § 143a SGB III für das Ruhen des Anspruches des Klägers auf Alg im streitgegenständlichen Zeitraum seien erfüllt. Ein Ausnahmetatbestand, der die Berücksichtigung von subjektiven Gesichtspunkten, wie sie der Kläger geltend macht, erlaube oder gar anordne, enthalte § 143a SGB III nicht. Die Entscheidung der Beklagten lasse auch im Hinblick auf die Dauer des Zeitraums, indem der Anspruch geruht habe, keine Rechtsfehler erkennen.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger beim SG am 28.01.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe richtig festgestellt, dass die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 143a Abs. 1 SGB III erfüllt seien. Dies bedeute jedoch in Ergebnis noch nicht, dass subjektive Gesichtspunkte keine Bedeutung finden könnten. Es sei in unserer Rechtsordnung Gang und gäbe, ja geradezu an der Tagesordnung, dass eine Gesetzeslücke oder ein als mangelhaft bzw. fehlerhaft erkannter Tatbestand durch die analoge Anwendung einer verwandten anderen Vorschrift kompensiert werde, wenn es sich um einen ähnlichen oder vergleichbaren Lebenssachverhalt handele und es letztendlich darum gehe, Gleiches gleich zu behandeln, wie dies vom Grundgesetz gefordert werde. Bei ihm sei eine Verhängung einer Sperrfrist gem. § 144 SGB III nicht in Betracht gekommen. Eine Differenzierung zwischen § 143a SGB III und § 144 SGB III sei unsozial und verstoße gegen das Grundgesetz. Gerade sein Fall mache die gesamte Problematik deutlich. Sachliche Gründe, aufgrund der gem. § 143a SGB III das Ruhen des Alg-Bezuges angeordnet werden könne, seien auch dem SG nicht ersichtlich gewesen. Damit stehe fest, dass ein und derselben Lebenssachverhalt für den Betroffenen einmal positiv und einmal negativ gewertet werde. Was man im Falle des § 144 SGB III für richtig erkannt habe, nämlich die Berücksichtigung subjektiver Aspekte, werde bei der Anwendung des § 143a SGB III völlig negiert. Dass diese Ungleichbehandlung nicht richtig und nicht grundgesetzkonform sein könne, liege auf der Hand. Ein weiterer Aspekt komme hinzu. Er habe sich seinen Abfindungsvergleich auf eigenes Risiko und eigene Kosten erstritten. Er sei dabei durch zwei Instanzen hindurch ein erhebliches Kostenrisiko eingegangen, das ihm niemand, auch nicht die AA abgenommen habe. Zur Belohnung für sein aktives und erfolgreiches Vorgehen solle ihm nun von Staats wegen in die Tasche gegriffen werden. Dieses Ergebnis sei schlicht und einfach nicht akzeptabel. Hinzu komme, dass die Abfindung gemäß § 2 des Vergleiches "als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes" zu zahlen sei. Mit dem Vergleichsbetrag sollten finanzielle Härten ausgeglichen werden. Die Abfindung sei jedenfalls nicht dafür bestimmt, von der Arbeitslosenversicherung abgeschöpft zu bewerten. Zudem habe die Beklagte die ihm zustehende Urlaubsabgeltung in Ansatz gebracht, sodass der Ruhenszeitraum erst zum 12.09.2005 enden würde. Auch hier gelte das oben Ausgeführte. Er sei schuldlos daran gehindert gewesen, den ihm zustehenden Resturlaub zu nehmen, sodass eine finanzielle Abgeltung habe erfolgen müssen. Auch die Urlaubsabgeltung sei nicht dazu bestimmt, die Kassen der Arbeitslosenversicherung aufzubessern. Auch hier werde der eklatante Widerspruch zu Sinn und Geist des § 144 SGB III überdeutlich. Wäre der Vergleich mit der allgemeinen Abgeltungsklausel versehen gewesen, "Mit diesem Vergleich sind alle Ansprüche der Parteien aus dem streitigen Arbeitsverhältnis erledigt", hätte er auch keine Urlaubsabgeltung erhalten, mit der Folge, dass auch die Ruhenszeit nicht hätte aufgestockt werden können. Auch dies mache deutlich, dass völlig sachfremde Erwägungen im Rahmen einer formal richtigen Anwendung des § 143a SGB III zu völlig abwegigen und höchst unsozialen Ergebnissen führten. Eine analoge der Anwendung des § 144 SGB III und eine entsprechende Berücksichtigung der darin vorgesehenen subjektiven Kriterien auch bei der Auslegung des § 143a SGB III sei dringend angezeigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. Juni 2007 und Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 2. September 2005 bis 11. Oktober 2005 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, der Wortlaut des § 143a SGB III und die ratio legis seien klar und letztlich auch durch entsprechende Rechtsprechung des BSG abgesichert.
Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten auf ein Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 19.06.2008 ergänzend ausgeführt, es sei schlicht falsch und einfach nicht sachgerecht, eine Sozialabfindung als "Arbeitsentgelt" zu werten. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld könne nicht gleichgesetzt oder verrechnet werden mit der Sozialabfindung. Die Vermutung, dass die Abfindung nicht alleine als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes anzusehen sei, sondern auch Arbeitsentgeltansprüche für die Zeit vor der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses abdecke, liege völlig neben der Sache, nachdem er angesichts der geschilderten Umstände um sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Landesarbeitsgericht habe nachsuchen müssen. Die gefestigte Rechtsprechung des BSG und des erkennenden Senates betreffen nach seiner Rechtsauffassung andere Sachverhalte.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenständlich sind die Bescheide der Beklagten vom 05.06.2007 und 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2007. Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2007 über den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen ist im Widerspruchsverfahren durch den Bescheid vom 05.06.2007 aufgehoben worden und hat sich damit erledigt, weshalb über diesen Bescheid nicht zu befinden ist. Gegen den weiteren Bescheid vom 05.06.2007 (Änderungsbeginn 02.02.2006) hat sich der Kläger mit seiner Klage und Berufung nicht gewandt, wie sich aus seinen schriftsätzlichen Anträgen im gerichtlichen Verfahren und seinem Vorbringen ergibt. Der Senat hat den Antrag des Klägers dementsprechend sachdienlich gefasst.
Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruches des Klägers wegen der Abfindung ist § 143a SGB III. Nach § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte.
Danach tritt ein Ruhen immer dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden ist und zwar uneingeschränkt und unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis beendet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 59/00 R - zur vergleichbaren Vorschrift des § 117 AFG), und wenn dem Arbeitnehmer eine der in § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III genannten Leistungen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusteht oder gewährt worden ist. An diese Voraussetzungen sind die Beklagte wie auch die Gerichte gebunden.
Beide Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, worauf der Senat zur Vermeidungen von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Dies stellt der Kläger im Übrigen auch nicht in Abrede.
Daneben sind die vom Kläger geltend gemachten subjektiven Umstände, nicht zu berücksichtigen, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ebenfalls zutreffend und ausführlich begründet hat, worauf der Senat ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers bleibt auszuführen:
Eine Regelungslücke, die durch eine Analogie zu § 144 SGB III zu schließen wäre, liegt nach dem eindeutigen Regelungsinhalt des § 143a Abs. 1 SGB III nicht vor. Die Vorschrift des § 143a SGB III ergänzt § 143 SGB III für Zahlungen, die für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erbracht werden. Der Gesetzgeber geht dabei in § 143a SGB III in typisierender Wertung davon aus, dass jede Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung, die im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird, wie dies beim Kläger der Fall war, in einem bestimmten, durch § 143a Abs. 2 SGB III pauschalierten Umfang eine Entschädigung für ausgefallenes Arbeitsentgelt enthält. § 143a SGB III enthält damit die unwiderlegliche Vermutung, dass Abfindungen, die unter den Voraussetzungen dieser Regelung gewährt werden, in bestimmtem Umfang eine Entschädigung auch für den durch die vorzeitige Beendigung hervorgerufenen Lohnausfall enthalten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zur vergleichbaren Vorschrift des § 117 Abs. 2 und 3 AFG Urteil vom 20.01.2000 - B 7 AL 48/99 R - m. w. N.; Urteile des erkennenden Senats vom 17.11.2006 - L 8 AL 38514/04 - und 16.03.2007 - L 8 AL 1385/06 -; vgl. auch Düe in Niesel, SGB III § 143a RdNr. 4). Damit sollen (wie bei § 143 SGB III) ungeachtet der subjektiven Umstände Doppelleistungen (Arbeitsentgelt einerseits und Alg andererseits) vermieden werden. Hierdurch unterscheidet sich § 143a SGB III von der Regelung des § 144 SGB III. Sinn der Sperrzeitregelung des § 144 SGB III ist es, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder zu deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (vgl. Niesel in Niesel, a.a.O., § 144 RdNr. 2). Diese unterschiedlichen Normzwecke der Regelungen des § 143a SGB III einerseits und des § 144 SGB III andererseits stehen - entgegen der Ansicht des Klägers - einer analogen Anwendung des § 144 SGB III und einer entsprechenden Berücksichtigung der darin vorgesehenen subjektiven Kriterien bei der Anwendung des § 143a SGB III auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 GG entgegen.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Urlaubsabgeltung ist § 143 Abs. 2 Satz 1 SGB III. Danach ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, falls der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat. Wie die Formulierung in § 143 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative ("hat ... erhalten") zeigt, kommt es nicht darauf an, ob ein Rechtsanspruch auf Urlaubsabgeltung bestanden hat, wenn tatsächlich eine Urlaubsabgeltung erfolgt ist (vgl. Niesel in SGB III, § 143 Rdnr. 24 mH auf BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 14). Auf subjektive Umstände kommt es auch hier aus den oben dargestellten Gründen nicht an. Eine solche Urlaubsabgeltung hat der Kläger nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der GmbH in Höhe von 599,20 EUR erhalten, was vom Kläger im Übrigen auch nicht bestritten wird. Damit wurde ein "Resturlaub" von 11 Tagen (bis 12.09.2005) abgegolten, wie sich aus der Arbeitsbescheinigung weiter ergibt.
Die Beklagte hat schließlich den Ruhenszeitraum wegen der Entlassungsentschädigung unter zutreffender Anwendung der Vorschrift des § 143a Abs. 2 rechnerisch richtig (vom Ende des Arbeitsverhältnisses an) bis 30.09.2005 festgestellt. Dieser Ruhenszeitraum verlängert sich wegen der erhaltenen Urlaubsentschädigung um 11 Tage (§§ 143 Abs. 2 Satz 1, 143a Abs. 1 Satz 5 SGB III). Der Senat nimmt hierzu auf Blatt 180 der Leistungsakte des Klägers sowie die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 Bezug.
Ein Anspruch des Klägers auf Alg für die Zeit vom 02.09.2005 bis 06.09.2005 besteht im Übrigen auch deshalb nicht, weil der Kläger sich erst am 07.09.2005 bei der AA persönlich arbeitslos gemeldet hatte (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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