Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 1120/08 A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3905/08 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10.07.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Im Hauptsacheverfahren ist zwischen den Beteiligten streitig, ob beim Kläger und Beschwerdeführer eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 bzw. 2109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
In diesem Zusammenhang wurde im Verwaltungsverfahren durch die Beklagte das Gutachten von Dr. K. eingeholt und im Klageverfahren vor dem Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten von Dr. H. vom 19.10.2006 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Dr. S. vom 26.04.2007. Die gerichtlichen Sachverständigen haben sich auf Aufforderung des Gerichts bzw. Antrag des Klägers im Rahmen der Erörterung der Beweisergebnisse der Beteiligten ergänzend geäußert. Dr. S. hat die ergänzenden Äußerungen vom 20.07. und vom 27.12.2007, Dr. H. die ergänzenden Äußerungen vom 13.09.2007 und vom 15.03.2008 vorgelegt.
Zu der Frage, inwieweit nachgewiesene strukturelle Schäden der Bandscheiben der Lenden- und Halswirbelsäule mit zunehmendem Alter und einer beruflichen Belastung korrespondieren, hat Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 15.03.2008 u. a. ausgeführt, wenn ein körperlich über lange Zeit belasteter Arbeitnehmer im mittleren oder höheren Alter Verschleißerscheinungen aufweise, beweise dies immer noch nicht einen Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und den Verschleißerscheinungen. Es könne sich um zwei parallel verlaufende Entwicklungen handeln ohne inneren Zusammenhang. Wörtlich ist hieran anschließend ausgeführt: "In den 70iger Jahren ging in der Bundesrepublik Deutschland die Population an Störchen deutlich zurück. Gleichzeitig ging die Anzahl der Geburten deutlich zurück. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass zwischen diesen beiden Entwicklungen ein innerer Zusammenhang besteht und der Storch erwiesenermaßen die kleinen Kinder bringt. Biologisch erkennbare diskrete bis mäßiggradige Verschleißerscheinungen in der Lendenwirbelsäule sind absolut nicht ungewöhnlich ..."
Zu der Frage der bandscheibenbedingten Erkrankung hat Dr. H. außerdem ausgeführt, es müsse zwischen den Bandscheibenschäden im radiologischen Bild und einer bandscheibenbedingten Erkrankung differenziert werden. Es gehe ihm nicht um die fachliche Qualifikation von Dr. S. (als Internist, Betriebsmediziner und Sozialmediziner), er habe von Orthopäden schon deutlich schlechtere Gutachten im Zusammenhang mit der Berufskrankheit Nr. 2108 gelesen. Er stimme mit Dr. S. in mancherlei Hinsicht überein, gleichwohl enthalte sein Gutachten gravierende Fehler und die nachfolgenden Stellungnahmen enthielten falsche Schlussfolgerungen, da Dr. S. nicht mit der erforderlichen Schärfe zwischen radiologischen Veränderungen und bandscheibenbedingten Erkrankungen unterscheide. Dr. S. gehe sicherlich nicht davon aus, dass die von ihm für richtig gehaltenen radiologischen Veränderungen während des stationären Heilverfahrens in der Federseeklinik "wegtherapiert" worden seien. Eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule hätte nach dem Heilverfahren genau dasselbe gezeigt, obgleich der Kläger nach eigenen Angaben zuvor ausgeprägte Schmerzen gehabt habe und nach Ende des Heilverfahrens fast schmerzfrei gewesen sei. Wörtlich ist im Folgenden ausgeführt: "Da ich selbst 13 Jahre Chefarzt in der Federseeklinik in B. war und die dortige orthopädische Abteilung geleitet habe, weiß ich aus sicherer Quelle, dass die Federseeklinik über keine Methoden verfügt, die strukturelle Schäden im Bereich der Lendenwirbelsäule verändern kann. Trotzdem werden sehr viele Patienten deutlich schmerzgelindert oder gar schmerzfrei nach einem drei- oder vierwöchigen stationären Heilverfahren entlassen ..."
Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 08.04.2008 beantragt, den Sachverständigen Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Der Vergleich des Sachverständigen mit einer Relation zwischen Geburtenrückgang und Rückgang der Störchepopulation sei eines Sachverständigen völlig unwürdig und lasse ohne jeden Zweifel erkennen, dass das Anliegen des Klägers nicht ernst genommen werde. Auch die zynische Bemerkung, die Federseeklinik verfüge nicht über Methoden, strukturelle Schäden zu verändern, verstärke den Eindruck von der Parteilichkeit der Sachverständigen. Die offensichtliche Auffassung des Sachverständigen, fortgeschrittene Bandscheibenschäden entwickelten sich aus der körperlichen Belastung durch Arbeit, Übergewicht und Rauchen, ziehe die bestehende Berufskrankheit nach der Berufskrankheitenverordnung selbst in Zweifel, was jedoch nicht seine Aufgabe sei. Der Sachverständige erwecke den Eindruck, seinen Standpunkt ohne Widerspruch durchsetzen zu wollen, wobei auch Zweifel darüber aufkommen könnten, ob es gestattet sein darf, mehr als zweimal dem gerichtlich bestellten Sachverständigen zu widersprechen.
Mit Beschluss vom 10.07.2008 hat das Sozialgericht den Befangenheitsantrag des Klägers zurückgewiesen. Unsachliche Erwägungen des Sachverständige seien nicht zu erkennen. Der Sachverständige habe sich in seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme bemüht, mit einem plastischen und überspitzten Vergleich zu verdeutlichen, dass eine Kausalität nicht ohne weiteres unterstellt werden könne. Im übrigen dürften die Äußerungen nicht isoliert betrachtet werden, sondern stünden in einer umfassenden Auseinandersetzungen des Sachverständigen mit den streitigen Fragen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18.07.2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28.07.2008 beim Sozialgericht Beschwerde erhoben und sein Vorbringen vor dem Sozialgericht wiederholt. Er hat zusätzlich die von Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 13.09.2007 verwendete Formulierung "Dass radiologisch nachweisbare Verschleißschäden einer Wirbelsäule per se keine entsprechende Beschwerdesymptomatik nach sich ziehen müssen, möchte ich an dieser Stelle besonders betonen, ... " und die in der Stellungnahme vom 15.03.2008 verwendete Formulierung "Ich habe von Orthopäden schon deutlich schlechtere Stellungnahmen im Zusammenhang mit einer Berufskrankheit 2108 gelesen ..." gerügt. Dr. H. komme zu völlig anderen Ergebnissen als die meisten Vorgutachten. Die Untersuchungsergebnisse seiner fünf Vorsachverständigen würden zu seinen - des Klägers - Ungunsten völlig ignoriert. Die Befunde der vorausgegangenen gutachtlichen Untersuchungen hätten Bandscheibenprotrusionen bzw. Bandscheibenvorfälle mit Bewegungseinschränkungen und Schmerz ergeben, womit sich Dr. H. nicht auseinandersetze. Es sei deshalb auch nicht überraschend, wenn unangefochten von Zweifeln im Gutachten vom 19.10.2006 behauptet werde, im Bereich der Lendenwirbelsäule ließen sich keine sicheren Hinweise für eine bandscheibenbedingte Erkrankung erkennen. Wenn Dr. H. nicht so unsachlich und voreingenommen auf fachliche Kritik reagieren würde, könne man dies aber noch als Anzeichen von besonderer selbstständige Arbeitsweise halten. Unter den gegebenen Umständen seien seine Stellungnahmen jedoch willkürlich und unsachlich.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgericht Konstanz vom 10.07.2006 aufzuheben und Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Auf ihren Schriftsatz vom 02.09.2008 wird Bezug genommen.
II
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft, denn die Beschwerde ist nur ausgeschlossen gegen Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 172 Abs. 2 SGG i. d. Fassung vom 28.03.2008, in Kraft seit 01.04.2008). Der Sachverständige ist keine Gerichtspersonen in diesem Sinne (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 41, 42, 49 Zivilprozessordnung( ZPO)). Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zu Ablehnung eines Richters berechtigen. Nach § 406 Abs. 2 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dabei ist darauf abzustellen, wann der Beteiligte den Ablehnungsgrund gekannt hat. Ergibt sich der Ablehnungsgrund erst mit der Vorlage des Gutachtens, sind die die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigenden Gründe unverzüglich, d. h. innerhalb einer angemessenen Überlegungszeit ab Kenntniserlangung, geltend zu machen. Der Ausschluss der Ablehnung im ersten Rechtszug erstreckt sich auch auf das Beschwerde- und Berufungsverfahren und zwar auch dann auf einen hier erst zu erläuternden oder zu ergänzenden Punkt, es sei denn, der Ablehnungsgrund ergibt sich erstmals im Rechtsbehelfsverfahren (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, 28. Aufl., § 406 Rdnr. 7). Unter Berücksichtigung dieser Umstände lässt der Senat dahinstehen, ob die erstmals im Beschwerdeverfahren gerügten Äußerungen des Sachverständigen Dr. H., insbesondere aus den bislang nicht beanstandeten Äußerungen im Gutachten vom 19.10.2006 und der Stellungnahme vom 13.09. 2007, ausgeschlossen sind. Zu Gunsten des Klägers geht der Senat davon aus, dass diese die bisher geltend gemachten Befangenheitsgründe nur unterstreichen, ohne eigenständige Bedeutung zu beanspruchen.
Der Senat konnte jedoch wie das Sozialgericht nicht die Überzeugung erlangen, dass wegen der gerügten Äußerungen eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Dr. H. begründet ist. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Es kommt dabei nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige nachweislich parteilich ist oder ob das Gericht selbst keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hat, vielmehr ist darauf abzustellen, ob ein solcher Grund vom Standpunkt eines Verfahrensbeteiligten aus vernünftiger und objektiver Betrachtungsweise anzunehmen ist (BVerfGE 20, 9,14; 43, 126, 127; BSG SozR 1500 § 60 Nr. 3 mit weiteren Nachweisen). Die Behauptung der Fehlerhaftigkeit eines Gutachtens ist für sich allein ebenso wenig ein Ablehnungsgrund wie der Vorwurf mangelnder Qualifikation (vgl. Reichold a. a. O. Rdnr. 3), vielmehr handelt es sich hierbei um eine Frage der Beweiswürdigung, die das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung vorzunehmen hat.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten liegen keine Gründe vor, die vernünftige Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. H. aufkommen lassen.
Der gerügten Äußerung des Sachverständigen hinsichtlich der fehlenden Relation zwischen Geburtenrate und Rückgang der Störchepopulation ist die vom Kläger beigelegte Bedeutung der Herabwürdigung seines Anliegens nicht zu entnehmen. Dies folgt zum einen aus dem Zusammenhang der Äußerung mit den im sachlichen Ton gehaltenen vorangegangenen Darlegungen des Sachverständige zu zwei parallel verlaufenden, nicht in Zusammenhang stehenden Entwicklungen, die die zwischen den Sachverständigen streitige Kausalitätsbewertung erläutert. Im Hinblick auf den sich bereits über längere Zeit mit mehreren Stellungnahmen hinziehenden Diskurs zwischen den Sachverständigen ist auch eine nachdrückliche bildhafte Darstellung angemessen. Entgegen der Einschätzung des Klägers ist das von Dr. H. angeführte Beispiel ein häufig benutztes Bild zur Illustration für Logikbrüche einer Kausalitätsbewertung, das in der wissenschaftlichen Diskussion durchaus verbreitet ist. In allgemein zugänglichen Nachschlagewerken wird dieses Beispiel neben anderen auch aufgeführt (vgl. u. a. Die freie Enzyklopädie Wikipedia -online-, Stichwort "cum hoc ergo propter hoc"). Zudem ist auch aus objektiver Sicht eines Beteiligten verständlich, dass ein Sachverständiger, der sich im Gutachten und in einer ergänzenden Stellungnahme zur annähernd gleichen Fragestellung geäußert hat, nach der erneuten Aufforderung zur Stellungnahme versucht, seine gutachtliche Überzeugung mit (noch) eingängigeren Argumenten, z. B. durch ein vereinfachendes Fallbeispiel, vorzutragen.
Unter diesen Gesichtspunkten kommt der gerügten Bemerkung des Sachverständigen Dr. H., die Federseeklinik könne keine strukturellen Schäden wegtherapieren, auch nicht die vom Kläger beigemessene Zynik zu. Dies gilt auch für die im Beschwerdeverfahren zur Unterstützung des bisherigen Vorbringens gerügte Äußerung, nachweisbare Verschleißschäden der Wirbelsäule müssten per se keine entsprechende Beschwerdesymptomatik nach sich ziehen. Weder ergibt sich aus diesen Äußerungen eine Geringschätzung der Person des Klägers noch eine Herabwürdigung seines Anliegens. Die gerügten Ausführungen des Sachverständigen stehen im engen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit der gutachtlichen Bewertung von Dr. S. über die Einschätzung von klinisch stummen bzw. nicht pathologischen radiologischen Veränderungen und der beim Kläger aufgetretenen Beschwerdesymptomatik. Soweit Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.12.2007 unter Berufung auf den Orthopäden Dr. K. einen "erheblichen Schaden mit entsprechenden Beschwerden" als gegeben ansieht, ist aus der Sicht von Dr. H., der einen entgegen gesetzten Standpunkt einnimmt, ein Eingehen auf die Beschwerdesymptomatik und die hierauf angewandte Therapie und Therapieerfolge erforderlich gewesen. Insbesondere die Darstellung, dass die therapeutischen Möglichkeiten der vom Kläger aufgesuchten Klinik keine radiologisch aufgezeigte strukturelle Schäden beseitigen können, war in diesem Zusammenhang aus Sicht des Sachverständigen durchaus erforderlich, sie kann auch von einem verständigen Beteiligten nicht als zynisch eingestuft werden.
Ebenso wenig ist eine Voreingenommenheit des Sachverständigen aus seiner Bewertung der Entstehungszusammenhänge für Bandscheibenerkrankungen abzuleiten. Er stützt sich für die Beurteilung, dass nur aus der Summe von körperlicher Belastung durch Arbeit, Übergewicht und Rauchen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Rückenschmerzen entstehe, auf die Ergebnisse einer im Januar 2008 neu veröffentlichten Studie aus Dänemark. Abgesehen davon, dass damit noch nichts über die anteilige Wertigkeit der Ursachenkette einer beruflichen Belastung der Wirbelsäule ausgesagt ist, hat der Sachverständige seine Schlussfolgerung an eine wissenschaftliche Studie angeknüpft. Eine willkürliche, auf Voreingenommenheit beruhende Bewertung ist deshalb darin nicht zuerkennen. Dass viele arbeitsmedizinische Fragen der im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung in die Berufskrankheitenliste aufgenommenen Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule bislang noch nicht geklärt sind und durch entsprechende Studien erst empirisch aufgearbeitet werden, ist durch die Rechtsprechung bzw. in der Anwendungspraxis der geltenden Normen zu berücksichtigen vgl. hierzu BSB, Urteil vom 30.102007 - B 2 U 4/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Die im Beschwerdeverfahren zusätzlich gerügte Formulierung, von Orthopäden habe er schon deutlich schlechtere Stellungnahmen als die von Dr. S. gelesen, begründet ebenso wenig eine Besorgnis der Befangenheit in diesem Zusammenhang. Eine abschätzige Äußerung über Dritte ist grundsätzlich nicht geeignet, die Voreingenommenheit oder Parteilichkeit eines Sachverständigen gegenüber einem Verfahrensbeteiligten zu begründen. Allenfalls dann, wenn dies entsprechende Rückschlüsse auf eine fachliche Voreingenommenheit oder auf Vorbehalte gegenüber Prozessbeteiligten zulässt, kann eine solche Äußerung einen Befangenheitsgrund darstellen. Es spricht einiges dafür, dass diese Rüge eigentlich ausgeschlossen ist, da mit ihr ein eigenständiger Befangenheitsgrund verspätet geltend gemacht wird. Doch selbst wenn diesem Vorbringen lediglich eine Bekräftigung der bisherigen Gründe unterstellt wird, ergibt sich aus dem Zusammenhang, in dem die Äußerung gemacht wurde, keine Unsachlichkeit des Sachverständigen und damit Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger. Vorrangig obliegt die Beurteilung der Frage, ob bandscheibenbedingte Erkrankungen vorliegen, den Fachärzten für Orthopädie/Chirurgie bzw. Neurologie. Dr. H. hatte daher durchaus Anlass, im Hinblick auf die Fachkompetenz von Dr. S. als Internist, Betriebsmediziner und Sozialmediziner darauf hinzuweisen, dass er mit ihm in einigen Punkten übereinstimmt. Dr. H. sah sich jedoch aus Sicht des orthopädischen Sachverständigen gezwungen, auch auf fehlerhafte Schlussfolgerungen von Dr. S. hinzuweisen. Dass er gleichwohl von Orthopäden, also von den Vertretern des eigentlich einschlägigen Fachgebiets, schon schlechtere Gutachten, d. h. seiner Beurteilung nach mit gravierenderen Mängeln, gelesen habe, ist in diesem Zusammenhang dann sogar eher eine Abmilderung der Kritik der gutachtlichen Leistungen von Dr. S ...
Soweit gerügt wird, dass Dr. H. im Widerspruch zu fünf Vorgutachten stehe, wobei der Senat dem im Gutachten von Dr. S. wiedergegebenen Verfahrensverlauf nur ein Vorgutachten, nämlich das von Dr. K. entnehmen kann, ist dies nicht geeignet, eine Befangenheit zu begründen. Der Kläger selbst hat diesem Vorbringen kein großes Gewicht beigemessen, sondern hält dies nur im Zusammenhang mit den anderen vorgetragenen Gründen von Bedeutung. Die Bewertung der gutachtlich gewonnenen Untersuchungsergebnisse und Einschätzungen berührt jedoch die richterliche Beweiswürdigung. Bloße fehlerhafte oder nicht überzeugende gutachtliche Befunde oder Bewertungen begründen grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit. Augenscheinlich fehlerhafte und offenkundig willkürlich herangezogene Befunde oder gutachtlich aufgestellte Schlussfolgerungen, die ausnahmsweise eine Voreingenommenheit des Sachverständigen begründen könnten, sind nicht vorgetragen – vielmehr hat Dr. H. seine Befunde und abweichenden Schlussfolgerungen begründet - und solche sind mit den oben angeführten Äußerungen auch nicht belegt.
Die Beschwerde des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG analog.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Im Hauptsacheverfahren ist zwischen den Beteiligten streitig, ob beim Kläger und Beschwerdeführer eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 bzw. 2109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
In diesem Zusammenhang wurde im Verwaltungsverfahren durch die Beklagte das Gutachten von Dr. K. eingeholt und im Klageverfahren vor dem Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten von Dr. H. vom 19.10.2006 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Dr. S. vom 26.04.2007. Die gerichtlichen Sachverständigen haben sich auf Aufforderung des Gerichts bzw. Antrag des Klägers im Rahmen der Erörterung der Beweisergebnisse der Beteiligten ergänzend geäußert. Dr. S. hat die ergänzenden Äußerungen vom 20.07. und vom 27.12.2007, Dr. H. die ergänzenden Äußerungen vom 13.09.2007 und vom 15.03.2008 vorgelegt.
Zu der Frage, inwieweit nachgewiesene strukturelle Schäden der Bandscheiben der Lenden- und Halswirbelsäule mit zunehmendem Alter und einer beruflichen Belastung korrespondieren, hat Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 15.03.2008 u. a. ausgeführt, wenn ein körperlich über lange Zeit belasteter Arbeitnehmer im mittleren oder höheren Alter Verschleißerscheinungen aufweise, beweise dies immer noch nicht einen Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und den Verschleißerscheinungen. Es könne sich um zwei parallel verlaufende Entwicklungen handeln ohne inneren Zusammenhang. Wörtlich ist hieran anschließend ausgeführt: "In den 70iger Jahren ging in der Bundesrepublik Deutschland die Population an Störchen deutlich zurück. Gleichzeitig ging die Anzahl der Geburten deutlich zurück. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass zwischen diesen beiden Entwicklungen ein innerer Zusammenhang besteht und der Storch erwiesenermaßen die kleinen Kinder bringt. Biologisch erkennbare diskrete bis mäßiggradige Verschleißerscheinungen in der Lendenwirbelsäule sind absolut nicht ungewöhnlich ..."
Zu der Frage der bandscheibenbedingten Erkrankung hat Dr. H. außerdem ausgeführt, es müsse zwischen den Bandscheibenschäden im radiologischen Bild und einer bandscheibenbedingten Erkrankung differenziert werden. Es gehe ihm nicht um die fachliche Qualifikation von Dr. S. (als Internist, Betriebsmediziner und Sozialmediziner), er habe von Orthopäden schon deutlich schlechtere Gutachten im Zusammenhang mit der Berufskrankheit Nr. 2108 gelesen. Er stimme mit Dr. S. in mancherlei Hinsicht überein, gleichwohl enthalte sein Gutachten gravierende Fehler und die nachfolgenden Stellungnahmen enthielten falsche Schlussfolgerungen, da Dr. S. nicht mit der erforderlichen Schärfe zwischen radiologischen Veränderungen und bandscheibenbedingten Erkrankungen unterscheide. Dr. S. gehe sicherlich nicht davon aus, dass die von ihm für richtig gehaltenen radiologischen Veränderungen während des stationären Heilverfahrens in der Federseeklinik "wegtherapiert" worden seien. Eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule hätte nach dem Heilverfahren genau dasselbe gezeigt, obgleich der Kläger nach eigenen Angaben zuvor ausgeprägte Schmerzen gehabt habe und nach Ende des Heilverfahrens fast schmerzfrei gewesen sei. Wörtlich ist im Folgenden ausgeführt: "Da ich selbst 13 Jahre Chefarzt in der Federseeklinik in B. war und die dortige orthopädische Abteilung geleitet habe, weiß ich aus sicherer Quelle, dass die Federseeklinik über keine Methoden verfügt, die strukturelle Schäden im Bereich der Lendenwirbelsäule verändern kann. Trotzdem werden sehr viele Patienten deutlich schmerzgelindert oder gar schmerzfrei nach einem drei- oder vierwöchigen stationären Heilverfahren entlassen ..."
Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 08.04.2008 beantragt, den Sachverständigen Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Der Vergleich des Sachverständigen mit einer Relation zwischen Geburtenrückgang und Rückgang der Störchepopulation sei eines Sachverständigen völlig unwürdig und lasse ohne jeden Zweifel erkennen, dass das Anliegen des Klägers nicht ernst genommen werde. Auch die zynische Bemerkung, die Federseeklinik verfüge nicht über Methoden, strukturelle Schäden zu verändern, verstärke den Eindruck von der Parteilichkeit der Sachverständigen. Die offensichtliche Auffassung des Sachverständigen, fortgeschrittene Bandscheibenschäden entwickelten sich aus der körperlichen Belastung durch Arbeit, Übergewicht und Rauchen, ziehe die bestehende Berufskrankheit nach der Berufskrankheitenverordnung selbst in Zweifel, was jedoch nicht seine Aufgabe sei. Der Sachverständige erwecke den Eindruck, seinen Standpunkt ohne Widerspruch durchsetzen zu wollen, wobei auch Zweifel darüber aufkommen könnten, ob es gestattet sein darf, mehr als zweimal dem gerichtlich bestellten Sachverständigen zu widersprechen.
Mit Beschluss vom 10.07.2008 hat das Sozialgericht den Befangenheitsantrag des Klägers zurückgewiesen. Unsachliche Erwägungen des Sachverständige seien nicht zu erkennen. Der Sachverständige habe sich in seiner zweiten ergänzenden Stellungnahme bemüht, mit einem plastischen und überspitzten Vergleich zu verdeutlichen, dass eine Kausalität nicht ohne weiteres unterstellt werden könne. Im übrigen dürften die Äußerungen nicht isoliert betrachtet werden, sondern stünden in einer umfassenden Auseinandersetzungen des Sachverständigen mit den streitigen Fragen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18.07.2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28.07.2008 beim Sozialgericht Beschwerde erhoben und sein Vorbringen vor dem Sozialgericht wiederholt. Er hat zusätzlich die von Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 13.09.2007 verwendete Formulierung "Dass radiologisch nachweisbare Verschleißschäden einer Wirbelsäule per se keine entsprechende Beschwerdesymptomatik nach sich ziehen müssen, möchte ich an dieser Stelle besonders betonen, ... " und die in der Stellungnahme vom 15.03.2008 verwendete Formulierung "Ich habe von Orthopäden schon deutlich schlechtere Stellungnahmen im Zusammenhang mit einer Berufskrankheit 2108 gelesen ..." gerügt. Dr. H. komme zu völlig anderen Ergebnissen als die meisten Vorgutachten. Die Untersuchungsergebnisse seiner fünf Vorsachverständigen würden zu seinen - des Klägers - Ungunsten völlig ignoriert. Die Befunde der vorausgegangenen gutachtlichen Untersuchungen hätten Bandscheibenprotrusionen bzw. Bandscheibenvorfälle mit Bewegungseinschränkungen und Schmerz ergeben, womit sich Dr. H. nicht auseinandersetze. Es sei deshalb auch nicht überraschend, wenn unangefochten von Zweifeln im Gutachten vom 19.10.2006 behauptet werde, im Bereich der Lendenwirbelsäule ließen sich keine sicheren Hinweise für eine bandscheibenbedingte Erkrankung erkennen. Wenn Dr. H. nicht so unsachlich und voreingenommen auf fachliche Kritik reagieren würde, könne man dies aber noch als Anzeichen von besonderer selbstständige Arbeitsweise halten. Unter den gegebenen Umständen seien seine Stellungnahmen jedoch willkürlich und unsachlich.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Sozialgericht Konstanz vom 10.07.2006 aufzuheben und Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Auf ihren Schriftsatz vom 02.09.2008 wird Bezug genommen.
II
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft, denn die Beschwerde ist nur ausgeschlossen gegen Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen (§ 172 Abs. 2 SGG i. d. Fassung vom 28.03.2008, in Kraft seit 01.04.2008). Der Sachverständige ist keine Gerichtspersonen in diesem Sinne (§ 60 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 41, 42, 49 Zivilprozessordnung( ZPO)). Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zu Ablehnung eines Richters berechtigen. Nach § 406 Abs. 2 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dabei ist darauf abzustellen, wann der Beteiligte den Ablehnungsgrund gekannt hat. Ergibt sich der Ablehnungsgrund erst mit der Vorlage des Gutachtens, sind die die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigenden Gründe unverzüglich, d. h. innerhalb einer angemessenen Überlegungszeit ab Kenntniserlangung, geltend zu machen. Der Ausschluss der Ablehnung im ersten Rechtszug erstreckt sich auch auf das Beschwerde- und Berufungsverfahren und zwar auch dann auf einen hier erst zu erläuternden oder zu ergänzenden Punkt, es sei denn, der Ablehnungsgrund ergibt sich erstmals im Rechtsbehelfsverfahren (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO Kommentar, 28. Aufl., § 406 Rdnr. 7). Unter Berücksichtigung dieser Umstände lässt der Senat dahinstehen, ob die erstmals im Beschwerdeverfahren gerügten Äußerungen des Sachverständigen Dr. H., insbesondere aus den bislang nicht beanstandeten Äußerungen im Gutachten vom 19.10.2006 und der Stellungnahme vom 13.09. 2007, ausgeschlossen sind. Zu Gunsten des Klägers geht der Senat davon aus, dass diese die bisher geltend gemachten Befangenheitsgründe nur unterstreichen, ohne eigenständige Bedeutung zu beanspruchen.
Der Senat konnte jedoch wie das Sozialgericht nicht die Überzeugung erlangen, dass wegen der gerügten Äußerungen eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Dr. H. begründet ist. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Es kommt dabei nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige nachweislich parteilich ist oder ob das Gericht selbst keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hat, vielmehr ist darauf abzustellen, ob ein solcher Grund vom Standpunkt eines Verfahrensbeteiligten aus vernünftiger und objektiver Betrachtungsweise anzunehmen ist (BVerfGE 20, 9,14; 43, 126, 127; BSG SozR 1500 § 60 Nr. 3 mit weiteren Nachweisen). Die Behauptung der Fehlerhaftigkeit eines Gutachtens ist für sich allein ebenso wenig ein Ablehnungsgrund wie der Vorwurf mangelnder Qualifikation (vgl. Reichold a. a. O. Rdnr. 3), vielmehr handelt es sich hierbei um eine Frage der Beweiswürdigung, die das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung vorzunehmen hat.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gegebenheiten liegen keine Gründe vor, die vernünftige Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. H. aufkommen lassen.
Der gerügten Äußerung des Sachverständigen hinsichtlich der fehlenden Relation zwischen Geburtenrate und Rückgang der Störchepopulation ist die vom Kläger beigelegte Bedeutung der Herabwürdigung seines Anliegens nicht zu entnehmen. Dies folgt zum einen aus dem Zusammenhang der Äußerung mit den im sachlichen Ton gehaltenen vorangegangenen Darlegungen des Sachverständige zu zwei parallel verlaufenden, nicht in Zusammenhang stehenden Entwicklungen, die die zwischen den Sachverständigen streitige Kausalitätsbewertung erläutert. Im Hinblick auf den sich bereits über längere Zeit mit mehreren Stellungnahmen hinziehenden Diskurs zwischen den Sachverständigen ist auch eine nachdrückliche bildhafte Darstellung angemessen. Entgegen der Einschätzung des Klägers ist das von Dr. H. angeführte Beispiel ein häufig benutztes Bild zur Illustration für Logikbrüche einer Kausalitätsbewertung, das in der wissenschaftlichen Diskussion durchaus verbreitet ist. In allgemein zugänglichen Nachschlagewerken wird dieses Beispiel neben anderen auch aufgeführt (vgl. u. a. Die freie Enzyklopädie Wikipedia -online-, Stichwort "cum hoc ergo propter hoc"). Zudem ist auch aus objektiver Sicht eines Beteiligten verständlich, dass ein Sachverständiger, der sich im Gutachten und in einer ergänzenden Stellungnahme zur annähernd gleichen Fragestellung geäußert hat, nach der erneuten Aufforderung zur Stellungnahme versucht, seine gutachtliche Überzeugung mit (noch) eingängigeren Argumenten, z. B. durch ein vereinfachendes Fallbeispiel, vorzutragen.
Unter diesen Gesichtspunkten kommt der gerügten Bemerkung des Sachverständigen Dr. H., die Federseeklinik könne keine strukturellen Schäden wegtherapieren, auch nicht die vom Kläger beigemessene Zynik zu. Dies gilt auch für die im Beschwerdeverfahren zur Unterstützung des bisherigen Vorbringens gerügte Äußerung, nachweisbare Verschleißschäden der Wirbelsäule müssten per se keine entsprechende Beschwerdesymptomatik nach sich ziehen. Weder ergibt sich aus diesen Äußerungen eine Geringschätzung der Person des Klägers noch eine Herabwürdigung seines Anliegens. Die gerügten Ausführungen des Sachverständigen stehen im engen Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit der gutachtlichen Bewertung von Dr. S. über die Einschätzung von klinisch stummen bzw. nicht pathologischen radiologischen Veränderungen und der beim Kläger aufgetretenen Beschwerdesymptomatik. Soweit Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27.12.2007 unter Berufung auf den Orthopäden Dr. K. einen "erheblichen Schaden mit entsprechenden Beschwerden" als gegeben ansieht, ist aus der Sicht von Dr. H., der einen entgegen gesetzten Standpunkt einnimmt, ein Eingehen auf die Beschwerdesymptomatik und die hierauf angewandte Therapie und Therapieerfolge erforderlich gewesen. Insbesondere die Darstellung, dass die therapeutischen Möglichkeiten der vom Kläger aufgesuchten Klinik keine radiologisch aufgezeigte strukturelle Schäden beseitigen können, war in diesem Zusammenhang aus Sicht des Sachverständigen durchaus erforderlich, sie kann auch von einem verständigen Beteiligten nicht als zynisch eingestuft werden.
Ebenso wenig ist eine Voreingenommenheit des Sachverständigen aus seiner Bewertung der Entstehungszusammenhänge für Bandscheibenerkrankungen abzuleiten. Er stützt sich für die Beurteilung, dass nur aus der Summe von körperlicher Belastung durch Arbeit, Übergewicht und Rauchen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Rückenschmerzen entstehe, auf die Ergebnisse einer im Januar 2008 neu veröffentlichten Studie aus Dänemark. Abgesehen davon, dass damit noch nichts über die anteilige Wertigkeit der Ursachenkette einer beruflichen Belastung der Wirbelsäule ausgesagt ist, hat der Sachverständige seine Schlussfolgerung an eine wissenschaftliche Studie angeknüpft. Eine willkürliche, auf Voreingenommenheit beruhende Bewertung ist deshalb darin nicht zuerkennen. Dass viele arbeitsmedizinische Fragen der im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung in die Berufskrankheitenliste aufgenommenen Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule bislang noch nicht geklärt sind und durch entsprechende Studien erst empirisch aufgearbeitet werden, ist durch die Rechtsprechung bzw. in der Anwendungspraxis der geltenden Normen zu berücksichtigen vgl. hierzu BSB, Urteil vom 30.102007 - B 2 U 4/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Die im Beschwerdeverfahren zusätzlich gerügte Formulierung, von Orthopäden habe er schon deutlich schlechtere Stellungnahmen als die von Dr. S. gelesen, begründet ebenso wenig eine Besorgnis der Befangenheit in diesem Zusammenhang. Eine abschätzige Äußerung über Dritte ist grundsätzlich nicht geeignet, die Voreingenommenheit oder Parteilichkeit eines Sachverständigen gegenüber einem Verfahrensbeteiligten zu begründen. Allenfalls dann, wenn dies entsprechende Rückschlüsse auf eine fachliche Voreingenommenheit oder auf Vorbehalte gegenüber Prozessbeteiligten zulässt, kann eine solche Äußerung einen Befangenheitsgrund darstellen. Es spricht einiges dafür, dass diese Rüge eigentlich ausgeschlossen ist, da mit ihr ein eigenständiger Befangenheitsgrund verspätet geltend gemacht wird. Doch selbst wenn diesem Vorbringen lediglich eine Bekräftigung der bisherigen Gründe unterstellt wird, ergibt sich aus dem Zusammenhang, in dem die Äußerung gemacht wurde, keine Unsachlichkeit des Sachverständigen und damit Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger. Vorrangig obliegt die Beurteilung der Frage, ob bandscheibenbedingte Erkrankungen vorliegen, den Fachärzten für Orthopädie/Chirurgie bzw. Neurologie. Dr. H. hatte daher durchaus Anlass, im Hinblick auf die Fachkompetenz von Dr. S. als Internist, Betriebsmediziner und Sozialmediziner darauf hinzuweisen, dass er mit ihm in einigen Punkten übereinstimmt. Dr. H. sah sich jedoch aus Sicht des orthopädischen Sachverständigen gezwungen, auch auf fehlerhafte Schlussfolgerungen von Dr. S. hinzuweisen. Dass er gleichwohl von Orthopäden, also von den Vertretern des eigentlich einschlägigen Fachgebiets, schon schlechtere Gutachten, d. h. seiner Beurteilung nach mit gravierenderen Mängeln, gelesen habe, ist in diesem Zusammenhang dann sogar eher eine Abmilderung der Kritik der gutachtlichen Leistungen von Dr. S ...
Soweit gerügt wird, dass Dr. H. im Widerspruch zu fünf Vorgutachten stehe, wobei der Senat dem im Gutachten von Dr. S. wiedergegebenen Verfahrensverlauf nur ein Vorgutachten, nämlich das von Dr. K. entnehmen kann, ist dies nicht geeignet, eine Befangenheit zu begründen. Der Kläger selbst hat diesem Vorbringen kein großes Gewicht beigemessen, sondern hält dies nur im Zusammenhang mit den anderen vorgetragenen Gründen von Bedeutung. Die Bewertung der gutachtlich gewonnenen Untersuchungsergebnisse und Einschätzungen berührt jedoch die richterliche Beweiswürdigung. Bloße fehlerhafte oder nicht überzeugende gutachtliche Befunde oder Bewertungen begründen grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit. Augenscheinlich fehlerhafte und offenkundig willkürlich herangezogene Befunde oder gutachtlich aufgestellte Schlussfolgerungen, die ausnahmsweise eine Voreingenommenheit des Sachverständigen begründen könnten, sind nicht vorgetragen – vielmehr hat Dr. H. seine Befunde und abweichenden Schlussfolgerungen begründet - und solche sind mit den oben angeführten Äußerungen auch nicht belegt.
Die Beschwerde des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG analog.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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