L 10 R 2996/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1752/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2996/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13.03.2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger erstrebt im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), der ihm gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung einen früher eingetretenen Versicherungsfall sowie zusätzliche Beitragszeiten zu Grunde zu legen.

Der im Jahre 1966 geborene Kläger stellte im Dezember 2001 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung, dessen Bewertung als Rentenantrag er in der Folgezeit widersprach. Unter Zugrundelegung des am 08.02.2002 vom Kreissozialamt N.-O.-Kreis gestellten Rentenantrages lehnte die Beklagte eine Rentengewährung zunächst ab. Nachdem sie vom Sozialgericht Mannheim unter Zugrundelegung der Diagnose einer mit Einweisung in das Psychiatrische Zentrum N. am 06.10.1990 manifest gewordenen paranoiden Schizophrenie mit episodischem Verlauf und eines Alkoholabhängigkeitssyndroms zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.02.2002 verurteilt und die hiergegen eingelegte Berufung vom beschließenden Gericht zurückgewiesen worden war (Urteile vom 05.07.2004 - S 10 RJ 1510/03 - und vom 25.01.2005 - L 9 RJ 2670/04 -), bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2005 - ausgehend von einem Versicherungsfall am 31.10.1990 - entsprechende Rentenleistungen in Höhe von monatlich EUR 795,51 brutto. Den hiergegen unter Berufung auf eine fehlende Berücksichtigung zwischenzeitlich erfolgter Rentenanpassungen und mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rente eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2005 zurück.

Die vom Kläger erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2005 - S 5 R 1683/05 - ab.

Durch Bescheid vom 14.12.2005 lehnte die Beklagte die vom Kläger mit Schreiben vom 22.09.2005 mit dem Ziel einer früheren Rentengewährung beantragte Abänderung des Rentenbescheides vom 15.03.2005 unter Zugrundelegung des § 44 SGB X ab.

Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des bereits im Ausgangsverfahren vor den Sozialgericht Mannheim - S 10 RJ 1510/03 - mit der Sache befassten Chefarztes der Abteilung allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie I des Psychiatrischen Zentrums N. , Dr. Schw. , wies der beschließende Senat mit Urteil vom 28.09.2006 - L 10 R 4911/05 - die vom Kläger gegen den Gerichtsbescheid vom 07.11.2005 eingelegte Berufung zurück und die Klage gegen den Bescheid vom 14.12.2005 als unzulässig ab. In der Entscheidung heißt es, zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits sei allein die vom Kläger im Widerspruchsverfahren angegriffene Rentenhöhe. Einen Anspruch auf höhere Rente habe der Kläger nicht. Einer Berücksichtigung von Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Versicherungsfalls stehe § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entgegen. Zutreffend sei die Beklagte von einem Versicherungsfall im Oktober 1990 ausgegangen. Der Kläger sei am 06.10.1990 in das psychiatrische Landeskrankenhaus W. eingeliefert worden. Frühestens im Oktober 1990 sei damit die paranoide Schizophrenie objektiv nachgewiesen. Für die Zeit davor sei eine solche Annahme auch unter Berücksichtigung der vom behandelnden Arzt anlässlich der Einweisung beschriebenen einschlägigen Symptome bereits im Januar 1990 und der Ausführungen von Dr. Schw. , die Erkrankung des Klägers habe sich nicht plötzlich entwickelt, sondern einen gewissen Vorlauf benötigt, spekulativ. Weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten bestünden nicht. Schließlich lasse die berechnete Rentenhöhe auch im Übrigen keine Rechtsfehler erkennen. Die vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 08.08.2006 (in Kopie Bl. 11 der Akten des Sozialgerichts Mannheim - S 1 R 3707/06 -) gegen den Bescheid vom 14.12.2005 hinsichtlich der erstrebten Berücksichtigung von rentenrelevanten Zeiten in den Jahren 1993 bis 1995 und des Nichteinbehalts der Rentennachzahlung als unzulässig sowie in Bezug auf den begehrten Rentenbeginn im Mai 1994 als unbegründet zurück.

Am 17.04.2007 hat der Kläger mit dem Ziel einer Vorverlegung des Versicherungsfalls auf den 10.01.1990, eines Rentenbeginns bereits im Mai 1994, der Berücksichtigung von nach dem Jahre 1990 zurückgelegten Beitragszeiten sowie der Auszahlung von Rentenleistungen ohne Einbehalt von Erstattungsansprüchen des Sozialhilfeträgers Klage erhoben. Mit Urteil vom 13.03.2008 - S 3 R 1752/07 - hat das Sozialgericht Mannheim die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es, weder sei erwiesen, dass der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung beim Kläger am 10.01.1990 eingetreten sei, noch seien die Voraussetzungen für einen früheren Rentenbeginn als dem 01.02.2002 nachgewiesen. Letzteres scheitere unter Zugrundelegung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bereits daran, dass der Kläger bei der Beklagten nicht um Beratung nachgesucht habe und auch nicht erkennbar sei, dass die Beklagte auf Grund eines konkreten Anlasses von Amts wegen eine Beratung des Klägers im Hinblick auf die Rentenantragstellung hätte vornehmen müssen. Die erfolgten Abrechnungen von Erstattungsansprüchen und der Rentenauszahlung seien nicht Gegenstand des Bescheides vom 15.03.2005 und des Überprüfungsbescheides. Diese Entscheidung ist den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.05.2008 zugestellt worden.

Am 24.06.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt und sein im Ergebnis allein auf Gewährung höherer Rente gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Er ist der Auffassung, der Versicherungsfall sei Ende 1989, Anfang 1990 eingetreten. Darüber hinaus sei bei der Berechnung der ihm zustehenden Rente auch die versicherungspflichtige Tätigkeit nach Eintritt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen. Hiermit habe sich das Sozialgericht nicht befasst.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 15.03.2005 abzuändern und ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grund eines Versicherungsfalles vom 10.01.1990 sowie unter Berücksichtigung auch der versicherungspflichtigen Tätigkeiten vom 07.12.1992 bis 19.02.1993 und vom 07.02.1995 bis zum 08.03.1995 zu gewähren, hilfsweise, seine Schwester Jutta S. zum Beweis der Tatsache, dass auf Grund seines Gesundheitszustandes der Versicherungsfall bereits am 10.01.1990 eingetreten ist, als Zeugin zu vernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Berufung sei hinsichtlich der begehrten Berücksichtigung von Versicherungszeiten unzulässig, da hierüber in den angegriffenen Bescheiden und im Urteil des Sozialgerichts nicht entschieden worden sei. Im Übrigen bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Mannheim - S 5 R 1683/05 und S 3 R 1752/07 - sowie des beschließenden Gerichts - L 9 RJ 2670/04 und L 10 R 4911/05 - und die und gleichfalls beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Dass das Sozialgericht im erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Klage entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG) steht der Entscheidung durch Beschluss nicht entgegen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, Rdnr. 14 zu § 153 m. w. N.).

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Dies gilt zunächst insoweit, als der Kläger eine (höhere) Rentengewährung unter Berücksichtigung zusätzlicher Beitragszeiten erstrebt. Denn dieses Begehren ist bereits erstinstanzlich unzulässig angebracht worden, weil es vom Verfahren nach § 44 SGB X und dem Bescheid der Beklagten vom 14.12.2005 nicht umfasst war und die Beklagte den Widerspruch insoweit - zu Recht - mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2007 als unzulässig zurückwies. I. Ü. wäre dem Begehren auch in der Sache kein Erfolg beschieden. Denn der Senat hat bereits im zwischen den Beteiligten ergangenen Urteil vom 28.09.2006 - L 10 R 4911/05 - dargelegt, dass eine Berücksichtigung von Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Versicherungsfalls gem. § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht in Frage kommt. Auf diese zutreffenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Soweit der Kläger (höhere) Rentenleistungen erneut unter Berücksichtigung eines Versicherungsfalls am 10.01.1990 erstrebt, bleibt seine Berufung ebenfalls mangels einer in der Sache getroffenen Verwaltungsentscheidung nach § 44 SGB X ohne Erfolg. Ferner wäre auch dieses Begehren materiell-rechtlich nicht begründet. Denn der Senat hat im Urteil vom 28.09.2006 - auch nach erneuter Überprüfung - zutreffend entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung (höherer) Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Grund eines Versicherungsfalles vor Oktober 1990 zusteht. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im genannten Senatsurteil verwiesen.

Der vom Kläger gestellte Beweisantrag ist angesichts der bereits fehlenden Zulässigkeit der im Berufungsverfahren weiterverfolgten Klagebegehren abzulehnen.

Hinzu kommt, dass die mit Schreiben des Klägers vom 05.08.2008 unter Beweis gestellte Tatsache der Einweisung in das Psychiatrische Zentrum N. im Oktober 1990 bereits erwiesen ist. Soweit der Kläger seine Schwester als Zeugin für eine entsprechende Vorlaufzeit der Krankengeschichte bzw. den Eintritt eines Versicherungsfalles vor Oktober 1990 benennt, scheidet eine Beweiserhebung ebenfalls aus. Dass eine psychische Erkrankung des Klägers schon vor seiner Einweisung bestand, ist nämlich bereits auf Grund der in den vorangegangenen Verfahren durchgeführten Ermittlungen erwiesen. Fraglich ist insoweit allein, ob diese Erkrankung zu jener Zeit einen für die Annahme von Erwerbsunfähigkeit hinreichenden Schweregrad aufwies. Diesbezüglich erhebliche Tatsachen sind aber weder mit dem Vorbringen des Klägers behauptet noch sonst erkennbar. Die Einschätzung des Schweregrades der Erkrankung und der vom Kläger darüber hinaus unter Beweis gestellte Eintritt des Versicherungsfalles sind als Wertungs- und Rechtsfragen jedenfalls dem Beweis durch nicht sachverständige Zeugen nicht zugänglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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