Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3236/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4042/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten vom 17.08.2007 wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.07.2007 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit.
Die am 1959 geborene Klägerin hat den Beruf einer Sekretärin erlernt. Anschließend war sie - unterbrochen von Zeiten der Kindererziehung - in diesem Beruf, zuletzt beim S von November 2000 bis Juni 2003 als Redaktionsassistentin, im Juli und August 2004 als Sekretärin und vom 23.11.2005 bis 25.11.2005 und 21.02.2006 bis 24.02.2006 stundenweise als Hilfskraft zur Bedienung eines Teleprompters beschäftigt.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 18.07.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.10.2005 und Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 ab. Dem lag ein Entlassungsbericht über ein teilstationäres Heilverfahren in der Klinik Dr. D. , B.-B. vom 31.03.2005 bis 13.04.2005 (Bandscheibenschaden der LWS, Fehlstatik der Wirbelsäule und Übergewicht; Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten an einem rückengerechten Arbeitsplatz überwiegend im Gehen und Sitzen, zeitweise im Stehen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Arbeit mit besonderer Belastung der Beine mindestens sechs Stunden täglich), ein Gutachten des Orthopäden Dr. Ho. (degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne Prolapszeichen und ohne radikuläre Ausfälle, Übergewicht, Zustand nach Sprunggelenksfraktur beidseits ohne Funktionsdefizit; Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit drei bis sechs Stunden täglich, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und mit Einschränkungen beim Bücken, beim Steigen von Treppen, Leitern, Gerüsten, Tragen und Bewegen von schweren Lasten und Arbeiten in Zwangshaltung ohne Quantitätseinbuße ausüben) und dem Internisten und Kardiologen Dr. Kr. (Linksherzhypertrophie bei extremer Adipositas und Bluthochdruck; auf kardiologischem Fachgebiet bestünden keine Einschränkungen) zu Grunde.
Die Klägerin hat am 11.07.2006 zum Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und geltend gemacht, sie sei außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie habe im März 2006 allein vier Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule erlitten und leide deswegen unter massiven Schmerzen. Außerdem habe sie einen weiteren Bandscheibenvorfall im unteren LWS-Bereich erlitten und leide an den Folgen einer im Jahr 2003 durchgeführten Operation mit Entfernung einer Platte im linken Wadenbein, des Weiteren seien im Jahr 2005 zwei Nabelbrüche festgestellt worden, die ihre Beweglichkeit massiv behinderten. Eine Untersuchung in der M. G. Klinik habe einen Verdacht auf einen zervikalen Bandscheibenschaden sowie eine zervikale Myelopathie ergeben (Befundbericht vom 22.05.2007, Blatt 76, 77 der SG-Akten).
Das Sozialgericht hat eine schriftliche Aussage der letzten Arbeitgeberin, S M. (die Klägerin sei als Redaktionsassistentin und aushilfsweise als Sekretärin sowie zuletzt als Hilfskraft stundenweise zur Bedienung eines Teleprompters beschäftigt gewesen; der Tarifvertrag, der auf die Klägerin allerdings keine Anwendung gefunden habe, sehe als Einstellungsvoraussetzung für Redaktionsassistentinnen eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf vor) und schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. Sp. , Orthopäde (Funktionsbehinderung der HWS, multiple Wirbelblockierungen, Übergewicht mit insuffizienter Bauch- und Rückenmuskulatur sowie resultierender Hyperlordose der LWS mit stark schmerzhafter Funktionseinschränkung, Iliosacralgelenksblockierungen; die erhobenen Befunde würden eine vollschichtige Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit ausschließen), Dr. H. , Arzt für Allgemeinmedizin und Innere Medizin (Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Missempfindungen und Kraftlosigkeit im rechten Arm, einem Taubheitsgefühl des linken Fußes, Harninkontinenzbeschwerden, Übergewicht und Bluthochdruck; die Klägerin könne auch keine leichten körperlichen Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben) und Dr. L. , Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie (Behandlung wegen atypischer thorakaler Beschwerden und Bluthochdruck, die von ihm erhobenen Befunde würden eine vollschichtige Verrichtung einer leichten körperlichen Berufstätigkeit nicht ausschließen) sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. B. (degeneratives Zervikalsyndrom mit Bandscheibenprotrusionen und engem Spinalkanal ohne segmentale Störung, statische Lumbago, AC-Gelenksarthrose links, Retropatellararthrose links, posttraumatische arthrotische Veränderung beider Rückfüße, betont im oberen Sprunggelenk, strumpfförmige Hypästhesie beider Unterschenkel und des rechten Unterarmes, Übergewicht; die Klägerin könne leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, gelegentlich15 kg im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen unter Vermeidung gleichförmiger Körperhaltungen, besonders in ungünstiger Körperhaltung sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und häufigen Treppensteigen mindestens sechs Stunden täglich ausüben) eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin einen Befundbericht der neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums H. (zervicale Spinalkanalstenose, Übergewicht, tiefe Beinvenenthrombose) vorgelegt.
Mit Urteil vom 09.07.2007 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin sei zwar nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich ausüben könne, dagegen bestehe ein Anspruch auf eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, weil die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Redaktionsassistentin oder den Beruf einer Sekretärin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne.
Gegen das am 25.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.08.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, mit dem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Grunde zu legenden Leistungsbild könne die Klägerin auch eine Tätigkeit als Sekretärin oder Redaktionsassistentin ausüben, weshalb sie nicht berufsunfähig sei. Hierzu hat die Beklagte berufskundliche Unterlagen vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Beklagte beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.07.2007 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, sie könne die zuletzt beim S ausgeübte Tätigkeit nicht mehr verrichten, da sie dabei nicht habe aufstehen können und es keine Pause gegeben habe. Wegen der Bandscheibenvorfälle im Halswirbelsäulenbereich könne sie auch nicht im Sitzen an einem PC arbeiten. Im Übrigen würden ihre Hände immer dicker und die Handrücken taub. Auch eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin könne sie nicht ausüben. Hierfür stützt sie sich auf den von ihr vorgelegten Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. U.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. (die Klägerin könne auch unter Berücksichtigung des MRT-Befunds der Hals- und Brustwirbelsäule vom 21.05.2007 und des Berichts der Neurochirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. an einem Arbeitsplatz, wie in seinem Gutachten beschrieben, mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, auch als Sekretärin oder Redaktionsassistentin) und eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. (es bestehe eine zervicale Spinalkanalstnose, die längeres Stehen und Gehen nicht zulasse) eingeholt. Der Senat hat die Beteiligten unter Übersendung eines Abdrucks des Senatsurteils vom 23.03.2006 (L 10 R 612/05) darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Entscheidung auch eine Verweisungstätigkeit als Poststellenmitarbeiterin zu prüfen sein wird.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit.
Streitgegenständlich ist vorliegend allein ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2008. Denn gegen das die Rente in diesem Umfang zusprechende Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.07.2007 hat ausschließlich die Beklagte Berufung eingelegt. Soweit somit das Sozialgericht Karlsruhe einen über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2005 hinausgehenden Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung abgewiesen hat, ist das Urteil mangels einer von der Klägerin hiergegen eingelegten Berufung bzw. Anschlussberufung rechtskräftig geworden.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die - unter anderem - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zusammenfassend Urteil vom 29.07.2004, B 4 RA 5/04 R, veröffentlicht in juris, Rdnr. 33) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt: Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6).
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Die Gruppe der Angelernten (Stufe 2) zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG a.a.O. und BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 zum vergleichbaren Schema im Arbeiterbereich). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der Ungelernten oder zum unteren Bereich der Angelernten gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Ein Arbeitsverdienst kann nur Bedeutung für die Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen (oder Vergleichs-)Berufs haben, soweit er die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt; nur insoweit ist er überhaupt rechtlich relevant (BSG, Urteil vom 29.07.2004, a.a.O.).
Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten von 10 kg bis zu gelegentlich 15 kg unter Vermeidung gleichförmiger Körperhaltungen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Arbeiten mit häufigem Treppensteigen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet vor allem an Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige Dr. B. ein degeneratives Zervikalsyndrom mit Bandscheibenprotrusionen und engem Spinalkanal ohne segmentale Störung, eine statische Lumbago, eine AC-Gelenksarthrose links, eine Retropatellararthrose links, eine posttraumatische arthrotische Veränderung beider Rückfüße, betont im oberen Sprunggelenk und nebenbefundlich eine strumpfförmige Hypästhesie beider Unterschenkel und des rechten Unterarmes sowie Übergewicht festgestellt. Unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde sowie des Ergebnisses seiner Untersuchung hat Dr. B. nachvollziehbar dargelegt, dass auf Grund der bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen zwar gewisse, bereits o. g. qualitative Einschränkungen bei einer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen sind, darüber hinaus eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens jedoch nicht besteht. Insbesondere hat Dr. B. auch keine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände, sondern vielmehr eine freie Beweglichkeit in beiden Handgelenken und Händen festgestellt. Mit seiner ergänzenden Stellungnahme im Berufungsverfahren hat Dr. B. darüber hinaus dargelegt, dass sich bei der nach seiner Untersuchung durchgeführten radiologischen Untersuchung der Hals- und Brustwirbelsäule am 21.05.2007 in der M. G. Klinik B.-B. und der neurologischen Untersuchung im Universitätsklinikum H. keine Befunde ergeben haben, die Anlass zu einer anderen Beurteilung des Leistungsvermögens geben. Bei Vergleich des Befundes des am 21.05.2007 angefertigten MRT mit dem MRT der Halswirbelsäule vom 24.03.2006 ergibt sich - so Dr. B. - keine wesentliche Veränderung, insbesondere keine Myelomalazie (Nekrose des Rückenmarks, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 261. Auflage, S. 1280). Aus dem Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums H. ergibt sich, wie Dr. B. zutreffend ausgeführt hat, dass sichere Paresen nicht feststellbar und pathologische Fremdreflexe oder Kloni nicht vorhanden gewesen sind. Zutreffend hat Dr. B. ausgeführt, dass auch die neurochirurgische Klinik im Universitätsklinikum H. eine Myelopathie nicht festgestellt hat, sondern dort vielmehr ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Signalsteigerung im Sinne eines Myelopathiesignals nicht vorhanden gewesen ist.
Eine Leistungseinschränkung wegen Gesundheitsstörungen auf internistischem/kardiologischem Fachgebiet besteht - wie der im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachter Dr. Kr. nachvollziehbar dargelegt hat - nicht, insbesondere bestehen keine Hinweise auf eine koronare Herzerkrankung.
Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sind nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Dr. B. und des Gutachters Dr. Kr. zu begründen. Der behandelnde Orthopäde Dr. Sp. hat seine Auffassung, die von ihm erhobenen Befunde würden die vollschichtige Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit ausschließen, nicht begründet. Wesentliche, von den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. abweichende Befunde hat er nicht erhoben. Auch aus der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Allgemeinarztes Dr. H. ergeben sich keine wesentlichen abweichenden Befunde, insbesondere wurde auch nach dessen Angaben ein Herzinfarkt ausgeschlossen. Den von Dr. H. als maßgeblich für eine auch in quantitativer Hinsicht eingeschränkte Leistungsfähigkeit angegebenen Gesundheitsstörungen (postthrombotisches Syndrom beidseits, Übergewicht und Erkrankungen des Bewegungsapparates) kann durch die bereits oben dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. U. ergeben sich keine Befunde, die über die bereits bekannten hinausgehen.
Unabhängig davon, ob die Klägerin ihre konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Redaktionsassistentin bzw. Sekretärin beim S , die nach den Angaben der Klägerin ganz vorwiegend im Sitzen und verbunden mit Zwangshaltungen zu verrichten war, noch ausüben kann, ist sie nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 SGB VI. Die Beklagte hat insoweit zutreffend geltend gemacht, dass es für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht allein auf die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit ankommt, sondern auf die typischen Anforderungen des Berufs. Insbesondere unter Zugrundelegung des von der Beklagten vorgelegten berufskundlichen Gutachtens des Dipl.-Verwaltungswirts F. vom 09.03.1998 (Blatt 48 bis 53 der LSG-Akten) erscheint es plausibel, dass die Klägerin in dem erlernten und bislang von ihr ausgeübten Berufsfeld einer Sekretärin weiterhin in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Nach dem Gutachten des Dipl.-Verwaltungswirtes F. sind zwar Stenotypistinnen, Stenokontoristinnen, Fremdsprachenschreibkräfte und Phonotypistinnen in überwiegend sitzender Körperhaltung (Zwangshaltung) tätig, bei Sekretärinnen sind die körperlichen Anforderungen und Belastungen je nach Betrieb und Arbeitsplatz allerdings unterschiedlich. Der umfangreiche Tätigkeitsbereich (Postbearbeitung, Aktenverwaltung, Organisation und Führung der Ablage und Registratur, Führung und Überwachung von Terminkalendern, Karteien und Statistiken, Abwicklung des Telefonverkehrs, Führen von Kassen und Kassenbüchern, Vorbereitung von Besprechungen, Sitzungen, Tagungen und Reisen, Anmeldung und Empfang von Besuchern, Erteilung von Auskünften, Abfassen von Schriftsätzen, Korrespondenz und Textverarbeitung nach Diktat, Erledigung bürotechnischer Vorgänge, Aufnahme und Anfertigung von Protokollen und deren Auswertung) lässt - wie in dem Gutachten des Dipl.-Verwaltungswirtes F. nachvollziehbar dargelegt - durchaus einen Haltungswechsel zu.
Aber auch wenn zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, dass sie ihren zuletzt ausgeübten und der 3. Stufe nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts zuzuordnenden Beruf einer Sekretärin nicht mehr ausüben kann, ist sie nicht berufsunfähig. Denn sie kann sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Poststelle im Sinne der Vergütungsgruppe VIII des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) verwiesen werden, was - wie der Senat mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 bereits auf der Grundlage des dort beim Sachverständigen M. eingeholten berufskundlichen Gutachtens mit ergänzender Stellungnahme entschieden hat - eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit darstellt. Die Klägerin ist vom Senat auf diese Entscheidung hingewiesen worden und hat einen Abdruck des Urteils erhalten. Gegen die tatsächlichen Feststellungen, die diesem Urteil zugrunde liegen, hat die Klägerin auch keine Einwände erhoben. Dies gilt insbesondere für die nachfolgend aus dem Urteil übernommenen Leistungsanforderungen an eine solche Tätigkeit.
Der Mitarbeiter in der Poststelle wird im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT - so der genannte Sachverständige - entlohnt. Dies gilt auch nach Einführung des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst, weil bislang eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung nicht in Kraft getreten ist. Es handelt sich um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit (BSG, Urteil vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Entsprechende Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden (Urteil des Senats vom 23.03.2006, a.a.O. im Anschluss an den Sachverständigen M. ).
Die Tätigkeit umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handelt es sich hierbei regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Doch sind solche Transporttätigkeiten in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird (vgl. zu alldem das genannte Urteil des Senats vom 23.03.2006 mit den darin wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen M. ). Demgemäß ist - was für die Benennung auch als körperlich leichte Verweisungstätigkeit genügt - die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, sodass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.1997, L 2 I 47/95 m. w. N.).
Das bereits oben dargestellte Leistungsvermögen der Klägerin entspricht diesem Anforderungsprofil.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist die Klägerin auch nach ihrem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Der bisher ausgeübte Beruf einer Sekretärin ist im Bürobereich angesiedelt und erforderte gewisse organisatorische Grundkenntnisse und Fähigkeiten in der Verwaltung von Akten und der Bearbeitung eingehender Post. Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 23.03.2006, a.a.O. im Anschluss an den Sachverständigen M. ). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin die Anforderungen an die Tätigkeit in einer Poststelle innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig erfüllen kann.
Unerheblich ist, ob der Klägerin überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trägt die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit.
Die am 1959 geborene Klägerin hat den Beruf einer Sekretärin erlernt. Anschließend war sie - unterbrochen von Zeiten der Kindererziehung - in diesem Beruf, zuletzt beim S von November 2000 bis Juni 2003 als Redaktionsassistentin, im Juli und August 2004 als Sekretärin und vom 23.11.2005 bis 25.11.2005 und 21.02.2006 bis 24.02.2006 stundenweise als Hilfskraft zur Bedienung eines Teleprompters beschäftigt.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 18.07.2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.10.2005 und Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 ab. Dem lag ein Entlassungsbericht über ein teilstationäres Heilverfahren in der Klinik Dr. D. , B.-B. vom 31.03.2005 bis 13.04.2005 (Bandscheibenschaden der LWS, Fehlstatik der Wirbelsäule und Übergewicht; Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten an einem rückengerechten Arbeitsplatz überwiegend im Gehen und Sitzen, zeitweise im Stehen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne Arbeit mit besonderer Belastung der Beine mindestens sechs Stunden täglich), ein Gutachten des Orthopäden Dr. Ho. (degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne Prolapszeichen und ohne radikuläre Ausfälle, Übergewicht, Zustand nach Sprunggelenksfraktur beidseits ohne Funktionsdefizit; Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit drei bis sechs Stunden täglich, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und mit Einschränkungen beim Bücken, beim Steigen von Treppen, Leitern, Gerüsten, Tragen und Bewegen von schweren Lasten und Arbeiten in Zwangshaltung ohne Quantitätseinbuße ausüben) und dem Internisten und Kardiologen Dr. Kr. (Linksherzhypertrophie bei extremer Adipositas und Bluthochdruck; auf kardiologischem Fachgebiet bestünden keine Einschränkungen) zu Grunde.
Die Klägerin hat am 11.07.2006 zum Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und geltend gemacht, sie sei außer Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sie habe im März 2006 allein vier Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule erlitten und leide deswegen unter massiven Schmerzen. Außerdem habe sie einen weiteren Bandscheibenvorfall im unteren LWS-Bereich erlitten und leide an den Folgen einer im Jahr 2003 durchgeführten Operation mit Entfernung einer Platte im linken Wadenbein, des Weiteren seien im Jahr 2005 zwei Nabelbrüche festgestellt worden, die ihre Beweglichkeit massiv behinderten. Eine Untersuchung in der M. G. Klinik habe einen Verdacht auf einen zervikalen Bandscheibenschaden sowie eine zervikale Myelopathie ergeben (Befundbericht vom 22.05.2007, Blatt 76, 77 der SG-Akten).
Das Sozialgericht hat eine schriftliche Aussage der letzten Arbeitgeberin, S M. (die Klägerin sei als Redaktionsassistentin und aushilfsweise als Sekretärin sowie zuletzt als Hilfskraft stundenweise zur Bedienung eines Teleprompters beschäftigt gewesen; der Tarifvertrag, der auf die Klägerin allerdings keine Anwendung gefunden habe, sehe als Einstellungsvoraussetzung für Redaktionsassistentinnen eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbaren Ausbildungsberuf vor) und schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. Sp. , Orthopäde (Funktionsbehinderung der HWS, multiple Wirbelblockierungen, Übergewicht mit insuffizienter Bauch- und Rückenmuskulatur sowie resultierender Hyperlordose der LWS mit stark schmerzhafter Funktionseinschränkung, Iliosacralgelenksblockierungen; die erhobenen Befunde würden eine vollschichtige Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit ausschließen), Dr. H. , Arzt für Allgemeinmedizin und Innere Medizin (Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, Missempfindungen und Kraftlosigkeit im rechten Arm, einem Taubheitsgefühl des linken Fußes, Harninkontinenzbeschwerden, Übergewicht und Bluthochdruck; die Klägerin könne auch keine leichten körperlichen Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben) und Dr. L. , Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie (Behandlung wegen atypischer thorakaler Beschwerden und Bluthochdruck, die von ihm erhobenen Befunde würden eine vollschichtige Verrichtung einer leichten körperlichen Berufstätigkeit nicht ausschließen) sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. B. (degeneratives Zervikalsyndrom mit Bandscheibenprotrusionen und engem Spinalkanal ohne segmentale Störung, statische Lumbago, AC-Gelenksarthrose links, Retropatellararthrose links, posttraumatische arthrotische Veränderung beider Rückfüße, betont im oberen Sprunggelenk, strumpfförmige Hypästhesie beider Unterschenkel und des rechten Unterarmes, Übergewicht; die Klägerin könne leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg, gelegentlich15 kg im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen unter Vermeidung gleichförmiger Körperhaltungen, besonders in ungünstiger Körperhaltung sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und häufigen Treppensteigen mindestens sechs Stunden täglich ausüben) eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat die Klägerin einen Befundbericht der neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums H. (zervicale Spinalkanalstenose, Übergewicht, tiefe Beinvenenthrombose) vorgelegt.
Mit Urteil vom 09.07.2007 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin sei zwar nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten mehr als sechs Stunden täglich ausüben könne, dagegen bestehe ein Anspruch auf eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, weil die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Redaktionsassistentin oder den Beruf einer Sekretärin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könne.
Gegen das am 25.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.08.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, mit dem nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Grunde zu legenden Leistungsbild könne die Klägerin auch eine Tätigkeit als Sekretärin oder Redaktionsassistentin ausüben, weshalb sie nicht berufsunfähig sei. Hierzu hat die Beklagte berufskundliche Unterlagen vorgelegt, auf die verwiesen wird.
Die Beklagte beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.07.2007 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin macht geltend, sie könne die zuletzt beim S ausgeübte Tätigkeit nicht mehr verrichten, da sie dabei nicht habe aufstehen können und es keine Pause gegeben habe. Wegen der Bandscheibenvorfälle im Halswirbelsäulenbereich könne sie auch nicht im Sitzen an einem PC arbeiten. Im Übrigen würden ihre Hände immer dicker und die Handrücken taub. Auch eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin könne sie nicht ausüben. Hierfür stützt sie sich auf den von ihr vorgelegten Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. U.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. (die Klägerin könne auch unter Berücksichtigung des MRT-Befunds der Hals- und Brustwirbelsäule vom 21.05.2007 und des Berichts der Neurochirurgischen Klinik der Universitätsklinik H. an einem Arbeitsplatz, wie in seinem Gutachten beschrieben, mindestens sechs Stunden täglich arbeiten, auch als Sekretärin oder Redaktionsassistentin) und eine schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. (es bestehe eine zervicale Spinalkanalstnose, die längeres Stehen und Gehen nicht zulasse) eingeholt. Der Senat hat die Beteiligten unter Übersendung eines Abdrucks des Senatsurteils vom 23.03.2006 (L 10 R 612/05) darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Entscheidung auch eine Verweisungstätigkeit als Poststellenmitarbeiterin zu prüfen sein wird.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit.
Streitgegenständlich ist vorliegend allein ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2008. Denn gegen das die Rente in diesem Umfang zusprechende Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09.07.2007 hat ausschließlich die Beklagte Berufung eingelegt. Soweit somit das Sozialgericht Karlsruhe einen über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 01.07.2005 bis 30.06.2005 hinausgehenden Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung abgewiesen hat, ist das Urteil mangels einer von der Klägerin hiergegen eingelegten Berufung bzw. Anschlussberufung rechtskräftig geworden.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die - unter anderem - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zusammenfassend Urteil vom 29.07.2004, B 4 RA 5/04 R, veröffentlicht in juris, Rdnr. 33) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt: Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6).
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Die Gruppe der Angelernten (Stufe 2) zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG a.a.O. und BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 zum vergleichbaren Schema im Arbeiterbereich). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der Ungelernten oder zum unteren Bereich der Angelernten gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Ein Arbeitsverdienst kann nur Bedeutung für die Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen (oder Vergleichs-)Berufs haben, soweit er die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt; nur insoweit ist er überhaupt rechtlich relevant (BSG, Urteil vom 29.07.2004, a.a.O.).
Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten von 10 kg bis zu gelegentlich 15 kg unter Vermeidung gleichförmiger Körperhaltungen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Arbeiten mit häufigem Treppensteigen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet vor allem an Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige Dr. B. ein degeneratives Zervikalsyndrom mit Bandscheibenprotrusionen und engem Spinalkanal ohne segmentale Störung, eine statische Lumbago, eine AC-Gelenksarthrose links, eine Retropatellararthrose links, eine posttraumatische arthrotische Veränderung beider Rückfüße, betont im oberen Sprunggelenk und nebenbefundlich eine strumpfförmige Hypästhesie beider Unterschenkel und des rechten Unterarmes sowie Übergewicht festgestellt. Unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde sowie des Ergebnisses seiner Untersuchung hat Dr. B. nachvollziehbar dargelegt, dass auf Grund der bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen zwar gewisse, bereits o. g. qualitative Einschränkungen bei einer beruflichen Tätigkeit zu berücksichtigen sind, darüber hinaus eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens jedoch nicht besteht. Insbesondere hat Dr. B. auch keine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hände, sondern vielmehr eine freie Beweglichkeit in beiden Handgelenken und Händen festgestellt. Mit seiner ergänzenden Stellungnahme im Berufungsverfahren hat Dr. B. darüber hinaus dargelegt, dass sich bei der nach seiner Untersuchung durchgeführten radiologischen Untersuchung der Hals- und Brustwirbelsäule am 21.05.2007 in der M. G. Klinik B.-B. und der neurologischen Untersuchung im Universitätsklinikum H. keine Befunde ergeben haben, die Anlass zu einer anderen Beurteilung des Leistungsvermögens geben. Bei Vergleich des Befundes des am 21.05.2007 angefertigten MRT mit dem MRT der Halswirbelsäule vom 24.03.2006 ergibt sich - so Dr. B. - keine wesentliche Veränderung, insbesondere keine Myelomalazie (Nekrose des Rückenmarks, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 261. Auflage, S. 1280). Aus dem Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums H. ergibt sich, wie Dr. B. zutreffend ausgeführt hat, dass sichere Paresen nicht feststellbar und pathologische Fremdreflexe oder Kloni nicht vorhanden gewesen sind. Zutreffend hat Dr. B. ausgeführt, dass auch die neurochirurgische Klinik im Universitätsklinikum H. eine Myelopathie nicht festgestellt hat, sondern dort vielmehr ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Signalsteigerung im Sinne eines Myelopathiesignals nicht vorhanden gewesen ist.
Eine Leistungseinschränkung wegen Gesundheitsstörungen auf internistischem/kardiologischem Fachgebiet besteht - wie der im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachter Dr. Kr. nachvollziehbar dargelegt hat - nicht, insbesondere bestehen keine Hinweise auf eine koronare Herzerkrankung.
Die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sind nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Dr. B. und des Gutachters Dr. Kr. zu begründen. Der behandelnde Orthopäde Dr. Sp. hat seine Auffassung, die von ihm erhobenen Befunde würden die vollschichtige Verrichtung auch einer leichten körperlichen Berufstätigkeit ausschließen, nicht begründet. Wesentliche, von den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. B. abweichende Befunde hat er nicht erhoben. Auch aus der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Allgemeinarztes Dr. H. ergeben sich keine wesentlichen abweichenden Befunde, insbesondere wurde auch nach dessen Angaben ein Herzinfarkt ausgeschlossen. Den von Dr. H. als maßgeblich für eine auch in quantitativer Hinsicht eingeschränkte Leistungsfähigkeit angegebenen Gesundheitsstörungen (postthrombotisches Syndrom beidseits, Übergewicht und Erkrankungen des Bewegungsapparates) kann durch die bereits oben dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. U. ergeben sich keine Befunde, die über die bereits bekannten hinausgehen.
Unabhängig davon, ob die Klägerin ihre konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Redaktionsassistentin bzw. Sekretärin beim S , die nach den Angaben der Klägerin ganz vorwiegend im Sitzen und verbunden mit Zwangshaltungen zu verrichten war, noch ausüben kann, ist sie nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 SGB VI. Die Beklagte hat insoweit zutreffend geltend gemacht, dass es für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht allein auf die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit ankommt, sondern auf die typischen Anforderungen des Berufs. Insbesondere unter Zugrundelegung des von der Beklagten vorgelegten berufskundlichen Gutachtens des Dipl.-Verwaltungswirts F. vom 09.03.1998 (Blatt 48 bis 53 der LSG-Akten) erscheint es plausibel, dass die Klägerin in dem erlernten und bislang von ihr ausgeübten Berufsfeld einer Sekretärin weiterhin in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Nach dem Gutachten des Dipl.-Verwaltungswirtes F. sind zwar Stenotypistinnen, Stenokontoristinnen, Fremdsprachenschreibkräfte und Phonotypistinnen in überwiegend sitzender Körperhaltung (Zwangshaltung) tätig, bei Sekretärinnen sind die körperlichen Anforderungen und Belastungen je nach Betrieb und Arbeitsplatz allerdings unterschiedlich. Der umfangreiche Tätigkeitsbereich (Postbearbeitung, Aktenverwaltung, Organisation und Führung der Ablage und Registratur, Führung und Überwachung von Terminkalendern, Karteien und Statistiken, Abwicklung des Telefonverkehrs, Führen von Kassen und Kassenbüchern, Vorbereitung von Besprechungen, Sitzungen, Tagungen und Reisen, Anmeldung und Empfang von Besuchern, Erteilung von Auskünften, Abfassen von Schriftsätzen, Korrespondenz und Textverarbeitung nach Diktat, Erledigung bürotechnischer Vorgänge, Aufnahme und Anfertigung von Protokollen und deren Auswertung) lässt - wie in dem Gutachten des Dipl.-Verwaltungswirtes F. nachvollziehbar dargelegt - durchaus einen Haltungswechsel zu.
Aber auch wenn zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, dass sie ihren zuletzt ausgeübten und der 3. Stufe nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts zuzuordnenden Beruf einer Sekretärin nicht mehr ausüben kann, ist sie nicht berufsunfähig. Denn sie kann sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Poststelle im Sinne der Vergütungsgruppe VIII des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) verwiesen werden, was - wie der Senat mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 bereits auf der Grundlage des dort beim Sachverständigen M. eingeholten berufskundlichen Gutachtens mit ergänzender Stellungnahme entschieden hat - eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit darstellt. Die Klägerin ist vom Senat auf diese Entscheidung hingewiesen worden und hat einen Abdruck des Urteils erhalten. Gegen die tatsächlichen Feststellungen, die diesem Urteil zugrunde liegen, hat die Klägerin auch keine Einwände erhoben. Dies gilt insbesondere für die nachfolgend aus dem Urteil übernommenen Leistungsanforderungen an eine solche Tätigkeit.
Der Mitarbeiter in der Poststelle wird im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT - so der genannte Sachverständige - entlohnt. Dies gilt auch nach Einführung des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst, weil bislang eine die Vergütungsgruppeneinteilung des BAT ersetzende Regelung nicht in Kraft getreten ist. Es handelt sich um Tätigkeiten für Angelernte und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit (BSG, Urteil vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Entsprechende Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden (Urteil des Senats vom 23.03.2006, a.a.O. im Anschluss an den Sachverständigen M. ).
Die Tätigkeit umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handelt es sich hierbei regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Doch sind solche Transporttätigkeiten in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird (vgl. zu alldem das genannte Urteil des Senats vom 23.03.2006 mit den darin wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen M. ). Demgemäß ist - was für die Benennung auch als körperlich leichte Verweisungstätigkeit genügt - die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, sodass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.1997, L 2 I 47/95 m. w. N.).
Das bereits oben dargestellte Leistungsvermögen der Klägerin entspricht diesem Anforderungsprofil.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist die Klägerin auch nach ihrem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Der bisher ausgeübte Beruf einer Sekretärin ist im Bürobereich angesiedelt und erforderte gewisse organisatorische Grundkenntnisse und Fähigkeiten in der Verwaltung von Akten und der Bearbeitung eingehender Post. Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist eine längere Einarbeitung als drei Monate in der Regel nicht notwendig (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 23.03.2006, a.a.O. im Anschluss an den Sachverständigen M. ). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin die Anforderungen an die Tätigkeit in einer Poststelle innerhalb einer Einarbeitungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig erfüllen kann.
Unerheblich ist, ob der Klägerin überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trägt die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein vor den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSG, Urteil vom 14.05.1996, 4 RA 60/94 in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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