Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4552/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4864/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts F. vom 9. Juni 2006 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2005 befristet auf zwei Jahre zu gewähren.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1950 in Ghana geborene Kläger lebt seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Kläger hatte zunächst von 1979 bis Oktober 1984 als Lagerarbeiter gearbeitet, diese Tätigkeit kündigte er selbst wegen einer Weiterbildung. In der Zeit von September 1985 bis 30. April 1987 absolvierte er eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker, die er jedoch nicht abschloss.
Der Kläger hatte am 25. April 1988 sowie am 3. November 2002 im Straßenverkehr jeweils einen Auffahrunfall erlitten. Seither leidet er unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) bzw. der Halswirbelsäule (HWS). Das Versorgungsamt hat beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt. Im Dezember 2000 war im Klinikum K.-L. eine Versteifungsoperation der unteren LWS (L 4/5) durchgeführt worden. Vom 29. August 2000 bis 10. Oktober 2000 befand sich der Kläger zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik W. (Bl. 99 Reha-Akte), vom 22. Februar 2001 bis 22. März 2001 sodann in der B.klinik Bad Kr. nach durchgeführter Versteifungsoperation (Bl. 251 Reha-Akte). Ein weiterer Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde auf der Grundlage des orthopädischen Gutachtens von Dr. R. vom 6. November 2001 (Bl. 373 Reha-Akte) mit Bescheid vom 16. November 2001 (Bl. 391 Reha-Akte) abgelehnt. In der Folgezeit befand sich der Kläger dann vom 2. Juli 2003 bis 30. Juli 2003 erneut in der B.-Klinik Bad Kr ... Ausweislich des Entlassberichtes vom 7. August 2003 wurde der Kläger am 30. Juli 2003 arbeitsfähig aus der stationären Behandlung entlassen. Das Leistungsvermögen wurde dahingehend eingeschätzt, dass ihm eine leichte Tätigkeit im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sei.
Bereits seit Dezember 2001 ist der Kläger arbeitslos und seit November 2002 durchgehend arbeitsunfähig krank.
Am 5. Februar 2004 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte er an, er halte sich seit dem 25. April 1988 (erster Auffahrunfall) für erwerbsgemindert wegen "Wirbelsäule Schrauben einoperiert, Halswirbelsäule".
Der Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Sozialmedizin Dr. R. stellte in seinem im Auftrag der Beklagten daraufhin am 12. März 2004 erstellten Gutachten als Diagnosen wiederkehrendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Versteifungsoperation vom Dezember 2000, Verschleiß der Halswirbelsäule sowie medikamentös therapierter Bluthochdruck fest. Das Leistungsvermögen schätzte Dr. R. für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen unter Beachtung entsprechender Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates mit vollschichtig für sechs Stunden und mehr unter Vermeidung überwiegend einseitiger Körperhaltungen, häufigen Bückens, Tragen von Lasten über 10 kg und beidseitigen Überkopfarbeiten ein.
Mit Bescheid vom 16. März 2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, noch würden die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen. Er sei auch unter Berücksichtigung der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass sich ausweislich der von ihm vorgelegten Befundberichte verschiedener behandelnder Ärzte die bei ihm vorliegenden Erkrankungen sehr stark auf seinen Allgemeinzustand auswirkten. Die Symptome seien fast ständige Kopfschmerzen und Schwindelanfälle mit schlagartigem "Blackout"-Gefühl, die bei bestimmten Kopfbewegungen immer wiederkehren würden. Auch leide er nach wie vor unter Rückenschmerzen im Bereich der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule.
Nach Einholung einer ergänzenden sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. Sch., Arzt für Chirurgie, Sozialmedizin, vom 26. Oktober 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2004 den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 23. Dezember 2004 Klage vor dem Sozialgericht F. (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er sei aufgrund der bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, noch mindestens drei Stunden je Tag zu arbeiten bzw. überhaupt einer Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Bei einem unverschuldeten Autounfall im November 2002 sei er an der Halswirbelsäule verletzt worden und habe sich zudem vermutlich einen Atlasbruch zugezogen. In dem Zusammenhang sei auch beim Landgericht F. ein Verfahren anhängig. Wegen der Wirbelverletzung könne er seinen Kopf kaum schmerzfrei bewegen und leide ständig unter Schwindel und Kopfschmerzen. Außerdem habe sich sein gesundheitlicher Zustand zunehmend verschlechtert. Es würden immer wieder neue Beschwerden auftreten. Außerdem sei im Laufe des Jahres 2005 eine Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter vermutet worden, die eine Schulterarthroskopie im Juni 2005 notwendig gemacht habe. Hierbei habe man eine Partialruptur der Supraspinatussehne und eine Ruptur der langen Bizepssehne festgestellt.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der behandelnde Orthopäde Dr. D. hat in seiner Auskunft vom 8. Februar 2005 (Bl. 11 SG-Akte) eine Fixierung der Beschwerden der LWS und der HWS festgestellt. Die Beschwerdesymptomatik habe nicht anhaltend gebessert werden können. Es liege ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen bei Facettensyndrom L3/4 bei Anschlussinstabilität L3/4 bei Zustand nach Spondylodese L4-S1 vor. Des Weiteren Be.ehe eine Occipital-Neuralgie bei Zustand nach HWS-Distorsion und rezidivierendem Cervicalsyndrom. Dem Kläger seien nach Einschätzung von Dr. D. leichte körperliche Tätigkeiten 6 Stunden täglich ohne Gesundheitsgefahr möglich, soweit es sich um eine Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen und ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg handele. Prof. Dr. Pf., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der H.-R.-Klinik B. hat in seiner Auskunft vom 25. Februar 2005 (Bl. 14 f. SG-Akte) insbesondere eine eingeschränkte Beweglichkeit der HWS von C3 an abwärts bei degenerativen Veränderungen in diesem Bereich festgestellt. Die Schulter sei frei beweglich. Er hat weiter ausgeführt, dass im Oktober 2003, Juni 2004 und November 2004 eine Infiltration der Facettengelenke sowie des Nervus occipitalis major erfolgt sei, welche jeweils zu einer zeitweiligen Schmerzreduzierung geführt hätten. Nach Einschätzung von Prof. Dr. Pf. sei der Kläger sicher zu vier Stunden Arbeit pro Tag in der Lage, bei Vermeidung von Tätigkeiten mit schwerem Heben, ohne Akkord, ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und Koordinationsfähigkeit. Die Hausärztin Dr. H.-B. hat in ihrer Auskunft vom 16. März 2005 keine Stellungnahme zum Leistungsvermögen abgegeben und auf die behandelnden Fachärzte verwiesen.
Das SG hat im Weiteren das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Prof. Dr. St. vom 28. Oktober 2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 13. April 2006 eingeholt. Prof. Dr. St. hat darin schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter in alle Richtungen bei ausgeprägter Omarthrose, Bewegungseinschränkungen der HWS bei Spondylose und deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Rumpfwirbelsäule bei Verdacht auf Schraubenimplantatlockerung festgestellt. Als Diagnosen hat er im Wesentlichen gestellt:
• Cervicalsyndrom bei degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylose der mittleren HWS mit schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung ohne radikuläre Symptomatik • lumbalgieformer Reizzustand und Facettensyndrom L3/L4 mit ausgeprägter schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung der LWS ohne radikuläre Symptomatik bei Zustand nach Versteifung der Lumbalsegmente L4/S1. Verdacht auf Auslockerung der Schraubenimplantate in den Lumbalsegmenten L4/L5 • ausgeprägte schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der rechten Schulter bei fortgeschrittener Omarthrose, arthroskopisch nachgewiesener subtotaler Ruptur der langen Bizepssehnen und Partialruptur der Supraspinatussehne
Nach Einschätzung von Prof. Dr. St. seien unter Berücksichtigung dessen auch leichte Arbeiten auch ohne besondere Wirbelsäulenbelastung nicht mehr vollschichtig möglich. Eine Tätigkeit im Umfang von drei bis sechs Stunden werde für leidensgerecht gehalten. Es seien auch betriebsunübliche Pausen notwendig. Das Hantieren mit dem rechten Arm sei in allen Richtungen schmerzhaft behindert. Das lumbale Syndrom bestehe sowohl bei Stehen, Gehen als auch Sitzen.
In der Zeit vom 6. September 2005 bis 6. Oktober 2005 hatte sich der Kläger nochmals in einer Maßnahme der ambulanten medizinischen Rehabilitation bei der R.-R. GmbH F. befunden. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 13. Oktober 2005 von Dr. Be. sei es gelungen, die Funktionsfähigkeit der rechten Schulter, die bereits durch die OP deutlich gebessert gewesen sei, weiter zu verbessern. Wegen der Beschwerden der rechten Schulter sei der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeitsunfähig zu entlassen. Unter der Voraussetzung eines weiterhin gradlinigen Heilungsverlaufes an der rechten Schulter sei jedoch für den Status des Arbeitslosen in sechs bis acht Wochen mit Arbeitsfähigkeit zu rechnen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei dem Kläger langfristig eine leichte körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen und zeitweise im Stehen und Gehen in Wechselschicht vollzeitig zumutbar. Dabei seien Arbeiten in Zwangshaltungen des Rumpfes, häufigeres Heben von mittelschweren Lasten sowie lange monotone Arbeitshaltungen zu vermeiden, ebenso häufige Arbeiten über der Horizontale.
In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10. Februar 2006 hatte der Arzt für Orthopädie Dr. Ko. der Einschätzung von Prof. Dr. St. u.a. unter Berufung auf die im Gutachten von Dr. R. als auch im Entlassbericht vom 13. Oktober 2005 erhobenen Befunde widersprochen.
Mit Urteil vom 9. Juni 2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2004 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt aufgrund eines Leistungsfalles vom 6. April 2005 ab 1. Oktober 2005, befristet auf zwei Jahre, gewährt werde. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass nach seiner Überzeugung auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. St. der Kläger teilweise erwerbsgemindert sei. Er sei auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, er sei aber in der Lage, mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein, sodass volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Die teilweise Erwerbsminderung könne allerdings nicht bereits ab Rentenantragstellung angenommen werden, sondern im Grunde erst ab April 2005. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. St. gehe hervor, dass erst die Summierung der LWS-Beschwerden, HWS-Beschwerden und Schulterbeschwerden letztlich zu der nunmehr feststellbaren Leistungseinschränkung geführt habe. Diese habe bei der Antragstellung im Februar 2004 noch nicht vorgelegen. Die Diagnose der Omarthrose mit subtotaler Ruptur der langen Bizepssehnen und Partialruptur der Supraspinatussehne sei erstmals anlässlich einer Untersuchung in der H.-R.-Klinik B. am 6. April 2005 gestellt worden. Obwohl beim Kläger nur eine teilweise Erwerbsminderung vorliege, sei die Rente nach der Rechtsprechung des BSG dennoch als volle Erwerbsminderungsrente zu gewähren. Der Kläger habe nämlich keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz inne. Der Teilzeitarbeitsmarkt gelte ihm demnach als verschlossen, sodass die Rente als Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren sei. Da die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beruhe und darüber hinaus auch gemeinsam mit dem Gutachter Prof. Dr. St., der jedenfalls die Wirbelsäulenbeschwerden für teilweise therapierbar halte, zu hoffen sei, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in Zukunft zum Besseren wende, sei die Rentengewährung nach § 102 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) zu befristen. Die Befristung sei auf einen Zeitraum von zwei Jahren zu erstrecken gewesen. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheide aus, da der Kläger keine abgeschlossene Berufsausbildung absolviert habe und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 13. September 2006 zugestellte Urteil am 25. September 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie unter Berufung auf die mit vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Ko. geltend gemacht, dass ihrer Auffassung nach eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht als bewiesen angesehen werden könne. Vielmehr gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich arbeiten könne. Soweit Prof. Dr. St. meine, dass der Fußweg von und zur Arbeitsstelle 500 m nicht überschreiten solle, bleibe er eine schlüssig nachvollziehbare Begründung schuldig. Aus den von ihm angeführten Befunden lasse sich jedenfalls eine solche Einschränkung nicht ableiten. Soweit Prof. Dr. St. die Auffassung vertrete, dass der Kläger am Arbeitsplatz die Möglichkeit zu arbeitsunüblichen Pausen haben solle, um kurzzeitig eine andere schmerzlindernde Körperhaltung einzunehmen (z.B. Umhergehen, Aufstehen aus dem Sitzen), so sei dies schon deshalb hinfällig, wenn Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichtet würden. Im Übrigen sei noch angemerkt, dass dem SG ein Rechenfehler insoweit unterlaufen sei, als der Beginn des siebten Kalendermonats (§ 101 Abs. 1 SGB VI) nicht der 1. Oktober 2005, sondern der 1. November 2005 gewesen wäre.
Dr. Ko. hat in seiner Stellungnahme vom 21. September 2006 u.a. auch darauf verwiesen, dass Prof. Dr. St. z.B. nicht berücksichtigt habe, dass die Bemuskelung des rechten Oberarmes beim Kläger kräftiger ausgebildet sei als links, was eindeutig belege, dass der rechte Arm trotz der unstrittigen Verschleißveränderungen im rechten Schultergelenk mehr als der linke eingesetzt und belastet werde. Soweit Prof. Dr. St. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. April 2006 zur Frage einer Osteosynthesematerial-Lockerung nunmehr ausgeführt habe, "diese liege ohne Frage vor, wie die aktuellen Röntgenaufnahmen zeigten", bleibe offen, welche Aufnahmen hiermit gemeint seien, insbesondere da im Arztbrief von Prof. Pf., H ...-R.-Klinik B. vom 24. April 2006 röntgenologisch Lockerungszeichen des Implantatmaterials nicht beschrieben würden, auf der Funktionsaufnahme der Lendenwirbelsäule in In- und Reklination (die Prof. Dr. St. nicht für erforderlich angesehen hatte) eine Instabilität L3/L4 ausgeschlossen werde und eine Pseudarthrose in der Fusion nicht nachgewiesen werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts F. vom 9. Juni 2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2005 befristet auf zwei Jahre zu gewähren, und auch insoweit die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat im Verlauf des Verfahrens eine Vielzahl von Arztberichten vorgelegt.
Der Senat hat im Weiteren bei Prof. Dr. W. das orthopädische Gutachten vom 31. August 2007 eingeholt. Prof. Dr. W. hat im Rahmen seiner Begutachtung die im Vorgutachten festgestellten Befunde bestätigt. Er hat ausgeführt, es liege in der Tat eine Arthrose des rechten Schultergelenkes vor mit Schultersteife sowie eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule in allen ihren Abschnitten auf dem Boden röntgenologisch nachweisbarer Bandscheibenschäden im Sinne einer polysegmentalen Spondylose der Halswirbelsäule und einer Versteifung der unteren Lendenwirbelsäule einschließlich des lumbosakralen Übergangs, also des Überganges Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein. Hinsichtlich der vorgetragenen Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule und der objektiven Symptomatologie gebe es hingegen Differenzen. Bei der im Rahmen der Begutachtung durchgeführten orthopädischen Schmerzanalyse sei nicht eindeutig festzustellen gewesen, von welchen Strukturen an der Lendenwirbelsäule die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden ausgingen. Wichtig sei die Feststellung, dass der funktionelle Befund an der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Begutachtung gewechselt habe und die Schmerzangaben des Klägers vage seien und ganz offensichtlich auch psychisches Kolorit hätten. Nach den Angaben des Klägers zu seiner sozialen Anamnese sei von psychosozialen Problemen auszugehen, die sich schon seit Jahren chronifiziert hätten. Prof. Dr. W. hat u.a. darauf verwiesen, im Entlassbericht vom 13. Oktober 2005 der R.-R. F. GmbH sei auch festgestellt worden, dass der Kläger gekränkt sei durch die Tatsache, dass seine Gesundheit durch zwei unverschuldete Unfälle kaputt gemacht worden sei. Auch im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. W. sei aufgefallen, dass der Kläger größten Wert auf die Feststellung lege, dass seine Wirbelsäule bei den Unfällen von 1988 und 2002 verletzt worden sei. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit hat Prof. Dr. W. ausgeführt, dass die krankhaften Veränderungen an der rechten Schulter und an der Halswirbelsäule dazu führten, dass der Kläger bei Überkopfarbeiten beeinträchtigt sei. Wegen der schwergradigen Arthrose des rechten Schultergelenkes könne er nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten ohne besondere Beanspruchung der rechten oberen Gliedmaße. Die Leistungsfähigkeit wegen der Lendenwirbelsäulenerkrankung könne derzeit noch nicht beurteilt werden. Hier seien noch weitere diagnostische Maßnahmen notwendig. Im Gegensatz zu Prof. Dr. St. sei Prof. Dr. W. der Ansicht, dass der medizinische Sachverhalt an der Lendenwirbelsäule noch nicht hinlänglich abgeklärt und deswegen eine definitive Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers unmöglich sei.
In einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme hat Dr. Ko. erklärt, unter Wertung der anamnestischen Angaben und der von Prof. Dr. W. erhobenen Untersuchungsbefunde sei nach seiner Auffassung nachvollziehbar, dass der Kläger ein sehr aktives Leben beschreibe. Er organisiere Computerkurse für Afrikaner. Er sorge dafür, dass deutsche Jugendliche mit afrikanischen zusammenkämen. Er begleite Afrikaner auf Ämter, wenn diese Probleme hätten. Er arbeite ehrenamtlich als Musiker für Radio Dreiecksland, sei Borderman für bürgerliches Engagement und arbeite für einen Verein in Berlin. Insgesamt werde Prof Dr. W. zugestimmt, dass weitere diagnostische Maßnahmen neben diagnostischer Infiltration der Wirbelgelenke mit Funktionsaufnahmen durchgeführt werden könnten, wie probatorische Immobilisation der Lendenwirbelsäule durch Ruhigstellung in einer Orthese und kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule. Bei dieser weiterführenden Diagnostik sei es möglich, eine Optimierung weiterer therapeutischer Maßnahmen festzulegen. Nach den von Prof. Dr. W. erhobenen Befunden würden nach Auffassung von Dr. Ko. neben den bereits erwähnten qualitativen Einschränkungen im Leistungsvermögen auch auf die qualitativen Einschränkungen ohne Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken zu berücksichtigen seien, während aber bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen leichte Arbeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden könnten. Diese Feststellung könne auch ohne Durchführung weiterer Untersuchungsmaßnahmen getroffen werden. Auch sei eine rentenrelevante Einschränkung der zumutbaren Gehstrecke nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Rentenakte und Reha-Akte) der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für einen Zeitraum von (zumindest) zwei Jahren.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes nicht erfüllt.
1.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten beim Kläger vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Der Kläger ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen des Klägers liegt auf orthopädischem Gebiet.
So wurden die bereits von Prof. Dr. St. erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen (Cervicalsyndrom bei degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylose der mittleren HWS mit schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung ohne radikuläre Symptomatik, lumbalgieformer Reizzustand und Facettensyndrom L3/4 mit ausgeprägter schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung der LWS ohne radikuläre Symptomatik bei Zustand nach operativer Versteifung der Lumbalsegmente L4/S1, ausgeprägte schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der rechten Schulter bei fortgeschrittener Omarthrose, arthroskopisch nachgewiesener subtotaler Ruptur der langen Bizepssehne und Partialruptur der Supraspinatussehne) von Prof. Dr. W. im Ergebnis bestätigt, wobei sich jedoch z.B. die von Prof. W. erhobenen (aktiv-assistiv) Bewegungsmaße besser darstellen als die von Prof. Dr. St. erhobenen:
Armbeweglichkeit in Grad rechts Links Schultergelenk: Prof. Dr. St.: Ab-/Adduktion Innen-/Außenrotation Ante-/Retroversion 80-0-20 20-0-30 85-0-30 160-0-30 40-0-90 150-0-40 Prof. Dr. W. Ab-/Ausspreizen Innen-/ Außendrehen Strecken/Beugen 150-0-40 20-0-30 150-0-40 180-0-40 80-0-80 180-0-60
Hinsichtlich der Einwendungen von Dr. Ko. in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 21. September 2006 (zur Berufungsbegründung der Beklagten) verweist Prof. W. u.a. darauf, soweit Dr. Ko. geltend macht, dass die Veränderungen an der rechten Schulter keine quantitative Einschränkung nach sich zögen und dies mit Hinweis auf zum Teil widersprüchliche Schulterbefunde in dem Gutachten von Prof. Dr. St. und den Berichten von Dr. Hi. begründe, anzumerken sei, dass tatsächlich die Funktion des rechten Schultergelenkes eingeschränkt sei und außer Zweifel stehe, dass eine schwergradige Omarthrose vorliege - wohl als Folge einer Oberarmkopfnekrose bei Sichelzellenanmie. Es muss nach Auffassung von Prof. Dr. W. daher zweifellos davon ausgegangen werden, dass die Veränderungen an der rechten Schulter das Leistungsvermögen des Klägers wie dargestellt beeinträchtigen. Soweit Dr. Ko. weiter hinsichtlich der Wirbelsäulenveränderungen die Auffassung vertreten hat, dass eine lockerungsbedingte Relativbewegung (wie von Prof. Dr. St. angenommen) im proximalen Spondylodesenbereich tatsächlich nicht vorliege, da die vom Kläger "gezeigte Inklinationsbewegung" eine Instabilität der Lendenwirbelsäule unmöglich mache, kann dies Prof. Dr. W. nicht nachvollziehen. Eine wie auch immer geartete Beugefähigkeit der Lendenwirbelsäule lasse seiner Auffassung nach keine Rückschlüsse auf die Stabilität eines Bewegungssegmentes zu. Schließlich sei dem Brief der H ...-R.-Klinik B. vom 24. April 2006 zu entnehmen, dass anhand der Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule die "Gefügedegeneration bei L3/4" nicht zugenommen habe. Es sei aber falsch, wenn von Dr. Ko. behauptet werde, dass mit Hilfe dieser Röntgenaufnahmen eine Instabilität bei L3/4 ausgeschlossen worden sei.
Soweit allerdings Prof. Dr. W. die Auffassung vertritt, zur Leistungsfähigkeit könne er erst eine Einschätzung abgeben, wenn noch weitere diagnostische Untersuchungen durchgeführt worden sind (Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule nach diagnostischer Infiltration der Wirbelgelenke und eine probatorische Immobilisation der Lendenwirbelsäule durch Ruhigstellung in einer Orthese, sowie eine kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule), ist festzustellen, dass diese weitere Diagnostik für die Frage der Optimierung der Behandlung durchaus Bedeutung haben mag. Für die Frage, ob und inwieweit rentenrelevante Leistungseinschränkungen bestehen, ist dies nicht von Bedeutung. Von Bedeutung hier im Verfahren um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung sind allein die tatsächlich bestehenden Funktionseinschränkungen. Diese wurden von Prof. Dr. St. und zuletzt von Prof. Dr. W. im Einzelnen beschrieben. So weist Prof. Dr. W. u.a. darauf hin, dass im Rahmen der Untersuchung von Rumpf und Wirbelsäule der Kläger während des sehr langen anamnestischen Gespräches keine Schonhaltung der Wirbelsäule gezeigt hat. Er ist aufgerichtet auf dem Stuhl gesessen, ohne sich anzulehnen. Nur gelegentlich hat er seine Haltung entspannt. Im Sitzen hat sich ein lotrechter Aufbau der Wirbelsäule mit physiologischen Krümmungen gezeigt. Beim Wechsel der Sitzposition sind normale Seitbewegungen des Rumpfes sowohl nach rechts als auch nach links zu erkennen gewesen. Die Seitneigung der BWS und LWS beidseits war mit 20 ° möglich. Die Rumpfrotation nach rechts und links ist bis jeweils 50 ° durchgeführt worden. Dr. Ko. weist in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass es sich hierbei um eine hervorragende Beweglichkeit handelt, wenn berücksichtigt wird, dass die freie Rotationsbeweglichkeit der Rumpfwirbelsäule ohne Versteifungsoperation über die beiden unteren Lendenwirbelsäulensegmente 40 bis 60 ° beträgt. Die Rückneigebeweglichkeit wird von Prof. Dr. W. im Weiteren mit 20 ° lumbal ebenfalls frei angegeben. Beim Stehen beschreibt Prof. Dr. W. eine Zwangshaltung der Wirbelsäule mit Rumpfüberhang nach hinten sowie ein seitliches Shiften des Rumpfes nach links, wodurch sich ein Rumpfüberhang von zwei cm ergibt. Der Kläger hat sich nach den Feststellungen von Prof. Dr. W. aus dem Stehen heraus nur wenig nach vorne gebückt und dabei Rückenschmerzen angegeben. Der Kläger konnte sich allerdings aus Rückenlage in einen, wenn auch nicht ganz vollständigen Langsitz aufrichten. Prof. Dr. W. beschreibt weiter ein angedeutetes Vorlaufphänomen links, was eine Bückbewegung nach vorne erfordert und weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass das Wiederaufrichten aus der nur gering eingenommenen Bückhaltung mit einem normalen Bewegungsablauf vom Kläger durchgeführt werden konnte. Das Gower’sche Zeichen wird als negativ beschrieben. (Anmerkung des Senates: Hierbei handelt es sich um einen besonders zu beobachtenden Ablauf des Aufrichtens aus dem Liegen - insbesondere im Zusammenhang mit der Muskeldystrophie-; aufgrund der Muskelschwäche rollen sich die Patienten zunächst auf den Bauch, um sich dann nach Einnahme einer Vierfüßerstellung mit den Händen an den Beinen hochzudrücken).
Dr. Ko. hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. Oktober 2007 ferner noch hinsichtlich der Angaben des Klägers im anamnestischen Gespräch mit Prof. Dr. W. darauf hingewiesen, dass der Kläger dort angegeben habe, wegen seiner Kreuzschmerzen, die er seit der Versteifungsoperation im Jahre 2000 "immer wieder" habe, er sich in den vergangenen Jahren, nachdem auch immer wieder Blockierungen an der Lendenwirbelsäule und eine Beinlängendifferenz festgestellt worden sei, von Dr. Sa. in der R.klinik Bad Kr. habe "einrenken" lassen. Dr. Ko. weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass es sich damit offenbar um manualmedizinische Behandlungen gehandelt habe, die bei Vorliegen einer Instabilität kontraindiziert sind, da in einem solchen Fall durch die therapeutischen Maßnahmen eine Schmerzverstärkung eintreten kann. Diese manualmedizinischen Behandlungen waren aber beim Kläger offenkundig immer "sehr erfolgreich" verlaufen, nach seinen Angaben hatte er danach keine oder nur geringe Kreuzschmerzen.
Zu berücksichtigen ist noch ein weiterer Aspekt, so hat nämlich Prof. Dr. W. auch darauf hingewiesen, dass "wichtig ... die Feststellung [ist], dass der funktionelle Befund an der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Begutachtung gewechselt hat und die Schmerzangaben von Herrn G. vage sind und ganz offensichtlich auch psychisches Kolorit haben." Prof. W. hat auch weiter darauf verwiesen, dass trotz der geklagten heftigen Schmerzen in den vergangenen Jahren keine konsequente Schmerztherapie erfolgt ist. Der Kläger nimmt ein Medikament ein, dessen Potenz bei chronischen Schmerzen gering ist.
Hinsichtlich der hier aber entscheidenden Frage, inwieweit der Kläger tatsächlich durch die oben beschriebenen Untersuchungsbefunde auch in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger ausweislich der von Prof. Dr. W. erhobenen Sozialanamnese ehrenamtlich sehr aktiv ist und u.a. Computerkurse für Afrikaner organisiert, Treffen zwischen deutschen und afrikanischen Jugendlichen, Afrikaner auf Ämter begleitet, wenn diese Probleme hätten, ehrenamtlich als Musiker für Radio Dreieckland arbeitet sowie als sogenannter Borderman für bürgerliches Engagement und außerdem auch für einen Verein tätig ist. Offensichtlich behindern den Kläger bei diesen Tätigkeiten insoweit seine Gesundheitsstörungen nicht. Dies ist aber vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass es sich hierbei gerade auch um Tätigkeiten handelt, die durchaus auch den qualitativen Einschränkungen (Vermeidung von Wirbelsäulenzwangshaltung, keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken und leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen), wie sie bezüglich des Leistungsprofiles des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen sind, entsprechen.
Schließlich sprechen diese Aktivitäten auch ganz eindeutig gegen eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Denn wenn der Kläger in der Lage ist, mit anderen Afrikanern zu Behörden zu gehen oder in der Lage ist, sich von seiner Wohnung zu Computerschulungsräumen zu begeben, um dort entsprechende Kurse zu geben, dann ist er auch in der Lage, täglich 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen sowie zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Im Übrigen belegen die sonstigen vom Kläger neben diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten beschriebenen Aktivitäten (als Hausmann, der die minderjährigen noch schulpflichtigen Kinder betreut), dass auch keine relevante Leistungseinschränkung durch eine mögliche "Fehlverarbeitung" der Unfallereignisse vorliegt. Der Kläger befindet sich auch in keiner psychotherapeutischen Behandlung. Der ganz entscheidende Punkt hier ist offenkundig, dass der Kläger sich gewissermaßen gekränkt fühlt durch die Tatsache, dass seine Gesundheit (nach seiner Auffassung) durch zwei unverschuldete Unfälle kaputtgemacht worden ist. Für eine "Wiedergutmachung" ist aber die gesetzliche Rentenversicherung nicht geschaffen.
Insgesamt kann sich daher der Senat nicht davon überzeugen, dass beim Kläger neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass er nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, erst recht nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).
2.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig.
Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger scheitert der Berufsschutz schon daran, dass er keinen erlernten Beruf hat. Er hatte zuletzt als Lagerarbeiter gearbeitet.
Damit ist der Kläger auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI und besteht auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Aus diesen Gründen ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts F. vom 9. Juni 2006 insoweit aufzuheben als die Beklagte zur Gewährung einer Zeitrente verpflichtete wurde und die Klage stattdessen in vollem Umfang abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1950 in Ghana geborene Kläger lebt seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Kläger hatte zunächst von 1979 bis Oktober 1984 als Lagerarbeiter gearbeitet, diese Tätigkeit kündigte er selbst wegen einer Weiterbildung. In der Zeit von September 1985 bis 30. April 1987 absolvierte er eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker, die er jedoch nicht abschloss.
Der Kläger hatte am 25. April 1988 sowie am 3. November 2002 im Straßenverkehr jeweils einen Auffahrunfall erlitten. Seither leidet er unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Lendenwirbelsäule (LWS) bzw. der Halswirbelsäule (HWS). Das Versorgungsamt hat beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt. Im Dezember 2000 war im Klinikum K.-L. eine Versteifungsoperation der unteren LWS (L 4/5) durchgeführt worden. Vom 29. August 2000 bis 10. Oktober 2000 befand sich der Kläger zur medizinischen Rehabilitation in der Reha-Klinik W. (Bl. 99 Reha-Akte), vom 22. Februar 2001 bis 22. März 2001 sodann in der B.klinik Bad Kr. nach durchgeführter Versteifungsoperation (Bl. 251 Reha-Akte). Ein weiterer Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wurde auf der Grundlage des orthopädischen Gutachtens von Dr. R. vom 6. November 2001 (Bl. 373 Reha-Akte) mit Bescheid vom 16. November 2001 (Bl. 391 Reha-Akte) abgelehnt. In der Folgezeit befand sich der Kläger dann vom 2. Juli 2003 bis 30. Juli 2003 erneut in der B.-Klinik Bad Kr ... Ausweislich des Entlassberichtes vom 7. August 2003 wurde der Kläger am 30. Juli 2003 arbeitsfähig aus der stationären Behandlung entlassen. Das Leistungsvermögen wurde dahingehend eingeschätzt, dass ihm eine leichte Tätigkeit im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich sei.
Bereits seit Dezember 2001 ist der Kläger arbeitslos und seit November 2002 durchgehend arbeitsunfähig krank.
Am 5. Februar 2004 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte er an, er halte sich seit dem 25. April 1988 (erster Auffahrunfall) für erwerbsgemindert wegen "Wirbelsäule Schrauben einoperiert, Halswirbelsäule".
Der Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Sozialmedizin Dr. R. stellte in seinem im Auftrag der Beklagten daraufhin am 12. März 2004 erstellten Gutachten als Diagnosen wiederkehrendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Versteifungsoperation vom Dezember 2000, Verschleiß der Halswirbelsäule sowie medikamentös therapierter Bluthochdruck fest. Das Leistungsvermögen schätzte Dr. R. für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen unter Beachtung entsprechender Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates mit vollschichtig für sechs Stunden und mehr unter Vermeidung überwiegend einseitiger Körperhaltungen, häufigen Bückens, Tragen von Lasten über 10 kg und beidseitigen Überkopfarbeiten ein.
Mit Bescheid vom 16. März 2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, noch würden die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vorliegen. Er sei auch unter Berücksichtigung der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass sich ausweislich der von ihm vorgelegten Befundberichte verschiedener behandelnder Ärzte die bei ihm vorliegenden Erkrankungen sehr stark auf seinen Allgemeinzustand auswirkten. Die Symptome seien fast ständige Kopfschmerzen und Schwindelanfälle mit schlagartigem "Blackout"-Gefühl, die bei bestimmten Kopfbewegungen immer wiederkehren würden. Auch leide er nach wie vor unter Rückenschmerzen im Bereich der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule.
Nach Einholung einer ergänzenden sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. Sch., Arzt für Chirurgie, Sozialmedizin, vom 26. Oktober 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2004 den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 23. Dezember 2004 Klage vor dem Sozialgericht F. (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er sei aufgrund der bei ihm vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, noch mindestens drei Stunden je Tag zu arbeiten bzw. überhaupt einer Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Bei einem unverschuldeten Autounfall im November 2002 sei er an der Halswirbelsäule verletzt worden und habe sich zudem vermutlich einen Atlasbruch zugezogen. In dem Zusammenhang sei auch beim Landgericht F. ein Verfahren anhängig. Wegen der Wirbelverletzung könne er seinen Kopf kaum schmerzfrei bewegen und leide ständig unter Schwindel und Kopfschmerzen. Außerdem habe sich sein gesundheitlicher Zustand zunehmend verschlechtert. Es würden immer wieder neue Beschwerden auftreten. Außerdem sei im Laufe des Jahres 2005 eine Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter vermutet worden, die eine Schulterarthroskopie im Juni 2005 notwendig gemacht habe. Hierbei habe man eine Partialruptur der Supraspinatussehne und eine Ruptur der langen Bizepssehne festgestellt.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der behandelnde Orthopäde Dr. D. hat in seiner Auskunft vom 8. Februar 2005 (Bl. 11 SG-Akte) eine Fixierung der Beschwerden der LWS und der HWS festgestellt. Die Beschwerdesymptomatik habe nicht anhaltend gebessert werden können. Es liege ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen bei Facettensyndrom L3/4 bei Anschlussinstabilität L3/4 bei Zustand nach Spondylodese L4-S1 vor. Des Weiteren Be.ehe eine Occipital-Neuralgie bei Zustand nach HWS-Distorsion und rezidivierendem Cervicalsyndrom. Dem Kläger seien nach Einschätzung von Dr. D. leichte körperliche Tätigkeiten 6 Stunden täglich ohne Gesundheitsgefahr möglich, soweit es sich um eine Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen und ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg handele. Prof. Dr. Pf., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der H.-R.-Klinik B. hat in seiner Auskunft vom 25. Februar 2005 (Bl. 14 f. SG-Akte) insbesondere eine eingeschränkte Beweglichkeit der HWS von C3 an abwärts bei degenerativen Veränderungen in diesem Bereich festgestellt. Die Schulter sei frei beweglich. Er hat weiter ausgeführt, dass im Oktober 2003, Juni 2004 und November 2004 eine Infiltration der Facettengelenke sowie des Nervus occipitalis major erfolgt sei, welche jeweils zu einer zeitweiligen Schmerzreduzierung geführt hätten. Nach Einschätzung von Prof. Dr. Pf. sei der Kläger sicher zu vier Stunden Arbeit pro Tag in der Lage, bei Vermeidung von Tätigkeiten mit schwerem Heben, ohne Akkord, ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und Koordinationsfähigkeit. Die Hausärztin Dr. H.-B. hat in ihrer Auskunft vom 16. März 2005 keine Stellungnahme zum Leistungsvermögen abgegeben und auf die behandelnden Fachärzte verwiesen.
Das SG hat im Weiteren das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Prof. Dr. St. vom 28. Oktober 2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 13. April 2006 eingeholt. Prof. Dr. St. hat darin schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter in alle Richtungen bei ausgeprägter Omarthrose, Bewegungseinschränkungen der HWS bei Spondylose und deutlich schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Rumpfwirbelsäule bei Verdacht auf Schraubenimplantatlockerung festgestellt. Als Diagnosen hat er im Wesentlichen gestellt:
• Cervicalsyndrom bei degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylose der mittleren HWS mit schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung ohne radikuläre Symptomatik • lumbalgieformer Reizzustand und Facettensyndrom L3/L4 mit ausgeprägter schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung der LWS ohne radikuläre Symptomatik bei Zustand nach Versteifung der Lumbalsegmente L4/S1. Verdacht auf Auslockerung der Schraubenimplantate in den Lumbalsegmenten L4/L5 • ausgeprägte schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der rechten Schulter bei fortgeschrittener Omarthrose, arthroskopisch nachgewiesener subtotaler Ruptur der langen Bizepssehnen und Partialruptur der Supraspinatussehne
Nach Einschätzung von Prof. Dr. St. seien unter Berücksichtigung dessen auch leichte Arbeiten auch ohne besondere Wirbelsäulenbelastung nicht mehr vollschichtig möglich. Eine Tätigkeit im Umfang von drei bis sechs Stunden werde für leidensgerecht gehalten. Es seien auch betriebsunübliche Pausen notwendig. Das Hantieren mit dem rechten Arm sei in allen Richtungen schmerzhaft behindert. Das lumbale Syndrom bestehe sowohl bei Stehen, Gehen als auch Sitzen.
In der Zeit vom 6. September 2005 bis 6. Oktober 2005 hatte sich der Kläger nochmals in einer Maßnahme der ambulanten medizinischen Rehabilitation bei der R.-R. GmbH F. befunden. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 13. Oktober 2005 von Dr. Be. sei es gelungen, die Funktionsfähigkeit der rechten Schulter, die bereits durch die OP deutlich gebessert gewesen sei, weiter zu verbessern. Wegen der Beschwerden der rechten Schulter sei der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt arbeitsunfähig zu entlassen. Unter der Voraussetzung eines weiterhin gradlinigen Heilungsverlaufes an der rechten Schulter sei jedoch für den Status des Arbeitslosen in sechs bis acht Wochen mit Arbeitsfähigkeit zu rechnen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei dem Kläger langfristig eine leichte körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen und zeitweise im Stehen und Gehen in Wechselschicht vollzeitig zumutbar. Dabei seien Arbeiten in Zwangshaltungen des Rumpfes, häufigeres Heben von mittelschweren Lasten sowie lange monotone Arbeitshaltungen zu vermeiden, ebenso häufige Arbeiten über der Horizontale.
In der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 10. Februar 2006 hatte der Arzt für Orthopädie Dr. Ko. der Einschätzung von Prof. Dr. St. u.a. unter Berufung auf die im Gutachten von Dr. R. als auch im Entlassbericht vom 13. Oktober 2005 erhobenen Befunde widersprochen.
Mit Urteil vom 9. Juni 2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2004 dahingehend abgeändert, dass dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt aufgrund eines Leistungsfalles vom 6. April 2005 ab 1. Oktober 2005, befristet auf zwei Jahre, gewährt werde. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass nach seiner Überzeugung auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. St. der Kläger teilweise erwerbsgemindert sei. Er sei auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, er sei aber in der Lage, mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein, sodass volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Die teilweise Erwerbsminderung könne allerdings nicht bereits ab Rentenantragstellung angenommen werden, sondern im Grunde erst ab April 2005. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. St. gehe hervor, dass erst die Summierung der LWS-Beschwerden, HWS-Beschwerden und Schulterbeschwerden letztlich zu der nunmehr feststellbaren Leistungseinschränkung geführt habe. Diese habe bei der Antragstellung im Februar 2004 noch nicht vorgelegen. Die Diagnose der Omarthrose mit subtotaler Ruptur der langen Bizepssehnen und Partialruptur der Supraspinatussehne sei erstmals anlässlich einer Untersuchung in der H.-R.-Klinik B. am 6. April 2005 gestellt worden. Obwohl beim Kläger nur eine teilweise Erwerbsminderung vorliege, sei die Rente nach der Rechtsprechung des BSG dennoch als volle Erwerbsminderungsrente zu gewähren. Der Kläger habe nämlich keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz inne. Der Teilzeitarbeitsmarkt gelte ihm demnach als verschlossen, sodass die Rente als Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren sei. Da die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beruhe und darüber hinaus auch gemeinsam mit dem Gutachter Prof. Dr. St., der jedenfalls die Wirbelsäulenbeschwerden für teilweise therapierbar halte, zu hoffen sei, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in Zukunft zum Besseren wende, sei die Rentengewährung nach § 102 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) zu befristen. Die Befristung sei auf einen Zeitraum von zwei Jahren zu erstrecken gewesen. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheide aus, da der Kläger keine abgeschlossene Berufsausbildung absolviert habe und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 13. September 2006 zugestellte Urteil am 25. September 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie unter Berufung auf die mit vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Ko. geltend gemacht, dass ihrer Auffassung nach eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht als bewiesen angesehen werden könne. Vielmehr gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich arbeiten könne. Soweit Prof. Dr. St. meine, dass der Fußweg von und zur Arbeitsstelle 500 m nicht überschreiten solle, bleibe er eine schlüssig nachvollziehbare Begründung schuldig. Aus den von ihm angeführten Befunden lasse sich jedenfalls eine solche Einschränkung nicht ableiten. Soweit Prof. Dr. St. die Auffassung vertrete, dass der Kläger am Arbeitsplatz die Möglichkeit zu arbeitsunüblichen Pausen haben solle, um kurzzeitig eine andere schmerzlindernde Körperhaltung einzunehmen (z.B. Umhergehen, Aufstehen aus dem Sitzen), so sei dies schon deshalb hinfällig, wenn Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichtet würden. Im Übrigen sei noch angemerkt, dass dem SG ein Rechenfehler insoweit unterlaufen sei, als der Beginn des siebten Kalendermonats (§ 101 Abs. 1 SGB VI) nicht der 1. Oktober 2005, sondern der 1. November 2005 gewesen wäre.
Dr. Ko. hat in seiner Stellungnahme vom 21. September 2006 u.a. auch darauf verwiesen, dass Prof. Dr. St. z.B. nicht berücksichtigt habe, dass die Bemuskelung des rechten Oberarmes beim Kläger kräftiger ausgebildet sei als links, was eindeutig belege, dass der rechte Arm trotz der unstrittigen Verschleißveränderungen im rechten Schultergelenk mehr als der linke eingesetzt und belastet werde. Soweit Prof. Dr. St. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. April 2006 zur Frage einer Osteosynthesematerial-Lockerung nunmehr ausgeführt habe, "diese liege ohne Frage vor, wie die aktuellen Röntgenaufnahmen zeigten", bleibe offen, welche Aufnahmen hiermit gemeint seien, insbesondere da im Arztbrief von Prof. Pf., H ...-R.-Klinik B. vom 24. April 2006 röntgenologisch Lockerungszeichen des Implantatmaterials nicht beschrieben würden, auf der Funktionsaufnahme der Lendenwirbelsäule in In- und Reklination (die Prof. Dr. St. nicht für erforderlich angesehen hatte) eine Instabilität L3/L4 ausgeschlossen werde und eine Pseudarthrose in der Fusion nicht nachgewiesen werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts F. vom 9. Juni 2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verpflichtet wurde, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2005 befristet auf zwei Jahre zu gewähren, und auch insoweit die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat im Verlauf des Verfahrens eine Vielzahl von Arztberichten vorgelegt.
Der Senat hat im Weiteren bei Prof. Dr. W. das orthopädische Gutachten vom 31. August 2007 eingeholt. Prof. Dr. W. hat im Rahmen seiner Begutachtung die im Vorgutachten festgestellten Befunde bestätigt. Er hat ausgeführt, es liege in der Tat eine Arthrose des rechten Schultergelenkes vor mit Schultersteife sowie eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule in allen ihren Abschnitten auf dem Boden röntgenologisch nachweisbarer Bandscheibenschäden im Sinne einer polysegmentalen Spondylose der Halswirbelsäule und einer Versteifung der unteren Lendenwirbelsäule einschließlich des lumbosakralen Übergangs, also des Überganges Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein. Hinsichtlich der vorgetragenen Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule und der objektiven Symptomatologie gebe es hingegen Differenzen. Bei der im Rahmen der Begutachtung durchgeführten orthopädischen Schmerzanalyse sei nicht eindeutig festzustellen gewesen, von welchen Strukturen an der Lendenwirbelsäule die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden ausgingen. Wichtig sei die Feststellung, dass der funktionelle Befund an der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Begutachtung gewechselt habe und die Schmerzangaben des Klägers vage seien und ganz offensichtlich auch psychisches Kolorit hätten. Nach den Angaben des Klägers zu seiner sozialen Anamnese sei von psychosozialen Problemen auszugehen, die sich schon seit Jahren chronifiziert hätten. Prof. Dr. W. hat u.a. darauf verwiesen, im Entlassbericht vom 13. Oktober 2005 der R.-R. F. GmbH sei auch festgestellt worden, dass der Kläger gekränkt sei durch die Tatsache, dass seine Gesundheit durch zwei unverschuldete Unfälle kaputt gemacht worden sei. Auch im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. W. sei aufgefallen, dass der Kläger größten Wert auf die Feststellung lege, dass seine Wirbelsäule bei den Unfällen von 1988 und 2002 verletzt worden sei. Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit hat Prof. Dr. W. ausgeführt, dass die krankhaften Veränderungen an der rechten Schulter und an der Halswirbelsäule dazu führten, dass der Kläger bei Überkopfarbeiten beeinträchtigt sei. Wegen der schwergradigen Arthrose des rechten Schultergelenkes könne er nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten ohne besondere Beanspruchung der rechten oberen Gliedmaße. Die Leistungsfähigkeit wegen der Lendenwirbelsäulenerkrankung könne derzeit noch nicht beurteilt werden. Hier seien noch weitere diagnostische Maßnahmen notwendig. Im Gegensatz zu Prof. Dr. St. sei Prof. Dr. W. der Ansicht, dass der medizinische Sachverhalt an der Lendenwirbelsäule noch nicht hinlänglich abgeklärt und deswegen eine definitive Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers unmöglich sei.
In einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme hat Dr. Ko. erklärt, unter Wertung der anamnestischen Angaben und der von Prof. Dr. W. erhobenen Untersuchungsbefunde sei nach seiner Auffassung nachvollziehbar, dass der Kläger ein sehr aktives Leben beschreibe. Er organisiere Computerkurse für Afrikaner. Er sorge dafür, dass deutsche Jugendliche mit afrikanischen zusammenkämen. Er begleite Afrikaner auf Ämter, wenn diese Probleme hätten. Er arbeite ehrenamtlich als Musiker für Radio Dreiecksland, sei Borderman für bürgerliches Engagement und arbeite für einen Verein in Berlin. Insgesamt werde Prof Dr. W. zugestimmt, dass weitere diagnostische Maßnahmen neben diagnostischer Infiltration der Wirbelgelenke mit Funktionsaufnahmen durchgeführt werden könnten, wie probatorische Immobilisation der Lendenwirbelsäule durch Ruhigstellung in einer Orthese und kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule. Bei dieser weiterführenden Diagnostik sei es möglich, eine Optimierung weiterer therapeutischer Maßnahmen festzulegen. Nach den von Prof. Dr. W. erhobenen Befunden würden nach Auffassung von Dr. Ko. neben den bereits erwähnten qualitativen Einschränkungen im Leistungsvermögen auch auf die qualitativen Einschränkungen ohne Tätigkeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken zu berücksichtigen seien, während aber bei Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen leichte Arbeiten im Wechselrhythmus sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichtet werden könnten. Diese Feststellung könne auch ohne Durchführung weiterer Untersuchungsmaßnahmen getroffen werden. Auch sei eine rentenrelevante Einschränkung der zumutbaren Gehstrecke nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Rentenakte und Reha-Akte) der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für einen Zeitraum von (zumindest) zwei Jahren.
II.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG sind die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes nicht erfüllt.
1.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI (in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl I, 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).
Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen der Beklagten beim Kläger vor, insbesondere hinsichtlich der notwendigen Pflichtbeiträge und der Wartezeit. Der Kläger ist jedoch nicht im Sinne der obigen gesetzlichen Regelung erwerbsgemindert.
Der wesentliche Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen des Klägers liegt auf orthopädischem Gebiet.
So wurden die bereits von Prof. Dr. St. erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen (Cervicalsyndrom bei degenerativen Veränderungen im Sinne einer Spondylose der mittleren HWS mit schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung ohne radikuläre Symptomatik, lumbalgieformer Reizzustand und Facettensyndrom L3/4 mit ausgeprägter schmerzhafter Funktionsbeeinträchtigung der LWS ohne radikuläre Symptomatik bei Zustand nach operativer Versteifung der Lumbalsegmente L4/S1, ausgeprägte schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der rechten Schulter bei fortgeschrittener Omarthrose, arthroskopisch nachgewiesener subtotaler Ruptur der langen Bizepssehne und Partialruptur der Supraspinatussehne) von Prof. Dr. W. im Ergebnis bestätigt, wobei sich jedoch z.B. die von Prof. W. erhobenen (aktiv-assistiv) Bewegungsmaße besser darstellen als die von Prof. Dr. St. erhobenen:
Armbeweglichkeit in Grad rechts Links Schultergelenk: Prof. Dr. St.: Ab-/Adduktion Innen-/Außenrotation Ante-/Retroversion 80-0-20 20-0-30 85-0-30 160-0-30 40-0-90 150-0-40 Prof. Dr. W. Ab-/Ausspreizen Innen-/ Außendrehen Strecken/Beugen 150-0-40 20-0-30 150-0-40 180-0-40 80-0-80 180-0-60
Hinsichtlich der Einwendungen von Dr. Ko. in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 21. September 2006 (zur Berufungsbegründung der Beklagten) verweist Prof. W. u.a. darauf, soweit Dr. Ko. geltend macht, dass die Veränderungen an der rechten Schulter keine quantitative Einschränkung nach sich zögen und dies mit Hinweis auf zum Teil widersprüchliche Schulterbefunde in dem Gutachten von Prof. Dr. St. und den Berichten von Dr. Hi. begründe, anzumerken sei, dass tatsächlich die Funktion des rechten Schultergelenkes eingeschränkt sei und außer Zweifel stehe, dass eine schwergradige Omarthrose vorliege - wohl als Folge einer Oberarmkopfnekrose bei Sichelzellenanmie. Es muss nach Auffassung von Prof. Dr. W. daher zweifellos davon ausgegangen werden, dass die Veränderungen an der rechten Schulter das Leistungsvermögen des Klägers wie dargestellt beeinträchtigen. Soweit Dr. Ko. weiter hinsichtlich der Wirbelsäulenveränderungen die Auffassung vertreten hat, dass eine lockerungsbedingte Relativbewegung (wie von Prof. Dr. St. angenommen) im proximalen Spondylodesenbereich tatsächlich nicht vorliege, da die vom Kläger "gezeigte Inklinationsbewegung" eine Instabilität der Lendenwirbelsäule unmöglich mache, kann dies Prof. Dr. W. nicht nachvollziehen. Eine wie auch immer geartete Beugefähigkeit der Lendenwirbelsäule lasse seiner Auffassung nach keine Rückschlüsse auf die Stabilität eines Bewegungssegmentes zu. Schließlich sei dem Brief der H ...-R.-Klinik B. vom 24. April 2006 zu entnehmen, dass anhand der Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule die "Gefügedegeneration bei L3/4" nicht zugenommen habe. Es sei aber falsch, wenn von Dr. Ko. behauptet werde, dass mit Hilfe dieser Röntgenaufnahmen eine Instabilität bei L3/4 ausgeschlossen worden sei.
Soweit allerdings Prof. Dr. W. die Auffassung vertritt, zur Leistungsfähigkeit könne er erst eine Einschätzung abgeben, wenn noch weitere diagnostische Untersuchungen durchgeführt worden sind (Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule nach diagnostischer Infiltration der Wirbelgelenke und eine probatorische Immobilisation der Lendenwirbelsäule durch Ruhigstellung in einer Orthese, sowie eine kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule), ist festzustellen, dass diese weitere Diagnostik für die Frage der Optimierung der Behandlung durchaus Bedeutung haben mag. Für die Frage, ob und inwieweit rentenrelevante Leistungseinschränkungen bestehen, ist dies nicht von Bedeutung. Von Bedeutung hier im Verfahren um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung sind allein die tatsächlich bestehenden Funktionseinschränkungen. Diese wurden von Prof. Dr. St. und zuletzt von Prof. Dr. W. im Einzelnen beschrieben. So weist Prof. Dr. W. u.a. darauf hin, dass im Rahmen der Untersuchung von Rumpf und Wirbelsäule der Kläger während des sehr langen anamnestischen Gespräches keine Schonhaltung der Wirbelsäule gezeigt hat. Er ist aufgerichtet auf dem Stuhl gesessen, ohne sich anzulehnen. Nur gelegentlich hat er seine Haltung entspannt. Im Sitzen hat sich ein lotrechter Aufbau der Wirbelsäule mit physiologischen Krümmungen gezeigt. Beim Wechsel der Sitzposition sind normale Seitbewegungen des Rumpfes sowohl nach rechts als auch nach links zu erkennen gewesen. Die Seitneigung der BWS und LWS beidseits war mit 20 ° möglich. Die Rumpfrotation nach rechts und links ist bis jeweils 50 ° durchgeführt worden. Dr. Ko. weist in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass es sich hierbei um eine hervorragende Beweglichkeit handelt, wenn berücksichtigt wird, dass die freie Rotationsbeweglichkeit der Rumpfwirbelsäule ohne Versteifungsoperation über die beiden unteren Lendenwirbelsäulensegmente 40 bis 60 ° beträgt. Die Rückneigebeweglichkeit wird von Prof. Dr. W. im Weiteren mit 20 ° lumbal ebenfalls frei angegeben. Beim Stehen beschreibt Prof. Dr. W. eine Zwangshaltung der Wirbelsäule mit Rumpfüberhang nach hinten sowie ein seitliches Shiften des Rumpfes nach links, wodurch sich ein Rumpfüberhang von zwei cm ergibt. Der Kläger hat sich nach den Feststellungen von Prof. Dr. W. aus dem Stehen heraus nur wenig nach vorne gebückt und dabei Rückenschmerzen angegeben. Der Kläger konnte sich allerdings aus Rückenlage in einen, wenn auch nicht ganz vollständigen Langsitz aufrichten. Prof. Dr. W. beschreibt weiter ein angedeutetes Vorlaufphänomen links, was eine Bückbewegung nach vorne erfordert und weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass das Wiederaufrichten aus der nur gering eingenommenen Bückhaltung mit einem normalen Bewegungsablauf vom Kläger durchgeführt werden konnte. Das Gower’sche Zeichen wird als negativ beschrieben. (Anmerkung des Senates: Hierbei handelt es sich um einen besonders zu beobachtenden Ablauf des Aufrichtens aus dem Liegen - insbesondere im Zusammenhang mit der Muskeldystrophie-; aufgrund der Muskelschwäche rollen sich die Patienten zunächst auf den Bauch, um sich dann nach Einnahme einer Vierfüßerstellung mit den Händen an den Beinen hochzudrücken).
Dr. Ko. hat in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. Oktober 2007 ferner noch hinsichtlich der Angaben des Klägers im anamnestischen Gespräch mit Prof. Dr. W. darauf hingewiesen, dass der Kläger dort angegeben habe, wegen seiner Kreuzschmerzen, die er seit der Versteifungsoperation im Jahre 2000 "immer wieder" habe, er sich in den vergangenen Jahren, nachdem auch immer wieder Blockierungen an der Lendenwirbelsäule und eine Beinlängendifferenz festgestellt worden sei, von Dr. Sa. in der R.klinik Bad Kr. habe "einrenken" lassen. Dr. Ko. weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass es sich damit offenbar um manualmedizinische Behandlungen gehandelt habe, die bei Vorliegen einer Instabilität kontraindiziert sind, da in einem solchen Fall durch die therapeutischen Maßnahmen eine Schmerzverstärkung eintreten kann. Diese manualmedizinischen Behandlungen waren aber beim Kläger offenkundig immer "sehr erfolgreich" verlaufen, nach seinen Angaben hatte er danach keine oder nur geringe Kreuzschmerzen.
Zu berücksichtigen ist noch ein weiterer Aspekt, so hat nämlich Prof. Dr. W. auch darauf hingewiesen, dass "wichtig ... die Feststellung [ist], dass der funktionelle Befund an der Lendenwirbelsäule im Rahmen der Begutachtung gewechselt hat und die Schmerzangaben von Herrn G. vage sind und ganz offensichtlich auch psychisches Kolorit haben." Prof. W. hat auch weiter darauf verwiesen, dass trotz der geklagten heftigen Schmerzen in den vergangenen Jahren keine konsequente Schmerztherapie erfolgt ist. Der Kläger nimmt ein Medikament ein, dessen Potenz bei chronischen Schmerzen gering ist.
Hinsichtlich der hier aber entscheidenden Frage, inwieweit der Kläger tatsächlich durch die oben beschriebenen Untersuchungsbefunde auch in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger ausweislich der von Prof. Dr. W. erhobenen Sozialanamnese ehrenamtlich sehr aktiv ist und u.a. Computerkurse für Afrikaner organisiert, Treffen zwischen deutschen und afrikanischen Jugendlichen, Afrikaner auf Ämter begleitet, wenn diese Probleme hätten, ehrenamtlich als Musiker für Radio Dreieckland arbeitet sowie als sogenannter Borderman für bürgerliches Engagement und außerdem auch für einen Verein tätig ist. Offensichtlich behindern den Kläger bei diesen Tätigkeiten insoweit seine Gesundheitsstörungen nicht. Dies ist aber vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass es sich hierbei gerade auch um Tätigkeiten handelt, die durchaus auch den qualitativen Einschränkungen (Vermeidung von Wirbelsäulenzwangshaltung, keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken und leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen), wie sie bezüglich des Leistungsprofiles des Klägers für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen sind, entsprechen.
Schließlich sprechen diese Aktivitäten auch ganz eindeutig gegen eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Denn wenn der Kläger in der Lage ist, mit anderen Afrikanern zu Behörden zu gehen oder in der Lage ist, sich von seiner Wohnung zu Computerschulungsräumen zu begeben, um dort entsprechende Kurse zu geben, dann ist er auch in der Lage, täglich 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen sowie zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Im Übrigen belegen die sonstigen vom Kläger neben diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten beschriebenen Aktivitäten (als Hausmann, der die minderjährigen noch schulpflichtigen Kinder betreut), dass auch keine relevante Leistungseinschränkung durch eine mögliche "Fehlverarbeitung" der Unfallereignisse vorliegt. Der Kläger befindet sich auch in keiner psychotherapeutischen Behandlung. Der ganz entscheidende Punkt hier ist offenkundig, dass der Kläger sich gewissermaßen gekränkt fühlt durch die Tatsache, dass seine Gesundheit (nach seiner Auffassung) durch zwei unverschuldete Unfälle kaputtgemacht worden ist. Für eine "Wiedergutmachung" ist aber die gesetzliche Rentenversicherung nicht geschaffen.
Insgesamt kann sich daher der Senat nicht davon überzeugen, dass beim Kläger neben den insoweit unstreitigen qualitativen Einschränkungen auch quantitativ eine Beschränkung des Leistungsvermögens dahingehend besteht, dass er nicht mehr in der Lage ist, sechs Stunden und mehr täglich leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen zu können. Damit besteht kein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, erst recht nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Es war im Übrigen im Hinblick auf dieses Leistungsvermögen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB VI). Auch Anhaltspunkte dafür, dass hier in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht und schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSGE 56, 64 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 in BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch zuletzt BSG im Urteil vom 5. Oktober 2005 - B 5 RJ 6/05 R - in SozR 4-2600 § 43 Nr.5).
2.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig.
Gem. § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und 2. berufsunfähig sind.
Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Beim Kläger scheitert der Berufsschutz schon daran, dass er keinen erlernten Beruf hat. Er hatte zuletzt als Lagerarbeiter gearbeitet.
Damit ist der Kläger auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI und besteht auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Aus diesen Gründen ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts F. vom 9. Juni 2006 insoweit aufzuheben als die Beklagte zur Gewährung einer Zeitrente verpflichtete wurde und die Klage stattdessen in vollem Umfang abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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