L 1 U 1733/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 4069/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1733/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. März 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit stehen die Folgen des als Nebenerwerbslandwirt erlittenen Unfalls vom 30. Dezember 2000 sowie ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H.

Der Kläger ist 1952 geboren, betrieb seit 1982 eine Nebenerwerbslandwirtschaft und ist im Hauptberuf als Sachbearbeiter bei einer Krankenkasse tätig.

Mit Durchgangsarztbericht vom 4. Januar 2001 zeigte Dr. H., Klinik St. M., G., an, dass der Kläger am 30. Dezember 2000 einen Unfall erlitten hatte, als er beim Holz zusammentragen ausgerutscht und gestürzt sei. Dabei habe er sich eine Prellung des linken Ellenbogens und des linken Fußes zugezogen. Röntgenaufnahmen hätten keinen Anhalt für eine Fraktur erbracht. Er rezeptierte einen Salbenverband.

Im Nachschaubericht vom 6. März 2002 teilte Dr. H. mit, der Kläger habe sich wieder vorgestellt und über Schmerzen im Bereich des Ellenbogengelenks und des linken Fußes geklagt. Bei der klinischen Untersuchung seien Irritationen im Bereich des Nervus ulnaris angegeben worden, die Motorik sei nicht beeinträchtigt. Der Kläger sei von einer Unfallversicherung zu einer Begutachtung einbestellt worden.

Mit Schreiben vom 4. März 2005 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe am 30. Dezember 2000 einen Unfall erlitten. Er sei beim Holz zusammentragen ausgerutscht und gestürzt. Dabei habe er sich eine Prellung am linken Ellenbogen und am linken Fuß zugezogen. Seit dem Unfall sei er im linken Schulterbereich sehr eingeschränkt. Er fügte ein Gutachten für die private Unfallversicherung, erstellt am 18. Mai 2004, bei. In dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. O. für die G.-Versicherung wurde ausgeführt, der Kläger sei am 30. Dezember 2000 an einem schrägen Wiesenhang auf die linke Schulter gestürzt, den Hang hinabgerutscht und habe sich dabei den linken Fuß verstaucht. Der Arm habe nach dem Unfall noch gut eingesetzt werden können, der linke Fuß sei voll belastbar gewesen. Seit dem Unfall vom 30. Dezember 2000 bestehe eine schmerzhafte Einschränkung der Abduktions- und Flexionsfähigkeit sowie der Retroversionsfähigkeit sowie Schmerzhaftigkeit. Als Diagnosen führte Dr. O. eine schmerzhafte Schultersteife links nach Schulterkontusion vom 30. Dezember 2000 ohne Nachweis einer Rotatorenmanschettenläsion auf. Die Beschwerden seien durch posttraumatische Adhäsionen nach einer erheblichen Schulterprellung links zu erklären. Der Gebrauchswert des linken Arms gegenüber der Norm sei um 3/10 Armwert beeinträchtigt.

Die Beklagte nahm daraufhin Ermittlungen auf und befragte die vom Kläger benannten Ärzte. Der Arzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. K. wies unter dem 23. Mai 2005 darauf hin, dass der Kläger nicht wegen einer Schulterverletzung behandelt worden sei. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. konnte keine Angaben zu Behandlungen wegen Unfallfolgen machen. Oberarzt Dr. M., Klinik St. M., G., teilte unter dem 24. Mai 2005 mit, der Kläger habe am 4. Januar 2001 nicht über Schmerzen im Bereich der Schulter berichtet. Bei einer Wiedervorstellung am 23. Januar 2001 habe er zwar über einen Druckschmerz im Bereich der linken Schulter berichtet ohne Bewegungseinschränkung. Die durchgeführte Sonographie habe jedoch keinen Hinweis auf eine Rotatorenmanschetten- oder Bizepssehnenruptur ergeben. In einem Bericht für die G.-Versicherung vom 3. Januar 2002 sei dann wiederum eine Schulterprellung links angegeben worden. Dem Schreiben beigefügt war u.a. ein Schreiben des Klägers an die private Versicherung vom 4. Januar 2001, in dem dieser angab, sich am 30. Dezember 2000 am linken Ellenbogen und den linken Fuß verletzt zu haben.

Die Beklagte übersandte dem Kläger sodann einen Fragebogen zum Unfallverlauf, den dieser durch seinen Bevollmächtigten unter dem 28. September 2005 beantwortete. Der Unfallverlauf wurde dergestalt geschildert, dass der Kläger dabei gewesen sei, Sturmholz zu einem bereitgestellten Anhänger zu tragen, der unterhalb einer steilen und mit Gras bewachsenen Böschung gestanden habe. Am Scheitelpunkt zwischen Grundstück und Böschung sei der Kläger unerwartet abgerutscht und die Böschung hinab gestürzt. Das Stammholz sei ihm dabei auf die linke Schulter und den linken Fuß gefallen.

Mit Bescheid vom 22. November 2005 lehnte die Beklagte Leistungen wegen des Unfalls vom 30. Dezember 2000 ab. Es sei nicht bewiesen, dass sich der Kläger bei dem angeschuldigten Unfall tatsächlich an der linken Schulter verletzt habe. Doch selbst wenn, sei die Behandlung wegen des Bagatellereignisses am 27. Februar 2001 abgeschlossen gewesen, wie die Unterlagen der Stadtklinik Gengenbach belegten.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte zog daraufhin vorhandene Röntgen- und MRT-Bilder sowie das ebenfalls für die G.-Versicherung erstellte Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr. S. vom 12. März 2002 bei. Darin führte Dr. S. u.a. aus, es bestehe ein Supraspinatussehnensyndrom links und ein Sulcus-ulnaris-Syndrom links als wahrscheinlicher Unfallfolgezustand. Bezüglich des Schultergelenks sei es durch die axiale Stauchung des Arms bei dem Sturz zu einer vorübergehenden Einklemmung der Supraspinatussehne bzw. der Schultergelenkskapsel und zu daraus resultierenden Beschwerden gekommen. Eine adäquate Therapie sei bislang nicht vorgenommen worden. Das Sulcus-ulnaris-Syndrom könne auch unfallunabhängig auftreten, stehe aber in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum Sturz und sei deshalb ebenfalls als Unfallfolgezustand anzusehen. Im Bereich des linken Fußes lägen keine unfallbedingten Veränderungen vor.

Im Auftrag der Beklagten erstellten Prof. Dr. H./Dr. M. das orthopädische Gutachten vom 6. Mai 2006. Gegenüber diesen Ärzten schilderte der Kläger den Unfallverlauf dergestalt, dass er mehrere Holzstücke mit beiden Armen, von unten umfassend, vor dem Körper getragen habe, dabei mit beiden Beinen nach vorne den Hang hinabgerutscht sei. Dabei sei ihm ein Holzstück direkt vorne auf die linke Schulter geschlagen und ein anderes auf den linken Fuß gefallen. Er sei auf Gesäß und Rücken gelandet. Seitdem bestünden Beschwerden im Bereich der linken Schulter. Als Diagnosen führten sie im Bereich der linken Schulter eine wahrscheinliche schmerzhafte Teil-Bewegungseinschränkung unbekannter Genese auf. Ein Unfallzusammenhang könne weder aufgrund des geschilderten Unfallverlaufs, der nach dem Unfall geschilderten Beschwerden noch aufgrund des aktuellen Beschwerdevorbringens bejaht werden. Doch selbst wenn man annehmen wollte, der Unfallverlauf, wie ihn der Bevollmächtigte des Klägers geschildert habe, habe sich so zugetragen, sei es durch das Holzstück lediglich zu einer Schulterprellung gekommen, die sich im Übrigen nur gegen die Vorderseite der Schulter habe richten können. Dies wäre binnen kurzer Zeit folgenlos ausgeheilt. Prellungen in den Regionen von Gelenken bedingten keine anhaltenden Bewegungseinschränkungen und Schmerzen. Die von Dr. O. mitgeteilten Diagnosen seien nicht nachvollziehbar. Ein Supraspinatussyndrom sei im Übrigen Ausdruck degenerativer Veränderungen, nicht aber eines Traumas. Auch eine Längsstauchung des Arms sei nach dem Unfallverlauf weder nachgewiesen noch für die geklagten Beschwerden ursächlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger am 16. August 2006 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, Dr. O. und Dr. S. hätten einen Zusammenhang der Schulterbeschwerden mit dem angeschuldigten Unfall bejaht. Darüber habe sich die Beklagte zu Unrecht hinweggesetzt. Das SG hat Dr. S. von der Klinik G. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Auf die Auskunft vom November 2006 wird Bezug genommen. Das SG hat Prof. Dr. L., O. Universitätsklinik H., Sektion für Schulter und Ellenbogenchirurgie, mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 6. März 2007 führt Prof. Dr. L. aus, es bestünden Druckschmerzen, Bewegungsschmerzen, eine höchstgradige aktive und endgradig passive Bewegungseinschränkung der linken Schulter und eine endgradige passive und mittelgradige aktive Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenks. Die vom Kläger demonstrierten Beschwerden und Funktionsstörungen ließen sich allerdings nicht durch objektivierbare Veränderungen im Bereich des Haltungs- und Bewegungsapparats und insbesondere des linken Schultergelenks und des linken Ellenbogengelenks erklären. Nachweislich der klinischen Primärbefunde, der vorhandenen Röntgenbefunde und der Schultersonographie habe sich der Kläger beim angeschuldigten Unfall keine strukturellen Schäden im Bereich des Schultergelenks, des Ellenbogengelenks und der umgebenden Weichteile zugezogen. Es könne möglicherweise an eine somatoforme Schmerzstörung gedacht werden, die jedoch von einem Neurologen zu klären sei. Eine indirekte Gewalteinwirkung auf die Kapselbandstrukturen oder die stabilisierenden Sehnen der Rotatorenmanschette sei nicht anzunehmen, da ein Abfangen des Sturzes mit dem nach hinten ausgestreckten Arm verneint worden und auch nicht möglich gewesen sei. Bei dem vom Kläger geschilderten Unfallverlauf sei allenfalls eine kritische Überdehnung der langen Bizepssehne vorstellbar, eine Zerreißung allerdings auszuschließen. Auch ein struktureller knöcherner Schaden im Bereich der linken Schulter bestehe nicht; am Ellenbogen liege ebenfalls ein Normalbefund vor. Auf orthopädischem Fachgebiet seien daher keine Unfallfolgen feststellbar.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Dr. W., Chirurgie, das Gutachten vom 27. Juni 2007 erstellt. Dieser hat ausgeführt, beim Kläger lägen eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter, des linken Ellenbogengelenks und der Unterarmdrehung links, eine Verschmächtigung der linken Unterarmmuskulatur, eine Fehlstellung des Oberkörpers, eine Fehlregulation der Durchblutung der linken Hand und Fehlen der groben Kraft links vor, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. bedingten. Dabei sei von der versicherten Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt auszugehen. Dem Beschwerdebild könne die Erkrankung an einer Algodystrophie, deren Genese und Verlauf allerdings noch unerforscht seien, zugrunde gelegt werden.

Mit Urteil vom 10. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. L ... Der Kläger habe bei dem angeschuldigten Unfall Prellungen erlitten, die nach kurzer Zeit folgenlos ausgeheilt gewesen seien. Insbesondere aber sei eine Beteiligung der linken Schulter nicht nachgewiesen. Soweit Dr. W. eine Algodystrophie aufgeführt habe, handle es sich hierbei um eine ungenügende Erklärung, da auch nach den Ausführungen von Dr. W. dieses Krankheitsbild in Entstehung und Verlauf noch völlig ungeklärt sei. Darüber hinaus stünden auch dessen sonstige Bewertungsgrundlagen nicht in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung.

Gegen das ihm am 14. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. April 2008 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, Mängel im Durchgangsarztbericht, insbesondere die fehlende Auflistung der geklagten Schulterbeschwerden, dürften ihm nicht angelastet werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. März 2008 sowie den Bescheid vom 22. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Dezember 2000 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30. Dezember 2000 keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Der Kläger hat am 30. Dezember 2000 in seiner versicherten Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt einen Unfall erlitten, als er, mit beiden Händen Holzstücke vor dem Körper umfassend, am Scheitel einer Böschung mit beiden Füßen nach unten abrutschte. Dabei sind ihm auch Holzstücke auf die vordere Schulter geprallt. Er hat sich darüber hinaus Prellungen im Bereich des linken Ellenbogens und des linken Fußes zugezogen. Weitere Unfallfolgen, insbesondere solche, die länger als sechs Monate andauern, bestehen nicht. Deshalb bestehen auch keine Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von Verletztenrente.

Diesen Geschehensablauf hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten vortragen lassen und gegenüber den Gutachtern Prof. Dr. H. und Prof. Dr. L. sowie in Schriftsätzen gegenüber dem SG auch entsprechend geschildert. Selbst wenn also die Angaben des Klägers, wie sie im Durchgangsarztbericht enthalten sind, sowie seine späteren Angaben gegenüber der privaten Unfallversicherung und auch gegenüber der Beklagten, wonach er sich bei dem Geschehen nur Prellungen am linken Ellenbogen und am linken Fuß zugezogen habe, gegen eine Unfallverletzung an der linken Schulter sprechen, geht der Senat angesichts der späteren und insoweit konsistenten Unfallschilderung wie auch aufgrund des Umstands, dass der Kläger am 23. Januar 2001 tatsächlich gegenüber Dr. H. über Beschwerden an der linken Schulter geklagt hat, zu Gunsten des Klägers davon aus, dass ihm ein oder mehrere Holzstücke, die er mit den Händen vor sich getragen hat, beim Sturz gegen den vorderen Teil der linken Schulter geprallt sind.

Soweit der für die private Unfallversicherung tätig gewordene Dr. O. seiner Kausalbeurteilung einen Unfallverlauf mit einer axialen Stauchung des Armes zugrunde gelegt hat, ist schon deshalb dieser Darstellung und daher auch den daraus gezogenen Schlüssen nicht zu folgen, da der von Dr. O. angenommene Unfallverlauf nicht mit den Schilderungen des Klägers selbst übereinstimmt.

Entsprechendes gilt für den von Dr. S. angenommene Verlauf, wonach der Kläger an einem schrägen Hang auf die linke Seite stürzte, hinabrutschte und sich hierbei den linken Arm, das linke Schultergelenk und den linken Fuß gestaucht habe. Eine Stauchung des linken Arms wäre nur möglich gewesen, wenn der Kläger sich mit dem linken Arm beim Sturz abzufangen versucht hätte. Genau dies schließt aber seine Unfallschilderung aus, wonach beide Arme durch das Tragen der Holzstücke quasi blockiert waren und als Abfangmöglichkeiten ausgeschieden sind. Dem entsprechend hat er auch bei Prof. Dr. L. ausgeführt, er sei auf dem Gesäß und dem Rücken auf dem Boden aufgekommen.

Da also beide Gutachter, unabhängig davon, dass für die private Unfallversicherung andere Beurteilungsgrundsätze gelten als im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, einen unzutreffenden Unfallhergang ihrer Beurteilung zugrunde gelegt haben, vermochte der Senat auch ihren darauf fußenden Schlussfolgerungen - unabhängig von zusätzlich bestehenden Zweifeln an deren Diagnosen - nicht zu folgen. Die Gutachten bildeten daher keine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die im Streit stehende Frage des Bestehens und Zusammenhangs der vom Kläger demonstrierten Funktionseinschränkungen und geklagten Beschwerden mit dem Unfallereignis.

Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Unfallhergangs und der seit dem Unfall dokumentierten Beschwerden und Behandlungen fest, dass sich der Kläger bei dem Geschehen lediglich in kürzester Zeit folgenlos ausgeheilte Prellungen im Bereich der linken Schulter, des linken Ellenbogens und des linken Fußes zugezogen hat, die entweder von herabfallenden Holzstücken oder vom Sturzgeschehen selbst stammen.

Für diese Beurteilung spricht, dass bei den Untersuchungen am 4. und 23. Januar 2001 keine relevanten Verletzungen festzustellen waren; auch eine durchgeführte Sonographie der Schulter ergab einen unauffälligen Befund, knöcherne Verletzungen konnten röntgenologisch ausgeschlossen werden. Dem entsprechend hat auch der Durchgangsarzt Dr. H. die Behandlung am 27. Februar 2001 beendet. Auch war der Unfallverlauf nicht geeignet, schwere knöcherne oder ligamentäre Verletzungen hervorzurufen.

Der Kläger hat danach auch nicht regelmäßig ärztliche Hilfe in Anspruch genommen, was ebenfalls gegen fortdauernde Beschwerden und damit wesentliche Unfallfolgen spricht. Seinen behandelnden Ärzten war der Unfall vom 30. Dezember 2000 nicht bekannt. Eine erste Arztkonsultation - allerdings auch nur wegen Beschwerden im Bereich des Ellenbogens und des Fußes - ist erst wieder mehr als ein Jahr später, nämlich am 6. März 2002 dokumentiert. Der nächste Kontakt zur Beklagten und dort erstmals auch ausdrücklich wegen "fortbestehender" Schulterbeschwerden erfolgte im März 2005 und damit fast 4 ½ Jahre nach dem Unfall. Auch wenn der Kläger zwischenzeitlich gegenüber der privaten Unfallversicherung seine Ansprüche weiter verfolgt hat und dabei auch über Schulterbeschwerden klagte (wobei er gegenüber Dr. S. angegeben hat, der Schulterschmerz sei weitgehend abgeklungen, gegenüber Dr. O. allerdings von einem Schmerz seit dem Unfall in unveränderter Intensität berichtet hat), spricht doch der Umstand, dass er erst nach über 4 Jahren mit Beschwerden im Bereich der linken Schulter bei der Beklagten vorstellig wurde, gegen einen Zusammenhang der Beschwerden mit dem Unfallgeschehen.

Deshalb ist schon nicht davon auszugehen, dass ein für massive Schulterbeschwerden mit erheblich demonstrierten Bewegungseinschränkungen geeigneter Unfallverlauf vorgelegen hat.

Darüber hinaus spricht gegen einen Unfallzusammenhang der Umstand, dass faktisch keine objektiven Befunde festzustellen sind, die die Beschwerden des Klägers erklären könnten. Dies haben Drs. H./M., Prof. Dr. L., aber letztlich auch Dr. W. in ihren Gutachten deutlich gemacht. Faktisch ist die Schultergürtelmuskulatur des Klägers wie auch die Muskulatur der Unterarme und der Hände seitengleich ausgeprägt, was gegen die vom Kläger sehr nachdrücklich demonstrierte Schonhaltung der linken oberen Extremität spricht. Auch wenn mangels ausreichender Compliance die funktionellen Untersuchungen ein nur unzureichend valides Ergebnis erbringen konnten, ist schon aufgrund dieser objektiven Befunde, die durch unauffällige Befunde bei der durchgeführten Schultersonographie und der Interpretation der vorhandenen Röntgenaufnahme bestätigt werden konnten, von keinerlei krankheitswertiger Veränderung im Bereich der linken Schulter auszugehen, die die geklagten Beschwerden erklären könnten. Letztlich hat auch das Gutachten von Dr. W., der die geklagten Beschwerden auf eine Algodystrophie zurückgeführt hat, deren Ursache noch völlig ungeklärt ist und die auf Traumata ebenso wie schicksalhaften Einwirkungen beruhen oder sogar gänzlich ohne äußere Einwirkungen entstehen könne, den nicht möglichen Nachweis einer krankheitswertigen Veränderungen und erst recht nicht deren Ursache im angeschuldigten Unfallereignis bestätigt.

Deshalb fehlt es - neben einem geeigneten Unfallverlauf - auch am Nachweis längerdauernder feststellbarer Unfallfolgen als Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verletztenrente.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved