L 3 AS 1965/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 588/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1965/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, unter Abänderung des Bescheids vom 25. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Februar 2005 dem Kläger für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2005 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des monatlich 6,41 Euro übersteigenden Betrages zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig, insbesondere, ob der Kläger Anspruch auf Berücksichtigung einer Instandhaltungspauschale für das von ihm selbst genutzte Wohneigentum hat.

Der 1963 geborene Kläger bewohnt gemeinsam mit seinem Vater ein seit 1979 bezugsfertiges Wohnhaus, das in deren jeweils hälftigem Miteigentum steht. Das vom Kläger bewohnte erste Obergeschoss hat eine Wohnfläche von 122,38 qm.

Mit Bescheid vom 25.11.2004 bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von monatlich 466,59 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Regelleistung i.H.v. 345 EUR und 121,59 EUR für Kosten der Unterkunft (KdU). Bei der Berechnung der KdU legte die Beklagte die Hälfte der vom Kläger und seinem Vater gemeinsam getragenen Nebenkosten (monatliche Kosten: Schornsteinfeger 5,65 EUR, Müllmarken 9,58 EUR, Wasser 37 EUR, Grundsteuer 13,39 EUR, Gebäudeversicherung 12,64 EUR) in Höhe von monatlich 39,13 EUR zugrunde. Die Heizkosten übernahm sie in halber Höhe der vorgelegten Heizölrechnung für sechs Monate abzüglich eines Betrages von 13 EUR für Warmwasserbereitung (82,47 EUR monatlich). Im Bescheid führte sie aus, die Heizkosten seien unangemessen hoch. Die angemessenen Heizkosten für eine Ölheizung betrügen 0,72 EUR pro qm monatlich, somit umgerechnet auf 45 qm 32,40 EUR. Die unangemessenen Heizkosten könnten nach § 22 Abs. 1 SGB II höchstens für sechs Monate anerkannt werden. Sollte der Kläger die Unterkunftskosten bis zum 30.06.2005 nicht gesenkt haben, würden ab 01.07.2005 nur noch angemessene Heizkosten von 32,40 EUR als Bedarf anerkannt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, die Höhe der Regelleistung entspreche nicht den tatsächlichen Lebenshaltungskosten. Auch die Kosten der Unterkunft seien nicht zutreffend berechnet. Insbesondere seien keine Kosten zur Wohnerhaltung bzw. Eigenheimerhaltung im Bewilligungsbescheid enthalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie u.a. aus, tatsächliche Aufwendungen zur Wohnerhaltung bzw. Eigenheimerhaltung seien nicht nachgewiesen worden. Das SGB II sehe nicht - wie noch das Wohngeldgesetz - einen gesonderten, pauschalen Bedarfssatz für Wohnerhaltungs- bzw. Eigenheimerhaltungskosten vor.

Hiergegen hat der Kläger am 01.03.2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.

Während des Klageverfahrens hat der Kläger der Beklagten eine Rechnung der Fa. Quelle vom 02.03.2005 für einen Nass-Trockensauger i.H.v. 59,95 EUR, den er zur Reinigung der Heizungsanlage benötige, sowie eine Rechnung der Fa. A. Heizung/Sanitär vom 25.04.2005 über im Oktober 2004 durchgeführte Installationsarbeiten ("Küchenanschluss abgeändert und Herd angeschlossen") über insgesamt 561,90 EUR vorgelegt. Mit Bescheid vom 17.06.2005 hat die Beklagte die Erstattung abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2007 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2005 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 21 EUR monatlich zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei selbstgenutztem Wohneigentum sei zur näheren Bestimmung der Erhaltungsaufwendungen § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) entsprechend heranzuziehen. Diese Vorschrift regele für den Bereich der Sozialhilfe, welche notwendigen Ausgaben bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgesetzt werden könnten. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 VO könnten bei nach dem 31.12.1924 bezugsfertig gewordenen Wohngrundstücken 10 % der Jahresroheinnahmen als Erhaltungsaufwand berücksichtigt werden. Im Falle des Klägers seien die angemessenen Aufwendungen für einen Ein-Personen-Haushalt zu übernehmen. Die insoweit angemessene Nettokaltmiete für eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 45 qm betrage am Wohnort des Klägers 210 EUR. Damit seien pauschalierte Erhaltungsaufwendungen von monatlich 21 EUR (10 % von 210 EUR) zusätzlich zu übernehmen.

Gegen den am 27.03.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 18.04.2007 die im Gerichtsbescheid zugelassene Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Kosten der notwendigen Instandhaltung zählten zu den Kosten der Unterkunft. Diese müssten jedoch tatsächlich anfallen. Nur dann, wenn der Eigentümer eine Instandhaltungspauschale z.B. bei einer Eigentumswohnung aufgrund eines Beschlusses der Eigentümerversammlung an die Verwaltung zahlen müsse, bestehe eine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten. Im übrigen bestehe keine Verpflichtung zur Gewährung einer Pauschale, ohne dass im Bedarfszeitraum konkrete Kosten entstanden seien.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21. März 2007 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, ihm seien Kosten für die Behebung eines Wasserschadens im Oktober 2004 entstanden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, da sie im angefochtenen Gerichtsbescheid zugelassen worden ist (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ). Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2005, mit dem die Beklagte Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 bewilligt hat, sowie der Bescheid vom 17.06.2005, der gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Die Bescheide über Leistungen für spätere Zeiträume sind nicht Gegenstand des Verfahrens gem. § 96 SGG geworden (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R - in juris).

Die Berufung ist auch teilweise begründet.

Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid die Regelleistung in der zum damaligen Zeitpunkt maximalen Höhe von 345 EUR monatlich bewilligt. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht (BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 27/06 R - in juris).

Der Kläger hat für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 keinen Anspruch auf Gewährung einer - abstrakt bemessenen - Instandhaltungspauschale nach dem SGB II. Grundsätzlich sind die zur Erhaltung der Wohnung notwendigen Kosten erstattungsfähig. Diese müssen im Bewilligungszeitraum jedoch tatsächlich angefallen sein. Der Kläger macht demgegenüber eine Rücklage für zukünftig notwendig werdende Erhaltungsmaßnahmen geltend. Eine solche Instandhaltungsrücklage kann jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn hierzu eine rechtliche Verpflichtung besteht. Dies kann dann der Fall sein, wenn z.B. eine Wohnungseigentümerversammlung bindend für sämtliche Mitglieder die Zahlung einer monatlichen Rücklage beschließt und sich der Kläger dieser Verpflichtung zur Zahlung der Instandhaltungsrücklage nicht entziehen kann, ohne die Wohnung aufzugeben (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2007 - L 12 AS 3932/06, in juris). Eine solche Verpflichtung bestand für den Kläger vorliegend nicht. Nicht zutreffend ist deshalb die im angefochtenen Urteil vertretene Auffassung, bezüglich der Erhaltungsaufwendungen sei § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch analog anzuwenden. Zum einen regelt die herangezogene Norm einen anderen Sachverhalt, nämlich die Berücksichtigung von Einkommen aus Vermietung und Verpachtung bei der Feststellung der Bedürftigkeit nach dem SGB XII. Zum anderen widerspricht die analoge Heranziehung auch Sinn und Zweck der Regelung des SGB II. Erstattungsfähig sollen danach nämlich nur die tatsächlich anfallenden Kosten sein.

Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum auch keine Aufwendungen für notwendige Renovierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen. Zu differenzieren ist zwischen Reparaturkosten mit Instandsetzungsaufwand bzw. wertsteigernden Maßnahmen und periodisch anfallenden Instandhaltungskosten (Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 26 m.w.N.) Nur letztere sind erstattungsfähig, da sie notwendig sind, um die Nutzbarkeit der Wohnung zu erhalten und nicht der Wertsteigerung dienen. Hierzu zählen die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht. Ein Nass-Trockensauger ist zur Reinigung der Heizungsanlage, die im Übrigen vom Schornsteinfeger durchzuführen ist, nicht erforderlich. Auch hat der Kläger nicht den Nachweis erbringen können, dass ihm Aufwendungen für die Behebung eines Wasserschadens entstanden sind. Nach dem Vortrag des Klägers enthielt die Rechnung der Fa. A. sowohl Leistungen an ihn (Oktober 2004) als an seinen Vater (übrige Leistungen). Ausweislich der Rechnung der Fa. A. Sanitär vom 25.04.2005 bestanden deren Leistungen im Oktober 2004 im Abändern eines Küchenanschlusses und Anschließen eines Herdes. Hierbei handelt es sich nicht um Instandhaltungsaufwendungen.

Die Beklagte hat auch die Kosten der Unterkunft sowie die Nebenkosten in Höhe der geltend gemachten und durch Unterlagen nachgewiesenen Kosten mit Ausnahme der Heizkosten in zutreffender Höhe bewilligt. Nicht zu beanstanden ist die Berechnungsweise, wonach die für das Gebäude insgesamt anfallenden Nebenkosten zwischen den hälftigen Miteigentümern, nämlich dem Kläger und seinem Vater, je zur Hälfte aufgeteilt werden.

Die Beklagte hat jedoch den Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den Heizkosten in Höhe von monatlich 13,00 EUR zu hoch angesetzt. Die Kosten der Warmwasserbereitung sind im streitigen Zeitraum mit einem Anteil von 6,22 EUR bereits in der Regelleistung enthalten und daher maximal in dieser Höhe von den Kosten für Heizung in Abzug zu bringen (BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R; Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 23/06 R). Der Kläger hat damit einen Anspruch auf Übernahme der Heizkosten in Höhe von monatlich weiterer 6,78 EUR.

Der dem Kläger danach zustehende Betrag für die Kosten der Unterkunft von monatlich 128,37 EUR ist gem. § 41 Abs. 2 SGB II auf einen vollen Eurobetrag, somit auf 128,00 EUR, zu runden. Damit ergibt sich ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von monatlich 6,41 EUR (128,00 EUR - 121,59 EUR). Insoweit war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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