L 8 AL 3428/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 3980/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3428/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Ziel des Antragstellers ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 06.06.2008 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.06.2008, mit dem die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers nach dessen Anhörung ab 06.06.2008 aufgehoben worden ist.

Der Antragsteller bezog von der Antragsgegnerin seit 08.06.2007 Alg (Bewilligungsdauer 540 Tage). Nachdem im arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 05.10.2007 wegen einer chronischen Alkoholerkrankung des Klägers ein voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer bestehendes Leistungsvermögen von nur noch weniger als drei Stunden täglich festgestellt worden war, forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem Schreiben vom 23.10.2007 auf, innerhalb eines Monats beim Rentenversicherungsträger Leistungen zur Rehabilitation zu beantragen. Auf den vom Antragsteller fristgemäß gestellten Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) dem Antragsteller mit Bescheid vom 09.01.2008 entsprechende Leistungen für 16 Wochen in einer Psychosomatischen Fachklinik. Am 18.04.2008 - die Rehabilitationsmaßnahme sollte am 28.04.2008 beginnen - teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er eine Rehabilitation ablehne und Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid eingelegt habe. Daraufhin hob die DRV den Bewilligungsbescheid nach Anhörung des Antragstellers mit Bescheid vom 28.05.2008 auf.

Am 13.05.2008 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller nochmals auf seine Mitwirkungspflichten hin und führte aus, nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers habe er die ihm angebotene Rehabilitationsmaßnahme nicht angetreten, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund angegeben worden sei. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 20.05.2008 hierzu zu äußern. Gleichzeitig wurde unter Hinweis auf § 125 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) angekündigt, dass danach die Leistung wegen fehlender Mitwirkung entzogen werde. Am 20.05.2008 legte der Antragsteller daraufhin gegen das Aufforderungsschreiben der Antragsgegnerin vom 23.10.2007 Widerspruch ein. Der zulässige Widerspruch habe auch aufschiebende Wirkung, weshalb kein Raum für die Einstellung der Alg-Zahlungen bestehe. Mit Bescheid vom 03.06.2008 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Alg ab 06.06.2008 mit der Begründung ganz auf, der Antragsteller sei seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Rentenversicherungsträger nicht nachgekommen. Er habe die bewilligte Rehabilitationsmaßnahme ohne wichtigen Grund nicht angetreten. Dagegen legte der Antragsteller am 06.06.2008 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

Gleichfalls am 06.06.2008 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart (SG), die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 03.06.2008 anzuordnen. Zur Begründung führte er aus, der Bescheid vom 03.06.2008 hätte im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrages vom 23.10.2007 nicht ergehen dürfen, zumal auch sein Rentenantrag bislang nicht beschieden worden sei.

Mit Beschluss vom 26.06.2008 lehnte das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 03.06.2008 ab. Der Antrag sei unbegründet, da bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 03.06.2008 bestünden. Dieser stütze sich zu Recht darauf, dass der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten gegenüber der DRV nicht nachgekommen sei und die ihm schon bewilligte Rehabilitationsmaßnahme nicht angetreten habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Selbst wenn das Aufforderungsschreiben vom 27.10.2007 als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei und dem dagegen eingelegten Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme, sei dies nicht erheblich, da der Antragsteller der Aufforderung tatsächlich nachgekommen sei und diese deshalb keine rechtliche Wirkung mehr habe. Unabhängig davon sei der Antragsteller zu Recht zur Antragstellung bei der DRV aufgefordert worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragsstellers vom 20.05.2008 gegen das Schreiben vom 23.10.2007 als unbegründet zurück. Am 08.07.2008 erhob der Antragsteller hiergegen Klage zum SG, über die noch nicht entschieden ist.

Gegen den Beschluss vom 26.06.2008 hat der Antragsteller am 08.07.2008 Beschwerde eingelegt, mit der er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens an seinem Ziel festhält. Es könne nicht darauf ankommen, ob er einen Rehabilitationsantrag gestellt habe oder nicht. Entscheidend sei vielmehr, dass die mit dem Bescheid vom 23.10.2007 verbundenen Rechtsfolgen nur im Falle seiner Unanfechtbarkeit oder aber der Anordnung des Sofortvollzuges eintreten könnten. Vor dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 23.10.2007 hätte die Antragsgegnerin den Bescheid vom 03.06.2008 nicht erlassen dürfen. Ob er zu Recht zur Antragstellung bei der DRV aufgefordert worden sei, sei irrelevant. Auf Anfrage des Senats hat der Antragsteller weiter bestätigt, dass er nach erneuter Antragstellung auf Leistungen zur Rehabilitation bei der DRV seit 04.07.2008 wieder Alg beziehe. Vom 06.06.2008 bis 03.07.2008 habe er keine anderen Leistungen bezogen. Die Abwägung der Interessen der Beteiligten müsse zu seinen Gunsten ausfallen. Die eklatante finanzielle Lücke, die aufgrund der Aufhebung der Bewilligung von Alg ab 06.06.2008 für ihn entstanden sei, müsse geschlossen werden. Etwaige höher zu gewichtende Interessen habe die Antragsgegnerin nicht vorgebracht.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06. Juni 2008 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Akten und die Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 173 SGG). Die Beschwerde ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Dies ist bei einer Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dann der Fall, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt hier mehr als 750,00 EUR, da sich der Antragsteller noch gegen die Aufhebung der Bewilligung von Alg für die Zeit vom 06.06.2008 bis 03.07.2008 (28 Tage) bei einem täglichen Leistungssatz von 38,99 EUR wendet.

Die Beschwerde des Antragstellers ist jedoch nicht begründet.

Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin vom 06.06.2008 hat keine aufschiebende Wirkung. Dies folgt aus § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung u.a. in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung - wie hier - entziehen oder herabsetzen. In einem solchen Fall kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG).

Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Eilentscheidung nach § 86b Abs. 1 SGG kommt es zunächst auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs bzw. der Klage an. Ist der angegriffene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und wird der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Ist der Widerspruch bzw. die Klage hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten des Begehrens des Antragstellers nicht in dieser Weise abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens aber mitberücksichtigt werden können. Je größer die Erfolgsaussichten sind, um so geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat es das SG zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 06.06.2008 anzuordnen. Es spricht vieles dafür, dass dieser Bescheid rechtmäßig ist. Zu Recht hat das SG im angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Frage, ob der Antragsteller mit dem Schreiben vom 27.10.2007 zu Recht zur Stellung eines Antrages auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation aufgefordert worden ist, keine Bedeutung (mehr) für die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 06.06.2008 hat. Auf die diesbezüglichen Darlegungen des SG, die der Senat für zutreffend hält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend bleibt auszuführen, dass die Aufforderung vom 27.10.2007 dadurch, dass der Antragsteller - unstreitig - einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation gestellt hat, keine Wirkungen mehr entfaltet. Insbesondere ist die infolge der am 08.07.2008 erhobenen Klage des Antragstellers gegen die Aufforderung vom 23.10.2007 (Widerspruchsbescheid vom 03.07.2008) weiter bestehende aufschiebende Wirkung nicht damit verbunden, dass der Rehabilitationsantrag des Antragstellers gegenstandslos ist oder nicht als gestellt gilt. Der Aufhebungsbescheid vom 06.06.2008 findet seine eigenständige Grundlage in § 125 Abs. 2 Satz 4 SGB III. Danach ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation nicht nachkommt. Zu diesen Mitwirkungspflichten gehört auch die Durchführung einer Heilbehandlung (§ 63 SGB I). Bei § 125 Abs. 2 Satz 4 SGB III handelt es sich um eine selbstständige Sanktion, die nicht voraussetzt, dass die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrages bestandskräftig geworden ist. Dies folgt schon daraus, dass in § 125 Abs. 2 Satz 4 SGB III eine solche Voraussetzung nicht erwähnt ist.

Gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 06.06.2008 spricht auch der Umstand, dass der Antragsteller, nachdem er erneut Leistungen zur Rehabilitation bei der DRV beantragt hat, seit 04.07.2008 wieder Alg bezieht. Seit diesem Zeitpunkt ist der Antragsteller mithin nicht mehr durch den Aufhebungsbescheid belastet. Sein Interesse erschöpft sich darin, mit der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung nachträglich auch für die Zeit vom 06.06.2008 bis 03.07.2008 Alg zu erhalten. Bei der Gewichtung des Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und des öffentlichen Interesses, dass es bei dem Regelfall des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG verbleibt, fällt die Abwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus. Es ist ihm zumutbar, den Anspruch auf Alg für diesen Zeitraum im Hauptsacheverfahren zu verfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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