Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 LW 1384/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 1904/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.02.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung ihrer (landwirtschaftlichen) Rente wegen Erwerbsminderung auf den Zuschlag zu ihrer (landwirtschaftlichen) Hinterbliebenenrente.
Die am 1961 geborene Klägerin ist Witwe des im Mai 1998 verstorbenen A. S. , der bei der Beklagten pflichtversichert war und bis zu seinem Tod 300 Monate Beiträge zur Beklagten gezahlt hatte. Mit Bescheid vom 18.08.1998 bewilligte ihr die Beklagte ab 01.06.1998 - zunächst befristet und auf Einwände hin unbefristet (Bescheid vom 04.02.1999) - eine Witwenrente wegen Kindererziehung, nach Ablauf des Sterbevierteljahres, also ab 01.09.1998 in Höhe von monatlich (brutto) 626,29 DM. Darin enthalten war ein Zuschlag nach § 97 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) mit einer Steigerungszahl von 8,2131 und damit in Höhe von 180,77 DM. Nachdem die Beklagte die Bewilligung der Witwenrente wegen Wegfall der Kindererziehung zunächst mit Bescheid vom 17.08.2004 mit Wirkung ab 01.09.2004 aufgehoben hatte, nahm sie dies mit Bescheid vom 15.11.2004 zurück und bewilligte der Klägerin - mit weiterem Bescheid vom 15.11.2004 - die Witwenrente ab 01.06.2004 wegen des Vorliegens von Erwerbsminderung (weiterhin mit Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG; Bruttobetrag der monatlichen Rente 343,17 EUR, darin enthaltener Zuschlag 99,05 EUR). Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf die Bescheide Bezug genommen. Die Renten wurden einschließlich Zuschlag entsprechend den jährlichen Rentenanpassungen erhöht.
Mit Bescheid vom 01.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.03.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte nach § 13 Abs. 1 ALG in Höhe von monatlich (brutto) 386,31 EUR. Der Berechnung der Rente lagen eigene Versicherungszeiten der Klägerin (27 Monate Beiträge), eine Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres nach § 19 ALG (273 Monate) und Fiktivzeiten nach § 92 Abs. 2 ALG (Beitragszeiten des Ehemannes ab der Eheschließung im Februar 1984 bis zum 31.12.1994: 131 Monate) zu Grunde.
Mit weiterem Bescheid vom 01.08.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 15.11.2004 über die Bewilligung der Witwenrente gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab 01.03.2005 auf, stellte die Rente ab diesem Zeitpunkt neu fest und forderte zu Unrecht erhaltene Leistungen in Höhe von 541,10 EUR gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurück. In der Begründung führte die Beklagte aus, gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG werde bei Zusammentreffen einer Rente mit Zuschlag mit einer weiteren Rente der Zuschlag um den Betrag der weiteren Rente gemindert. Der Zuschlag zur Hinterbliebenenrente (99,05 EUR) sei um die Rente wegen Erwerbsminderung (386,31 EUR) zu kürzen, sodass sich eine Bruttorente von 244,12 EUR ergebe. Den von der Klägerin sowohl gegen den Bescheid über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung als auch gegen den Bescheid über die Neuberechnung der Hinterbliebenenrente erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2006 zurück.
Die Klägerin hat am 19.05.2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben, zuletzt mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides über die Neuberechnung der Witwenrente, und geltend gemacht, die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG sei generell verfassungsrechtlich bedenklich und stelle eine willkürliche Schlechterstellung von Personen dar, die - wie die Klägerin - einen Zuschlag beziehen würden im Gegensatz zu denjenigen, die mehrere zuschlagsfreie Renten erhielten.
Mit Urteil vom 28.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, die Beklagte habe § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG zutreffend angewandt, diese Vorschrift sei auch nicht verfassungswidrig (Anschluss an Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.03.2002, L 16 LW 10/99 und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.10.2003, L 10 LW 1/03). Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und des § 50 SGB X seien erfüllt.
Gegen das am 16.03.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.04.2007 Berufung eingelegt. Sie hält die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG weiterhin für verfassungswidrig. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Erwerb von Rentenanwartschaften ein eigentumsgleiches Recht darstelle, dies gelte auch für Renten nach dem ALG und die Hinterbliebenenversorgung, weshalb § 97 Abs. 6 ALG gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße. Außerdem verletze § 97 Abs. 6 ALG auch Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.02.2007 und den Bescheid der Beklagten über die Neuberechnung der Hinterbliebenenrente vom 01.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt unter Hinweis auf eine Entscheidung des Senats vom 30.01.2003 (L 10 LW 1795/02) die Auffassung, die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG sei verfassungsgemäß.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist (nur noch) der Bescheid vom 01.08.2005 über die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte inhaltlich den mit Bescheid vom 15.11.2004 (erneut) zugebilligten Zuschlag nach § 97 ALG in Höhe von monatlich 99,05 EUR mit Wirkung ab 01.03.2005 aufgehoben.
Rechtsgrundlage dieses Verwaltungsaktes ist § 48 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Eine wesentliche Änderung der dem Bescheid vom 15.11.2004 zu Grunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse ist insofern eingetreten, als die Klägerin auf Grund des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 01.08.2005 ab 01.03.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte gemäß § 13 Abs. 1 ALG in Höhe von 386,31 EUR brutto und ohne Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG erhält und somit Einkommen in dieser Höhe erzielt. Dies führt gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG zur Minderung des Hinterbliebenenrentenanspruchs der Klägerin, denn nach dieser Vorschrift mindert sich der Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG bei Zusammentreffen einer nach § 97 Abs. 1 bis 5 ALG berechneten Rente (also einer solchen mit einem Zuschlag) mit einer weiteren Rente, die nicht nach § 97 Abs. 1 bis 5 ALG zu berechnen ist (also eine solche ohne Zuschlag), um den Betrag dieser weiteren Rente. Der Zuschlag zur Hinterbliebenenrente der Klägerin in Höhe von 99,05 EUR (siehe bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004) mindert sich somit um den Betrag der bestandskräftig bewilligten Rente der Klägerin wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte (386,31 EUR), sodass dieser nicht mehr zur Auszahlung kommt.
Diese Umstände bestreitet die Klägerin auch nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG verfassungskonform. Der zu der Witwenrente gewährte Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG stellt eine Übergangsregelung wegen der umfassenden Reform der Alterssicherung für Landwirte dar, die der Gesetzgeber mit dem zum 01.01.1995 in Kraft getretenen ALG vollzogen hat (BT-Drucks. 12/5700, S. 65). Durch die Reform der Altersicherung der Landwirte erfolgte eine eigenständige Absicherung der Ehegatten von Landwirten im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, zudem wurde eine Linearisierung der Leistungsgewährung eingeführt (BT-Drucks. a.a.O., S. 63, 65). Durch den Zuschlag wird im Rahmen einer Übergangsregelung die Differenz zwischen der nach altem Recht (Gesetz über die Altershilfe für Landwirte - GAL) und neuem Recht (ALG) berechneten Rente ausgeglichen. Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Einführung der eigenständigen Sicherung der Bäuerin zu sehen, die vorsieht, dass Beitragszeiten, die der nach dem GAL beitragspflichtige Landwirt vor 1995 zurückgelegt hat, auch zu Gunsten seines Ehegatten wirken (BT-Drucks. a.a.O., S. 86).
Nach § 92 Abs. 1 ALG gelten für Ehegatten, die nach dem 01.01.1930 geboren sind, deren Ehegatte am 01.01.1995 Landwirt nach § 1 Abs. 2 ALG war und die für Januar 1995 Pflichtbeiträge gezahlt haben, für die Ehezeit in der Zeit vom 01.10.1957 bis 31.12.1994, für die der andere Ehegatte Beiträge als Landwirt nach § 14 des GAL gezahlt hat, Beiträge als gezahlt, soweit diese Zeiten nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Ehegatten liegen und für den Ehegatten nicht bereits mit anrechenbaren Beitragszeiten als Landwirt belegt sind. Den ab 01.01.1995 pflichtversicherten Ehegatten werden somit die vom anderen Ehegatten in der Vergangenheit gezahlten Beiträge entsprechend der Ehezeit zugerechnet. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass Beitragszeiten des verstorbenen Ehegatten der Klägerin doppelt berücksichtigt werden. Denn für die Berechnung der eigenen Versichertenrente der Klägerin wegen Erwerbsminderung wurden neben den eigenen Versicherungszeiten der Klägerin (27 Monate) und der Zurechnungszeit (273 Monate) Beitragszeiten ihres verstorbenen Ehemannes in einem Umfang von 131 Monaten (vom Zeitpunkt der Eheschließung am 10.02.1984 bis 31.12.1994) hinzugerechnet. Diese sind aber auch Grundlage der von der Klägerin bezogenen Hinterbliebenenrente.
Durch die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG soll vermieden werden, dass der überlebende Ehegatte insgesamt eine Rentenleistung erhält, die sowohl höher ist, als die Rentenleistung, die sich nach altem Recht ergäbe, als auch höher als die Rentenleistung, die sich bei ausschließlicher Anwendung neuen Rechts ergibt (BT-Drucks. a.a.O., S. 87). Nach der Gesetzesbegründung (a. a. O.) hat diese Regelung insbesondere Bedeutung für Renten aus eigener Versicherung, die auf Beitragszeiten des Ehegatten beruhen. Diese Erwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Klägerin ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG, wie der Senat bereits mit Urteil vom 30.01.2003 (L 10 LW 1795/02) entschieden hat, nicht vor (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.03.2002, L 16 LW 10/99 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.10.2003, L 10 LW 1/03). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Hinterbliebenenrente der Klägerin bzw. der Zuschlag zu dieser Rente nicht dem Eigentumsschutz unterliegt. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 18.02.1998 (1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 in SozR 3-2940 § 58 Nr. 1) zur gesetzlichen Rentenversicherung dargelegt hat, beruht die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung und es fehlt an einem hinreichenden personalen Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente, sodass die Hinterbliebenenversorgung keine Rechtsposition begründet, die dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterliegt. Jeder Versicherte trägt über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung der Hinterbliebenen bei, ohne dass der verheiratete Versicherte - trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten - einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten müsste. Die Hinterbliebenenrente stellt somit eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar, zumal sie ohne Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird. Insgesamt dient sie damit der Sicherung der Familienangehörigen im Rahmen des dem Sozialversicherungssystem eigenen Gedankens des sozialen Ausgleichs (vgl. BVerfG, a. a. O., s. auch BSG, Urteil vom 13.03.2002, B 8 Kn 4/00 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 11). Diese Erwägungen gelten, jedenfalls soweit - wie vorliegend - der Witwenrente keine eigenen Beitragsleistungen des Hinterbliebenen zu Grunde liegen, auch für landwirtschaftliche Hinterbliebenenrenten. Soweit die Klägerin geltend macht, kleinere und mittlere Betriebe könnten die Beiträge nur erwirtschaften, wenn der Ehepartner entgeltfrei mitarbeite, vermag dies zu keinem anderen Ergebnis zu führen, denn allein die Mitarbeit im Betrieb ist einer eigenen Beitragsleistung nicht gleichzustellen. Im Übrigen werden - wie oben dargelegt - die während der Ehezeit und bis zum Inkrafttreten des ALG geleisteten Beiträge des verstorbenen Ehemannes der Klägerin (von Februar 1984 bis 31.12.1994) sowohl bei der Berechnung der Witwenrente (ohne Zuschlag) als auch bei der eigenen Versichertenrente der Klägerin berücksichtigt.
Die Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat die Klägerin bereits selbst nicht substantiiert dargelegt. Soweit sie geltend macht, die Vorschrift stelle eine willkürliche Schlechterstellung von Personen dar, die einen Zuschlag beziehen gegenüber denjenigen, die mehrere zuschlagsfreie Renten erhalten, ist dies nicht nachvollziehbar. Die gesetzliche Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG führt lediglich dazu, dass sich der Zuschlag zu der Witwenrente der Klägerin um die eigene Rente der Klägerin wegen Erwerbsminderung mindert und somit - im Fall der Klägerin - nicht zur Auszahlung kommt. Dies führt letztlich dazu, dass die Klägerin zwei "zuschlagsfreie" Renten ausgezahlt bekommt. Eine Ungleichbehandlung liegt somit nicht vor.
Die Pflicht zur Rückzahlung des von der Beklagten zutreffend ermittelten Überzahlungsbetrages ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Fehler in der Berechnung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung ihrer (landwirtschaftlichen) Rente wegen Erwerbsminderung auf den Zuschlag zu ihrer (landwirtschaftlichen) Hinterbliebenenrente.
Die am 1961 geborene Klägerin ist Witwe des im Mai 1998 verstorbenen A. S. , der bei der Beklagten pflichtversichert war und bis zu seinem Tod 300 Monate Beiträge zur Beklagten gezahlt hatte. Mit Bescheid vom 18.08.1998 bewilligte ihr die Beklagte ab 01.06.1998 - zunächst befristet und auf Einwände hin unbefristet (Bescheid vom 04.02.1999) - eine Witwenrente wegen Kindererziehung, nach Ablauf des Sterbevierteljahres, also ab 01.09.1998 in Höhe von monatlich (brutto) 626,29 DM. Darin enthalten war ein Zuschlag nach § 97 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) mit einer Steigerungszahl von 8,2131 und damit in Höhe von 180,77 DM. Nachdem die Beklagte die Bewilligung der Witwenrente wegen Wegfall der Kindererziehung zunächst mit Bescheid vom 17.08.2004 mit Wirkung ab 01.09.2004 aufgehoben hatte, nahm sie dies mit Bescheid vom 15.11.2004 zurück und bewilligte der Klägerin - mit weiterem Bescheid vom 15.11.2004 - die Witwenrente ab 01.06.2004 wegen des Vorliegens von Erwerbsminderung (weiterhin mit Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG; Bruttobetrag der monatlichen Rente 343,17 EUR, darin enthaltener Zuschlag 99,05 EUR). Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf die Bescheide Bezug genommen. Die Renten wurden einschließlich Zuschlag entsprechend den jährlichen Rentenanpassungen erhöht.
Mit Bescheid vom 01.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.03.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte nach § 13 Abs. 1 ALG in Höhe von monatlich (brutto) 386,31 EUR. Der Berechnung der Rente lagen eigene Versicherungszeiten der Klägerin (27 Monate Beiträge), eine Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres nach § 19 ALG (273 Monate) und Fiktivzeiten nach § 92 Abs. 2 ALG (Beitragszeiten des Ehemannes ab der Eheschließung im Februar 1984 bis zum 31.12.1994: 131 Monate) zu Grunde.
Mit weiterem Bescheid vom 01.08.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 15.11.2004 über die Bewilligung der Witwenrente gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab 01.03.2005 auf, stellte die Rente ab diesem Zeitpunkt neu fest und forderte zu Unrecht erhaltene Leistungen in Höhe von 541,10 EUR gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurück. In der Begründung führte die Beklagte aus, gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG werde bei Zusammentreffen einer Rente mit Zuschlag mit einer weiteren Rente der Zuschlag um den Betrag der weiteren Rente gemindert. Der Zuschlag zur Hinterbliebenenrente (99,05 EUR) sei um die Rente wegen Erwerbsminderung (386,31 EUR) zu kürzen, sodass sich eine Bruttorente von 244,12 EUR ergebe. Den von der Klägerin sowohl gegen den Bescheid über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung als auch gegen den Bescheid über die Neuberechnung der Hinterbliebenenrente erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2006 zurück.
Die Klägerin hat am 19.05.2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben, zuletzt mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides über die Neuberechnung der Witwenrente, und geltend gemacht, die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG sei generell verfassungsrechtlich bedenklich und stelle eine willkürliche Schlechterstellung von Personen dar, die - wie die Klägerin - einen Zuschlag beziehen würden im Gegensatz zu denjenigen, die mehrere zuschlagsfreie Renten erhielten.
Mit Urteil vom 28.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, die Beklagte habe § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG zutreffend angewandt, diese Vorschrift sei auch nicht verfassungswidrig (Anschluss an Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.03.2002, L 16 LW 10/99 und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.10.2003, L 10 LW 1/03). Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und des § 50 SGB X seien erfüllt.
Gegen das am 16.03.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.04.2007 Berufung eingelegt. Sie hält die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG weiterhin für verfassungswidrig. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Erwerb von Rentenanwartschaften ein eigentumsgleiches Recht darstelle, dies gelte auch für Renten nach dem ALG und die Hinterbliebenenversorgung, weshalb § 97 Abs. 6 ALG gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoße. Außerdem verletze § 97 Abs. 6 ALG auch Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28.02.2007 und den Bescheid der Beklagten über die Neuberechnung der Hinterbliebenenrente vom 01.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt unter Hinweis auf eine Entscheidung des Senats vom 30.01.2003 (L 10 LW 1795/02) die Auffassung, die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG sei verfassungsgemäß.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist (nur noch) der Bescheid vom 01.08.2005 über die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte inhaltlich den mit Bescheid vom 15.11.2004 (erneut) zugebilligten Zuschlag nach § 97 ALG in Höhe von monatlich 99,05 EUR mit Wirkung ab 01.03.2005 aufgehoben.
Rechtsgrundlage dieses Verwaltungsaktes ist § 48 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Eine wesentliche Änderung der dem Bescheid vom 15.11.2004 zu Grunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse ist insofern eingetreten, als die Klägerin auf Grund des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 01.08.2005 ab 01.03.2005 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte gemäß § 13 Abs. 1 ALG in Höhe von 386,31 EUR brutto und ohne Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG erhält und somit Einkommen in dieser Höhe erzielt. Dies führt gemäß § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG zur Minderung des Hinterbliebenenrentenanspruchs der Klägerin, denn nach dieser Vorschrift mindert sich der Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG bei Zusammentreffen einer nach § 97 Abs. 1 bis 5 ALG berechneten Rente (also einer solchen mit einem Zuschlag) mit einer weiteren Rente, die nicht nach § 97 Abs. 1 bis 5 ALG zu berechnen ist (also eine solche ohne Zuschlag), um den Betrag dieser weiteren Rente. Der Zuschlag zur Hinterbliebenenrente der Klägerin in Höhe von 99,05 EUR (siehe bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004) mindert sich somit um den Betrag der bestandskräftig bewilligten Rente der Klägerin wegen voller Erwerbsminderung an Landwirte (386,31 EUR), sodass dieser nicht mehr zur Auszahlung kommt.
Diese Umstände bestreitet die Klägerin auch nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG verfassungskonform. Der zu der Witwenrente gewährte Zuschlag nach § 97 Abs. 1 ALG stellt eine Übergangsregelung wegen der umfassenden Reform der Alterssicherung für Landwirte dar, die der Gesetzgeber mit dem zum 01.01.1995 in Kraft getretenen ALG vollzogen hat (BT-Drucks. 12/5700, S. 65). Durch die Reform der Altersicherung der Landwirte erfolgte eine eigenständige Absicherung der Ehegatten von Landwirten im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, zudem wurde eine Linearisierung der Leistungsgewährung eingeführt (BT-Drucks. a.a.O., S. 63, 65). Durch den Zuschlag wird im Rahmen einer Übergangsregelung die Differenz zwischen der nach altem Recht (Gesetz über die Altershilfe für Landwirte - GAL) und neuem Recht (ALG) berechneten Rente ausgeglichen. Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Einführung der eigenständigen Sicherung der Bäuerin zu sehen, die vorsieht, dass Beitragszeiten, die der nach dem GAL beitragspflichtige Landwirt vor 1995 zurückgelegt hat, auch zu Gunsten seines Ehegatten wirken (BT-Drucks. a.a.O., S. 86).
Nach § 92 Abs. 1 ALG gelten für Ehegatten, die nach dem 01.01.1930 geboren sind, deren Ehegatte am 01.01.1995 Landwirt nach § 1 Abs. 2 ALG war und die für Januar 1995 Pflichtbeiträge gezahlt haben, für die Ehezeit in der Zeit vom 01.10.1957 bis 31.12.1994, für die der andere Ehegatte Beiträge als Landwirt nach § 14 des GAL gezahlt hat, Beiträge als gezahlt, soweit diese Zeiten nicht vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Ehegatten liegen und für den Ehegatten nicht bereits mit anrechenbaren Beitragszeiten als Landwirt belegt sind. Den ab 01.01.1995 pflichtversicherten Ehegatten werden somit die vom anderen Ehegatten in der Vergangenheit gezahlten Beiträge entsprechend der Ehezeit zugerechnet. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass Beitragszeiten des verstorbenen Ehegatten der Klägerin doppelt berücksichtigt werden. Denn für die Berechnung der eigenen Versichertenrente der Klägerin wegen Erwerbsminderung wurden neben den eigenen Versicherungszeiten der Klägerin (27 Monate) und der Zurechnungszeit (273 Monate) Beitragszeiten ihres verstorbenen Ehemannes in einem Umfang von 131 Monaten (vom Zeitpunkt der Eheschließung am 10.02.1984 bis 31.12.1994) hinzugerechnet. Diese sind aber auch Grundlage der von der Klägerin bezogenen Hinterbliebenenrente.
Durch die Regelung des § 97 Abs. 6 ALG soll vermieden werden, dass der überlebende Ehegatte insgesamt eine Rentenleistung erhält, die sowohl höher ist, als die Rentenleistung, die sich nach altem Recht ergäbe, als auch höher als die Rentenleistung, die sich bei ausschließlicher Anwendung neuen Rechts ergibt (BT-Drucks. a.a.O., S. 87). Nach der Gesetzesbegründung (a. a. O.) hat diese Regelung insbesondere Bedeutung für Renten aus eigener Versicherung, die auf Beitragszeiten des Ehegatten beruhen. Diese Erwägung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Insbesondere liegt entgegen der Auffassung der Klägerin ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG, wie der Senat bereits mit Urteil vom 30.01.2003 (L 10 LW 1795/02) entschieden hat, nicht vor (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.03.2002, L 16 LW 10/99 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.10.2003, L 10 LW 1/03). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Hinterbliebenenrente der Klägerin bzw. der Zuschlag zu dieser Rente nicht dem Eigentumsschutz unterliegt. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 18.02.1998 (1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 in SozR 3-2940 § 58 Nr. 1) zur gesetzlichen Rentenversicherung dargelegt hat, beruht die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung und es fehlt an einem hinreichenden personalen Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente, sodass die Hinterbliebenenversorgung keine Rechtsposition begründet, die dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterliegt. Jeder Versicherte trägt über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung der Hinterbliebenen bei, ohne dass der verheiratete Versicherte - trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten - einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten müsste. Die Hinterbliebenenrente stellt somit eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar, zumal sie ohne Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird. Insgesamt dient sie damit der Sicherung der Familienangehörigen im Rahmen des dem Sozialversicherungssystem eigenen Gedankens des sozialen Ausgleichs (vgl. BVerfG, a. a. O., s. auch BSG, Urteil vom 13.03.2002, B 8 Kn 4/00 R in SozR 3-2600 § 93 Nr. 11). Diese Erwägungen gelten, jedenfalls soweit - wie vorliegend - der Witwenrente keine eigenen Beitragsleistungen des Hinterbliebenen zu Grunde liegen, auch für landwirtschaftliche Hinterbliebenenrenten. Soweit die Klägerin geltend macht, kleinere und mittlere Betriebe könnten die Beiträge nur erwirtschaften, wenn der Ehepartner entgeltfrei mitarbeite, vermag dies zu keinem anderen Ergebnis zu führen, denn allein die Mitarbeit im Betrieb ist einer eigenen Beitragsleistung nicht gleichzustellen. Im Übrigen werden - wie oben dargelegt - die während der Ehezeit und bis zum Inkrafttreten des ALG geleisteten Beiträge des verstorbenen Ehemannes der Klägerin (von Februar 1984 bis 31.12.1994) sowohl bei der Berechnung der Witwenrente (ohne Zuschlag) als auch bei der eigenen Versichertenrente der Klägerin berücksichtigt.
Die Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat die Klägerin bereits selbst nicht substantiiert dargelegt. Soweit sie geltend macht, die Vorschrift stelle eine willkürliche Schlechterstellung von Personen dar, die einen Zuschlag beziehen gegenüber denjenigen, die mehrere zuschlagsfreie Renten erhalten, ist dies nicht nachvollziehbar. Die gesetzliche Regelung des § 97 Abs. 6 Satz 2 ALG führt lediglich dazu, dass sich der Zuschlag zu der Witwenrente der Klägerin um die eigene Rente der Klägerin wegen Erwerbsminderung mindert und somit - im Fall der Klägerin - nicht zur Auszahlung kommt. Dies führt letztlich dazu, dass die Klägerin zwei "zuschlagsfreie" Renten ausgezahlt bekommt. Eine Ungleichbehandlung liegt somit nicht vor.
Die Pflicht zur Rückzahlung des von der Beklagten zutreffend ermittelten Überzahlungsbetrages ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Fehler in der Berechnung sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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