Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1607/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2498/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17.04.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 25.03.2003 bis 31.05.2003 die Gewährung von Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich 160 EUR.
Der am 1955 geborene Kläger zog sich am 08.05.1992 bei einem Arbeitsunfall u.a. eine Patellafraktur rechts zu. Wegen der Unfallfolgen wurde er vom 10.02.2003 bis 07.03.2003 stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. behandelt, anschließend war er wegen der Unfallfolgen bis 04.11.2003 arbeitsunfähig und hat er für die Zeit vom 01.06. bis 04.11.2003 Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich 160 EUR (satzungsmäßiger Höchstbetrag) erhalten (Bescheid vom 17.10.2006).
Der Kläger ist seit Dezember 1998 als Geschäftsführer der Firma F. Elektronik GmbH tätig. Den Geschäftsführervertrag schloss er mit sich selbst unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Vertretung der Gesellschaft. § 11 des Geschäftsführervertrages "Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall" lautet: "Im Falle der Erkrankung des Geschäftsführers zahlt die Firma dessen monatliches Bruttogehalt für die Dauer von drei Monaten, beginnend mit dem Ende des Kalendermonats, in den der Beginn der Krankheit fällt. Jedoch wird das jeweils auszuzahlende Nettomonatsgehalt um den Betrag gekürzt, den der Geschäftsführer kraft Gesetzes eventuell von der für ihn zuständigen Krankenkasse erhält."
Für die Zeit von März 2003 bis einschließlich Mai 2003 zahlte die Firma F. Elektronik GmbH dem Kläger das Gehalt (im Einzelnen s. Bl. 16 ff. der LSG-Akte) weiter, nach einem von der als Buchhalterin mit Kontovollmacht und "Vertretungsbefugnis in Absprache mit dem" Kläger ausgestatteten, in der GmbH beschäftigten Ehefrau des Klägers verfassten Schreiben vom 25.03.2003 unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit Bescheid vom 25.03.2003 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld ab 10.02.2003 bis zur Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs (31.05.2003) ab. Bei der Gewährung von Verletztengeld handele es sich um eine nachrangige Leistung, sodass ein Anspruch auf Verletztengeld nicht bestehe, sofern dem Kläger Entgeltfortzahlung zustehe.
Hiergegen hat der Kläger am 21.07.2003 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben (S 2 U 1836/03) und geltend gemacht, aus § 52 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ergebe sich, dass auf das Verletztengeld nur Arbeitseinkommen angerechnet werden dürfe, das für den gleichen Zeitraum vom Arbeitgeber geschuldet und auch tatsächlich ausbezahlt werde. § 11 des Geschäftsführervertrages sei sinngemäß so zu interpretieren, dass die für die jeweilige Erkrankung zuständige Sozialversicherungskasse gemeint sei. Krankenkasse im Sinne dieser Vorschrift sei also die Berufsgenossenschaft. Die vertragliche Regelung sei nicht anders zu interpretieren, als wenn ein Zuschuss zum Nettoverdienst vereinbart sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, § 11 Satz 1 des Geschäftsführervertrages begründe eindeutig einen Anspruch auf Fortzahlung des Bruttoarbeitsentgelts für die Dauer von drei Monaten. Satz 2 sei nicht verständlich, stehe zu der eindeutigen Bestimmung des Satzes 1 in Widerspruch und könne daher keine Rechtswirkung entfalten. Eine Umdeutung dahingehend, dass der Arbeitgeber den Spitzbetrag zwischen Verletztengeld und Nettoarbeitsentgelt lediglich auffülle, komme nicht in Betracht, da tatsächlich das Bruttoarbeitsentgelt gezahlt worden sei.
Gegen den am 20.04.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.05.2007 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe entsprechend § 11 seines Geschäftsführervertrages kein Arbeitseinkommen für sonstige Versicherte erhalten, die Zahlung des Unternehmens sei vielmehr ausschließlich als Vorschussleistung auf das vom Sozialversicherungsträger zu erwartende Verletztengeld in dessen Höhe zu sehen. Seine Auffassung finde ihre Stütze auch in § 52 SGB VII, wonach Zuschüsse des Arbeitgebers zum Verletztengeld nicht als Arbeitsentgelt gelten würden, soweit sie zusammen mit dem Verletztengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Gerade dies habe § 11 des Geschäftsführervertrages regeln wollen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17.04.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld für die Zeit vom 25.03.2003 bis 31.05.2003 in Höhe von kalendertäglich 160 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld.
Nach § 45 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte in Folge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können (Nr. 1) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung u.a. Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatten (Nr. 2).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil der Kläger in Folge des Versicherungsfalles vom 08.05.1992 arbeitsunfähig war und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitseinkommen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erzielte. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten, wie die Höhe des in Rede stehenden Verletztengeldes.
Auf das Verletztengeld wird allerdings gemäß § 52 Nr. 1 erster Halbsatz SGB VII gleichzeitig erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das bei Arbeitnehmern um die gesetzlichen Abzüge und bei sonstigen Versicherten um 20 v.H. vermindert ist, angerechnet. Zuschüsse des Arbeitgebers zum Verletztengeld galten nach dem bis zum 29.03.2005 geltenden dritten Halbsatz dieser Regelung (s. jetzt § 23c Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) nicht als Arbeitsentgelt, soweit sie zusammen mit dem Verletztengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht überstiegen.
Die an den Kläger für seine Tätigkeit als Geschäftsführer von der Firma F. Elektronik GmbH für den streitigen Zeitraum tatsächlich gezahlte Tätigkeitsvergütung in Höhe von 7.891,23 EUR (Auszahlungsbetrag nach Abzug von Steuern: 5.663,43 EUR) ist Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB VI (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1995, 2 RU 41/94 in SozR 3-2200 § 560 Nr. 2). Anzurechnen sind somit nach Abzug der o.g. Pauschale von 20 v.H. monatlich 6312,98 EUR. Dies ist mehr als das dem Kläger dem Grunde nach zustehende monatliche Verletztengeld (4.800,00 EUR).
Der Anrechnung dieser Tätigkeitsvergütung steht § 11 des Geschäftsführervertrages und der von der Ehefrau des Klägers gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 25.03.2003 erklärte Vorbehalt der Rückforderung nicht entgegen. Dieser Rückforderungsvorbehalt geht ins Leere, da dem Kläger auf Grund der Regelung des § 11 seines Geschäftsführervertrages für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Fortzahlung seiner Tätigkeitsvergütung rechtlich zustand. In § 11 des Geschäftsführervertrages ist geregelt, dass für den Fall der Erkrankung des Klägers die Firma F. Elektronik GmbH diesem das monatliche Bruttogehalt für die Dauer von drei Monaten, beginnend mit dem Ende des Kalendermonats, in den der Beginn der Krankheit fällt, fortzahlt. Daraus ergibt sich ein Fortzahlungsanspruch bis 31.05.2005. Satz 2 des § 11 des Geschäftsführervertrages steht diesem Anspruch nicht entgegen. Danach wird das auszuzahlende Nettomonatsgehalt um den Betrag gekürzt, den der Kläger kraft Gesetzes eventuell von der für ihn zuständigen Krankenkasse erhält. Diese Vertragsklausel ist hier nicht einschlägig. Im vorliegenden Fall handelt es sich nämlich nicht um eine Leistung der Krankenkasse, sondern um eine solche der Berufsgenossenschaft.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Krankenkasse im Sinne der Regelung auch die Berufsgenossenschaft bzw. der jeweils für die Erkrankung zuständige Sozialleistungsträger ist. Dem steht schon der eindeutige Wortlaut der Klausel entgegen: Aufgeführt ist ausschließlich die für den Kläger "zuständige Krankenkasse". Berufsgenossenschaften aber sind keine Krankenkassen.
Der vom Kläger behaupteten Auslegung widerspricht auch die Regelung in § 12 des Geschäftsführervertrages über eine Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten bei der zuständigen Berufsgenossenschaft. Hieraus wird deutlich, dass dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses - auf Grund der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (§ 2 Nr. 3 des Geschäftsführervertrages) mit sich selbst - die gesetzliche Unfallversicherung und deren Leistungsträger, die Berufsgenossenschaften, bekannt und bewusst waren. Wenn er dann den Inhalt der Regelung des § 11 seines Geschäftsführervertrages gerade nicht auf Leistungen der Berufsgenossenschaft erweitert, muss er sich am Wortlaut des Vertrages festhalten lassen.
Vergleichbares gilt für die Behauptung, es sei eine Regelung gewollt gewesen, die § 52 Nr. 1 dritter Halbsatz SGB VII (der damaligen Fassung) entspricht, also die die Gewährung eines Zuschusses vorsieht. Von einem bloßen Zuschuss ist aber nirgendwo die Rede. Im Übrigen spricht der damalige Wortlaut des § 52 Nr. 1 dritter Halbsatz SGB VII ohnehin gegen den Kläger: Erfasst wird nur Arbeitsentgelt, der Kläger bezog aber Arbeitseinkommen.
Schließlich und nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger den von ihm nun behaupteten Inhalt des § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages ohnehin erst nach rechtskundiger "Beratung" darstellen konnte. Denn mit Schreiben vom 14.03.2003 (Bl. 356 der Verwaltungsakte) teilte seine Ehefrau der Beklagten "i.V." die Interpretation der Vertragsklausel als Ergebnis einer Besprechung zwischen Steuerberater und dessen Rechtsanwalt mit. Dies zeigt, dass sich der Kläger - wenn überhaupt - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine über den bloßen Wortlaut hinausgehenden Gedanken über den Inhalt des § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages gemacht hatte. Damit kann aber der Klausel nicht im Wege der Auslegung eine Bedeutung zugemessen werden, die ihrem Wortlaut entgegensteht und dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und bis zum Auftreten der hier in Rede stehenden Problematik gar nicht gewärtig war, die also gar nicht von seinem, ausschlaggebenden (§ 133 BGB), rechtsgeschäftlichen wirklichen Willen umfasst war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 25.03.2003 bis 31.05.2003 die Gewährung von Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich 160 EUR.
Der am 1955 geborene Kläger zog sich am 08.05.1992 bei einem Arbeitsunfall u.a. eine Patellafraktur rechts zu. Wegen der Unfallfolgen wurde er vom 10.02.2003 bis 07.03.2003 stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. behandelt, anschließend war er wegen der Unfallfolgen bis 04.11.2003 arbeitsunfähig und hat er für die Zeit vom 01.06. bis 04.11.2003 Verletztengeld in Höhe von kalendertäglich 160 EUR (satzungsmäßiger Höchstbetrag) erhalten (Bescheid vom 17.10.2006).
Der Kläger ist seit Dezember 1998 als Geschäftsführer der Firma F. Elektronik GmbH tätig. Den Geschäftsführervertrag schloss er mit sich selbst unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Vertretung der Gesellschaft. § 11 des Geschäftsführervertrages "Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall" lautet: "Im Falle der Erkrankung des Geschäftsführers zahlt die Firma dessen monatliches Bruttogehalt für die Dauer von drei Monaten, beginnend mit dem Ende des Kalendermonats, in den der Beginn der Krankheit fällt. Jedoch wird das jeweils auszuzahlende Nettomonatsgehalt um den Betrag gekürzt, den der Geschäftsführer kraft Gesetzes eventuell von der für ihn zuständigen Krankenkasse erhält."
Für die Zeit von März 2003 bis einschließlich Mai 2003 zahlte die Firma F. Elektronik GmbH dem Kläger das Gehalt (im Einzelnen s. Bl. 16 ff. der LSG-Akte) weiter, nach einem von der als Buchhalterin mit Kontovollmacht und "Vertretungsbefugnis in Absprache mit dem" Kläger ausgestatteten, in der GmbH beschäftigten Ehefrau des Klägers verfassten Schreiben vom 25.03.2003 unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit Bescheid vom 25.03.2003 und Widerspruchsbescheid vom 02.07.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztengeld ab 10.02.2003 bis zur Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruchs (31.05.2003) ab. Bei der Gewährung von Verletztengeld handele es sich um eine nachrangige Leistung, sodass ein Anspruch auf Verletztengeld nicht bestehe, sofern dem Kläger Entgeltfortzahlung zustehe.
Hiergegen hat der Kläger am 21.07.2003 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben (S 2 U 1836/03) und geltend gemacht, aus § 52 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ergebe sich, dass auf das Verletztengeld nur Arbeitseinkommen angerechnet werden dürfe, das für den gleichen Zeitraum vom Arbeitgeber geschuldet und auch tatsächlich ausbezahlt werde. § 11 des Geschäftsführervertrages sei sinngemäß so zu interpretieren, dass die für die jeweilige Erkrankung zuständige Sozialversicherungskasse gemeint sei. Krankenkasse im Sinne dieser Vorschrift sei also die Berufsgenossenschaft. Die vertragliche Regelung sei nicht anders zu interpretieren, als wenn ein Zuschuss zum Nettoverdienst vereinbart sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, § 11 Satz 1 des Geschäftsführervertrages begründe eindeutig einen Anspruch auf Fortzahlung des Bruttoarbeitsentgelts für die Dauer von drei Monaten. Satz 2 sei nicht verständlich, stehe zu der eindeutigen Bestimmung des Satzes 1 in Widerspruch und könne daher keine Rechtswirkung entfalten. Eine Umdeutung dahingehend, dass der Arbeitgeber den Spitzbetrag zwischen Verletztengeld und Nettoarbeitsentgelt lediglich auffülle, komme nicht in Betracht, da tatsächlich das Bruttoarbeitsentgelt gezahlt worden sei.
Gegen den am 20.04.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.05.2007 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe entsprechend § 11 seines Geschäftsführervertrages kein Arbeitseinkommen für sonstige Versicherte erhalten, die Zahlung des Unternehmens sei vielmehr ausschließlich als Vorschussleistung auf das vom Sozialversicherungsträger zu erwartende Verletztengeld in dessen Höhe zu sehen. Seine Auffassung finde ihre Stütze auch in § 52 SGB VII, wonach Zuschüsse des Arbeitgebers zum Verletztengeld nicht als Arbeitsentgelt gelten würden, soweit sie zusammen mit dem Verletztengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Gerade dies habe § 11 des Geschäftsführervertrages regeln wollen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 17.04.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 25.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztengeld für die Zeit vom 25.03.2003 bis 31.05.2003 in Höhe von kalendertäglich 160 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld.
Nach § 45 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte in Folge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können (Nr. 1) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung u.a. Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen hatten (Nr. 2).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil der Kläger in Folge des Versicherungsfalles vom 08.05.1992 arbeitsunfähig war und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitseinkommen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erzielte. Dies ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten, wie die Höhe des in Rede stehenden Verletztengeldes.
Auf das Verletztengeld wird allerdings gemäß § 52 Nr. 1 erster Halbsatz SGB VII gleichzeitig erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das bei Arbeitnehmern um die gesetzlichen Abzüge und bei sonstigen Versicherten um 20 v.H. vermindert ist, angerechnet. Zuschüsse des Arbeitgebers zum Verletztengeld galten nach dem bis zum 29.03.2005 geltenden dritten Halbsatz dieser Regelung (s. jetzt § 23c Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) nicht als Arbeitsentgelt, soweit sie zusammen mit dem Verletztengeld das Nettoarbeitsentgelt nicht überstiegen.
Die an den Kläger für seine Tätigkeit als Geschäftsführer von der Firma F. Elektronik GmbH für den streitigen Zeitraum tatsächlich gezahlte Tätigkeitsvergütung in Höhe von 7.891,23 EUR (Auszahlungsbetrag nach Abzug von Steuern: 5.663,43 EUR) ist Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB VI (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1995, 2 RU 41/94 in SozR 3-2200 § 560 Nr. 2). Anzurechnen sind somit nach Abzug der o.g. Pauschale von 20 v.H. monatlich 6312,98 EUR. Dies ist mehr als das dem Kläger dem Grunde nach zustehende monatliche Verletztengeld (4.800,00 EUR).
Der Anrechnung dieser Tätigkeitsvergütung steht § 11 des Geschäftsführervertrages und der von der Ehefrau des Klägers gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 25.03.2003 erklärte Vorbehalt der Rückforderung nicht entgegen. Dieser Rückforderungsvorbehalt geht ins Leere, da dem Kläger auf Grund der Regelung des § 11 seines Geschäftsführervertrages für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Fortzahlung seiner Tätigkeitsvergütung rechtlich zustand. In § 11 des Geschäftsführervertrages ist geregelt, dass für den Fall der Erkrankung des Klägers die Firma F. Elektronik GmbH diesem das monatliche Bruttogehalt für die Dauer von drei Monaten, beginnend mit dem Ende des Kalendermonats, in den der Beginn der Krankheit fällt, fortzahlt. Daraus ergibt sich ein Fortzahlungsanspruch bis 31.05.2005. Satz 2 des § 11 des Geschäftsführervertrages steht diesem Anspruch nicht entgegen. Danach wird das auszuzahlende Nettomonatsgehalt um den Betrag gekürzt, den der Kläger kraft Gesetzes eventuell von der für ihn zuständigen Krankenkasse erhält. Diese Vertragsklausel ist hier nicht einschlägig. Im vorliegenden Fall handelt es sich nämlich nicht um eine Leistung der Krankenkasse, sondern um eine solche der Berufsgenossenschaft.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Krankenkasse im Sinne der Regelung auch die Berufsgenossenschaft bzw. der jeweils für die Erkrankung zuständige Sozialleistungsträger ist. Dem steht schon der eindeutige Wortlaut der Klausel entgegen: Aufgeführt ist ausschließlich die für den Kläger "zuständige Krankenkasse". Berufsgenossenschaften aber sind keine Krankenkassen.
Der vom Kläger behaupteten Auslegung widerspricht auch die Regelung in § 12 des Geschäftsführervertrages über eine Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten bei der zuständigen Berufsgenossenschaft. Hieraus wird deutlich, dass dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses - auf Grund der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (§ 2 Nr. 3 des Geschäftsführervertrages) mit sich selbst - die gesetzliche Unfallversicherung und deren Leistungsträger, die Berufsgenossenschaften, bekannt und bewusst waren. Wenn er dann den Inhalt der Regelung des § 11 seines Geschäftsführervertrages gerade nicht auf Leistungen der Berufsgenossenschaft erweitert, muss er sich am Wortlaut des Vertrages festhalten lassen.
Vergleichbares gilt für die Behauptung, es sei eine Regelung gewollt gewesen, die § 52 Nr. 1 dritter Halbsatz SGB VII (der damaligen Fassung) entspricht, also die die Gewährung eines Zuschusses vorsieht. Von einem bloßen Zuschuss ist aber nirgendwo die Rede. Im Übrigen spricht der damalige Wortlaut des § 52 Nr. 1 dritter Halbsatz SGB VII ohnehin gegen den Kläger: Erfasst wird nur Arbeitsentgelt, der Kläger bezog aber Arbeitseinkommen.
Schließlich und nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger den von ihm nun behaupteten Inhalt des § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages ohnehin erst nach rechtskundiger "Beratung" darstellen konnte. Denn mit Schreiben vom 14.03.2003 (Bl. 356 der Verwaltungsakte) teilte seine Ehefrau der Beklagten "i.V." die Interpretation der Vertragsklausel als Ergebnis einer Besprechung zwischen Steuerberater und dessen Rechtsanwalt mit. Dies zeigt, dass sich der Kläger - wenn überhaupt - im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine über den bloßen Wortlaut hinausgehenden Gedanken über den Inhalt des § 11 Satz 2 des Geschäftsführervertrages gemacht hatte. Damit kann aber der Klausel nicht im Wege der Auslegung eine Bedeutung zugemessen werden, die ihrem Wortlaut entgegensteht und dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und bis zum Auftreten der hier in Rede stehenden Problematik gar nicht gewärtig war, die also gar nicht von seinem, ausschlaggebenden (§ 133 BGB), rechtsgeschäftlichen wirklichen Willen umfasst war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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