Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2757/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 515/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. November 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2006 aufgehoben und es wird festgestellt, dass es sich bei der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 28. Juni bis 15. August 2005 nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat.
Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber tragen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 1.176,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene Ziffer 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 28. Juni bis 15. August 2005 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin betreibt eine Krankengymnastikpraxis. Die 1948 geborene Beigeladene Ziffer 1 war bei ihr ab 28. Juni 2005 als Krankengymnastin (manuelle Therapie und Bobath) im Rahmen eines "Vertrages über freie Mitarbeit" vom 01. Juli 2005 tätig. Dieser sah vor, dass die Beigeladene ab 1. Juli 2005 als freie Mitarbeiterin selbstständig alle mit der Tätigkeit in Verbindung stehende Organisationsarbeit erledige und nicht an Weisungen bezüglich der Behandlungsmethoden gebunden sei, sondern eigenverantwortlich tätig werde. Sie schulde keine Arbeitszeit, sondern übe eine weisungsfreie Tätigkeit aus und könne bei Verhinderung infolge Krankheit oder einem sonstigen Ereignis auf ihre Kosten eine Ersatzkraft mit der Durchführung der bereits festgelegten Termine betrauen. Erholungsfreizeit könne sie nach Belieben nehmen, müsse dies aber im Voraus sechs Wochen vorher ankündigen. Ihr würden die Praxisräume überlassen. Als Honoraranteil erhalte sie 70 % des von ihr erwirtschafteten Umsatzes. Anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ferner Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Leistungen bei Krankheit oder nach dem Mutterschutzgesetz würden nicht gezahlt.
Nachdem die Beigeladene Ziffer 1 der Klägerin in der Folgezeit weder ihre Lohnsteuerkarte vorgelegt noch einen Nachweis über die Zulassung für manuelle Therapie und Bobath erbracht hatte, kündigte ihr die Klägerin fristlos und rechnete auch den August 2005 nur teilweise ab. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 führte sie gegenüber der Beigeladenen Ziffer 1 ergänzend aus, es sei kein Vertrag über freie Mitarbeit zustande gekommen. Die Beigeladene Ziffer 1 sei vielmehr als Kurzzeitbeschäftigte eingestellt gewesen. Denn sie habe keinen Nachweis über ihre Selbstständigkeit erbringen können und auch keine Lohnsteuerkarte vorgelegt.
Die Beigeladene Ziffer 1 rechnete die von ihr durchgeführten Behandlungen - zugeordnet nach Patienten und Krankenkassen - gegenüber der Klägerin in Höhe von insgesamt 2.794,11 EUR ab (Juni 246,04 EUR, Juli 1.275,79 EUR, August 1.272,28 EUR), die ihr nachfolgend 2.066,83 EUR auszahlte.
Aufgrund einer für den Prüfzeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2005 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2006 fest, dass die Beigeladene Ziffer 1 in der Zeit vom 29. Juni (richtig 28. Juni) bis 15. August 2005 bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Hieraus ergebe sich eine Beitragsnachforderung von insgesamt 1.176,57 EUR. Von dem Arbeitsentgelt der Beigeladenen Ziffer 1 seien bereits Beträge einbehalten worden, um u.a. Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger zu bestreiten. Eine Anmeldung bei der Krankenkasse wäre bislang deswegen unterblieben, weil die Arbeitnehmerin die Personalpapiere (z.B. Lohnsteuerkarte) nicht ausgehändigt habe. Es sei zwar vorgesehen gewesen, sie als "freie Mitarbeiterin" zu beschäftigen. Dazu sei es jedoch nicht gekommen, da auch hierzu die entsprechenden Unterlagen (z.B. Gewerbeanmeldung) nicht vorgelegt worden seien. Nach den Ermittlungen sei ein solches Gewerbe auch nie angemeldet worden. Vielmehr sei die Beigeladene Ziffer 1 bei der "neuen BKK" versichert gewesen und dies auch schon im Jahr 2005. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden aus den ermittelten Arbeitsentgelten errechnet.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beigeladene Ziffer 1 sei als freie Mitarbeiterin eingestellt worden. Sie habe damals versichert, über weitere Auftraggeber zu verfügen. Weiterhin habe sie Angaben über berufliche Qualifikationen getätigt, die sich kurz nach Beginn der Tätigkeit als nicht existent herausgestellt hätten. Daraufhin sei der Vertrag fristlos gekündigt worden. Da sie sich nun nicht mehr sicher gewesen wäre, dass die Beigeladene Ziffer 1 korrekte Angaben über den Status ihrer freiberuflichen Tätigkeit gemacht habe, habe sie sich absichern wollen und hilfsweise die Lohnsteuerkarte angefordert. Diese Übergabe sei ihr mit dem Hinweis verweigert worden, die Beigeladene Ziffer 1 habe einen freien Mitarbeitervertrag unterschrieben. Alle in der Massage- und Krankengymnastikpraxis angestellten Mitarbeiter erhielten einen durchschnittlichen Stundensatz in Höhe von 13,00 EUR. Dies zugrunde gelegt würde sich bei der Beigeladenen Ziffer 1 lediglich ein Entgelt von 1.547,- EUR ergeben. Denn sie habe im Juni 11,5 Stunden, im Juli 59 Stunden und im August 48,5 Stunden, d.h. insgesamt 119 Stunden gearbeitet. Statt dem sich daraus ergebenden Betrag von 1.547,- EUR seien der Beigeladenen Ziffer 1 insgesamt 2.066,83 EUR ausgezahlt worden. Bei einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.547,- EUR würde der Gesamtsozialversicherungsbeitrag aber lediglich 676,- EUR betragen. Hierauf setzte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 2006 die Vollziehung des Beitragsbescheides aus und wies mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2006 den Widerspruch mit der Begründung zurück, Physiotherapeuten, Krankengymnasten und ähnliche Berufsgruppen zählten grundsätzlich zu den abhängig Beschäftigten, wenn sie über keine eigene Betriebsstätte verfügten, Arbeitsgeräte und -materialien durch den Betriebsinhaber gestellt würden, sie nur für eine Praxis (einen Auftraggeber) arbeiteten, keine Eigenwerbung betrieben und auch keine eigenen Rechnungen stellten. Würden von den freiberuflich tätigen Mitarbeitern unter diesen Voraussetzungen die gleichen Arbeiten verrichtet wie von den Festangestellten, sei dies ebenfalls ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene Ziffer 1 tatsächlich versicherungspflichtig beschäftigt sei. Auch der beitragsrechtlichen Beurteilung der Klägerin könne nicht gefolgt werden, denn mit der Beigeladenen Ziffer 1 sei ein Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 2.794,11 EUR im Zeitraum vom 29. Juni bis 15. August 2005 vereinbart worden. Hiervon seien bereits 2.066,83 EUR ausbezahlt worden. Dass der Differenzbetrag bisher noch nicht zur Auszahlung gekommen sein soll, sei beitragsrechtlich unbeachtlich. Denn der Beitragsanspruch sei bereits entstanden und werde durch den Verzicht auf das Arbeitsentgelt nicht mehr beseitigt.
Mit ihrer dagegen am 4. Oktober 2006 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, das freie Mitarbeiterverhältnis mit der Beigeladenen Ziffer 1 gemäß dem freien Mitarbeitervertrag sei auch als ein solches gelebt worden. Die Beigeladene Ziffer 1 sei persönlich unabhängig ohne feste Arbeitszeiten, ohne festes Gehalt, ohne Anspruch auf Urlaub oder sonstige Sozialleistungen und mit einem eigenen Unternehmerrisiko (30% pauschale Kosten aus Umsatz für Betriebsstätte, eigene Kundenakquise) tätig gewesen.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2006 hat das SG die Beigeladene Ziffer 1, die gesetzliche Krankenkasse sowie die Bundesagentur für Arbeit zum Rechtsstreit beigeladen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Ehemann der Klägerin, der noch die Abrechnungen der Beigeladene Ziffer 1 vorgelegt hat, im Rahmen eines Erörterungstermins vom 18. April 2007 gehört. Dieser hat u.a. angegeben, die Beigeladene Ziffer 1 habe viele Hausbesuche gemacht, für die sie selbst die Termine vereinbart habe. Wenn telefonische Terminsanfragen gekommen seien, habe diese die Klägerin entgegengenommen und Termine in Abstimmung mit der Beigeladenen Ziffer 1 vereinbart. Die Beigeladene Ziffer 1 habe keine Vorgaben bezüglich der Anwesenheits- und Terminszeiten gehabt. Es sei so gewesen, dass sie im Voraus gesagt habe, zu welchen Zeiten sie da sei. Krank sei sie nie gewesen. Sie habe die Arbeitsmaterialien der Praxis genutzt. Die Beigeladene Ziffer 1 habe ihre Behandlungen der Praxis gegenüber in Rechnung gestellt. Es habe sich um den Betrag gehandelt, der in der ersten Aufstellung enthalten sei. Die Rechnungen gegenüber den Krankenkassen wie die Abrechnung selbst seien von der Praxis gemacht worden. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 21. November 2007, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2007, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene Ziffer 1 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei. Denn die Beigeladene Ziffer 1 habe über keine eigene Betriebsstätte verfügt und die Arbeitsmaterialien der Klägerin benutzt. Sie habe, gerade bei Absage von Terminen bei kurzfristiger Krankheit, keinen Ersatz beschaffen können, so dass sie im Ergebnis Entgelt nur für geleistete Arbeit bekommen hätte. Die vorgelegten Abrechnungen belegten auch eine Aufstellung der von der Beigeladenen Ziffer 1 erbrachten Leistungen. Diese habe kein unternehmerisches Risiko getragen, kein eigenes Kapital eingesetzt, vielmehr seien zum Ersatz der Aufwendungen der Klägerin 30% des Umsatzes von dem zu zahlenden Honorar abgezogen worden. Zwar entspreche der vorgelegte Vertrag im Wesentlichen denen, die von der Rechtsprechung als Grundlage für eine selbstständige Tätigkeit anerkannt worden wären. Die Beigeladene Ziffer 1 habe aber nach den vorliegenden Unterlagen tatsächlich die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit in ihrer Person nicht erfüllt. Sie habe keine Gewerbeanmeldung vorgelegt. Aus diesem Grunde sei sie auch aufgefordert worden, ihre Lohnsteuerkarte abzugeben, welches sie unter Hinweis auf den schriftlich abgeschlossenen Vertrag abgelehnt habe. Die Praxis der Klägerin beschäftige solche angestellte Krankengymnasten. Die Beigeladene Ziffer 1 sei wie diese in den Betrieb eingegliedert worden. Auch die Höhe der zu zahlenden Beiträge sei zutreffend berechnet worden. Nach dem geltenden Entstehungsprinzip komme es für die Höhe der zu zahlenden Beiträge grundsätzlich auf das geschuldete Entgelt an. Dies sei im Falle der Beigeladenen Ziffer 1 ein Betrag von insgesamt 2.794,11 EUR gewesen. Die Voraussetzungen für einen späteren Versicherungsbeginn seien ohne Mitwirkung der Beigeladenen Ziffer 1 nicht zu ermitteln gewesen. Da keine Hinweise dafür vorlägen, dass die Beigeladene Ziffer 1 für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen habe, welches der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspreche, habe man davon abgesehen, eine Zustimmung der Beigeladenen Ziffer 1 zum späteren Versicherungsbeginn zu klären.
Mit ihrer dagegen am 14. Januar 2008 beim SG eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, die Beigeladene Ziffer 1 sei selbstständig und eigenunternehmerinitiativ tätig gewesen. Der abgeschlossene Vertrag sei auch tatsächlich so gelebt worden. Die Beigeladene Ziffer 1 habe in ihrer Praxis als Unternehmerin völlig selbstständig gearbeitet. Durch die Umsatzpacht von 30 % habe sie auch über eine eigene Betriebsstätte verfügt. Sie habe einen eigenen Kundenstamm aquirieren und bedienen müssen. Darin läge ebenfalls ein unternehmerisches Risiko. Die Beigeladene Ziffer 1 habe ihr gegenüber versichert, dass sie ordnungsgemäß ein eigenes Gewerbe angemeldet habe und auch für weitere Auftraggeber tätig sei. Sie habe weiter angegeben, über eine eigene Kranken- und Haftpflichtversicherung zu verfügen. Schließlich seien die nachgeforderten Beiträge nicht richtig berechnet worden. Diese seien vielmehr aus einem Betrag von 1.547,- EUR nach zu berechnen, sodass die Erstattungsforderung allenfalls 519,- EUR betrage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2006 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der Beschäftigung der Beigeladenen Ziffer 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 28. Juni bis 15. August 2005 nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ein Einkommensrisiko dürfe nicht mit Unternehmerrisiken gleichgestellt werden. Dieses Risiko, nämlich keine Arbeit und damit keinen Lohn zu erhalten, trage jeder Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt. Es sei deshalb nicht geeignet, eine selbstständige Tätigkeit nahezulegen oder gar zu begründen. Die Beteiligung an den Kosten mit pauschal 30% des Umsatzes begründe ebenfalls kein Unternehmerrisiko, da die Beigeladene Ziffer 1 die "Gewinnspanne" durch diese Regelung nicht beeinflussen könne. In dem Zusammenhang sei auch ohne Bedeutung, ob ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestehe oder nicht. Dieses stelle lediglich die Versagung von Arbeitnehmerrechten dar und begründe keine selbstständige Tätigkeit.
Mit Beschluss vom 18. März 2008 hat der Senat die Pflegekasse zum Rechtsstreit beigeladen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Der Terminsbeschluss vom 02. September 2008 ist der Beigeladenen Ziffer 1, nachdem die Gemeinde U. mitgeteilt hat, es sei nicht bekannt, wo diese wohnhaft sei, öffentlich zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, denn die erforderliche Berufungssumme wird überschritten. Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Beigeladene Ziffer 1 war vom 28. Juni bis 15. August 2005 nicht abhängig beschäftigt und unterlag deshalb nicht der Sozialversicherungspflicht.
Dass die Beklagte für die Prüfung der Sozialversicherungspflicht zuständig ist, folgt aus § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach überprüft sie bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und die sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die in Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Insbesondere prüft sie hierbei die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Nach Satz 5 der Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen dieser Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist die selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist dabei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff.; SozR 3-2490 § 7 Nr. 13; SozR 3-3400 § 7 Nr. 15, jeweils m.w.N.; zuletzt Urteil des BSG vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist die Beigeladenen Ziffer 1 im streitigen Zeitraum bei der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Senat hat deswegen das angefochtene Urteil des SG aufgehoben und der Klage stattgegeben.
Zwischen den Klägerinnen und der Beigeladenen Ziffer 1 bestand kein Arbeitsverhältnis. Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 war der mit den Klägerinnen geschlossene Vertrag vom 1. Juli 2005, nach dem sie in deren Praxis ihren Beruf als Krankengymnastin als freie Mitarbeiterin ausüben sollte (so bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr. 96 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung). Die beiden Vertragsparteien haben diesen Vertag auch ernstlich abgeschlossen. Unter Hinweis auf den geschlossenen Vertrag hat die Beigeladene Ziffer 1 nämlich die Zusendung einer Lohnsteuerkarte mit Schreiben vom 15. September 2005 auch ausdrücklich verweigert. Nach dem Inhalt dieser vertraglichen Regelung wurde kein Arbeitsverhältnis und keine abhängige Beschäftigung begründet, sondern eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1. Sie nahm danach zwar die Praxisräume der Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit in Anspruch und rechnete mangels eigener Kassenzulassung ihre Behandlungsentgelte über die Klägerin mit den Krankenkassen ab, wofür den Klägerin 30 % ihrer Abrechnungsbeträge belassen wurde. Ansonsten führte sie ihre Tätigkeit jedoch eigenverantwortlich aus. Zwar ist die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nach öffentlichem Recht zu beurteilen; dieses verweist, soweit die Versicherungspflicht von einer Beschäftigung abhängt, für deren Begriff auf objektive Merkmale, die der Disposition des Vertragschließenden grundsätzlich entzogen sind. Dennoch können auch vertragliche Abreden der Beteiligten für die Frage der Versicherungspflicht Bedeutung haben. Das gilt insbesondere dann, wenn wie hier die Beziehungen der Beteiligten tatsächlich entsprechend den getroffenen Abreden gestaltet worden sind. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht ihre Beziehung nicht entsprechend den vertraglichen Bestimmungen gestaltet haben. Denn die Beigeladene Ziffer 1 war, wie das insbesondere die Befragung des Ehemanns der Klägerin in dem Erörterungstermin ergeben hat, in ihrer Berufsausübung, insbesondere was die Termingestaltung wie auch die konkrete Behandlung der jeweiligen Patienten anbelangt, weitestgehend frei gewesen. Sie hat eigene Patienten mitgebracht und ihre Arbeitszeiten nach eigenem Ermessen eingeteilt. Es wurde auch in der Praxis die Vergütung der fest angestellten Krankengymnasten abweichend von der der Beigeladenen Ziffer 1 gehandhabt. Letztere erhielten einen Bruttolohn von 13 EUR pro Stunde, während die Beigeladene Ziffer 1 siebzig Prozent des Honorars erhielt. Sie hat auch eigene Rechnungen der Klägerin gestellt, was belegt, dass sie nicht die Patienten der Klägerin behandelt hat. In diesem Zusammenhang ist unbeachtlich, dass die Beigeladene Ziffer 1 das Gewerbe nicht angemeldet hat. Denn sie hat der Klägerin glaubhaft versichert, über eine solche Gewerbeanmeldung zu verfügen, andernfalls wäre es zu dem Vertragsverhältnis nicht gekommen, wie auch noch einmal der klägerische Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung dem Senat versichert hat. Es kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass sich die Beigeladene Ziffer 1 vertragswidrig verhalten hat, zumal die Klägerin nach Bekanntwerden sofort das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt hat. Auch dies belegt, dass die Klägerin die Beigeladene Ziffer 1 nicht als Angestellte beschäftigen wollte. Hinsichtlich des Fehlens einer Kassenzulassung der Beigeladenen Ziffer 1 mit der Folge, nicht zur Abrechnung ihrer Leistungen gegenüber den Krankenkassen berechtigt gewesen zu sei, diese Berechtigung vielmehr allein der Klägerin zugestanden hat, gilt nichts anderes. Die Tatsache, dass eine Krankengymnastin noch nicht zu den Krankenkassen zugelassen, d.h. noch nicht berechtigt ist, die von ihr gegenüber Kassenpatienten erbrachten Leistungen selbst bei den Krankenkassen abzurechnen, schließt eine freie Mitarbeit in einer Praxis nicht aus (so ausdrücklich BSG a.a.O.).
Die Beigeladene Ziffer 1 war somit in der Ausübung ihrer Tätigkeit auch tatsächlich frei gewesen. Sie hat die Patienten selbst angenommen, ihre Arbeitszeiten nach eigenem Ermessen eingeteilt und abgesehen von den Kassenabrechnungen über die Klägerin auf eigenes Risiko gearbeitet. Bei dieser Sachlage gelangt der Senat nach der von der Rechtsprechung geforderten Abwägung der Tätigkeitsmerkmale zu der Überzeugung, dass die Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 als selbständige Tätigkeit anzusehen ist, weil die darauf hinweisenden Merkmale bei weitem überwiegen (LSG Saarland, Urteil vom 26.01.2006, L 1 RJ 11/03). Die Beigeladene Ziffer 1 war daher in der streitbefangenen Zeit bei der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auf die Berufung der Klägerin war daher das Urteil aufzuheben, wobei die Kostenentscheidung auf § 197a SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Der Streitwert wird im Hinblick auf die von der Beklagten mitgeteilten im Streit stehenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach §§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. 63 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 1.176,57 EUR festgesetzt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber tragen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 1.176,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene Ziffer 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 28. Juni bis 15. August 2005 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Klägerin betreibt eine Krankengymnastikpraxis. Die 1948 geborene Beigeladene Ziffer 1 war bei ihr ab 28. Juni 2005 als Krankengymnastin (manuelle Therapie und Bobath) im Rahmen eines "Vertrages über freie Mitarbeit" vom 01. Juli 2005 tätig. Dieser sah vor, dass die Beigeladene ab 1. Juli 2005 als freie Mitarbeiterin selbstständig alle mit der Tätigkeit in Verbindung stehende Organisationsarbeit erledige und nicht an Weisungen bezüglich der Behandlungsmethoden gebunden sei, sondern eigenverantwortlich tätig werde. Sie schulde keine Arbeitszeit, sondern übe eine weisungsfreie Tätigkeit aus und könne bei Verhinderung infolge Krankheit oder einem sonstigen Ereignis auf ihre Kosten eine Ersatzkraft mit der Durchführung der bereits festgelegten Termine betrauen. Erholungsfreizeit könne sie nach Belieben nehmen, müsse dies aber im Voraus sechs Wochen vorher ankündigen. Ihr würden die Praxisräume überlassen. Als Honoraranteil erhalte sie 70 % des von ihr erwirtschafteten Umsatzes. Anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ferner Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Leistungen bei Krankheit oder nach dem Mutterschutzgesetz würden nicht gezahlt.
Nachdem die Beigeladene Ziffer 1 der Klägerin in der Folgezeit weder ihre Lohnsteuerkarte vorgelegt noch einen Nachweis über die Zulassung für manuelle Therapie und Bobath erbracht hatte, kündigte ihr die Klägerin fristlos und rechnete auch den August 2005 nur teilweise ab. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 führte sie gegenüber der Beigeladenen Ziffer 1 ergänzend aus, es sei kein Vertrag über freie Mitarbeit zustande gekommen. Die Beigeladene Ziffer 1 sei vielmehr als Kurzzeitbeschäftigte eingestellt gewesen. Denn sie habe keinen Nachweis über ihre Selbstständigkeit erbringen können und auch keine Lohnsteuerkarte vorgelegt.
Die Beigeladene Ziffer 1 rechnete die von ihr durchgeführten Behandlungen - zugeordnet nach Patienten und Krankenkassen - gegenüber der Klägerin in Höhe von insgesamt 2.794,11 EUR ab (Juni 246,04 EUR, Juli 1.275,79 EUR, August 1.272,28 EUR), die ihr nachfolgend 2.066,83 EUR auszahlte.
Aufgrund einer für den Prüfzeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2005 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2006 fest, dass die Beigeladene Ziffer 1 in der Zeit vom 29. Juni (richtig 28. Juni) bis 15. August 2005 bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Hieraus ergebe sich eine Beitragsnachforderung von insgesamt 1.176,57 EUR. Von dem Arbeitsentgelt der Beigeladenen Ziffer 1 seien bereits Beträge einbehalten worden, um u.a. Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger zu bestreiten. Eine Anmeldung bei der Krankenkasse wäre bislang deswegen unterblieben, weil die Arbeitnehmerin die Personalpapiere (z.B. Lohnsteuerkarte) nicht ausgehändigt habe. Es sei zwar vorgesehen gewesen, sie als "freie Mitarbeiterin" zu beschäftigen. Dazu sei es jedoch nicht gekommen, da auch hierzu die entsprechenden Unterlagen (z.B. Gewerbeanmeldung) nicht vorgelegt worden seien. Nach den Ermittlungen sei ein solches Gewerbe auch nie angemeldet worden. Vielmehr sei die Beigeladene Ziffer 1 bei der "neuen BKK" versichert gewesen und dies auch schon im Jahr 2005. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden aus den ermittelten Arbeitsentgelten errechnet.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Beigeladene Ziffer 1 sei als freie Mitarbeiterin eingestellt worden. Sie habe damals versichert, über weitere Auftraggeber zu verfügen. Weiterhin habe sie Angaben über berufliche Qualifikationen getätigt, die sich kurz nach Beginn der Tätigkeit als nicht existent herausgestellt hätten. Daraufhin sei der Vertrag fristlos gekündigt worden. Da sie sich nun nicht mehr sicher gewesen wäre, dass die Beigeladene Ziffer 1 korrekte Angaben über den Status ihrer freiberuflichen Tätigkeit gemacht habe, habe sie sich absichern wollen und hilfsweise die Lohnsteuerkarte angefordert. Diese Übergabe sei ihr mit dem Hinweis verweigert worden, die Beigeladene Ziffer 1 habe einen freien Mitarbeitervertrag unterschrieben. Alle in der Massage- und Krankengymnastikpraxis angestellten Mitarbeiter erhielten einen durchschnittlichen Stundensatz in Höhe von 13,00 EUR. Dies zugrunde gelegt würde sich bei der Beigeladenen Ziffer 1 lediglich ein Entgelt von 1.547,- EUR ergeben. Denn sie habe im Juni 11,5 Stunden, im Juli 59 Stunden und im August 48,5 Stunden, d.h. insgesamt 119 Stunden gearbeitet. Statt dem sich daraus ergebenden Betrag von 1.547,- EUR seien der Beigeladenen Ziffer 1 insgesamt 2.066,83 EUR ausgezahlt worden. Bei einem Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.547,- EUR würde der Gesamtsozialversicherungsbeitrag aber lediglich 676,- EUR betragen. Hierauf setzte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 2006 die Vollziehung des Beitragsbescheides aus und wies mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2006 den Widerspruch mit der Begründung zurück, Physiotherapeuten, Krankengymnasten und ähnliche Berufsgruppen zählten grundsätzlich zu den abhängig Beschäftigten, wenn sie über keine eigene Betriebsstätte verfügten, Arbeitsgeräte und -materialien durch den Betriebsinhaber gestellt würden, sie nur für eine Praxis (einen Auftraggeber) arbeiteten, keine Eigenwerbung betrieben und auch keine eigenen Rechnungen stellten. Würden von den freiberuflich tätigen Mitarbeitern unter diesen Voraussetzungen die gleichen Arbeiten verrichtet wie von den Festangestellten, sei dies ebenfalls ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene Ziffer 1 tatsächlich versicherungspflichtig beschäftigt sei. Auch der beitragsrechtlichen Beurteilung der Klägerin könne nicht gefolgt werden, denn mit der Beigeladenen Ziffer 1 sei ein Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 2.794,11 EUR im Zeitraum vom 29. Juni bis 15. August 2005 vereinbart worden. Hiervon seien bereits 2.066,83 EUR ausbezahlt worden. Dass der Differenzbetrag bisher noch nicht zur Auszahlung gekommen sein soll, sei beitragsrechtlich unbeachtlich. Denn der Beitragsanspruch sei bereits entstanden und werde durch den Verzicht auf das Arbeitsentgelt nicht mehr beseitigt.
Mit ihrer dagegen am 4. Oktober 2006 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, das freie Mitarbeiterverhältnis mit der Beigeladenen Ziffer 1 gemäß dem freien Mitarbeitervertrag sei auch als ein solches gelebt worden. Die Beigeladene Ziffer 1 sei persönlich unabhängig ohne feste Arbeitszeiten, ohne festes Gehalt, ohne Anspruch auf Urlaub oder sonstige Sozialleistungen und mit einem eigenen Unternehmerrisiko (30% pauschale Kosten aus Umsatz für Betriebsstätte, eigene Kundenakquise) tätig gewesen.
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2006 hat das SG die Beigeladene Ziffer 1, die gesetzliche Krankenkasse sowie die Bundesagentur für Arbeit zum Rechtsstreit beigeladen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den Ehemann der Klägerin, der noch die Abrechnungen der Beigeladene Ziffer 1 vorgelegt hat, im Rahmen eines Erörterungstermins vom 18. April 2007 gehört. Dieser hat u.a. angegeben, die Beigeladene Ziffer 1 habe viele Hausbesuche gemacht, für die sie selbst die Termine vereinbart habe. Wenn telefonische Terminsanfragen gekommen seien, habe diese die Klägerin entgegengenommen und Termine in Abstimmung mit der Beigeladenen Ziffer 1 vereinbart. Die Beigeladene Ziffer 1 habe keine Vorgaben bezüglich der Anwesenheits- und Terminszeiten gehabt. Es sei so gewesen, dass sie im Voraus gesagt habe, zu welchen Zeiten sie da sei. Krank sei sie nie gewesen. Sie habe die Arbeitsmaterialien der Praxis genutzt. Die Beigeladene Ziffer 1 habe ihre Behandlungen der Praxis gegenüber in Rechnung gestellt. Es habe sich um den Betrag gehandelt, der in der ersten Aufstellung enthalten sei. Die Rechnungen gegenüber den Krankenkassen wie die Abrechnung selbst seien von der Praxis gemacht worden. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 21. November 2007, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2007, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene Ziffer 1 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei. Denn die Beigeladene Ziffer 1 habe über keine eigene Betriebsstätte verfügt und die Arbeitsmaterialien der Klägerin benutzt. Sie habe, gerade bei Absage von Terminen bei kurzfristiger Krankheit, keinen Ersatz beschaffen können, so dass sie im Ergebnis Entgelt nur für geleistete Arbeit bekommen hätte. Die vorgelegten Abrechnungen belegten auch eine Aufstellung der von der Beigeladenen Ziffer 1 erbrachten Leistungen. Diese habe kein unternehmerisches Risiko getragen, kein eigenes Kapital eingesetzt, vielmehr seien zum Ersatz der Aufwendungen der Klägerin 30% des Umsatzes von dem zu zahlenden Honorar abgezogen worden. Zwar entspreche der vorgelegte Vertrag im Wesentlichen denen, die von der Rechtsprechung als Grundlage für eine selbstständige Tätigkeit anerkannt worden wären. Die Beigeladene Ziffer 1 habe aber nach den vorliegenden Unterlagen tatsächlich die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit in ihrer Person nicht erfüllt. Sie habe keine Gewerbeanmeldung vorgelegt. Aus diesem Grunde sei sie auch aufgefordert worden, ihre Lohnsteuerkarte abzugeben, welches sie unter Hinweis auf den schriftlich abgeschlossenen Vertrag abgelehnt habe. Die Praxis der Klägerin beschäftige solche angestellte Krankengymnasten. Die Beigeladene Ziffer 1 sei wie diese in den Betrieb eingegliedert worden. Auch die Höhe der zu zahlenden Beiträge sei zutreffend berechnet worden. Nach dem geltenden Entstehungsprinzip komme es für die Höhe der zu zahlenden Beiträge grundsätzlich auf das geschuldete Entgelt an. Dies sei im Falle der Beigeladenen Ziffer 1 ein Betrag von insgesamt 2.794,11 EUR gewesen. Die Voraussetzungen für einen späteren Versicherungsbeginn seien ohne Mitwirkung der Beigeladenen Ziffer 1 nicht zu ermitteln gewesen. Da keine Hinweise dafür vorlägen, dass die Beigeladene Ziffer 1 für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen habe, welches der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspreche, habe man davon abgesehen, eine Zustimmung der Beigeladenen Ziffer 1 zum späteren Versicherungsbeginn zu klären.
Mit ihrer dagegen am 14. Januar 2008 beim SG eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, die Beigeladene Ziffer 1 sei selbstständig und eigenunternehmerinitiativ tätig gewesen. Der abgeschlossene Vertrag sei auch tatsächlich so gelebt worden. Die Beigeladene Ziffer 1 habe in ihrer Praxis als Unternehmerin völlig selbstständig gearbeitet. Durch die Umsatzpacht von 30 % habe sie auch über eine eigene Betriebsstätte verfügt. Sie habe einen eigenen Kundenstamm aquirieren und bedienen müssen. Darin läge ebenfalls ein unternehmerisches Risiko. Die Beigeladene Ziffer 1 habe ihr gegenüber versichert, dass sie ordnungsgemäß ein eigenes Gewerbe angemeldet habe und auch für weitere Auftraggeber tätig sei. Sie habe weiter angegeben, über eine eigene Kranken- und Haftpflichtversicherung zu verfügen. Schließlich seien die nachgeforderten Beiträge nicht richtig berechnet worden. Diese seien vielmehr aus einem Betrag von 1.547,- EUR nach zu berechnen, sodass die Erstattungsforderung allenfalls 519,- EUR betrage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2006 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei der Beschäftigung der Beigeladenen Ziffer 1 bei der Klägerin in der Zeit vom 28. Juni bis 15. August 2005 nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ein Einkommensrisiko dürfe nicht mit Unternehmerrisiken gleichgestellt werden. Dieses Risiko, nämlich keine Arbeit und damit keinen Lohn zu erhalten, trage jeder Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt. Es sei deshalb nicht geeignet, eine selbstständige Tätigkeit nahezulegen oder gar zu begründen. Die Beteiligung an den Kosten mit pauschal 30% des Umsatzes begründe ebenfalls kein Unternehmerrisiko, da die Beigeladene Ziffer 1 die "Gewinnspanne" durch diese Regelung nicht beeinflussen könne. In dem Zusammenhang sei auch ohne Bedeutung, ob ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestehe oder nicht. Dieses stelle lediglich die Versagung von Arbeitnehmerrechten dar und begründe keine selbstständige Tätigkeit.
Mit Beschluss vom 18. März 2008 hat der Senat die Pflegekasse zum Rechtsstreit beigeladen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Der Terminsbeschluss vom 02. September 2008 ist der Beigeladenen Ziffer 1, nachdem die Gemeinde U. mitgeteilt hat, es sei nicht bekannt, wo diese wohnhaft sei, öffentlich zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, denn die erforderliche Berufungssumme wird überschritten. Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Beigeladene Ziffer 1 war vom 28. Juni bis 15. August 2005 nicht abhängig beschäftigt und unterlag deshalb nicht der Sozialversicherungspflicht.
Dass die Beklagte für die Prüfung der Sozialversicherungspflicht zuständig ist, folgt aus § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach überprüft sie bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und die sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die in Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Insbesondere prüft sie hierbei die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Nach Satz 5 der Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen dieser Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist die selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist dabei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff.; SozR 3-2490 § 7 Nr. 13; SozR 3-3400 § 7 Nr. 15, jeweils m.w.N.; zuletzt Urteil des BSG vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
In Ansehung dieser rechtlichen Gegebenheiten ist die Beigeladenen Ziffer 1 im streitigen Zeitraum bei der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Senat hat deswegen das angefochtene Urteil des SG aufgehoben und der Klage stattgegeben.
Zwischen den Klägerinnen und der Beigeladenen Ziffer 1 bestand kein Arbeitsverhältnis. Grundlage der Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 war der mit den Klägerinnen geschlossene Vertrag vom 1. Juli 2005, nach dem sie in deren Praxis ihren Beruf als Krankengymnastin als freie Mitarbeiterin ausüben sollte (so bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr. 96 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung). Die beiden Vertragsparteien haben diesen Vertag auch ernstlich abgeschlossen. Unter Hinweis auf den geschlossenen Vertrag hat die Beigeladene Ziffer 1 nämlich die Zusendung einer Lohnsteuerkarte mit Schreiben vom 15. September 2005 auch ausdrücklich verweigert. Nach dem Inhalt dieser vertraglichen Regelung wurde kein Arbeitsverhältnis und keine abhängige Beschäftigung begründet, sondern eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1. Sie nahm danach zwar die Praxisräume der Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit in Anspruch und rechnete mangels eigener Kassenzulassung ihre Behandlungsentgelte über die Klägerin mit den Krankenkassen ab, wofür den Klägerin 30 % ihrer Abrechnungsbeträge belassen wurde. Ansonsten führte sie ihre Tätigkeit jedoch eigenverantwortlich aus. Zwar ist die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nach öffentlichem Recht zu beurteilen; dieses verweist, soweit die Versicherungspflicht von einer Beschäftigung abhängt, für deren Begriff auf objektive Merkmale, die der Disposition des Vertragschließenden grundsätzlich entzogen sind. Dennoch können auch vertragliche Abreden der Beteiligten für die Frage der Versicherungspflicht Bedeutung haben. Das gilt insbesondere dann, wenn wie hier die Beziehungen der Beteiligten tatsächlich entsprechend den getroffenen Abreden gestaltet worden sind. Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht ihre Beziehung nicht entsprechend den vertraglichen Bestimmungen gestaltet haben. Denn die Beigeladene Ziffer 1 war, wie das insbesondere die Befragung des Ehemanns der Klägerin in dem Erörterungstermin ergeben hat, in ihrer Berufsausübung, insbesondere was die Termingestaltung wie auch die konkrete Behandlung der jeweiligen Patienten anbelangt, weitestgehend frei gewesen. Sie hat eigene Patienten mitgebracht und ihre Arbeitszeiten nach eigenem Ermessen eingeteilt. Es wurde auch in der Praxis die Vergütung der fest angestellten Krankengymnasten abweichend von der der Beigeladenen Ziffer 1 gehandhabt. Letztere erhielten einen Bruttolohn von 13 EUR pro Stunde, während die Beigeladene Ziffer 1 siebzig Prozent des Honorars erhielt. Sie hat auch eigene Rechnungen der Klägerin gestellt, was belegt, dass sie nicht die Patienten der Klägerin behandelt hat. In diesem Zusammenhang ist unbeachtlich, dass die Beigeladene Ziffer 1 das Gewerbe nicht angemeldet hat. Denn sie hat der Klägerin glaubhaft versichert, über eine solche Gewerbeanmeldung zu verfügen, andernfalls wäre es zu dem Vertragsverhältnis nicht gekommen, wie auch noch einmal der klägerische Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung dem Senat versichert hat. Es kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen, dass sich die Beigeladene Ziffer 1 vertragswidrig verhalten hat, zumal die Klägerin nach Bekanntwerden sofort das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt hat. Auch dies belegt, dass die Klägerin die Beigeladene Ziffer 1 nicht als Angestellte beschäftigen wollte. Hinsichtlich des Fehlens einer Kassenzulassung der Beigeladenen Ziffer 1 mit der Folge, nicht zur Abrechnung ihrer Leistungen gegenüber den Krankenkassen berechtigt gewesen zu sei, diese Berechtigung vielmehr allein der Klägerin zugestanden hat, gilt nichts anderes. Die Tatsache, dass eine Krankengymnastin noch nicht zu den Krankenkassen zugelassen, d.h. noch nicht berechtigt ist, die von ihr gegenüber Kassenpatienten erbrachten Leistungen selbst bei den Krankenkassen abzurechnen, schließt eine freie Mitarbeit in einer Praxis nicht aus (so ausdrücklich BSG a.a.O.).
Die Beigeladene Ziffer 1 war somit in der Ausübung ihrer Tätigkeit auch tatsächlich frei gewesen. Sie hat die Patienten selbst angenommen, ihre Arbeitszeiten nach eigenem Ermessen eingeteilt und abgesehen von den Kassenabrechnungen über die Klägerin auf eigenes Risiko gearbeitet. Bei dieser Sachlage gelangt der Senat nach der von der Rechtsprechung geforderten Abwägung der Tätigkeitsmerkmale zu der Überzeugung, dass die Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 als selbständige Tätigkeit anzusehen ist, weil die darauf hinweisenden Merkmale bei weitem überwiegen (LSG Saarland, Urteil vom 26.01.2006, L 1 RJ 11/03). Die Beigeladene Ziffer 1 war daher in der streitbefangenen Zeit bei der Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auf die Berufung der Klägerin war daher das Urteil aufzuheben, wobei die Kostenentscheidung auf § 197a SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Der Streitwert wird im Hinblick auf die von der Beklagten mitgeteilten im Streit stehenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach §§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. 63 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 1.176,57 EUR festgesetzt.
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